Chapters unfinished - Kathinka Engel - E-Book

Chapters unfinished E-Book

Kathinka Engel

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Beschreibung

Das nächste Kapitel ihrer Liebe wird heiß ... | Dieses E-Book enthält das exklusive Page Overlay als Grafik Coulter Barnett ist Ordnungsfanatiker, beim Indie-Verlag Badger Books ist er vor allem für die Zahlen zuständig. Als die chaotische neue Assistenz Evie im Verlag anfängt, ist Coulter alles andere als begeistert. Denn sie bricht jede einzelne seiner Regeln und scheint das komplette Gegenteil von Coulter zu sein. Und trotzdem lässt er sich auf eine Workplace-Affäre mit Evie ein. Zwischen heimlichem Sex und regelmäßigen Streitereien stellen die beiden fest, dass es gute Gründe gibt, warum sie nicht voneinander loskommen. Und dass sie viel mehr gemeinsam haben, als sie sich eingestehen wollen. Können die beiden ihre Differenzen überwinden? Band 3 der Badger-Books-Reihe von SPIEGEL-Bestsellerautorin Kathinka Engel – die drei Geschichten aus dem Universum des Indie-Verlags versprechen jede Menge Funkensprühen! Hotness-Skala: 3 von 5 heißen Chilis

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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© everlove, ein Imprint der Piper Verlag GmbH, München 2025

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Michael Meller Literary Agency GmbH, München.

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Michael Meller Literary Agency GmbH, München.

Redaktion: Michelle Gyo

Illustration: Carina Vellichor

Covergestaltung: FAVORITBUERO, München

Covermotiv: Bilder unter Lizenzierung von Shutterstock.com genutzt

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Text bei Büchern mit inhaltsrelevanten Abbildungen und Alternativtexten:

Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Illustration

Hinweis

Widmung

1

Coulter

2

Evie

3

Coulter

4

Evie

5

Evie

6

Coulter

7

Evie

8

Coulter

9

Evie

10

Coulter

11

Evie

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Evie

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Coulter

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Evie

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Evie

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Coulter

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Evie

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Coulter

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Evie

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Coulter

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Evie

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Evie

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Coulter

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Evie

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Coulter

26

Evie

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Coulter

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Coulter

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Evie

30

Coulter

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Evie

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Evie

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Coulter

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Evie

35

Coulter

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Evie

37

Evie

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Coulter

39

Evie

40

Coulter

41

Evie

42

Coulter

43

Evie

44

Evie

45

Coulter

46

Evie

Ein paar Monate später

Danksagung

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

Illustration

Hinweis

Dieses Buch enthält explizit sexuelle Inhalte. Wer meine Bücher kennt, weiß, dass diese Inhalte immer zum Plot und den Figuren passen. Im Falle von den beiden Protagonisten in diesem Buch sind Tonalität und Vokabular der expliziten Szenen daher rauer, als ihr es von mir gewohnt seid.

Ich wünsche euch viel Spaß mit Coulters und Evies Geschichte.

Eure Kathinka

Widmung

Für Teresa.

Wann Pizza und Bier?

1

Coulter

Alles, was die Menschen über mich denken, ist korrekt. Ich bin ein Arschloch. Ich habe es gern sauber und ordentlich. Ich betrachte die Frauen, die ich date, als Mittel zum Zweck. Ich schütze meine Privatsphäre. Ich hasse Veränderungen.

Wie jeden Morgen wache ich genau fünf Minuten vor halb sechs auf. Um halb sechs würde mein Wecker klingeln, aber ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich ihn das letzte Mal gehört habe. Ich könnte ihn genauso gut nicht stellen, aber das wäre eine Veränderung.

Ich strecke mich, und mein Blick fällt auf …

»Verdammt noch mal, du Mistvieh!«, entfährt es mir, doch die kleine Katze auf meiner Bettdecke zwinkert nur und fährt dann damit fort, ihr Genital zu lecken. »Das ist widerlich. Und das ist mein Bett. Schuuuuuh, schuuuuh!« Ich versuche, sie durch hektische Gesten zu vertreiben, aber sie ist vollkommen ungerührt.

Mit einem Ruck ziehe ich die Bettdecke unter ihr weg. Sie versucht, sie zu fangen, weil sie denkt, das ist ein lustiges Spiel. Ebenso wie sie denkt, das Bett ist ihr Bett. Nicht gerade die schlauste Katze, die Philomena, die Tochter meiner Kollegin und Freundin Louise, sich da angelacht hat. Oder besser gesagt: mir da angelacht hat. Denn Louise’ Vermieter erlaubt keine Haustiere, und ich war der Einzige, der sich bereit erklärt hat, sie bei sich aufzunehmen. Philomena hat sie Martha genannt, was die Sache perfekt macht. Denn Martha ist der zweite Name meiner Mutter, und meine Mutter ist ein Thema für sich, aber sicherlich keins für 06:28 Uhr an einem Freitagmorgen.

Aus meiner Edelstahl-Siebträgermaschine ziehe ich mir einen starken Espresso, dann gebe ich der Katze etwas zu essen, was mir Zeit verschafft, ungestört die Bettwäsche zu wechseln und die Tagesdecke akkurat über das Bett zu breiten. Schließlich ziehe ich mir meine Laufkleidung an.

»Wir sehen uns in einer Dreiviertelstunde, Flohschleuder. Stell nichts an«, sage ich zur Katze, obwohl sie definitiv keine Flöhe hat. Louise war mit ihr beim Tierarzt. Sie ist kerngesund und so sauber, wie Tiere nun einmal sein können. Aber das bedeutet nicht, dass sie meinem Hygienestandard entsprechen.

Mein Loft befindet sich im vierten Stock meines Warehouses im Nordosten von Portland, Maine. Um die Wohnung zu verlassen, muss ich über eine Metalltreppe nach unten und durch die Büros von Badger Books, die im dritten Stock liegen. Badger Books, das ist der kleine, aber inzwischen relativ erfolgreiche Independent-Verlag, den ich mit meinen beiden besten Freunden Louise und Bash gegründet habe. Zwei Jahre vorher war ich von einem angetrunkenen Vollidioten angefahren worden. Das zerschmetterte Schienbein beendete meine Träume von einer Profisportlerkarriere in der MLB, und das horrende Schmerzensgeld, das mir zugesprochen wurde, ermöglichte es mir, dieses Gebäude zu kaufen.

So gern ich Bash, Louise und fast das ganze Team habe, meine liebste Zeit im Büro ist frühmorgens, wenn noch niemand hier ist. Die Sonne fällt durch die hohen Sprossenfenster nach drinnen auf unsere Sofanische, wo wir die Teammeetings abhalten. Louise bestand darauf, einen Teppich auszulegen, obwohl ich mehrfach zu bedenken gab, dass wir uns damit Milben und Motten und weiß der Geier was noch alles ins Büro holten. Aber offenbar ist nicht jeder ein großer Fan von nacktem Betonboden, und wie so oft musste ich mich dem Wunsch der anderen beugen.

Gegenüber der Sitznische befindet sich eine blitzblank geputzte Küchenzeile. Sie ist schon ein wenig in die Jahre gekommen, weil Louise darauf bestand, Geld zu sparen. Dafür setzte ich mich mit einem besseren Versicherungstarif durch, denn ich traue dem Herd nicht über den Weg. Die Spülmaschine ist immerhin voll funktionsfähig und durchgelaufen, und ich öffne sie schon mal, um die Feuchtigkeit herauszulassen. In der Raummitte befinden sich Tischinseln. Die Schreibtische von Anna (unsere Marketingmanagerin), Zara (unsere Teilzeitgrafikdesignerin und Annas Büroaffäre oder etwas in der Art) und Katie (eine von zwei Trainees) sind aufgeräumt. Vikram (der zweite Trainee) hat heute seinen letzten Tag, weswegen sein Arbeitsplatz beinahe so ordentlich ist wie meiner. Dann haben wir noch den Tisch von Kwan (unser Vertriebsmanager), auf dem ein gerade noch überschaubares Chaos aus Tassen und Papierstapeln herrscht – und Evies Schreibtisch.

Bash und Louise behaupten nach wie vor, sie mache einen guten Job. Aber mich würde es nicht wundern, wenn sie auf ihrem Schreibtisch Fliegen züchtete. In den Kaffeetassen, die über ihren ganzen Schreibtisch verstreut stehen, befindet sich ein mal größerer, mal kleinerer Rest Kaffee. Eines Tages wird sie sich selbst mit wochenaltem Kaffee vergiften, dann hat sich das Problem von selbst gelöst. Leere Root-Beer-Flaschen stehen auf dem Boden. Nicht nur ist das Zeug absolut widerlich und schmeckt wie mit Kohlensäure versetzter Hustensaft; wenn Evie nicht aufpasst, hat sie außerdem nächstes Jahr Diabetes. Und auch dann würde sich das Problem von selbst lösen.

Angewidert wende ich mich ab, verlasse das Büro durch die schwere Eisentür und jogge die Treppe hinunter.

Wie jeden Morgen laufe ich von der Preble Street aus eine knappe halbe Stunde um die Back Cove herum. Nur samstags gönne ich mir eine längere Runde, um mich an meine Grenzen zu bringen. Zu meiner Linken befindet sich die Interstate 295, zu meiner Rechten die Bucht, niemals würde ich die Strecke gegen den Uhrzeigersinn laufen. Die Bäume am Rand des Wegs tragen die typischen Farben des Indian Summers, der liebsten Jahreszeit aller Menschen in und um New England, die Hotelpreise in die Höhe treibt und die gesamte Region in satte Gelb- und Rottöne taucht. Ich bin wohl der Einzige, der froh ist, wenn die sogenannte Fall Foliage endlich vorbei ist, weil dann die Straßen nicht mehr voller vergammelndem Laub liegen. Und weil die Hotelpreise wieder etwas günstiger werden, wenn die Touristenmassen nach Florida oder an einen ähnlich abstoßenden Ort abwandern. Denn ich pflege die Frauen, die ich date, an sauberen, neutralen Orten – also in guten Hotels – zu treffen.

Ich laufe ein konstantes Tempo von acht Minuten pro Meile, weil ich dabei kaum außer Atem komme, mich aber dennoch optimal fit halte. Früher, als ich noch Collegesport betrieben habe, war ich schneller, aber ich muss froh sein, dass ich überhaupt jeden Tag joggen gehen kann. Das haben zumindest die Ärzte gesagt, nachdem sie mein Bein wieder zusammengeschraubt hatten.

Auf der Höhe des Edward Payson Parks im Norden hat man einen guten Blick auf die Skyline von Portland mit ihren wenigen unbedeutenden Hochhäusern, die den Namen kaum verdienen, den Red-Brick-Gebäuden und den alten Warehouses.

Nach zwei Dritteln des Wegs überquere ich die Tukey’s Bridge, die East Deering mit Munjoy Hill auf der anderen Seite der Bucht verbindet. In der frühen Morgensonne komme ich nun doch etwas ins Schwitzen, während ich zwei ältere Frauen mit ihren Nordic-Walking-Sticks und eine Joggerin mit Kopfhörern hinter mir lasse.

Ich laufe nie mit Kopfhörern, weil ich die Welt um mich herum wahrnehmen will. Ich möchte nicht, dass mir etwas entgeht. Und ich möchte außerdem nicht von mir und meinem Körper abgelenkt werden. Musik manipuliert. Sie steigert Motivation, wo sonst vielleicht keine ist. Sie verwässert oder intensiviert Emotionen. Mein Ziel ist es, stärker zu sein als ein potenzieller Mangel an Motivation. Stärker zu sein als potenzielle Emotionen. Und während der letzten siebenundzwanzig Jahre ist mir das gut gelungen, würde ich sagen.

Im Back Cove Park beschleunige ich meine Schritte. Ich beende meine Runde jeden Morgen mit einem Tempolauf, um meinen Kopf für einen Moment komplett zu leeren. Um nur meine Schritte und meinen Atem zu hören, nichts als meinen Herzschlag zu spüren.

Zurück in meinem Loft wandern die verschwitzten Klamotten direkt in die Waschmaschine. Dann stelle ich mich unter die Dusche. Ich brauche vier Minuten ohne und acht Minuten mit Intimrasur. Als ich die Duschtür öffne, sitzt Martha auf dem Vorleger und sieht mich an.

»Starre ich dir auf dein Genital?«, frage ich, doch sie gurrt nur und lässt sich nach hinten auf den Rücken fallen, die Beine weit gespreizt. »Ja okay, aber so kann man es auch nicht nicht sehen.«

Ich steige über sie, greife mir ein frisches Handtuch und trockne mich ab. Vor dem Spiegel bürste ich mir die Haare, die ich dann zu einem strengen Man Bun zusammenbinde. Jede Strähne ist dort, wo sie hingehört. Keine einzige steht ab.

Ehe ich mir mehr als schwarze Boxerbriefs anziehe, mache ich mir meinen Frühstückssmoothie aus Banane, Haferflocken, Beeren, Milch und Honig, um Flecken auf meinen Klamotten zu vermeiden. Doch sobald ich ihn sicher aus dem Mixer in einen Becher verfrachtet habe, nehme ich ein weißes Hemd aus dem Kleiderschrank. Dazu trage ich heute die dunkelblaue Anzughose und die dazu passende Weste. Das Sakko hängt fein säuberlich an einem Kleiderbügel an der Garderobe. Schließlich mache ich noch das obligatorische Foto von Martha und schicke es an Louise, damit sie es Philomena zeigen kann. Dann verlasse ich mit meinem Smoothie die Wohnung und setze mich nach nebenan in mein Büro.

Mein Büro ist ebenso wie die Wohnung mein ganz eigener Ort. Niemand betritt es ohne meine Erlaubnis. Eine Regel, die unserer ehemaligen Teamassistenz Mrs Pavlidis zum Verhängnis wurde. Das und noch ein paar weitere Verfehlungen ihrerseits, über die ich nicht hinwegsehen konnte, worüber sie wiederum nicht hinwegsehen konnte, weswegen sie vor einem Jahr gekündigt hat. Seit einem halben Jahr ist dafür jetzt Evie da, und allein beim Gedanken an sie verdrehe ich die Augen. Ich hätte Bash nie meine Zustimmung geben dürfen, sie einzustellen.

Da ich derjenige bei Badger Books bin, der akkurat arbeitet und nicht nur nach Bauchgefühl, sondern nach Messbarem handelt, bin ich für die Zahlen verantwortlich. Und nicht nur bin ich dafür verantwortlich, ich bin auch der Einzige, der sich dafür interessiert. Deswegen erstelle ich jeden Monat einen Soll-Ist-Vergleich unserer Zielvorgaben mit unserer tatsächlichen Performance. Während es die ersten zwei Jahre ein wenig schleppend anlief, haben Bash und Louise in der letzten Zeit mit ihrem Bauchgefühl einige Projekte eingekauft, die unsere Bilanz deutlich positiver aussehen lassen.

Nicht, dass ich an der Qualität der anderen Stoffe zweifle. Ich lese genug, um beurteilen zu können, wie gut die Bücher sind, die wir verlegen. Aber ich weiß auch, dass Qualität kein Garant für Erfolg ist. In den meisten Fällen entsteht Erfolg durch künstlich generierte Hypes, die irgendwann zum Selbstläufer werden. Darunter sind gute Bücher, aber mindestens ebenso viele mittelmäßige und schlechte. Solange man nur die Leserinnen und Leser davon überzeugt, dass sie ein Buch brauchen, ist der Inhalt relativ egal.

Bash und Louise wollten von Anfang an anders agieren, und ich gebe ihnen auch zu einem gewissen Grad recht. Aber manche Menschen müssen eben doch Miete bezahlen. Unsere Angestellten beispielsweise. Und Louise und Bash selbst. Da ist es von Vorteil, wenn man vorausschauend und realistisch plant – und diese Planung dann auch einhält.

Durch Rock, Paper […], das erste Buch des berühmten Street Poets Jethro, sieht unsere Bilanz dieses Jahr jedenfalls ziemlich gut aus. Seit mehreren Monaten steht das Buch nun auf der New York Times-Bestsellerliste, wodurch der Name Badger Books mit einem Schlag an Bekanntheit gewonnen hat, was wiederum auch unseren anderen Titeln zugutekommt. Wenn nächstes Jahr Cy Bellamys neuer Roman bei uns erscheint, könnte das unseren Durchbruch in der Branche bedeuten.

Cy Bellamy ist Louise’ Sandkastenfreund, seit einiger Zeit auch fester Freund und viel zu attraktives Wunderkind der amerikanischen Literaturwelt, dessen Debütroman eine Erfolgsgeschichte hingelegt hat, die ihresgleichen sucht. Preise, Übersetzungslizenzen, Verfilmung mit Rio McQuoid und Sydney Sweeney in den Hauptrollen. Sein neuester Roman Swing the Heartache, der von seiner unerwiderten Liebe zu Louise handelt, wird nun bei uns erscheinen, weswegen ich Louise sehr dankbar bin, dass sie sich dazu entschieden hat, die Gefühle doch noch zu erwidern.

Von unten höre ich Geräusche. Meistens ist Bash der Zweite im Büro, also schnappe ich mir meinen Rubik’s Cube – einer der wenigen Gegenstände, die auf dem Schreibtisch ihren festen Platz haben – und verlasse mein Büro, um ihn zu begrüßen.

Auf dem Weg nach unten schiebe ich die bunten Quadratreihen des Würfels hin und her, sodass die erste Farbe bereits fertig ist, als mein Blick auf Evie fällt. Sie ist an der Spülmaschine zugange, Kaffee hat sie bereits aufgesetzt.

»Oh«, mache ich. »Ich dachte, du wärst Bash.« Ich blicke auf meine Armbanduhr. Es ist kurz nach acht. Normalerweise liegt sie um diese Uhrzeit noch verkatert im Bett irgendeines räudigen Typen, von dem sie sich hat aufreißen lassen.

»Muss morgen früher gehen«, sagt sie und bückt sich, um Teller aus der Spülmaschine zu nehmen, sodass ihr zu kurzer Rock durch die laufmaschige Strumpfhose den Blick auf ihren Slip freigibt. Ihren durchsichtigen Slip, und ich räuspere mich lautstark, ohne dass sie kapiert, worum es geht.

»Du hast hier feste Arbeitszeiten«, erinnere ich sie.

»Keine Sorge, Boss, ich mache auch diese Woche wieder unbezahlte Überstunden.«

Es nervt mich, dass ich ihr das tatsächlich glaube. Doch dann sehe ich, dass sie meine Tasse aus der Spülmaschine holt. »Was ist das?«, frage ich.

»Das?« Sie wedelt mit der Bangor-Blue-Ox-Tasse herum. »Eine Tasse.«

»Es ist meine Tasse.«

»Ich weiß.« Sie kratzt mit ihrem Fingernagel irgendeinen Spülmaschinenkrümel vom Aufdruck.

»Finger weg.« Mit einer groben Bewegung reiße ich ihr den Becher aus der Hand. »Wie oft soll ich dir noch sagen, dass diese Tasse nicht in die Spülmaschine darf?« Meine Stimme wird automatisch lauter. Wie eigentlich immer, wenn ich mit Evie spreche. Aber es gibt Regeln. Und diese Regeln sind nicht umsonst hier etabliert. Sie kann sich daran halten oder den gleichen Weg gehen wie Mrs Pavlidis. Durch die Tür.

»Ich hab sie wohl aus Versehen …«

»Ich will, dass du diese Tasse nie wieder anfasst. Hast du verstanden, Hanlon? Nie wieder.«

»Alter, entspann dich, ey. Ich war gestern ein bisschen in Eile. Da kann das mal passieren.«

»Damit du pünktlich zu deinem mediokren Fick-Date kannst, vernachlässigst du deine Pflichten hier. Bravo, Hanlon, ganz starke Performance.«

»Ich wüsste nicht, was an meinen Fick-Dates weniger wichtig sein sollte als an deinen, Barnett.«

In diesem Moment fällt mein Blick auf ein rotes und ein gelbes Laubblatt auf der Anrichte. »Und was soll der Kompost? Menschen essen hier. Verdammt noch mal!« Ich mache Anstalten, die Blätter in den Müll zu werfen, doch Evie kommt mir zuvor.

»Die hab ich gesammelt, weil ich sie schön fand.« Sie schnappt sie sich von der Anrichte. »Und nur, dass du es weißt, meine Fick-Dates sind alles andere als medioker.«

2

Evie

Eigentlich lese ich in der Arbeit keine persönlichen E-Mails. Ich weiß, dass mein Job an einem seidenen Faden hängt, weil Coulter mich nicht ausstehen kann. Deswegen gebe ich mir alle Mühe, mir nicht wirklich etwas zuschulden kommen zu lassen. Ein paar Neckereien hier und da sind schon okay. Das mit seiner Tasse war wirklich ein blödes Versehen, aber so schlimm nun auch wieder nicht. Als ich aber auf meinem Handy sehe, dass mir die Studienverwaltung der USM, der University of Southern Maine, geschrieben hat, öffne ich sie ganz gegen meine Natur.

Normalerweise ignoriere ich offiziell aussehende Dinge bis zur letzten Sekunde und darüber hinaus. Eine Taktik, die mir bislang im Leben nie genützt, aber alle anderen immer zur Weißglut getrieben hat, und das fasst eigentlich ganz gut zusammen, was es über mich zu wissen gibt. Aber dieses eine Mal gebe ich mir wirklich Mühe. Ich mache das für mich, glaube ich, und ich habe es geschafft, zwei Semester lang nicht aufzufliegen als die Versagerin, die ich bin. Bis jetzt.

Sehr geehrte Miss Hanlon,

dies ist unsere letzte Erinnerung. Ihre Verwaltungsgebühren für das Wintersemester müssen bis zum 1.Oktober auf unserem Konto eingegangen sein, sonst gehen wir davon aus, dass Sie sowohl Ihren Studienplatz als auch das damit verbundene Stipendium nicht länger in Anspruch nehmen wollen.

Vielen Dank.

Dies ist eine automatisch generierte E-Mail, bitte antworten Sie nicht darauf.

»Evie, kannst du Druckerpapier nachbestellen?«, fragt Kwan. Er hat einen dünnen Papierstapel in der Hand. »Das ist alles, was noch da ist.«

»Hm?« Ich sehe von meiner Mail auf. Fühle mich ertappt. Zu Recht. »O ja, ich kümmere mich.«

Wir beziehen unsere Büromaterialien von einem großen Online-Versand, und bevor ich es vergesse, logge ich mich auf der Seite ein und lege die gewohnte Menge Papier in den Warenkorb. Als Bezahlmethode wähle ich Rechnung aus, weil es in der Vergangenheit mit der Kreditkarte, die wir für solche Zwecke haben, Ärger gab.

Für einen kurzen Moment konnte ich meine Verwaltungsgebühren-Misere verdrängen. Aber Verdrängen hilft in diesem Fall nichts. Ich brauche bis heute Abend siebenhundert Dollar, sonst werde ich exmatrikuliert.

Ich öffne meine Onlinebanking-App, in der Hoffnung, dass mein Gehalt schon überwiesen wurde. Normalerweise ist es am Monatsersten auf meinem Konto, aber heute Morgen war es noch nicht da. Und wie zu erwarten war, ist auch bislang nichts gekommen. Der Betrag auf meinem Konto ist zehn Dollar und achtundsiebzig Cent.

»Hat jemand von euch schon Gehalt bekommen?«, frage ich in den Raum.

»Hab noch gar nicht geschaut«, sagt Anna, die wahrscheinlich genug verdient, um nicht am Monatsende vollkommen pleite zu sein.

»Hm, nee, noch nicht.« Katie ist als Trainee ebenso darauf angewiesen, dass es pünktlich überwiesen wird, wie ich. »Kommt sicher in den nächsten Tagen.«

Aber ich habe nicht die nächsten Tage. Ich habe heute. Für eine Blitzüberweisung. Mir bleibt nur eine Option, ich muss Coulter fragen, obwohl ich ungefähr so gerne an seiner Bürotür klopfe, wie mir Schamhaare mit einer Pinzette auszuzupfen. Seufzend erhebe ich mich und gehe die Metalltreppe nach oben. Ich klopfe zaghaft.

»Ja?«, hört man von drinnen.

Ich öffne die Tür einen Spaltbreit. »Ich hab eine Frage.«

»Du …«, sagt er und hebt die Augenbrauen.

»Kann ich kurz …«

Er widmet sich wieder seinem Bildschirm und irgendwelchen grottenlangweiligen Kalkulationen oder so. »Kurz.«

»Danke, dass du mir die Gnade erweist.« Ich beiße mir auf die Zunge. Das ist einer der Momente, in denen ich einfach mal nur höflich sein sollte. Aber Coulter in seinen stinkfeinen Anzügen, die er frisch aus der Reinigung holt, hat etwas so Nerviges an sich, dass ich nicht anders kann, als ihn zu provozieren. Deswegen knickse ich, nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen habe.

»Hör auf, so ein Theater zu machen, und komm zum Punkt. Ich arbeite.« Er sieht kurz auf. Seine stechend blauen Augen funkeln mich an.

»Ich hab mich gefragt, was mit dem Gehalt ist.«

»Warum?«

»Es ist noch nicht auf meinem Konto, und …«

»Es ist Montag. Am Wochenende arbeiten die Banken nicht. Da kann das schon mal vorkommen. Morgen ist es da.«

»Hm«, mache ich.

»Bis morgen wirst du’s gerade noch so überleben, oder?«

Ich schon. Mein Studienplatz nicht. Aber weil niemand im Büro weiß, dass ich studiere (und das auch so bleiben soll), sage ich nichts.

»War sonst noch was?«

Ich schüttle den Kopf, meine Lippen zu einem Strich zusammengepresst.

Er nickt knapp. Das Gespräch ist beendet. Ich wende mich zum Gehen, da sagt er: »Du hast eine fette Laufmasche.«

Ich grinse. Er muss auf meine Oberschenkel gestarrt haben, um das zu sehen. »Oh?«, sage ich gespielt überrascht. »Wo denn?«

Coulter wedelt mit der Hand. »Da halt. Aber ist auch egal.«

»Meinst du hier?«, frage ich und hebe meinen ohnehin schon kurzen Rock ein wenig höher, während ich mit dem Finger die Laufmasche entlangfahre.

»Sieh zu, dass du verschwindest.«

Lachend verlasse ich sein Büro. Immerhin dafür hat sich der Ausflug nach oben gelohnt. Doch das Hochgefühl hält nur an, bis ich zurück an meinem Schreibtisch bin.

Ich könnte Bash um Geld bitten. Er ist mein Bruder. Er würde es mir sicher leihen. Aber dann fragt er, wofür ich siebenhundert Dollar brauche. Noch dazu sofort. Er würde denken, ich will mir Drogen kaufen. Und dafür leiht er mir sicher nichts. Ich könnte ihm von meinem Stipendium erzählen. Aber dann würde er komplett ausflippen.

WIETOLLEVIEENDLICHMACHSTDUWASAUSDIRICHFREUMICHSOICHERZÄHLEESMOMUNDDADHIERHASTDUEINENFETTENKUCHENUNDEINENPOKALWEILDUDEINLEBENDOCHNICHTWEGWIRFST oder irgend so ein Scheiß. Und darauf hab ich wirklich keine Lust.

In meinem Postfach ist inzwischen die Rechnung für die Papierbestellung eingegangen. Also logge ich mich im Verlagskonto für allgemeine Ausgaben ein und überweise den Betrag. Der Kontostand beträgt dreitausend Dollar. Badger Books könnten sich meine Verwaltungsgebühren locker leisten.

Ich halte inne. Ich könnte … Nein.

Nein, Evie Hanlon, das geht nicht.

Aber warum eigentlich nicht?

Weil es nicht dein Geld ist.

Aber niemand wird es mitkriegen. Ich überweise es morgen sofort zurück.

Nennt man das nicht Veruntreuung?

Man nennt es Leihe.

Ich nenne es Leihe. Ich leihe mir das Geld. In nicht einmal vierundzwanzig Stunden überweise ich den Betrag zurück. Ich werde nicht exmatrikuliert, niemand nimmt Schaden.

Ich klicke auf Weitere Überweisung. Dann öffne ich die E-Mail mit der Zahlungsanweisung. Ich tippe den Namen der Universität und den Namen der Bank ab, gebe die neunstellige Kontonummer an. Der Überweisungsbetrag sind die siebenhundert Dollar, der Betreff meine Matrikelnummer und das Semesterkürzel. WS24.

Meine Hände sind feucht, während ich die Angaben noch einmal gegenchecke.

Auf einmal höre ich hinter mir ein Räuspern. Ich wirble herum, und dort steht Coulter. Wie kann es sein, dass ich ihn nicht habe kommen hören?

»Kann ich dir helfen?« Meine Stimme klingt piepsiger als sonst. Wie lange steht er schon hier? Hat er etwas gesehen? Ich versuche, mit meinem Rücken so viel wie möglich von meinem Bildschirm zu verdecken.

»Der Kommentar mit der Laufmasche war unprofessionell«, sagt er. »Ich habe nachgeschaut. Morgen hast du dein Gehalt.«

»O-okay?«, sage ich und sehe wahrscheinlich ziemlich verdutzt aus. Ist das sein Versuch, nett zu sein? Oder entschuldigt er sich?

»Kommt da noch was?«, fragt er.

»Hä?«

»Wer bist du, und was hast du mit Coulter gemacht?«, sagt er in einer Tonlage, die eindeutig mich nachäffen soll.

»Weißt du, manche von uns arbeiten und haben keine Zeit für so kindische Spielchen«, gebe ich zurück, und er schnaubt. »War sonst noch was?« Jetzt ahme ich Coulters Tonfall von vorhin nach. Das Herz schlägt mir inzwischen bis zum Hals.

Im nächsten Moment wendet er sich um und geht Richtung Bashs und Louise’ Büro.

Ich stoße lautstark Luft aus. Das war knapp.

»Ihr beiden«, sagt Kwan. »Besser als jede Stand-up-Comedy.«

»Ihr werdet mir echt fehlen.« Vikram seufzt.

Doch ich nehme keine Notiz von den beiden, sondern drehe mich auf meinem Bürostuhl um hundertachtzig Grad und klicke auf Sofortüberweisung ausführen. Geschafft.

Heute machen wir alle zusammen früh Feierabend, weil wir Vikrams Abschied feiern. Sein Traineeship ist beendet. Anderthalb Jahre war er bei Badger Books, und er würde sicher auch bleiben, aber es ist kein Budget da für einen weiteren festangestellten Mitarbeiter.

»… deswegen Danke für alles, Bash, Louise, Coulter. Danke, dass ihr mir mit dem Traineeship die Chance gegeben habt, in die Verlagswelt einzusteigen. Und danke, dass ich das Lektorat von Summer of Secrets extern weiterbetreuen darf.«

»Weil wir wissen, wie gut du bist«, sagt Louise. »Auch wenn ich ein bisschen neidisch bin.«

»Danke dir, Vikram.« Bash erhebt sein Glas. »Du hast hier anderthalb Jahre einen fantastischen Job gemacht. Tolles Bauchgefühl bewiesen …«

»… außer am Tag des Vorstellungsgesprächs, als er Mrs Pavlidis für die Chefin und mich für einen Praktikanten gehalten hat«, sagt Coulter.

»Nicht für einen Praktikanten«, korrigiert Vikram, lacht aber. »Woher sollte ich wissen, dass ihr so jung seid?«

»Jedenfalls danke, dass du ein toller erster Trainee warst. Wir hoffen, wir konnten dir was mitgeben und deine Zeit bei Badger Books war keine Verschwendung.«

»Ich habe auf jeden Fall gelernt, immer die Microsoft-Office-Lizenz zu bezahlen«, sagt Vikram lachend. »Sorry, Coulter, das ist immer noch mein Lieblingsmoment.«

»Und was ist mit dem Abend, an dem Cy Bellamy gesagt hat, dass wir sein Buch verlegen dürfen?«, fragt Katie, die hier noch ein halbes Jahr vor sich hat. Wäre sie eine Comicfigur, hätte sie Herzchen in den Augen. Sobald ein Mann unter fünfzig sagt, dass er Bücher schreibt, explodieren ihre Eierstöcke. Aber ich sollte still sein. Sobald ein Mann unter oder über fünfzig da ist, explodieren meine.

»Auch legendär.«

»Oder als Ariana Guidry hier war und Badger zum Fenster reingekommen ist und Coulter dann …«

Coulter räuspert sich. »Kwan, willst du heute auch deinen letzten Tag haben?«

»Sorry.«

»Nur ein Scherz«, sagt Coulter, und wir sind alle so überrascht, dass wir im ersten Moment vergessen, zu lachen.

Badger ist ein kleines Streifenhörnchen, das Louise regelmäßig mit Nüssen füttert. Manchmal bediene ich mich auch an seinen Nüssen, aber davon weiß Louise nichts. Jedenfalls hat er eine superseltene Färbung, statt braun-weiß-schwarz ist er grau-weiß-schwarz, weswegen Louise ihn Badger genannt hat. Und dann haben sie beschlossen, den Verlag nach ihm zu benennen. Und als ich das erste Mal davon gehört habe, war ich wirklich verwundert, dass mein sehr erwachsener, vernünftiger Bruder seinen Verlag nach einem freaky Streifenhörnchen benannt hat. Wobei ich zugeben muss, dass Badger wirklich sehr niedlich ist. Und Coulters spitzen Schrei, als Badger auf einmal in der Tür zum Meetingraum stand, hätte ich auch zu gern gehört.

Es ist bereits kurz vor neun, als wir uns alle auf den Heimweg machen. Ich bin schon ein bisschen angetrunken, weil ich ziemlich viel Sekt hatte.

»Ich wünsch dir alles Gute, Mann«, sagt Coulter, schüttelt Vikram fest die Hand und klopft ihm auf die Schulter.

»Danke.«

»Lass dich umarmen.« Louise geht auf Vikram zu und schließt ihn in die Arme. Bash tut es ihr nach. Dann umarmen ihn nacheinander Anna, Kwan, Katie und ich.

»Bin gespannt, wo es dich hinverschlägt«, sagt Katie.

»Wo auch immer, ich lege ein gutes Wort für dich ein.«

»Stopp, stopp, stopp«, sagt Coulter. »Erst mal wird hier niemand abgeworben. Katie, wir brauchen dich.«

»Keine Sorge, ich bin noch eine Weile da.« Sie lächelt ihn beruhigend an, und er verlässt als Erster das Büro, vermutlich für eins seiner komischen Dates, über die er nie spricht und über die niemand etwas weiß.

Und ich muss sagen, ich bin auch froh, dass ich noch eine Weile da bin. So unerträglich Coulter meistens ist, Badger Books ist der angenehmste Arbeitgeber, den ich in den letzten Jahren hatte. Und da waren echt einige dabei …

3

Coulter

Ich treffe Ciel in der Bar des Courtyard Hotels an der Waterfront. Sie ist Französin, sehr schlank, geschmackvoll gekleidet und gestylt und sucht laut ihrem Profil in der Casual-Dating-App, die ich nutze, nach einer Nacht Spaß. Wir matchten, wir tauschten Höflichkeiten aus, dann klärte ich sie über meine Verfahrensweisen auf: Sex ist für mich ein Transfer von Körperlichkeit, nicht mehr, nicht weniger. Ich habe kein Interesse daran, persönliche Dinge über sie zu erfahren oder von mir preiszugeben. Ich treffe mich gerne mit ihr vorab auf einen Drink oder ein Abendessen, weil es lebensgefährlich für Frauen ist, fremde Männer direkt im Hotelzimmer zu treffen, aber währenddessen führen wir Small Talk. Wenn ich ihr gefalle und sie mir, vögeln wir hinterher, dann gehe ich nach Hause. Sie kann meinetwegen die Nacht im Hotelzimmer bleiben.

Nicht jede Frau lässt sich darauf ein. Doch viele von ihnen werden von meinem Äußeren – meinem Körper, meinem Gesicht, meiner Stilsicherheit – angezogen. Solange ich ihnen vorher sage, was sie von mir erwarten können, fühle ich mich nicht schlecht dabei. Ich schulde ihnen nichts. Nicht die Wahrheit über mich, darüber, wer ich bin, wo ich herkomme. Nur falsche Versprechungen darf ich ihnen nicht machen. Auf diese Weise bekommen wir am Ende alle, was wir wollen.

»Bonsoir«, begrüße ich Ciel. Schon von der Lobby aus konnte ich sie von hinten bewundern. Sie trägt ein himmelblaues, bodenlanges Kleid mit tiefem Rückenausschnitt. Ihre blonden Haare fallen ihr in perfekt gestylten Wellen über die Schultern. Sie ist genauso attraktiv wie auf den Bildern.

»Bonsoir«, erwidert sie. »Enchantée.« Sie hält mir ihre Hand hin, und ich täusche einen Handkuss an. Dann setze ich mich neben sie, bestelle eine Coke Zero und »was immer die Dame möchte«.

»Einen French Seventyfive«, bestellt sie. »Soixante-quinze.« Ihr Akzent ist ziemlich heiß. Ihre Stimme ebenso.

Einen Moment lang sitzen wir nebeneinander und sehen uns an. Mustern uns. Um abzuchecken, ob das heute Abend etwas wird mit uns beiden.

»Und?«, frage ich dann. »Gefalle ich dir?«

Sie lächelt und nickt. »Und ich dir?«

»Hast du schon einmal jemandem nicht gefallen?«, frage ich, und sie grinst frech.

»Und das ist also dein Ding, ja?«, fragt sie dann. »One-Night-Stands in Hotels?«

Ich war mir sicher, wir würden nicht über mich sprechen, aber diese Frage lasse ich gerade noch durchgehen. »Das ist mein Ding. Schöne Frauen treffen, schöne Frauen beglücken. Und was ist dein Ding?«

»Ich bin gerade auf US-Tour. Ich bin Model und gehe zu Castings.« Sie erzählt mir von Stationen in L. A., Austin, Chicago, Philadelphia, D. C. und Boston. Als Letztes steht New York auf dem Programm, aber vorher reist sie durch New England. »Und manchmal wird es ein wenig einsam.«

»Dafür bin ja ich jetzt da«, sage ich und fahre einmal mit der Hand über ihr Bein, das durch den Schlitz im Kleid entblößt wird. Sehr zufrieden stelle ich fest, dass keine Stoppeln zu spüren sind.

»Bist du aus Portland?«, fragt sie.

»Aus der Nähe.«

»Wo genau? Vielleicht fahre ich vorbei.«

Ich schüttle den Kopf. Habe keine Lust, über Mechanic Falls zu sprechen. »Da gibt’s nichts zu sehen. Halt dich an der Küste, damit machst du nichts falsch.«

»Und du hast kein Interesse an einer Freundin? Ich wette, die Frauen reißen sich um dich.«

»Und selbst?«, frage ich, weil ich nicht über mich sprechen will. Das habe ich deutlich genug kommuniziert.

Sie zuckt mit den Schultern. »Ich mag meine Unabhängigkeit, meine Freiheit. Damit konnte mein letzter Freund nicht umgehen. Es wurde sehr hässlich.«

Ich nicke. Nippe an meiner Coke.

»Trinkst du nicht?«

»Ich trinke doch.« Aber natürlich weiß ich, was sie meint.

»Ich meine Alkohol, Dummerchen.«

»Nicht, wenn ich es vermeiden kann.«

»Ist es ein Problem, dass ich trinke?«

Ich blicke sie an. Sie sieht ehrlich interessiert aus, und das stört mich. Sie soll kein Interesse an mir haben. Zumindest keines, das über die körperliche Transaktion hinausgeht.

»Gehen wir nach oben?«, frage ich.

»Wunder Punkt?«

»Nein, aber kein Interesse an Deep Talk.«

»Okay«, sagt sie, ext den Rest ihres Cocktails, dann dirigiere ich sie, die Hand auf ihrem Rücken, zu den Aufzügen.

Die Zimmerkarte habe ich bereits beim Betreten des Hotels an der Rezeption abgeholt. Jetzt halte ich sie an den dafür vorgesehenen Sensor, drücke auf die Vier, und die Fahrstuhltüren schließen sich. Mir fällt auf, dass Ciel gut riecht, und ich entscheide, hier und jetzt den ersten Vorstoß zu machen.

Ich lege ihr die Hand in den Nacken, sie weicht nicht zurück. Meine Lippen nähern sich den ihren, und sie überbrückt die letzte Distanz und ergibt sich sofort in einen leidenschaftlichen Kuss. Sie schmeckt frisch, zitronig und leicht nach Alkohol, was mich aber nicht stört, da ich entgegen ihrer Annahme kein trockener Alkoholiker bin.

Als der Aufzug im vierten Stock ankommt, lösen wir uns voneinander. Die Türen öffnen sich wieder, und wir folgen über den gemusterten Teppichboden den Pfeilen zum Zimmer mit der Nummer 424. Die Tür piept, als ich die Karte präsentiere, und ich schiebe sie auf.

Die Zimmer hier sind alle beinahe identisch möbliert. Moderne, dunkle Holzmöbel und eine durchgehende Matratze statt zwei einzelner, die beim Sex auseinanderrutschen. Es ist so sauber, dass ich mich wohlfühle, was der Grund ist, warum ich immer wieder hierherkomme.

Ciel wirft sich aufs Bett und schenkt mir laszive Blicke. Ich stehe am Fußende. Jetzt kommt der unangenehme Teil.

»Würdest du duschen gehen?«, frage ich.

Sie lacht. Noch. »Ich bin geduscht.«

»Trotzdem«, beharre ich.

»Kommst du mit?« Sie klimpert mit ihren langen Wimpern.

Ich schüttle den Kopf. »Nein, aber mir wäre es wirklich lieb, wenn du dich einmal waschen würdest.«

»Spinnst du?«, fragt sie. Die Stimmung kippt. Das passiert häufiger, aber meistens kriege ich sie wieder eingefangen.

»Das klingt sicher komisch für dich, aber es ist mir wichtig. Sonst läuft nichts.«

»Und wenn ich auch will, dass du dich wäschst?« Sie setzt sich auf.

»Dann komme ich deinem Wunsch selbstverständlich nach. Möchtest du, dass ich mich wasche?«

»Mir egal«, sagt sie.

»Mir nicht. Also?«

Sie verdreht die Augen, schüttelt den Kopf. Dann seufzt sie und steht auf. »Willst du zuschauen? Ist das dein Ding?«

»Das ist nicht nötig.«

»Freak«, murmelt sie, während sie sich an mir vorbeischiebt. Dennoch geht sie ins Bad, und kurz darauf höre ich die Dusche.

Wenige Minuten später ist sie zurück. Frisch gewaschen und komplett entblößt. Ich sehe, dass ihre Bikinizone perfekt rasiert oder gewachst ist, und nun beginne auch ich, mich zu entkleiden. Sie kommt mir zu Hilfe, knöpft mein Hemd mit ihren schönen manikürten Fingern auf. Sie ist selbstbewusst, das gefällt mir. Selbstbewusst, schön, haarlos.

Und dann gebe ich ihr das, wofür sie gekommen ist. Bekomme das, wofür ich gekommen bin. Und auch wenn mein Spleen mit der Dusche vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig ist, hat sich im Nachhinein bislang noch keine einzige der Frauen, mit denen ich intim geworden bin, beschwert. Sie mögen mir relativ egal sein, aber das bedeutet nicht, dass ich bei der Sache keinen Ehrgeiz habe.

Bevor sie Anstalten macht, sich nach der zweiten Runde in meinen Arm kuscheln zu wollen, stehe ich auf.

»Ich dusche noch schnell, dann hast du das Zimmer für dich«, sage ich.

»Soll ich mitkommen?«, fragt sie und streicht mit den Fingerspitzen über meinen Rücken.

»Nein danke«, sage ich, erhebe mich und gehe ins Bad.

Vor dem Spiegel streiche ich mir über die Haare, die etwas zerzaust sind, dann stelle ich mich unter die heiße Dusche. Ich wasche mir Schweiß und andere Körperflüssigkeiten gründlich ab. Vor allem aber den Geruch nach ihr.

»Dein Handy hat geklingelt.« Ciel reicht mir mein Telefon, als ich aus dem Bad zurück bin, um mich anzuziehen. »Deine Mom.« Sie lächelt mich an, doch meine Gesichtszüge frieren augenblicklich ein.

»Warum schaust du auf mein Handy?«

»Es hat vibriert. Ich dachte, vielleicht ist es meins. Also bin ich aufgestanden.«

»Hast du schon einmal etwas von Privatsphäre gehört? Man schaut nicht auf anderer Leute Handys.« Ich kann nichts dagegen tun, dass ich wütend klinge. Und ich will nichts dagegen tun.

»Sorry, es ist ja nicht so, als hätte deine Ehefrau angerufen.« Sie zwinkert mir zu. »Es war nur deine Mom.«

Ich schüttle den Kopf, reiße ihr mein Telefon geradezu aus der Hand.

»Entspann dich mal.«

»Ich war entspannt.«

Ich ziehe mich in Windeseile an und bin kurz darauf bereit, aufzubrechen. Ciel beobachtet mich die ganze Zeit mit Skepsis, aber auch einer Portion Neugierde, wenn ich es richtig deute.

»Ich bin noch zwei Tage hier«, sagt Ciel. »Vielleicht hast du ja Lust, dich noch mal zu treffen.«

Ich muss unwillkürlich schnauben.

»Nur weil du ein bisschen schräg bist, heißt das nicht, dass der Sex nicht gut war.«

»Nur weil du dich in meine privaten Angelegenheiten einmischst, heißt das nicht, dass der Sex nicht gut war«, sage ich. »Aber es heißt, dass ich dich nicht noch mal sehen werde.« Dabei bin ich nicht grundsätzlich abgeneigt, Frauen mehrfach zu treffen, solange es bei dem Arrangement bleibt. Meine Erfahrung sagt mir allerdings, dass sie spätestens nach dem dritten Mal ein wenig anhänglich werden und denken, sie hätten jetzt den geheimen Schlüssel zu meinem Herzen oder so was ähnlich Dämliches. Und mein Handy anzufassen, ist ein absolutes No-Go.

»Dein Pech«, sagt Ciel, und jeder andere Kerl in meiner Situation würde ihr vermutlich recht geben. Aber ich bin ich und nicht jeder andere. Ich ziehe diese Grenze.

»Bye, Ciel.« Im nächsten Moment schließe ich die Tür von außen und blockiere ihre Nummer. Etwas, das ich auch bei gewissen anderen Personen tun sollte und doch nicht kann.

Zu Hause wartet Martha bereits an der Tür auf mich. Sie freut sich jedes Mal, mich zu sehen, auch wenn ich nicht verstehe, wie es zu dieser Begeisterung kommen konnte. Schließlich tue ich alles dafür, sie von mir fernzuhalten. Jetzt streicht sie um meine Beine, und ich versuche, ihr mit großen Schritten auszuweichen, damit sie meine Hose nicht voller Katzenhaare macht – mit mäßigem Erfolg. Louise wollte mir längst eine Fusselrolle kaufen, aber wahrscheinlich sollte ich mich selbst darum kümmern. Oder ich sollte die Katze einfach loswerden, aber das kann ich Philomena nicht antun.

Zum wiederholten Male frage ich mich, was dieses komische kleine Mädchen an sich hat, dass ich so weich werde. Niemandem sonst auf der Welt gelingt dieses Kunststück. Aber sie sieht mich mit ihren riesigen blauen Augen unter den dichtesten schwarzen Wimpern, die die Welt je gesehen hat, an, und ich werfe all meine Prinzipien über Bord. Vielleicht sollte ich das mal untersuchen lassen.

Als ich meinen Anzug fein säuberlich auf einen Bügel gehängt, Zähne geputzt und die Tagesdecke ordentlich zusammengelegt habe, schlüpfe ich in mein sauberes Bett. Ich angle nach dem Laptop auf meinem Nachttisch und öffne die Kalkulationen, an denen ich vor Vikrams Abschied noch gearbeitet habe. Die Kurven zeigen alle nach oben, auch die Ausgaben. Vielleicht müssen wir uns im Laufe der nächsten Zeit mal zusammensetzen und zusehen, dass wir die Fixkosten ein wenig reduzieren. Denn solange wir auf der Jethro- oder Cy-Bellamy-Welle schwimmen, können wir es uns leisten. Aber die Erfolge dieser Namen werden irgendwann abebben, und für diesen Moment brauchen wir einen Puffer.

Martha springt aufs Bett, doch ich verscheuche sie gleich wieder. »Ab mit dir. Du darfst hier nicht hoch.«

Sie sieht mich vorwurfsvoll an und tapst weg. Ich widme mich gerade wieder den Zahlen, da sehe ich, dass sie einfach nur um mein Bett herumgelaufen ist und erneut zum Sprung ansetzt.

»Ich warne dich.« Mit erhobenem Zeigefinger gebe ich ihr zu verstehen, dass sie nicht einmal dran denken soll, wieder hochzuspringen.

Sie gurrt auf diese fragende Weise, dann springt sie hoch.

»Nein.« Ich hebe die Decke hoch, sodass sie wieder abzischen muss. Dieses Spiel spielen wir jeden Abend. Am liebsten würde ich sie einfach ins Bad sperren, aber Philomena hat es mir verboten.

Als ich unter der Decke einen Fuß mit dem anderen kratze, versteht Martha das als Aufforderung, meine Füße zu jagen, und ich verscheuche sie mit extradeutlichen Worten.

Wenig später klappe ich den Laptop zu und schalte das Licht aus. Und gerade, als ich dabei bin, wegzudämmern, spüre ich, wie Martha wieder aufs Bett springt, eine Weile im Kreis läuft und sich dann zusammenrollt. Mistvieh. Aber für heute kapituliere ich.

4

Evie

»Kann ich zufällig einen Stift von dir leihen?«, flüstere ich. Ich muss aufpassen. Nachdem ich wiederholt zu spät zu meiner Vorlesung über Erzähltheorie gekommen bin, darf ich nicht mehr negativ auffallen. Aber der Kugelschreiber, den ich eigentlich irgendwo in den Tiefen meines Jutebeutels hatte, scheint sich in Luft aufgelöst zu haben, sodass ich jetzt zwar einen etwas verknickten Block vor mir habe, aber keinen Stift.

Der Kerl neben mir, den ich schon ein paarmal von Weitem gesehen habe, grinst beim Anblick meines Chaos. Denn während der Kugelschreibersuche kamen ein paar Lippenstifte, Taschentücher (benutzte wie unbenutzte), Tampons, ein Ladekabel, zwei Taschenbücher, mein Schlüssel und diverse andere kleine Dinge, die mal mehr, mal weniger appetitlich waren, zum Vorschein. Dennoch reicht er mir einen Stift.

»Danke«, flüstere ich, und er nickt.

Er sieht gut aus. Auf eine intellektuelle Weise verwegen. Die mittellangen Haare fallen ihm in die Stirn, sein Band-T-Shirt hat den perfekten Verwaschenheitsgrad, und die Baggyhose sitzt, wie ich bei näherem Hinsehen feststelle, tief genug, um einen Blick auf seine karierten Boxershorts zu erhaschen.

»Hab ich was verpasst?« Ich sollte einfach aufhören, zu reden. Aber es fällt mir so schwer, meine Klappe zu halten. In meinem Kopf ist dauernd irgendwas los, und das will raus. Das sind Impulse, die ich nicht kontrollieren kann.

Hinter mir räuspert sich jemand, doch der Kerl neben mir grinst immer noch. »Gab eine Ankündigung für eine Vorlesungsreihe. Die ersten Schritte zur Veröffentlichung oder so ähnlich. Klang gut. Man muss sich aber online anmelden.«

»Gehst du hin?«, frage ich.

Er nickt. »Ich habe mich schon eingetragen.«

»Hast du einen Link?«

»Hast du eine Nummer?«

Ich krame in meinem Jutebeutel nach meinem Handy, öffne einen neuen Kontakt. Als Namen gebe ich Cutie aus der Vorlesung an, dann schiebe ich ihm mein Telefon hin.

»Cutie?«, fragt er herausfordernd und ändert den Namen dann in Extrem heißer Kerl aus der Vorlesung (Aaron). Er tippt seine Nummer ein und gibt mir mein Smartphone dann zurück, damit ich bei ihm anklingeln lassen kann.

Während der nächsten knappen anderthalb Stunden tauschen wir immer wieder Blicke aus. Es gefällt mir, dass ich ihm gefalle. Wer weiß, was sich daraus ergibt. Ich bin nicht auf der Suche nach etwas Festem. Das war ich noch nie. Manchmal wurde es etwas Festes, aber in jedem Fall habe ich den Beziehungskarren bisher in den Dreck gefahren, weswegen ich mir ziemlich sicher bin, dass ich beziehungsunfähig bin. Nicht, weil ich mich nicht binden wollen würde. Aber weil ich auf den zweiten Blick einfach auf vielen verschiedenen Ebenen eine Enttäuschung bin. Und das fällt irgendwann auf, wenn ich dann enttäusche.

Als der Professor die Vorlesung beendet, schiebt Aaron mir sein Telefon hin. Erst verstehe ich nicht, warum, dann sehe ich, dass er mich unter Die bisschen Chaotische, die ich mal um ein Date bitten werde eingespeichert hat.

»Da geb ich dir dann deinen Stift zurück«, sage ich.

»Äh, eigentlich …«

Aber ich bin schon aufgestanden und winke ihm zum Abschied. Schließlich will ich nicht zu spät zu meinem halben Tag bei Badger Books kommen. Sonst muss ich mir wieder irgendwas von Coulter anhören. Außerdem ist mein Gehalt gekommen, und ich muss wirklich dringend die siebenhundert Dollar zurücküberweisen.

 

Als ich mich mit einer Flasche kaltem Root Beer an meinen Schreibtisch setze, hat Aaron mir den Link zu der Vorlesungsreihe geschickt. Doch bevor ich mich anmelde, logge ich mich in mein Onlinebanking ein, um meine Schulden zu begleichen. Dann kontrolliere ich auf dem Badger-Books-Konto, ob das Geld da ist. Und tatsächlich, das Geld ist ein paar Minuten später da.

»Gut, dass du da bist«, sagt auf einmal Coulters Stimme hinter mir. »Wir müssen uns mal über die Ausgaben unterhalten, die du jeden Monat tätigst.«

Ich erstarre. Er hat doch nicht …

»Wir geben zu viel Geld für Arbeitsmaterialien aus. Das muss günstiger gehen.«

Vor Erleichterung wird mir ganz warm. Schnell schließe ich den Tab mit dem Onlinebanking.

»Und kannst du dich bitte ausloggen, wenn du Zahlungen machst?« Er stöhnt. »Ernsthaft, das sagt einem doch der gesunde Menschenverstand.«

»Aber da du nicht müde wirst, zu betonen, dass er mir fehlt, kann das doch jetzt auch keine so große Überraschung mehr für dich sein, oder?«, frage ich, drehe mich um, spreize meine Beine ein wenig, um ihn zu irritieren. Meinen Körper benutzen, um von Männern zu bekommen, was ich will – und um Coulter zu ärgern –, kann ich. Und tatsächlich, sein Blick wandert zu meinen Oberschenkeln.

»Hier oben«, sage ich und zeige auf meine Brüste. »Scherz. Hier.« Mein Finger wandert zu meinem Gesicht.

Coulter räuspert sich. »Die Arbeitsmaterialien.«

»Ich habe heute einen Stift geschnorrt.« In meinem Beutel fische ich nach Aarons Kugelschreiber. »Wenn wir das alle machen würden, müssten wir keine mehr bestellen.«

»Sehr witzig«, sagt Coulter. »Natürlich können wir Stifte kaufen, wenn wir welche brauchen. Ich wollte dich lediglich darum bitten, dass du mal ein paar Webseiten vergleichst. Vielleicht lassen sich da im Jahr ein paar Hundert Dollar einsparen.«

»Ein paar Hundert Dollar? Davon könntet ihr ja fast Vikram einstellen!«, sage ich.

»Kleinvieh macht auch Mist.«

»Und seit wann magst du Mist?«

Coulter verdreht die Augen und verlässt kopfschüttelnd meinen Schreibtisch. Und wieder einmal habe ich gewonnen.

»Geht jemand, der nicht Coulter ist, nachher mit mir ins Great Beers?«, frage ich in den Raum, sodass Coulter es auf jeden Fall noch hört.

»Bei deinem Lebensstil sollten wir vielleicht deinen Job präventiv schon mal wieder ausschreiben«, sagt er auf dem Weg nach oben in sein Büro.

»Keine Sorge, Coulter. Eines Tages, wenn ich alt bin, werde ich genauso langweilig wie du.«

»Falls du alt wirst.« Dann schließt er seine Tür.

»Also?«, frage ich noch mal in die Runde.

»Sorry, ich habe heute Schwimmkurs«, sagt Kwan.

»Bei mir wird es auch nichts.« Anna grinst in sich hinein.

»Zara?«, frage ich, denn Anna steht schon seit Ewigkeiten auf Zara, und seit ein paar Wochen daten sie endlich.