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Cannabis – Jahrtausende alte Heilpflanze Seit Jahrtausenden wird Cannabis als Nutz- und Heilpflanze angebaut. Bereits die alten Ägypter und Griechen nutzten Hanf für Kleidung, Papier und als medizinisches Mittel. Dennoch ist sie heute als therapeutische Behandlungsmethode weiterhin umstritten und nur unter strengen Auflagen zugelassen – und das, obwohl die in der Pflanze enthaltenen Cannabinoide THC und CBD zahlreiche gesundheitliche Benefits bieten und körperliche sowie mentale Beschwerden lindern können. Neue Lebensqualität für Patienten Apothekerin Dr. Christiane Neubaur und Dr. med. Thomas Vaterrodt, Facharzt für Neurologie, räumen endgültig mit dem vorurteilbehafteten Bild der Hanfpflanze auf und zeigen, wie Cannabis in der modernen Medizin eingesetzt werden kann. Egal, welche Leiden Sie plagen, die beiden Experten zeigen anhand von 30 spannenden und eindrucksvollen Fallbeispielen, wie Cannabis Symptome und Beschwerden aller Art lindern kann. So kann es beispielsweise eingesetzt werden bei… - chronischen Schmerzen, ausgelöst durch Krebs, Arthrose, Clusterkopfschmerzen oder Multiple Sklerose, - psychischen Störungen wie Depression, Borderline oder PTBS und - körperlichen Beschwerden wie Reizdarm, Gastritis oder Endometriose. Neben dem medizinischen Hintergrundwissen erhalten Sie Empfehlungen zur Anwendung und werden über die aktuelle Rechtslage in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie in anderen Ländern aufgeklärt. Das macht diesen Ratgeber zu einem Must-read für alle, die eine Therapie mit Medizinalcannabis in Erwägung ziehen.
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Seitenzahl: 168
Veröffentlichungsjahr: 2024
Dr. Christiane NeubaurDr. med. Thomas Vaterrodt
Cannabis
Heilkraft der Natur
Dr. Christiane NeubaurDr. med. Thomas Vaterrodt
Cannabis
Heilkraft der Natur
Die medizinische Wirkung derHanfpflanze nutzen, um körperlicheund mentale Beschwerden zu lindern
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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Für Fragen und Anregungen
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Originalausgabe
1. Auflage 2024
© 2024 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Türkenstraße 89
80799 München
Tel.: 089 651285-0
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Redaktion: Dr. Diane Zilliges
Umschlaggestaltung: Manuela Amode
Umschlagabbildung: AdobeStock/SpicyTruffel
Bilder im Innenteil: Adobestock/Elena Schweitzer: 6, 28; Andrea Izzotti: 9; Narsil: 15; Africa Studio: 19; The Macro Daddy: 25; Irina: 29, 56; chokniti: 30; 24K-Production: 38, 79; designua: 41; Oleksandr Pokusai: 43; Georgii: 55; Jixster: 56; Matthew: 63; H_Ko: 68; noxnorthy: 75; roxxyphotos: 76; shooarts: 84; außer: DZMC/Manuela Amode: 12, 81; Haroc Marcard: 175, privat: 176
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ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-2426-6
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Kapitel 1
Geschichte des medizinischen Cannabis
Entdeckung einer Nutz- und Heilpflanze
Die Blütezeit von Medizinalcannabis im 19. Jahrhundert
Das Verbot der Pflanze
Der Weg zum »Cannabis als Medizin«-Gesetz
Die aktuelle Rechtslage
Rechtslage in anderen Ländern
Kapitel 2
Cannabis – eine vielseitige Pflanze
Hanf als wertvolles Naturprodukt
Nutzhanf
Medizinalhanf
Kapitel 3
Die außergewöhnlichen Wirkstoffe der Hanfpflanze
Das Endocannabinoid-System
Die Wirkstoffe
Kapitel 4
Nutzen und Risiken einer Cannabistherapie
Anwendungsformen von Medizinalcannabis
Aufnahmeformen von Cannabiszubereitungen
Nebenwirkungen und Risiken
Gesetzliche Bestimmungen
Kapitel 5
Therapeutischer Einsatz von Cannabis
Cannabis als therapeutische Option
Cannabis
Schmerz ist nicht
Lebensqualität
Psychische
Neurologische
Weitere Krankheitsbilder
Schlusswort
Quellen
Beschwerdeverzeichnis
Über die Autoren
Geschichte des medizinischen Cannabis
Cannabis hat sowohl als Nutzpflanze als auch als Heilpflanze eine lange Geschichte von mehreren Tausend Jahren hinter sich. Erste Aufzeichnungen zur medizinischen Anwendung, aber auch zur alltäglichen Verwendung von Nutzhanf fand man im alten China. Seinen Höhepunkt in der Medizin fand Cannabis im 19. Jahrhundert, bis es Anfang des 20. Jahrhunderts verboten wurde. Erst 2017 wurde in Deutschland das sogenannte »Cannabis als Medizin«-Gesetz verabschiedet, welches seither die therapeutische Anwendung ermöglicht. Die Diskussionen um die Pflanze reißen dennoch nicht ab. Was hat es mit Cannabis auf sich? Was macht es so besonders? Warum ist es teilweise umstritten und wo liegen seine Stärken? Diese und andere Fragen werden hier beantwortet.
Cannabis ist eine der ersten domestizierten Nutzpflanzen. Sie wurde schon 12 000 v. Chr. genutzt, was Keramikfunde aus Taiwan und Südchina zeigen, die mit Kordeln aus Hanf verziert waren. Hanfähnliche Cannabis-Artefakte aus den Jahren um 7500 v. Chr. wurden ebenfalls in China und in Japan gefunden.1
Schon vor rund 5000 bis 6000 Jahren wurde Hanf als Nutzpflanze in China angebaut. Höchstwahrscheinlich brachten handeltreibende Nomadenvölker die Pflanze in den Westen. Die ältesten Dokumente zur medizinischen Anwendung stammen aus China und Ägypten. Die ursprüngliche Verwendung von Cannabis liegt also nicht in seiner Nutzung als Droge. Stattdessen wurde die Pflanze sowohl in der Medizin als auch als Nutzpflanze eingesetzt. Sie diente als Quelle für Textilien, Nahrungsmittel und Ölsaaten. Heutzutage kehren wir mit dem Medizinalhanf zu den Ursprüngen der medizinischen Nutzung zurück und auch die Verwendung von Nutzhanf wird wiederbelebt.
Die Menschen im alten China haben sich sehr intensiv mit der Pflanze beschäftigt. Sie stellten fest, dass die Hanffaser sehr widerstandsfähig und flexibel ist. Deshalb wurde sie für Seile und Netze genutzt. Zudem erkannten sie schon früh den schmerzstillenden und entzündungshemmenden Effekt. Ein Kräuterbuch, das sich unter anderem mit der medizinischen Anwendung von Cannabis befasste, entstand vor 5000 Jahren zur Zeit des Kaisers Chen Nung.2 Historisch gesehen ist Cannabis also eine der ältesten Medizinalpflanzen. Hildegard von Bingen schrieb 1150 in ihrem Heilmittelbuch Physica über seine heilende Kraft. In diversen Kräuterbüchern taucht Cannabis ab dem 16. Jahrhundert auf. Der Mediziner und Botaniker Leonhart Fuchs beschreibt in seinem berühmten Werk De Historia Stirpium aus dem Jahr 1542 die Kultivierung von Cannabis Sativa und zitiert hier sogar aus den Werken von Plinius, Galen und Dioskurides.
Seit Jahrtausenden wird die Hanfpflanze geschätzt.
Im Jahr 1640 empfahl dann der englische Botaniker und Apotheker John Parkinson in seinem Werk The Botanical Theatre of Plants Cannabis gegen Gelbsucht, Durchfall, Husten, Koliken, Schmerzen, Verbrennungen, Gicht und zur Behandlung von Tumoren. Viele Forscher und Weltreisende berichteten während dieser Zeit von Cannabis und brachten getrocknete Pflanzen aus Indien und dem Mittleren Osten mit.
Im 19. Jahrhundert verbreitete sich das Wissen über Cannabis als Medizin in Europa intensiver. Der im indischen Kalkutta stationierte irische Arzt William B. O’Shaughnessy veröffentlichte im Jahr 1839 eine umfassende Studie über den indischen Hanf.3 Dadurch konnte sich Cannabis Indica in der europäischen Schulmedizin etablieren. So wurde es in England und den USA bei Rheuma, Muskelverspannungen, Krampfanfällen, Gebärmutterkrämpfen, zur Schmerzbehandlung, bei neuralgischen Schmerzen, Ischialgie, Entzündungen, Kniearthrose, Migräne, Gicht, Asthma, Schlaflosigkeit und Depressionen eingesetzt. In Deutschland nutzte man Cannabis als Medizin bei Schlafstörungen, Schmerzen, Appetitlosigkeit, Magenbeschwerden, Erbrechen und Krämpfen. Diese Beispiele zeigen sehr gut die Vielseitigkeit der Einsatzmöglichkeiten von Cannabis in der Medizin.
Die medizinische Anwendung von Cannabis hatte ihren Höhepunkt im 19. Jahrhundert. Es galt beinahe als Allheilmittel. Aufgrund seiner schmerzlindernden, entspannenden, angstlösenden und entkrampfenden Wirkung wurde es bei zahlreichen Krankheiten eingesetzt.
In Europa und den Vereinigten Staaten war Cannabis das am meisten verkaufte Arzneimittel in den Apotheken. Selbst kleine Ortsapotheken boten Cannabisextrakte und -tinkturen an und zwischen den Jahren 1842 und 1900 machten diese die Hälfte aller verkauften Arzneimittel aus. Allein in Europa gab es zwischen den Jahren 1850 und 1950 mehr als 100 unterschiedliche Cannabispräparate. Zudem galt die medizinische Droge als Alternative zum Opium, was zu jener Zeit meist zur Schmerzlinderung und zur Beruhigung eingesetzt wurde. Schon damals hatte man festgestellt, dass Opiumtinkturen zu einer schnellen Abhängigkeit führen.4 Cannabis hatte eine ähnliche schmerzstillende und beruhigende Wirkung wie Opium, ohne die Patientinnen und Patienten in diese schnelle Abhängigkeit zu treiben.
Eingesetzt wurde Cannabis unter anderem gegen folgende Beschwerden:
Kopfschmerzen und Migräne
Neuralgien
Rheuma
Epilepsie
Krämpfe
Husten
Asthma
Unruhe und Angstzustände
Schlafstörungen
Besonders häufig wurden Cannabistinkturen eingesetzt. Erst später kamen Tabletten auf den Markt. Besonders bekannt war der wässrige Cannabisextrakt namens Extractum Cannabis indicae aquosum fluidum der Firma Merck, das gegen die weitverbreitete Tuberkulose und Husten helfen sollte.
Als Schlafmittel nutzte man eine Tinktur aus Cannabisextrakt, Bilsenkrautextrakt, Chloralhydrat und Kaliumbromid. In den USA wurde dieses Mittel unter der Bezeichnung Bromidia verkauft. Auch in Deutschland wurde das Rezept dieser Tinktur in verschiedenen Arzneibüchern aufgeführt.
In Kriegszeiten wurde die Cannabiswirkung genutzt, um das Durchhaltevermögen der Soldaten zu verbessern. So entdeckten beispielsweise die Soldatentruppen von Napoleon auf ihren Feldzügen die entspannende Wirkung, was ihnen dabei half, die Schlachten zu bewältigen. Auch die deutschen Soldaten bedienten sich der Cannabiswirkung, unter anderem im Deutsch-Französischen Krieg im Jahr 1870 beziehungsweise 1871. Mithilfe von Cannabis konnten sie ihren Kampfgeist und ihre Leistungsfähigkeit steigern. Zudem half es ihnen dabei, die schrecklichen Kriegserlebnisse zu verdrängen.
Geschichte des medizinischen Cannabis (freigegeben durch Deutsches Zentrum für Medizinal-Cannabis (DZMC))
Warum aber wurde Cannabis als Medizin verboten und als gefährliche Droge in eine Ecke gedrängt, in die es eigentlich nicht gehört? Selbst Nutzhanf, der keine psychotrope Wirkung hat, geriet in diese Verbannung. Obwohl die Geschichte gezeigt hatte, dass Cannabis sowohl in der Medizin als auch als Nutzpflanze sinnvoll eingesetzt werden kann, kam es zur Prohibition sowohl von Nutzhanf wie auch von Medizinalcannabis.
Es gab unterschiedliche Gründe, die vor allem wirtschaftlich motiviert waren. Beginnen wir mit dem Nutzhanf. Mit der Industrialisierung wandelte sich alles. Baumwolle und Kunstfasern wurden immer beliebter, weil sie schneller und kostengünstiger hergestellt werden konnten. Für die Papierproduktion wurde aufgrund der hohen Nachfrage bevorzugt Zellstoff aus massenhaft verfügbarem Holz dichter Wälder genutzt. In der Landwirtschaft wurde auf den Feldern lieber Weizen, Roggen und Hafer angebaut statt Hanf.
Im Bereich der Medizin eroberten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zahlreiche synthetische Arzneimittel den Markt, wie zum Beispiel Aspirin, Barbiturat und Opiate. Die Pharmaindustrie hatte ein großes Interesse daran, ihre synthetisch hergestellten Arzneimittel in der Medizin zu etablieren und die Menschen damit zu versorgen. Durch den Einfluss der pharmazeutischen Industrie kam es zu politischen und gesetzlichen Veränderungen. In den USA wurden Cannabisprodukte 1937 mit hohen Steuern belegt (Marihuana Tax Act 1). Das machte die medizinische Verwendung unrentabel und Cannabis als Medizin verlor immer weiter an Bedeutung.
Hinzu kam, dass im 19. Jahrhundert immer mehr Menschen nach neuartigen Substanzen wie Opium, Kokain und Heroin süchtig wurden. Die Regierungen sahen sich gezwungen, den Umgang mit diesen Drogen zu regulieren. Auf Initiative der USA fand zwischen den Jahren 1911 und 1912 die erste internationale Opiumkonferenz in Den Haag statt. Die Opiumkommission beschloss, den Anbau und Handel von Morphin und Kokain streng zu kontrollieren. 1925 wurde in der zweiten Opiumkonferenz zu Heroin und Kokain auch Cannabis verboten. Erstaunlicherweise fiel nicht nur der Drogenhanf unter dieses Verbot, sondern auch der Nutzhanf, der keine nennenswerten Mengen an THC enthält. Es sind in der Regel unter 0,3 Prozent. Auch in großen Mengen konsumierter Nutzhanf hätte damals wie heute nicht zu einem berauschenden Effekt geführt. Cannabis als Rauschmittel war seinerzeit nur bei einigen Produzenten erhältlich und ist nicht zu vergleichen mit heutigen Züchtungen. Angaben zum THC-Gehalt in dieser Zeit gibt es nicht, da es noch keine genauen Analysemethoden gab, die die THC-Konzentration der Pflanze hätten bestimmen können.
Der wahre Grund des internationalen Cannabisverbots ist nicht hinreichend bekannt. Doch es lassen sich wirtschaftliche Interessen vermuten. In den 1930er-Jahren wurde von einem Großunternehmer namens William Randolph Hearst5 eine Hetzkampagne in den öffentlichen Medien gestartet. Hearst besaß 25 Tageszeitungen, 24 Wochenzeitungen, zwölf Radiosender, zwei weltweite Nachrichtensender, das Cosmopolitan-Filmstudio sowie andere Medienfirmen und war somit sehr einflussreich. Zusätzlich war er Waldbesitzer und Papiermühlenmagnat. Hinzu kam, dass Hearst in DuPont investiert hatte, ein Unternehmen, das eine Nylonfaser auf den Markt gebracht hatte und dessen Produkte somit im direkten Wettbewerb zu Hanffasern standen. Seine Medienplattformen, insbesondere die Zeitungen, nutzte Hearst, um negative Geschichten über Cannabis zu verbreiten. Er verband Marihuana fälschlicherweise mit Gewalt, Kriminalität und Rassenvorurteilen, was zu einer Beeinflussung der öffentlichen Meinung beitrug. Hearst wurde hierbei von Harry Anslinger,6 einem Mitglied der Drogenkommission der Vereinigten Staaten, unterstützt. Anslinger lehnte Cannabis nicht nur als Rauschmittel, sondern auch für medizinische Zwecke ab. Der Film Reefer Madness7 von 1936 verdeutlicht eindrücklich, wie die Anti-Cannabis-Kampagnen geführt wurden, die von Hearst und Anslinger mitgetragen wurden. Sie führten im ersten Schritt zu einer Hanfsteuer und in einem zweiten Schritt sogar zu einem Hanfanbauverbot.
Das internationale Opiumabkommen8 führte also nach dem Inkrafttreten im Jahr 1928 zu einem Verbot von Heroin, Kokain und Cannabis. Als Kompromiss wurde die Einfuhr von Cannabis zu medizinischen und wissenschaftlichen Zwecken erlaubt.
Hanfsamen sind sehr proteinreich.
1961 wurde dann dieser Vertrag durch das Einheitsabkommen (Single Convention on Narcotic Drugs) über die Betäubungsmittel ersetzt. Auch dieses Einheitsabkommen erlaubte Import und Handel mit Cannabis zu medizinischen und wissenschaftlichen Zwecken.
In den 1990er-Jahren wurde das Anbauverbot in einigen Ländern gelockert. Dazu gehören zum Beispiel Kanada, die Niederlande und einige US-Bundesstaaten. In Deutschland darf seit 1996 unter strengen Auflagen wieder Nutzhanf angebaut werden. Diese Lockerungen beruhen auf der Erkenntnis der vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten von Hanf, insbesondere im Bereich der industriellen Produktion von Fasern, Ölen und Samen.
Einer der ersten Patienten, die ihr Recht auf Cannabis als Medizin eingeklagt haben, war der Mannheimer Michael Fischer.9 Er litt seit vielen Jahren an Multipler Sklerose (MS). Cannabis als Medizin half ihm, das Leben etwas lebenswerter zu gestalten. Aus einer finanziellen wie therapeutischen Not heraus baute Michael Fischer den Hanf im Bad seiner Wohnung selbst an. Dieses Recht versuchte er 2003, 2004 und 2005 einzuklagen. Diverse Strafrichter verschiedener Instanzen gaben ihm recht. Nicht so das Bundesgesundheitsministerium. Deutschlands oberste Betäubungsmittelkontrollbehörde sah im Bad von Herrn Fischer eine Rauschgiftplantage. Ein Zugriff Dritter sei nicht auszuschließen. Noch im Jahr 2010 stritt Michael Fischer mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinkontrolle (BfArM) um eine Genehmigung für den Eigenanbau. Danach kam es zu so vielen Klagen von schwerkranken Menschen, die ihr Recht auf die Therapie mit Cannabis forderten, dass die Bundesregierung gar nicht anders konnte, als darauf zu reagieren.
Dennoch dauerte es noch einige Jahre, bis das »Cannabis als Medizin«-Gesetz endlich verabschiedet wurde. Durch die vielen Ausnahmegenehmigungen von Patientinnen und Patienten war Cannabis schon längst als Medizin im Einsatz. Im Juli 2016 hat der Bundestag in erster Lesung über das Gesetz beraten.10 Am 19. Januar 2017 war es dann endlich so weit: Das Gesetz wurde verabschiedet und konnte im März 2017 in Kraft treten.11 Jetzt konnten Ärztinnen und Ärzte Cannabisarzneimittel im Einzelfall bei schwerwiegenden Erkrankungen verschreiben. Hierfür ist die Einschätzung des behandelnden Arztes, dass diese Therapieform den Krankheitsverlauf spürbar positiv verbessern kann, entscheidend.
Mit dem am 10. März 2017 in Kraft getretenen »Cannabis als Medizin«-Gesetz hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten zur Verschreibung von Cannabisarzneimitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erweitert. Darüber hinaus wurde das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) damit beauftragt, eine nicht-interventionelle Begleiterhebung zur Anwendung von Cannabisarzneimitteln durchzuführen. Ärztinnen und Ärzte wurden aufgefordert, bei einer Cannabisverschreibung einige Daten anzugeben, wie zum Beispiel den Grund der Verschreibung und die vorherigen Therapien der Patientin oder des Patienten. Die Begleiterhebung wurde am 31. März 2022 entsprechend den gesetzlichen Vorgaben abgeschlossen.12 Somit wurden über einen Zeitraum von fünf Jahren Daten zur Therapie mit Cannabisarzneimitteln gesammelt. Ihre Zusammenstellung und Auswertung wurde in einem Abschlussbericht dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zur Verfügung gestellt und der Öffentlichkeit auf der Homepage des BfArM bekannt gemacht. Insgesamt wurden etwa 21 000 Datensätze übermittelt, die sich auf Behandlungen mit Cannabisblüten, Cannabisextrakten, Sativex®, Nabilon und Dronabinol zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen nach deren expliziter Genehmigung beziehen. Die geringe Anzahl der Datensätze, obwohl die Übermittlung gesetzlich verpflichtend war, begründet das BfArM mit der Anonymisierung von Ärztinnen und Ärzten. Somit war die Datenübermittlung faktisch freiwillig. Dennoch sollten diese Behandlungsdaten aus der ärztlichen Praxis wertvolle Hinweise zu möglichen Anwendungsgebieten von Cannabisarzneimitteln und zu Nebenwirkungen einer Therapie geben.
Das BfArM betont, dass die vorgestellte Auswertung der Begleiterhebung nicht die Anforderungen an eine klinische Studie erfüllt. Deshalb können die Daten auch nur Hinweise geben, sind aber keinesfalls als vollständig zu betrachten und können folgerichtig auch zu keinem Zeitpunkt als klinische Studie bezeichnet werden.13 Allerdings werden unter anderem diese Ergebnisse vom Gemeinsamen Bundesausschuss als Grundlage für die Festlegung von Facharztgruppen genutzt. Hierdurch soll eine Verschreibung von Cannabisarzneimitteln über die Krankenkassen erleichtert werden. Nur so wird Patientinnen und Patienten ein verbesserter Zugang zu dieser Therapieform eröffnet. Die Festlegung von Facharztgruppen durch den Unterausschuss Arzneimittel des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gilt also als ein Schritt zum Abbau der Hürden.14 Die festgelegten Facharztgruppen können dann ohne eine Antragsstellung auf Kostenübernahme Cannabis als Medizin verschreiben. Für Facharztgruppen mit den entsprechenden Zusatzweiterbildungen geht der Gemeinsame Bundesausschuss davon aus, dass die Ärztinnen und Ärzte die Tatbestandsvoraussetzungen für den Anspruch auf Versorgung mit Cannabisarzneimitteln in den überwiegenden Fällen abschließend einschätzen können. Hierbei soll insbesondere geprüft werden, inwiefern eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung für die jeweiligen Patientinnen und Patienten zur Verfügung steht und eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung der Behandlung mit Cannabisarzneimitteln auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht. Hierbei sollte das gemeinsame Ziel sein, auf Basis der gesetzlichen Vorgaben vulnerablen Patientinnen und Patienten einen gesicherten Zugang zu geeigneten Therapien zu ermöglichen – und dazu zählen auch Therapien auf Basis von Cannabisarzneimitteln. Die Festlegung der Facharztgruppen steht noch aus.
Im Oktober 2023 veröffentlichte die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften des Cannabisgesetzes (CanG).15 Die Regierung begründet diesen Entwurf damit, dass der Konsum von Cannabis trotz bestehender Verbotsregelungen insbesondere bei jungen Menschen ansteigt. Produkte vom Schwarzmarkt stellen durch giftige Beimengungen, Verunreinigungen sowie synthetische Cannabinoide, deren Wirkstärke und Folgen nicht eingeschätzt werden können, eine besondere Gefährdung dar. Als Lösung sieht die Regierung eine Entkriminalisierung und einen eigenverantwortlichen Umgang. Die Bundesregierung hat mit ihrem Kabinettsbeschluss für ein Cannabisgesetz einen konkreten Reformvorschlag vorgestellt, der eine wegweisende Regulierung zur Entkriminalisierung von Konsumcannabis sowie zur Einführung von Anbauclubs vorsieht. Parallel dazu werden die Regelungen für Medizinalcannabis in das neu geschaffene Medizinalcannabisgesetz (MedCanG) überführt.
Cannabis kann kontrolliert als Medizin verordnet werden.
Das Cannabisgesetz ist eines der umstrittensten Gesetzesvorhaben der Ampelregierung. Der Termin für die Legalisierung von Cannabis war ursprünglich für den 1. Januar 2024 geplant und wurde dann auf den 1. April 2024 verschoben. Voraussetzung für die Entkriminalisierung ist die Herausnahme der Pflanze aus dem Betäubungsmittelgesetz. Für die Verschreibung von Medizinalcannabis bedeutet dies eine Erleichterung. Ärztinnen und Ärzte können es dann auf einem »rosa Rezept« verschreiben und brauchen hierfür nicht mehr die registrierte Form des Betäubungsmittelrezeptes. Im Januar 2024 wurde das rosa Rezept durch das E-Rezept abgelöst und ist seitdem verpflichtend. Der bürokratische Aufwand der Dokumentation bei Betäubungsmitteln ist sowohl für Ärztinnen und Ärzte als auch für Apotheken sehr hoch. Eine Novellierung des »Cannabis als Medizin«-Gesetzes ist wichtig und notwendig, da nach sieben Jahren Erfahrung mit Medizinalcannabis die neuen Erkenntnisse mit in das Gesetz eingebracht werden sollten.
23. Februar 2024
Nach langem politischem Ringen hat der Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung »zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften« (Cannabisgesetz – CanG) gebilligt.
Nach Inkrafttreten des Gesetzes wird Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) genommen und kann somit als »rosa« Kassenrezept oder als »blaues« Privatrezept verschrieben werden. Es ist kein gesondertes Betäubungsmittelrezeptformular mehr nötig.
Voraussichtliches Inkrafttreten am 1. April 2024.
28. Februar 2024
Es kommt zu einer Mobilmachung der Länder. Bei einer einfachen Mehrheit können die Länder einen Antrag auf Einberufung eines Vermittlungsausschusses stellen. Die Länder können das Gesetz zwar nicht kippen, sie können aber das Inkrafttreten verzögern.
Ausstehend: Facharztgruppen/Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA)
Das Ergebnis des G-BA zur Festlegung von Facharztgruppen, die ohne Antragstellung ein Rezept ausstellen können, steht noch aus.
Bekommt eine Patientin oder ein Patient ein Cannabisrezept von einer der festgelegten Facharztgruppen, so muss die Krankenkasse die Kosten der Therapie ohne vorherige Antragstellung übernehmen.
22. März 2024 Bundesrat billigt Cannabisgesetz
Inkrafttreten 1. April 2024 nach Ausfertigung und Verkündung.
Das Gesetz sieht Teillegalisierung von Cannabis vor. Erlaubt ist der Besitz von 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum und 50 Gramm in den eigenen vier Wänden. Anbau in der eigenen Wohnung von drei weiblichen Cannabispflanzen. Die Ernte ist zum Eigenverbrauch bestimmt und darf nicht weitergegeben werden.
Für Minderjährige bleiben Besitz und Konsum verboten. Erwachsene dürfen nicht in Gegenwart von Kindern und Jugendlichen Cannabis konsumieren. Konsumverbot gilt in Sichtweite von Schulen, Kindertagesstätten, Spielplätzen sowie vor 20 Uhr in der Fußgängerzone. Verboten ist weiterhin der An- und Verkauf von Cannabis. Ab dem 1. Juli sind Anbauvereinigungen erlaubt. Dies sind eingetragene nicht wirtschaftliche Vereine oder Genossenschaften. Sie dürfen nicht mehr als 500 Mitglieder haben. Minderjährigen ist die Mitgliedschaft untersagt. Volljährige dürfen nur in einem Anbauverein Mitglied werden und müssen aktiv am Anbau mitwirken. Eine passive Mitgliedschaft, die nur dem Erwerb von Cannabis dient, ist nicht vorgesehen.