Big Ideas. Das Mythologie-Buch - Georgie Carroll - E-Book

Big Ideas. Das Mythologie-Buch E-Book

Georgie Carroll

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Beschreibung

Die faszinierende Welt der Mythen einfach erklärt Von frühen Schöpfungsmythen bis zu klassischen Heldensagen. Dieses innovative Nachschlagewerk führt mit originellen Illustrationen & ansprechenden Grafiken in die Welt der mystischen Geschichten ein – von der Geburt Zeus, den Abenteuern von Thor und Loki bis hin zum Trickster-Gott Maui. Ein Titel in der DK Bestseller-Reihe Big Ideas! Das Mythologie-Buch zum Nachschlagen – Zusammenhänge, Theorien & historische Hintergründe sachlich und verständlich aufbereitet: • Über 80 klassische Mythen aus aller Welt in klarem, sachlichem Stil: Dieses Buch erzählt von den zentralen mythischen Charakteren und Helden der Geschichte und erläutert deren tiefere Bedeutung in den verschiedenen Kulturen. • Wissen über Mythen mit anschaulichen Infografiken und Fotos: Das frische Layout mit verschiedenen Illustrationen, Infografiken und Fotografien ermöglicht ein leichtes Verständnis für die in Kunst und Literatur thematisierten Mythen. • Mit vielen berühmten, aber auch weniger bekannten Erzählungen: zum Beispiel die Irrfahrten des Odysseus, die Spinnenfrau aus Amerika oder die Legende von der Gründung Koreas. • Die Autor*innen erläutern die mythologischen Erzählungen in sieben nach der Herkunft eingeteilten Kapiteln. Mythen entdecken und verstehen! Der mitreißende Komplett-Überblick in eine mystische Welt – Unglaubliche Geschichten zum Informieren, Nachschlagen und Weitererzählen!

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Seitenzahl: 557

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INHALT

EINLEITUNG

ALTES GRIECHENLAND

Gaia zeugte zuerst … den gestirnten Himmel

Vom Uranfang der Dinge

Rhea birgt einen Stein in Windeln und Kronos verschlingt ihn

Die olympischen Gottheiten

In frühester Jugend besiegte Zeus die erdgeborenen Titanen

Der Krieg der Götter gegen die Titanen

Nie von Orkanen erschüttert, vom Regen nimmer beflutet

Der Olymp

Fest auch schlug er in Bande den listiggewandten Prometheus

Prometheus hilft den Menschen

Sie bedachte mit düsteren Sorgen die Menschen

Pandoras Büchse

Zeus hatte viele Frauen, sterbliche und unsterbliche

Die Liebschaften des Zeus

Die hallende Burg des unterirdischen Gottes Hades

Hades und die Unterwelt

Aidoneus gab ihr heimlich den Kern des süßen Granatapfels zu essen

Die Entführung der Persephone

Die Weiber seien fortgeeilt von Haus und Hof

Der Dionysoskult

Liebend schaut er sich um, und zurück gleich ist sie gesunken

Orpheus und Eurydike

Überbringer der Träume

Hermes’ erster Tag

Athene bringt den Ölbaum hervor, Poseidon die Meereswelle

Die Gründung Athens

Ich will dann die untrüglichen Schlüsse allen verkündigen hier

Apollon und das Orakel von Delphi

Er fühlt Liebe; sie flieht vor des Liebenden Namen

Apollon und Daphne

Leben und Tod stehen auf der Schneide des Messers

Der Trojanische Krieg

Die Vatermörder, die Zerstörer meines Stamms

Orestes rächt Agamemnon

Sage mir Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes

Die Irrfahrten des Odysseus

Er würde alsdann … unsterblich werden

Die Arbeiten des Herakles

Eine Missgeburt, halb ein Stier und halb ein Mensch

Theseus und der Minotauros

Mit Hülfe wächserner Flügel, die er sich und seinem Sohne Ikaros machte

Daidalos und Ikaros

Perseus griff sie schlafend an … und hieb ihr den Kopf ab

Perseus und Medusa

Sie sollen froh nicht leben, die mein Herz gekränkt

Jason und Medea

Wer aller Menschen wäre fluchbeladener

Das Schicksal des Ödipus

Vorzieht sie dem Himmel Adonis

Aphrodite und Adonis

Was immer berührt mein Leib, sich verwandle zu Golde

König Midas

Und da versank während eines schlimmen Tages und einer schlimmen Nacht die Insel Atlantis

Die Sage von Atlantis

ALTES ROM

Waffen besinge ich und ihn

Aeneas, der Stammvater Roms

In Romulus und Remus entstand der Wunsch, eine Stadt zu gründen

Die Gründung Roms

Den röthlichen Blitz durch die Wolken entsendet der Götter Vater

Numa überlistet Jupiter

Nichts als eine lebende Flamme

Vesta und Priapus

Für keinen zu schauen, doch an der Stimme gekannt

Die Sibylle von Cumae

Dich liebe ich mit ganzer Seele

Amor und Psyche

Liebe verzehrt mich zu mir

Narcissus und Echo

Fügt mit Fleiß als Spinne die alten Gewebe

Arachne und Minerva

Mit dem Blute muss ich büßen

Kybele und Attis

Mithras ist der Herr der Schöpfung

Mithras und der Stier

Schneeiges Elfenbein mit selt’nem Geschick und Gelingen schnitzt er

Pygmalion

Dir sey für unser Beylager das Recht der Angel

Carna und Janus

Wo Pomona gelebt, die Gärten zu pflegen

Pomona und Vertumnus

Ja, dir folg’ ich im Tod

Pyramus und Thisbe

Ein Gott ist jeder sich selbst

Philemon und Baucis

NORDEUROPA

Aus Ymirs Fleisch ward die Erde geschaffen

Schöpfung des Universums

Die Esche Yggdrasil ist der Bäume erster

Odin und der Weltenbaum

Da wurde Mord in der Welt

Krieg der Götter

Sie mischten Honig in das Blut, und es wurde zu Met

Der Skaldenmet

Thor möge mit dem Hammer so stark schlagen als er wolle, ohne dass der Hammer Schaden nähme

Die Schätze der Götter

Verhält es sich anders als ich denke: Dass dieser kleine Bursche Thor sei?

Die Abenteuer von Thor und Loki in Jötunheim

Das größte Unglück, das Menschen und Götter betraf

Baldurs Tod

Brüder befehden sich und fällen einander

Götterdämmerung

Wenn der Wurm nach dem Wasser kriecht, dann stich ihm das Schwert ins Herz

Sigurd, der Drachentöter

Wohl entführet war der Sampo, fortgeschleppt der bunte Deckel

Das Kalevala

Der Dagda hatte achtzig Jahre die Königsherrschaft von Irland inne

Ein komplexer Gott

Sobald er die Erde berührte, war er ein Häufchen Asche

Brans Reise

Zum Kampf sucht er euch auf, Cúchulainn

Der Rinderraub von Cooley

Er hat den Ruf des stärksten und mutigsten Mannes in Irland

Finn MacCool und der Damm des Riesen

Und schufen daraus eine Jungfrau

Blodeuwedd, eine Frau aus Blüten

Wer dieses Schwert aus diesem Stein zieht, ist der rechtmäßige König von ganz England

Die Sage von König Artus

ASIEN

In dem großen Himmel begehrte die Göttin auch das große Unten

Inannas Gang in die Unterwelt

Befiehl und bringe Vernichtung und Neuschöpfung

Marduk und Tiamat

Wer könnte wie Gilgamesch sprechen: »Ich bin der König!«?

Das Gilgamesch-Epos

Das Bessere und das Böse, in Gedanken, Wort und Tat

Ahura Mazda und Ahriman

Brahma öffnete die Augen und sah, dass er allein war

Brahma erschafft den Kosmos

Shiva setzte ihm den Elefantenkopf auf und erweckte ihn wieder zum Leben

Die Geburt von Ganesha

O König, es ist falsch, selbst zu spielen!

Das Würfelspiel

Rama ist tugendhaft und der Erste unter allen rechtschaffenen Männern

Das Ramayana

Ich bin die Göttin, Herrscherin über die Welten

Durga tötet den Büffeldämon

Oh Minakshi! Fischäugige Göttin! Gewähre mir Glück!

Die fischäugige Göttin findet einen Gatten

Du sollst der König der Welt sein

Der Ursprung der Baiga

Yang wurde der Himmel, Yin wurde die Erde

Pangu und die Erschaffung der Welt

Alle zehn Sonnen gingen gleichzeitig auf und ließen das Korn verdorren

Yi schießt die Sonnen vom Himmel

Ich werde alle Ozeane durchstreifen und bis ans Ende des Himmels gehen

Die Abenteuer des Königs der Affen

Nach der Erschaffung des Landes schufen sie seine Geister

Izanagi und Izanami

Unheil jeder Art trat überall auf

Susanoo und Amaterasu

Euer Reis aus der Himmelswelt ist gut

Feuer und Reis

Es gab einen Mann namens Dangun Wanggeom, der eine Stadt schuf und eine Nation gründete

Die Legende von der Gründung Koreas

Hae Mosu ließ die Sonne scheinen, und ihre Strahlen liebkosten Yuwhas Körper

Jumong

AMERIKA

Die Erde ist eine riesige Insel, die in einem Meer aus Wasser schwimmt

Schöpfungsmythos der Cherokee

Weberin des Lebens bin ich

Die Spinnenfrau

Beginnt einen Hirschhaut-Tanz dafür, denn daraus wird alles gut werden

Die Woge legen einen Streit bei

Sie war der Schatten des Wals

Rabe und der Wal

Und die Sonne gehört zu dem einen und der Mond zu dem anderen

Die Heldenbrüder

Dann stieg die Sonne an den Himmel

Die Legende der fünf Sonnen

Am Anfang, bevor diese Welt erschaffen wurde, gab es ein Wesen namens Viracocha

Viracocha, der Schöpfer

Das Kanu war ein Wunder

Das erste Kanu

Der Schöpfer der Welt hat schon immer existiert

Der Himmel bringt die Sonne und den Mond hervor

ALTES ÄGYPTEN UND AFRIKA

Ich war allein mit dem Urwasser

Die Schöpfung und die ersten Götter

Sei gegrüßt, Re, der du jeden Tag vollkommen bist!

Die Nachtbarke des Re

Isis lebte in Gestalt einer Frau, die das Wissen um die Worte der Macht hatte

Res geheimer Name

Nut, die Große, sagt: »Dies ist mein Sohn, mein Erstgeborener, Osiris«

Osiris und die Unterwelt

Wenn sie Feuer machen, wird das Böse kommen

Der Schöpfungsmythos der San

Ich werde dir etwas geben, das Vieh heißt

En-kai und die Tiere

Binde die Kalebasse hinter dich, und du kannst auf den Baum klettern

Anansi, die Spinne

Die Lebenskraft der Erde ist das Wasser

Der Kosmos der Dogon

Die Königin will dich töten

Eshu, der Trickster

OZEANIEN

Komm und höre unsere Geschichten, schaue unser Land

Die Traumzeit

Tötet mich langsam mit euren Speeren. Ich habe euch noch mehr zu lehren

Die Ermordung Luma-Lumas

Die Welt der Mythen ist nie fern

Die Dema

Herr über alles, was es gibt

Tangaroa gebiert die Götter

Der Tod gewann Macht über die Menschheit

Tane und Hine-titama

Doch der unerschrockene Maui ließ sich nicht entmutigen

Der trickreiche Maui

Wie fändest du es, wenn wir unsere Vögel zur Osterinsel trieben?

Makemake und Haua

Wenn ich seinen Namen sage, hört er es im Himmel

Mapusia und das Werk der Götter

Ich vergesse die Leitsterne nicht

Aluluei und die Kunst der Seefahrt

EPEN- UND SAGENGESTALTEN

ZITATNACHWEIS

DANK

EINLEITUNG

Bis auf wenige Ausnahmen – wie etwa die Pirahã-Indianer am Amazonas – hat jede Kultur eine eigene Mythologie entwickelt, um ihre Entstehung zu erklären und Naturphänomene zu verstehen.

Das Wort »Mythologie« kommt aus dem Griechischen. Mythos bedeutet »Geschichte« und logia »Wissen«. Mythen erzählen von der Entstehung der Welt oder sagen ihr Ende voraus. Sie erklären, wie Menschen und Tiere erschaffen und das Land geformt wurde. Sie verbinden die Welt der Menschen mit der Welt der Geister oder Götter. Sie versuchen, schrecklichem Chaos eine Ordnung aufzuzwingen und sich den Geheimnissen des Todes zu stellen. Mythen sind auch die Grundlage der Religionen: Sie definieren Kulturen und kodifizieren ihre Werte.

Frühe Kulturen

Die Mythologien des Altertums nehmen einen großen Teil dieses Buches ein. Im alten Mesopotamien – dem Schmelztiegel der Kulturen des 4. Jahrtausends v. Chr., wo die Menschen lernten, in Städten zu leben – entwickelten die Sumerer das erste bekannte Pantheon von Gottheiten. Es ist in Statuen, Reliefs und alten Texten verewigt – etwa im Gilgamesch-Epos, in dem der gleichnamige Held nach Unsterblichkeit sucht. Diese Suche wiederholt sich in Mythen der ganzen Welt. Nachfolgende mesopotamische Zivilisationen veränderten, degradierten oder vernichteten die sumerischen Götter und die mit ihnen verbundenen Mythen. Die mächtige Göttin Inanna zum Beispiel zog als Ischtar in den babylonischen Pantheon ein und tauchte später als phönizische Göttin Astarte wieder auf.

Wie andere Kulturen wurde auch das alte Mesopotamien von den Erzählungen geprägt, die den Kosmos erklärten. Seine Herrscher ließen sich von den Göttern leiten, deren kapriziöser Wille von den Priestern interpretiert wurde. Die Götter mussten ständig gepriesen und beschwichtigt werden. Während des zwölf Tage dauernden Akitu-Festes im großen Tempel des Marduk rezitierten die Menschen den babylonischen Schöpfungsmythos Enuma elisch, ein Ritual ähnlich einer magischen Beschwörung, um den Kosmos zu erneuern.

»Mythen sind imaginierte Fakten, die sich als fiktives Werk manifestieren.«

Maya Deren

Filmemacherin

Chaos und Ordnung

Mythen hatten starken Einfluss auf das gesellschaftliche Gefüge der großen Kulturen der Geschichte. Die reiche und komplexe Mythologie des alten Ägypten betonte zum Beispiel die Schaffung von Ordnung aus dem Chaos. Solche Geschichten bestätigten die Staatsführung und legitimierten einen Status quo, in dem der Pharao als Gottheit galt, der das Volk zu dienen hatte. Zudem hatte die Zeit für die Ägypter zyklischen Charakter. Was sich in ihrer Gesellschaft ereignete, war nur eine Wiederholung von Ereignissen, die sie bereits aus ihren Mythen kannten.

In der griechisch-römischen Antike waren die Gründungsmythen der Stadtstaaten von maßgeblicher Bedeutung für das Konzept der Bürgerschaft, denn sie verbanden Patriotismus und gemeinschaftliche Interessen mit göttlicher Autorität. In Griechenland pflegte jeder der über 1000 Stadtstaaten einen eigenen Gründungsmythos und verehrte eine eigene Schutzgottheit. So entstand eine Reihe komplexer und oft widersprüchlicher Mythen. Erst den Dichtern Homer und Hesiod gelang es, sie in ihren Werken zu einer umfassenden panhellenischen Mythologie zu verbinden. Homers Epen Ilias und Odyssee sowie Hesiods Theogonie sind die ersten und bedeutsamsten Versuche, die vielen unterschiedlichen griechischen Mythen zu einem einzigen Erzählstrang zu verweben.

Im alten Rom verschmolzen die griechischen Mythen mit denen der Latiner, Etrusker und anderen lokalen italischen Völkern. Nach dem Vorbild Homers verfasste der Dichter Virgil mit der Aeneis einen Gründungsmythos für Rom, während Ovid in seinen Metamorphosen in Gedichtform viele griechische Mythen nacherzählte und in den Fasti, einem Lehrgedicht, das von religiösen Festtagen handelt, die Mythen ausschließlich römischer Gottheiten festhielt. Die Römer nahmen in ihren Pantheon auch Gottheiten aus Phrygien auf (etwa die Große Mutter Kybele), aus Ägypten (die Göttin Isis) und Syrien (Elagabal oder Sol Invictus, der für eine kurze Zeit sogar der höchste römische Gott war).

Mythen bewahren

Die Grenzen zwischen Literatur, Mythos und Märchen sind fließend. Viele Mythen blieben als literarische Werke erhalten. Die beliebte Geschichte von König Artus beispielsweise entsprang einem keltischen Mythos, während das Ramayana und das Mahabharata, die beiden großen Werke der hinduistischen Mythologie, als Perlen der epischen Dichtung gefeiert werden. In schriftlosen Gesellschaften wurden Mythen nur mündlich weitergegeben, was wahrscheinlich dazu führte, dass vieles unterging. Selbst in schriftkundigen Kulturen, etwa bei den Wikingern, überlebten Mythen oft nur dank einer einzigen Quelle. Wären die Manuskripte der beiden als Edda bekannten mythologischen Dichtungen – die Lieder-Edda und die Prosa-Edda – zerstört worden, wüssten wir heute genauso wenig über die nordische Mythologie wie über die Mythen der alten Britonen.

Lebendige Religionen

Die Welt vieler Stammesvölker, wie etwa der Dogon in Mali, der Baiga in Zentralindien und der Ifugao auf den Philippinen, ist noch heute durchdrungen von mythischen Vorstellungen. Die mündliche Überlieferung wird in solchen Gesellschaften nach wie vor gepflegt, wie die Traumzeit der australischen Aborigines oder die chantways der Navajo in den USA zeigen. Viele Mythen dieser Völker sind jedoch nie in die Außenwelt gelangt, da sie als geheim gelten, nicht gesammelt wurden oder verloren gingen, als die indigenen Kulturen von außen bedroht und zerstört wurden.

Mythen sind das Feld der poetischen Imagination und doch so viel mehr als nur Geschichten. Auch heute noch bieten Mythen Menschen auf der ganzen Welt Orientierung, denn sie handeln von den großen Geheimnissen, die uns alle faszinieren: von Geburt und Tod und der menschlichen Existenz.

»Der Wert des Mythos liegt darin, dass er all die uns bekannten Dinge nimmt und ihnen die Bedeutungsfülle zurückgibt, die hinter dem Schleier der Vertrautheit verborgen war.«

C. S. Lewis

Literaturwissenschaftler, Autor von Die Chroniken von Narnia

ALTES GRIECHENLAND

um 1200 v. Chr.

Untergang der ägäischen und mediterranen Reiche in der Bronzezeit. Troja wird im Krieg zerstört.

um 700 v. Chr.

Hesiods Theogonie verfolgt die Ursprünge und Genealogien vieler griechischer Gottheiten.

um 500 v. Chr.

In Über die Natur spricht Heraklit über Ethik, Theologie und das Universum.

um 458–430 v. Chr.

Aischylos inszeniert die Orestie, eine Trilogie aus blutrünstigen Mythen.

um 800 v. Chr.

Homers epische Gedichte Ilias und Odyssee gehören zu den ältesten erhaltenen Werken westlicher Literatur.

um 600 v. Chr.

Die sogenannten Homerischen Hymnen eines unbekannten Verfassers lobpreisen 33 Götter.

432 v. Chr.

Der Parthenon-Tempel der Göttin Athene markiert den Höhepunkt der griechischen Antike.

um 450–400 v. Chr.

König Ödipus von Sophokles, eine Mord- und Inzestgeschichte, handelt von Schicksal und freiem Willen.

408–405 v. Chr.

Euripides erkundet in Die Bakchen die duale Natur des Menschen – Vernunft gegen Instinkt.

um 360 v. Chr.

In Platons Dialogen Timaios und Kritias wird erstmals die mythische Stadt Atlantis erwähnt.

146 v. Chr.

Griechenland gerät unter römische Herrschaft. Beide Kulturen vermischen sich.

um 100 n. Chr.

Die sogenannte Bibliothek Apollodors versammelt griechische Mythen und Sagen.

um 370 v. Chr.

Xenophons Anabasis berichtet von König Midas, der alles zu Gold macht, was seine Hand berührt.

um 250 v. Chr.

Apollonios von Rhodos schildert in Die Argonauten die Abenteuer von Jason und seinen Männern.

um 30 v. Chr.

Diodor von Sizilien nimmt die Sage von Ikaros und Daidalos in seine 40-bändige Historische Bibliothek auf.

um 150 n. Chr.

In seiner Beschreibung Griechenlands erkundet Pausanias berühmte Orte und die griechische Kultur.

Die alten Griechen betraten um 2000 v. Chr. den Schauplatz der Geschichte. Zu diesem Zeitpunkt war Ägypten noch eine Großmacht und die Minoer auf Kreta entwickelten sich zur Hochkultur. Erste Einwanderer, die wahrscheinlich aus Russland und Zentralasien stammten, ließen sich im bergigen Norden und auf dem Peloponnes im Süden nieder, wo sie um 1600 v. Chr. die Stadt Mykene gründeten. Die mykenische Kultur, die Homer als »reich an Gold« beschrieb, blühte dank ihrer Handelsverbindungen in die Ägäis und in den Mittelmeerraum.

Mit dem Untergang der minoischen und der mykenischen Kultur um 1100 v. Chr. begann Griechenlands dunkles Zeitalter. Im 8. Jahrhundert v. Chr. entstanden jedoch die ersten poleis (Stadtstaaten) als Landwirtschafts- und Handelszentren. Bald bestand Griechenland aus einer Ansammlung unabhängiger Stadtstaaten – wie Athen, Sparta und Korinth –, die lediglich die Sprache und die Verehrung gemeinsamer Götter einte. Dennoch gab es keine einheitliche griechische Religion, keine festen religiösen Gebote. Die von den Vorfahren übernommenen Mythen, wie etwa die Sage vom Minotaurus aus dem minoischen Kreta, sowie die mykenische Kultur bildeten den Rahmen für den Trojanischen Krieg, den Homer in seiner Ilias verewigte.

Vorherrschaft Athens

Die klassische Antike begann 479 v. Chr. mit dem Sieg der Griechen über die Perser. Danach kämpften die Stadtstaaten Athen und Sparta um die Vorherrschaft in Griechenland. Athen setzte sich durch und war Schauplatz vieler Mythen, von der Gründung der Stadt unter dem Schutz der Göttin Athene bis hin zu den Geschichten über Jason und Medea.

Viele griechische Mythen blieben uns durch athenische Dramatiker erhalten, von den Tragödien von Aischylos, Sophokles und Euripides im 5. Jahrhundert v. Chr. bis zu den Komödien von Aristophanes (um 446–um 386 v. Chr.) und Menander (um 342–um 291 v. Chr.). All diese Werke erzählen Geschichten über mythische Götter und Helden und inspirierten noch Dichter wie Shakespeare (1564–1616), dessen Sommernachtstraum und Romeo und Julia auf griechischen Mythen basieren.

Die Vorherrschaft Athens endete im 4. Jahrhundert v. Chr. mit dem Aufstieg des makedonischen Herrschers Alexander des Großen. Im Zuge seiner Eroberungen verbreiteten sich griechische Kultur und Mythologie bis nach Ägypten, Mesopotamien und Indien.

Die wichtigsten Gottheiten

Erst die Dichter Homer und Hesiod brachten Ordnung in die überkommende Vielzahl an Göttern und Glaubensrichtungen. Homers Werke entstanden aus mündlichen Überlieferungen um 800 v. Chr., nach den Völkerwanderungen, die auf den Niedergang der mykenischen Kultur folgten. Seine epischen Dichtungen, die Ilias und die Odyssee, gaben den Griechen eine Geschichte, ein Pantheon und Richtlinien, wie sie leben sollten. Als die Olympier, die Familie aus zwölf Hauptgöttern, die auf dem Berg Olymp leben, allmählich begann, ältere Überzeugungen abzulösen, gaben ihnen Homer und Hesiod unterschiedliche Charaktere und Erscheinungsbilder. Homers epische Dichtungen waren in einer Feudalgesellschaft angesiedelt, die der Geburt der Demokratie in Athen im 5. Jahrhundert v. Chr. vorausging. Daher verhielten sich seine Götter wie Aristokraten, die sich nur von ihren eigenen Wünschen leiten lassen.

Wie in anderen agrarischen Gesellschaften der Antike spielten im religiösen Leben der Griechen bestimmte Orte eine wichtige Rolle. Die Erde war der Ursprung jeglicher Existenz. Berge, Flüsse und Ebenen wurden mit bestimmten Göttern identifiziert. Durch Mythen versuchte man Aspekte des landwirtschaftlichen Lebens wie den Wechsel der Jahreszeiten zu erklären, etwa in der Erzählung von Persephone – Tochter der Erntegöttin Demeter – und ihrer zeitweisen Gefangenschaft im Reich des Hades in der Unterwelt.

Kulte entstehen

Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. entstanden im griechischsprachigen Raum verschiedene Mysterienkulte, darunter die Mysterien von Eleusis zu Ehren von Demeter und Persephone sowie der aus Asien stammende dionysische Kult, der mit wildem Tanzen, Trinken und Ekstase Dionysos huldigte. Im Gegensatz zur gut dokumentierten öffentlichen Götterverehrung bestanden diese Mysterienkulte aus geheimen Riten und Lehren, die bis heute rätselhaft sind, aber die Überzeugungen und Mythen im alten Rom stark beeinflussen sollten.

GAIA ZEUGTE ZUERST … DEN GESTIRNTEN HIMMEL

VOM URANFANG DER DINGE

ZUSAMMENGEFASST

THEMA

Schöpfung durch Mutter Erde

QUELLEN

Theogonie, Hesiod, um 700 v. Chr.; Die Argonauten, Apollonios von Rhodos, um 250 v. Chr., Naturgeschichte, Plinius der Ältere, 79 n. Chr.; Bibliothek Apollodors, um 100 n. Chr.

SCHAUPLATZ

Chaos – die finstere, gähnende Leere vor der Entstehung des Universums.

SCHLÜSSELFIGUREN

Gaia Die Personifizierung der Erde und eine der ersten Gottheiten.

Uranos Der Himmelsgott, Gaias Sohn, Vater der Titanen, der Hekatoncheiren, Kyklopen, und Erinnyen, der Aphrodite sowie anderer Gottheiten.

Kronos Ein Titan, der seinen Vater Uranos entmannte; wurde auch als Erntegott verehrt.

»Früher als alles entstand das Chaos.«

Theogonie

Am Anfang war das Chaos, ein gähnender Abgrund der Leere – unendlich tief, dunkel und still. in seiner Theogonie beschreibt der griechische Dichter Hesiod seine Vision vom Ursprung des Universums. Für ihn war die Schöpfung das Aufzwingen einer positiven Realität auf dieses negative Nichts. Der Schlüssel zu dieser Realität war die Fähigkeit zur Veränderung. Das Nichts des Chaos hätte ewig unverändert fortbestehen können, aber die einmal geschaffene Existenz brachte endlose Zyklen mit sich – das Kommen und Gehen von Jahreszeiten, Generationen von Menschen, Geburt und Tod. Diese Zyklen wurden durch die Trennung von Tag und Nacht in Gang gesetzt. Die Zeit war jetzt messbar und sinnvoll.

Tausende griechischer Gottheiten, die alle von Gaia und Uranos abstammten, verkörperten Werte, Tugenden und Laster der Menschen, die in der reichen griechischen Mythologie so anschaulich dramatisiert werden.

Mutter Erde

Die erste griechische Göttin Gaia war die Erde in ihrer mineralischen Form – ihre Felsen und Böden, ihre Berge und Ebenen. In ihrem festen und scheinbar trägen Zustand barg sie das Potenzial für neues Leben. Die erste Manifestation dieser neuen Vitalität war Uranos, der Gott des Himmels. Er wurde spontan im Mutterleib der großen Erdmutter Gaia empfangen, mit der er später selbst Kinder zeugen würde.

Obwohl Uranos Gaias Sohn war, war er ihr ebenbürtig. Hesiod schreibt, dass sie ihn gebar, damit er sie »bedeckte«. Vordergründig eine Tatsache – der Himmel befindet sich schließlich über der Erde –, doch gleichzeitig auch ein recht eindeutiger Hinweis auf die sexuelle Beziehung zwischen Erde und Himmel. Im wirklichen Leben fanden die Griechen Inzest genauso abscheulich wie wir. In ihrer Mythologie sollte er vermutlich zeigen, dass all die verschiedenen Aspekte der Existenz miteinander in Konflikt stehen und gleichzeitig eng verbunden sind. Der Himmel war nicht einfach über der Erde positioniert; er verband sich dynamisch und letztendlich kreativ mit ihr, genau wie die Nacht mit dem Tag, die Dunkelheit mit dem Licht und der Tod mit dem Leben.

Gaia, die Erdmutter, mit ihren beiden göttlichen Nachkommen. Es heißt, dass ein bei Gaia geschworener Eid unwiderruflich war.

Familiäre Konflikte

Die Gegensätze in Verbindungen dieser Art führen jedoch unweigerlich zu einem Kampf um Überlegenheit, der niemals endet. Hesiods Darstellung der sexuellen Beziehungen zwischen männlichen und weiblichen Kräften erscheint grundsätzlich gewalttätig und konkurrenzbetont, von Idealisierung kann keine Rede sein. Noch extremer allerdings war die Darstellung von Uranos. Der despotische Patriarch duldete keine Rivalen – nicht einmal in Gestalt seiner eigenen Kinder.

Uranos’ Eifersucht auf seine Söhne und Töchter war so groß, dass er sie nach der Geburt tief in der Erde verbarg – die ja eigentlich der Körper seiner Frau war. Damit wollte er seinen Besitzanspruch auf Gaia festigen. Ihre sexuelle Zuwendung sollte auf ewig nur ihm allein gelten, und deshalb durften ihre Nachkommen niemals das Tageslicht erblicken.

Zuerst gebar Gaia die zwölf Titanen – die Schwestern Theia, Mnemosyne, Phoibe, Themis, Tethys, Rhea und ihre Brüder Okeanos, Koios, Kreios, Hyperion, Iapetos und Kronos. Jeder von ihnen wurde in einer tiefen Erdfalte eingesperrt. Auch ihre drei nachfolgenden Brüder, die riesenhaften Kyklopen, die nur ein Auge auf der Stirn trugen, erlitten dieses Schicksal, genauso wie drei weitere Geschwister, die noch stärkeren gigantischen Hekatoncheiren, deren griechischer Name »Hunderthändige« bedeutet. Jeder von ihnen soll auch fünfzig Köpfe gehabt haben, was zu ihrer furchterregenden Erscheinung beitrug. Auch sie wurden von Uranos in der Erde eingekerkert.

Der Himmelsgott Uranos wird in diesem Holzstich nach einem Fresko von Karl Friedrich Schinkel (1781–1841) als liebevoller Vater inmitten seiner Nachkommen dargestellt.

Der Emporkömmling

Die Erdmutter Gaia fühlte sich durch die Anzahl der Kinder, die buchstäblich in sie zurückgedrängt wurden, nicht nur körperlich belastet. Sie war auch zutiefst verärgert über den Versuch, ihre Nachkommen zu unterdrücken. Schließlich bat sie ihre Söhne um Hilfe. Heimlich gab sie Kronos eine Sichel aus Adamant – der Legende nach ein unzerbrechliches Material. Als Uranos sich das nächste Mal über Gaia ausbreitete und sie zum Geschlechtsverkehr zwingen wollte, sprang Kronos aus seinem Versteck und trennte mit einem Hieb die Genitalien seines Vaters ab.

Dies war der ultimative patriarchalische Albtraum – der Vater wurde nicht nur vom Sohn verdrängt, sondern mit Zustimmung seiner Frau von ihm entmannt. Doch selbst jetzt war Uranos’ Potenz noch nicht ganz versiegt. Die Blut- und Samenspritzer, die aus seiner Wunde tropften, zeugten eine Vielzahl von Naturgeistern, gute wie böse. Die Erinnyen, drei bösartige Schwestern, heute besser als Furien bekannt, waren Rachegeister. Ein Wesen ganz anderer Art war dagegen Aphrodite. Aus Uranos’ Genitalien, die in den Ozean fielen, wurde diese schöne Göttin geboren. Als sie den Wellen entstieg, brachte sie die Freuden der erotischen Liebe mit.

Die schöne Aphrodite steigt aus dem Meer, in das der Samen ihres Vaters gefallen war. Die Geburt der Venus (ihr Name in der römischen Mythologie) malte Peter Paul Rubens um 1637.

»Sie wird Aphrodite, schaumentsprossen … von den Göttern genannt.«

Theogonie

Titanische Fähigkeiten

Nachdem Kronos seine Geschwister aus der Gefangenschaft unter der Erde befreit hatte, hatten die Titanen in der Mythologie eine zweifache Funktion zu erfüllen. Zum einen waren sie Lebewesen, die atmeten, liebten und kämpften. Dabei symbolisierte jeder von ihnen einen anderen Aspekt der Existenz, und alle zusammen standen sie für eine Möglichkeit, die Welt zu ordnen und zu bereichern. Die älteste Tochter Mnemosyne zum Beispiel repräsentierte die Fähigkeit der Erinnerung und alles, was diese in Bezug auf Geschichte, Kultur und Tradition mit sich brachte. Nachdem sie später bei ihrem Neffen Zeus gelegen hatte, gebar sie die neun Musen – die Schutzgöttinnen wissenschaftlicher und historischer Studien, der Poesie und der darstellenden Künste.

Tethys vermählte sich mit ihrem Bruder Okeanos. Sie gebar ihm 3000 Söhne – allesamt Flussgötter – und ebenso viele Töchter, die Ozeaniden, Nymphen der Quellen, Flüsse, Seen und Meere. Auch ihre jüngere Schwester Theia nahm einen ihrer Brüder, Hyperion, zum Mann. Sie gebar ihm Helios, die Sonne, und Eos, die Göttin der Morgendämmerung. Helios und Eos hatten noch eine weitere Schwester, die Mondgöttin Selene, obwohl auch ihre Tante Phoibe – die Schwester von Tethys, Mnemosyne und Theia – mit dem Mond in Verbindung gebracht wurde.

Themis, die jüngste Titanin, trat für Vernunft, Gerechtigkeit, Sitte und Ordnung ein. Wie ihre Schwester Mnemosyne war sie eine Zeit lang die Gefährtin ihres Neffen Zeus. Von ihren Kindern überwachten die Horen (»Stunden«) die Zeitmessung und den Verlauf der Jahreszeiten. Eine andere Tochter, Nemesis, wurde als Personifikation von Bestrafung und göttlicher Vergeltung berüchtigt.

Der Name des jüngsten Titanen, Iapetos, stammt von dem griechischen Wort iapto für »Wunde«. Es ist nicht bekannt, ob er diesen Namen erhielt, weil er sich eine Verletzung zugezogen hatte oder weil er die Waffe hergestellt hatte, die eine Wunde verursachte. In der klassischen Literatur erscheint Iapetos sowohl als Gott der Sterblichkeit als auch des Handwerks.

Vatermörder als Patriarch

Im antiken Griechenland wurde Kronos fast immer mit einer Sichel dargestellt, dem Symbol für den Angriff auf seinen Vater. Die Sichel hat aber auch eine weltlichere Bedeutung und Kronos wurde zum göttlichen Garanten für eine erfolgreiche Ernte. Der Zusammenhang zwischen diesen beiden Aspekten, die Idee, dass eine Generation zerstört werden muss, damit ihre Nachfolger überleben, ist den Griechen schon früh klar geworden.

Kronos, der seinen Vater getötet hatte, ersetzte ihn nun als Haushaltsvorstand: Er heiratete seine Schwester Rhea und zeugte eigene Kinder. Ähnlich wie sein Vater wurde Kronos bald mit der Idee konfrontiert, dass das menschliche Leben nur durch den Kampf zwischen den Generationen voranschreiten kann. Dieses Thema zieht sich durch die gesamte griechische mythologische Tradition, wird jedoch vor allem mit der Geschichte von König Ödipus assoziiert.

Hesiod und seine Theogonie

Der antike griechische Dichter Hesiod ist ein Mythos für sich, denn es gibt keine Beweise dafür, dass er tatsächlich gelebt hat. Die ihm zugeschriebenen Werke aus dem 8. und 7. Jh. v. Chr. umfassen eine Vielzahl von Dichtungen, von kurzen Erzählungen bis hin zur Aufzählung heldenhafter Vorfahren bekannter Familien.

Die Bedeutung dieser Werke für die Rückverfolgung von Traditionen und Abstammungslinien ist unbestreitbar. Die genealogischen Gedichte behandeln die Herkunft von Menschen, während Hesiods berühmtestes Werk, die Theogonie, sich auf die Geburt der Götter konzentriert und die Quelle für vieles ist, was wir heute über die griechische Mythologie wissen. Hesiod ist jedoch nicht die einzige verfügbare Autorität. Andere, eher mystisch orientierte Autoren förderten eine alternative »orphische« Tradition, die auf dem Mythos von Orpheus, dem Sänger und Musiker, fußt. Größtenteils – und nun schon seit weit mehr als 2000 Jahren – gab man aber der Version der mythischen Ereignisse, die Hesiod zugeschrieben wird, den Vorzug.

RHEA BIRGT EINEN STEIN IN WINDELN UND KRONOS VERSCHLINGT IHN

DIE OLYMPISCHEN GOTTHEITEN

ZUSAMMENGEFASST

THEMA

Ursprung der olympischen Gottheiten

QUELLEN

Theogonie, Hesiod, um 700 v. Chr.; Bibliothek Apollodors, um 100 n. Chr.

SCHAUPLATZ

Kreta.

SCHLÜSSELFIGUREN

Kronos König der Titanen; Sohn von Gaia und Uranos.

Rhea Schwester und Gemahlin des Kronos.

Hestia Göttin des Herdes.

Demeter Göttin der Feldfrüchte.

Hera Königin der olympischen Gottheiten.

Hades Herr der Unterwelt.

Poseidon Gott der Meere.

Zeus König der olympischen Gottheiten, Mörder des Kronos.

»Erde und Himmel weissagten ihm, dass er von seinem eigenen Sohn entthront werde.«

nach Apollodors Bibliothek

Kronos, Titanensohn der Erdgöttin Gaia und des Himmelsgottes Uranos, erwies sich als ebenso besitzergreifender Patriarch wie sein Vater. Nach nur einer Generation zeichnete sich ein düsteres Muster göttlichen Verhaltens ab. So wie Uranos Gaia dominiert hatte, verlangte Kronos von seiner Frau und Schwester Rhea, dass sie ihm exklusiv und endlos zur Verfügung stand, um seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Niemand sonst, am allerwenigsten seine Kinder, durfte ihre Aufmerksamkeit fordern. Nachdem Kronos seinen eigenen Vater abgesetzt hatte, um König der Titanen zu werden, wusste er, wie gefährlich es war, ein Kind in Neid und Wut heranwachsen zu lassen.

Damit niemand eine solche Bedrohung für ihn darstellte, sorgte Kronos dafür, dass die Kinder, die Rhea ihm gebar, genauso schnell verschwanden, wie sie gezeugt wurden. Sobald sie ein neues Baby zur Welt brachte, verschluckte er es. Hestia, Rheas erstes Kind, war in einem Haps verschwunden, bevor ihre Mutter sie überhaupt in die Arme nehmen konnte. Eine weitere Tochter, Demeter, folgte bald: Auch sie wurde sofort verschluckt. Hera, die dritte Tochter, ging denselben Weg und Kronos’ Söhnen erging es nicht besser. Zuerst kam Hades – verschlungen, bevor er seinen ersten hilflosen Schrei ausstoßen konnte, gefolgt vom nächsten Sohn, Poseidon, den dasselbe Schicksal ereilte.

Kronos, bei den Römern Saturn genannt, in Saturn verschlingt eins seiner Kinder von Francisco Goya (1821–1823). Das Werk gehört zu der Serie »Schwarze Bilder« des Künstlers.

Die verzweifelte Rhea bat schließlich ihre Mutter Gaia und ihren entmannten Vater Uranos um Hilfe. Gemeinsam schmiedeten sie einen raffinierten Plan, um das nächste Kind der Tochter zu retten.

Der Trick mit dem Stein

Rhea folgte dem Rat ihrer Eltern. Sobald sie Zeus, den letzten ihrer Söhne, zur Welt gebracht hatte, versteckte sie das Baby, bevor sein Vater Kronos die Gelegenheit hatte, ihn zu sehen. Dann wickelte sie einen Stein in Windeln und reichte ihn dem ahnungslosen Ehemann anstelle des Kindes.

Kronos schaute in seiner räuberischen Gier das Bündel nicht einmal an, bevor er den Kopf zurücklegte und es in seinen weit geöffneten Mund warf. Das »Baby« fiel direkt in seinen Bauch zu den Kindern, die dort dicht gedrängt festsaßen. Kronos hatte keine Ahnung, dass sie alle in der Tiefe seines Bauches überlebt hatten und dort heranwuchsen.

Eine sichere Bleibe

Währenddessen brachte Rhea auf Empfehlung ihrer Mutter Gaia den kleinen Zeus über das Meer auf die fruchtbare Insel Kreta. Dort, in einer verborgenen Höhle an den dicht bewaldeten Hängen des Idagebirges (heute Psiloritis genannt, der höchste Gebirgszug Kretas), überließ Rhea ihren Sohn der Obhut eines kriegerischen Stammes, den Kureten. Diese wiederum gaben das Baby einer Nymphe namens Adamanthea (in einigen Quellen Amalthea), die sich fortan um Zeus kümmerte.

Laut Hesiod hatte die Nymphe Angst, dass Kronos dank seiner universellen Autorität über Erde, Meer und Himmel sah, wo sein Sohn versteckt war. Damit Kronos ihn nicht fand, hängte sie Zeus an ein Seil, das zwischen Erde und Himmel baumelte, sich aber weder in dem einen noch in dem anderen Reich befand.

Adamanthea ernährte Zeus mit Milch aus einer Ziegenherde, die in der Nähe weidete. Immer wenn das Baby quietschte oder weinte, tanzten und sangen die Kureten, um die Geräusche zu übertönen. So erfuhr Kronos nicht, dass sein jüngster Sohn noch lebte.

Zeus sucht seinen Vater

In kürzester Zeit, so scheint es, wuchs Zeus zum Mann heran. Ihn dürstete nach Rache an seinem grausamen Vater. Sollte Zeus jedoch sein Versteck verlassen, wäre ein Showdown zwischen ihnen unvermeidlich, denn Kronos würde seinen Sohn als Bedrohung seiner Macht ansehen. Und er konnte es sich nicht leisten, einen potenziellen Usurpator am Leben zu lassen.

Zeus wird von den lärmenden Kureten und einer Nymphe vor dem allsehenden Kronos beschützt, wie auf dem Bild Die Kindheit des Zeus auf dem Berg Ida aus dem 17. Jh. dargestellt.

Kronos’ Angst entmachtet zu werden, war nicht unbegründet. Eines Tages tauchte Zeus auf und überfiel den Vater mithilfe seiner Großmutter Gaia. Er trat ihn heftig in den Bauch und zwang ihn so, den Inhalt seines Magens zu erbrechen. Als Erstes kam der Stein zum Vorschein, den Kronos anstelle des kleinen Zeus verschluckt hatte. Der junge Gott stellte diesen Stein als Mahnmal für Kronos’ Grausamkeit und als Symbol für seinen Triumph über den bösen Gott in Delphi auf und markierte damit den omphalos oder »Nabel« der altgriechischen Welt. Später wurde dort ein Heiligtum errichtet, das für sein Orakel bekannt war. Pilger suchten es bei persönlichen Problemen auf, und die Priesterin oder Sibylle übermittelte ihnen Botschaften der Weisheit, die angeblich direkt von den Göttern kamen.

»Da nun erbrach er … den Stein, den zuletzt er verschlungen. Diesen befestigte Zeus … dass als Zeichen er gelte und Wunder den sterblichen Menschen.«

Theogonie

Ausgespuckte Gottheiten

Nachdem er den Stein erbrochen hatte, begann Kronos, seinen Nachwuchs hervorzuwürgen. Einer nach dem anderen krochen Zeus’ ältere Brüder und Schwestern, die inzwischen erwachsen geworden waren, aus dem Mund ihres Vaters.

Nach ihrer Wiedergeburt führten die Söhne und Töchter von Kronos einen langen Krieg gegen die mächtigen Titanen. Sie kämpften um die Vorherrschaft über den Kosmos, den Zeus und seine Geschwister schließlich für sich entschieden. Danach errichteten sie ihren Wohnsitz auf dem Berg Olymp. Sie losten aus, wer welche Rolle bei der Herrschaft über das Universum übernehmen sollte. Die drei Söhne des Kronos wollten den Kosmos unter sich aufteilen. Einer sollte die Gewalt über den Himmel haben, ein anderer über das Meer und der dritte über die Unterwelt.

Zeus, dessen bevorzugte Waffe der Blitz war, zog das große Los. Er wurde Herrscher über den Himmel und Anführer aller olympischen Gottheiten. Hades, dem erstgeboren Sohn, der zuletzt wieder ausgespuckt wurde, fiel die düstere Unterwelt zu. Sein Name bezeichnete zugleich sein unsichtbares Reich, in das die Seelen nach dem Tod gehen. Hades war darüber nicht gerade glücklich, aber das Los hatte gegen ihn entschieden. Er wurde zum allmächtigen »Erderschütterer«, der Gott des Meeres mit seiner gewaltigen Kraft – und das, obwohl er bei seiner Geburt das kleinste der Babys gewesen war.

Nachdem alle Rollen verteilt waren, wurden die Kinder des Kronos’ zu den olympischen Gottheiten, auch Olympier genannt, die von den alten Griechen für ihre Kräfte verehrt und angebetet wurden.

Zeus und Hera werden Mann und Frau. Metope aus einem Fries aus Marmor und Kalkstein von einem Tempel in Selinunt (Sizilien), 5. Jh. v. Chr.

Ungleiche Göttinnen

Auf die drei Töchter des Kronos warteten ebenfalls wichtige Aufgaben. Hestia, die Göttin des Herdes, regierte über das häusliche Leben der Menschen.

Als Göttin der Ernte war Demeter eine Lebensspenderin und alljährlich hoffte man auf ihre Großzügigkeit. Sie erwies sich jedoch als launische Beschützerin, die nicht nur bereit war, mit ihren Geschwistern die Klingen zu kreuzen, sondern der Menschheit bei jeder Gelegenheit einen Gefallen vorzuenthalten.

Hera, nach der Heirat mit ihrem Bruder Zeus die wichtigste weibliche Gottheit, war gekränkt, weil ihr Anerkennung und Ehre versagt blieben, die sie als Erste unter den Göttinnen erwartete. Als Göttin der Frauen sollte Hera den vorbildlichen Ehestand repräsentieren, stattdessen wurde sie vor allem wegen ihrer Eheprobleme bekannt.

Hera war auch nicht die Göttin, die die Leidenschaft der Männer entfachte. Diese Rolle war Aphrodite zugedacht, die mit weiblicher Schönheit, Sexualität und erotischen Freuden assoziiert wurde.

Die Griechen verehrten unterschiedliche Göttinnen für die eheliche und die erotische Liebe, weil man diese Bereiche in der Antike voneinander getrennt sah. Heute mag diese Unterscheidung vielen Menschen befremdlich erscheinen, aber in den meisten Kulturen und zu fast allen Zeiten wurde die Mehrheit der Ehen arrangiert – es war eine Verbindung, in der es in erster Linie um die Verwaltung und Übertragung von Besitz und Land ging. Die sogenannte Liebesheirat, bei der die Zuneigung zwischen Mann und Frau im Vordergrund steht, ist eine relativ neue Erscheinung.

Das Dodekatheon

Aphrodite war als einziges Mitglied dieser ersten Riege von Olympiern kein Kind von Kronos und Rhea. Einigen Berichten zufolge war sie die Tochter des Zeus, aber Hesiod, Pausanias und Ovid bezeichnen sie als Kronos’ Schwester, die nach der Entmannung des Uranos aus dem Schaum des Meeres geboren wurde. Obwohl sie zu derselben Generation wie Kronos und Rhea gehörte, galt sie nicht als Titanin. Sie wurde zum dodekatheon gerechnet, das die zwölf wichtigsten olympischen Gottheiten im griechischen Pantheon umfasste. Dazu gehörten auch Zeus, Demeter, Hera und Poseidon aus der ersten Generation der Olympier. Die Herdgöttin Hestia war nicht unter ihnen, da sie sich später entschied, auf der Erde zu leben, um den Streitereien ihrer Geschwister zu entgehen. Hades wurde ebenfalls nicht berücksichtigt, da er dauerhaft in der Unterwelt lebte.

Nach dem Krieg mit den Titanen etablierten sich die Olympier als Herrscher des Kosmos. Auch die Götter dieser ersten Generation hatten zahlreiche Nachkommen, vor allem Zeus, der als Vater vieler Gottheiten und anderer Figuren der griechischen Mythologie gilt. Einige Kinder aus dieser zweiten Generation erweiterten den dodekatheon und wurden selbst mächtige Götter, darunter Apollon, Ares, Hephaistos und Hermes, ebenso wie die Göttinnen Artemis und Athene. Dionysos, der Gott des Weines, erhielt erst einen Platz am Tisch, nachdem Hestia den Olymp verlassen hatte, um auf der Erde zu leben.

Aphrodite hatte eine Affäre mit einem anderen Olympier, dem Kriegsgott Ares. Ihr Ehemann, der Schmiedegott Hephaistos, erwischte sie in flagranti und warf ein Netz über die beiden.

Athene und ihr Onkel Poseidon zanken sich um Athen – ein Familienstreit, den die Göttin gewann. Hier dargestellt in einem venezianischen Fresko von Giambattista Mengardi (1787).

Das dodekatheon trat als Rat zusammen, um Fragen der Herrschaft über den Kosmos zu erörtern.

Menschliche Eigenschaften

Die olympischen Götter besaßen allzu menschliche Wesenszüge und es fehlte ihnen oft die Transzendenz höherer Wesen aus späteren Religionen. In einer dramatischen Seifenoper aus großen Rivalitäten und kleinen Streitereien ließen sie sich in ihren Handlungen nicht von dem Wunsch leiten, für das Wohl der Menschheit zu sorgen, sondern ihre eigenen selbstsüchtigen Wünsche und Launen zu befriedigen. Die Griechen behandelten ihre Gottheiten daher wie mächtige menschliche Herrscher; sie brachten ihnen Opfer dar und richteten regelmäßig Feste für sie aus.

Im Kern war dies eine Art Tauschgeschäft: Die Menschen boten den Göttern Geschenke an, in der Hoffnung, dass die Götter ihnen geben würden, worum sie baten. Die Götter belohnten oft Sterbliche, die sie gut behandelten und ihnen den angemessenen Respekt entgegenbrachten.

Zeus und seine Geschwister konnten mitunter aber auch sehr grausam sein. Oft kam es zwischen ihnen zu Streitereien. Der Grund war meist, dass die Geschwister sich weigerten, Zeus als oberste Autorität anzuerkennen. Vor allem Poseidon und Hades benutzten in diesen Auseinandersetzungen oft Menschen als Bauernopfer. Noch rücksichtsloser war Zeus’ Schwester Demeter. Nachdem sie von Poseidon vergewaltigt worden war und Hades ihre Tochter Persephone entführt hatte, stürzte Demeter die ganze Welt in große Not.

Marmorskulpturen aus dem Parthenon-Tempel auf der Akropolis in Athen. Dionysos, Demeter, Persephone und Artemis (von links nach rechts) erfahren von Athenes Geburt.

»Demeter verließ aus Zorn gegen die Götter den Himmel.«

Bibliothek Apollodors

Auch Untreue war ein beliebtes Thema in griechischen Mythen und dabei ging es nicht nur um Zeus’ Liebschaften, die die eifersüchtige Hera verärgerten.

Zwischen zwei Welten

Trotz ihrer Macht bewegten sich die griechischen Gottheiten in vielerlei Hinsicht irgendwo zwischen überirdisch und ganz alltäglich. Ihre Eigenschaften spiegeln die vielfältigen Aspekte des griechischen Alltags wider, in denen die Götter eine implizite Rolle spielten. Jede Gottheit hatte bestimmte Einflussbereiche, wie Zeus und Athene, die zu den theoi agoraioi (Götter der Agora, dem Markt- und Versamlungsplatz) gehörten.

Wie die Sterblichen brauchten auch die Götter Nahrung. Es heißt, sie lebten von Nektar und Ambrosia, die von Tauben auf den Olymp getragen wurden. Die Idee, dass Gottheiten der leiblichen Stärkung bedürfen, war mit dem Konzept der Göttlichkeit schlecht vereinbar und wurde von späteren Glaubensvorstellungen aufgegeben.

Die zwölf Olympier

Beschreibung

Symbole der Gottheiten

Aphrodite, die Göttin der Liebe, wurde oft mit Zepter, Myrte und Taube dargestellt.

Apollon war Bogenschütze und spielte die Leier. Der Lorbeer stand für seine Liebe zu Daphne.

Ares war der blutrünstige Kriegsgott. Der Speer symbolisiert seine Liebe zu Waffen.

Artemis, Jagdgöttin und Apollons Zwilling, wurde durch Bogen und Hirsch repräsentiert.

Athene, Göttin der Weisheit, trug das Schild Ägis. Ihr Vogel ist die Eule, ihre Pflanze der Olivenbaum.

Demeter, die Zepter schwingende Erntegöttin, suchte mit einer Fackel nach ihrer Tochter.

Dionysos, Gott des Weines, war mit Efeu bekränzt und trug den Thyrsosstab als Symbol des Vergnügens.

Hephaistos war der Gott der Schmiede, Handwerker und des Feuers. Die Axt trug er immer bei sich.

Hera, die Gemahlin des Zeus, trug Zepter und Krone. Ihr Vogel war der Pfau.

Hermes, der Götterbote, trug geflügelte Schuhe und den caduceus, einen magischen Stab.

Poseidon, der Meeresgott, schwang den Dreizack und die Erde bebte. Ihm wurden Pferde und Stiere geopfert.

Zeus, der höchste Gott, warf Blitze auf seine Feinde. Sein Vogel war der Adler, sein Baum die Eiche.

Hestia

Hestia (»Herd«), das älteste Kind von Kronos und Rhea, wurde als Erstes von Kronos verschluckt und tauchte als Letztes wieder auf, als Zeus den Vater zwang, seinen Nachwuchs wieder auszuspucken. Da sie sowohl das älteste als auch – nach der Wiedergeburt – das jüngste der Kinder war, wurde sie allgemein als »Hestia, Erste und Letzte« bezeichnet. Wie der spätere römische Gott Janus galt Hestia als Verkörperung aller Zweideutigkeiten und Ambivalenzen des Lebens und sie wurde mit dem Haus, der Häuslichkeit und ihren Segnungen in Verbindung gebracht. Ihr Reich war insbesondere der Herd – das warme, gastfreundliche Zentrum eines Haushalts. Am Herd wurden unter Hestias Anleitung auch den Hausgöttern Opfer dargebracht.

Obwohl Hestia eine eingeschworene Junggesellin war, galt sie als Beschützerin der Familie. Auch der Staat als Familie im übertragenen Sinn war Teil ihres Reiches und so kümmerte sie sich ebenso um den öffentlichen Altar oder Herd innerhalb einer Stadt.

IN FRÜHESTER JUGEND BESIEGTE ZEUS DIE ERDGEBORENEN TITANEN

DER KRIEG DER GÖTTER GEGEN DIE TITANEN

ZUSAMMENGEFASST

THEMA

Machtübernahme der Olympier

QUELLEN

Ilias, Homer, 8. Jh. v. Chr.; Theogonie, Hesiod, um 700 v. Chr.; Bibliothek Apollodors, um 100 v. Chr.

SCHAUPLATZ

Die Hänge des Olymps und die Ebenen von Thessalien (Nordgriechenland).

SCHLÜSSELFIGUREN

Olympier Die Gottheiten Zeus, Poseidon, Hades, Hera, Demeter und Hestia.

Titanen Okeanos, Hyperion, Koios, Tethys, Phoibe, Rhea, Mnemosyne, Themis, Theia, Kreios, Kronos und Iapetos.

Kyklopen Die einäugigen Riesen Brontes, Steropes und Arges; Söhne des Uranos.

Hekatoncheiren Die Riesen Briareos, Kottos und Gyges; Söhne von Uranos und Gaia.

Zeus errang mühelos die Autorität über seine Geschwister, denn obwohl als Letzter geboren, war er von allen am längsten auf der Welt. Deshalb sicherten sie ihm ihre Unterstützung zu, als er plante, den Vater zu stürzen und die Vormachtstellung im gesamten Kosmos zu erringen. Gemeinsam wagten sie einen Angriff auf die Titanen. Den göttlichen Geschwistern schlossen sich auch einige der ausgestoßenen Söhne von Uranos an. So ergriffen die drei Kyklopen – die einäugigen Riesen Brontes, Steropes und Arges – Partei für Zeus, nachdem er sie aus der Unterwelt befreit hatte. Sie waren geschickte Handwerker, die Waffen für die Götter herstellten: einen mächtigen Donnerkeil für Zeus, einen Umhang, der unsichtbar machte, für Hades und einen Dreizack für Poseidon. Die Hekatoncheiren Briareos, Kottos und Gyges kämpften ebenfalls aufseiten der Götter. Die schrecklichen Riesen hatten jeweils 50 Köpfe und 100 Hände und stießen fürchterliches Geheul aus, als sie auf dem Schlachtfeld wüteten.

Zeus, Anführer der Götter. Die Statue aus dem 4. Jh. zeigt ihn mit einem Adler. Der Vogel, ein Bote des Zeus, ist bis heute in vielen Teilen der Welt ein Symbol der Macht.

Der Krieg

So begann die Titanomachie, der Krieg zwischen Götter und Titanen. Der Krieg wurde an den tiefer gelegenen Hängen des Olymps und auf den Ebenen von Thessalien ausgetragen, aber der Konflikt erschütterte die ganze Welt. Riesige Steine wurden herumgeschleudert, ganze Berggipfel wurden weggerissen und als Wurfgeschosse benutzt, Blitze flogen wie Speere über den Himmel. Flammen loderten bis in die höchsten Höhen des Himmels hinauf, und das dumpfe Geräusch marschierender Füße verursachte Beben in den entlegensten Winkeln der Unterwelt. Staubwolken verdunkelten den Himmel, und der Schlachtenlärm war ohrenbetäubend.

Der Sturz der Titanen von Giulio Romano (1532–1535). Das Bild gehört zu einem Freskenzyklus, der in der Sala dei Giganti im Palazzo del Tè in Mantua (Italien) Wände und Decke schmückt.

Die heftigen Kämpfe, laut Hesiod eine »Seelenqual«, zogen sich ohne Unterbrechung über zehn Jahre hin. Keine Seite wollte nachgeben, also sammelte Zeus schließlich seine Kohorten um sich. Er labte die Hekatoncheiren mit Nektar und Ambrosia, der Nahrung der Götter, die jedem Sterblichen, der sie verzehrte, Unsterblichkeit verlieh. Diese Wirkung hatte sie auf die Hekatoncheiren nicht, aber danach hob sich »allen der Mut in der Brust«, wie Hesiod es ausdrückte.

Der Sieg

Wieder erstarkt stürzten sich die Hekatoncheiren erneut in den Kampf und den Göttern gelang es endlich, die Titanen zu besiegen. Sie verbannten sie in den Tartaros, die tiefste, dunkelste Ecke der Unterwelt, wo sie, bewacht von den Hekatoncheiren, für alle Ewigkeit eingesperrt wurden. Zeus und seine Geschwister hatten nun die volle Kontrolle über den Kosmos. Sie nahmen ihren Wohnsitz auf dem Gipfel des Olymps und regierten von dort aus das Universum.

»[Zeus’] zündende Keile Schlag auf Schlag mit Gekrach und Leuchtglanz flogen behende aus der gedrungenen Hand.«

Theogonie

Kriegsführung im antiken Griechenland

Nach der Entstehung von Stadtstaaten wie Athen und Sparta waren kriegerische Auseinandersetzungen für die Menschen im antiken Griechenland an der Tagesordnung. Die Staaten kämpften in hochritualisierten Kriegen um Territorien, Handelswege und Macht. Wissenschaftler beschreiben das Vorgehen der Griechen mit dem Begriff »begrenzte Kriege«; es wurden zwar Städte zerstört, die Sieger hielten sich jedoch an einen Ehrenkodex.

Einige Stadtstaaten wie Sparta waren sehr militaristisch. Dies erklärt vielleicht das wiederkehrende Konzept eines Krieges im Himmel. Solche Geschichten dramatisierten reale Veränderungen im theologischen und spirituellen Denken in alten Gesellschaften: Zum Beispiel könnte die Titanomachie den Übergang von einem Erdkult um Gottheiten der Unterwelt zu einer eher himmlisch ausgerichteten Theologie repräsentieren, wie sie im antiken Griechenland zu finden war.

NIE VON ORKANEN ERSCHÜTTERT, VOM REGEN NIMMER BEFLUTET

DER OLYMP

ZUSAMMENGEFASST

THEMA

Wohnsitz der Götter

QUELLEN

Theogonie, Hesiod, um 700 v. Chr.; Ilias und Odyssee, Homer, um 800 v. Chr.; Beschreibung Griechenlands, Pausanias, um 150 n. Chr.

SCHAUPLATZ

Berg Olymp, nordöstliches Griechenland.

SCHLÜSSELFIGUREN

Zeus König der griechischen Götter.

Hera Gemahlin und Schwester des Zeus; Königin der Götter.

Hephaistos Gott der Schmiedekunst; Heras Sohn.

Die Musen Kinder des Zeus.

Die Horen Drei Schwestern; Göttinnen der Zeit und der Jahreszeiten.

Die Moiren Drei Schwestern; Schicksalsgöttinnen.

Ursprünglich wohnten die antiken griechischen Gottheiten im Herzen der Erde. Nachdem jedoch Zeus und seine Geschwister die Titanen besiegt hatten, richteten die Griechen die Augen himmelwärts, um die neue Generation von Göttern und Göttinnen anzubeten, denn Hephaistos, der Gott des Feuers und der Schmiedekunst, hatte ihnen Paläste auf dem Olymp errichtet. Hesiod beschreibt den Gebirgszug als »schluchtenreich« und suggeriert eine himmelhohe Festung voller Geheimnisse.

Die riesigen und luxuriösen Paläste aus Stein standen auf Bronzefundamenten, in ihre Böden waren Gold und Edelsteine eingelegt. Zeus errichtete seinen Thron auf dem Gipfel des Stefani. Von hier aus warf er seine Blitze auf all diejenigen, die ihm in der Welt der Sterblichen missfielen.

Leben auf dem Olymp

Die Götter traf sich normalerweise in Zeus’ goldenem Hof, um sich zu beraten. Abends wurde in der Halle gefeiert. Apollon sang und begleitete sich selbst auf seiner Leier. Manchmal kamen die Musen von ihrem Wohnsitz am Fuße des Olymps herauf, um zu singen, zu tanzen und Geschichten zu erzählen.

Der Olymp, die Heimat der griechischen Götter, erhebt sich über der Ebene von Thessalien. Thessalien war Schauplatz des langen Krieges zwischen Göttern und Titanen.

Der Rat der Götter trifft sich auf dem Olymp. Dieses Fresko (1518) von Raffael, dem Meister der italienischen Renaissance, zeigt Zeus, der Psyche die Unsterblichkeit verleiht.

Es gab Ställe für die Kreaturen, die den Göttern als Zugtiere dienten, etwa die Feuerrösser des Sonnengottes Apollon. Zeus ließ seinen Wagen von den anemoi antreiben, den vier Windgöttern, Boreas (Norden), Euros (Osten), Notos (Süden) und Zephyros (Westen). Poseidon spannte Pferde mit Fischschwänzen vor seinen Streitwagen, während Aphrodite ihr Gefährt von einem Taubenschwarm ziehen ließ.

Die Tore zum Olymp wurden von den Horen Eirene, Eunomia und Dike bewacht, die für den geordneten Lauf der Zeit und der Jahreszeiten sorgten. Ein weiteres göttliches Geschwistertrio, die Moiren, wachte am Fuße von Zeus’ Thron über das Schicksal der Sterblichen.

Physisch und symbolisch

Im Grunde ist der »Berg« Olymp ein ganzes Massiv mit über 50 verschiedenen Gipfeln, fast 3000 m hoch. Die Spitzen sind die meiste Zeit in Wolken gehüllt und so der Sicht der Sterblichen entzogen. So ist es kein Wunder, dass die alten Griechen den Olymp für den Wohnsitz ihrer regierenden Götterdynastie hielten.

Die Vorstellung eines heiligen Berges existierte schon lange bevor die Griechen begannen, die Olympier zu verehren, und sie findet sich auch bei anderen Kulturen. So bildete für die indischen Religionen der Berg Meru das Zentrum des Universums. Der Fudschijama dominierte das japanischen Religionssystem und Inka-Priester in Peru brachten hoch oben auf den Andengipfeln Opfer dar.

»Als nun die seligen Götter den Kampf zu Ende geführet … da nun boten dem Zeus sie das Königtum und die Herrschaft an.«

Theogonie

In der Mythologie gilt der Berggipfel oft als ein der Erde entrückter physischer Ort. Auch Homer zeigte den Olymp aus verschiedenen Perspektiven. Von der Erde aus gesehen beschreibt er ihn als »schneebedeckt« oder »wolkenumhüllt«. Die Götter konnten sich an ihrem Wohnsitz jedoch zu jeder Zeit über Sonnenschein und klaren blauen Himmel freuen.

Götter wechseln

Anthropologen verwenden den Begriff »Synkretismus«, um die Vermischung von religiösen Vorstellungen oder Glaubensinhalten zu beschreiben. Das antike Griechenland kennt dafür viele Beispiele. So war das Heiligtum von Dodona im Nordwesten seit mindestens dem 2. Jahrtausend v. Chr. einer matriarchalischen Erdgöttin geweiht. Nach dem Aufstieg der Olympier wurde jedoch anstelle der Erdgöttin eine der vielen Frauen des Zeus namens Dione verehrt.

Isthmia, auf der Landbrücke gelegen, die das griechische Festland mit der Halbinsel Peloponnes verbindet, war offensichtlich der ideale Ort für einen Tempel des Meeresgottes Poseidon, denn der schmale Landstreifen wird auf beiden Seiten ständig von Wellen umtost. Doch fanden Archäologen in Isthmia Überreste eines anderen Tempels, der in eine Zeit lange vor der Ära der Olympier zurückreicht und einer oder mehreren unbekannten Gottheiten gewidmet war.

FEST AUCH SCHLUG ER IN BANDE DEN LISTIGGEWANDTEN PROMETHEUS

PROMETHEUS HILFT DEN MENSCHEN

ZUSAMMENGEFASST

THEMA

Erschaffung des Menschen

QUELLEN

Theogonie sowie Werke und Tage, Hesiod, um 700 v. Chr.; Bibliothek Apollodors, um 100 n. Chr.

SCHAUPLATZ

Griechenland, die Ägäis und der Kaukasus in Vorderasien.

SCHLÜSSELFIGUREN

Zeus König der Götter.

Iapetos Der jüngste Titan, Sohn von Uranos und Gaia.

Klymene Eine Meeresnymphe, Tochter des Titanen Okeanos.

Prometheus Sohn von Iapetos und Klymene.

Deukalion Menschlicher Sohn des Prometheus.

Pyrrha Dekalions Gemahlin.

Hephaistos Schmiedegott.

Zeus’ Sieg im Krieg mit den Titanen war hart errungen, aber danach herrschten er und seine Brüder unangefochten über Himmel, Erde und Meer. Zeus hatte Kronos entthront, der selbst den Tyrannen Uranos gestürzt hatte. Doch kein Herrscher kann es sich leisten, selbstgefällig zu werden, egal, wie unangreifbar er sich wähnt. Und so sollte auch Zeus’ Autorität schon bald infrage gestellt werden.

Rebellischer Geist

Prometheus, ein junger Titan und Überlebender des alten Regimes, war der Sohn von Iapetos und Klymene. Nicht zufällig bedeutet sein Name »Vorausdenker«, denn er war ein Erfinder und Stratege. Die Quellen sind sich nicht einig darüber, welche Rolle Prometheus im anhaltenden Kampf zwischen Zeus und seinen Untertanen spielte, aber alle Quellen sehen ihn als wichtigen Protagonisten in diesem Konflikt. Prometheus war sich seiner Klugheit durchaus bewusst. Er war ein unabhängiger Kopf, verhielt sich trotzig und respektlos und zeigte seine Verachtung für Zeus’ Autorität nur allzu deutlich. Schlimmer noch, er schien diese rebellische Haltung auch an Zeus’ menschliche Untertanen weiterzugeben.

Prometheus bringt das Feuer zu den Menschen. Der flämische Maler Jan Cossiers (1600–1671) zeigt den Titanen beim Raub der kostbaren Ressource.

Aus Erde, aus Stein

In der Bibliothek Apollodors gilt Prometheus als Schöpfer der Menschheit, denn er formte den ersten Mann und die erste Frau aus feuchtem Ton. Diese ersten Menschen wandelten nur eine einzige Generation auf der Erde, bevor sie von einem wütenden Zeus durch eine weltweite Flut vernichtet wurden. Prometheus’ menschlicher Sohn Deukalion und seine Frau Pyrrha überlebten als Einzige, denn Prometheus hatte die beiden rechtzeitig gewarnt und sie aufgefordert, sich eine schwimmende Holzkiste zu bauen, um der Sintflut zu trotzen.

»Prometheus bildete Menschen aus Wasser und Erde.«

Bibliothek Apollodors

Deukalion zeigte nach der großen Flut etwas mehr Fingerspitzengefühl als sein Vater. Er dankte Zeus, dass er ihn und Pyrrha am Leben gelassen hatte, baute einen Altar und brachte Opfer dar. Zeus war darüber so erfreut, dass er nicht nur Deukalion und Pyrrha erlaubte weiterzuleben, sondern Deukalion erklärte, wie er die Menschheit neu erschaffen könne. Dazu sollten Deukalion und seine Frau Steine aufheben und sie über ihre Köpfe hinter sich werfen. Wo Deukalions Steine landeten, wurden sie zu Männern. Aus Pyrrhas Steinen entstanden Frauen.

Sterbliche Männer und Frauen entstehen aus den Steinen, die Deukalion und Pyrrha hinter sich werfen, und bevölkern die Erde neu. Gemälde von Peter Paul Rubens (1636)

Ein Trick misslingt

Anders als Apollodor berichtet Hesiod fast von Anfang an auch von Menschen, obwohl er wenig über ihre Herkunft verrät. Bereits während der Herrschaft des Kronos gelegentlich erwähnt, kommt ihnen jedoch erst im Zeitalter der olympischen Götter größere Bedeutung zu.

»Diese [die Steine] nun, die Deukalion warf, wurden zu Männern, und die von der Pyrrha, zu Weibern.«

Bibliothek Apollodors

Als Zeus die Menschen zusammenrief, um ihnen zu sagen, welche Art von Opfer sie ihm darbringen sollten, kam Prometheus den Sterblichen zu Hilfe. Er wickelte erlesenes Fleisch in eine schäbige Ochsenhaut und hüllte ein Bündel Knochen in köstliches Fleisch. Dann bat er, Zeus zu wählen, welches Opfer ihm von nun an dargebracht werden sollte. Zeus schien auf den Trick hereinzufallen, denn er entschied sich für das äußerlich ansprechende Bündel mit Knochen. Allerdings deutet Hesiod an, dass der König der Götter das Bündel absichtlich wählte, um eine Entschuldigung dafür zu haben, die Menschen zu hassen.

In jedem Fall war Zeus anschließend sehr wütend. Mit seiner List linderte Prometheus nicht die Not der Menschen, wie er es beabsichtigt hatte, sondern verschlimmerte sie noch, denn der zornige Gott versteckte daraufhin das Geheimnis des Feuers vor seinen menschlichen Untertanen. Dies beraubte sie nicht nur der Wärme und des Trostes, sondern verhinderte auch den menschlichen Fortschritt.

Leben in der Kälte

Ohne Feuer war es schlecht um die Sterblichen bestellt. Nur mit Tierhäuten bekleidet mussten sie in Dunkelheit, Nässe und Kälte ausharren und sich von Wurzeln, Beeren, Früchten und rohem Aas ernähren. Sie verwendeten Zweige als rudimentäre Werkzeuge und Knochen als Waffen und führten ein Leben, das man nicht einmal als »primitiv« bezeichnen konnte. Der tägliche Kampf um die blanke Existenz rückte jede Möglichkeit, die Zukunft zu gestalten, in weite Ferne.

Gestohlenes Feuer

Abermals versuchte Prometheus den Menschen zu helfen. Er nahm etwas Glut von einem Feuer, das die Götter hoch oben auf dem Olymp entzündet hatten, und versteckte sie in einem hohlen Fenchelstängel. So brachte er sie zu den Lagern auf den Ebenen hinunter, in denen die Menschen vor Kälte zitterten. Bald loderten »von Weitem sichtbar« überall Feuer in der Welt der Menschen.

Das Leben der Menschen veränderte sich dadurch für immer. Wärme, Licht und der Schutz vor Raubtieren waren nur der Anfang. In kürzester Zeit begann die Menschheit aufzublühen. Aus geschmolzenem Metall stellte sie den schönsten Schmuck und die stärksten Werkzeuge und Waffen her, von Hacken und Hämmern bis hin zu Speeren und Schwertern. Jede Innovation ebnete den Weg für eine andere und plötzlich schritt die Menschheit rasant voran.

Die Götter bestraften Prometheus, weil er den Menschen das Feuer gegeben hatte. Angekettet im Kaukasus musste er auf ewig Qualen ertragen. Gemälde von Jacob Jordaens (1640)

Schwere Strafe

Zeus war wütend auf Prometheus. Der Feuerdiebstahl war nicht nur ein öffentlicher Affront, sondern schwächte auch erheblich seine Macht über die Menschen. Zeus entschied, dass Prometheus dafür eine ewige und schmerzhafte Bestrafung verdiente. Er ließ den Dieb von seinen Handlangern Bia (»Gewalt«) und Kratos (»Macht«) ergreifen und auf einen hohen Berggipfel tragen. Hier ketteten sie Prometheus mithilfe des Schmiedegotts Hephaistos an einen Felsen. Ein Adler flog herab, riss ihm den Bauch auf, zog die pulsierende Leber heraus und verschlang sie. Doch dies war nur der Anfang der qualvollen Folter für den rebellischen Titanen. Jede Nacht wuchsen seine Leber und seine Haut nach, sodass sich der Adler am nächsten Tag von Neuem darauf stürzen konnte.

Jahrhundertelang war Prometheus an diesen Felsen gekettet, bis ihn schließlich Herakles fand, der auf der Suche nach den schwer auffindbaren Äpfeln der Hesperiden war. Im Tausch gegen seine Befreiung verriet ihm Prometheus, wo er die Äpfel finden konnte.

Auch die Menschen ließ Zeus für die Tat des Prometheus’ büßen. Er wies Hephaistos an, Pandora zu erschaffen, damit diese Not, Krieg und Tod in die Welt brachte.

»Doch das nagt tief in der Seele Zeus’, dem erhabenen Donnrer, und reizt zum Zorn das Gemüt ihm, als er sah bei den Menschen die Glut weitstrahlenden Feuers.«

Theogonie

Klymenes Kinder

In Hesiods Theogonie führte Iapetos »die reizende Okeanine Klymene heim und bestieg das gemeinsam trauliche Lager«. Andere Autoren setzen sie mit der Meeresnymphe »Asia« gleich. Mit Iapetos bekam Klymene die vier Söhne Prometheus, Atlas, Epimetheus und Menoitios, denen das Schicksal jedoch alles andere als wohlgesonnen war.

Der stolze Menoitios wurde während des Titanenkriegs von Zeus mit einem Blitz für immer in die Unterwelt verbannt. Atlas musste nach dem Sieg der Olympier als einer der Anführer der Titanen und weil er sich dem Aufstieg der Olympier widersetzt hatte, zur Strafe für immer das Himmelsgewölbe auf seinen Schultern tragen.

Klymenes dritter Sohn Epimetheus war genauso dumm wie sein Bruder Prometheus listig war. Gegen den Rat seines Bruders nahm er die schöne Pandora als Geschenk an und heiratete sie. Er hatte keine Ahnung, dass Zeus sie gesandt hatte, um Kummer und Sorgen in die Welt zu bringen.

Atlas trägt den Himmel auf den Schultern. Obwohl häufig mit einer Erdkugel verwechselt, repräsentiert die runde Struktur, die auf Atlas lastet, das Himmelsgewölbe.

Die fünf Zeitalter

So unangenehm die Herrschaft des Kronos für seine Kinder gewesen sein mag, laut Hesiod war sie für die Menschen ein »Goldenes Zeitalter«. Krankheit, Krieg und Zwietracht waren unbekannt. Männer und Frauen lebten jahrhundertelang, Bäume und Felder lieferten durch einen endlosen Frühling immer Nahrung. Nach Zeus’ Machtergreifung lebten die Menschen im »Silbernen Zeitalter« nur noch hundert Jahre, die meiste Zeit davon in einer langen Kindheit. Wenn sie endlich erwachsen wurden, waren sie dumm und streitsüchtig. Als Nächstes kam ein »Bronzenes Zeitalter«: Die Menschen wurden Krieger, und verbrachten ihr kurzes Leben mit Streit und Kämpfen. Im folgenden »Heroischen Zeitalter« nahmen die langen Kriege einen edlen und epischen Charakter an. Dies war die Ära von Homers Trojanischem Krieg. Sie unterschied sich deutlich vom »Eisernen Zeitalter«, in dem Hesiod selbst lebte und unter Mühen sein Dasein fristete, genau wie die Menschen heute.

SIE BEDACHTE MIT DÜSTEREN SORGEN DIE MENSCHEN

PANDORAS BÜCHSE

ZUSAMMENGEFASST

THEMA

Ursprung allen Übels

QUELLE

Werke und Tage, Hesiod, um 700 v. Chr.

SCHAUPLATZ

Am Fuß des Olymps, Griechenland.

SCHLÜSSELFIGUREN

Prometheus Titan und Bruder von Epimetheus. Schöpfer der Menschen – und ihr größter Wohltäter.

Zeus König der Götter auf dem Olymp.

Hephaistos Olympischer Schmiedegott und Schöpfer der ersten Frau.

Pandora Die erste Frau, auf Zeus’ Wunsch hin erschaffen.

Epimetheus Titan und Bruder des Prometheus.

In Hesiods Erzählung über den mythischen Ursprung der Menschheit, Werke und Tage, wurde der Mann zuerst allein geschaffen, ohne dass eine Partnerin ihn auf seinem Weg durch die Welt begleitete. Die Frau machte bei Hesiod ihren ersten Auftritt nicht als Begleiterin des Mannes, sondern als Strafe.

Ein eifersüchtiger Gott

Als der Titan Prometheus den Göttern das Feuer stahl, half er der Menschheit zu wachsen und zu gedeihen. Zur Strafe wurde Prometheus jedoch von Zeus, einem eifersüchtigen und nachtragenden Gott, auf ewig gefoltert. Zeus war weit davon entfernt, sich über eine Verbesserung der menschlichen Existenz zu freuen. Stattdessen fühlte er sich durch das wachsende Selbstvertrauen der Menschen bedroht.

»Ohne Verzug dann hieß er den herrlichen Künstler Hephaistos Erde mit Wasser vermengen … und formen ein hold Jungfrauengebild.«

Werke und Tage