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Erfahrene Prozessberater, Moderatoren, Organisationsentwickler bzw. systemisch ausgebildete Führungskräfte erhalten mit dem Folgeband der bekannten Tool-Sammlung 32 weitere wirkungsvolle Interventionsbeschreibungen aus der Praxis namhafter Prozessmoderatoren. Verglichen mit dem ersten Band fallen die Tools noch ein wenig komplexer aus, sind noch präziser entlang von Echt-Beispielen und mit mehr Visualisierungen dargestellt.
"Change-Tools II" versteht sich als Praxishandbuch für Prozessmoderation. Das Werk wendet sich insbesondere an Menschen, die sich professionell mit der Konzeption und Durchführung von Workshops beschäftigen (Prozessberater, Moderatoren, interne Prozessbegleiter, Organisationsentwickler, Projektmanager, erfahrene Führungskräfte sowie Teilnehmer und Absolventen von systemischen Ausbildungen).
Die Change-Tools eignen sich überwiegend nicht für Anfänger. Um mit den Tools arbeiten zu können, sollten Sie bereits über eine gewisse Moderationserfahrung verfügen und auf jeden Fall die Basistechniken beherrschen. Noch wichtiger ist Ihr professionelles Selbstverständnis. Bei aller Vielfalt haben alle Tools eines gemeinsam: Sie dienen der Unterstützung des Klientensystems bei der Selbstdiagnose und beim Finden eigener Lösungen. Es geht also immer um Hilfe zur Selbsthilfe. Die Interventionen können nur dann die von den Autoren beschriebene Wirkung entfalten, wenn der Anwender aus einer entsprechenden Haltung heraus agiert und die Eigenverantwortung des Klientensystems jederzeit achtet.
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Seitenzahl: 419
Veröffentlichungsjahr: 2016
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Armin Rohm (Hrsg.)
Change-Tools II
Erfahrene Prozessberater präsentieren wirksame Workshop-Interventionen
© 2011 managerSeminare Verlags GmbH
2. Auflage 2016
Endenicher Str. 41, D-53115 Bonn
Tel: 0228-977910
www.managerseminare.de
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ISBN: 978-3-98856-081-0
Herausgeber der Edition Training aktuell:
Ralf Muskatewitz, Jürgen Graf, Nicole Bußmann
Lektorat: Ralf Muskatewitz, Michael Busch
Cover: Silke Kowalewski
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH, Rudolstadt
Download-Ressourcen
Begleitend zum Buch stehen Ihnen Arbeitshilfen für die persönliche Verwendung zum Download im Internet zur Verfügung. Sie können die Vorlagen jederzeit in hoher Qualität abrufen und einsetzen.
www.managerseminare.de/tmdl/k,201899Cover
Impressum
Vorwort
Zum Aufbau dieses Buches
Phase 1: Anwärmen
Auf allen Stühlen Von Viola Zintl
Kommentierte Foto-Revue Von Markus Püttmann
Der Unterschied bringt‘s! Von Dr. Barbara Heitger und Anna Schweiger
Arbeitslandschaften – Das Teilnehmersystem auf einen Blick Von Barbara Zuber und Christian Grätsch
Transfer-In – Das ganze Potenzial einladen Von Andreas Terhoeven
Pinocchio Von Frank Wippermann
Wie glaubwürdig sind Sie? Von Christiane Barho
Dynaxity Von Armin Rohm
Phase 2: Orientieren
Organisationskompass Von Birgit Rocholl
Kulturprofil-Indikator Von Lorenz S. Forchhammer
Energielandkarte Von Burkhard Bösterling
Team-Faktoren-Reflexion Von Claudia Bingel und Christian Berndt
Ballonfahrt – Ballast abwerfen Von Robert Dietrich
Kreislauf der Veränderung – Ready to go? Von Dr. Isabella Klien
Das Bein muss ab! Von Luise Lohkamp
Café Xundheit Von Silvia Gysel
Phase 3: Bearbeiten
Das lebende Themensandwich Von Katja Vittinghoff
Reine Routine Von Frank Schache-Keil und Frank Wippermann
Konsens-Pyramide Von Dr. Michael Gommel
BC-Tool for Roll Change Von Michaela Belitz und Werner Büning
SCAMPER Von Armin Rohm
Kommunikations-Soziogramm Von Claudia Bingel und Christian Berndt
Planbar – Vorhaben strukturiert planen Von Jörg Meyer
Gescheiter scheitern – Lernen aus Projekten, über die man nicht gerne spricht Von Dr. Leila Steinhilper und Lars Burmeister
Phase 4: Abschließen
Transfer-Spirale Von Andrea Ramscheidt
Brennpunkt! Von Bernd Schifferdecker
Integrationsmobile Von Renate Franke und Barbara Zuber
Nutzenberater Von Frank Wippermann
Erfolgsfürsorge Von Armin Rohm
Speedback Von Alfred Tschönhens
Integrationsmarkt Von Wolfgang Fänderl
Transformer Von Heike Ewert
Autorinnen und Autoren
Gesamtübersicht
Liebe Leserin, lieber Leser,
die überaus positiven Pressestimmen und Rückmeldungen der Leser zu den „Change-Tools“ haben uns sehr gefreut und ermutigt, einen zweiten Band zu planen.
Als Herausgeber habe ich großen Respekt vor dieser Aufgabe, denn es gibt unbestritten zahlreiche Beispiele von Folgepublikationen, die weit hinter der Qualität des Originals zurückbleiben und dem Leser wenig Freude bereiten.
Wir wollen uns gerne unterscheiden und haben uns für den zweiten Band viel Zeit genommen. Wir möchten Ihnen ein Buch präsentieren, das sich konsequent an den Bedürfnissen des Lesers orientiert.
„Change-Tools II“ folgt wieder der bewährten, anwendungsorientierten Struktur des ersten Bandes. Allerdings gibt es dieses Mal mehr Visualisierungen, die entweder das Verständnis der Inhalte erleichtern oder aber atmosphärische Eindrücke vermitteln sollen. Außerdem werden die Tools noch genauer entlang von Echt-Beispielen beschrieben. Die beschriebenen Methoden sind verglichen mit Band 1 noch ein wenig komplexer und haben insgesamt einen höheren Neuigkeitswert.
„Change-Tools II“ versteht sich als Praxishandbuch für Prozessmoderation. Das Werk wendet sich insbesondere an Menschen, die sich professionell mit der Konzeption und Durchführung von Workshops beschäftigen (Prozessberater, Moderatoren, interne Prozessbegleiter, Organisationsentwickler, Projektmanager, erfahrene Führungskräfte sowie Teilnehmer und Absolventen von „systemischen“ Ausbildungen).
Die Change-Tools eignen sich überwiegend nicht für Anfänger. Um mit den Tools arbeiten zu können, sollten Sie bereits über eine gewisse Moderationserfahrung verfügen und auf jeden Fall die Basistechniken beherrschen. Noch wichtiger ist Ihr professionelles Selbstverständnis. Bei aller Vielfalt haben alle Tools eines gemeinsam: Sie dienen der Unterstützung des Klientensystems bei der Selbstdiagnose und beim Finden eigener Lösungen. Es geht also immer um Hilfe zur Selbsthilfe. Die Interventionen können nur dann die von den Autoren beschriebene Wirkung entfalten, wenn der Anwender aus einer entsprechenden Haltung heraus agiert und die Eigenverantwortung des Klientensystems jederzeit achtet.
In der Prozessmoderation gibt es keine Patentrezepte der Kategorie „Man nehme …“. Was funktioniert, und was nicht, ist immer kontextabhängig. Es gibt allerdings eine Reihe von Interventionen, die sich für die Bearbeitung bestimmter Kontexte anbieten. Solche Tools wollen wir Ihnen hier vorstellen. Erfahrene Prozessberater aus Deutschland, Österreich und der Schweiz öffnen für Sie ihren Werkzeugkoffer. Sie sind herzlich eingeladen, die für Sie passenden Ideen und Interventionen für Ihre eigene Moderationspraxis zu adaptieren.
Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen und viel Erfolg bei der praktischen Umsetzung.
Ich danke herzlich allen, die zum Entstehen dieses Buches beigetragen haben:
Den Autoren für ihre spannenden Beiträge und die Bereitschaft, die Tools klar, differenziert und anwendungsorientiert zu beschreiben.Den Testlesern für ihre konstruktiv-kritischen Rückmeldungen und Impulse.Herrn Ralf Muskatewitz vom managerSeminare Verlag für die angenehme Zusammenarbeit und das Vertrauen in meine Arbeit als Herausgeber.Dezember 2010
Armin Rohm
Analog zu den vier Phasen der Prozessmoderation besteht dieses Buch aus vier Kapiteln:
Die vier Phasen beschreiben einen idealtypischen Workshop-Verlauf.
Jede Phase ist sowohl sachlich als auch emotional bedeutsam.
Anwärmen
Die Situation eines Workshops unterbricht die betriebliche Alltagsroutine der Teilnehmer. Deshalb brauchen sie zu Beginn der Veranstaltung ausreichend Zeit, um das Tagesgeschäft loszulassen und „anzukommen“. Die Phase Anwärmen dient dazu, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, die es den Teilnehmer ermöglicht, miteinander in Kontakt zu kommen und sich auf das Thema und die Ziele des Workshops einzustimmen. In dieser Phase werden beispielsweise die Erwartungen und Befürchtungen abgefragt, die Rollen der Beteiligten geklärt und erste kollektive „Aha-Erlebnisse“ inszeniert.
Orientieren
Die Phase Orientieren hat die Aufgabe, das Thema des Workshops differenziert aufzubereiten, eine umfassende Beteiligung zu ermöglichen, unterschiedliche Sichtweisen der Teilnehmer deutlich werden zu lassen und eine gemeinsame Ausrichtung herzustellen. In dieser Phase werden Themen gesammelt, strukturiert, vernetzt und priorisiert. Gleichzeitig werden Ängste und Widerstände identifiziert und eine breite Akzeptanz für das Veränderungsthema hergestellt. Die Orientierungsphase betrachtet hauptsächlich die Gegenwart („In welcher Situation befinden wir uns aktuell?“) bzw. die Vergangenheit („Wo kommen wir her und was hat sich im Laufe der Zeit verändert?“) und bereitet die Basis für die Gestaltung der Zukunft („In welche Richtung wollen wir uns entwickeln?“).
Bearbeiten
Die Bearbeitungsphase zielt darauf ab, Lösungsoptionen zu generieren und zu bewerten, konkrete Entscheidungen zu treffen und verbindliche Maßnahmen zu definieren. Auf der emotionalen Ebene geht es darum, Konsens herzustellen, bestehende Irritationen und Konflikte zu klären und die Übernahme von Verantwortung sicherzustellen. Die Bearbeitungsphase präzisiert die erwünschte Zukunft („Was genau wollen wir erreichen?“) und übersetzt Visionen und Ziele in konkrete Aktionspläne („Was werden wir dafür konkret tun?“).
Abschließen
Die Phase Abschließen führt den Workshop zu einem guten Ende. Die sachliche Funktion besteht in der Unterstützung des Praxistransfers und in der gemeinsamen Auswertung des Workshops. Gleichzeitig wird persönliches Feedback ermöglicht, die Selbstverpflichtung der Akteure verstärkt, das Engagement gewürdigt und eine gemeinsame Aufbruchstimmung erzeugt.
Wie lange die einzelnen Phasen in der Praxis dauern und ob dabei eher sachliche oder emotionale Aspekte im Vordergrund stehen, ist abhängig vom Thema und von der Zielsetzung des Workshops, von der Gesamtdauer der Veranstaltung, von den Interessen und Befindlichkeiten der Beteiligten und von der vorherrschenden Workshop-Kultur.
In diesem Buch ist jedes Change-Tool einer dieser vier Phasen zugeordnet. Dabei bezieht sich die Zuordnung immer auf das vom Autor beschriebene Beispiel. Viele Tools können in etwas modifizierter Form durchaus auch in anderen Prozessphasen eingesetzt werden. Verstehen Sie deshalb die vier Kapitel bitte lediglich als grobe Orientierung. Beachten Sie bitte auch, dass sich die Zuordnung auf die Workshop-Phase und nicht auf die entsprechende Phase im Change-Prozess bezieht. Es ist durchaus möglich, dass z.B. ein Tool zur Auswertung eines Change-Prozesses im Kapitel „Bearbeiten“ zu finden ist, obwohl es in Bezug auf den gesamten Veränderungsprozess den Abschluss markiert.
Jedes Kapitel beginnt mit einer Übersichtstabelle und einer kurzen Anmoderation. Die Tabelle gibt dem Leser einen ersten Impuls, bei welchen Anlässen die Autoren die einzelnen Tools bevorzugt einsetzen. Die Anmoderation stellt die Autoren und ihre Beiträge kurz vor.
Alle Toolbeschreibungen folgen einer klaren, einheitlichen formalen Logik:
Struktur der Tools
Als Erstes erfahren Sie die Bezeichnung des Tools sowie den Namen des Autors.Ein Zeitstrahl deutet die ungefähre relative Dauer des Tools und die Position in der Gesamtdramaturgie an.Eine Kurzbeschreibung bringt in wenigen Sätzen auf den Punkt, worum es bei dem jeweiligen Tool geht. Dieser Abschnitt dient vor allem als Service für den eiligen Leser, der vielleicht gezielt nach einer geeigneten Methode für einen bevorstehenden Workshop sucht.Die Dauer gibt an, wie viel Zeit die praktische Anwendung der Methode ungefähr erfordert (ohne Vorbereitungszeit).In der Rubrik Anwendungsbereiche beschreiben die Autoren, in welchem Kontext (z.B. Prozessoptimierung, Teamentwicklung, Kulturveränderung, …) und in welchen spezifischen Ausgangssituationen (z.B. Klärung der Kommunikationsbeziehungen innerhalb eines Teams, Untersuchung und Bewertung unterschiedlicher Handlungsoptionen im Rahmen eines Veränderungsprojekts, …) die Tools bevorzugt eingesetzt werden können.Unter Zielsetzung/Nutzen wird beschrieben, was die Anwendung des Tools konkret bewirkt (sachlich, emotional, systemisch).Anschließend folgt eine ausführliche Beschreibung. Bezogen auf einen konkreten Kontext oder entlang eines Beispiels beschreiben die Autoren Schritt für Schritt den genauen Ablauf und die methodischen ‚Feinheiten’, die für eine erfolgreiche Inszenierung wesentlich sind.In der Rubrik Voraussetzungen/Kenntnisse folgen Hinweise, welche Fähigkeiten oder Erfahrungen der Berater benötigt, um mit dem Tool professionell arbeiten zu können.Unter Kommentar/Erfahrungen geben die Autoren nützliche, ergänzende Hinweise (z.B. über Variationsmöglichkeiten, mögliche Schwierigkeiten, persönliche Erfahrungen, …).Die technischen Hinweise beziehen sich auf die optimale Gestaltung der Rahmenbedingungen (z.B. räumliche Voraussetzungen, benötigte Medien und Materialien, Vorbereitung von Visualisierungen oder Handouts, …).Die Rubrik Quellen/Weiterführende Literatur rundet den Beitrag ab. Hier finden Sie insbesondere Informationen zum theoretischen Hintergrund der Methode.Die „Change-Tools“ wenden sich ausdrücklich an Leserinnen und Leser gleichermaßen. Wir bitten die Leserinnen um Verständnis dafür, dass wegen des besseren Leseflusses durchgängig die männliche Sprachform verwendet wird.
Von Dr. Barbara Heitger und Anna Schweiger
Kurzbeschreibung
„Der Unterschied bringt‘s!“ ermöglicht zu Beginn eines Workshops ein sofortiges Einsteigen in eine „gelebte“ und erste Systemdiagnose. Das Tool schafft eine konzentrierte Arbeitsatmosphäre und aktiviert zudem die Gruppe. Die Teilnehmer identifizieren gemeinsam die für das Workshop-Ziel relevanten Unterschiede im System und machen diese direkt sichtbar, indem sie sich nach Unterschieden und Gemeinsamkeiten sortieren und im Raum positionieren. Nach jeder Aufstellung bringt der Berater die jeweiligen „Unterschiedsgruppen“ in einen wertschätzenden Dialog.
Dauer
Die Dauer ist abhängig von der Anzahl der ausgewählten Unterschiedsdimensionen und der Intensität der angeregten Diskussion. Für die hier beschriebene Version sollten ungefähr 90 Minuten eingeplant werden. Weniger komplexe Varianten können auch in 45 bis 60 Minuten durchgeführt werden.
Anwendungsbereiche
Dieses Tool eignet sich besonders als intensiver Einstieg in Kick-off-Workshops von Change-Prozessen und für Settings, die gruppendynamische mit inhaltszentrierten Elementen verbinden. „Der Unterschied bringt‘s!“ bietet sich immer dann an, wenn komplexe Fragestellungen von heterogenen Arbeitsgruppen bearbeitet werden sollen und es von Bedeutung ist, die im System wirksamen unterschiedlichen Ziele, Strategien, Sichtweisen, Bedürfnisse und gegenseitigen Erwartungen frühzeitig wahrzunehmen, zu thematisieren und produktiv zu nutzen. Die Intervention kann gleich zu Beginn eines Workshops durchgeführt werden (noch vor einer Vorstellungsrunde und der Abfrage von Anliegen für den Workshop).
Zielsetzung/Nutzen
Um bei den Teilnehmern die Bereitschaft für eine systemische Arbeitsweise zu schaffen, ist es von zentraler Bedeutung, Orientierung und ein „Gefühl“ für das in der Gruppe bzw. im System repräsentierte Unterschiedsgefüge zu etablieren. Die Gruppe nimmt sich einerseits als dynamische Einheit wahr, andererseits positionieren sich die Einzelnen klar und treten mit den Unterschieden, die sie repräsentieren, in Erscheinung. Durch das Aufstellen entlang der relevanten Unterschiedsdimensionen werden zentrale, auch heikle Themen, sehr schnell salonfähig gemacht und entpersonalisiert. So wird das systemische Zusammenwirken für alle nachvollziehbar.
Durch dieses Tool werden gleichzeitig die Systemdifferenzen präsent und reflektiert. Potenzielle zukünftige Dynamiken auf dem Weg zum Ziel werden wie im Zeitraffer sichtbar. Ebenso kommen emotionale Prozesse in Gang: Die Teilnehmer finden eine Balance zwischen Selbstöffnung vor noch unbekannten anderen und der Vorsicht, sich zu zeigen.
Indem sich die Einzelnen klar zu bestimmten Fragestellungen positionieren, lernen sich die Teilnehmer besser kennen. Durch das Aufstellen wird deutlich, welche Themen und Gemeinsamkeiten sie mit anderen in der Gruppe teilen. So kann sich allmählich Vertrauen und Verbindlichkeit entwickeln. Gleichzeitig entsteht eine erste – auch optisch wahrnehmbare – „gelebte“ Systemdiagnose und ein Überblick über die Zusammensetzung der Workshop-Teilnehmer und deren Zugehörigkeiten. Im Aufstellungsprozess tauchen bereits erste bedeutsame Fragestellungen auf, die fokussierte Diskussionen in Gang bringen und im Verlauf des Seminars immer wieder aufgegriffen werden.
Ausführliche Beschreibung
Am Beispiel eines Workshops eines weltweit aufgestellten Versicherungskonzerns wird die Durchführung des Tools im Folgenden ausführlich beschrieben. Bei dieser zweitägigen Veranstaltung sind sowohl Führungskräfte der verschiedenen Länder und Regionen sowie ausgewählte Linienmanager aus den Bereichen Vertrieb, Finance, Human Resources (HR) und Marketing vertreten. Ziel ist es, einen gemeinsamen Fahrplan zum Krisenmanagement zu erarbeiten und Teams zu etablieren, die für die Umsetzung über das Jahr hinweg sorgen. Zu Beginn des Workshops ist die Anspannung angesichts der schwierigen Lage des Unternehmens und ein starker Zeit- und Handlungsdruck deutlich zu spüren.
Schritt 1: Identifikation relevanter Unterschiede
Der Berater eröffnet den Workshop und steigt direkt ins Thema ein: „Angenommen, wir haben unser Ziel am Ende des Workshops erreicht und gemeinsam einen Krisenfahrplan mit konkreten Maßnahmen und Zuständigkeiten erarbeitet, für wen alles würde das einen deutlichen Unterschied machen? Wer alles würde davon profitieren? Lassen Sie uns die relevanten Perspektiven gemeinsam zusammentragen. Für wen ist die Situation dann anders als vorher, was meinen Sie?“ Der Berater notiert die spontanen Äußerungen der Teilnehmer am Flipchart. Wenn der Ideenfluss versiegt, fragt er weiter: „Wer alles wird denn mitgewirkt haben, damit wir am Ende eine wirklich gute Lösung erarbeitet haben?“ Auf Zuruf notiert er weitere Gedanken der Teilnehmer am Flipchart.
Im Anschluss an das Brainstorming fasst der Berater im Austausch mit der Gruppe die genannten Perspektiven nach gemeinsamen Aspekten zusammen. Die Notizen am Flipchart lassen sich meist sehr gut nach Kriterien sortieren, wie z.B. Standort (Land bzw. Region), Zuständigkeitsgebiet (z.B. Produktsparten), Bereichszugehörigkeit (Vertrieb, Produktion, Finanzen, Human Resources, …), Krisenerfahrung, hierarchische Position, Betriebszugehörigkeit, Geschlecht.
Wenn die Unterschiedsdimensionen benannt sind, fragt der Berater: „Welche drei Unterschiedskategorien sind denn die wichtigsten, und welche sind am meisten wirksam, wenn es um unsere Arbeit in diesem Workshop geht?“ In unserem Beispiel konnten sich die Teilnehmer nach kurzer Diskussion leicht auf die nachfolgend beschriebenen Kategorien einigen: Bereichszugehörigkeit, Herkunftsregion und die eigene Krisenerfahrung. (Falls eine Einigung schwerfällt, kann die Entscheidung „notfalls“ auch über eine Punktbewertung herbeigeführt werden.)
Schritt 2: Erste Aufstellung im Raum und Reflexion in Kleingruppen
Der Berater fordert die Teilnehmer auf, aufzustehen, und die Stühle nach hinten zu rücken, um genügend Platz zu schaffen: „Es geht jetzt darum, diese Unterschiede in ihrer Bedeutung für das Ziel – einen Fahrplan für die Krise zu erarbeiten – lebendig werden zu lassen. Fangen wir mit der Zugehörigkeit zu den Bereichen an: Vertrieb, Marketing, Finance, Human Resources – bitte stellen Sie sich in Ihren Bereichsgruppen zusammen.“ Wenn einzelne Teilnehmer zögern oder Unsicherheit signalisieren, wiederholt er nochmals die Instruktion, verzichtet aber bewusst auf weitere Hilfestellungen. Der Berater wartet ab, bis sich alle Gruppen aufgestellt haben.
Abb.: Eine Bereichsgruppe positioniert sich im Raum und kommt ins Gespräch
Nun gibt der Berater Raum für die Interaktion in den Gruppen. Er fordert die Kleingruppen auf, sich anhand von Fragen auszutauschen, die er zuvor am Flipchart visualisiert hat: „Nehmen Sie sich nun zwanzig Minuten Zeit, um sich in Ihrer Gruppe darüber auszutauschen, was für Sie typisch ist, was Sie miteinander verbindet und gleichzeitig von den anderen drei Gruppen unterscheidet.
Worin liegt Ihr spezieller Beitrag zum Ziel – auch im Unterschied zu den anderen Kleingruppen?Was ist das Besondere an Ihnen, welche Chancen und Risiken ergeben sich daraus für unsere Arbeit?Welche Bilder vermuten Sie, haben die anderen Teilgruppen über Ihre Gruppe?Was ist das Typische der anderen Kleingruppen, wofür stehen sie, wenn es um unser Ziel heute geht?Worauf sind Sie bei den anderen Kleingruppen am meisten neugierig?Da sich die Mitglieder Ihrer Kleingruppe teilweise noch nicht kennen, bitte ich Sie, den Austausch in den Gruppen mit einer Vorstellungsrunde zu beginnen. Fassen Sie sich dabei bitte kurz und nennen Sie vor allem Ihre genaue berufliche Funktion oder Position. Die diesbezüglichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede können direkt in die Diskussion der genannten Leitfragen einfließen.“
Der Berater kann sich zu den einzelnen Gruppen stellen und zuhören, um Ansatzpunkte für den späteren Austausch im Plenum zu erhalten. Gegen Ende der zwanzig Minuten bittet er die Gruppen, zu einem Abschluss zu kommen: „Bitte wenden Sie Ihre Aufmerksamkeit nun wieder dem Plenum zu. Es geht jetzt darum, Selbstbilder und Fremdbilder auszutauschen. Bleiben Sie dazu bitte in den Kleingruppen stehen.“
Schritt 3: Austausch der Selbst- und Fremdbilder
Der Berater erläutert den nächsten Schritt: „Zunächst wollen wir die Außensichten zu jedem Bereich systematisch transparent machen. Wir betrachten zunächst den Vertrieb. Ich bitte die Mitglieder des Vertriebs, zunächst einfach nur zuzuhören. Sie werden gleich erfahren, welche Vermutungen in den anderen Gruppen über Sie bestehen.“
Er wendet sich an die anderen im Plenum aufgestellten Gruppen: „Wenn Sie an unser Ziel denken, die Erstellung eines Krisenfahrplans, was glauben Sie, wie tickt der Vertrieb in Bezug auf dieses Thema. Was vermuten Sie, ist dem Vertrieb wirklich wichtig? Worin unterscheiden sich seine Strategien, Prioritäten, Hoffnungen und Befürchtungen von denen der anderen Gruppen? Wo gibt es Gemeinsamkeiten? Wie viel Übereinstimmung bzw. Unterschiedlichkeit gibt es möglicherweise zu den Sichtweisen Ihrer eigenen Gruppe? Bitte berichten Sie Ihre wichtigsten Highlights in komprimierter Form im Plenum.“