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Er ist der Bad Boy des Eishockeyteams. Sie hat den Männern abgeschworen. Doch gegen das Prickeln zwischen ihnen haben sie keine Chance!
Als ihr das Herz - schon wieder! - von einem Typen gebrochen wird, ist Whitney Porter fertig mit den Männern. Ab jetzt wird sie sich voll und ganz auf ihre zukünftige Karriere als Journalistin konzentrieren und auf ihren neuen Job bei der College-Zeitung. Ihr Ziel: die unfaire Bevorzugung aufzudecken, die die Sportler am College erhalten. Sie hat allerdings nicht mit Hudson Decker, dem Bad-Boy des Eishockeyteams, gerechnet. Der macht es ihr mit seinem Charme und seinen Flirtversuchen verdammt schwer, ihre "Keine-Männer"-Regel einzuhalten. Denn mit jedem Blick in seine dunklen Augen verliebt sich Whitney ein bisschen mehr in ihn ...
"Ich liebe eine gute From-Enemies-to-Lovers-Geschichte. Und diese ist eine der besten, die ich je gelesen habe!" Misty@Goodreads
Band 2 der BOSTON-COLLEGE-Reihe von Bestseller-Autorin Cindi Madsen
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Seitenzahl: 540
Titel
Zu diesem Buch
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Danksagung
Die Autorin
Die Romane von Cindi Madsen bei LYX
Leseprobe
Impressum
CINDI MADSEN
Boston College
NOTHING BUT TROUBLE
Roman
Ins Deutsche übertragen von Hans Link
Als ihr das Herz – schon wieder! – von einem Typen gebrochen wird, ist Whitney Porter fertig mit den Männern. Ab jetzt wird sie sich voll und ganz auf ihre zukünftige Karriere als Journalistin konzentrieren und auf ihren neuen Job bei der College-Zeitung. Ihr Ziel: die unfaire Bevorzugung aufzudecken, die die Sportler am College erhalten. Sie hat allerdings nicht mit Hudson Decker, dem Bad-Boy des Eishockeyteams, gerechnet. Der macht es ihr mit seinem Charme und seinen Flirtversuchen verdammt schwer, ihre »Keine-Männer«-Regel einzuhalten. Denn mit jedem Blick in seine dunklen Augen verliebt sich Whitney ein bisschen mehr in ihn …
Für Alycia Tornetta. Weil du dich mit mir auf diese Serie eingelassen hast und mein Manuskript aus dem Stapel gezogen hast.
Kennen Sie Frauen, die kein Gaydar haben und sich in jeden schwulen Mann in einem Radius von dreißig Meilen verlieben? Mir fehlte ein Radar für Spieler. Ja, es fehlte mir definitiv.
Langsam stieg ich die Betontreppe zu meinem Wohnkomplex hinauf, und das Herz war mir schwer nach einer weiteren Trennung – wenn man es überhaupt eine Trennung nennen konnte. Denn bei Licht betrachtet waren Trevor und ich nie offiziell ein Paar gewesen. Etwas, worauf er mich heute am frühen Abend netterweise hingewiesen hatte, als ich ihn mit einer anderen auf dem Campus sah.
Der stechende Schmerz in meiner Brust kehrte zurück, als ich mich daran erinnerte, wie Trevor Miss Kecke Titten gebeten hatte, ihn kurz zu entschuldigen, bevor er mich zur Seite nahm. Verleugnung und ich waren alte Freunde, und sie flüsterte mir zu, dass er vielleicht eine tolle Erklärung hatte, zum Beispiel dass die Frau nur eine enge Freundin war – seine Hand auf ihrer Gesäßtasche schloss eine ferne Bekannte aus. Okay, eigentlich schloss sie auch Freundschaft aus. Ich lief nicht durch die Gegend und fasste meinen Freunden an den Hintern, ganz gleich, wie nah wir uns standen.
Als ich meinen Schlüssel in die Wohnungstür schob, ging ich im Geiste noch einmal diesen schrecklichen Moment durch, als der Mann, der mir einmal gesagt hatte, ich sei so sexy, dass er den ganzen Tag an mich denken müsse, zu der Feststellung gelangt war, ich sei »zu anhänglich« und er habe Angst, dass ich mehr wolle, als er geben könne.
Wollte ich, dass er darauf verzichtete, mit anderen Frauen zu schlafen, während er und ich zusammen waren? Natürlich wollte ich das. Anscheinend machte es mich zu einer Klette, wenn ich um die grundlegendsten Bedingungen einer Beziehung bat – nach nicht weniger als drei Monaten.
Und es ging doch nichts darüber, von dem dritten verdammten Kerl in Folge betrogen worden zu sein, nur um zu einem der verschmustesten, verliebtesten Paare aller Zeiten nach Hause zu kommen. Ich wusste, dass Lyla mir ihre Beziehung niemals absichtlich unter die Nase reiben würde, genau wie ich wusste, dass sie und Beck sich ihr Glück auf die harte Tour verdient hatten. Aber das machte es nicht leichter, in die Wohnung reinzuplatzen, während sie auf der Couch rummachten.
Ich schloss die Tür hinter mir mit etwas mehr Nachdruck, und Lyla schaute auf und bemerkte offensichtlich jetzt erst meine Anwesenheit. »Hey«, begrüßte sie mich, ließ von Beck ab und zupfte ihre verrutschten Kleider zurecht. »Hab dich gar nicht reinkommen gehört.«
Bei den ersten Malen, die ich Lyla erwischt hatte, war sie errötet und hatte sich überschwänglich entschuldigt. Jetzt war es so alltäglich, dass wir das Stadium des Errötens und der Entschuldigung hinter uns hatten. Am vergangenen Wochenende hatte sie Trevor und mich in der gleichen Situation überrascht.
Eine weitere Welle der Traurigkeit schlug über mir zusammen, und es fühlte sich an, als sei meine Brust zusammengeschnürt. Warum musste es jedes verdammte Mal so wehtun?
Lyla riss ihre haselnussbraunen Augen auf. »Oh nein! Was ist passiert?«
Bislang war es mir so gut gelungen, die Tränen zurückzuhalten, aber dass jemand so viel Anteil nahm und nachfragte, ließ alle Dämme brechen. »Erinnerst du dich, wie Trevor mir gesagt hat, er sei zu beschäftigt mit seinem Football, um heute den Abend mit mir zu verbringen?« Meine Stimme kiekste, und ich zwang mich, die nächsten Worte auszusprechen, bevor ich total die Fassung verlor. »Ich habe ihn auf dem Campus mit einer anderen gesehen. Es ist vorbei. Obwohl es anscheinend ohnehin niemals eine Beziehung war.«
Lyla machte sich von Beck los und umarmte mich. »Es tut mir so leid, Whitney. Ich weiß, wie sehr du ihn gemocht hast.«
Ich schniefte und drückte sie meinerseits. »Letztes Jahr habe ich geschworen, dass ich mich nur für süße Typen interessieren würde, die mich zu schätzen wissen, und dann ist mir dieser Ausrutscher unterlaufen, und ich bin im Sommer auf Mr All American Football Player hereingefallen, also habe ich es wohl nicht anders verdient.«
»Nein«, widersprach Lyla und lehnte sich zurück, um mir in die Augen zu sehen.
Ich mied ihren Blick. Tief im Innern wusste ich, dass ich jemanden verdiente, der mich gut behandelte. Ich wusste nur nicht, wie ich ihn finden sollte. Aber offensichtlich musste ich einen großen Bogen um Footballspieler machen. Nein, streicht das. Der Mann vor Trevor war Matt gewesen, und er hatte in der Highschool Baseball gespielt. Also schloss das alle Sportler aus, und da der Mann vor Matt in einer Studentenverbindung gewesen war, sollte ich die Verbindungsstudenten ebenfalls von der Liste möglicher Kandidaten streichen.
Beck hielt den Film an, der ohnehin unbeachtet im Hintergrund lief, und fuhr sich mit einer Hand durch sein kurzes blondes Haar. Er hatte einen gequält-alarmierten Gesichtsausdruck – weil er nicht wusste, ob er bleiben oder vor dem Drama einer weinenden Frau die Flucht ergreifen sollte.
Ich wollte ihn erlösen, aber dann ertappte ich mich dabei, dass ich fragte: »Warum können Männer nicht einfach ehrlich zu uns sein?« Ich warf mich in den kuscheligen, runden Sessel, den Lyla und ich einige Wochen zuvor auf einem Flohmarkt erstanden hatten. »Warum benehmt ihr euch, als würdet ihr wirklich auf eine Frau stehen, und sagt einem supersüße Dinge, wenn ihr das zur selben Zeit auch mit zwei oder drei anderen Frauen macht?«
Beck zuckte die Achseln. »Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich mich nicht für etwas Dauerhaftes eigne.«
Lyla setzte sich neben ihn und tätschelte sein Bein. »Das ist wahr. Er hat mir gesagt, dass nur Sex drin sei, ohne jede Verbindlichkeit.« Sie musterte ihn streng, dann boxte sie ihn gegen den Arm, was ihm ein breites Grinsen entlockte. Offensichtlich war es zu der Verbindlichkeit gekommen und zu einigem mehr.
»Und? Was hat sich geändert?«, fragte ich, weil ich die magische Formel wissen wollte. Weil ich in Erfahrung bringen wollte, wie ich es schaffen könnte, dass mich jemand ebenso bewundern und sich auf mich einlassen würde, damit ich nicht ständig mit diesem Herzschmerz herumlaufen musste.
Beck ließ die Hand an Lylas Arm hinabwandern und verflocht seine mit ihren Fingern. »Sie war bereits meine gute Freundin. Sie hat mich in meiner schlimmsten Zeit begleitet und mir da durchgeholfen, obwohl ich es nicht verdient habe. Und, nun ja … sieh sie dir an. Sie ist heiß.«
Lyla schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, das er erwiderte, dann hob er ihre ineinander verflochtenen Hände, um ihre zu küssen, und es war widerwärtig süß und beneidenswert. Meine entzückende Mitbewohnerin schaute nur halbherzig entschuldigend drein ob dieser intimen Darbietung.
Ich wollte, was sie hatten, und ich war so dumm gewesen zu glauben, dass Trevor und ich uns in diese Richtung bewegen würden. Wir hatten uns in Sommerkursen während der zweiten Ferienhälfte kennengelernt. Als ich zwischendrin eine Weile nach Hause gefahren war, hatte ich zwar nicht recht gewusst, was das zwischen uns war, aber er hatte mir mehrere Nachrichten geschickt, und sobald ich ihm geschrieben hatte, dass ich wieder in Boston war, war er hergekommen und hatte mir gesagt, wie glücklich er sei, mich zurückzuhaben. Implizierte »zurückhaben« nicht, dass er mich schon einmal gehabt hatte?
Ich Dummkopf hatte gedacht, er spräche von einer Beziehung, aber offensichtlich hatte er an unverbindliche Verabredungen gedacht. Jetzt überlegte ich, wie viele Male er wohl behauptet hatte, mit Football beschäftigt zu sein, während er stattdessen mit irgendwelchen Bräuten zugange gewesen war.
Jepp, ich bin definitiv durch mit Sportlern. Beim nächsten Mal, wenn ein muskulöser, überraschend charmanter Mann mich anmacht, lasse ich ihn auflaufen. Vielleicht wird er dann mal gründlich darüber nachdenken, ob er weiter seine platten Anmachsprüche loslässt, um bei ahnungslosen Frauen zu landen.
Okay, das war wahrscheinlich Wunschdenken, aber zumindest würde er dann wissen, dass ich nicht seine nächste Kerbe im Bettpfosten sein werde.
Beck schaute auf sein Handy, dann sagte er: »Babe, wir sollten allmählich aufbrechen. Die Jungs erwarten mich auf der Party.« Er schaute zwischen mir und Lyla hin und her. »Es sei denn, du willst hierbleiben.«
Die Art, wie er die Worte in die Länge zog und Lyla einen Arm um die Taille legte, machte mir klar, dass er nicht ohne sie gehen wollte. Ich wollte sie nicht von einer Party abhalten – in der ersten Zeit unseres Zusammenwohnens hatte ich meine liebe Not gehabt, sie überhaupt zum Ausgehen zu überreden. Jetzt war in ihrem Leben mehr los als in meinem. Obwohl ich wusste, dass sie Partys eher ermüdend fand, tat es ihr gut, aus dem Haus zu kommen, und das Beste daran war, dass Beck gern mit ihr angab.
»Geh«, sagte ich und scheuchte sie vor mir her. »Ich komme schon zurecht. Vielleicht können wir morgen einen Mädelsabend machen, dann kann ich richtig über Männer ablästern, ohne Becks Gefühle zu verletzen.« Ich schenkte ihm ein neckendes Lächeln, obwohl mir das mit dem Ablästern ernst war.
»Oder …« Lyla wickelte sich eine ihrer feuerroten Locken um den Zeigefinger, und da sie gerade zum Nachtönen beim Friseur gewesen war, erinnerte mich das daran, dass ich das Gleiche mit meinen blonden Strähnchen machen musste. »Weißt du noch, wie du mich letztes Jahr zum Ausgehen gezwungen hast, selbst als Beck und ich unsere Krise hatten, und am Ende war es die beste Sache aller Zeiten?«
Ja, weil Beck auf die Bühne gestiegen war und um Gnade gebettelt hatte, damit er sie zurückbekam, nicht weil die Party so toll gewesen war.
»Warum vergisst du diesen Idioten nicht einfach und kommst mit uns auf die Party?«
Ich wusste nicht mehr, wie viele Drinks ich bereits intus hatte, aber ich spürte nicht mehr den Zorn und den Frust wie am Nachmittag, daher schien es ungefähr die richtige Menge gewesen zu sein.
Der Telefonanruf, den ich an diesem Nachmittag erhalten hatte, holte mich von Neuem ein, und meine Hand wanderte automatisch an meine rechte Seite – ich hatte im Laufe der Jahre Dutzende von Verletzungen erlitten, aber gebrochene Rippen und die gequetschte Lunge waren am schwersten zu vergessen, und es war, als spürte ich den Schmerz erneut.
Ich habe meine Meinung geändert. Ich brauche noch ein Glas.
Natürlich war der Anruf meiner Mutter an demselben Tag gekommen, an dem ich erfahren hatte, dass ich in Soziologie meinen ersten Statistiktest nicht bestanden hatte.
Ein lockiger brünetter Kopf kam in Sicht, als ich nach der Wodkaflasche griff. Ich blinzelte, und meine Sicht klärte sich genügend, um das kesse Lächeln zu sehen, das ihre Lippen umspielte. »Du bist einer der Flügelspieler der Eishockeymannschaft, stimmt’s?«
»Das erzählt man mir jedenfalls«, antwortete ich, und sie kicherte.
»Ich kenne alle Positionen.« Sie beugte sich vor, bettete ihre Brüste auf meinen Arm und legte mir eine Hand um den Ellbogen. »Eishockeypositionen, meine ich. Ich bin letztes Jahr zu jedem Spiel gegangen und habe dich spielen sehen. Ich kann nicht fassen, dass ich gerade tatsächlich die Chance habe, mit Hudson Decker zu reden.«
Ich stieß ein Brummen aus, die minimalste erforderliche Reaktion, und füllte mein Glas wieder auf. Wie ich vermutete hatte, war sie der schwatzhafte Typ, daher redete sie weiter, vor allem darüber, wie sehr sie Eishockey liebte.
»Weißt du …« Sie ließ ihre Finger bis zu meiner Schulter emporwandern. »Obwohl ich all deine Eishockeyergebnisse kenne, gibt es eine Menge anderer Dinge, die ich gern über dich erfahren würde. Meine Wohnung ist nicht weit von hier.«
Zu einfach. Für gewöhnlich war ich dergleichen Dingen nicht abgeneigt, aber mir fehlte die Geduld, zu nicken und an den richtigen Stellen etwas zu murmeln. Und schon gar nicht wollte ich ertragen müssen, wie sie versuchte, mir Details über meine vermutete andere Seite zu entlocken. Frauen dachten immer, sie könnten meine süße, nachdenkliche Seite entdecken, aber ich hatte keine. Wenn ich mit einer Frau schlief, bekam sie immer nur oberflächliche Informationen. Im Gegensatz zu dem, was die Frauen vielleicht dachten, tat ich ihnen im Grunde einen Gefallen, indem ich mich zurückhielt. Niemand würde die hässliche Wahrheit über mich wissen wollen, und ich hätte lieber einen Tritt mit einem Schlittschuh ins Gesicht in Kauf genommen, als von mir zu erzählen. Aber was vor allem gegen diese spezielle Frau sprach, war, dass sie mich nicht genügend faszinierte, um mich von anderen Dingen abzulenken.
Ich sollte eigentlich den Saisonstart feiern, aber da die Vergangenheit mich eingeholt hatte, fühlte ich mich wieder wie ein Fünfzehnjähriger, hoffnungslos in einer beschissenen Situation gefangen und beschäftigt mit der Frage, ob es den Kampf wert war oder ob ich es für immer sein lassen sollte.
Mit fünfzehn hatte ich nicht wirklich eine große Wahl gehabt. Viele Dinge hatten sich verändert, aber wenn man an die Bombe dachte, die meine Mutter hatte platzen lassen, und an die Tatsache, dass ich bereits große Probleme mit einem Kurs hatte, machte das vielleicht gar keinen Unterschied zu damals.
Fürs Erste musste ich mich auf den blöden Statistikkurs konzentrieren, denn ohne mein Stipendium konnte ich nicht auf dem Boston College bleiben. Dann würde ich wieder zu Hause landen, ohne einen Abschluss, und wenn ich dort in den alten Schlamassel geriet und kein Eishockey mehr als Ventil hatte, würde ich total durchdrehen.
Diese Frau mit ihrem übertriebenen Wimperngeklimper, die jetzt auch noch grellroten Lippenstift auftrug, sah jedenfalls nicht so aus, als könnte sie mir bei irgendetwas helfen, das mit meinem Studium zusammenhing.
Hey. Ein wenig zu hart, Decker. Anscheinend hatte ich genug Alkohol intus, um mich in ein arrogantes Arschloch zu verwandeln, und das ging dann doch zu weit. Es ließ mich an genau den Kerl denken, an den ich ums Verrecken nicht denken wollte. Sein Bild ließ Zorn in mir aufwallen, und ich ballte die Fäuste und wünschte mir das Eis herbei und einen Gegner, den ich checken und in die Bande schmettern konnte.
Scheiße, ich muss das loswerden, bevor es mein Leben erneut verkorkst.
»Freut mich, dich kennengelernt zu haben«, sagte ich zu der Brünetten, obwohl das, was immer wir getan hatten, kaum als »Kennenlernen« durchgehen konnte, dann machte ich mich auf den Weg zu meinen Jungs. Diese Männer waren Familie, ganz gleich, was mit der Familie geschah, in die ich hineingeboren worden war.
Meine Mitbewohner Dane und Ryder klopften mir auf den Rücken, als ich zu ihnen trat. Einer der beiden reichte mir ein Bier, ich packte den dünnen Plastikbecher, und prompt schwappte Schaum auf meine Schuhe. Die Mannschaftskameraden versammelten sich, schnappten sich Drinks, brachten Trinksprüche aus, und der Alkohol floss und floss.
Nach einem kurzen Gang zur Toilette stolperte ich zurück in Richtung der Gruppe, blieb aber jäh stehen, als ich eine Blondine mit einem Mordshintern entdeckte. Ihre Jeans waren herrlich eng, und die glitzernden Stickereien auf ihren Gesäßtaschen bettelten förmlich darum, angestarrt und studiert zu werden.
Bei dem gedämpften Licht und ebenso viel Alkohol wie Blut in meinen Adern war es schwer, ihre Züge genau zu erkennen, aber nach dem, was ich von ihrem Profil sehen konnte, hatte sie das zu der Figur passende Gesicht. Sie wiegte sich im Rhythmus der Musik, die durch den Raum wummerte, und mein Herz begann zu hämmern. Etwas an dieser Frau signalisierte, dass sie alles andere als einfach sein würde. Dass sie mich alles für eine Weile vergessen lassen würde, selbst meinen eigenen Namen. Ich fuhr mir mit einer Hand übers Gesicht und versuchte den Rausch abzuschütteln, der meine Glieder schwer machte und selbst das Gehen zu einer Herausforderung werden ließ. Ich wünschte mir Schlittschuhe herbei, denn Gleiten wäre leichter gewesen. Wobei ich wahrscheinlich auf die Schnauze fallen würde, wenn ich in diesem Moment auch nur in die Nähe einer Eisbahn käme. Das einzig Gute daran wäre, dass ein Sturz den inneren Schmerz betäuben würde.
Andererseits fühlte ich mich auch so schon verdammt taub.
Schließlich schaffte ich es, bis zu der sexy Blondine durchzukommen, und klopfte ihr auf die Schulter. Als sie herumwirbelte, grinste ich, aber sie verzog keine Miene, zeigte nicht einmal den Anflug eines Lächelns. »Was ist?«
Definitiv nicht einfach, und die Herausforderung brachte mein Blut in Wallung. »Ich bin Hudson.« Puh. Ich schwankte ein wenig und tat mein Bestes, die Balance zu halten, aber der Raum drehte sich erneut.
»Ich habe kein Interesse«, erklärte sie, dann drehte sie sich wieder um und sagte etwas zu ihrer rothaarigen Freundin. Die Freundin kam mir bekannt vor, aber ihr Blick war abgewandt, und ich konnte mich bei den vielen anderen Gedanken, die trunken durch meinen Kopf wirbelten, nicht auf sie konzentrieren. Alle Gedanken waren sich einig, dass die Blondine ihr Fokus sein sollte – Frauen wie sie begegneten einem nicht jeden Tag.
»Ich hatte schon befürchtet, dass es keine gute Idee ist«, murmelte sie. Ich war mir nicht sicher, ob ihre Freundin sie gehört hatte oder ob die heiße Blondine vielmehr Selbstgespräche führte. »Ich bin einfach noch nicht bereit dafür, obwohl ich versucht habe, mir die Sache von der Seele zu tanzen, und schon meinen zweiten extrastarken Drink in der Hand halte. Ehrlich gesagt glaube ich …«
Ich klopfte ihr abermals auf die Schulter, und sie stieß einen entnervten Seufzer aus, bevor sie mich ansah.
»Wie wär’s, wenn wir beide etwas zusammen trinken? Du weißt schon, was man sagt …« Ich blinzelte, was nicht Teil meines üblichen Repertoires war, aber irgendwie passierte es. »Aller guten Dinge sind drei – ich werde dafür sorgen.«
»Hör mal, Kumpel, die Menge Alkohol, die ich brauchen würde, um heute Nacht mit dir zu schlafen, würde mich umbringen. Also kannst du genauso gut abziehen.«
Ich lachte, was anscheinend die falsche Reaktion war, denn sie sagte etwas wie, dass sie niemals hätte herkommen sollen, dann griff sie nach dem Arm ihrer Freundin – obwohl die Frau sich gerade mit jemand anderem unterhalten hatte –, ging davon und verschwand in der Menge.
Keine Ahnung, wie lange ich dastand und in die Richtung starrte, in der sie verschwunden war. Das Nächste, was ich mitbekam, war Dane, der in meinem Blickfeld erschien und mir mit der Hand vorm Gesicht herumwedelte. »Bruder, du bist so was von hinüber. Hast du vergessen, dass wir vereinbart haben, es langsam angehen zu lassen, damit wir morgen beim Training nicht total verkatert sind? Der Trainer wird uns umbringen.«
»Bis zum Training bin ich wieder klar«, murmelte ich, wobei die Worte vermutlich nicht allzu klar herausgekommen waren.
»Hast du überhaupt eine Ahnung, wo du bist?«
Ich wusste, wo ich war, aber ansonsten war mein Kopf ziemlich leer, und das war genau das, was ich seit dem Morgen dieses ätzenden Tages gewollt hatte.
Ich zog meinen BH noch einmal zurecht, sodass die Push-up-Polsterung die maximale Wirkung erzielte, dann vergewisserte ich mich, dass meine Jeansnaht hinten nicht geplatzt war. Dank meines Kim-Kardashian-Hinterns, dem mit Sport nicht beizukommen war, war die Suche nach der richtigen Jeans wie die Suche nach einem Collegestudenten, der sich eine langfristige Beziehung wünschte.
Ich wollte glauben, dass sie existierten – also Männer, die sich binden wollten. Immerhin hatte ich entdeckt, dass ich für den richtigen Preis – der mir die Augen aus den Höhlen treten ließ – Jeans mit coolen Verzierungen auf den Taschen finden konnte, die eng saßen und schmeichelten und so gut wie perfekt waren. Aber was bindungswillige Männer betraf – im Moment kam es mir so vor, als wäre die Chance größer, auf dem Campus einem Einhorn über den Weg zu laufen.
Es war eine gute Woche her, seit Trevor sein wahres Gesicht gezeigt hatte. Der Besuch der Party mit Lyla und Beck hatte mir nur klargemacht, dass es mehr solche Männer wie ihn gab, die bereit waren, seinen Platz einzunehmen. Der betrunkene, tätowierte Typ, der mich angemacht hatte, mochte irrwitzig heiß gewesen sein, aber ausnahmsweise einmal war ich nicht auf ein freches Lächeln und einen Spruch reingefallen. Zu der Zeit war ich zu beschäftigt gewesen mit meiner persönlichen Selbstmitleidsparty, um mein Glück zu schätzen zu wissen, aber als Lyla und ich unseren Mädelsabend veranstalteten, machte mir der Gedanke, dass ich verzichten konnte, Mut und führte mich zu einer gewaltigen Entscheidung.
Bis ich wusste, wie ich es mir abgewöhnen konnte, mich in Männer zu verlieben, die mich verletzten, würde ich ein Sabbatjahr vom Daten und vom Sex nehmen, um mich ganz auf meine berufliche Zukunft zu konzentrieren. Als ich seinerzeit ans Boston College gekommen war, hatte ich einzig mein Ziel vor Augen gehabt, die knallharte Journalistin zu werden, die ich immer hatte sein wollen. Dann waren mir leider Männer und Partys in die Quere gekommen, aber jetzt schwor ich mir, das zu korrigieren.
Schritt Nummer eins: ein Treffen mit meinem Journalismus-Professor nach dem Kurs. Ich wollte herausfinden, wie ich sicherstellen konnte, dass ich nach dem Abschluss meiner Konkurrenz einen Schritt voraus sein würde.
Schluss damit zuzulassen, dass mir das Leben widerfährt und ich mich dann frage, warum es schiefgegangen ist. Ich nehme meine Zukunft jetzt selbst in die Hand. Ohne den Stress und die Sorgen, die Männer unweigerlich mit sich brachten, würde es so viel einfacher sein, mich zu konzentrieren, und der Gedanke, mein Leben wieder in der Hand zu haben, erfüllte mich mit Aufregung.
Ich sah ein Aufblitzen meines künftigen Ichs, das in New York City lebte und für ein bedeutendes Blatt arbeitete. Die Menschen würden ihre Zeitung aufschlagen und nach meinem Namen als Verfasserin Ausschau halten, weil sie wussten, dass sie von mir immer nur beste Qualität bekamen.
Während ich mich an dieses motivierende Bild klammerte, holte ich mir eine Cola aus dem Kühlschrank und wickelte ein Päckchen Erdbeer-Pop-Tarts aus – das Frühstück der ewig verspäteten Champions.
Einstein miaute zu meinen Füßen, dann rieb er sich am Saum meiner Jeans. »Hey, Kumpel. Willst du auch frühstücken?«
Obwohl ich es eilig hatte, stellte ich meine Cola beiseite und schaute in seinen Fressnapf. Es war etwas trockenes Katzenfutter drin, aber in der Mitte war eine winzige Stelle, wo das blaue Plastik durchschimmerte, was, wie ich gelernt hatte, für Einstein »total leer« bedeutete.
Ich schüttete weitere fischförmige Bröckchen in seinen Napf, bis ein riesiger Hügel die Stelle bedeckte. Bevor Lyla und ich zusammengezogen waren, hatte sie mich gefragt, ob ich mit Katzen zurechtkäme. Ich stand ihnen gleichgültig gegenüber, daher war ich einverstanden gewesen, als sie sich eine anschaffen wollte. Doch je besser ich den kleinen, grau-weißen Fellball kennenlernte, umso klarer wurde mir, dass ich ein Katzenmensch war. Ich redete nicht mit ihm über meine Dates, wie Lyla es zu tun pflegte, aber in datelosen Zeiten war ich froh, wenn er sich neben mir auf dem Sofa zusammenrollte.
Da ich in nächster Zukunft mehr solcher Abende vor mir hatte, würden er und ich eine Menge Zeit zu zweit miteinander verbringen. »Okay, ich muss jetzt gehen. Wünsch mir Glück.«
Einstein war zu sehr mit dem Fressen beschäftigt, um sich die Mühe mit guten Wünschen zu machen. Okay, jetzt rede ich mit der Katze und denke mir Ausreden für sie aus. Vielleicht werde ich doch noch eine verrückte Katzenlady. Verflixt, Lyla färbt auf mich ab.
Ich griff wieder nach meiner Cola, eilte zur Tür hinaus und nahm erneut meine Mission ins Visier: Herauszufinden, wie ich die beste Journalismusstudentin aller Zeiten werden konnte, damit mich jedes größere Nachrichtenmagazin würde engagieren wollen, sobald ich meinen Abschluss in der Tasche hatte.
Fortan würde ich mich darauf konzentrieren, wie man etwas aufdeckte, statt darauf, wie blöd Männer waren. Sobald ich in einer Großstadt lebte und über riesige Skandale berichtete, würden meine Probleme mit Männern nichts als eine blasse Erinnerung sein, davon war ich überzeugt.
»Ich will einfach alles in meiner Macht Stehende tun, um nach dem Abschluss gerüstet zu sein für das wahre Leben.« Ich beendete meine lange Ansprache und atmete zum ersten Mal, seit ich mich mit Professor Jessup hingesetzt hatte, richtig durch. Mir saß ein Husten in der Kehle, weil ich die abgestandene, nach Old-Spice riechende Luft nicht vertrug. Ich unterdrückte das Husten, schaute aber sehnsüchtig zu dem Fenster und dem blauen Himmel dahinter. Es würde ihn nicht umbringen, das Fenster einen Spaltbreit zu öffnen, oder?
Professor Jessup beugte sich langsam auf seinem Stuhl vor, und ich beugte mich ebenfalls vor und wartete darauf, dass er seine Weisheiten mit mir teilte – schließlich hatte er zwanzig Jahre für eine überregionale Zeitung gearbeitet, bevor er Professor für Journalismus geworden war.
»Also, ich werde Ihnen einen Rat geben, der Ihre Collegezeit und den Rest Ihres Lebens erheblich vereinfachen wird«, erklärte er.
Mein Herz schlug schneller, und ich ließ den Stift über meinem Notizblock schweben, bereit, jedes Wort mitzuschreiben. Wer brauchte schon Luft? Nicht die Frau, die im Begriff war, das Geheimnis aufzudecken, wie sie an ihren Traumjob herankam.
»Sie sind ein hübsches Mädchen, und obwohl es auf dem Gebiet viel Konkurrenz gibt, haben Sie gute Chancen, eine Stelle als Nachrichtensprecherin zu bekommen. Das Fernsehen würde Sie lieben – Sie müssen einfach Networking betreiben und die richtigen Beziehungen knüpfen. Halten Sie sich in Form, arbeiten Sie an Ihren Fähigkeiten im Umgang mit Menschen, und seien Sie bereit, ganz unten anzufangen. Ich glaube, Sie würden sich sogar in der Unterhaltungsbranche gut machen.«
Alles in mir sträubte sich, als ich an die übertrieben frisierten Frauen dachte, die die täglichen Nachrichten verlasen. »Nachrichtensprecherin? Nichts gegen diese Frauen, aber das will ich nicht werden. Ich will Fakten ausgraben und knallharte Artikel schreiben, die informieren und inspirieren. Nicht nur von einem Teleprompter ablesen.«
Das Lächeln, mit dem er mich bedachte, war so herablassend, dass ich in genau zwei Sekunden von Mutlosigkeit zu Erzürntheit wechselte. »Würden Sie das zu irgendeinem der männlichen Studierenden sagen?« Ich konnte kaum fassen, dass ich das ausgesprochen hatte – für gewöhnlich vermied ich Konfrontationen um jeden Preis. Wahrscheinlich der Grund, warum ich im Allgemeinen annahm, dass eine Beziehung zwischen einem Mann und mir exklusiv war, statt ihn geradewegs danach zu fragen.
Aber daran würde ich jetzt nicht denken. Hier ging es um mich und meine Zukunft und dass der Mann vor mir mich gerade behandelt hatte, als sei ich ein dümmliches Mädchen, dessen einziges Ziel darin bestand, ins Fernsehen zu kommen.
Professor Jessup hob die Hände. »Wie gesagt, ich versuche nur, Ihnen das Leben leichter zu machen. Ich hätte mir denken können, dass Sie emotional werden.« Er zog die Augenbrauen hoch, unzweifelhaft als Andeutung, dass das der Grund sei, warum ich es nicht schaffen würde.
Nun, ich würde es ihm zeigen.
Ich sprang auf, und mein Notizblock fiel auf den Boden – so viel zur beeindruckenden Demonstration meiner Selbstbeherrschung. »Danke für Ihre Zeit. Ich werde wohl über das, was ich tun muss, mit jemandem reden müssen, der noch aktiv ist.«
Mit jemandem, der im einundzwanzigsten Jahrhundert angekommen ist. Ich wünschte, ich hätte den Mumm, diesen Gedanken hinzuzufügen, aber für meine Verhältnisse war das, was ich gesagt hatte, schon ausgesprochen kühn gewesen. Ich schnappte mir den Notizblock und meinen Rucksack und marschierte hinaus aus dem stickigen Büro.
Ich hatte Angst, dass ich den Schwung verlieren würde, wenn ich stehen blieb, also ging ich schnurstracks zur Redaktion der Heights. Es war ursprünglich Teil zwei meines Plans gewesen, aber da Teil eins gerade in frauenfeindlichen Flammen aufgegangen war, nahm ich ihn sofort in Angriff.
Als ich mich dem Backsteingebäude näherte, verlangsamten sich meine Schritte, und Nervosität stieg in mir auf, sodass ich mein aus Cola und Pop-Tarts bestehendes Frühstück bereute. Ehrlich, ich hätte das am Anfang des Semesters tun sollen und nicht einen Monat später. Ich hatte im vergangenen Jahr versucht, eine Stelle dort zu bekommen, aber sie hatten mich übergangen, daher hatte ich mir die Mühe einer weiteren Bewerbung erspart, und jetzt bereute ich auch das.
Das bedeutet nur, dass ich es jetzt richtig anfangen muss.
Ich ballte einige Male die Fäuste und entspannte sie wieder, dann riss ich die Tür auf und ging hinein, entschlossen, kein Nein als Antwort zu akzeptieren.
»Bruder, du verfällst in alte Gewohnheiten«, sagte Dane. Keine Ahnung, ob er in der Lage war, einen Satz ohne das Wort »Bruder« einzuleiten. Während unserer gut zehnjährigen Freundschaft war ihm das wahrscheinlich nur fünf, sechs Mal gelungen.
Ich machte mir nicht die Mühe, den Blick vom Fernseher abzuwenden, obwohl mich der Krimi, der gerade lief, einen Scheiß interessierte. »Ja, anscheinend geht das um.«
»Was soll das heißen?«
»Nichts«, murmelte ich.
Natürlich ließ Dane sich nicht beirren. Er trat vor den Bildschirm und verschränkte die Arme vor der Brust. »Du erinnerst dich bestimmt noch ans erste Jahr, was passiert, wenn du in den Kursen durchfällst. Du musst Prüfungen wiederholen, und der Trainer sitzt dir im Nacken. Dir droht, dass dein Stipendium nicht verlängert wird. Dein Leben ist ätzend, und all das führt dazu, dass auch meins ätzend wird. Ganz zu schweigen davon, dass die Mannschaft ohne dich leiden würde.«
Die vergangene Woche war ich ständig konfus gewesen, was bei dem Problem, durchgefallen zu sein, nicht gerade half. Hausaufgaben mochten mich über Wasser halten, aber das bedeutete, dass ich sie erledigen musste, und in letzter Zeit erschien mir alles so sinnlos. Was wollte ich eigentlich beweisen? Irgendwann einmal war es darum gegangen, dass ich es aufs College schaffen konnte – ich hatte sogar davon geträumt, in der Lage zu sein, das Leben von Kindern zu verändern, die das Gleiche durchmachten, womit ich aufgewachsen war. Aber es hatte sich herausgestellt, dass McCaffrey, der akademische Berater der Mannschaft, in Bezug auf mein Hauptfach recht behalten hatte. Es war hart, vielleicht zu hart, das neben dem Eishockey zu schaffen.
Ich rühmte mich, bewiesen zu haben, dass Leute sich irrten, aber wenn das so weiterging, würde ich zehn Jahre für meinen Abschluss brauchen – und ich fragte mich, ob ich wohl während der ganzen Zeit Eishockey spielen dürfte. Dann würde es vielleicht nicht so schlimm werden.
Oder vielleicht würde ich fest angestellt werden und könnte dann zumindest genug Geld verdienen, um etwas zu bewirken, selbst wenn ich nicht direkt mit Kindern arbeitete. Natürlich musste man spielen, um angestellt zu werden, und ich brauchte hinreichend gute Noten, um qualifiziert zu sein und mein Stipendium zu behalten.
Das bedeutete, dass Dane nicht unrecht hatte – er würde mich weiter in die Mangel nehmen und den Blick auf den Fernseher versperren, bis ich nachgab. »Na schön, ich bin dabei.«
»Das glaube ich erst, wenn du deine Bücher hervorholst, um zu lernen«, sagte er.
Er war mein Kumpel, klar, aber manchmal wusste er einfach nicht, wann er die Klappe halten musste. Ich knirschte mit den Zähnen, was eine Art Lächeln werden sollte, dann griff ich nach dem Rucksack, den ich neben dem Couchtisch auf den Boden geworfen hatte, und kramte mein blödes Statistikbuch heraus.
Ich schlug es bei der Hausaufgabe auf und kritzelte eine Antwort hin, die mit ziemlicher Sicherheit nicht richtig war.
Dane warf stirnrunzelnd einen Blick darauf. »Bruder, du weißt, dass du die Kapitel lesen musst, um die Fragen beantworten zu können, oder?«
Er wusste schon wieder nicht, wann er die Klappe halten musste. Wir waren im selben Wohnviertel in der Bronx aufgewachsen – sein Haus war nur wenige Straßen entfernt gewesen von dem Bau mit Sozialwohnungen, in dem meine Mutter und ich gelebt hatten. Es war darauf hinausgelaufen, dass ich in unzählige Raufereien hineingeraten war, weil er keinen Filter hatte, aber wenn er blöd daherquatschte, konnte ich es auch nicht ändern.
»Meinst du, du kannst es besser?« Ich hielt ihm das Buch hin. »Dann mal los.«
Dane pikste mit einem Finger in den Buchrücken und schob es mir wieder zu. »Nie im Leben. Es hat einen Grund, dass ich mich nur für die Kurse bei Dozenten eingeschrieben habe, die dafür bekannt sind, mit Eishockeyspielern nachsichtig zu sein.«
Ich wollte mich ebenfalls für Kurse bei solchen Leuten einschreiben, aber dann stellte sich heraus, dass Soziologieprofessoren dank ihres Studiums des gesellschaftlichen Verhaltens einen Überlegenheitskomplex hatten und alle gleich behandelten. Jetzt war ich in einem Kurs mit einer Dozentin, die wahrscheinlich nicht einmal wusste, was Eishockey überhaupt war, geschweige denn, dass sie sich darum scherte.
Ach was, sie fand das Spiel wahrscheinlich viel zu brutal und schlecht für die Gesellschaft im Allgemeinen. Die Sache war die, so anspruchsvoll sie waren, hatte ich meine Kurse im vergangenen Jahr gemocht. Selbst die Kurse, die aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchteten, wie es sich mit der verkorksten Dynamik meiner Familie verhielt – zumindest verstand ich jetzt einige meiner Beweggründe besser, ebenso wie die meiner Mom.
Professor Hummel schien mit dem ausschließlichen Ziel zu unterrichten, die Schwachen auszusortieren. Diese ganze Statistik machte mir sowieso zu schaffen. Als sei jedes Leben und jedes Problem einfach ein statistisches Element, ein Haufen weiterer Daten, die zu analysieren waren, nicht eine Person in unlösbaren Schwierigkeiten, ob nur in ihren Augen oder nicht. Außerdem war es einfach ein zusätzliches Übel, sich auch noch mit Mathematik herumschlagen zu müssen.
Die Hälfte der Zeit kam ich mir wie ein Betrüger vor, dass ich überhaupt dieses College besuchte, und dieser Kurs machte nur noch deutlicher, dass ich nicht hierhergehörte – nicht weil ich Mühe hatte, Schritt zu halten, sondern weil der Stoff in mir den Drang auslöste, mich entweder zu verstecken oder zu verteidigen. Verdammt, ich hatte hin und wieder still für mich sogar das Verhalten meiner Mutter gerechtfertigt, obwohl ich dachte, dass ich damit abgeschlossen hätte. Hätte ich das laut getan, hätten mich sofort alle durchschaut. So wie die Dinge lagen, hegte ich den Verdacht, dass mehrere meiner Kommilitonen dachten, ich sei nur deshalb hier, weil ich gut im Eishockey war. Was der Wahrheit entsprach, aber ich hatte mir eingeredet, dass es nach meinem Abschluss keine Rolle spielen würde, wie ich ans Boston College gelangt war. Es zählte nur, am Ende mehr zu sein als die traurige Verkörperung statistischer Daten.
Ein Jammer, dass ich nicht verstand, wie man Statistiken berechnete oder wann man sie einsetzte, sondern nur sah, dass die meisten der Ergebnisse die Vermutung nahelegten, dass ich scheitern würde.
»Was ist mit dem Tutor?«, fragte Dane. »Männlich oder weiblich?«
Ich hätte lügen müssen, wenn ich abgestritten hätte, in Erwägung zu ziehen, mir da was zunutze zu machen. »Feministin. Der Typ, der zu Predigten neigt.«
Dane machte ein säuerliches Gesicht. »Ein Mann, der neugierig auf homosexuelle Erfahrungen ist, wäre besser gewesen. Aber wie dem auch sei, erzähl mir nicht, du könntest nicht deinen speziellen Decker-Charme bei ihr einsetzen und sie vielleicht zu einem Meinungswandel bewegen.«
Ich wollte nicht zugeben, dass sie nicht anfällig war für meinen Charme, was ein Gespräch mit ihr zweifelsfrei bewiesen hatte. Als sie mir meinen Test mit einer großen Fünf vorn drauf zurückgegeben hatte, hatte sie verdammt schadenfroh gewirkt.
Es gab noch andere Tutorinnen in dem Kurs, aber ich hatte keine Zeit gehabt, sie genauer unter die Lupe zu nehmen. Ich rannte lediglich von einem Kurs zum anderen und dann auf die Eisbahn. Ganz zu schweigen von den zusätzlichen Stunden Ausdauertraining und Gewichtheben.
Die Tür schwang auf, und unser Mitbewohner kam herein und warf seinen Rucksack von sich. »Wer hat Lust, mit in den Kraftraum zu kommen?« Ryder schnappte die Tasche mit seinen Sportsachen und hängte sie sich über die Schulter. Alle nannten ihn »Ox«, weil sein Nachname Maddox lautete. Er war der Bulldozer in der Mannschaft, obwohl er erst das zweite Jahr zu uns gehörte. Wenn er jemanden angriff, konnte man praktisch sehen, wie der Dampf aus seinen Nasenlöchern trat.
Er arbeitete härter als irgendeiner der anderen Typen, um immer am Start zu sein, und neben ihm kam ich mir träge vor, obwohl ich mindestens die Hälfte des Tages mit Trainieren verbrachte. »Hallo Decker!«
Ich warf einen letzten Blick auf mein Buch. Frust stieg in mir auf, und Gewichtheben schien die perfekte Methode zu sein, ihn loszuwerden. »Ich hole nur schnell meine Sachen.«
Dane sah mich an. »Und wann machst du deine Hausaufgaben?«
»Wenn ich dazu komme. Gott, so wie du mir ständig im Nacken sitzt, ist es kein Wunder, dass ich keine Zeit hatte, eine Frau zu bezirzen, die mir beim Studium helfen kann.«
»Arschloch«, sagte Dane und hob einen Mittelfinger. Aber dann schnappte er sich seine Sporttasche und kam auch mit. Eigentlich war es toll, dass er solchen Anteil an mir nahm. Als er damit angefangen hatte, in der Highschool über meine Noten zu schimpfen, hatte ich das erdrückend gefunden. Erst als er mich durch unseren Algebrakurs praktisch getragen hatte, hatte ich seinen Großer-Bruder-Komplex zu schätzen begonnen. So war das wahrscheinlich, wenn man das älteste von fünf Kindern war.
Mit seiner Hilfe und mit Eishockey als Motivation hatte ich aus meinen Vieren und Dreien größtenteils Zweien gemacht. Unglücklicherweise belegten wir am College unterschiedliche Kurse – ich hatte mich für Soziologie entschieden und er, ebenso wie die meisten Mannschaftskameraden, für Management.
Auf dem Weg zum Fitnessstudio klingelte mein Handy. Als ich die Nummer auf dem Display sah, schaltete ich es auf stumm. Für jemanden, der sich die letzten einundzwanzig Jahre kaum um mich gekümmert hatte, hatte meine Mom meine Telefonnummer in dieser Woche wahrlich ziemlich strapaziert.
Ich hätte dafür gemordet, wenn sie in meiner Kindheit so viel mit mir geredet hätte. Jetzt … tja, jetzt wollte ich mit alldem nichts mehr zu tun haben.
Bisher lief das Treffen mit der Chefredakteurin der Heights nicht so gut. Lindsey Rivera stieß nur ein schnaubendes Lachen aus, als ich sagte, ich wolle in diesem Semester mitarbeiten.
An jedem anderen Tag hätte ich das vielleicht als Zeichen gewertet und aufgegeben. Nicht heute. »Ja, ich hab’s vermasselt, weil ich nicht früher hergekommen bin, aber ich mache wirklich alles. Ich mag aussehen wie eine alberne blonde Tussi, aber ich will weder Nachrichtensprecherin werden noch mein Leben damit verbringen, in einer Unterhaltungssendung über Promitratsch zu berichten. Ich will investigative Nachforschungen anstellen. Ich will knallharte Storys schreiben, nicht dass mir jemand den Kopf tätschelt und sagt, ich solle mich darauf konzentrieren, mich in Form zu halten und hübsch auszusehen.«
Lindseys Finger erstarrte auf der Maus, die sie bedient hatte – eine geringschätzige Geste, die ich zu ignorieren beschlossen hatte. »Lass mich raten. Du bist bei Professor Jessup?«
»Ja. Woher weißt du das?«
»Weil er mir dieselbe beschissene Ansprache gehalten hat, als ich in seinem Kurs war.« Lindsey presste die Lippen zusammen und musterte mich mit schmalen Augen. Ich hielt den Atem an.
Dann wurde mir klar, dass ich nicht den Atem anhalten sollte. Dies war meine Chance – es bedeutete mir in diesem Moment alles –, also würde ich sie ergreifen.
»Ich verstehe, dass es eine große Bitte ist. Ich weiß, dass die Heights zu den besten zwanzig Collegezeitungen zählt und mehrfach ins Finale des landesweiten Wettbewerbs für Unizeitungen gekommen ist.«
Das war ein Grund, warum ich mich für das Boston College entschieden hatte, und ich konnte nicht fassen, dass ich nicht mehr dafür gekämpft hatte, einen Fuß in die Redaktion zu bekommen. »Ich weiß, dass die Zeitung sowohl redaktionell als auch finanziell seit den Siebzigern von dem College unabhängig ist, was meiner Meinung nach bedeutet, dass sie viel fairer und ausgewogener ist und außerdem supercool. Ich will bei dieser Zeitung arbeiten, und ich werde hart arbeiten. Ich werde tun, was immer notwendig ist, und ich werde dich nicht enttäuschen, das schwöre ich auf, hm, tausend Bibeln.«
»Nun, es gefällt mir, dass du so viel über die Zeitung weißt, aber ich brauche mehr als das, um jemanden einzustellen. Schließlich habe ich qualifizierte Leute abgelehnt, die sich die Mühe gemacht haben, sich vor Semesterbeginn zu bewerben.« Sie klickte wieder und wieder auf den Drücker ihres Kulis, und jedes Klicken ließ meinen Blutdruck weiter in die Höhe schießen. »Stell mir eine Idee vor.«
Oh Scheiße. Mein Gehirn ratterte, und Worte überschlugen sich, während ich versuchte, eine zusammenhängende Idee zu formen. »Wie wäre es mit einer Story darüber, dass diese Generation von Collegestudenten sich nicht binden will, weil man ihnen ihr Leben lang alles hinterhergeschmissen hat? Dass sie lieber einen Haufen oberflächlicher Beziehungen haben, als tatsächlich an einer einzigen zu arbeiten?«
Lindsey wiegte den Kopf hin und her. »Das lässt sich schwer verkaufen, da die Zielgruppe dieser Zeitung zu etwas mehr als fünfzig Prozent männlichen Geschlechts ist. Wir wollen nicht rüberkommen wie ein zorniges feministisches Blatt. Wir brauchen beweisbare Fakten.«
»Mein Liebesleben hat eine Menge Beweise geliefert«, murmelte ich, und Lindsey gestattete sich tatsächlich ein kleines Lächeln.
»Da sind wir schon zu zweit. Aber noch einmal, es ist schwer, das Ausmaß an Bindungsbereitschaft der gesamten männlichen Studentenschaft des Boston College zu beweisen, wenn nur du und ich darüber berichten. Einmal abgesehen von der Kolumne Sex and the Univer-City, die die Verwaltung verärgert hat, weil wir doch eine religiöse Einrichtung sind und so tun sollten, als würde dergleichen nicht passieren. Da seither ungefähr ein Jahrzehnt vergangen ist, haben wir zwar vermutlich mehr Spielraum, aber ich müsste wirklich an meine Story glauben, um den Ingrimm der Verwaltungsleute zu riskieren.«
Als jemand, der Sprache liebte, wusste ich ihre Benutzung von »Ingrimm« sehr zu schätzen. Ich war ein großer Fan davon, genau das richtige Worte zu finden, aber ich hatte festgestellt, dass man nur leere Blicke von Menschen meines Alters erntete, wenn man solche heutzutage benutzte. Ich wollte diesen Job so sehr, dass ich es schmecken konnte – und es schmeckte nach feiner, kräftiger Schokolade, solcher, die so süchtig machte, dass man immer mehr davon wollte.
»Ich gehöre hierher – ich weiß es einfach.« Ich legte mir eine Hand auf die Brust, um meine Aussage zu betonen. »Wie schon gesagt, ich mache alles. Du sagst mir, worüber ich berichten soll, und ich bin da.«
Lindseys Augen leuchteten kurz auf, und ich konnte sehen, dass in ihrem Kopf eine Idee Gestalt annahm, während sie ihren Kuli hob und sich damit an die Lippen tippte. Hoffnung stieg in mir auf, und wieder wartete ich mit angehaltenem Atem und sagte mir, dass ich einfach allem zustimmen würde, was sie verlangte, wie verrückt es auch sein mochte.
»Was weißt du über Eishockey?«
Ich ging in der Wohnung auf und ab und wartete darauf, dass Lyla nach Hause kam. Einstein beobachtete mich vom Sofa aus und folgte mir mit seinen Kopfbewegungen. Ich hatte beschlossen zu tun, was immer notwendig war, um bei der Zeitung zu landen, aber das, wozu ich mich bereit erklärt hatte … nun, das hieß, in sehr kaltes Wasser zu springen. Meilenweit Wasser rundum, ohne ein Boot oder einen Lebensretter in Sicht.
Die Tür schwang auf, und ein Schwall frischer Herbstluft wehte durch die Wohnung. Ich stürzte mich förmlich auf Lyla, so wie Einstein normalerweise, wenn sie auftauchte. »Ich muss mit dir reden!«
Lyla zog einen Bleistift aus ihrem Knoten, und das Haar fiel ihr ums Gesicht, die Spitzen gewellt, weil sie sie während ihres stundenlangen Lernens um den Finger gezwirbelt hatte. »Was ist los?«
Ich begann mit meinem Treffen mit Professor Jessup und erzählte ihr dann, dass ich zur Zeitungsredaktion gegangen war. »Also, sie hat mich gefragt, was ich über Eishockey wisse, und ich wollte den Job dort unbedingt, weshalb ich behauptet habe, die Regeln zu kennen.« Genau das hatte ich tatsächlich gesagt. »Und dass ich eine Menge von Eishockey verstehe und mir ständig Spiele ansehe. Ich finde, die paar NHL-Spiele, die ich gesehen habe, weil du und Beck mich letztes Semester dazu gezwungen habt, gehen praktisch als ›ständig‹ durch.«
Lyla nahm diesen konzentrierten Gesichtsausdruck an, der bedeutete, dass sie in ihrem Kopf eine Art Berechnung anstellte – das war die Chemikerin in ihr, die immer Gleichungen aufstellte und mögliche Resultate abwog. »O-kay. Also hast du ein wenig geflunkert. Und du machst dir Sorgen, dass das auffliegt?«
»Ja, weil ich sehr geflunkert habe. Ich war mir sicher, dass sie Fragen stellen würde, auf die ich keine Antworten gehabt hätte, aber das hat sie nicht getan. Ernsthaft, Lyla. Ich habe nicht einmal aufgepasst, wenn wir uns diese Spiele im Fernsehen angesehen haben. Außer mich zu fragen, wie heiß der Eishockeyspieler aussehen würde, nachdem er seinen Helm abgenommen hat und ich sein Gesicht würde sehen können, habe ich nicht viel getan. Ich hatte so eine Art Wette mit mir selbst laufen. Wenn er mit Helm auf dem Kopf heißer war, war ich ganz traurig, und wenn sich herausstellte, dass er auf eine raue Art sexy war, habe ich es umso mehr genossen, ihn spielen zu sehen. Was mich total oberflächlich erscheinen lässt, ich weiß, aber zumindest wünsche ich mir, dass unsere Collegemannschaft gut abschneidet, und das ist doch immerhin etwas, oder?«
Ich war ganz atemlos, nachdem ich so viele Worte in einen einzigen langen Strom gezwängt hatte.
»Es ist definitiv ein Anfang«, neckte Lyla mich. »Ehrlich, so ging es mir zuerst auch mit Eishockey – ich meine, ich wusste bereits, wie der Typ unter dem Helm aussieht, aber ich war nur seinetwegen dort. Doch jetzt, wo ich die meisten Regeln kenne, macht es mir wirklich Spaß, mir die Spiele anzusehen.«
»Was perfekt ist, denn ich werde deine Hilfe brauchen, um diese Sache durchzuziehen.«
»Was genau ist ›diese Sache‹?«
»Ich … ich …« Ich zögerte. Es würde Lyla vielleicht nicht gefallen – schließlich war ihr Freund selbst Eishockeyspieler.
Nach meiner kleinen Lüge, wie viel ich angeblich über Eishockey wusste, hatte Lindsey gesagt: »Seit unsere Mannschaft im letzten Jahr die NCAA-Meisterschaft gewonnen hat, benehmen sich die Spieler, als könnten sie über Wasser gehen.«
Natürlich hatte ich meine gewohnte Anmut zur Schau gestellt und gesagt: »In gewisser Weise tun sie das ja auch – über gefrorenes Wasser.«
Lindseys Gesichtsausdruck hatte mir klargemacht, dass dies keine Zeit für Scherze war, daher hatte ich ihr schnell zugestimmt und gemeint, dass ich die Kerle und ihre Arroganz total satt hätte. Was absolut der Wahrheit entsprach. Zwar hatte ich mehr an Männer im Allgemeinen gedacht, aber ich war mir sicher, dass es in der Eishockeymannschaft jede Menge Spielertypen gab. Eigentlich hatte der Mann, der mich neulich auf der Forumsfete angemacht hatte, das bewiesen.
Er hat wirklich gedacht, es sei nur ein Grinsen nötig, ein Drink und einige Minuten mit ihm, das war deutlich zu erkennen. Tja, der Scherz geht zu seinen Lasten, und jetzt kann er zusammen mit dem Rest seiner Mannschaftskumpel untergehen.
»Whit?« Lyla schnippte mit den Fingern vor meinem Gesicht. »Du spannst mich total auf die Folter.«
»Entschuldige. Wie dem auch sei, ich werde in der Sportredaktion eingesetzt, und ich werde das als Chance nutzen, um die Vorteile zu enthüllen, die Sportler – ähm, also Eishockeyspieler – an diesem College genießen und wie unfair das anderen Studierenden gegenüber ist.«
Lyla schürzte die Lippen und dachte zweifellos an ihren Freund, seines Zeichens ebenfalls Eishockeyspieler, von dem ich außerdem irgendwie hoffte, dass er mir bei Eishockeyfachbegriffen helfen und mir Kontakt zu seinen Mannschaftskameraden verschaffen könnte. Aber vielleicht überschritt ich eine moralische Grenze, die ich nicht überschreiten sollte, wenn ich ihn darum bat. Der Mann war mir nach dem verrückten Auftritt, den er gewagt hatte, um Lyla zurückzugewinnen, ans Herz gewachsen.
Ich hätte ihr wahrscheinlich nichts von dem genauen Thema erzählen sollen, aber ich würde mich wie eine ganz miese Freundin fühlen, wenn ich Lyla belog, vor allem wenn man bedachte, was wir alles zusammen durchgemacht hatten.
»Ich weiß, es bringt dich ein wenig in Schwierigkeiten, aber Lyla, wenn ich es schaffe, hat mir die Chefredakteurin die erste Seite versprochen, plus einen Vollzeitjob mit der Chance, richtige Artikel zu schreiben. Die meisten Leute müssen mit viel Rennerei und Riesenstorys anfangen, und das würde mir bei meiner künftigen Karriere ungemein helfen.«
Ich sah wieder dieses Bild von mir in New York City. Diesmal waren es Reihen von Schreibtischen und Reportern, die hektisch auf ihre Tastaturen eindroschen, um ihre Abgabetermine einzuhalten. Ich saß mitten im Chaos, umringt von Seiten über Seiten prächtiger Recherchen. »Im Moment klammere ich mich an diese Riesenchance, damit ich nicht an blöde Männer denke. Ich brauche das.«
Lyla fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. »Das verstehe ich, wirklich. Aber ich habe im letzten Jahr mehrere sehr nette Eishockeyspieler kennengelernt. Nicht dass einige von ihnen nicht eingebildet wären, und der eine oder andere sollte sich tatsächlich mal bewusst machen, wie hart wir anderen arbeiten müssen, um durchs College zu kommen. Oder überhaupt durchs Leben …«
»Ich werde dich nicht um Infos bitten, die ich gegen sie verwenden kann, das schwöre ich«, sagte ich. »Ich werde nur über das schreiben, was ich selbst herausfinde. Deine Hilfe brauche ich nur bei den Eishockeybegriffen, wenn ich im Sportteil über die Spiele schreibe. Das ist alles.« Als sie nicht sofort zustimmte, packte ich sie an beiden Schultern. »Ich habe das Daten aufgegeben und den Sex, Lyla! Den Sex! Nur so kann ich dieses Semester durchstehen.«
Sie seufzte und warf ihre Tasche neben den Couchtisch. Sie landete mit einem dumpfen Aufprall und verscheuchte Einstein vom Sofa. »Entschuldige, Baby«, sagte sie, dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf mich. »Du meinst wirklich, das wird dir helfen, den Männern aus dem Weg zu gehen, die nur eine Kerbe im Bettpfosten wollen?«
Ich lächelte. Im vergangenen Jahr hatten wir uns hundert Möglichkeiten ausgedacht, eine solche »Datingmethode« zu beschreiben. Rein und raus, Einlochen und Schluss, Kerbe im Bettpfosten. Die Liste war länger und länger geworden. Sie kam mir nicht besonders komisch vor, da mir genau das passierte, aber sie brachte mich trotzdem jedes Mal zum Lachen. »Ich habe es satt, dass Männer mit mir spielen – und ja, das hier wird mir definitiv helfen.«
Lyla nickte knapp. »Okay. Ich bin dabei.«
Die zwei Tage, in denen ich zwischen meinen Kursen Eishockeybegriffe gebüffelt hatte, hatten nicht annähernd ausgereicht, aber die Zeit war abgelaufen. Ich würde versuchen, morgen vor dem Spiel noch ein paar Minuten freizuschaufeln, aber mein Gehirn hatte dichtgemacht, daher beschloss ich, mich auf den anderen Teil meiner Vorbereitungen zu konzentrieren.
Ich ging ins Wohnzimmer, wo Lyla zwischen Stapeln von Büchern und Notizblöcken saß, mit Einstein zusammengerollt auf ihrem Schoß.
»Ich habe daran gedacht, dieses Outfit für das Spiel morgen anzuziehen, für meinen ersten« – ich machte Luftgänsefüßchen – »Sportjournalisten-Auftritt. Was meinst du?« Ich hob die Arme, wie man es tut, wenn man ein Kleidungsstück vorführen will, obwohl es darauf gar nicht ankam und niemand mit hochgestreckten Armen umherspazierte.
Lyla schaute auf, und ihr Textmarker schwebte über einer Seite mit Formeln. Sie schob ihre Brille auf der Nase hoch und musterte mich, und ich konnte erkennen, dass sie nachdachte, nicht aber, in welche Richtung ihre Gedanken gingen – nur dass sie nicht besonders begeistert war.
»Was ist daran auszusetzen?« Ich strich mit einer Hand über mein Tanktop aus pinkfarbenem Chiffon und folgte der Rüsche, die den Halsausschnitt säumte und sich an der Vorderseite hinabzog. Ja, man konnte irgendwie meinen BH durch den Stoff sehen, aber ich hatte einen ausgesucht, der genau die gleiche Farbe hatte. Ich fand, dass ich ziemlich professionell aussah.
»Ich verstehe, dass du zwar nicht gerade eine Spionin bist, aber sollten Journalisten nicht unauffälliger aussehen? Oder etwas … seriöser? Du siehst aus wie … na ja, als seist du eins dieser Puck Bunnys.«
Mir klappte der Unterkiefer herunter. »Wie ein was?«
Lyla zuckte zusammen. »Tut mir leid. Ich wusste doch, dass ich den Mund halten sollte. Vergiss einfach, was ich gesagt habe, du siehst toll aus.«
Als ich mich aufs Sofa setzte, geriet Lylas Bücherstapel ins Rutschen. Ich hielt den Stapel mit einer Hand fest und sah meiner Mitbewohnerin in die Augen. »Was ist ein Puck Bunny?«
»Das sind die Frauen, die zu den Spielen kommen, um sich einen Eishockeyspieler zu schnappen. Sie donnern sich auf und hängen vorm Umkleideraum herum, und jede von ihnen wartet eigentlich nur darauf, dass ein Spieler sie wahrnimmt, damit sie ihn abschleppen kann – wahrscheinlich würden sie gerne den Status einer festen Freundin erringen, aber für viele ist auch eine schnelle Nummer völlig in Ordnung.«
Mit jedem Wort krauste sich meine Nase ein wenig mehr. Ich hatte angenommen, dass ein Puck Bunny vielleicht auf dem Eis Nummern hochhielt oder so, aber das hier war noch schlimmer, als ich erwartet hatte.
»Ich weiß, so bist du nicht«, sagte Lyla, »und das ist nicht dein Ziel, aber die Eishockeyspieler werden nur einen einzigen Blick auf dich und diese High Heels werfen und wahrscheinlich falsche Schlussfolgerungen ziehen.«
Ich ließ den Blick auf meine silberfarbenen Peeptoes sinken – ich hatte mir sogar die Zehennägel pink lackiert, damit sie zu meinem Top passten. Während meiner ersten siebzehn Jahre hatte meine Mom mir eingebläut, dass ich jedes Mal, wenn ich das Haus verließ, so gut aussehen sollte wie nur möglich. Als ehemalige Schönheitskönigin kannte sie sämtliche Haar- und Make-up-Tricks, die es nur gab, und sie hatte sie an mich weitergegeben und mir immer wieder gesagt, dass eine Frau aussehen sollte wie eine Frau.
Mein dunkles Geheimnis war, dass ich tatsächlich an Misswahlen in Kentucky teilgenommen hatte, bevor ich endlich den Mut aufgebracht hatte, meiner Mutter zu sagen, dass ich da nicht länger mitmachen wolle. Wirklich, ich hatte diese Wettbewerbe nie gemocht, aber sie stand total darauf, und ich hatte versucht, sie glücklich zu machen. Dieses In-Schale-Werfen, von den Schuhen über die Kleidung bis zum Haar, Make-up und zur Maniküre war mir wohl damals zur zweiten Natur geworden.
»Ich habe deine Gefühle verletzt«, sagte Lyla und ließ die Schultern hängen.
»Nein, keineswegs – ich weiß deine Ehrlichkeit zu schätzen. Um bei dieser Sache Erfolg zu haben, brauche ich die kalten, harten Fakten.« Mein Herz fühlte sich im Moment ebenfalls kalt und hart an. Ich hatte erfahren, wie viel meiner Mutter Schönheit bedeutete, als sie in ihrer Midlifekrise steckte und Daddy mit einem jüngeren Mann betrog. Jetzt war sie mit Jüngling Nummer zwei verheiratet und unterzog sich pausenlos verrückten Behandlungen, um jung genug für ihn auszusehen. Ich wollte nicht so sein wie sie, und mir war klar, dass das der Grund war, warum die Andeutung des Professors, dass mein Aussehen alles sei, was zähle, mich so tief verletzt hatte. Ich fürchtete mich davor, so zu werden wie meine Mutter.
Nachdem ich diese Gedanken erfolgreich abgeschüttelt hatte, wandte ich mich wieder meiner Mitbewohnerin zu. »Ich will als ernsthafte Journalistin rüberkommen.«
»Dann solltest du deinen Sexappeal etwas runterzuschrauben, finde ich. Du, nun ja, du verströmst eine Menge Sexappeal. Nicht nur deine Kleider« – Lyla zeigte mit ihrem Textmarker auf mein Top und zeichnete dann einen großen Kreis in die Luft, der meinen Kopf und meinen Torso miteinschloss – »sondern so ziemlich alles an dir.«
Unter anderen Umständen hätte ich ihr für das Kompliment gedankt. »Okay, also, wie schraube ich den Sexappeal runter? Ich will, dass die Eishockeyspieler meine Fragen beantworten und nicht an Sex denken, während ich sie interviewe.«
»Das ist wahrscheinlich viel verlangt. Aber was das Runterschrauben betrifft, würde weniger freizügige Kleidung schon helfen.« Sie musterte mich, wieder tief versunken in Gedanken. »Du könntest Sportklamotten anziehen, aber dann werden sie dich auch nur für einen begeisterten Fan halten, daher denke ich eher an etwas Professionelleres. Hochgeschlossene Blusen aus Stoffen, die nicht durchsichtig sind, Baumwollhosen, klassische Halbschuhe – so was in der Art.«
Mir schauderte bei dem Vorschlag, klassische Halbschuhe zu tragen. Süße Sandalen mit Glitzer mussten vielleicht nicht sein, aber irgendwo war eine Grenze. »Was ist mit Stiefeln? Vielleicht etwas mit einem kleinen Absatz?«
Lyla tätschelte meine Schulter, eine beruhigende Geste, die außerdem sagte, dass sie mich verstand. »Okay. Aber es müssen wirklich niedrige sein – im Kelley Rink gibt es Hunderte von Treppenstufen, und High Heels sind für Eishockeyspieler wie Katzenminze. Natürlich gilt das Gleiche für Röcke und Brüste … du kapierst, worauf ich hinauswill?«
»Das heißt, dann bleibt mir nur ein Kartoffelsack?«
»Perfekt!«, erklärte Lyla und fügte dramatischen Applaus hinzu, der uns beide zum Lachen brachte. »Aber im Ernst, das wird die Männer nicht davon abhalten, daran zu denken, was du darunter anhast, deshalb solltest du dir ein Beispiel nehmen an der einen oder anderen Seite meiner vielen Bücher über Unbeholfenheit. Ich habe Männer oft abgestoßen mit meinem Gerede über Katzen. Einem habe ich versehentlich einen Kuli ins Auge gerammt. Mit Witzen über Chemie kann man ebenfalls viele verschrecken, falls du so was in Erwägung ziehst …«
»Der Witz würde darin bestehen, dass ich nicht genug über Chemie weiß, um einen Chemie-Witz zu erzählen.«
»Jeder ist auf irgendeinem Gebiet ein Nerd, selbst wenn er versucht, es zu verbergen. Was ist dein Gebiet?«
Da war die Sache mit den Misswahlen, aber ich fand nicht, dass das wirklich etwas für Nerds war, und wenn ich das zugab, würde mir das nicht dabei helfen, den Eindruck zu machen, keineswegs in die Gruppe der Puck Bunnys zu gehören. »Nun, ich liebe Recherchen. Ich meine, mich wirklich in eine Sache zu vertiefen und coole Fakten herauszufinden, von denen ich vorher nichts wusste. Deshalb bin ich auch ein großer Fan von Dokumentarsendungen. Ich weiß, manche Leute finden sie langweilig, aber mein Daddy und ich waren immer ganz aus dem Häuschen, wenn eine neue Sendung ausgestrahlt wurde. Wir haben uns jede einzelne angesehen, die wir finden konnten, sei es ein ergreifender Bericht über Kinder, die zu Unrecht ins Gefängnis gekommen sind, oder über das üble Zeug, das die Nahrungsmittelindustrie in alles hineinmixt, was wir essen, oder was auch immer.«
Manchmal vermisste ich diese Abende mit meinem Daddy auf dem Sofa, an denen wir selbst gemachtes Popcorn aßen und uns Dokumentarfilme ansahen. Damals war in mir der Wunsch aufgekommen, Journalistin zu werden.
»Ich langweile mich bei dem bloßen Gedanken, mir eine ganze Dokumentarsendung ansehen zu müssen, daher könnte das durchaus funktionieren.« Lyla stupste mich mit dem Ellbogen an und schenkte mir ein Grinsen.
Die Räder in meinem Kopf drehten sich. Ich konnte definitiv Statistiken und Fakten aus den vielen Dokumentarsendungen, die ich gesehen hatte, herunterspulen – niemand mochte einen Besserwisser. Außerdem liebte ich Sprache. Ich wusste auch, dass Leute es superätzend fanden, wenn ich ihre Grammatik korrigierte, daher würde ich auch zu diesem Mittel greifen. »Okay, also kann ich eine männerabstoßende Konversation führen, aber ich muss die Eishockeyspieler irgendwie dazu bringen, mit mir zu reden. Ich muss nah genug an sie herankommen, um etwas über ihre Bevorzugung zu erfahren.«
Lyla warf ihre Bücher und den Textmarker beiseite und zog ein Bein unter sich. »Halt dich zuerst an Sportfragen, damit sie dich ernst nehmen, und wenn einer von ihnen versuchen sollte, mit dir zu flirten, geh nicht darauf ein. Bleib sachlich, gib keinen Interpretationsspielraum, dann werden sie sich im Laufe der Zeit schon ein wenig entspannen.« Sie legte einen Finger an die Lippen und nickte. »Ja. Sie werden sich mit der Zeit daran gewöhnen, dich zu sehen, und dann kannst du die Gruppe unterwandern und die Superstory bringen.«
»Verflixt, du kannst ganz schön Furcht einflößend sein, wenn du dich so auf ein Thema einlässt.«
»Das hat Beck auch gesagt.« Sie zog die Brauen zusammen. »Was mich zu einem Thema bringt, das vielleicht eine Grenze überschreitet, aber ich will es trotzdem ansprechen. Beck ist tabu. Keine Erwähnung seines Namens in dem Artikel, und ich will nichts über seine Familie darin lesen. Ich brauche diese Zusage, sonst kann ich dir nicht guten Gewissens noch mehr helfen, als ich es bereits getan habe.«
Ich kannte nicht die ganze Geschichte über Becks Familie, wusste aber, dass es ein heikles Thema war. Natürlich wollte ich mir journalistische Integrität aufs Banner schreiben, aber aller Wahrscheinlichkeit nach waren viele Journalisten vorsichtig und verbrannten ihre Quelle nicht, vor allem wenn diese Quelle einer ihrer besten Freunde war. »Abgemacht.«
Nachdem das geklärt war, stürzte sich Lyla wieder in das Unternehmen, mir zu helfen, und bot mir ihre Garderobe an. Wir gingen in ihr Zimmer, und ich probierte ein paar Kleidungsstücke an. Da sie einen riesigen Busen hatte, von dem mein Push-up-BH nicht einmal träumen konnte, passte keine ihrer Blusen. Ihre langen Ethnoröcke verbargen meinen Hintern besser als meine Jeans, aber sie vermittelten eher den Eindruck »Peace and Love« als »seriöse Sportreporterin«. Doch ich fand es amüsant und schlang mir einige der Schals mehrmals um den Hals, mit denen sie sich gerne verhüllte.