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Nach einer gescheiterten Beziehung ist Amelia froh, wieder Single und ungebunden zu sein. Allerdings ist sich ihre beste Freundin sicher, den perfekten Mann für Amelie gefunden zu haben und überredet sie zu einem Blind Date. Ausgerechnet auf einer Hochzeit.
Isaac ist nett und gutaussehend, aber eben auch jünger als Amelie. Sie ist sich sicher, dass sie nichts gemeinsam haben und überhaupt nicht zusammenpassen. Doch je mehr Zeit Amelia mit Isaac verbringt, desto mehr fühlt sie, dass er genau der Richtige für sie sein könnte. Aber ist sie nach so kurzer Zeit wirklich bereit, ihr Herz erneut zu verschenken?
Alle Bücher der Dating Serie können unabhängig voneinander gelesen werden.
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Seitenzahl: 292
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Wir wünschen viel Vergnügen.
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Nach einer gescheiterten Beziehung ist Amelia froh, wieder Single und ungebunden zu sein. Allerdings ist sich ihre beste Freundin sicher, den perfekten Mann für Amelie gefunden zu haben und überredet sie zu einem Blind Date. Ausgerechnet auf einer Hochzeit.
Isaac ist nett und gutaussehend, aber eben auch jünger als Amelie. Sie ist sich sicher, dass sie nichts gemeinsam haben und überhaupt nicht zusammenpassen. Doch je mehr Zeit Amelia mit Isaac verbringt, desto mehr fühlt sie, dass er genau der Richtige für sie sein könnte. Aber ist sie nach so kurzer Zeit wirklich bereit, ihr Herz erneut zu verschenken?
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Monica Murphy ist New-York-Times- und USA-Today-Bestsellerautorin. Ihre Bücher wurden in fast ein Dutzend Sprachen übersetzt und haben sich weltweit über eine Million Mal verkauft. Die Autorin lebt mit ihrer Familie, ihrem Hund und vielen Katzen mitten im kalifornischen Nirgendwo. Wenn sie nicht gerade an neuen Büchern schreibt, verbringt sie ihre Zeit am liebsten mit ihrem Mann und ihren drei Kindern. Sie glaubt fest an Happy Ends, auch wenn ihre Romanfiguren viele bange Momente durchleben müssen, bevor sie endlich zusammen glücklich werden dürfen.
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Monica Murphy
Blind Date
Aus dem Amerikanischen von Franziska Brück
Cover
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Inhaltsverzeichnis
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1 — Amelia
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21 — Amelia
22 — Isaac
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25 — Amelia
Epilog — Isaac
Danksagung
Impressum
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Amelia
Silver Bells …
Als ich aus dem Auto steige, runzle ich automatisch die Stirn, aus innerem Protest gegen die klassische Weihnachtsmusik, die aus den Lautsprechern dröhnt.
Silver Bells …
Ich schmeiße die Tür zu und atme langsam und hörbar aus, während ich mit knirschenden Stiefeln den Schotterparkplatz überquere.
It’s Christmas time in the city …
Himmel, wie sehr ich Weihnachtsmusik verabscheue. Und dass sie mittlerweile schon im Oktober zu hören ist, macht es auch nicht besser. Oder dass jedes Jahr immer früher Weihnachts-Werbung zu sehen ist. Allerdings arbeite ich im Juweliergeschäft meiner Familie, und die Vorweihnachtszeit belebt das Geschäft, weswegen wir in den letzten drei Monaten des Jahres immer besonders viel zu tun haben – und weswegen ich in diesen drei Monaten aber eben auch besonders viel Weihnachtsmusik hören muss.
Meine Eltern leben für die Vorweihnachtszeit. Mein Vater und mein älterer Bruder Palmer erstellen bereits Jahre im Voraus unsere Marketingpläne, während meine Mutter den Laden dekoriert und sich ganz besondere Shopping-Erlebnisse für ganz besondere Kunden überlegt.
Palmer liebt nichts mehr, als jeden Morgen in einem seiner teuren, maßgeschneiderten Anzüge in den Laden zu schlendern und sich aufzuführen, als wäre er eine ganz große Nummer. Als würde ihm der Laden gehören. Eines Tages wird er ihm gehören. Genau wie mir. Unsere Eltern werden ihn fünfzig, fünfzig zwischen uns aufteilen, was meinen Bruder ziemlich offensichtlich auf die Palme bringt.
Ich hingegen tauche zwar auch jeden Tag auf und erledige meine Arbeit, aber im Gegensatz zu ihm halte ich mich mit meiner Jammerei zurück und bete bloß, dass meine Mutter nicht versucht, mich mit irgendeinem Junggesellen zu verkuppeln, der in den Laden kommt und verzweifelt versucht, auf den letzten Drücker noch ein Geschenk für seine Mutter/Oma/Tante/was auch immer zu finden.
Doch meine Gebete werden nie erhört.
Mutter versucht immer, mich zu verkuppeln.
Und seit der endgültigen Trennung von meinem Ex ist »schlechte Laune« zu meinem zweiten Vornamen geworden. Der Trennung von dem, dessen Name nicht genannt werden darf. Ich weigere mich, ihn laut auszusprechen oder auch nur zu denken. Er hat mir über die Jahre so manches Trauma verpasst. Er war großartig. Unglaublich süß … als wir das erste Mal zusammengekommen sind. Danach besitzergreifend. Zwanghaft. Wütend. Wir haben uns unglaublich gestritten und hatten unglaublichen Versöhnungssex. Im Ernst, wenn ich wütend auf ihn war, brachte er mich wie kein anderer zum Kommen.
Verrückt, oder? Vollkommen abgedreht, wenn ich ehrlich bin.
Doch ich bin darüber hinweg. Ich bin lieber allein, als ständig völlig überreizt zu sein. Ich habe eine Weile gebraucht, es hinter mir zu lassen, den extrem bitteren Nachgeschmack loszuwerden. Meine Laune ist in letzter Zeit dermaßen im Keller, dass meinen Eltern jede Ausrede recht ist, mich aus dem Laden zu schaffen, und wenn es nur für ein paar Stunden ist.
Und so haben sie mich heute wieder einmal auf eine Mission geschickt: zur Sullivan Weihnachtsbaumschule, um einen Baum für den Laden auszusuchen.
Witzig, dass sie diese Aufgabe gerade dem mürrischsten, anti-weihnachtlichsten Menschen von allen überlassen. Ich bin versucht, einen mit rosafarbenem Kunstschnee zu nehmen, nur um sie damit aufzuziehen.
Aber das werde ich nicht tun. Es gibt eine Sache, die ich niemals mit Absicht tun werde, und zwar, meine Eltern zu enttäuschen. Das tue ich bereits unabsichtlich zur Genüge.
Offensichtlich haben sich Kunden über mein ungewohnt schnippisches Verhalten beschwert. Ich habe versucht, es zu leugnen, als mein Vater mir mit sanfter Stimme davon erzählt hat. Ich habe so getan, als wäre ich von der Beschuldigung der Kunden unglaublich überrascht. Als hätte ich absolut keine Ahnung gehabt, dass ich so unfreundlich gewesen bin.
Lügen. Alles Lügen. Ich suhle mich jetzt bereits seit fast zwei Monaten in meiner schlechten Laune. Ich schätze, ich muss mich endlich zusammenreißen und mein schönstes Lächeln aufsetzen. Fake it till you make it!
Bah. Erschießt mich, bitte!
Meine Freundin Candice, die zukünftige Mrs. Charlie Sullivan, hat gesagt, sie würde sich hier auf der Plantage ihres Verlobten mit mir treffen, aber ich kann sie nirgendwo entdecken. Jede Menge Leute wuseln um mich herum, vor allem Familien mit vielen kleinen Kindern, denen je eine Zuckerstange aus dem Mundwinkel hängt, die hier wohl irgendwo verteilt werden. Die Kleinen sind vollkommen überdreht und flitzen von Baumreihe zu Baumreihe. Ich mache mir Sorgen, dass eines von ihnen noch über seine eigenen Füße stolpert und sich die klebrige Stange in den Hals rammt.
Okay, das war grausam. Solche Gedanken sollte ich besser ganz schnell in den hintersten Winkel meines Kopfes verbannen.
Ich bahne mir schnell einen Weg zu dem roten Gebäude, das Candice mir als Treffpunkt genannt hat, und lächle jeden an, der an mir vorbeiläuft. Es ist noch nicht einmal Thanksgiving. Allerdings sind es bis dahin nur noch ein paar Tage, also lässt es sich jetzt wohl nicht mehr aufhalten. Candice’ und Charlies Hochzeit findet kommenden Samstag statt. Am Samstag nach Thanksgiving. Candice hat vor einiger Zeit mal erwähnt, dass Charlie wohl zunächst nicht besonders glücklich mit der Wahl ihres Hochzeitsdatums war, da es den Beginn der hektischsten Zeit des Jahres markiert. Doch schließlich hat er zugestimmt, weil er einfach alles tun würde, um die Frau, die er liebt, glücklich zu machen.
Und was macht Candice glücklich? Richtig. Weihnachten. Freunde. Familie. Überall Deko und blinkende Lichter und Weihnachtsmusik und jede Menge grüne Bäume.
Im Grunde heiratet sie ihren absoluten Traummann, den Besitzer einer Weihnachtsbaumplantage. Und ich freue mich für sie.
Wie das wohl ist, dem Mann seiner Träume zu begegnen? Dem, der für einen alles stehen und liegen lässt. Der alles tut, um bei dir zu sein. Der dich einfach nur glücklich machen will und sich keine Gedanken darum macht, was andere darüber denken. Der dich liebt und sich um dich kümmert und seinen Blick nicht zu lange auf einer schönen fremden Frau ruhen lässt, während er direkt neben dir steht. Tja, ich habe absolut keine Ahnung, wie sich das anfühlt.
»Boah, pass doch auf!«
Ich renne geradewegs in eine Wand von einem Mann. Mein Gesicht presst sich kurz in seine feste Brust, bevor ich wieder von ihm abpralle wie ein Gummiball. Ein flüchtiger Gedanken kommt mir in den Sinn, während ich nach hinten taumle und beinahe umfalle.
Dieser Kerl. Er riecht so verdammt gut. Nach Kiefer und Watte und … Lagerfeuer?
»Tut mir leid. Geht es Ihnen gut?« Mit festem Griff packt er mich an den Schultern und bewahrt mich gerade noch vor einem Sturz auf den Hintern.
Langsam hebe ich den Kopf und blicke einem extrem attraktiven Mann direkt ins Gesicht. Er trägt eine dunkelgrüne Baseballmütze mit dem roten Schriftzug »Sullivan Baumschule« auf dem Kopf und ein dazu passendes waldgrünes Sweatshirt und Jeans. Die Hände, die noch immer auf meinen Schultern liegen, stecken in Arbeitshandschuhen. Er hat die Augenbrauen besorgt zusammengezogen, seine vollen Lippen sind leicht geöffnet. Da kommt mir ein weiterer seltsamer Gedanke.
Wie es sich wohl anfühlen würde, diese Lippen zu küssen?
Ich schüttle den Kopf, um diese verrückte Vorstellung gleich wieder loszuwerden.
»Mir geht’s gut.«
»Sind Sie sich sicher?« Er runzelt dir Stirn. »Es ist nur … Sie sagen, es geht Ihnen gut, schütteln dabei aber den Kopf. Das ist eine ziemlich zweideutige Botschaft.«
Das klingt beinahe nach einem Vorwurf. Doch als ich sein Gesicht studiere, sein unglaublich freundliches und niedliches Gesicht, erkenne ich darin nicht den Funken von Spott oder Wut. Er sagt einfach nur, was er denkt. Ohne jeden Hintergedanken.
»Sie haben mich nur erschreckt, das ist alles«, sage ich mit dem Anflug eines Lächelns.
Er erwidert es, und wow, das macht ihn noch millionenmal attraktiver. Seine Zähne sind vollkommen gerade, und seine blauen Augen strahlen geradezu, als wäre er total glücklich darüber, mich zu sehen.
Obwohl er mich doch überhaupt nicht kennt.
»Tut mir leid«, wiederholt er noch einmal und will meine Schultern wieder loslassen. Allerdings kleben seine Finger an meiner ziemlich teuren Jeansjacke fest. »Verfluchtes Harz«, murmelt er leise, während er seine Finger einen nach dem anderen vorsichtig von mir löst.
Ich betrachte die Stelle an meinem rechten Arm, die er eben noch berührt hat und an der noch immer Harzreste kleben. »Das geht vermutlich nicht mehr raus, oder?«
»Mit Reinigungsalkohol vielleicht schon. Man träufelt es am besten auf ein sauberes weißes Tuch, um damit das Harz wegzurubbeln.« Er schaut unbehaglich grinsend zu Boden.
Oh, verstehe. Wegrubbeln. So ähnlich wie sich einen rubbeln. Warum müssen Kerle eigentlich immer alles auf eine sexuelle Ebene bringen?
»Danke für den Tipp«, blaffe ich ihn an und laufe dann so schnell wie möglich weiter in Richtung des roten Gebäudes.
»Gern geschehen«, ruft er mir hinterher. »Die Flecken auf der Jacke tun mir leid!«
Ich ignoriere seine dritte Entschuldigung und beschleunige meine Schritte noch, um so schnell wie möglich von ihm wegzukommen. Er ist süß. Nett. Ein bisschen derb, aber zurzeit bin ich auch einfach ein bisschen prüde. Ich sollte nicht immer alles so ernst nehmen. Nicht jeder Mann, dem ich begegne, ist wie mein Ex. Ich kann nicht alle über einen Kamm scheren und sie alle als egoistische Arschlöcher abstempeln.
Ich weiß, dass es davon sehr viele gibt, aber nicht jeder ist eines.
Als ich das rote Gebäude schließlich betrete, bin ich vollkommen außer Atem und überwältigt von der geballten Weihnachtseuphorie, die sofort auf mich niederprasselt.
Ich stehe in einem Laden, der bis in den letzten Winkel mit Deko angefüllt ist. Nicht mit billigem Kitsch, sondern mit den richtig geschmackvollen Sachen. Der Laden ist thematisch unterteilt, und die Auslagen direkt im Eingangsbereich versprühen einen besonders traditionellen Flair. Alles ist voller roter und grüner Santas und Rentiere.
Ich bin dieses Jahr vielleicht ein Griesgram und ziemlich grinchig unterwegs, aber ich weiß die Schönheit, die mich hier umgibt, trotzdem zu schätzen. Meine Mutter würde diesen Laden lieben. Ich muss unbedingt noch mal mit ihr zusammen herkommen.
»Amelia! Da bist du ja!«
Ich drehe mich um und sehe, wie meine Freundin Candice mit einem breiten Grinsen im Gesicht auf mich zuläuft.. Sie zieht mich in eine feste Umarmung, und ich erwidere sie, voller Freude über Candice’ herzliches Wesen. In ihrer Gegenwart fühlt man sich einfach immer sofort geliebt. »Der Laden ist der absolute Wahnsinn«, sage ich, als wir uns wieder voneinander lösen.
»Nicht wahr?« Sie blickt sich mit vor Begeisterung geweiteten Augen um, als wäre sie auch zum ersten Mal hier. »Charlies Schwester Victoria führt ihn. Sie macht einen unglaublichen Job.«
Candice beugt sich näher zu mir und senkt die Stimme. »Letzten Sommer hat sie mich mit zu einer Verkaufsmesse genommen, bei der die gesamte Deko für dieses Jahr zu sehen war, und es war der Hammer. Ich stand vollkommen neben mir, als ich ihr dabei geholfen habe, Stücke für den Laden auszusuchen.«
»Das kann ich mir vorstellen«, sage ich und schenke ihr ein aufrichtiges Lächeln. Wow, ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das das letzte Mal getan habe.
»Na dann!« Candice klatscht in die Hände und blickt mich gespannt an. »Ihr braucht also einen Baum für euer Juweliergeschäft.«
»Hast du schon einen ausgesucht?«, frage ich hoffnungsvoll. Ich habe keine besondere Lust, auf der Suche nach dem perfekten Baum durch die endlosen Baumreihen zu streifen.
»Nachdem ich mit deiner Mutter geredet habe, hat Charlie mit ein paar Angestellten einige Vorschläge zusammengetragen. Ich bin mir sicher, dass da einer für euch dabei ist. Na komm, lass uns nach draußen gehen.«
Ich folge ihr durch den Laden und weiß gar nicht, wohin ich zuerst sehen soll. Mein Blick huscht von einem wunderschönen Gegenstand zum nächsten. Der Duft von Cranberrys und Gewürzen liegt in der Luft, und jazzige Weihnachtsmusik ist leise im Hintergrund zu hören. Im Gegensatz zu da draußen, wo Weihnachten einem geradezu um die Ohren gehauen wird, ist hier drin alles ganz subtil gehalten. Fast schon wohltuend.
Wir verlassen den Laden durch eine Seitentür, und Candice führt mich zu einigen gefällten Bäumen, die gegen einen Holzzaun lehnen. »Er hat die nicht alle extra für mich fällen lassen, oder?«, frage ich, besorgt, dass wegen mir so viele Bäume völlig grundlos gefällt wurden.
»Nein, auf keinen Fall. Die werden alle zu einem unserer Verkaufsstände in Monterey gebracht. Wir haben die hier nur erst mal für dich zur Seite gestellt. Charlie meinte, es wären die schönsten.« Candice lächelt. »Und er kennt seine Bäume.«
»Da bin ich mir sicher«, murmle ich, während ich die Auswahl vor mir betrachte. Sie sind alle wunderschön. Doch einer ist ganz besonders groß und voll und erobert mein Herz im Sturm.
»Den da will ich.« Ich zeige darauf.
»Wirklich?«, fragt Candice. »Den hätte ich auch genommen! Okay, ich sage Charlie Bescheid, und wir liefern ihn euch noch heute Nachmittag. Passt euch das zeitlich? Bist du dann noch im Laden?«
»Ja, bin ich«, antworte ich und versuche, fröhlich zu klingen. Als gäbe es keinen Ort, an dem ich lieber wäre.
In Wahrheit wäre ich heute Nachmittag viel lieber schon längst in meinem Bett, um unter meiner Decke eingemummelt irgendeinen schnulzigen Liebesfilm zu schauen und wieder einmal meine zerbrochene Beziehung zu beweinen. Die Jahre, die ich an diesen Mistkerl vergeudet habe.
Oh ja, ich würde all meine Sorgen und Depressionen in Eiscreme ertränken. Und mein Bestes geben, mich nicht an die guten Momente zu erinnern, die ich mit ihm, dessen Name nicht genannt werden darf, geteilt habe.
Wenn man an das Gute denkt, vergisst man automatisch all das Schlechte. Und das darf ich auf gar keinen Fall.
Egal, wie gern ich das auch würde.
Isaac
»Ich glaube, ich habe eine Kundin wütend gemacht«, sage ich zu meinem Boss. Charlie Sullivan ist der älteste Sohn der Sullivan-Familie und führt die Baumschule. Ich arbeite schon seit Jahren für ihn, und auch wenn er ein ziemlicher Scheißkerl sein kann, ist er dennoch ein großartiger Chef. Immer fair. Er verlangt einem sehr viel ab, sagt dir aber auch immer, wenn du richtig gute Arbeit geleistet hast. Und die Bezahlung ist auch gut.
Trotzdem ist es nicht mein Traumjob. Ich bin erst einundzwanzig. Habe direkt nach der Highschool hier angefangen und überlege, ob ich vielleicht noch mal ans College gehen sollte, um meinen Abschluss zu machen. Ich weiß nur nicht, in welchem Fach.
Genau das ist mein Problem. Ich bin jung, mein ganzes Leben liegt noch vor mir, wie meine Eltern mir immer wieder sagen, aber ich weiß einfach nicht, was ich gerne machen würde. Ich bin fast schon neidisch auf Charlie und sein Geschäft. Er hatte gar keine Wahl, hatte er nie. Er ist ein Sullivan, der älteste Sohn noch dazu. Seit er ein Kind war, ist ihm klar, dass er den Laden eines Tages übernehmen wird.
Und hier bin ich, ohne Ziel, ohne Struktur im Leben. Ich … lebe einfach. Tagein, tagaus. Von Woche zu Woche.
»Was hast du getan?«, fragt Charlie mit einem Grunzen, während er einen zusammengebundenen Baum auf die Ladefläche des Trucks hievt. Noch so eine Sache, die ich an meinem Boss so schätze. Er hat kein Problem damit, Seite an Seite mit uns zu arbeiten. Er macht sich die Hände genauso schmutzig wie wir.
»Diese unfassbar attraktive Frau ist superschnell Richtung Laden gelaufen und voll in mich reingerannt. Hat nicht nach rechts oder links geschaut.« Ich schüttle den Kopf und hoffe, Charlie mit dem folgenden Geständnis nicht auch noch wütend zu machen. »Ich hab sie an den Schultern gepackt, damit sie nicht hinfällt, und meine harzbeschmierten Handschuhe haben an ihrer schicken Jeansjacke festgeklebt.«
»Sie trug eine schicke Jeansjacke?« Charlie scheint wirklich nicht zu verstehen, wovon ich rede.
Ich bin absolut nicht wohlhabend, aber ich bin hier in der Gegend aufgewachsen. Ich erkenne Geld, wenn ich es sehe, und diese Frau hat nach Geld ausgesehen. Stilvoll. Umwerfend. Glattes schwarzes Haar und dunkelbraune Augen, mit denen sie mich wütend angefunkelt hat, als ich gesagt habe, dass sie das Harz rausrubbeln soll, und dann gelacht habe.
Durch ihren Blick hab ich mich gefühlt wie der letzte Idiot und mich gleich mehrfach entschuldigt, aber ich glaube nicht, dass es einen Unterschied gemacht hat.
Ich hab sie wütend gemacht. Verflucht, ich hab sie vielleicht sogar angeekelt.
»Die Jacke sah teuer aus«, erkläre ich ihm. »Und ich hab sie mit Harz beschmiert. Sie ist sicher wütend.«
»Hat sie denn wütend gewirkt?«, fragt Charlie.
Soll ich ihm das mit meiner Rubbel-Bemerkung sagen? Besser nicht. »Vielleicht ein bisschen irritiert. Sie ist weiter Richtung Laden gestürmt, hatte es wohl eilig.«
»Wie hat sie ausgesehen?« Charlie richtet den Blick auf mich und runzelt die Stirn.
»Fast so groß wie ich. Sah schick aus. Dunkles Haar. Jung. Sie hat mich an Miss Candice erinnert.« Charlies Verlobte ist bloß ein paar Jahre älter als ich, aber ich mag es, sie so zu nennen. Ich glaube, sie mag es auch. Wir sind befreundet, Candice und ich. Sie ist nett. Freundlich. Seit sie mit meinem Boss zusammen ist, ist er nicht mehr ganz so mürrisch wie vorher, und jetzt heiraten die beiden sogar.
Tatsächlich schon diesen Samstag. Ich werde auch dabei sein. Die Hochzeit findet hier in der Baumschule statt, direkt neben der Plantage. Wir schließen an dem Tag – dem Samstag vor Thanksgiving – sogar extra früher. Ich weiß nicht, wie sie Charlie dazu gebracht hat, sich darauf einzulassen. Es wird sicher genial. Ich freue mich total darauf.
»Tja, scheiße, das war sicher ihre Freundin Amelia«, sagt Charlie und schüttelt den Kopf. »Ich frage Candice später, ob sie sich über dich beschwert hat.«
Das kränkt mich ein wenig. »Warum sollte sie sich über mich beschweren?«
»Weil du ihre Jacke mit Harz ruiniert hast? Du hast recht mit der schicken Jacke. Die hat bestimmt mehrere Hundert Dollar gekostet, vielleicht sogar mehr.« Charlie sagt das, als wäre es keine große Sache. »Ihrer Familie gehört ein Juweliergeschäft …«
Mit der Summe liegt er sicher richtig, aber gottverflucht: Das ist lächerlich viel Geld für eine Jeansjacke. »Ich habe ihr gesagt, wie sie das Harz wieder raus bekommt.«
»Wie immer absolut zuvorkommend, Jonesie.« Charlie lacht und wirft den letzten Baum auf den Haufen, der sich bereits auf der Ladefläche stapelt. »Vielleicht kannst du ihr ja den Baum ins Geschäft liefern. Mal nachsehen, ob sie sauer auf dich ist.«
»Ihr den Baum liefern?« Ich runzle die Stirn.
»Ihren Eltern gehört das Lee’s Fine Jewelers in der Innenstadt«, erklärt Charlie mir. »Deswegen war sie hier. Um einen Baum für den Laden auszusuchen. Was meinst du? Du könntest ihr anbieten, ihr eine neue Jacke zu kaufen.«
»Aber ich will ihr keine neue Jacke kaufen«, murmle ich und bringe meinen Boss damit zum Lachen.
»Komm schon, das war bloß ein Scherz«, sagt Charlie. »Aber den Baum musst du wirklich ausliefern«, ergänzt er dann ohne die Spur eines Lachens. »Danach kannst du für heute Schluss machen.«
»Du willst, dass ich mit dem Dienstauto nach Hause fahre?« Das tue ich hin und wieder, aber eigentlich hält Charlie davon nicht allzu viel.
»Ja. Mach, dass du verschwindest.« Er wedelt mit der Hand. »Du schuftest schon seit sechs Uhr.«
Jetzt ist es kurz nach drei, und ich habe noch nicht einmal zu Mittag gegessen. Tatsächlich sterbe ich vor Hunger, und wie zum Beweis knurrt mein Magen genau in diesem Augenblick laut. »Wenn du meinst. Ich kann aber auch noch bleiben, wenn du mich brauchst.«
»Ist schon gut«, sagt Charlie. »Wir schaffen das hier schon.«
Ich suche meine Sachen zusammen, darunter das Mittagessen, das ich mir eingepackt, aber nicht gegessen habe, und mache mich auf den Weg zu dem Truck, den Charlie mir zugewiesen hat. Auf der Ladefläche liegt bereits ein einzelner Baum. Er ist riesig und besonders voll. Verflucht schön. Ich bewundere ihn einen Moment lang, bevor ich mich hinters Steuer setze und den Motor starte.
Als ich mich auf den Weg in die Innenstadt von Carmel mache, ist der Verkehr die absolute Katastrophe. Sicher sind die Feiertage schuld daran. Einfach alle sind auf den Beinen. Und wie üblich sind auch die Touristen hier scharenweise unterwegs. Laut meiner Mutter leben wir in einer der schönsten Gegenden der Welt. Sie kam hierher, als sie noch sehr jung war, etwa in meinem Alter, um sich einen Namen zu machen. Ihre Worte, nicht meine, und ich bin mir nicht ganz sicher, was sie damit eigentlich sagen will. Hatte sie etwa den Plan, hier einen reichen Mann zu finden, ihn zu heiraten und mit ihm in eine schicke Villa direkt am Meer zu ziehen?
Das ist jedenfalls nicht passiert. Sie hat einen Durchschnittstypen getroffen, ihn geheiratet, Kinder mit ihm bekommen und mit ihm ein gutes Leben in Marina geführt. Meine Eltern sind noch immer zusammen und so glücklich, wie man es nur sein kann. Bis vor einem Jahr habe ich bei ihnen gewohnt, dann bin ich mit ein paar Kumpeln in eine gemeinsame Wohnung in Monterey gezogen. Das meiste von meinem Geld geht für die Miete drauf, aber ich würde nirgendwo anders wohnen wollen.
Zumindest im Moment nicht.
Als ich schließlich auf den Ocean Drive einbiege, staut sich der Verkehr dort mehrere Kilometer. Deswegen komme ich auch so selten hierher. Alles überlaufen, völlig überteuerte Geschäfte, und es ist auch einfach nicht meine Gegend. An den Strand von Carmel, der am Ende der Straße liegt, gehe ich allerdings ziemlich gern. Als ich auf der Highschool war, habe ich dort nachts immer mit Freunden ein Lagerfeuer gemacht und Bier getrunken, das wir aus dem Alkoholvorrat unserer Eltern geklaut haben, um bei den süßen Mädchen, die mit uns zusammen abhingen, den ersten Schritt zu wagen.
Kommt mir vor, als wäre das in einem anderen Leben gewesen. In einem, in dem ich noch keine Verpflichtungen hatte und weder Miete noch Autoversicherung bezahlen musste.
Manchmal ist es echt scheiße, erwachsen zu sein.
Als ich endlich die Seitenstraße erreiche, in die ich den Baum liefern soll, sehe ich, dass ich bereits eine halbe Stunde zu spät bin. Ich hätte um vier hier sein sollen.
Verdammt. Meine Chance auf einen besseren zweiten Eindruck verflüchtigt sich gerade.
Ich parke, steige aus dem Truck und klopfe an der Hintertür des Juweliergeschäfts an. Niemand öffnet. Ich klopfe noch einmal.
Wieder keine Reaktion.
Ich blicke mich um und beschließe dann, wie ein zahlender Kunde zum Vordereingang zu gehen. Hoffentlich bekomme ich keinen Strafzettel, solange ich weg bin. Die Parkplatz-Situation ist in der Innenstadt ein echtes Problem, die wenigen vorhandenen werden rigoros überwacht. Ein Strafzettel wäre eine Ausgabe, die ich gerade definitiv nicht gebrauchen kann, auch wenn Charlie sich vielleicht für mich darum kümmern würde.
Das Geschäft liegt in einer schmalen, mit Kies bedeckten Fußgängerzone, die sich zwischen zwei Gebäuden befindet. Über mir hängen weiße Lichterketten, und zwischen gemütlich aussehenden Holzbänken stehen überall Topfpflanzen. Ich entdecke Lee’s Fine Jewelers in der linken hinteren Ecke der Einkaufsstraße und betrete das Geschäft durch eine große Glastür.
Drinnen ist es ganz still und niveauvoll. Leise Klaviermusik klimpert im Hintergrund, und die anwesenden Kunden unterhalten sich in gedämpften Ton miteinander, als wären wir in einer Bibliothek. Alle sind tadellos gekleidet. Von den Schultern oder Handgelenken der Frauen baumeln schicke Handtaschen, und die Männer stinken alle nach Geld.
Mittendrin stehe ich in meinen dreckigen Jeans und dem ausgewaschenen grünen Sweatshirt mit dem Loch in der Brusttasche. Ich schaue an mir herab und entdecke auch noch einen hellgelben Senffleck darauf. Ich habe mir auf dem Weg hierher noch schnell mein Sandwich reingestopft.
Großartig. Ich habe wirklich Stil.
»Kann ich Ihnen helfen?«
Als ich mich umdrehe, kommt exakt die Frau auf mich zu, die früher am Tag auf der Plantage gegen mich gelaufen ist. Sie sieht mich besorgt an. Je näher sie kommt, desto faszinierter bin ich. Ihre Haut ist so glatt, vollkommen makellos. Sie erinnert mich an ein Gemälde. Und ihre Augen sind so dunkel, dass sie fast schwarz wirken.
Die Augen weiten sich gerade leicht. Sie hat mich erkannt.
Ich hoffe, sie ist nicht allzu enttäuscht davon, dass ich hier so unerwartet auftauche.
»Hey.« Ich neige den Kopf leicht und lächle sie an. »Schön, Sie wiederzusehen. Ich bin hier, um Ihnen den Baum zu liefern.«
Sie zieht ein mürrisches Gesicht. Sogar das steht ihr unglaublich gut. »Sie sind eine halbe Stunde zu spät.«
»Das tut mir leid«, sage ich leichthin. »Der Verkehr.«
»Sie entschuldigen sich ziemlich oft.«
Ich runzle die Stirn. »Wie bitte?«
»Ich glaube, das war schon das vierte Mal, dass Sie mir gesagt haben, dass es Ihnen leidtut, seit Sie in mich reingerannt sind.« Sie verschränkt die Arme.
Ich nehme meine Baseballkappe vom Kopf und fahre mir mit einer Hand durchs Haar. Besser, ich sage ihr nicht, dass sie in mich reingerannt ist. »Falls das ein Trost ist, ich hab es jedes einzelne Mal auch wirklich so gemeint.«
Sie entspannt sich ein wenig. »Wo haben Sie geparkt? Im Hinterhof?«
Ich nicke und setze mir die Kappe verkehrt herum wieder auf.
»Sie haben den Wagen unbeaufsichtigt gelassen?« Sie hebt den Blick und betrachtet, wenn ich mich nicht irre, meine Kappe. Was irgendwie seltsam ist.
Ich nicke erneut.
Sie seufzt. »Tja, dann mal los. Gehen wir lieber schnell durch den Laden nach hinten, bevor der Parkwächter Ihre Reifen markiert und Sie abschleppen lässt.«
Ich setze mich in Bewegung und folge ihr, während sie zügig den Laden durchquert. Ein älterer Mann betrachtet mich neugierig, als ich an ihm vorbeilaufe, genau wie die attraktive ältere Frau mit den silbernen Haaren. Sie ähnelt auffällig der Frau, die mich gerade auf die Rückseite des Geschäfts führt. Vermutlich ihre Mutter.
Als wir die Hintertür erreichen, komme ich abrupt zum Stehen, um zu verhindern, schon wieder in Amelia hineinzulaufen.
Ich mag ihren Namen. Er ist schön. Elegant.
Genau wie sie.
Sie öffnet die Tür und hält sie für mich auf, so dass ich vor ihr nach draußen gehen kann. Ich bin erleichtert, als ich sehe, dass der Truck noch an Ort und Stelle steht und der Baum auch noch immer sicher auf der Ladefläche befestigt ist. »Ich kann ihn überall aufstellen, wo Sie ihn haben wollen«, erkläre ich ihr.
»Können Sie das?« Sie klingt erleichtert. So, als hätte sie absolut keine Lust, sich selbst darum zu kümmern, und das kann ich ihr nicht verübeln. Einen Weihnachtsbaum aufzustellen, kann ziemlich aufwendig sein. Wenn man die ganze Zeit über nichts anderes tut, ist es allerdings keine große Sache.
»Ja, gar kein Problem. Das ist mein Job.« Ich hieve den Baum von der Ladefläche und blicke über die Schulter hinweg zu ihr. »Wo soll er hin?«
Sie presst die Lippen aufeinander und zieht die Augenbrauen zusammen. Ich bin mir sicher, dass sie gerade scharf nachdenkt. Verdammt, sie ist echt süß. Nein, das ist nicht das richtige Wort.
Wunderschön. Stilvoll.
Das beschreibt sie viel besser.
Aber auch unerreichbar.
Das darf ich nie vergessen. Von einem Hornochsen wie mir hält sie sicher nicht viel. Ich vermute, dass sie älter ist als ich. Etwa in Candice’ Alter. Vielleicht sogar etwas älter. Sicher schon Mitte zwanzig.
Und ich bin erst seit ein paar Jahren »erwachsen«, gerade mal alt genug, um legal Alkohol zu trinken. Ich arbeite ohne jede Ambition Vollzeit auf einer Weihnachtsbaumplantage, während ihrer vermutlich höllisch reichen Familie ein Juweliergeschäft gehört. Da kann ich nicht mithalten.
Ich weiß nicht einmal, wieso ich überhaupt darüber nachdenke.
»Es sind noch Kunden im Laden«, sagt sie schließlich und tippt sich mit dem Finger gegen ihre kirschrote Unterlippe. »Können Sie … unauffällig arbeiten?«
»Natürlich«, sage ich, leicht beleidigt. »Ich werde niemandem im Weg stehen.«
»In Ordnung.« Sie nickt, als würde sie meiner Antwort zustimmen. »Folgen Sie mir.«
Ich tue, wie mir geheißen, soweit es mir unter diesen Umständen möglich ist. Schließlich muss ich ganz allein einen riesigen Baum hinter ihr herschleppen. Ein paarmal gerate ich ins Straucheln. Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass ich eine Spur aus Nadeln hinter mir her ziehe. Als wir den Verkaufsraum erreichen, höre ich, wie jemand hörbar nach Luft schnappt.
Es ist die elegante Frau, die ältere Kopie von Amelia, die sich gerade die Hand vor den Mund schlägt. Sie ist sicher entsetzt darüber, was für eine Sauerei ich mit dem Baum anrichte.
»Amelia, dieser Baum ist atemberaubend!«, ruft sie und rennt auf mich zu. Sie greift nach den Ästen und fährt mit einem erstaunten Blick sanft darüber. Dann sieht sie mich an. »Das ist das erste Mal seit … Ewigkeiten, dass wir einen echten Baum in unserem Laden aufstellen.«
Oh. Mit dieser Reaktion hätte ich nicht gerechnet.
»Ich hoffe, Sie mögen ihn, Ma’am«, sage ich so freundlich wie möglich. »Auf der Sullivan-Plantage wachsen die besten Bäume der ganzen Gegend, wenn Sie mich fragen.«
»Oh, Sie sind ein Sullivan?«, fragt die Frau.
Ich schüttle den Kopf. »Er ist mein Boss.«
Die Frau mustert mich abschätzig. Meine Nerven sind zum Zerreißen gespannt, und ich frage mich, wieso.
Oh, vielleicht, weil ich das Gefühl habe, gerade beurteilt zu werden.
Analysiert.
»Mutter, lass ihn in Ruhe.« Amelia taucht wie aus dem Nichts wieder auf und schenkt mir ein entschuldigendes Lächeln. »Können Sie ihn bitte dort drüben direkt vor dem Fenster aufstellen?«, fragt sie mich und deutet auf das riesige Schaufenster.
»Klar«, sage ich.
Innerhalb weniger Minuten steht der Baum genau mittig vor exakt diesem Fenster. Als ich mich zu Amelia umdrehe, um ihr zu sagen, dass ich fertig bin, kann ich sie nirgendwo entdecken. Allerdings kommt mir ihre Mutter mit einem breiten Grinsen entgegen.
»Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass Sie ihn so schnell aufgestellt haben! Er ist wirklich wunderschön. Ich kann es kaum erwarten, ihn zu schmücken«, sprudelt es aus ihr hervor. »Bitte richten Sie Ihrem Chef unseren Dank aus. Wir werden jedem erzählen, wo wir ihn gekauft haben.«
»Das werde ich ihm auf jeden Fall ausrichten, Ma’am«, sage ich und deute zum hinteren Bereich des Ladens hinüber. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich hinten rausgehe?«
»Natürlich nicht!«, sagt sie freundlich lächelnd. »Ich begleite sie hinaus.«