Breathwork - Johanna Lehmann - E-Book

Breathwork E-Book

Johanna Lehmann

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Beschreibung

Breathwork ist eine bewährte Methode, mit der wir Stress abbauen und unsere Energie steigern können. Sie hilft, besser zu schlafen und das Immunsystem zu stärken. Die besonderen Atemtechniken ermöglichen es, Emotionen und Blockaden zu verarbeiten.  Für Menschen, denen Meditation schwerfällt, ist Breathwork ein schneller Weg in tiefe Entspannung zu gelangen. Johanna Lehmann beschreibt die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Atmung und zeigt anhand von Beispielen, wie die Magie des Atems helfen kann, tiefe Ruhe und kraftvolle Energie zu finden. Über Weblinks gelangen die Leser direkt zu geführten Atemübungen mit musikalischer Untermalung und Visualisierung.

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Seitenzahl: 315

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Johanna Lehmann

Breathwork

Die Magie deiner Atmung. Mit einfachen Übungen zu mehr Gesundheit und Energie

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2024

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Umschlaggestaltung: Weiss Werkstadt München

Umschlagmotiv: @shutterstock_AKSAMIT

Illustrationen: Sabine Hanel, Gestaltungssaal, Rohrdorf

E-Book-Konvertierung: ZeroSoft, Timisoara

ISBN Print 978-3-451-60124-8

ISBN E-Book (EPUB) 978-3-451-83235-2

Hinweis

Die diesem Buch zugrunde liegenden Forschungsergebnisse und die Empfehlungen wurden sorgfältig erarbeitet und geprüft. Eine Gewähr kann jedoch nicht übernommen werden. Ebenso ist eine Haftung der Autorin bzw. des Verlags für Personen- oder Sachschäden ausgeschlossen. Die in diesem Buch vorgestellten Übungen und Informationen ersetzen keine medizinische oder therapeutische Behandlung.

Sicherheitshinweise: Diese Atemübungen sind nur ein Leitfaden. Du solltest immer auf deinen Körper hören und dich nicht überanstrengen. Wenn du dich unwohl fühlst, beende die Übung. Praktiziere Atemübungen nie vor oder während des Tauchens, Autofahrens, Schwimmens, Badens oder in anderen Situationen, in denen ein Bewusstseinsverlust zu Körperverletzungen führen kann. Jegliche Übungen mit längerem Halten des Atems sollten weder in der Schwangerschaft noch bei Herz-Kreislaufproblemen, Epilepsie, unkontrollierten Blutdruckwerten oder anderen ernsthaften gesundheitlichen Problemen durchgeführt werden. Bei Unsicherheit sollte immer ein Arzt aufgesucht werden. Die in diesem Buch gegebenen Informationen sollten nicht als Ersatz für den Rat eines qualifizierten medizinischen Fachpersonals betrachtet werden, welches immer vor Beginn eines neuen Gesundheitsprogramms konsultiert werden sollte. Weitere Sicherheitshinweise und Kontraindikationen sind bei den einzelnen Übungen zu finden.

Hinweis: Die Namen der Personen in den Fallbeispielen in diesem Buch wurden geändert, um die Privatsphäre der Betroffenen zu schützen. Alle Fallbeispiele basieren auf realen Erfahrungen meiner Klientinnen und Klienten.

Dieses Buch ist unserer magischen Mutter Erde gewidmet, die uns ab dem ersten Atemzug mit Sauerstoff versorgt.

Inhalt

Hinweis

Warum ich dieses Buch schreibe

Breathwork – eine alte Kunst

Teil 1: Grundlagen deiner Atmung

Superorgan Nase

Die Kraft der langsamen Atmung

Zeige Bauch

Die Lunge – ein Wunderwerk der Natur

Das Zusammenspiel von Atmung und Nervensystem

Dem eigenen Atem auf der Spur – Atem messen

TEIL 2: Durch Atmung Gemütslage und Gesundheit verändern

ELV-Methode: Den inneren Zustand verändern

Allrounder Breathwork – Die Tiger & Turtle-Methode

Unerwünschte Emotionen loslassen

Schnelle Stressbremse

Ruhe finden in Bewegung

Balance und Ausgeglichenheit in zwei Minuten

Dankbarkeit und Positivität

Vom Kopf ins Herz

Erdung

Intuition und Klarheit

Ruhe und Schlaf

Sorgen und Ängste vertreiben

Herzschmerz loslassen

Grenzen setzen

Selbstheilung von kleinen Traumata

Verbundenheit statt Einsamkeit

Kreativität

Mentale Kraft statt Gedankenkarussell

Transformation und Manifestation

Fokus und Konzentration

Neue Energie und Detoxen

Mentale Gesundheit – Stoppe Panik und Furcht

Entzündungen im Körper reduzieren und Immunsystem stärken

Allergiesymptome reduzieren

(Chronische) Schmerzen lindern

Leistungsfähigkeit und Stressresilienz

Gesund altern und lange jung bleiben

Abnehmen – Hungergefühl reduzieren

Breathwork für Kinder

Stress und Burnout im Job vermeiden

Kollektive Kohärenz – oder wie du indirekt deine Mitmenschen beeinflusst

Kreiere deine eigene Atemmagie

Breathwork und Technik – wie man Magie messen kann

Teil 3: Der Atem und die Weiblichkeit

Der weibliche Lifestyle

Wie Breathwork den weiblichen Zyklus unterstützen kann

Schwangerschaft und Geburtsvorbereitung

(Peri-)Menopause

TEIL 4: Deine tägliche Atemroutine

Sieben Regeln für eine gelingende Atemmagie

Dein Drei-Wochen-Programm

Nützliche Methoden, die Breathwork ergänzen

TEIL 5: Atem und Transzendenz – wie der Atem dich mit allem verbindet

Was Sternenstaub und Atmung gemeinsam haben

Alles ist Natur

Nachwort

Danksagung

Sammlung aller Übungen

Stichwortverzeichnis

Anmerkungen

Über die Autorin

Kostenlose Atemreisen zum Download

Deine Atemreisen hat Johanna Lehmann als Bonus hier für dich abgelegt. Du kannst sie kostenlos herunterladen, indem du folgendem Link folgst oder den QR-Code einscannst:

www.tiger-turtle.com/Atemmagie

„Der Wind trägt das Flüstern des Universums und der Atem trägt den Rhythmus des Lebens in uns.“(Anonym)

Warum ich dieses Buch schreibe

„Du bist wie eine Kerze, die auf beiden Seiten brennt.“ Diesen Spruch habe ich in meinen ersten Berufsjahren sehr häufig gehört, und ich empfand ihn als ehrenhaft und erstrebenswert. Eine Kerze, die auf beiden Seiten brennt, spendet doppelt so viel Licht und kann doppelt so hell leuchten. Oder etwa nicht?

Unklar war mir zu dieser Zeit der Zusammenhang mit meiner Atmung und Lebensenergie. Atem ist Lebensenergie. Ja, ich hatte sehr viel Kraft für sehr viele Dinge, inklusive dreimaligem Umzug auf einen anderen Kontinent. Voller Energie stürzte ich mich in meine ersten Berufsjahre in Peking und dann im Silicon Valley in Kalifornien. Ich freute mich über die Geburt meines ersten Kindes und den Umzug nach Singapur. Gleichzeitig baute ich meine erste Firma auf, einen personalisierten Kinderbuchverlag, und unterrichtete in den Abendstunden Yoga. Mein Lebensstil war aufregend, und ich war dauernd auf Achse. Mir war nicht bewusst, welchen Energieverbrauch er mit sich brachte. Um alles zu schaffen, was ich mir vorgenommen hatte, passte ich meine Atmung unbewusst meinem gehetzten Lebensstil an. Meine Atmung wurde schneller und flacher. Ich atmete mehr und mehr nur im Brustbereich. Mein Körper und Geist befanden sich konstant in einem zunehmend gestressten Zustand, ohne dass ich mir dessen bewusst war. Meine Ruhephasen wurden kürzer und kürzer, und so kamen im Laufe der Zeit diverse gesundheitliche Probleme hinzu, was natürlich kein Wunder war. Meine Allergien gegen immer weitere Lebensmittel sowie Hausstaub und meine Neurodermitis führten zu psychischem Stress. Es war wie ein Teufelskreis. Ich fand bei den Ärzten, die ich aufsuchte, nur symptomatische Linderung, zum Beispiel in Form von Kortison und Antihistaminika, aber keine grundsätzliche Heilung.

In dieser Zeit fand ich Erleichterung durch Yoga, und ich begann, mich intuitiv mehr mit dem Atem zu befassen. Ich stellte fest, dass durch eine bewusste Atmung nicht nur meine entzündliche Hauterkrankung zurückging, sondern ich auch mithilfe spezieller Atemübungen Beruhigung finden konnte, wenn meine Haut zu jucken begann. Wie vielen meiner Klientinnen und Klienten wurde mir erst im Laufe der Jahre bewusst, dass wir diesen Prozess des Atmens unmittelbar und willentlich zu unserem Vorteil beeinflussen können. Dies veränderte mein Leben deutlich. Meine innere Unruhe und Unsicherheit konnte ich durch die Anpassungen meiner Atemmuster reduzieren, sodass ich tagtäglich mehr Freude und Energie verspürte. Die Arbeit mit dem Atem wirkte sich positiv auf jeden Bereich meines Lebens aus – es war, als würde ich meine Schatten ablegen können, um auf diese Weise immer näher zu mir selbst zurückzukommen.

Ich war bereits zertifizierte Yogalehrerin und wusste, dass Atmung ein großer Bestandteil von Yoga ist. Doch ich wollte das faszinierende Thema der Atmung weiter vertiefen. So reiste ich quer durch die Welt, um verschiedene Atemmethoden zu erlernen. Meine Ausbildungen und Trainings bei den führenden Atemexperten Niraj Naik, Kasper van der Meulen und Wim Hof, auch bekannt als „Iceman“, halfen mir, die Magie des Atems nicht nur zu erfahren, sondern auch zu erlernen, sodass ich sie an andere Menschen weitergeben konnte. Was mir in dieser Zeit auffiel, war, dass trotz all der positiven körperlichen, emotionalen und spirituellen Veränderungen fast keiner um mich herum von diesem Werkzeug wusste. Ich nahm mir vor, mehr Menschen die Magie der Atmung näherzubringen. Als ausgebildete Breathwork-Trainerin habe ich in den letzten zehn Jahren Tausenden von Menschen in Kursen, Retreats, Firmenevents und Einzelsitzungen helfen können, ihren Atem zu ihrem Vorteil zu nutzen – darunter Unternehmerinnen, Sänger, Athletinnen, Künstlerinnen, Managerinnen, Moderatoren, Eltern und Kinder.

Meine Erfahrungen der letzten 15 Jahre und erlernten Lösungsansätze habe ich in diesem Buch niedergeschrieben mit der Hoffnung, dass sie dir genauso helfen, wie Breathwork mein Leben und das meiner Klientinnen und Klienten bereichert hat. Denn die Magie des Atmens kannst du zu jeder Sekunde deines Lebens, egal wo du dich gerade befindest, eigenständig und nach deinen Bedürfnissen komplett kostenlos abrufen.

Definition Breathwork

In diesem Buch verwende ich hauptsächlich den Begriff Breathwork. Darunter verstehe ich verschiedene Arten von Atemübungen für mehr körperliche und emotionale Gesundheit. Die deutsche Übersetzung mit Atemarbeit bezieht sich etwas stärker auf die therapeutische Anwendung von Atemübungen.

Nun aber genug von mir, lass uns auf die Reise zu deiner inneren Atemmagie gehen!

Ziel dieses Buchs

In der Welt des Yogas bedeutet Atmung Leben. Aus alten traditionellen Yogatexten geht hervor, dass jeder Person eine bestimmte Anzahl von Atemzügen zur Verfügung steht. Atmest du langsam und tief, wirst du entsprechend länger leben. Atmest du flach und schnell, hat dies den gegenteiligen Effekt.

Wenngleich die heutige Medizin dies etwas differenzierter sieht, so ist das menschliche Leben jedes Einzelnen von uns dennoch als die Periode zwischen dem ersten und dem letzten Atemzug zu begreifen. Geht man davon aus, dass jeder dabei innerhalb von 24 Stunden rund 20 000 Atemzüge macht und dabei etwa 11 000 Liter Atemluft veratmet, kommt man bei einem Lebensalter von 80 Jahren auf fast 600 Millionen Atemzüge. Deine dich meist unbewusst begleitende Atmung spielt also in der Tat eine enorm wichtige Rolle.

Wir versuchen, unser Leben oft auf so vielfältige Art und Weise zu verbessern. Wir achten darauf, uns gesund und vitaminreich zu ernähren, treiben Sport oder versuchen, mehr Zeit mit Menschen zu verbringen, die uns guttun. All das ist sehr wichtig, doch oft übersehen wir, was wir in unserem Leben ununterbrochen und unbewusst tun. Es ist das, was uns am Leben hält und jeden Tag mit neuer Energie versorgt: unser Atem. Was würde passieren, wenn wir unsere Atmung bewusst für mehr Gesundheit und Energie einsetzen?

In diesem Buch will ich dich mit der magischen Kraft des Atems inspirieren – mit einfachen Übungen, die schon in wenigen Sekunden deinen körperlichen und geistigen Zustand verändern können. Ich will dich mitnehmen auf eine Reise, die dir zeigt, wie du in deiner inneren Welt mit deinem Atem Harmonie und Balance kreieren kannst. Wenn wir Balance in uns selbst fühlen, können wir auch im Außen für Balance und Ausgeglichenheit sorgen. Nur wenn wir es schaffen, Angst und Anspannung loszulassen, können wir den Fokus von uns selbst abwenden und uns um das langfristige Wohl unserer Mitmenschen und unseres Planeten kümmern. Heilen wir uns selbst, heilen wir auch die Welt um uns herum. Es ist also eine Win-win-Situation.

Deswegen lege ich dir ans Herz: Probier die Magie des Atems aus. Fühle, wie sie dein Leben und das deiner Familie, deines Freundeskreises und der Welt um dich herum verändern kann. Probier aus, was für dich funktioniert und was dir Spaß macht. Nur dann hat deine Atmung das Potenzial, dein Leben zu verändern und dir zu mehr Gesundheit und Energie zu verhelfen. Das verspreche ich dir. Aber es gibt eine Voraussetzung: Wende die Magie an! Jeden Tag aufs Neue!

Vielleicht gehörst du zu den Menschen, die spontan denken: Wir atmen doch alle – und das jeden Tag und unser ganzes Leben lang! Das stimmt natürlich, doch wenn du dich mit deiner Atmung intensiver beschäftigst, wirst du feststellen, dass du auf ganz verschiedene Weisen ein- oder ausatmen kannst. Du kannst flach oder tief in den Bauch atmen. Du kannst langsam oder schnell atmen. Du kannst durch die Nase oder durch den Mund ein- oder ausatmen. Dies kann unbewusst geschehen oder bewusst eingesetzt werden, um einen bestimmten Effekt auf deine körperliche und geistige Verfassung zu haben.

In diesem Buch möchte ich dir zeigen, wie du deinen Atem bewusst verändern kannst, um dein emotionales und körperliches Wohlbefinden so zu beeinflussen, dass du dich besser fühlst. Die Atemübungen können dich dabei unterstützen, dass du besser gelaunt, gelassener oder produktiver bist. Zudem können die Übungen dazu beitragen, mit Stressphasen – ob beruflich oder privat – besser umzugehen. Ich widme mich insbesondere gesundheitlichen Themen, die Frauen vermehrt betreffen. Trotzdem können sowohl Männer als auch Frauen die Atemübungen durchführen.

Um dich zu inspirieren, die Tipps in diesem Buch in die Tat umzusetzen, werden sowohl wissenschaftliche Studien als auch emotionale und bildliche Erzählungen in dieses Buch einfließen. Möge dich das eine oder andere dazu inspirieren, es bewusst mit dem Atem aufzunehmen.

Da ich in einer Familie von Lehrern, Ärzten und Ingenieuren aufgewachsen bin und auch mein Studium der Wirtschaftswissenschaft mich in eine eher rational geprägte Welt führte, orientierte ich mich bei Entscheidungen vor allem an nachweisbaren Fakten: Solange es keine Studie gab, glaubte ich es nicht. Mittlerweile weiß ich, dass Studien und empirische Beweise für das rationale Verständnis zwar wichtig sind, doch um etwas wirklich dauerhaft im eigenen Leben umzusetzen, sind persönliche Erfahrungen und die damit verbundenen Emotionen mindestens genauso entscheidend. Eine emotionale Erfahrung erlaubt es uns, etwas Neues (wie beispielsweise eine neue Sichtweise auf die Atmung) nicht nur rational zu verstehen, sondern wirklich zu erfahren, zu verinnerlichen und gegebenenfalls dadurch die eigenen Werte und Überzeugungen zu verändern. Es ist mittlerweile nachgewiesen, dass uns das, was mit vielen verschiedenen Sinnen und starken Emotionen verarbeitet wird, am stärksten im Gedächtnis bleibt. Dies ist beim Lesen von wissenschaftlichen Studien nicht unbedingt der Fall. In diesem Buch findest du deswegen neben dem Verweis auf wissenschaftliche Studien auch inspirierende Geschichten und praktische Übungen, teilweise mit Links zu Aufzeichnungen dieser Übungen. Wie sagt der französische Schriftsteller und Philosoph Albert Camus doch so passend: „Die Wissenschaft kann die Welt erklären, aber ihr keinen Sinn geben.“ Nur wenn wir die Magie der Atmung selber austesten, können wir ihren Effekt spüren und Sinn erkennen.

Für wen dieses Buch geeignet ist

Als Atemcoach und Yogalehrerin habe ich in den letzten Jahren viele Trainings und Retreats organisiert, bei denen mir oft die Frage gestellt wurde: „Wie kann ich am besten mit Breathwork beginnen? Wie kann der Atem meinen Alltag positiv verändern?“ Meine Antworten auf diese Fragen und viele mehr findest du in diesem Buch.

Wenn du mindestens eine der Fragen mit „Ja“ beantworten kannst, dann weißt du: Dieses Buch ist für dich.

Du empfindest tagtäglich Stress oder ein Gefühl von Unruhe?

Du findest die Vorteile von Meditation vielversprechend, aber bisher sind deine Versuche zu meditieren gescheitert?

Du hast nicht die Zeit, jeden Tag 30 bis 60 Minuten für Meditation aufzuwenden?

Du hast ein viel beschäftigtes Leben und suchst nach Ruhepausen und Kraftmomenten, die keine Vorerfahrung benötigen?

Du suchst nach Techniken, die in wenigen Minuten deine Stimmung aufhellen können oder deinen emotionalen Zustand positiv verändern können?

Du suchst nach alternativen Ansätzen, um Beschwerden wie Unruhezustände, Entzündungen, schlechten Schlaf oder das prämenstruelle Syndrom zu lindern?

Du hast bereits von Breathwork gehört oder eine Technik ausprobiert und möchtest nun tiefer einsteigen und verstehen, wie du Breathwork im Alltag für dich nutzen kannst?

Du hast bereits Bücher über Breathwork gelesen, aber dir fehlt noch ein weiblicher Blick auf das Thema?

Eine Umfrage der Techniker Krankenkasse im Jahr 2019 ergab, dass rund 60 Prozent der erwerbstätigen Deutschen sich gestresst fühlen.[1] In den letzten 15 Jahren habe ich diese Menschen überall getroffen: in Unternehmen, in Start-ups, bei Elternabenden und im Yogastudio. Gestresste junge Mütter erzählten mir auf dem Spielplatz, wie sehr sie sich wünschten, in wenigen Momenten des Tages Inseln der Ruhe für sich zu kreieren. Viele Frauen erzählten mir, dass ihre Schwangerschaft und die ersten Jahre mit dem Kind sowie hormonelle Schwankungen während der Menstruation und Menopause für sie extrem herausfordernd waren und sie für viele Leiden keine Hilfe fanden. Auf Start-up-Events erzählten mir Gründerinnen im Vertrauen, dass sie das Auf und Ab des Gründens extrem fordere und sie sich ausgebrannt und erschöpft fühlen. Ich traf auf Gruppen von Managern, die mir berichteten, dass die Anzahl der Krankmeldungen stieg und sie selbst nicht wussten, wie man in kurzer Zeit in Zustände von Ruhe und Kraft kommen konnte, um Projektdeadlines einzuhalten. Ich sprach mit Freunden, die mit mir teilten, dass sie gern die Effekte von Meditation für sich nutzen würden, aber nicht meditieren können. Ich spürte, dass diese Probleme nicht nur Einzelne betreffen. Daher teile ich all die umfangreichen Vorteile verschiedener Atemtechniken mit dir in diesem Buch. Mögen sie dein Leben und deine Gesundheit bereichern.

Wie du dieses Buch lesen kannst

Im ersten Teil dieses Buches lernst du die Grundlagen der Atmung und die funktionale Atmung kennen, die auf eine effektive Sauerstoffversorgung des Körpers ausgerichtet ist. Ebenso gebe ich dir Tests an die Hand, mit denen du prüfen kannst, ob du diese Grundlagen bereits umsetzt. Die in Teil 1 genannten Grundlagen kannst du direkt anwenden.

Wenn du mit den Grundlagen bereits vertraut bist, kannst du auch direkt mit Teil 2 starten. Hier findest du je nach Bedarf Atemübungen, um deinen emotionalen und körperlichen Zustand zu verändern – die Tiger & Turtle-Methode kannst du dabei täglich anwenden und dadurch Gemütslage und Gesundheit zugleich verbessern. Ich stelle dir auch diverse spezielle Übungen vor: Du kannst zum Beispiel lernen, wie du dich aus der Unruhe in die Ruhe atmen kannst und aus der Unsicherheit ins Selbstvertrauen. Eltern dürfen sich auf ausgewählte Atemübungen für ihre Kinder freuen und Menschen, die mit chronischen Schmerzen oder mentalen Gesundheitsproblemen zu kämpfen haben, können wertvolle Empfehlungen finden. Auch wird es darum gehen, wie du Breathwork im Job einsetzen kannst, um Stress zu reduzieren und das Risiko für Burnout zu senken.

In Teil 2 findest du außerdem konkrete Hinweise, wie du verschiedene Übungen kombinieren und dein eigener Atemcoach werden kannst, anstatt nur einzelne, fixe Atemübungen anzuwenden. Ich zeige dir, wie du den Atem nutzen kannst, um jederzeit den Entspannungs- oder Aktivitätsmodus deines Körpers einzuschalten. Du darfst dieses Buch wie deinen magischen Zauberkoffer der Atmung verstehen, aus dem du verschiedene Tipps und Inspirationen ziehen kannst. Dafür ist es kein Muss, es von Anfang bis Ende durchzulesen – obwohl ich dir das natürlich ans Herz lege, um in die volle Tiefe von Breathwork einzusteigen.

Wenn du dich besonders für wissenschaftlich basierte Breathwork für Frauen interessierst, wird dir Teil 3 einiges an Inspiration bieten. Durch die Arbeit mit meinen Klientinnen habe ich über die Jahre gelernt, dass Frauen – zum Beispiel im Laufe ihres Zyklus – oftmals komplett andere Anforderungen und Wünsche an Breathwork haben. Auf einige davon gehe ich in Teil 3 ein.

In Teil 4 gehen wir der Frage nach, wie du eine Atemroutine kreieren kannst – denn Atemmagie entsteht nur, wenn du etwas änderst und Breathwork regelmäßig in dein Leben integrierst. Aber keine Sorge: Mit den Tipps in diesem Buch wird die Integration in deinen Alltag ein Kinderspiel sein.

Zu guter Letzt befassen wir uns mit dem transzendenten Aspekt der Atmung. Breathwork ist oft transformativ und kann dir helfen, bewusstseinserweiternde Zustände zu erfahren, in denen du die Verbindung mit allem um dich herum spürst. Ebenso widmen wir uns der Frage, was Sternenstaub und der menschliche Körper gemeinsam haben und welche Rolle Atmung dabei spielt.

Viel Spaß beim Lesen!

Deine Johanna

Die in diesem Buch dargestellten Übungen unterscheiden sich darin, ob sie eher aktivierend, entspannend oder ausgleichend sind:

zum Runterkommen

zum Aktivieren

zum Ausgleichen

Ebenso findest du den Zusatz Visualisierung.

Dies sind Atemübungen, die mit Visualisierungen kombiniert sind

Breathwork – eine alte Kunst

Die Geschichte der Heilung durch den Atem reicht bis in die Antike zurück. Im Lateinischen bedeutet das Wort „inspirare“ – „einatmen“ oder „einhauchen“. Du kannst es auch im übertragenen Sinn für das Eingeben von Ideen, Emotionen oder kreativen Impulsen verstehen. Und auch das lateinische Wort „anima“ hat eine Doppelbedeutung, nämlich „Atem“ und „Seele“. So beschäftigte sich beispielsweise schon der Philosoph Sokrates mit der Bedeutung der Atmung für die Gesundheit und das Wohlbefinden. Sein Schüler Plato empfahl in seinem Werk Timaios Atemübungen als Mittel zur Heilung von Krankheiten. Er glaubte, dass eine gesunde Atmung dazu beitragen kann, Krankheiten zu verhindern und zu heilen. Atemtechniken wurden sogar als geheimes Wissen weitergegeben – vor allem unter Männern –, um sie so in ihrer Entwicklung und Gesundheit besonders zu fördern.

Hippokrates, der als Vater der Medizin gilt und einer der bedeutendsten Ärzte seiner Zeit war, hat in seinen Schriften die Bedeutung der Atmung für die Gesundheit und das Wohlbefinden betont. Er erkannte, dass die Atmung nicht nur ein physiologischer Prozess ist, sondern auch eine wichtige Rolle bei der Behandlung und Vorbeugung von Krankheiten spielt. In einem seiner berühmtesten Werke, dem Corpus Hippocraticum, präsentiert er verschiedene Atemübungen zur Körperstärkung und Verbesserung des Immunsystems. So empfiehlt er, tief und langsam durch die Nase zu atmen und Atemübungen mit körperlicher Bewegung zu kombinieren. Nicht ohne Grund kann das griechische Wort „Psyche“ mit „Leben“ oder „Atmung“ übersetzt werden. Auch im alten Ägypten, möglicherweise inspiriert durch die Griechen, wurde Atmung im Rahmen der Tempelmedizin genutzt. Die Ägypter glaubten, dass der Atem die Seele beeinflusst und bestimmte Atemtechniken dazu beitragen können, das Gleichgewicht zwischen Körper und Geist zu fördern. Es war für sie der Königsweg der Heilung.

Und auch in Indien wurde schon früh die Kraft der Atmung erkannt: In den vedischen Schriften, den ältesten Schriften des Hinduismus, wurden bereits vor etwa 3000 Jahren Atemübungen beschrieben, die als Pranayama bekannt sind. Pranayama bezeichnet die Kontrolle und Regulation der Atmung und setzt sich aus den Sanskrit-Wörtern „prana“ (Lebensenergie, Atem) und „yama“ (Kontrolle) zusammen. Wörtlich übersetzt also: „Kontrolle der Lebensenergie durch Atmung“. Bei meinen Reisen durch Indien und Nepal und meinen Aufenthalten in Ashrams und Yogazentren konnte ich diese alten Weisheiten live erleben – selten habe ich solch gesund und glücklich wirkende Menschen kennengelernt.

Aber auch in Deutschland befasste man sich mit Atmung. In einer Zeit, als Tuberkulose und Schwindsucht die Welt heimsuchten, setzte sich Daniel Gottlob Moritz Schreber, nach dem die Schrebergärten benannt sind, für die Bekämpfung dieser gefährlichen Krankheiten ein. Als Arzt und Direktor der orthopädischen und heilgymnastischen Anstalt zu Leipzig empfahl er 1844 gymnastische Übungen in Kombination mit Atmung. In seinem Werk Ärztliche Zimmergymnastik schrieb Schreber: „Von der Beschaffenheit des Atmens hängt der Blutumlauf in den Lungen ab, mithin für die Unterhaltung des Lebens ununterbrochen notwendige Veredelung, die chemische Beseelung des Blutes. Mit der Stärke des Atems steht daher die Energie des gesamten Lebens im geraden Verhältnis. Durch den Mangel der Bewegung überhaupt wird das Atmen schwächer und unvollkommener. Mit der Zeit entsteht daraus eine Disposition zu lebensgefährlichen Krankheiten der Lungen.“[2]

Ebenso ist die Arbeit von Konstantin Buteyko hervorzuheben. Der 1923 geborene ukrainische Arzt und Forscher, der sich intensiv mit der Bedeutung der Atmung für die Gesundheit befasste, entwickelte eine nach ihm benannte Methode, eine Atemtechnik zur Behandlung von Atemwegserkrankungen wie Asthma, Allergien und chronischer Hyperventilation. Die Buteyko-Methode basiert auf der Idee, dass viele Menschen zu viel und zu schnell atmen, was zu einem Ungleichgewicht im Kohlendioxidgehalt im Körper führt. Obwohl einige wissenschaftliche Studien existieren, die der Buteyko-Methode Wirksamkeit bei Asthma, Allergien und Angstzuständen bescheinigen, gibt es auch die Kritik, die Methode sei nicht ausreichend wissenschaftlich belegt.

Die moderne Breathwork-Bewegung begann in den 1960er Jahren mit den Atemmethoden von Leonard Orr (Rebirthing) und Stanislav Grof (Holotropes Atmen) und verfolgte das Ziel, traumatische Erfahrungen zu verarbeiten und bewusstseinserweiternde Zustände durch eine Kombination aus Atemübungen, Musik und Trancetechniken zu erfahren.

In jüngerer Zeit gibt es vor allem eine Person, die insbesondere im Extremsport dafür gesorgt hat, Breathwork populär zu machen. Auch wurde er durch seine wissenschaftlichen Experimente, die er am eigenen Leibe durchführen ließ, bekannt. Die Rede ist vom niederländischen Extremsportler Wim Hof. Bekannt wurde er durch seine Fähigkeit, extreme Kälte zu ertragen, sodass er oft als Mann mit übernatürlichen Kräften bezeichnet wurde. Ich stieß auf ihn, nachdem ich von Singapur in die Niederlande gezogen war und nach Atemtechniken suchte, die Entzündungen im Körper reduzieren konnten. Letztendlich beruht seine Technik auf der Kombination von Atemtechniken mit Meditation und Kältetraining, mit der er zeigen möchte, dass eigentlich jeder diese außergewöhnlichen Fähigkeiten in sich trägt. In diversen Weltrekorden und mithilfe wissenschaftlicher Studien konnte er belegen, welche Kraft die Kombination von Atmung und Kälte auf die geistige und körperliche Gesundheit hat. Wim hat durch diverse bemerkenswerte Einträge ins Guinness-Buch der Rekorde Breathwork weltweit ins Bewusstsein von Millionen von Menschen gebracht. So lief er im Jahr 2007 einen Halbmarathon in der Arktis bei Temperaturen von -20 Grad Celsius nur in Shorts und Schuhen. Zwei Jahre später erregte er weltweites Aufsehen, weil er den Kilimandscharo in nur 28 Stunden bestieg – trotz Höhenkrankheit und ohne entsprechende Kleidung, allein in Shorts und einem T-Shirt.

Es zeigt sich: Die Atmung webt sich durch unsere Geschichte, und der Atem wird in vielen Bereichen mit unserer Lebensenergie gleichgesetzt.

Aber wie kann es sein, dass Breathwork über Jahrtausende praktiziert und weiterentwickelt wurde und dennoch erst in der heutigen Zeit als ein großer Wellness-Trend und das „neue Yoga“ gefeiert wird? Wie kommt es, dass die Arbeit mit dem Atem trotz vieler interessanter Ansätze so lange Zeit in Vergessenheit geraten konnte?

Nach all dem, was ich über die Geschichte von Breathwork gelernt habe, erscheint es mir so, dass es lediglich an einer guten Lobby fehlt. Schließlich kostet es nichts und kann von jedem angewendet werden.

Es gibt so viele verschiedene Ansätze, unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit zu steigern, doch die des Atems lohnt sich besonders. Lasst uns deshalb im nächsten Teil in die Grundlagen von Breathwork eintauchen.

Teil 1Grundlagen deiner Atmung

Möglicherweise hast du bereits ein paar Atemübungen durchgeführt, unbewusst oder ganz bewusst, zum Beispiel während einer Yogastunde. Es gibt unzählige verschiedene Übungen, und die Frage, was denn nun richtig ist, kann uns schnell überfordern.

So erging es zumindest mir. Obwohl ich bereits zertifizierte Yogalehrerin war, suchte ich nach mehr Wissen und einer tieferen Erfahrung des Atems. Ich rannte von einer Yogastunde zur nächsten und probierte verschiedene Atemtechniken aus – von der ausgleichenden Wechselatmung bis hin zur energetisierenden Feueratmung. Und tatsächlich: Kurzzeitig fühlte ich mich besser. Doch meist endete die bewusste Atempraxis mit der Yogastunde. Zuhause atmete ich so unbewusst wie zuvor – dabei waren diese 19 000 Atemzüge, die ich außerhalb der ca. 90-minütigen Yogastunde machte, viel bedeutsamer für Gesundheit und Wohlbefinden als die 1000 bewussten Atemzüge während des Kurses. Schließlich hat jeder Atemzug einen Effekt auf Körper und Geist.

Oft erhalte ich Anfragen von Menschen, die gerne eine intensive bewusstseinserweiternde Atemstunde bei mir buchen möchten oder an einer bestimmten Atemmethode interessiert sind. Darüber freue ich mich, denn sicherlich ist eine transformierende Atemerfahrung ein kraftvoller Einstieg in Breathwork. Doch all diesen Menschen empfehle ich auch: Das Wichtigste ist, dass die Grundlagen deiner Atmung stimmen. Allein damit wirst du bereits einen großen Effekt wahrnehmen.

Die Grundlagen mögen weniger bewusstseinserweiternd sein als eine intensive Atemstunde. Doch allein die Veränderung der Grundatmung hat meine Allergiesymptome radikal reduziert, meine chronischen Sorgen und Ängste weitgehend verdrängt und meinen Schlaf spürbar verbessert. Die Anpassung unserer tagtäglichen Atemmuster hilft meinen Kunden und Kundinnen, ihre sportliche Leistung zu verbessern, Asthma zu reduzieren und Panikattacken zu stoppen.

Befolgst du die folgenden Atemgrundlagen, wirst du bereits einen großen Effekt auf dein emotionales und körperliches Wohlbefinden erfahren, ohne deinen Tagesablauf verändern oder eine formelle Atempraxis in dein Leben integrieren zu müssen. Einfacher geht es also nicht – doch es gibt eine Voraussetzung: Du musst damit beginnen. Du kannst drei Wochen nichts essen, du kannst drei Tage nichts trinken, aber ohne deinen Atem kannst du nicht länger als drei Minuten überleben. Er ist immer bei dir, und du hast jede Sekunde deines Tages die Möglichkeit, ihn zu beeinflussen – zu deinen Gunsten und mit viel größerem Effekt als die neueste Diät, die nächste Pille oder das innovativste Fitnessgerät. Beginnen wir also mit der Nase, die für die Grundlagen deiner Atmung äußerst relevant ist.

Superorgan Nase

Was für ein Anblick: Vor mir liegen mein zwei Wochen alter Sohn und daneben mein Mann. Für ein kleines Nickerchen, um die kurze Nacht nachzuholen. Ich lege mich neben die beiden. Fast scheint es, als würde mein Sohn nicht atmen. Ich weiß nicht, wie häufig ich es in den letzten Wochen schon getestet habe – auch beim zweiten Kind bleibt diese Angewohnheit. Ich halte mein Ohr dicht an das kleine Gesicht. Der Mund ist geschlossen, ich höre nichts. Der Atem fließt leicht wie eine Feder – leise und unauffällig. Vollkommen unbeeindruckt von all dem, was um ihn herum passiert. Lediglich an der sanften Bewegung seines Bauches sehe ich, dass er atmet.

Dass mein Mann noch lebt, ist eindeutig. Seine Atmung ist unüberhörbar – der Mund ist leicht geöffnet, und mit jedem Atemzug vernehme ich etwas: manchmal ein rasselndes Schnarchen, dann ein leichtes Pusten. Ab und an bewegt er den Kopf, zuckt oder rollt sich von links nach rechts. Während mein Sohn sichtbar durch die Nase atmet, atmet mein Mann eindeutig durch den Mund.

Was ist nun richtig? Ich denke zurück an meine Atemausbildung und die Worte meines Lehrers: „Breathe as if you are unimpressed.“ (Atme, als wärst du unbeeindruckt.) Der gesündeste Atem ist der, der sanft und leicht durch die Nase fließt. So leicht und schwerelos, als würden uns die Herausforderungen des Lebens vollständig unbeeindruckt lassen. So unauffällig, als würden wir die Magie unseres Atems als Geheimnis in uns tragen. Blicke ich auf meinen Sohn und meinen Mann, so atmet mein 14-tägiges Baby deutlich optimaler als mein Mann, dessen Atmung weniger leicht und sanft fließt. Das Geheimnis meines Sohns ist die Nasenatmung.

Warum Nasenatmung? Vereinfacht kann man sagen: Die Nase ist zum Atmen da. Der Mund zum Essen und Sprechen. Niemals wirst du eine Klimaanlage natürlicher, umweltfreundlicher und günstiger bekommen. Denn genau das ist deine Nase. Und eigentlich kann sie sogar noch viel mehr als eine klassische Klimaanlage:

Die Schleimhäute der Nase filtern Krankheitserreger und Staub aus der Luft und leiten sie durch Schleim, den wir umgangssprachlich auch Rotz nennen, wieder aus. Ebenso ist die Innenseite deiner Nase mit winzigen Härchen namens Zilien ausgekleidet. Diese feinen Haare haben eine wichtige Funktion: Sie filtern, erwärmen und befeuchten die eingeatmete Luft und schützen dich jeden Tag vor schätzungsweise 20 Milliarden Partikeln fremder Stoffe.

Nach Aussagen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird Luftverschmutzung weltweit für 11,65 Prozent der Todesfälle verantwortlich gemacht, und leider nimmt die Qualität unserer Luft fortschreitend ab.[3] Forschungen der UC Riverside ergeben zum Beispiel, dass, sollten die globalen Temperaturen um 4 Grad Celsius ansteigen, schädliche Pflanzenemissionen und Staub um bis zu 14 Prozent zunehmen werden.[4] Neben der menschengemachten Umweltverschmutzung spielen nämlich auch Pflanzen hier eine Rolle. Dies liegt daran, dass alle Pflanzen Chemikalien produzieren, sogenannte biogene flüchtige organische Verbindungen oder BVOCs.[5] Durch eine Zunahme der Winde und aufgrund des wärmeren Klimas wird zudem mehr Staub in die Atmosphäre getragen, wie Robert Allen, außerordentlicher Professor für Erd- und Planetenwissenschaften an der UCR und Co-Autor der Studie, sagt. Umso wichtiger ist es, dass du deine Nase als Filter nutzt, der Mund hat diese Funktion nicht.

Die Nase wirkt auch wie ein körpereigener Sensor, denn die Nasenhöhle passt die Lufttemperatur an die Körpertemperatur an. Darüber hinaus ist die Form deiner Nase nicht nur rein kosmetisch gesehen von Bedeutung: Verschiedene Nasenformen können Luft unterschiedlich verarbeiten. Menschen, die näher am Äquator leben, haben tendenziell breitere Nasen. In Regionen mit wärmerem Klima ist die Luft oft trockener, und die breitere Nasenform kann dazu beitragen, die Luftfeuchtigkeit zu erhöhen, bevor sie in die Lunge gelangt – eine Anpassung des Körpers an die klimatischen Bedingungen in verschiedenen Regionen der Welt. Diese These, bekannt als Thomsons Regel, geht auf den britischen Anthropologen Arthur Thomson zurück, der proklamierte, dass Menschen in trockenen, kalten Gegenden eher lange und dünne Nasen haben, während kurze und breite Nasen in heißen, feuchten Gegenden vorkommen.

Unsere Nase ist sozusagen eine Klimaanlage mit Wellnessfaktor, denn die Atmung durch die Nase erfolgt langsamer als durch den Mund und aktiviert auch den Vagusnerv, den längsten unserer zwölf Hirnnerven. Er wird auch als Entspannungsnerv bezeichnet. Dadurch gelangst du automatisch in deinen Ruhemodus, das parasympathische Nervensystem wird angeregt, worauf ich im Laufe des Buches noch genauer eingehen werde.

Ebenso wird durch die Nasenatmung Stickstoffmonoxid (NO) in der Nasenhöhle produziert und in die Lunge transportiert. Stickstoffmonoxid hat viele Funktionen, unter anderem folgende:

1. Vasodilatation: Stickstoffmonoxid wirkt als Vasodilatator, das heißt, es erweitert die Blutgefäße. In der Nasenhöhle führt dies zu einer besseren Durchblutung und Sauerstoffversorgung der Nasenschleimhaut.

2. Mikrobizide Wirkung: Stickstoffmonoxid hat antimikrobielle Eigenschaften und kann das Wachstum von Bakterien, Viren und anderen Krankheitserregern in der Nasenhöhle hemmen. Es kann dazu beitragen, Infektionen abzuwehren und die Gesundheit der Atemwege zu unterstützen.

3. Unterstützung der Atemwegsfunktion: Stickstoffmonoxid spielt eine Rolle bei der Regulation der Atemwegsfunktion und hilft dabei, die Atemwege zu erweitern.

4. Geruchssinn: Stickstoffmonoxid spielt eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung von Gerüchen. Es ermöglicht die Übertragung von Geruchssignalen vom Riechepithel im Nasenraum zum Gehirn, wo etwas als Geruch wahrgenommen wird.

In der Debatte über Nasen- und Mundatmung steht die Nase immer an erster Stelle.[6] Laut Maurice Cottle, dem Gründer der American Rhinologic Society, erfüllt deine Nase mindestens 30 Funktionen, die allesamt wichtige Ergänzungen zu den Aufgaben der Lungen, des Herzens und anderer Organe sind.[7] Wenn es um das Atmen geht, wird dem Mund keine Funktion zugesprochen, außer dass er bei verstopfter Nase oder intensiver körperlicher Betätigung als Backup dient – und selbst in letzterem Fall streiten sich die Experten, ob nicht trotz intensiver körperlicher Betätigung Nasenatmung vorherrschen sollte. Zuletzt sorgte die polnische Tennisspielerin Iga Swiatek, im Sommer 2023 die Nummer eins der Weltrangliste im Damen-Tennis, für Aufsehen, als sie beim Training ein Stück Klebeband über ihrem Mund trug. Dadurch fokussierte sie sich stärker auf ihre Nasenatmung und trainierte ihre Ausdauer. Auch der norwegische Fußballspieler Erling Haaland teilte in einem Interview mit, dass er sich nachts den Mund zuklebt, um seine sportliche Leistungsfähigkeit zu steigern. In der Sportwelt sorgte dies für viele Fragezeichen – doch wie Arthur Schopenhauer so schön sagt: „Alle Wahrheit durchläuft drei Stadien. Zuerst wird sie verspottet. Dann wird sie heftig bekämpft. Schließlich wird sie als selbstverständlich akzeptiert.“ Was die Nasenatmung angeht, befinden wir uns immer noch auf Stufe eins.

Wie kann ich meine Nasenatmung verbessern?

Menschen mit einem stressigen Leben neigen zu Mund- oder Brustatmung oder einer Kombination aus beidem. Unter Stress verspannen sich die Muskeln im Hals und Schulterbereich, was dazu führen kann, dass die Atmung flacher wird und vermehrt durch den Mund erfolgt. Manchmal reicht schon eine E-Mail eines ungeliebten Kollegen, um den Körper in Alarmbereitschaft zu versetzen, sodass er unbewusst von der Nasen- in die Mundatmung wechselt. Häufiger aber befinden wir uns in einem chronischen Stresszustand, sodass wir erst gar nicht aus der Mundatmung herauskommen. Der erste Schritt ist also, dass wir uns der üblichen Atmungsweise überhaupt erst einmal bewusst zu werden.

Die Verbesserung der Nasenatmung erfolgt durch Training. Je häufiger du es übst, umso einfacher und natürlicher wird es. Denn: Nasenatmung fördert Nasenatmung.

Kürzlich habe ich auf Zypern ein Atemtraining vor Zahnärzten gegeben. Dort wurde mir erzählt, dass insbesondere ein Experiment (das aus heutiger Tierschutzsicht berechtigterweise nicht mehr genehmigt werden würde) aus den 1970er Jahren in der Zahngesundheit für besondere Aufmerksamkeit gesorgt hatte, da es sehr anschaulich die negativen Effekte von Mundatmung auf den Körper verdeutlichte.

Egil P. Harvold wollte an einer Gruppe von 16 Rhesusaffen beweisen, welche Folgen die Mundatmung hat.[8] Dazu stopfte er der Hälfte von ihnen Silikon tief in die Nasenhöhlen, während er die Nasen der anderen Hälfte unverändert ließ. 50 Prozent der Affen konnte auf diese Weise nicht durch die Nase atmen. Sie waren gezwungen, ständig durch den Mund zu atmen.

In den nächsten sechs Monaten vermaß Harvold die Tiere und stellte Veränderungen fest, beispielsweise, dass sich der Zahnbogen verengt hatte und die Zähne schief wuchsen. Harvold wiederholte diese Experimente über zwei Jahre und dokumentierte alles durch Fotos. Es stellte sich heraus, dass die Mundatmung Körper und Atemwege veränderte, zum Nachteil der Gesundheit. So kam es zum Beispiel vermehrt zu Schlafstörungen und Schlafapnoe, die wiederum andere gesundheitliche Nebenwirkungen mit sich führten. Natürlich ist es offen, inwieweit die Ergebnisse der Experimente auf den Menschen übertragen werden können, zum Nachdenken regen sie dennoch an.

Während ich nach der Atemstunde mit den Zahnärzten noch zusammensaß, kamen wir auf eine weitere Studie zu sprechen, die weltweit für Interesse sorgte: Eine in der Zeitschrift für Mundgesundheit und Zahnmedizin veröffentlichte Studie aus dem Jahr 2019 untersuchte den Zusammenhang zwischen Mundatmung und sexueller Dysfunktion unter 120 Probanden.[9] Die Forscher stellten fest, dass 68 Prozent der Probanden, die durch den Mund atmeten, sexuelle Schwierigkeiten wie eine erektile Dysfunktion und geringes sexuelles Verlangen hatten. Die Teilnehmer, zwischen 20 und 56 Jahre alt, waren allesamt Mundatmer und wurden erstmals durch Probleme wie Zahnfehlstellungen und Zahnfleischentzündungen darauf aufmerksam. Doch eine Atemübung, die Mann zur natürlichen Problemlösung probieren kann, liegt in einer Anpassung der Atmung: durch die Nase und mit Summen kombinieren. Dies fördert die Freisetzung von Stickstoffmonoxid.[10] Dieses Gas ist für Erektionen wichtig, weil es die Blutgefäße erweitert und dadurch den Blutfluss fördert. Genau diese Wirkung macht sich übrigens Viagra zunutze.

Auch die amerikanischen Ureinwohner kannten bereits die Bedeutung der Nasenatmung, wie George Catlin in seinem Buch Shut Your Mouth and Save Your Life[11] (Schließe deinen Mund und rette dein Leben) eindrucksvoll darlegt. Auf Catlin wurde ich durch das Atem-Buch von James Nestor aufmerksam.[12] Catlin bereiste sechs Jahre lang die Great Plains, eine ausgedehnte Graslandschaft in Nordamerika, die sich vom zentralen Kanada bis in den mittleren Teil der Vereinigten Staaten erstreckt, um das Leben von 50 Indianerstämmen zu dokumentieren.

Die Ureinwohner erklärten ihm, dass durch den Mund eingeatmeter Atem dem Körper Kraft entzieht, das Gesicht verformt und Stress sowie Krankheiten verursacht. Andererseits soll der durch die Nase eingeatmete Atem den Körper stärken, das Gesicht schöner machen und eine gute Präventivmaßnahme für alle Arten von Krankheiten sein. „Die Luft, die in die Lungen eintritt, unterscheidet sich so sehr von der, die in die Nasenlöcher gelangt, wie sich destilliertes Wasser vom Wasser in einer gewöhnlichen Zisterne oder einem Froschteich unterscheidet“, schrieb er.

Bei den amerikanischen Ureinwohnern begann eine gesunde Nasenatmung mit der Geburt. Sobald die Mütter bemerkten, dass die Babys mit offenem Mund schliefen, schlossen sie ihnen vorsichtig den Mund. Einige der Stämme schnallten Säuglinge auf ein gerades Brett und legten ein Kissen unter ihren Kopf, wodurch eine Haltung entstand, die es viel schwieriger machte, durch den Mund zu atmen. Im Winter wurden Säuglinge in leichte Kleidung gewickelt und an wärmeren Tagen auf Armeslänge gehalten, damit sie weniger anfällig dafür waren, zu warm zu werden und durch den Mund zu keuchen. All diese Methoden führten dazu, dass Mundatmung bereits früh korrigiert wurde. Bei diesen Stämmen war Nasenatmung sogar so im Trend, dass sich erwachsene Stammesmitglieder weigerten, mit offenem Mund zu lächeln, weil sie befürchteten, dass schädliche Luft in ihren Körper eindringen könnte.

Die Weisheit der Ureinwohner bestätigt sich auch in aktuellen Studien, und auch mein Mann trägt inzwischen ein Mundpflaster zum Schlafen. Nicht nur die nächtlichen Geräusche sind seither weniger geworden, er schläft auch besser. Und auch für Kinder ist Nasenatmung wichtig – Studien bestätigen sogar, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen Mundatmung und ADHS bei Kindern.[13]