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Er ist ein Bild von einem Mann: schwarze Haare, smaragdgrüne Augen und ein Körper wie ein griechischer Gott. Sophie kann sich Theo Andreous sinnlicher Ausstrahlung kaum entziehen. Und als er sie glutvoll liebt, hofft sie so sehr, dass dieser Traum nie enden wird ...
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Seitenzahl: 173
IMPRESSUM
Brennendheiß wie ein Vulkan erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© 2006 by Cathy Williams Originaltitel: „At The Greek Tycoon’s Pleasure“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA, Band 275 Übersetzung: Alexa Christ
Umschlagsmotive: Kwangmoo / Depositphotos, AndreYanush / DPMARKET
Veröffentlicht im ePub Format in 06/2022
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751514873
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Timos Honor schaute Theo über den Rand seiner Brille hinweg an und unterdrückte dabei einen ebenso mitleidigen wie frustrierten Seufzer. Sie wussten beide, was er gleich sagen würde, und die Tatsache, dass Theo ihn unter großen Kosten in seinem Privatjet hatte einfliegen lassen, änderte gar nichts an seiner Aussage.
„Nun rück schon raus mit der Sprache, Timos.“
„Es war absolut nicht notwendig, mich extra einfliegen zu lassen, Theo …“
„Und ob es notwendig war.“ Theo presste die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen, weil er schon wusste, was er gleich hören würde. Ihm war auch klar, dass er Timos’ Worten Glauben schenken musste. Er hatte bereits die besten Spezialisten aufgesucht, die London zu bieten hatte, und die waren alle einer Meinung gewesen. Worin lag also der Sinn, Timos Honor, einen alten Freund der Familie und eine wahre Koryphäe auf seinem Gebiet, nach England kommen zu lassen? Er würde ihm genau dasselbe erzählen, aber vielleicht musste Theo es von einem Landsmann hören, von jemandem, der ganz genau wusste, durch welche Hölle er in den vergangenen achtzehn Monaten gegangen war. Vielleicht musste man ihm die harte Realität in ein wenig Mitgefühl verpackt servieren.
Theo betrachtete den vor ihm sitzenden Mann mit grimmiger Miene und machte sich auf das nun Folgende gefasst.
„Der Bruch in deinem Fuß ist nicht richtig verheilt, und dieser zweite Unfall hat das Ganze noch verschlimmert. Was in aller Welt hast du dir nur dabei gedacht?“
„Ich bin nicht Ski gefahren, um in das nächste Hindernis hineinzurasen, falls du das meinst.“
„Du weißt genau, dass ich das nicht gemeint habe. Ein Skiunfall abseits der markierten Pisten war schon schlimm genug, Theo, wobei wir damals alle verstanden haben, was dich so weit getrieben hat. Elena genau in dem Moment zu verlieren, als ihr heiraten wolltet … Nun, da kann jeder normale Mann zeitweilig dem Wahnsinn verfallen … aber das ist jetzt weit über ein Jahr her …“
„Dieser letzte Unfall hatte nichts mit Elena zu tun“, versetzte Theo sofort.
Natürlich war das eine Lüge, und das wusste er auch. Theo war ein hervorragender Skifahrer. Nie zuvor hatte ihn der Extremskisport gereizt, immer war er auf den abgesteckten Pisten geblieben. Doch in den vergangenen anderthalb Jahren hatte er alle Vorsicht fahren lassen und ein Leben auf dem Drahtseil geführt. Bis zur grenzenlosen Erschöpfung hatte er sich selbst angetrieben, hatte mehr gearbeitet, als jeder andere Mensch ertragen würde, und einen waghalsigeren Businessdeal nach dem anderen durchgezogen. Innerlich wusste er, dass es so nicht weitergehen konnte. Irgendwie musste er die Vergangenheit hinter sich lassen.
„Also gut, Theo, ich weiß nicht, ob es etwas nützen wird, aber das hier ist meine Diagnose: Dein Fuß braucht Zeit zum Heilen. Du kannst ihn nicht ständig weiter belasten. Wenn du nicht endlich kürzertrittst, werden die Knochen nicht richtig zusammenwachsen. Im besten Fall wirst du permanent hinken und nie wieder Sport treiben können. Im schlimmsten Fall landest du im Rollstuhl, ganz zu schweigen davon, dass du vielleicht eine vorzeitige Arthritis bekommst. Wenn du genau das erreichen willst, dann empfehle ich dir dringend, den nächsten Flug nach Val d’Isère zu nehmen und wieder über eine Tiefschneepiste zu brettern.“
Schweigend starrten sie sich an – Timos wartete geduldig darauf, dass seine Worte Wirkung zeigten, während Theo bittererkannte, dass sein Leben völlig außer Kontrolle geraten war. Er war der Erste, der wegschaute.
„Also, was schlägst du vor?“, fragte er schließlich mit zusammengebissenen Zähnen.
„Du brauchst absolute Ruhe. Es geht nicht an, dass du in diesem Tempo weitermachst. Deine Mutter hat mir gesagt, dass du dich seit dem ersten Unfall nirgendwo lange genug aufgehalten hast, um eine warme Mahlzeit einzunehmen.“
„Meine Mutter neigt zu Übertreibungen.“
„Das tun alle Mütter. Dennoch ist an ihrer Beobachtung auch mehr als genug Wahres dran.“
„Ich muss arbeiten, Timos. Vom Fernsehengucken und Däumchendrehen kann ich keine Rechnungen bezahlen.“
Bei diesen Worten musste der griechische Arzt lachen. „Du könntest dich heute zur Ruhe setzen, Theo, und würdest immer noch genug Geld haben, um damit mehrere Leben auskommen zu können. Außerdem sage ich ja gar nicht, dass du dich die nächsten zwei Jahre verstecken sollst. Aber du musst ein paar Gänge runterschalten. Arbeite von zu Hause aus.“ Er blickte sich in dem teuren Apartment um und schauderte innerlich bei dem Gedanken, in dieser Umgebung Zeit verbringen zu müssen. Die Wohnung erinnerte ihn an ein Krematorium – makellos, kalt und völlig leblos.
„Drei Monate würden genügen, um dir deine Bewegungsfähigkeit zurückzugeben.“
„Drei Monate!“ Theo wäre beinahe in Gelächter ausgebrochen.
„Gib Arbeit ab, delegiere.“ Timos stand auf und packte seine Untersuchungsinstrumente zusammen. „Ein kluger Mann weiß, wann er nachgeben muss.“
„Und was in aller Welt soll ich drei Monate lang tun, Timos? Von zu Hause aus arbeiten und die Wände betrachten?“
„Leg dir ein Hobby zu. Male. Schreibe Gedichte. Nutze die Zeit, um dich selbst zu finden.“
Das Letzte, was Theo Andreou wollte, war, sich selbst zu finden.
In den vergangenen zwei Wochen – seit Timos die Bombe hatte platzen lassen – hatte Theo beharrlich gegen die Vorstellung gekämpft, sich in seinem Apartment zu verschanzen und den Fuß hochzulegen.
Wenn er jetzt, wo er in seinem Jaguar hinter dem Chauffeur saß, darüber nachdachte, war es eigentlich von Anfang an ein Kampf auf verlorenem Posten gewesen, denn nachdem der Arzt seine bittere Diagnose gestellt hatte, war eine wahre Flut von Telefonanrufen von seiner Mutter aus Griechenland bei ihm eingegangen. Sie hatte sich erst zufriedengegeben, nachdem sie ihm das Versprechen abgenommen hatte, London für ein paar Monate zu verlassen und sich irgendwo auf dem Land zu erholen.
Theo riss den Blick von dem grauen Oktoberhimmel los und bemühte sich, seine Aufmerksamkeit stattdessen auf die Farbbroschüre zu richten, die auf seinem Schoß lag. Genau genommen hatte er das Cottage, zu dem er gerade fuhr, noch nie gesehen. Seine persönliche Assistentin war es gewesen, die die ländliche Idylle für ihn entdeckt und entschieden hatte, dass das hübsche Cottage ihm Ruhe und Erholung bieten und ihn davon abhalten sollte, zu viel zu arbeiten.
Die Tatsache, dass der Ort in Cornwall lag, würde ihn außerdem daran hindern, unvermittelt wieder im Büro aufzutauchen.
Gloria hatte sich das kleine Städtchen persönlich angesehen, hatte überprüft, dass es einige Geschäfte in der Nähe gab und es nicht allzu weit von jeglicher Zivilisation entfernt war. Sie hatte eine Haushälterin eingestellt, die jeden zweiten Tag kommen würde, und eine Köchin, die dafür sorgte, dass er nicht verhungerte. Seine Aufgabe war es, die Landschaft zu genießen, hin und wieder ein kleines bisschen zu arbeiten und früh ins Bett zu gehen.
Theo fürchtete sich vor all dem.
Gott sei Dank gab es Laptops und Handys.
„Fahren Sie ein bisschen langsamer, wenn wir in den Ort kommen“, wies er den Chauffeur an, warf die Broschüre auf seine Aktentasche und starrte aus dem Fenster. „Ich will mir genau ansehen, was ich in den nächsten drei Monaten genießen soll.“
Und da lag sie plötzlich vor ihm – die Stadt, die sich an den Fuß eines Hügels schmiegte und eine bezaubernde Mischung aus Alt und nicht ganz so Alt darstellte. Der Ort war wirklich malerisch und – noch wichtiger – bei Weitem nicht so klein, wie er zuerst befürchtet hatte. Theo dankte innerlich Gloria, die ihn offensichtlich gut genug kannte, um zu wissen, dass zu viel Natur in seinem Fall kein Segen war. Im Vorbeifahren registrierte er Restaurants, Cafés und einige hübsche Geschäfte.
Der Wagen bog in südliche Richtung und verließ das Stadtzentrum genau in dem Moment, als er eine junge Frau sah, die damit kämpfte, die Tür eines Büros zu verschließen, das eher wie ein Privathaus aussah als wie ein Arbeitsplatz. Sie hatte offensichtliche Mühe, das Schloss zu betätigen, und für ein paar atemlose Sekunden spürte Theo, wie sein Herz raste. Von hinten erinnerte sie ihn einen Augenblick lang an Elena. Die gleiche schlanke Gestalt und blonde Mähne, die ihr über die Schultern fiel. Dann blinzelte er und wurde sich ärgerlich bewusst, dass seine Gedanken mal wieder auf Abwege geraten waren.
Resolut riss er sich von den schmerzhaften Erinnerungen los und konzentrierte sich stattdessen auf die landschaftlich schöne Fahrt zum Cottage.
Der Makler hatte nicht übertrieben. Als das Cottage schließlich in Sicht kam, wirkte es genauso pittoresk wie in der Broschüre. Die letzten Sonnenstrahlen des Nachmittags fielen auf den satten gelben Putz des Hauses und tauchten es in glänzendes Gold. Der erstaunlich große Garten war liebevoll gepflegt, und der Kiesweg, der zur Eingangstür führte, sah aus wie aus einem Bilderbuch.
„Wenn Sie hier fertig sind, können Sie den Wagen zur Bahnstation fahren, Jimmy.“ Er stieg aus und ging mit der Hilfe eines Stocks, den er insgeheim lächerlich und unnötig fand, auf die Eingangstür zu. Den Schlüssel hielt er bereits in der Hand. „Bringen Sie einfach nur die Koffer herein. Sie müssen nicht länger bleiben.“
„Wie Sie wünschen, Sir.“
Sobald der Mann verschwunden war, sank Theo auf das Sofa und blickte sich um.
Ohne das beruhigende Geräusch entfernter Autos und Sirenen erschien ihm die Stille um ihn herum beinahe erdrückend. Mehrere Minuten lang verwünschte er seine Entscheidung, auf Timos und seine Mutter gehört zu haben, und fragte sich, was er hier anstellen sollte, wenn er nicht vor dem Computer saß oder telefonierte.
Mit grimmiger Miene ging er die Treppe hinauf und machte sich an eine Aufgabe, die er selten zuvor selbst erledigt hatte – er packte die Koffer aus. In diesem Moment klingelte es.
Auf der anderen Seite der Tür stand Sophie Scott, die sich tiefer in ihre Jacke hüllte. Ihre grimmige Miene ähnelte der von Theo.
Es war das erste Mal, dass sie das Cottage vermietete, seit sie vor zwei Monaten ausgezogen war, und es gefiel ihr überhaupt nicht. Auch wenn sie das Haus so unpersönlich wie möglich zurechtgemacht hatte, wusste sie doch, dass es ihr nicht gelungen war, alle Erinnerungen an die glückliche Zeit, die sie zusammen mit ihrem Vater hier verbracht hatte, auszulöschen. Angefangen bei den Büchern, für die ihr Apartment über dem Büro zu klein war, bis hin zu der frisch gewaschenen Bettwäsche und all den Blumen im Garten, deren Anblick sie in die Vergangenheit zurückversetzte.
Sie hörte das Herannahen schwerer Schritte und versteifte sich unwillkürlich.
Das Lächeln, zu dem sie sich zwang, drohte zur Grimasse zu werden, woraufhin sie sich rasch daran erinnerte, was der Anwalt ihr gesagt hatte. Sie brauchte das Geld. Noch besser wäre es, wenn sie das Haus verkaufen würde, doch wenn sie sich dazu nicht durchringen konnte, musste sie es eben vermieten. Damit konnte man eine ganze Menge verdienen, besonders in den Sommermonaten. Cornwall wurde als Urlaubsregion immer populärer. Bla, bla, bla.
Als die Tür geöffnet wurde, wich beim Anblick des Mannes vor ihr für einen Moment jeder Gedanke aus Sophies Gehirn.
Er war sehr groß – mindestens eins neunzig – und er entsprach in keiner Weise dem schmierigen Griechen, den sie sich in ihrer Fantasie vorgestellt hatte. Nein, dieser Mann war ganz und gar perfekt. Er hatte rabenschwarzes Haar und Augen, die so grün waren wie die kornische See, und seine Züge waren von klassischer Schönheit.
„Sie müssen die Haushälterin sein.“
Sophie öffnete den Mund, um die Situation zu erklären, doch dann schloss sie ihn wieder. Er trat zur Seite, woraufhin sie an ihm vorbei ins Innere des Cottages ging und sich rasch umschaute, ob er vielleicht irgendetwas zerbrochen hatte – was mehr als unwahrscheinlich war, da er erst vor Kurzem angekommen sein konnte. Trotzdem.
Sie war sich seines Blicks überdeutlich bewusst – diesem Blick aus grünen Augen, und urplötzlich fühlte sie sich ungeschickt und unwohl.
„Wann sind Sie angekommen?“
„Vor etwa einer Stunde. Ich hatte noch keine Zeit, ein Chaos anzurichten, aber Sie können das Haus gerne inspizieren.“ Jetzt erkannte Theo sie. Das honigblonde Haar, die schlanke Figur. Gleichzeitig ärgerte er sich, wie er sie mit Elena verwechseln konnte, selbst wenn es nur für ein paar Sekunden der Fall gewesen war. Aus der Nähe betrachtet glich diese Frau kein bisschen seiner Verlobten. Ihre Augen waren braun, nicht kornblumenblau, und ihre Haut hatte noch immer den goldenen Ton des Sommers. Elena war sehr blass gewesen und hatte unheimlich zerbrechlich gewirkt. Diese Frau schien dagegen robuster.
Und ihren Gesichtsausdruck konnte man nur als äußerst forsch bezeichnen.
„Ich bin nicht hier, um das Haus zu inspizieren“, versetzte Sophie. „Ich wollte lediglich sichergehen, dass Sie mit den Lebensmitteln zufrieden sind, die ich für Sie eingekauft habe, und ob Sie wissen, wie alles funktioniert. Ich bin nicht die Haushälterin. Das ist Annie. Übermorgen wird sie das erste Mal vorbeikommen. Catherine ist die Frau, die Sie zum Kochen engagiert haben, und das ist alles, was sie tut. Kochen und abwaschen. Um alles andere müssen Sie sich selbst kümmern.“
„Wenn Sie weder die Haushälterin noch die Köchin sind, würden Sie mir dann vielleicht freundlicherweise verraten, wer Sie sind?“ Theo wahrte nur mit äußerster Mühe einen Hauch von Höflichkeit. Es war schon schlimm genug, dass er in dieser Einöde gelandet war, jetzt musste er sich nicht auch noch mit einer impertinenten Person herumschlagen, die es nicht mal für nötig befand, sich vorzustellen. „Denn ich glaube nicht, dass ich Ihren Namen mitbekommen habe. Für die astronomische Summe, die ich für dieses Cottage bezahle, erwarte ich aber ein Mindestmaß an Höflichkeit.“
Sophie spürte, wie sie rot wurde.
„Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich ein wenig … kurz angebunden geklungen habe“, sagte sie. Außerdem versuchte sie sich an einem Lächeln, das allerdings nicht ihre Augen erreichte. Allein die Anwesenheit dieses Mannes in ihrem Haus – ihrem Haus – erfüllte sie mit Abneigung. „Ich hätte mich natürlich sofort vorstellen sollen.“ Widerwillig streckte sie ihm die Hand entgegen. „Mein Name ist Sophie Scott. Ich bin Ihre Vermieterin.“
„Dann sollten Sie vielleicht einmal darüber nachdenken, etwas freundlicher zu der Person zu sein, die die Miete bezahlt.“ Theo ignorierte die ausgestreckte Hand. Ihm war völlig unerklärlich, wie er sie jemals mit seiner geliebten Elena verwechseln konnte. Elena wäre niemals so unhöflich zu einem Fremden gewesen.
Er merkte, wie sie ihm folgte, was ihn mehr als nur ein bisschen irritierte. Alles, was er wollte, war, sich mit einem Glas Wein vor den Computer zu setzen und seine E-Mails zu lesen.
Als er die Küche erreichte, den Kühlschrank öffnete und hineinsah, bemerkte er: „Da ist gar kein Wein.“
„Nein, Mr. Andreou, ich dachte mir, dass Sie Ihren Alkohol selbst auswählen wollen. Wenn Sie, kaum dass Sie hier angekommen sind, etwas trinken wollen, hätten Sie uns vorher informieren sollen, und wir hätten eine Auswahl für Sie zusammenstellen können.“
Theo verengte die Augen, schloss den Kühlschrank und setzte sich an den Pinienküchentisch. Ihr Gesicht war völlig ausdruckslos, ihr Ton höflich – warum hatte er dann dennoch den Eindruck, sie habe ihn gerade als Alkoholiker dargestellt?
Zum ersten Mal seit achtzehn Monaten verschwanden die düsteren Gedanken, die ihn Tag und Nacht quälten, ganz einfach deshalb, weil er sich unglaublich über die Unverschämtheit der Frau vor ihm ärgerte.
„Dann besorgen Sie bitte jetzt etwas. Wein. Weiß. Möglichst ein Chablis. Sie können die Kosten auf die Rechnung am Ende des Monats setzen und die Mühe extra berechnen.“
„Natürlich, Mr. Andreou, obwohl ich jetzt wirklich nach Hause muss. Wäre es möglich, dass Sie bis morgen auf Ihren Wein warten? Ich könnte Annie mit einer Auswahl zu Ihnen schicken.“
„Möglich, aber nicht wünschenswert. Ich habe eine anstrengende Fahrt hinter mir und möchte nur noch ein Glas Wein genießen.“
Er wusste nicht, warum er so unnachgiebig war. Nach Elenas Tod hatte er einige dumme Dinge angestellt, aber ganz sicher hatte er seinen Kummer nicht im Alkohol ertränkt.
„Also gut. Gibt es sonst noch etwas?“
„Nur den Wein.“
Sophie nickte und ging zur Tür hinaus. Theo war überrascht, dass sie sie nicht hinter sich zuknallte, doch schließlich hatte sie keine andere Wahl, als sich den Wünschen ihres Mieters zu fügen. Ein Mieter, der einen absoluten Toppreis zahlte, obwohl die Saison längst vorbei war.
Keine fünfzehn Minuten später kehrte Sophie zurück. Die kühle Abendluft hatte wenig dazu beitragen können, ihre Wut zu mildern.
Ja, er mochte ja ein Schriftsteller sein, und denen sagte man nach, dass sie launisch und unberechenbar waren, doch das war keine Entschuldigung für seine Unverschämtheit.
Innerlich spielte sie mit dem Gedanken, ihm zu sagen, dass er sich eine andere Unterkunft suchen konnte und dass sie lieber keinen Mieter hatte als einen wie ihn.
Doch da sie sich das finanziell nicht leisten konnte, setzte sie ein falsches Lächeln auf, als die Tür geöffnet wurde und sein Anblick sie genauso sehr erschütterte wie beim ersten Mal.
„Der Wein.“ Sie hielt eine Tüte hoch und blieb an der Schwelle stehen.
„Leisten Sie mir Gesellschaft.“
„Wie bitte?“
„Auf ein Glas. Ich möchte mich für mein arrogantes Verhalten entschuldigen.“ Theo schenkte ihr ein Lächeln, das vollkommen seltsame Dinge mit ihr anstellte.
Es war ein Lächeln, das er schon lange nicht mehr benutzt hatte. Jahrelang hatte er reihenweise schöne Frauen mit seinem Charme bezirzt. Dann traf er Elena im Haus seiner Mutter, als er dort nur kurz vorbeischauen wollte. Er blieb zehn Tage länger als geplant und war am Ende verlobt. Fünf Monate später wurde Elena bei einem Autounfall getötet, und mit ihr starben seine Träume von Ehe und Familie. Seitdem und obwohl er scharenweise von Frauen umlagert wurde, hatte er völlig zölibatär gelebt.
Ihm war klar, dass er sich in dieser Umgebung extrem unwohl fühlen musste, andernfalls hätte er die Frau niemals gebeten zu bleiben. Zumal sie ihn wie ein wildes Tier anblickte, das in eine Falle geraten war, aus der es kein Entrinnen gab.
„Ich glaube nicht, dass das schicklich wäre, Mr. Andreou …“
„Warum nicht?“ Er steuerte auf die Küche zu. Zwar verzichtete er auf den Stock, aber er bewegte sich äußerst vorsichtig. Sein Körper hatte ihn noch nie zuvor im Stich gelassen, weshalb ihm seine jetzige Lage besonders zu schaffen machte.
Sophie schloss leise die Tür hinter sich und zählte bis zehn. Hastig erinnerte sie sich daran, dass sie höflich sein musste. Wie der furchtbare Mann ganz richtig betont hatte, bezahlte er ihre Rechnungen. Langsam folgte sie ihm in die Küche, ignorierte aber seine Frage.
„Ein großes Haus für eine Person“, bemerkte er beiläufig. „Oder haben Sie hier mit jemandem zusammengewohnt?“
Sophie holte tief Luft und versuchte, weiter zu lächeln. „Ein großes Haus für einen einzelnen Mann zur Miete, oder kommt noch jemand nach, der Ihnen Gesellschaft leistet?“
Theo drehte sich zu ihr um und blickte sie an, während er gleichzeitig die Flasche entkorkte. Sie wurde ihm mit jeder Minute unsympathischer. Abgesehen von ihrer offensichtlichen Unverschämtheit schien sie auch noch unglaublich dickköpfig zu sein.
„Ich meinte …“, fuhr Sophie hastig fort und setzte sich an den Tisch, „… Cornwall ist sehr beliebt bei Familien … Haben Sie Familie, Mr. Andreou?“
Theo schenkte zwei Gläser Wein ein.
„Sie müssen mich nicht Mr. Andreou nennen. Ich heiße Theo.“ Damit stellte er ein Glas vor sie, setzte sich und war dankbar, seinem Fuß Ruhe gönnen zu können.
„Und werden Sie Ihre Familie irgendwann nachkommen lassen, Mr. And… Theo? Oder bevorzugen Sie die Einsamkeit, um besser schreiben zu können?“ Sophie nippte an dem Wein und entschied, dass sie eine gute Wahl getroffen hatte. Offensichtlich war es keine schlechte Idee gewesen, die teuerste Flasche zu kaufen.
„Wie bitte?“ Theo wollte ihr gerade deutlich machen, dass sie das nichts anging, als ihre letzte Bemerkung ihn innehalten ließ. Glaubte diese Frau ernsthaft, dass jeder alleinstehende Mann, der ein Cottage am Meer mietete, automatisch ein Schriftsteller sein musste?
„Ich fragte, ob Sie Ihre Familie nachkommen …“
„Ich habe keine Familie, Miss Scott.“
„Oh.“
„Sie sagten etwas über mein … Schreiben …?“
„Ja, ich habe mich gefragt, ob Sie das Cottage gemietet haben, um ungestört schreiben zu können.“ Sie nahm einen weiteren Schluck Wein. Seinem Blick musste sie unbedingt ausweichen. Diese grünen Augen machten sie ganz nervös.
„Und Sie halten mich für einen Schriftsteller, weil …?“