Captured by your lips - Sabrina Bennett - E-Book
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Captured by your lips E-Book

Sabrina Bennett

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Beschreibung

Willkommen zurück bei der NC State University! Hier gibt es ein Chaos der Gefühle, gebrochene Herzen und Bad Boys zum Verlieben.

Seit ich von zu Hause ausgezogen bin, fühle ich mich zum ersten Mal in meinem Leben richtig frei. Ich genieße mein neues Leben voll und ganz - mit ausschweifenden Partys, zu viel Alkohol und meiner verrückten WG. Alles könnte so unkompliziert sein, wenn der Typ von gegenüber nicht so verdammt attraktiv und zugleich unnahbar wäre. Seine Blicke signalisieren mir deutlich, dass ich ihm nicht zu nahe kommen soll. Doch er löst Gefühle in mir aus, dich mich seine stumme Warnung bald schon vergessen lassen ...

Band 3 der NC-State-University-Romance-Reihe. Heiß und gefühlvoll.

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Inhalt

Cover

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Erstes Kapitel

Zweites Kapitel

Drittes Kapitel

Viertes Kapitel

Fünftes Kapitel

Sechstes Kapitel

Siebtes Kapitel

Achtes Kapitel

Neuntes Kapitel

Zehntes Kapitel

Elftes Kapitel

Zwölftes Kapitel

Dreizehntes Kapitel

Vierzehntes Kapitel

Fünfzehntes Kapitel

Sechzehntes Kapitel

Siebzehntes Kapitel

Achtzehntes Kapitel

Neunzehntes Kapitel

Zwanzigstes Kapitel

Einundzwanzigstes Kapitel

Epilog

Über dieses Buch

Willkommen zurück bei der NC State University! Hier gibt es ein Chaos der Gefühle, gebrochene Herzen und Bad Boys zum Verlieben.

Seit ich von zu Hause ausgezogen bin, fühle ich mich zum ersten Mal in meinem Leben richtig frei. Ich genieße mein neues Leben voll und ganz – mit ausschweifenden Partys, zu viel Alkohol und meiner verrückten WG. Alles könnte so unkompliziert sein, wenn der Typ von gegenüber nicht so verdammt attraktiv und zugleich unnahbar wäre. Seine Blicke signalisieren mir deutlich, dass ich ihm nicht zu nahe kommen soll. Doch er löst Gefühle in mir aus, dich mich seine stumme Warnung bald schon vergessen lassen ...

Band 3 der NC-State-University-Romance-Reihe. Heiß und gefühlvoll.

Über die Autorin

Sabrina Bennett wurde 1991 in Wels geboren und lebt im österreichischen Marchtrenk, nahe Linz. Nach der Reife- und Diplomprüfung arbeitete sie in verschiedenen Bürojobs, von denen sie sich mehrere Auszeiten gönnte, um monatelang als Backpacker durch Asien zu reisen.

Schon in früher Kindheit war sie so fasziniert von Büchern, dass sie sich selbst das Lesen beibrachte. Seitdem liebt sie es, Geschichten zu Papier zu bringen.

Sabrina Bennett

Captured by your lips

Roman

Deutsche Erstausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2022 by Bastei Lübbe AG, Köln

Covergestaltung: Birgit Gitschier, Augsburg unter Verwendung von Motiven von © Alones/shutterstock

eBook-Erstellung: 3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 978-3-7517-0921-7

be-heartbeat.de | luebbe.de

lesejury.de

Erstes Kapitel

Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Ich hatte monatelang – genau genommen sogar jahrelang – Zeit gehabt, das hier zu planen, und was tat ich? Ich verschwand in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus Florida, ohne zu wissen, wo ich eigentlich hin sollte. Alles was ich hatte, war die Adresse meines Bruders Adam – na ja, und seit heute auch Zugriff auf ein prall gefülltes Treuhandkonto, das mein Stiefvater Matt für mich eingerichtet hatte.

»Sind da«, brummte der Fahrer des Taxis, das ich mir an der Raleigh Union Station genommen hatte.

Ich drückte ihm das Geld für die Fahrt plus ein sehr großzügiges Trinkgeld in die Hand, woraufhin er von einem Moment zum nächsten nicht mehr miesepetrig, sondern äußerst freundlich und hilfsbereit war. Er hievte meinen Koffer aus dem Kofferraum, bedankte sich überschwänglich bei mir und wünschte mir einen schönen Abend, ehe er wieder einstieg und losfuhr.

Erst jetzt nahm ich mir die Zeit, mich genauer umzusehen. Ich stand vor einem kleinen Wohnkomplex, dem eine Sanierung nicht geschadet hätte. Der graue Putz, der vor Jahren sicher mal weiß gewesen war, bröckelte bereits von den Wänden ab, die Fensterrahmen waren vergilbt. Nicht einmal das dämmrige Licht der Straßenlaternen konnte den überholungsbedürftigen Zustand dieses Gebäudes verschleiern. Matt würde es wahrscheinlich ohne zu zögern abreißen lassen und stattdessen einen riesigen Klotz aus Stahl und Glas aufstellen, um die Wohnungen zum drei- oder vierfachen Preis vermieten zu können. So etwas tat ein Immobilienmogul nun mal.

Ich hingegen sah ein Haus, das echte Geschichten erzählen konnte. Vermutlich übten diese alten, ein wenig heruntergekommenen Gebäude so einen Charme auf mich aus, weil ich mein ganzes Leben nur in riesigen Villen und noblen Privatschulen verbracht hatte.

Es dauerte eine Weile, mich zu orientieren, aber schließlich fand ich eine Türklingel, auf der Adams Name zusammen mit zwei weiteren stand, die ich nicht kannte. Ich presste meinen Zeigefinger darauf, doch nichts passierte. Mein Mut sank. Was, wenn Adam gar nicht zu Hause war? Sollte ich dann einfach hier draußen campieren und darauf warten, dass er irgendwann nach Hause kam?

Ich wählte seine Nummer, doch sein Handy war immer noch ausgeschaltet. Schon seit Stunden versuchte ich, ihn zu erreichen, und jedes Mal, wenn ich diese verdammte Mailboxansage hörte, wurde ich ein wenig frustrierter. Ich hätte ihn einweihen müssen. Ich hätte ihm sagen müssen, dass ich vorhatte, von zu Hause abzuhauen und bei ihm unterzukommen, weil ich nicht wusste, wo ich sonst hin sollte. Nur war es dafür jetzt leider zu spät.

Seufzend lehnte ich mich gegen die Tür, die zu meiner Überraschung plötzlich aufschwang. Ich betätigte den Lichtschalter und betrat das geflieste Treppenhaus. Ich betrachtete jedes Türschild und fand glücklicherweise schon im ersten Stock die richtige Wohnung. Nun wusste ich auch, warum niemand auf das Klingeln reagiert hatte. Sie hatten es schlichtweg nicht gehört. Hier schien nämlich gerade eine Party zu steigen – eine sehr laute Party.

Wahrscheinlich war die Tür nicht verschlossen, ich fand es jedoch unhöflich, einfach reinzugehen, also klopfte ich ein paarmal fest gegen das dunkle Holz. Gerade als ich meine Faust hob, um noch mal anzuklopfen, ging die Tür auf und ich erstarrte mitten in der Bewegung.

Vor mir stand der wohl attraktivste Mann, der mir je unter die Augen gekommen ist. Er hatte kurzes, brünettes Haar und Augen, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Sie waren braun mit gelben Sprenkeln, sodass sie beinahe golden wirkten. Sie wurden von langen Wimpern umrandet, die so dicht waren, dass er einen natürlichen Lidstrich hatte. Für solche Wimpern hätte ich getötet! Und dieser Mund! Diese perfekt geschwungenen Lippen, die einen zum Tagträumen verleiteten. Dazu kamen noch die kantigen Gesichtszüge und die absolut perfekten Wangenknochen, die von einem leichten Bartschatten überzogen wurden. Er war wunderschön. Außerdem war er groß. Er überragte mich um mindestens einen Kopf. Seine Schultern und sein Brustkorb waren breit gebaut und muskulös, der Rest seines Körpers schlank. Dieser Mann musste ein Model sein, etwas anderes war gar nicht möglich. Er gehörte auf eine Leinwand am Times Square in nichts als einer engen Unterhose.

Mein Mund wurde trocken, und ich wunderte mich selbst über mich. Solche Gefühle und Gedanken wie die, die dieser Mann in mir auslöste, waren mir völlig fremd. Vielleicht lag das daran, dass ich noch nie jemanden wie ihn kennengelernt hatte. Alle Männer, mit denen ich bisher etwas zu tun gehabt hatte, waren im Grunde gleich gewesen. Verwöhnte Bengel mit reichen Eltern, die immer nur in schicken Schuluniformen oder Anzügen herumliefen, eine Tube Gel in den Haaren und keinen einzigen Bartstoppel am Kinn hatten. Niemanden von denen hätte man jemals mit verwuscheltem Haar, zerrissenen Jeans und einem einfachen schwarzen T-Shirt gesehen. Wahrscheinlich gefiel mir genau das an diesem schönen Unbekannten.

»Hast du dich verlaufen, Prinzessin?«, fragte er mit einem etwas überheblich klingenden Unterton und betrachtete mich mit hochgezogener Augenbraue von oben bis unten.

Mir war bewusst, dass ich, was mein Aussehen betraf, nicht hierherpasste. Ich hatte noch keine Zeit gehabt, mir eine neue Garderobe zuzulegen, also besaß ich nur Klamotten, die meine Mutter für angemessen hielt. Ehrlich gesagt war meine gesamte Erscheinung die Kreation meiner Mom. Mein hellblondes Haar, das mir bis zur Taille reichte, war chemisch geglättet worden. Meine Nägel waren perfekt manikürt und in einem zarten, unauffälligen Blassrosa lackiert. Ich trug ein rosafarbenes, hochgeschlossenes Kleid mit weißem Kragen von Chanel, darüber einen eleganten, weißen Mantel und dazu silberne Riemchensandalen mit kleinem Absatz. Und mit einer Hand klammerte ich mich an einen grauen Gucci-Koffer. Aus all den Studenten, die sich in dieser Wohnung tummelten, stach ich heraus wie eine Banane aus einem Korb voller Äpfel.

»Adam!«, platzte ich heraus, als mir endlich wieder einfiel, warum ich eigentlich hier war.

»Was?«, fragte der Unbekannte mit gerunzelter Stirn und sah mich an, als hätte ich sie nicht mehr alle.

»Adam. Adam Jacobs. Ist er hier?«

Er drehte sich um, ließ seinen Blick kurz über die Partygäste schweifen und erschreckte mich fast zu Tode, als er plötzlich laut nach meinem Bruder rief.

»Hey, Adam! Hier ist so eine Bonzentussi, die zu dir will.«

Ich ballte meine Hand zur Faust und versuchte, mir in meinem Gesicht nicht anmerken zu lassen, dass mich dieser Ausdruck verletzt hatte.

»Was laberst du?«, hörte ich die vertraute Stimme meines Halbbruders und seufzte erleichtert auf.

Als Adam in den Türrahmen trat und sein Blick auf mich fiel, riss er überrascht die Augen auf.

»Cassy? Was machst du denn hier?«, fragte er ein wenig perplex. »Komm erst mal her.« Er zog mich in eine liebevolle Umarmung.

»Happy Birthday, Kleine«, murmelte er an meinem Ohr, was ich mit einem genuschelten »Danke« quittierte.

»Wer ist das?«, fragte Adams Freund, als mein Bruder mich wieder losgelassen hatte.

»Das ist meine Schwester Cassidy.«

»Deine Schwester?«

»Ja, meine Schwester. Lässt du uns mal kurz allein?«

Er sah zwischen Adam und mir hin und her, zuckte schließlich mit den Schultern und ging ins Wohnzimmer.

»Wer war das?«, wollte ich wissen, während ich dem schönen Fremden hinterherstarrte.

»Das war nur Cam. Cameron Scott.«

Scott. Der Name stand doch auf der Türklingel.

»Wohnt er hier?«

»Yup. Also, was machst du hier?«, fragte Adam und zog dabei die Tür zu, was das Stimmengewirr und die laute Musik ein wenig dämpfte.

»Das ist eine lange Geschichte«, seufzte ich.

»Weiß Mom, dass du hier bist?«

»Ja, ich habe ihr einen Brief hinterlassen.«

»Einen Brief?« Er musterte mich besorgt. »Heißt das, du bist einfach abgehauen?«

Ich nickte und senkte den Blick.

»Was ist los, Cassy?«, fragte mein Bruder sanft und hob mein Kinn mit seinem Zeigefinger an, sodass ich ihm in die hellblauen Augen sehen musste, die meinen so ähnlich waren.

»Ich musste dort einfach weg, Adam.«

»Ist etwas passiert?«, fragte er alarmiert, woraufhin ich schnell den Kopf schüttelte, um ihn zu beruhigen.

»Nein, aber du kennst ja unsere Mutter. Sie ... äh ...«

»Was?«, hakte er ungeduldig nach.

»Sie behandelt mich einfach immer noch so, als wäre ich ein Kleinkind. Sie entscheidet, wen ich wann treffe, was ich anziehe, sogar was ich esse. Nur bin ich kein Kind mehr. Ich bin jetzt erwachsen und kann selbst entscheiden, was ich tun möchte.«

»Und was hast du jetzt vor? Wo willst du wohnen?«

»Na ja, ich dachte, ich könnte eine Weile bei dir unterkommen.«

»Cassy.« Er fuhr sich seufzend durch sein strohblondes Haar. »Du weißt, ich liebe dich und ich freue mich wirklich, dich zu sehen, allerdings glaube ich nicht, dass eine WG von drei Collegestudenten das Richtige für meine kleine Schwester ist.«

Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hatte erwartet, dass mein Bruder mich mit offenen Armen empfangen und mich nicht einfach im Regen stehen lassen würde. Was sollte ich denn jetzt tun? Ich wusste nicht, wo ich sonst hin sollte.

»Okay«, sagte ich mit fester Stimme, nachdem ich den Klos in meinem Hals hinuntergeschluckt hatte. »Dann störe ich dich nicht länger.«

Ich wandte mich zum Gehen um, doch Adam griff augenblicklich nach meiner Hand und hielt mich zurück.

»Damit meinte ich doch nicht, dass du sofort gehen musst. Du schläfst heute Nacht selbstverständlich hier. Du kannst mein Zimmer haben, ich penne auf der Couch. Das ist natürlich keine dauerhafte Lösung, deshalb setzen wir uns morgen zusammen und überlegen uns etwas. Komm erst mal rein.«

Er nahm mir den Koffer ab, öffnete die Tür und führte mich durchs Wohnzimmer, das gesteckt voll mit feiernden Studenten war. Sofort hielt ich Ausschau nach Cam, konnte ihn unter all den Leuten jedoch nirgends entdecken. Ich hatte generell nicht viel Zeit, mich umzusehen, da Adam es sehr eilig zu haben schien, mich in sein Zimmer zu verfrachten.

»Da wären wir«, verkündete er und schloss die Tür hinter uns.

Der Raum war nicht allzu groß. Abgesehen von einem Bett, einem Schreibtisch und einer Kommode gab es hier nicht viel zu sehen. Es war pikobello aufgeräumt, was mich nicht weiter wunderte. Adam hatte immer schon einen kleinen Ordnungsfimmel gehabt.

»Schön hier«, murmelte ich und ließ mich aufs Bett plumpsen.

»Hast du Hunger?«

Ich zuckte mit den Schultern. Alles, was ich heute gegessen hatte, war ein labbriges Thunfischsandwich gewesen und das war schon Stunden her.

»Ich hole dir was. Mach es dir inzwischen einfach gemütlich.«

Nun, da ich endlich eine Sekunde Zeit zum Entspannen hatte, machte sich die Müdigkeit bei mir bemerkbar. Ich hatte die letzten vierundzwanzig Stunden zum Großteil in Zügen und Bussen verbracht. So hatte ich mir meinen achtzehnten Geburtstag nicht unbedingt vorgestellt, aber es war immer noch besser, als weiter in dieser Villa eingesperrt zu sein, die ich bis vor Kurzem noch Zuhause genannt hatte.

Die Tür ging auf und Adam kam mit einem Teller Spaghetti Bolognese und einer Flasche Wasser herein.

»Ich habe sie dir in der Mikrowelle warm gemacht.«

Ich verschlang die Nudeln so schnell, dass ich gar nicht sagen konnte, ob sie schmeckten oder nicht.

»Danke«, nuschelte ich mit vollem Mund, reichte Adam den leeren Teller und wischte mir mit dem Handrücken über die Lippen.

»Willst du noch was?«, fragte er lachend.

»Nein, danke. Ich bin satt. Äh, Adam?«

»Ja?«

»Denkst du, es wäre möglich, kurz unter die Dusche zu springen?«

»Klar, nur lass dir nicht zu lange Zeit. Wir haben nur ein Badezimmer, und ich will nicht, dass die Leute anfangen, in die Ecke zu pinkeln, weil es zu lange besetzt ist.«

»Keine Sorge, ich beeile mich.«

Ich holte meine Kosmetiktasche aus dem Koffer und ließ mich von meinem Bruder zum Bad führen, wobei er mich so abschirmte, dass ich wieder keine Gelegenheit hatte, mich genauer umzusehen.

Gerade als wir die Tür erreicht hatten, schwang sie auf und ein wunderhübsches, vollbusiges Mädchen mit wilden, blonden Locken kam heraus.

»Oh, hey, Adam. Wer ist deine Freundin?«

»Das ist Cassidy, meine Schwester.«

»Oh, deine Schwester. Das ist gut.« Sie zwinkerte ihm zu und mischte sich wieder unter die Leute.

»Wer war das? Etwa deine Freundin?«, fragte ich und sah ihr neugierig nach.

»Nein«, antwortete Adam lachend. »Das ist Mona Armstrong, sie lebt in der Wohnung nebenan.«

»Ich glaube, sie steht auf dich.«

»Mona steht auf jeden«, meinte er nur und schob mich ins Badezimmer.

Ich schloss die Tür und sperrte sie ab, obwohl ich bezweifelte, dass Adam jemanden auch nur in die Nähe dieses Raumes lassen würde. Bestimmt wartete er wie ein Wachhund draußen auf mich.

Ich zog mich schnell aus und genoss die wohltuende Wirkung des heißen Wassers auf meinem angespannten Körper. In Rekordzeit hatte ich mir die Haare gewaschen, die Zähne geputzt und mich wieder angezogen.

Wie erwartet stand Adam vor der Tür und begleitete mich zurück in sein Zimmer.

Ich kuschelte mich unter die warmen Decken, und es dauerte trotz des Lärms keine fünf Minuten, bis ich eingeschlafen war.

Ich hatte so gut geschlafen wie schon lange nicht mehr, obwohl Adams Matratze nicht einmal halb so bequem war wie meine zu Hause. Gähnend rollte ich mich aus dem Bett und lauschte an der Tür. Als ich nichts hörte, öffnete ich sie und machte ein paar Schritte ins Wohnzimmer. Adam lag zusammengerollt auf der rostbraunen Couch, ansonsten war der Raum leer. Ich rümpfte die Nase, da es unangenehm nach abgestandenem Bier und noch etwas anderem roch, das mich stark an Erbrochenes erinnerte. Das Wohnzimmer war zur Küche hin offen, wodurch der Berg an dreckigen Tellern in der Spüle leicht sichtbar war. Auf jeder Oberfläche standen leere Bierflaschen und Plastikbecher herum.

Ich fragte mich, ob hier öfter solche Partys gefeiert wurden und wenn ja, warum Adam dann noch keinen Herzinfarkt erlitten hatte. Im Gegensatz zu meinem Bruder war ich noch nie besonders ordentlich gewesen, doch selbst mir wurde bei diesem Anblick übel.

Da ich mich ein wenig nützlich machen wollte, begann ich, den Müll einzusammeln.

»Hallo.«

Ich fuhr erschrocken herum. Vor mir stand ein Mädchen, das mir irgendwie bekannt vorkam. Sie trug enge Jeans und ein tief ausgeschnittenes, weißes Shirt. Ihre blonden Locken waren zerzaust und ihr Make-up verschmiert.

»Äh, hi.«

»Ich bin Mona«, stellte sie sich vor und da fiel mir wieder ein, dass sie diejenige war, die letzte Nacht mit meinem Bruder geflirtet hatte. »Du bist Adams Schwester, oder? Cally?«

»Cassy«, korrigierte ich sie lächelnd.

»Oh ja, genau. Sorry. Studierst du auch hier?«

»Nein, ich ... ich bin nur hier, weil ich mal einen Tapetenwechsel gebraucht habe.«

»Und wie lange bleibst du?«

»Ich habe darüber nachgedacht, hierherzuziehen.«

Adam stieß ein lautes Grunzen aus und drehte sich im Schlaf auf die andere Seite. Mona sah erschrocken zu ihm rüber.

»Ich muss leider los. War schön dich kennenzulernen.«

»Äh, ja, gleichfalls.«

Mona schnappte sich ihre Schuhe, ohne sich die Mühe zu machen, sie anzuziehen, und schlich leise aus der Haustür, ohne sich noch mal umzudrehen.

Das war zwar seltsam gewesen, aber ich dachte nicht länger darüber nach, sondern machte weiter damit, aufzuräumen, ehe ich mich im Badezimmer frisch machte und mich anzog. Dann schaltete ich mein Handy ein, um zu googeln, wo das nächste Starbucks war. Ich hatte mehrere verpasste Anrufe und SMS von Mom und Matt, die ich alle sofort löschte, ohne sie vorher zu lesen. Ich schlüpfte in meinen Mantel und schlich mich leise aus der Wohnung, um Kaffee und Donuts zu besorgen. Als ich etwa eine halbe Stunde später zurückkam, wollte ich gerade wieder die Wohnung betreten, als ich Adams laute Stimme hörte. Mit der Hand noch auf der Türklinke presse ich mein Ohr gegen das Holz, um besser verstehen zu können, was gesagt wurde.

»Sie ist meine kleine Schwester, verdammt! Soll ich sie einfach vor die Tür setzen?«

»Mir egal, was du machst, hier kann sie jedenfalls nicht bleiben.«

Wenn ich mich nicht irrte, war das Camerons Stimme.

»Also von mir aus kann sie so lange hier wohnen, wie sie will«, hörte ich nun eine dritte, mir unbekannte männliche Stimme.

»Denk nicht einmal dran, Jeremy«, drohte Adam.

Mir war klar, dass es sich nicht gehörte, zu lauschen, außerdem hatte ich genug gehört, darum schlich ich wieder ein paar Stufen hinunter und stieg sie dann so laut wie möglich wieder hoch, ehe ich geräuschvoll die Tür öffnete. Adam, Cam und ein dritter Typ, wahrscheinlich Jeremy, saßen auf dem Sofa und waren bei meinem Anblick sofort verstummt.

»Ich gehe duschen«, murmelte Cam und gab mir somit kaum Zeit, seinen Anblick zu bewundern.

»Hi, ich bin Jeremy«, stellte sich der andere Kerl vor und stand auf, um meine Hand zu schütteln.

»Cassy«, erwiderte ich und betrachtete ihn unauffällig.

Er hatte schwarzes Haar, ein verschmitztes Grinsen und kam bei den Frauen bestimmt gut an, mein Typ war er allerdings nicht.

»Lässt du uns mal kurz allein, Jer?«, fragte Adam und klang dabei ein wenig genervt.

»Klar, kein Problem, Bro.«

Jeremy zwinkerte mir kurz zu, ehe er durch eine Tür verschwand, die gleich neben der zu Adams Zimmer lag.

»Ich habe dir was mitgebracht«, sagte ich, setzte mich neben meinen Bruder und reichte ihm einen Starbucksbecher gefüllt mit heißem, lecker duftendem Kaffee.

»Du bist die Beste!« Er roch wohlig brummend daran und nahm einen Schluck.

»Oh ja, die bin ich«, erwiderte ich kichernd und drückte ihm einen Donut mit Schokoglasur in die Hand.

»Habe ich dir schon mal gesagt, dass du die Beste bist?«

Lachend nahm ich mir ebenfalls einen Donut aus der Tüte und biss herzhaft hinein.

»Oh mein Gott, das schmeckt himmlisch. Ich habe schon seit Monaten keinen Zucker mehr gegessen.«

Adam sah mich verwundert an.

»Warum? Warst du auf Diät? Das hast du nicht nötig, Cas! Du bist ohnehin schon viel zu dünn.«

»Sag das mal Mom.« Ich setzte ein falsches Lächeln auf, das Adam allerdings sofort durchschaute.

»Was hat Mom denn damit zu tun?«

»Ach nichts«, winkte ich ab. »Sie ist nur der Meinung, dass ich auf Kohlenhydrate und Zucker verzichten sollte, weil es so ungesund ist.«

Und weil sie dachte, ich könnte mir nur einen reichen Ehemann angeln, wenn ich unter fünfzig Kilo wog.

»Gut, dass ich bei Dad gewohnt habe«, murmelte er mit vollem Mund. »Hör mal, wir müssen reden.«

»Ich weiß, ich muss mir eine Wohnung suchen.«

»Nicht sofort, aber ... ja. Du weißt, dass ich mich freue, dass du hier bist, nur meine Mitbewohner ...«

»Schon gut, Adam. Wirklich.« Ich legte ihm lächelnd meine Hand auf den Arm. »Ich fange gleich heute an zu suchen.«

»Ich hätte da eine Idee.«

»Ach ja?« Ich schob mir den letzten Bissen meines Donuts in den Mund und sah ihn aufmerksam an.

»Soweit ich weiß, sucht Mona einen Mitbewohner. Du hast sie gestern kennengelernt. Dann wärst du gleich nebenan und ich könnte ... na ja, dich im Auge behalten. Wenn du willst, rede ich mit ihr.«

»Das wäre toll.«

Obwohl ich gerade mal zwei Sätze mit Mona gewechselt hatte, fand ich sie sympathisch, und es wäre toll, so nah bei Adam zu sein.

»Gut, dann gehe ich gleich rüber und frage sie.«

»Kennst du Mona gut?«

»Äh, na ja, wir sehen uns gelegentlich auf Partys. Sie ist ziemlich wild, also nimm dir bitte kein Beispiel an ihr. Ansonsten ist sie ganz in Ordnung, denke ich.«

»Bei wem hat sie denn heute übernachtet?«, fragte ich neugierig und hatte direkt die Antwort.

Adams Gesichtsausdruck sagte alles.

»Oh, also bei dir? Läuft da etwas zwischen euch?«

»Nein, das war nur Sex, nichts Ernstes.«

»Wenn du das sagst«, meinte ich zwinkernd.

Er gab mir einen leichten Klaps auf den Hinterkopf, was mich zum Kichern brachte, und verschwand dann in sein Zimmer, um sich anzuziehen.

»Ich gehe schnell rüber zu Mona«, teilte er mir zehn Minuten später mit. »Fühl dich wie zu Hause. Du kannst gern fernsehen, wenn du willst.«

Ich nahm das Angebot an und schaltete den Fernseher ein, während ich mir einen zweiten Donut genehmigte.

Sich gemütlich auf dem Sofa mit Süßigkeiten vollzustopfen und ein wenig Trash-TV zu sehen, war für die meisten Menschen etwas ganz Alltägliches, für mich war es allerdings etwas ganz Besonderes. Unseren Fernseher zu Hause hatte eigentlich immer nur Matthew benutzt. Jedes Mal, wenn ich ihn eingeschaltet hatte, war Mom wie ein Berserker hereingestürmt, hatte mir die Fernbedienung aus der Hand gerissen und gesagt, ich solle stattdessen etwas Sinnvolles machen, wie ein Buch zu lesen, Klavier zu üben oder Sport zu treiben.

Ich spürte, wie mir die Tränen kamen und drängte sie schnell zurück.

»Ist in der Tüte noch was drin?«

Erschrocken sah ich hoch und direkt in Cams wunderschöne, goldbraune Augen. Ich hatte ihn gar nicht kommen gehört.

Ich ließ meinen Blick an ihm hinabgleiten und war froh, gerade hinuntergeschluckt zu haben, ansonsten wäre ich sicher an dem Donut erstickt. Cameron trug nichts außer einer tiefsitzenden Jeans. Sein Oberkörper war nackt und er trocknete sich die Haare mit einem weißen Handtuch ab. Offensichtlich kam er gerade aus der Dusche, und dafür würde ich Gott an jedem einzelnen Tag bis zum Ende meines Lebens danken. Er bot einfach einen traumhaften Anblick. Sein Körper war der Wahnsinn. Diese Muskeln! Dieses Sixpack! Er war beinahe ein wenig zu sexy, denn ich hatte keine Ahnung, wie ich damit umgehen sollte. Und dann entdeckte ich den riesigen blaugrünen Fleck an seiner Seite.

»Was ist passiert?«, fragte ich neugierig und drehte den Kopf, um ihn mir ein wenig genauer ansehen zu können.

»Was geht dich das an? Ist da jetzt noch ein Donut drin oder nicht?«

»Äh, klar«, antwortete ich und reichte ihm die Papiertüte.

Cam bedankte sich nicht einmal, sondern ging einfach wortlos zurück in sein Zimmer.

Ich hatte keine Ahnung, was ich getan hatte, dass er mich nicht ausstehen konnte, aber ich beschloss, mir nicht weiter Gedanken darüber zu machen. Meine Mutter hatte dafür gesorgt, dass mir die Meinung anderer Menschen wichtiger gewesen war als alles andere, doch damit war nun Schluss. Wenn mich die Leute nicht so mochten, wie ich war, dann hatten sie in meinem Leben nichts verloren und dann konnte es mir auch egal sein, was sie über mich dachten.

Zweites Kapitel

»Du warst ziemlich lange weg«, meinte ich fast eine Stunde später, als Adam wieder zurück in die Wohnung kam.

Seine Haare waren zerzaust und sein T-Shirt zerknittert.

»Hast wohl alle Register gezogen, um sie zu überzeugen, was?«

»Keine Ahnung, was du meinst«, erwiderte Adam und setzte sich zu mir aufs Sofa, von dem ich mich seit seinem Verschwinden nicht mehr wegbewegt hatte.

»Hast du mit ihr geredet?«

»Ja und ehrlich gesagt, war sie anfangs nicht gerade begeistert. Sie hat es bereits mit einer weiblichen Mitbewohnerin versucht und das hat nicht geklappt. Eigentlich kam deshalb nur ein Mann für sie infrage, aber ich konnte sie überzeugen, sich wenigstens mal mit dir zu unterhalten.«

»Okay und wann?«, fragte ich ein wenig verunsichert.

Ich hatte nicht erwartet, mich bei Mona vorstellen zu müssen, obwohl es mich eigentlich nicht wundern sollte. Natürlich wollte sie vorher den Menschen kennenlernen, mit dem sie zukünftig zusammenleben würde.

»Heute schafft sie es jedenfalls nicht mehr. Sie trifft sich gleich mit ein paar Freundinnen. Sie meldet sich, sobald sie Zeit hat.«

»Danke, Adam.« Ich schenkte ihm ein kleines Lächeln.

»Kein Ding. Nur mach dir bitte nicht zu große Hoffnungen, okay? Ich will nicht, dass du enttäuscht bist, falls es nicht klappt.«

»Keine Sorge.«

»Gut. Und wenn es nichts werden sollte, finden wir bestimmt etwas anderes für dich. Bis dahin bleibst du hier.«

»Aber heute Nacht nehme ich das Sofa und du schläfst in deinem Zimmer.«

»Auf keinen –«

»Keine Widerrede«, schnitt ich ihm das Wort ab. »Du hast schon genug für mich getan. Ich will nicht, dass du auch noch dein Bett opfern musst.«

»Schön, wie du willst. Was hast du heute denn noch so vor? Oder willst du den ganzen Tag auf der Couch herumgammeln?«

Er kniff mich leicht in den Oberarm und grinste dabei frech.

»Ich möchte zum Friseur gehen und dann shoppen.«

Adam verzog angewidert das Gesicht.

»Das heißt wohl, du hast keine Lust, mich zu begleiten?«

»Äh, ich komme gern mit, wenn du das willst.«

»Schon gut, war nur ein Witz. Ich weiß, wie sehr du Shopping hasst«, beruhigte ich ihn lachend. »Ich schaffe das schon allein.«

Ehrlich gesagt war ich froh, niemanden dabeihaben zu müssen. Bisher hatten immer nur Mom oder meine sogenannten Freundinnen mich zum Einkaufen mitgeschleppt. Meine Mutter hatte mich bei der Wahl meiner Klamotten nie mitreden lassen und Ann, Hilary und Summer hatten mir schon angewiderte Blicke zugeworfen, wenn ich nur etwas gestreift hatte, das nicht nach verwöhnter Göre schrie.

Ich rief mir ein Uber und ließ mich zu einem Friseursalon fahren. Die Angestellten dort behandelten mich, als wären wir schon ewig befreundet und berieten mich bei der Wahl meiner Frisur. Ich war von dem Ergebnis mehr als begeistert. Meine lange Mähne war einem schulterlangen, lockigem Bob gewichen. Da ich mich nicht getraut hatte, meine Haare ganz zu färben, leuchteten nun nur die Spitzen in einem kräftigen Lila. Es sah modern aus und schmeichelte meinem Gesicht. Jetzt brauchte ich nur noch Klamotten, die zu meinem neuen Stil passten. Ich fand einen coolen, kleinen Secondhandshop und lachte leise in mich hinein, als ich daran dachte, wie entsetzt meine Mutter reagieren würde, wenn sie wüsste, dass ich in so einem Laden einkaufte. Ich hatte genug von Nobelboutiquen. Ich wollte ein ganz normales Mädchen sein, wie jedes andere auch, und einfach Spaß am Leben haben, ohne mir Sorgen machen zu müssen, immer perfekt auszusehen und besser nichts zu sagen anstatt etwas Dummem.

Ich hatte so viel eingekauft, dass ich die Taschen kaum tragen konnte. Eine enge Jeans mit Rissen an den Knien, ein weißes Top und eine coole, ausgefranste Jeansjacke hatte ich gleich angezogen. Das schwarze Strickkleid von Dior ließ ich im Laden. Die Verkäuferin dachte erst, ich wolle sie verarschen und hörte dann gar nicht mehr auf, sich bei mir zu bedanken, als sie merkte, dass ich es ernst meinte.

Fröhlich pfeifend betrat ich nach der erfolgreichen Shoppingtour Adams Wohnung, wo ich auf Cameron stieß, der gerade am Herd stand und Würstchen in einer Pfanne briet.

Er drehte sich zu mir um, sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an und wandte sich dann wieder seinem Essen zu.

»Was kochst du da?«, fragte ich überflüssigerweise und trat näher an ihn heran.

»Wonach sieht es denn aus, Prinzessin?«

Ich hasste diesen Spitznamen, behielt das jedoch für mich.

»Riecht auf jeden Fall echt lecker.«

Und das war keine Lüge. Bei dem Geruch machte mein Magen einen aufgeregten Hüpfer.

»Was ist mit deinen Haaren?«, fragte Cam, während er die Würstchen eines nach dem anderen wendete.

»Ich dachte, es ist Zeit für eine Veränderung. Gefällt's dir?«

Er grunzte nur.

»Du bist wohl nicht sehr gesprächig, oder?«

»Im Gegensatz zu dir oder zu normalen Menschen, Plappermaul?«

Ich seufzte und schloss für einen Moment die Augen.

»Hör mal, ich weiß, dass du nicht gerade begeistert bist, dass ich hier bin. Es ist auch nicht für lange Zeit, versprochen. Wir sollten einfach das Beste daraus machen, und deshalb möchte ich, dass wir uns verstehen.«

»Wozu? Ich gebe dir keine Woche, bis du zurück in deinen goldenen Palast läufst.«

»Alles okay?«, fragte Adam, der in diesem Moment aus seinem Zimmer kam, als ich gerade zu einer Antwort ansetzen wollte.

»Klar«, antwortete Cam und kümmerte sich weiter um seine Würstchen, ohne mich noch mal anzusehen.

Adam bedeutete mir mit einem Kopfnicken, dass ich ihm in sein Zimmer folgen sollte.

»Was hast du denn mit deinen Haaren gemacht?«, wollte er wissen, sobald wir allein waren.

»Gefällt es dir?«

»Sieht süß aus. Es steht dir«, meinte er lächelnd und nahm eine meiner Haarspitzen in die Hand.

»Danke«, erwiderte ich ebenfalls lächelnd. »Kann ich dich was fragen, Adam?«

»Klar, schieß los.«

»Was hat Cameron gegen mich?«

Mein Bruder ließ sich seufzend auf sein Bett fallen.

»Ich weiß zwar nicht, was er zu dir gesagt hat, aber nimm es nicht persönlich. Mich konnte er anfangs auch nicht leiden, als er erfahren hat, dass unsere Mom reich ist.«

»Warum?«

»Keine Ahnung. Er denkt wohl, dass jeder, der Kohle hat, verwöhnt und arrogant ist. Er musste immer schon hart arbeiten für sein Geld und kann es nicht leiden, wenn es anderen geradezu hinterhergeworfen wird, ohne dass sie auch nur einen Finger rühren müssen.«

Seufzend setzte ich mich auf den Schreibtischstuhl.

»Und wie hast du es geschafft, dass er dich nicht mehr hasst?«

»Weiß nicht.« Er zuckte mit den Achseln. »Ehrlich gesagt, habe ich gar nichts gemacht. Ich war einfach ich selbst, und irgendwann haben wir uns plötzlich verstanden.«

Adam sah mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an, als wäre ihm gerade ein beunruhigender Gedanke gekommen.

»Warum fragst du?«

»Nur so. Ich will mich einfach mit allen gut verstehen.«

»Halte dich einfach von ihm fern, so fährst du am besten.«

»Wir wohnen zusammen. Zumindest so lange, bis ich eine neue Bleibe gefunden habe. Da wird es schwer, sich von ihm fernzuhalten.«

»Ich meine das auch eher emotional als geografisch.«

»Hä?« Ich sah meinen Bruder verständnislos an.

»Ich mag Cam, allerdings macht er einem nur Schwierigkeiten. Ich bin ehrlich gesagt ganz froh, dass er dich nicht besonders leiden kann. So lässt er dich wenigstens in Ruhe und zieht dich nicht in seine Scheiße mit rein.«

»Was genau meinst du denn mit Schwierigkeiten?«

»Sei nicht immer so neugierig, Cassy. Ich wollte dir nur klarmachen, dass es gut ist, so wie es gerade ist, und dass du es dir nicht zu Herzen nehmen solltest, wenn er wieder mal irgendetwas Dummes sagt.«

»Klar, verstanden.«

»Gut. Hast du Hunger?«

Ich nickte.

»Dann mach dich fertig. Ich führe dich zum Essen aus, kleine Schwester.«

Lächelnd ging ich ins Badezimmer, um zu duschen, dabei musste ich die ganze Zeit über Adams Worte nachdenken. Was genau hatte er damit gemeint, dass Cam nur Schwierigkeiten machte? Was waren das denn für Schwierigkeiten?

Falls mein Bruder gedacht hatte, ich würde durch seine Worte das Interesse an Cam verlieren, dann hatte er sich geirrt. Ich war nur umso neugieriger.

Ich wollte wissen, was genau es mit diesem Mann auf sich hatte, und ich würde es herausfinden.

Mona hatte Adam eine SMS geschrieben, dass ich heute jederzeit zu ihr rüberkommen könnte, weshalb ich ziemlich nervös war. Ich wollte es so schnell wie möglich hinter mich bringen, um endlich Gewissheit zu haben, und hoffte, wir würden uns verstehen.

Tief durchatmend klopfte ich an ihre Haustür.

»Hey«, begrüßte sie mich. »Komm rein!«

Sie hielt mir die Tür auf und trat zur Seite. Ihre Wohnung war genauso aufgebaut wie die von Adam, nur war sie schöner eingerichtet.

»Willst du was trinken? Kaffee? Tee?«

»Nur ein Wasser bitte.«

Mona holte eine Flasche aus dem Kühlschrank, setzte sich aufs Sofa und winkte mich neben sich.

»Du hast deine Haare abgeschnitten und gefärbt, oder? Sieht cool aus.«

»Danke«, murmelte ich lächelnd.

»Also«, begann sie und faltete die Hände in ihrem Schoß, während sie mich ernst ansah. »Ich will ehrlich zu dir sein. Ich hatte bereits eine Mitbewohnerin und das hat nicht wirklich funktioniert. Nur suche ich jetzt schon seit Monaten nach einem passenden Ersatz für sie, doch bisher hat sich nichts ergeben, darum habe ich beschlossen, dir eine Chance zu geben.«

Hatte ich gerade richtig gehört? Ich durfte hier einziehen? Ich konnte kaum fassen, wie einfach das gewesen war. Eigentlich hatte ich mit einem Verhör gerechnet.

»Danke, Mona! Du wirst es nicht bereuen, versprochen! Ich kann zwar nicht kochen, bin aber lernwillig. Ich werde putzen und mich ansonsten ruhig verhalten.«

»Ich suche keine Haushaltshilfe«, lachte Mona. »Natürlich werden wir uns die Hausarbeit teilen, aber du musst nicht für mich kochen und dich auch nicht ruhig verhalten und in deinem Zimmer verkriechen. Du kannst dich wie zu Hause fühlen. Mir geht es um was anderes.«

»Okay, und worum?«, wollte ich wissen und setzte mich ein wenig aufrechter hin.

»Keine Vorträge.«

Ich hatte nicht die leistete Ahnung, wovon sie sprach, was mir wohl deutlich vom Gesicht abzulesen war.

»Über Monogamie«, erklärte sie.

»Was genau meinst du?«, hakte ich nach, da ich immer noch nicht verstand.

»Ich habe gern Sex, will aber keinen Freund. Das heißt, dass ich hin und wieder Männer mit nach Hause nehmen werde, und dann will ich nicht von dir belehrt oder als Schlampe beschimpft werden.«

»Das würde ich nie tun! Es ist dein Leben und du kannst tun und lassen, was du willst. Dafür würde ich dich nie verurteilen!«

Und das war mein voller Ernst. Es war erfrischend, dass sie so ehrlich war. Sie sagte, was sie wollte, ohne sich dafür zu schämen. Meiner Meinung nach war das bewundernswert. Und obwohl ich sie noch gar nicht kannte, war mir jetzt schon klar, dass man mit Mona bestimmt eine Menge Spaß hatte.

»Deine Einstellung finde ich gut«, meinte sie grinsend. »Das freie Zimmer ist einzugsbereit, du kannst also deinen ganzen Kram im Laufe des Tages herschaffen.«

»Ich kann heute schon einziehen?«

»Klar. Warum warten? Ich habe deinem Bruder den Preis der Miete in einer Nachricht geschickt. Hat er es dir ausgerichtet?«

Ich nickte.

»Und ist das für dich okay?«

»Ja, absolut. Oh Mann, ich freue mich so«, quiekte ich und schloss Mona fest in die Arme.

»Schon gut, geh jetzt lieber deine Sachen packen«, meinte sie lachend und machte sich wieder von mir los. »Du solltest dich übrigens auch bei deinem Bruder bedanken. Er kann ganz schön hartnäckig sein.«

»Ja, das kann er«, stimmte ich grinsend zu.

Ich nahm einen Schluck Wasser und stand auf, um mich zu verabschieden.

»Warte, ich gebe dir gleich den Wohnungsschlüssel.«

Sie kramte in ihrer schwarzen Umhängetasche und zog einen Schlüsselbund heraus. Sie machte einen davon ab und reichte ihn mir. Damit war es offiziell. Ich hätte nicht glücklicher sein können.

»Ach ja, heute Abend kommen übrigens noch zwei Freundinnen von mir vorbei. Wir bestellen Pizza und gucken uns einen Film an. Du kannst uns gern Gesellschaft leisten, wenn du willst.«

»Das wäre toll.«

»Gut, dann bis später.«

Ich versuchte angestrengt, die Klamotten, die ich achtlos aus meinem Koffer gezogen hatte, wieder hineinzustopfen. Das war gar nicht so einfach, weil sie alle einfach zusammengeknüllt und nicht mehr gefaltet waren, wodurch sie viel mehr Platz brauchten. Wieder von vorn anzufangen und neu zu packen, erschien mir allerdings lächerlich, da ich ja nur eine Wohnung weiter zog. Ich wischte mir seufzend über die verschwitzte Stirn und beschloss, alles, was keinen Platz mehr hatte, in Tüten zu stopfen.

»Brauchst du Hilfe?«

»Geht schon«, murmelte ich und drehte mich zu Cameron um, der im Türrahmen zu Adams Zimmer stand.

Er trug schwarze Jeans und einen senfgelben Sweater und sah wie immer absolut umwerfend aus, auch wenn ich nichts dagegen gehabt hätte, wenn er ein bisschen mehr Haut gezeigt hätte.

Ich wandte mich wieder meinem Koffer zu und startete einen letzten Versuch, ihn zu schließen.

»Lass mich mal! Das ist ja nicht mit anzusehen!«

Cam schob mich sachte zur Seite, und innerhalb weniger Sekunden hatte er meinen Koffer mühelos geschlossen.

»Danke.«

Er grunzte nur als Antwort.

Ich hatte gedacht, dass er gleich wieder gehen würde, doch stattdessen blieb er, wo er war und sah mich stirnrunzelnd an.

»Du ziehst also aus?«, fragte er schließlich, woraufhin ich nickte.

»Zu Mona, wie ich gehört habe.«

»Yup.«

Ich wollte den Koffer gerade vom Bett hieven, da nahm er ihn mir ab und stellte ihn zwischen uns.

»Nicht, dass du dir einen Fingernagel abbrichst«, erklärte er seine Hilfsbereitschaft, was mich die Augen verdrehen ließ.

Es war schwerer als gedacht, Cams Vorurteile mir gegenüber einfach an mir abprallen zu lassen. Ich hätte ihm gern erklärt, dass ich überhaupt nicht so war, wie er mich einschätzte, nur war mir klar, dass das ziemlich sinnlos gewesen wäre. Früher oder später würde er schon einsehen, dass er falschlag, und falls nicht, konnte es mir auch egal sein. Die Meinung eines eigentlich völlig Fremden sollte mich nicht interessieren, auch wenn er noch so gut aussah.

»Kennst du Mona gut?«, fragte ich, um von Cams kleinem Seitenhieb abzulenken.

»Wir hängen manchmal miteinander ab.« Er zuckte mit den Schultern. »Oder wir laufen uns morgens über den Weg, wenn sie mal wieder bei deinem Bruder gepennt hat.«

»Also läuft da schon länger etwas zwischen den beiden?«

Adam war in Bezug auf sein Liebesleben schon immer sehr verschlossen gewesen, also musste ich jede Informationsquelle nutzen, die mir zur Verfügung stand, um mehr darüber zu erfahren.

»Sie vögeln manchmal miteinander. Mehr ist da nicht.«

Ich konnte fühlen, wie meine Wangen heiß wurden. Es gingen seltsame Dinge in meinem Körper vor, wenn ein so heißer Kerl wie Cam über Sex sprach, egal wie beiläufig er dabei auch klang.

Ob er wohl auch Affären hatte? Nannte man das in unserem Alter überhaupt so?

Ich fragte mich, wie es wohl wäre, mit Cam zu schlafen. Ich hatte diesbezüglich zwar noch keine Erfahrungen sammeln können, hatte aber gehört, dass Sex wirklich gut sein sollte. Und ein Mann wie Cameron wusste sicher, wie man eine Frau befriedigen konnte.

»Woran denkst du?«, riss er mich aus meinen Gedanken, und mein Gesicht brannte, als würde es in Flammen stehen.

Cam sah mich mit undurchdringlicher Miene abwartend an.

»Äh nichts, nur daran, dass ich besser gehen sollte. Wir machen heute nämlich einen Mädelsabend.«

»Aha.« Er musterte mich mit hochgezogener Augenbraue und seine Mundwinkel zuckten, als müsse er sich ein Grinsen verkneifen.

Wahrscheinlich konnte er mir ansehen, dass ich gerade an etwas Unanständiges gedacht hatte.

Wie peinlich!

Schnell umschloss ich den Griff meines Koffers mit der Hand und verließ ihn hinter mir her rollend das Zimmer und schließlich die Wohnung, ohne mich noch einmal umzusehen.

Mona öffnete mir die Tür, führte mich in mein neues Schlafzimmer und half mir beim Auspacken, während ich sie mit Fragen zu ihrem Studium löcherte. Ich wollte ganz genau wissen, wie es sich so als normale Studentin lebte, wer ihre Freunde waren und was sie machte, um sich zu amüsieren.

Ich war fasziniert von dieser Frau. Sie erzählte mir von coolen Partys und heißen Jungs und das, ohne auch nur einen Hauch von Schamgefühl zu zeigen, obwohl da ein paar echt peinliche Storys dabei waren. Mona lachte nur darüber, wofür ich sie wirklich bewunderte. Genau so wollte ich auch sein. Einfach tun, was ich wollte und einen Scheiß darauf geben, was andere vielleicht über mich dachten.

»Das sind bestimmt die Mädels«, sagte Mona, als es an der Tür klingelte.

Während sie los eilte, um ihnen zu öffnen, versuchte ich, mein etwas zerzaustes Haar wieder in Ordnung zu bringen. Ich wollte einen guten ersten Eindruck bei Monas Freundinnen hinterlassen.

Ich hörte mehrere weibliche Stimmen aus dem Wohnzimmer und gesellte mich zu ihnen.

»Cassy, das sind Bailey und Dawn, meine besten Freundinnen. Leute, das ist Cassidy, meine neue Mitbewohnerin«, stellte Mona uns einander vor.

Das Erste, das mir durch den Kopf ging, war, ob es wohl Pflicht war, absolut umwerfend auszusehen, um ein Teil dieser Gruppe sein zu dürfen, denn das taten sie, alle drei.

Mona war diese unglaublich hübsche, rattenscharfe Blondine, Bailey war wunderschön und einfach nur cool und Dawn hatte neben ihrem engelsgleichen Gesicht auch noch einen verdammt heißen Körper.

Diese drei Frauen brachen sicher reihenweise Männerherzen.

»Du bist also Adams Schwester?«, fragte Dawn während wir auf dem Sofa Platz nahmen.

»Ja. Du kennst ihn?«

»Nicht gut. Jeremy, sein Mitbewohner, ist ein Kumpel meines Bruders.«

»Oh«, machte ich nur.

»Zack hat seine kleine Schwester immer von seinen Kumpels ferngehalten, aber seit sie einen Freund hat, ist er ein wenig lockerer geworden. Seitdem waren wir ein- oder zweimal auf einer von Jeremys WG-Partys«, fügte Bailey hinzu.

»Ich war ein paarmal öfter als die beiden Langweilerinnen, die lieber mit ihren Freunden zu Hause hocken, als rauszugehen und Spaß zu haben.«

Bailey und Dawn verdrehten synchron die Augen, und Mona streckte ihnen die Zunge raus. Da alle drei grinsten, vermutete ich, dass das nur albernes Geplänkel war.

»Sollen wir gleich Pizza bestellen?«, wechselte Mona das Thema.

Wir entschieden uns für zwei große Pizzen mit verschiedenen Belägen und suchten auf Netflix nach einem Film, der uns alle ansprach.

»Ihr seid also beide in einer Beziehung?«, nahm ich nach einer Weile das Gespräch von vorhin wieder auf. Ich hatte bisher noch nie einen Freund gehabt, weshalb mich dieses Thema brennend interessierte.

Bailey und Dawn erzählten mir, wie sie Jesse und Blake kennen- und schließlich lieben gelernt hatten.

Das Strahlen auf ihren Gesichtern verriet mir, wie glücklich sie jetzt waren, auch wenn es ein steiniger Weg bis hierhin gewesen war.

Wie es sich wohl anfühlte, jemanden an seiner Seite zu haben, der einen von ganzem Herzen liebte?

Den man küssen und berühren konnte, wann immer man wollte? Mit dem man all seine Sorgen und Geheimnisse teilen konnte?

»Hast du denn einen Freund?«, wollte Bailey wissen.

»Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich hatte auch noch nie einen.«