Chancen und Risiken des Global Sourcings für mittelständische Unternehmen - Markus Diederichs - E-Book

Chancen und Risiken des Global Sourcings für mittelständische Unternehmen E-Book

Markus Diederichs

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2007
Beschreibung

Diplomarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich BWL - Beschaffung, Produktion, Logistik, Note: 1,0, Fachhochschule Dortmund, Sprache: Deutsch, Abstract: Im Zuge der Globalisierung, vor allem aber durch den Wegfall zahlreicher Handelsbeschränkungen und Marktliberalisierungen, drängen neue Wettbewerber aus dem Ausland verstärkt auf die heimischen Märkte. Aus diesem Grund sehen sich viele Unternehmen einem stetig steigenden Wettbewerbs- und Kostendruck ausgesetzt, weshalb, aufgrund vielfach bereits ausgereizter Potenziale in der Fertigung, eine Optimierung aller Unternehmensbereiche unabdingbar geworden ist. So wird die Beschaffung zuehmend, auch vor dem Hintergrund des von ihr ausgehenden Werthebels, als Quelle möglicher Wettbewerbsvorteile gesehen, deren Sicherung eine gezielte Abgrenzung gegenüber den Mitbewerbern erlaubt. Dabei wird der Einkäufer, im Rahmen einer marktorientierten Beschaffungspolitik, in zunehmendem Maße unter Druck gesetzt, sich auch außerhalb des eigenen Landes nach Bezugsquellen umzusehen. In Verbindung mit den in den letzten Jahren drastisch verbesserten Kommunikationsmöglichkeiten und der daraus resultierenden höheren Markttransparenz, erfährt die Ausweitung des Beschaffungsradius eine merkliche Unterstützung, weshalb das Thema Global Sourcing zunehmend in den Fokus der Diskussionen rückt. Obwohl diese Entwicklungen eigentlich ein Umdenken in jedem Unternehmen erfordern, wird das Phänomen der Globalisierung, ungeachtet der volkswirtschaftlichen Bedeutsamkeit kleiner und mittlerer Unternehmen, überwiegend mit den Aktivitäten von Großunternehmen in Verbindung gebracht. So findet ebenfalls häufig auch nur eine einseitige Betrachtung des mittelständischen Internationalisierungspotenziales statt, da Internationalisierung in dem Zusammenhang vorwiegend als eine grenzüberschreitende Vertriebsaktivität verstanden wird und demzufolge die weltweite Beschaffung meist unerwähnt bleibt. Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass Mittelständler, die ohnehin eine ausgeprägte regionale Bindung aufweisen, die Lieferantensuche zumeist noch auf die Landesgrenzen beschränken. Des Weiteren sehen mittelständische Unternehmer in dem Zusammenwachsen der Märkte häufig eher eine Bedrohung, als dass sie dort ungenutzte Potenziale der Beschaffung vermuten würden. Somit besteht seitens mittelständischer Unternehmen ein akuter Handlungsbedarf, der neben der Entwicklung eines Bewusstseins für die strategische Bedeutung der Beschaffung, ebenfalls die unvoreingenommene Prüfung der Chancen und Risiken einer globalen Beschaffungsstrategie beinhaltet.

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Inhaltsverzeichnis

 

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1.    Einleitung

1.1   Einführung in die Thematik

1.2   Ziele und Vorgehensweise

2.    Begriffliche Grundlagen globaler Beschaffungsstrategien

2.1   Die betriebliche Beschaffungsfunktion

2.2   Die Beschaffung im Wandel

2.3   Sourcingstrategien in der Beschaffung

2.4   Internationalisierung vs. Globalisierung

3.    Global Sourcing als strategisches Konzept

3.1   Begriffliche Grundlagen

3.1.1  Definitionsrahmen

3.1.2  Abgrenzung

3.2   Beweggründe für Global Sourcing

3.2.1  Strategische Orientierungen

3.2.2  Motive aus Unternehmenssicht

3.3   Der Global Sourcing Prozess

3.4   Anforderungen an das Unternehmen

3.4.1  Beschaffungsorganisation

3.4.2  Mitarbeiter

3.4.3  Informations- und Kommunikationstechnologie

3.5   Chancen des Global Sourcings

3.6   Risiken des Global Sourcings

4.    Mittelstand – Rückgrat der deutschen Wirtschaft

4.1 Qualitative Charakteristika von KMU

4.2 Quantitative Abgrenzung

5.    Global Sourcing in mittelständischen Unternehmen

5.1 Beschaffung in mittelständischen Unternehmen

5.2 Auswirkungen der Globalisierung auf den Mittelstand

5.3 Bedeutung des Global Sourcings für den Mittelstand

5.4 Mittelstandsspezifische Hemmnisse

5.4.1 Beschaffungsorganisation

5.4.2 Mitarbeiter

5.4.3 Informations- und Kommunikationstechnologie

5.4.4 Kritische Erfolgsfaktoren

6.    Analyse der Chancen und Risiken aus Sicht von KMU

6.1 Chancen für mittelständische Unternehmen

6.1.1 Kostensenkungspotenziale

6.1.2 Technologiepotenziale

6.1.3 Synergiepotenziale

6.1.4 Flexibilitätspotenziale

6.2 Risiken für mittelständische Unternehmen

6.2.1 Politische und rechtliche Risiken

6.2.2 Logistische Risiken

6.2.3 Qualitätsrisiken

6.2.4 Entgeltrisiken

6.2.5 Kommunikative und kulturelle Risiken

6.3 Zusammenfassende Bewertung

7.    Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

 

Abbildung 1: Hebelwirkung der Materialkosten

 

Abbildung 2: Systematisierung der Sourcing-Konzepte nach Arnold

 

Abbildung 3: Five Levels of Sourcing nach Trent / Monczka

 

Abbildung 4: Strategische Orientierung des Global Sourcings

 

Abbildung 5: Beweggründe für Global Sourcing

 

Abbildung 6: Global Sourcing Prozess

 

Abbildung 7: Anwendungsfelder für E-Tools im marktgerichteten Prozess

 

Abbildung 8: Spannungsfeld Global Sourcing

 

Abbildung 9: Qualitatives Stärken- und Schwächenprofil

 

Abbildung 10: KMU-Definitionen der EU und des IfM Bonn

 

Abbildung 11: Beschaffungsabteilungen in KMU

 

Abbildung 12: Umsatzanteile des Beschaffungsvolumens von KMU

 

Abbildung 13: Verwendungszweck der Importe im verarbeitenden Gewerbe

 

Abbildung 14: Kritische Erfolgsfaktoren der globalen Beschaffung

 

Abbildung 15: Global Sourcing-Barrieren-Matrix kleiner und mittlerer Unternehmen

 

Abbildung 16: Kostensenkungspotenziale

 

Abbildung 17: Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken Matrix für KMU

 

Abkürzungsverzeichnis

BGB Bürgerliches Gesetzbuch

bspw. beispielsweise

bzw. beziehungsweise

CAPS Center for Advanced Purchasing Studies

E-Business Electronic Business

E-Mail Electronic mail

E-Procurement Electronic Procurement

E-Sourcing Electronic Sourcing

E-Tool Electronic tool

ERP Enterprise Resource Planning

EU Europäische Union

F&E Forschung und Entwicklung

HGB Handelsgesetzbuch

IfM Institut für Mittelstandsforschung

ISO International Organization for Standardization

KMU Kleine und mittlere Unternehmen

1.    Einleitung

 

1.1            Einführung in die Thematik

 

Im Zuge der Globalisierung, vor allem aber durch den Wegfall zahlreicher Handelsbeschränkungen und Marktliberalisierungen, drängen neue Wettbewerber aus dem Ausland verstärkt auf die heimischen Märkte. Aus diesem Grund sehen sich viele Unternehmen einem stetig steigenden Wettbewerbs- und Kostendruck ausgesetzt, weshalb, aufgrund vielfach bereits ausgereizter Potenziale in der Fertigung,[1] eine Optimierung aller Unternehmensbereiche unabdingbar geworden ist. So wird die Beschaffung zunehmend, auch vor dem Hintergrund des von ihr ausgehenden Werthebels,[2] als Quelle möglicher Wettbewerbsvorteile gesehen, deren Sicherung eine gezielte Abgrenzung gegenüber den Mitbewerbern erlaubt. Dabei wird der Einkäufer, im Rahmen einer marktorientierten Beschaffungspolitik, in zunehmendem Maße unter Druck gesetzt, sich auch außerhalb des eigenen Landes nach Bezugsquellen umzusehen. In Verbindung mit den in den letzten Jahren drastisch verbesserten Kommunikationsmöglichkeiten und der daraus resultierenden höheren Markttransparenz, erfährt die Ausweitung des Beschaffungsradius eine merkliche Unterstützung, weshalb das Thema Global Sourcing zunehmend in den Fokus der Diskussionen rückt.[3]

 

Obwohl diese Entwicklungen eigentlich ein Umdenken in jedem Unternehmen erfordern, wird das Phänomen der Globalisierung, ungeachtet der volkswirtschaftlichen Bedeutsamkeit kleiner und mittlerer Unternehmen,[4] überwiegend mit den Aktivitäten von Großunternehmen in Verbindung gebracht.[5] So findet ebenfalls häufig auch nur eine einseitige Betrachtung des mittelständischen Internationalisierungspotenziales statt, da Internationalisierung in dem Zusammenhang vorwiegend als eine grenzüberschreitende Vertriebsaktivität verstanden wird und demzufolge die weltweite Beschaffung meist unerwähnt bleibt.[6] Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass Mittelständler, die ohnehin eine ausgeprägte regionale Bindung aufweisen,[7] die Lieferantensuche zumeist noch auf die Landesgrenzen beschränken.[8] Des Weiteren sehen mittelständische Unternehmer in dem Zusammenwachsen der Märkte häufig eher eine Bedrohung,[9] als dass sie dort ungenutzte Potenziale der Beschaffung vermuten würden.[10] Somit besteht seitens mittelständischer Unternehmen ein akuter Handlungsbedarf, der neben der Entwicklung eines Bewusstseins für die strategische Bedeutung der Beschaffung, ebenfalls die unvoreingenommene Prüfung der Chancen und Risiken einer globalen Beschaffungsstrategie beinhaltet.

 

1.2            Ziele und Vorgehensweise

 

Ziel der Arbeit ist die umfassende Analyse und Darstellung des Chancen- und Risikopotenziales eines mittelständischen Global Sourcings sowie die Identifikation in diesem Zusammenhang bestehender mittelstandstypischer Hemmnisse. Im Hinblick auf spezifische Kosten- und Nutzenpotenziale ist zusätzlich zu überprüfen, ob sich allgemeine Aussagen über die Erfolgsaussichten einer solchen Beschaffungsstrategie in mittelständischen Unternehmen gewinnen lassen.

 

Vor diesem Hintergrund erfolgt im zweiten Kapitel zunächst eine Auseinandersetzung mit den theoretischen Grundlagen einer globalen Beschaffungsstrategie bevor im dritten Kapitel auf das strategische Konzept des Global Sourcings eingegangen wird. Innerhalb dieser beiden Kapitel werden insbesondere begriffliche Abgrenzungen vorgenommen und unter Rückgriff auf die einschlägige Literatur grundlegende Elemente und Anforderungen des Global Sourcings erarbeitet. Im vierten Kapitel werden, unter Nutzung der in diesem Bereich vorhandenen Literatur, mittelstandstypische Charakteristika erörtert sowie Stärken und Schwächen herausgearbeitet.

 

Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die Ergebnisse der Betrachtung mittelständischer Unternehmen schrittweise mit den theoretischen Erkenntnissen über Global Sourcing zusammengeführt. Dabei wird im fünften Kapitel zunächst die Beschaffung in mittelständischen Unternehmen untersucht, bevor die Auswirkungen der Globalisierung und des Global Sourcings auf den Mittelstand betrachtet werden. Anschließend sind, vor dem Hintergrund der Anforderungen, die Global Sourcing an ein Unternehmen stellt, mittelstandsspezifische Hemmnisse zu erarbeiten, die hinsichtlich der Ebenen Beschaffungsorganisation, Mitarbeiter sowie Informations- und Kommunikationstechnologie differenziert werden und Rückschlüsse auf die Anwendbarkeit des Global Sourcings in mittelständischen Unternehmen ermöglichen sollen. Darauf aufbauend werden im sechsten Kapitel die Chancen und Risiken des Global Sourcings detailliert auf ihre Ausprägungen in mittelständischen Unternehmen hin untersucht und durch einen Abgleich mit den zuvor erarbeiteten Stärken und Schwächen sowie unter Berücksichtung der daraus resultierenden Hemmnisse mittelständischer Unternehmen, die möglichen Auswirkungen dargestellt und bewertet. Dabei wird auch durchgängig überprüft, inwieweit sich geeignete Maßnahmen treffen lassen und welche Hilfsmittel zur Unterstützung herangezogen werden können, um vorhandene Optimierungspotenziale durch Global Sourcing auch auf Mittelstandsebene auszuschöpfen. Den Abschluss bildet das siebte Kapitel, das noch einmal alle wichtigen Erkenntnisse dieser Arbeit zusammenfasst und zugleich einen kurzen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung gewährt.

2.    Begriffliche Grundlagen globaler Beschaffungsstrategien

 

2.1            Die betriebliche Beschaffungsfunktion

 

Bei prozessorientierter Betrachtung eines Unternehmens lassen sich drei klassische Grundfunktionen der Güter produzierenden Betriebe unterscheiden: die Beschaffung, die Produktion und der Absatz.[11] Die Beschaffung ist dabei als ein ganzheitliches Versorgungssystem zu verstehen, deren Aufgabe es ist, die für die Wertschöpfung benötigten Inputfaktoren wirtschaftlich und bedarfsgerecht zu beschaffen und bereitzustellen.[12]

 

Eine derart allgemeine Definition wirft die Frage auf, was unter Inputfaktoren zu verstehen ist, da nicht nur Sachgüter, die direkt in das Endprodukt eingehen, sondern auch Arbeitskräfte, Rechte, Dienstleistungen, Informationen und Kapital zur Wertschöpfung beitragen.[13] Da sich in der Praxis für die Beschaffung von beispielsweise Kapital oder Arbeitskräften eigene Abteilungen herauskristallisiert haben und strategische Ansätze wie das Global Sourcing nicht ohne weiteres darauf übertragbar wären, soll im Folgenden Beschaffung ausschließlich als Versorgung mit Sachgütern wie beispielsweise Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, aber auch Komponenten oder ganzen Modulen und Systemen verstanden werden.

 

Nachdem eine Abgrenzung der Beschaffung nach den Beschaffungsobjekten erfolgt ist, ist es für die Arbeit zusätzlich von Bedeutung, eine arbeitsteilige Abgrenzung nach der Tragweite der Entscheidungen vorzunehmen.[14] Dabei erscheint eine, in der Literatur häufig vorzufindende, Unterteilung der im Rahmen der Beschaffung durchzuführenden Aufgaben in strategische und operative Aufgaben durchaus sinnvoll.[15] Die strategischen Aufgaben, häufig auch als „Sourcing Processes“ bezeichnet,[16] haben dabei einen eher grundsätzlichen, Rahmenbedingungen ähnlichen Charakter, wobei die in diesem Zusammenhang getroffenen Entscheidungen dadurch gekennzeichnet sind, dass sie kurzfristig kaum revidierbar sind, mitunter nicht unmittelbar Wirkung zeigen und die Wettbewerbsfähigkeit wesentlich beeinflussen.[17]

 

Sourcing Processes beinhalten somit Aufgaben, die oftmals mehrere Einkäufe betreffen, so etwa das Vertragsmanagement, die Beschaffungsmarktforschung oder das Lieferantenmanagement.[18] Dabei erfolgt die Durchführung dieser Aufgaben stets vor dem Hintergrund, Wettbewerbsvorteile zu sichern oder zu verbessern, sei es durch die Erschließung von Verbundeffekten jedweder Richtung oder die Steigerung der Innovationsfähigkeit.[19] Die operativen Aufgaben, welche auch als „Buying Processes“ bezeichnet werden,[20] finden innerhalb der gesetzten strategischen Rahmenbedingungen statt; die Entscheidungen, die getroffen werden, sind im Regelfall kurzfristig revidierbar und meist von eher geringerer Tragweite.[21] So stellen Buying Processes üblicherweise einzelne Transaktionen dar, seien es Einzelabrufe der im Rahmenvertrag gebündelten Beschaffungsvolumen oder die Koordination der Bedürfnisse der internen Bedarfsträger und der unternehmensexternen Lieferanten.[22]

 

Weiterhin ist zu beobachten, dass der Begriff Beschaffung in der Praxis häufig synonym mit dem Begriff Einkauf verwendet wird,[23] wohingegen in der Literatur teilweise eine Differenzierung zwischen diesen Begriffen stattfindet.[24] Eine mögliche Unterscheidung wäre, dem Einkauf die rein operativen Tätigkeiten, also das Bestellen von Gütern und die Abwicklung zuzuordnen, wobei der Beschaffung zusätzlich noch sämtliche strategische Aufgaben zuteil werden.[25] In Anlehnung an dieses Verständnis und im Sinne einer differenzierteren Betrachtung soll deshalb im Rahmen dieser Arbeit der Begriff Einkauf als stark verrichtungsorientiert verstanden und unter dem Begriff der Beschaffung zusätzlich die strategischen Aspekte subsumiert werden.

 

2.2            Die Beschaffung im Wandel

 

Der Beschaffung kam in der Vergangenheit jedoch nicht immer das Maß an Bedeutung zu, das sie heute innehat, was darauf zurückzuführen ist, dass sie lange Zeit nur als „Erfüllungsgehilfe“ der Primärfunktionen Produktion und Absatz angesehen wurde.[26] Erst seit Anfang der achtziger Jahre, nachdem Sättigungseffekte auf den Absatzmärkten zur Entstehung von Käufermärkten beitrugen und zunehmende Konkurrenz den Wettbewerbsdruck noch zusätzlich verstärkte, setzte sich die Erkenntnis durch, dass den verschärften Wettbewerbsbedingungen nur mit einer Optimierung aller Unternehmensfunktionen begegnet werden könne.[27]

 

Dabei ist schon seit einiger Zeit bekannt, dass die Beschaffung für einen der größten Kostenblöcke im Unternehmen verantwortlich ist, der sich einschließlich der Logistikkosten zwischen 50 und 80% der Herstellkosten bewegt,[28] wobei die Materialkosten durchschnittlich 50% des Umsatzerlöses verzehren.[29] Die folgende Abbildung verdeutlicht sehr anschaulich, welche Hebelwirkung von Einsparungen im Beschaffungsbereich ausgeht, wenn, wie eben belegt, für das folgende Beispiel praxisnah unterstellt wird, dass die Kosten der beschafften Güter 53% des Umsatzes betragen. So führt eine beispielhafte Reduktion der Materialkosten, in diesem Fall eine Einsparung von 2,5%, im Gegenzug zu einer Erhöhung der Gesamtkapitalrendite um 28%.[30] Dabei wurde außer Acht gelassen, dass niedrigere Materialkosten zugleich auch weniger gebundenes Kapital bedeuten, was sich über einen gestiegenen Kapitalumschlag zusätzlich positiv auf die Gesamtkapitalrendite auswirkt.

 

 

Abbildung 1: Hebelwirkung der Materialkosten[31]

 

Heutzutage, in einer Zeit, die durch die Globalisierung und in Folge dessen durch einen hohen Wettbewerbsdruck weltweiter Anbieter, verkürzte Produktlebenszyklen und einen schnellen Technologiewandel geprägt ist,[32] ist die Beschaffung erneut gefordert. So spielt das Auffinden von Lieferanten und die Beschaffung von Gütern auf einer globalen Ebene eine größere Rolle als jemals zuvor. Zusätzlich führen diese Entwicklungen zu Veränderungen in den Beziehungen zu den Lieferanten; wurde der Lieferant früher eher als Gegenspieler angesehen, so gestalten sich heute die Beziehungen zwischen Lieferanten und Käufern vermehrt in Formen kooperativer Partnerschaften. Somit ist klar, dass die Beschaffung heutzutage ungleich stärker strategisch orientiert sein muss, als sie das noch vor Jahren war und dass sie als bedeutende Quelle von Wettbewerbsvorteilen angesehen werden muss.[33]

 

2.3            Sourcingstrategien in der Beschaffung

 

Die Auswahl der „richtigen“ Beschaffungsstrategie bildet eine zentrale Aufgabe der strategischen Beschaffung. Dabei lässt sich die Beschaffungsstrategie einerseits im Sinne einer Funktionsbereichstrategie aus der gewählten Unternehmensstrategie ableiten, verfügt andererseits aber auch über Einflüsse anderer, in der Wertschöpfungskette nachgelagerter Funktionsbereiche, wie der Produktion und dem Absatz, so dass es zu gewissen Rückkoppelungen kommt.[34] Beschaffungsstrategien setzen sich aus verschiedenen Teilstrategien zusammen, die sich letztendlich auf einzelne Maßnahmen herunterbrechen lassen, also im Prinzip ein Bündel von Beschaffungsmaßnahmen darstellen.[35] Nach Wildemann lassen sich Bereiche wie der Markt, der Lieferant, das Produkt, die Bevorratung, die Steuerung der Kapazitäten und die Entwicklung als wesentliche Betrachtungsfelder der Beschaffungsstrategien definieren, wobei die Orientierung der Beschaffungsstrategie durch die differierenden Ausprägungsmöglichkeiten der Felder gekennzeichnet ist.[36] So könnte man zwischen Produkt/Technologie-, Kommunikations-, Service-, Preis/Kostensenkungs- oder Bezugs/Versorgungsstrategien unterscheiden,[37] die wiederum verschiedene Beschaffungsmaßnahmen, mit teilweise gegenläufiger Wirkung, beinhalten und der Realisation definierter Instrumentalziele der Beschaffung dienen sollen.[38]

 

Von vorrangigem Interesse für diese Arbeit sind allerdings die Sourcingstrategien, die sich, angetrieben von Diskussionen über die „richtige“ Fertigungstiefe und die „optimale“ Anzahl an Lieferanten, in der Praxis herausgebildet haben.[39] Während Sourcing nach dem in Deutschland vorherrschenden Verständnis grundsätzlich nichts anderes bedeutet, als Quellen zu suchen, die außerhalb des eigenen Unternehmens liegen, und sich dieser zu bedienen,[40] so lassen sich Sourcingstrategien als Grundsatzentscheidungen für die Lieferantenauswahl,[41] insbesondere über die Art, Anzahl und räumliche Verteilung der Lieferanten,[42] aber auch als verschiedene Konzepte differenzierter Gestaltung der Zusammenarbeit mit den Lieferanten verstehen.[43] In der amerikanischen Literatur wird Sourcing auch als „strategic philosophy of selecting vendors in a manner that makes them an integral part of the buying firm for a particular component or part they are to supply“[44] beschrieben,[45] woraus ersichtlich wird, dass es sich bei dem Prozess des Sourcings um mehr als die reine Auswahl von Lieferanten handelt, die lediglich das Ziel verfolgt das richtige Material zum gewünschten Preis zu erhalten.[46] Viel mehr impliziert diese Aussage, dass die Lieferantenauswahl in die strategische Ausrichtung des Unternehmens einzubetten ist, um sich auf diesem Wege die Beschaffung als Quelle von Wettbewerbsvorteilen zu nutze machen zu können.[47] Entscheidend dabei ist, dass die Entscheidung zur Anwendung des „passenden“ Konzeptes eine Entscheidung sein muss, die für jedes Beschaffungsobjekt individuell zu treffen ist, da sie unter anderem auch von den Produkteigenschaften der geplanten Materialbedarfe abhängt.[48]

 

Arnold beschreibt Sourcing-Konzepte als Kern einer Beschaffungsstrategie und definiert sechs Strategieelemente, anhand derer sich eine gewisse Systematisierung vornehmen lässt. Jedes Strategieelement hat mindestens zwei Ausprägungen wobei jede Ausprägung ein Sourcing-Konzept und zugleich die „kleinste Einheit“ der Beschaffungsstrategie darstellt.[49] Somit kann die Beschaffungsstrategie als eine Kombination von Sourcing-Konzepten verstanden werden.

 

In der nachfolgenden Übersicht ist ein Großteil der Sourcing-Konzepte dargestellt, wobei anzumerken ist, dass eine Make-or-Buy-Entscheidung im Rahmen dieser Arbeit nicht mehr den Sourcingstrategien zuzurechnen ist. Begründet wird dies durch die eben erfolgte begriffliche Abgrenzung des Sourcings, wonach sich die Suche und das Auffinden von Versorgungsquellen ausschließlich auf solche beziehen, die sich außerhalb des Unternehmens befinden. Somit wird unterstellt, dass eine Make-or-Buy-Entscheidung bereits vorab zugunsten des Fremdbezuges gefällt wurde.

 

 

Abbildung 2: Systematisierung der Sourcing-Konzepte nach Arnold[50]

 

Zum einen lässt sich nach der Anzahl der Lieferanten, von denen ein Gut bezogen wird, in Sole, Single, Dual und Multiple Sourcing unterschieden. Wird ein Produkt von vielen Lieferanten bezogen, handelt es sich um Multiple Sourcing; der Bezug eines Gutes von nur einem Lieferanten wird als Single oder Sole Sourcing bezeichnet, wobei dem Single Sourcing eine freiwillige Entscheidung zugrunde liegt und Sole Sourcing durch eine monopolistische Anbietersituation gekennzeichnet ist. Bei Dual Sourcing bedient sich das beschaffende Unternehmen zweier Lieferanten für einen Inputfaktor; so lassen sich Abhängigkeiten reduzieren, aber dennoch intensive Partnerschaften realisieren.[51]

 

Nach dem Beschaffungsobjekt wird Unit, Modular und System Sourcing differenziert. Dabei werden beim Unit Sourcing eher wenig komplexe Güter bezogen; wesentliche Anteile der Wertschöpfung werden beim Abnehmer durchgeführt. Beim Modular Sourcing werden bereits zusammengebaute, komplexe und einbaufertige Module geliefert; die dafür notwendige logistische Integrationsleistung geht auf den Zulieferer über. Beim System Sourcing wird zusätzlich Entwicklungsverantwortung auf den Lieferanten übertragen, was einer Einbindung von F&E-Kapazitäten des Zulieferers gleichkommt,[52] so dass man hier grundsätzlich auch von Konzepten nach dem Aufgabenumfang des Lieferanten sprechen könnte.[53]

 

Inhalt der Beschaffungszeitkonzepte sind unterschiedliche Bevorratungsstrategien, so dass hier zwischen Stock Sourcing im Sinne einer Vorratsbeschaffung und dem Demand Tailored Sourcing sowie Just-in-Time Sourcing als verschiedene Formen der produktionssynchronen Beschaffung unterschieden wird.[54] Das Abgrenzungskriterium ist in diesen Fällen jeweils die Länge des Zeitraumes zwischen Anlieferung und Weiterverarbeitung der Güter und die Frage nach dem Umfang der Lagerhaltung.

 

Beschaffungssubjektkonzepte befassen sich mit der Struktur der beschaffenden Organisation, wobei hier zwischen individueller (Individual Sourcing) oder kooperativer Beschaffung mit anderen Unternehmen (Cooperative Sourcing) unterschieden wird.[55]