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Digitale Romanserie. Folge 28
Eine delikate Feindschaft
Das "Spotted Pig” bekommt Konkurrenz! Bislang unangefochten das beste Restaurant in Cherringham verspricht das neu eröffnete "Bayleaf" nun ebenfalls ganz besondere Gaumenfreuden - und das mit einer sternegekrönten amerikanischen Küchenchefin. Doch dann wird das Bayleaf Ziel immer dreisterer Anschläge und aus der belebenden Konkurrenz wird eine verhängnisvolle Feindschaft. Jack und Sarah wollen herausfinden, was und vor allem wer hinter den Angriffen auf das neue Spitzenrestaurant steckt. Und entdecken, dass Küchenchefin Anna ein dunkles Geheimnis mit nach Cherringham gebracht hat, das nicht nur sie in Gefahr bringt ...
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Seitenzahl: 153
Cover
Cherringham – Landluft kann tödlich sein – Die Serie
Über diese Folge
Die Hauptfiguren
Über die Autoren
Ein Menü zum Sterben
Impressum
1. Die neue Saison
2. Eine Überraschung zum Dessert
3. Vertrauliche Küchenplauderei
4. Ein Tisch für eine Person
5. Jede Geschichte hat zwei Seiten
6. Teepause
7. Was für ein glückliches Paar!
8. Geheimnisse
9. Die Gemüter erregen sich
10. Es wird ungemütlich
11. Dinner auf der Goose
12. Eine brennende Frage
13. Planänderungen
14. Digitale Spuren
15. Etwas Fischiges
16. Geheimnisse
17. Zurück zur Farm
»Cherringham – Landluft kann tödlich sein« ist eine Cosy- Crime-Serie, die in dem vermeintlich beschaulichen Städtchen Cherringham spielt. Regelmäßig erscheinen sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch spannende und in sich abgeschlossene Fälle wie auch Romane mit dem Ermittlerduo Jack und Sarah.
Das »Spotted Pig« bekommt Konkurrenz!
Bislang unangefochten das beste Restaurant in Cherringham verspricht das neu eröffnete »Bayleaf« nun ebenfalls ganz besondere Gaumenfreuden – und das mit einer sternegekrönten amerikanischen Küchenchefin. Doch dann wird das Bayleaf Ziel immer dreisterer Anschläge und aus der belebenden Konkurrenz wird eine verhängnisvolle Feindschaft. Jack und Sarah wollen herausfinden, was und vor allem wer hinter den Angriffen auf das neue Spitzenrestaurant steckt. Und entdecken, dass Küchenchefin Anna ein dunkles Geheimnis mit nach Cherringham gebracht hat, das nicht nur sie in Gefahr bringt …
Jack Brennan ist pensioniert und frisch verwitwet. Er hat jahrelang für die New Yorker Mordkommission gearbeitet. Alles, was er nun will, ist Ruhe. Ein Hausboot im beschaulichen Cherringham in den englischen Cotswolds erscheint ihm deshalb als Alterswohnsitz gerade richtig. Doch etwas fehlt ihm, das er einfach nicht sein lassen kann: das Lösen von Kriminalfällen.
Sarah Edwards ist eine 38-jährige Webdesignerin. Sie führte ein perfektes Leben in London samt Ehemann und zwei Kindern. Dann entschied sich ihr Mann für eine andere. Mit den Kindern im Schlepptau versucht sie sich nun in ihrer Heimatstadt Cherringham ein neues Leben aufzubauen. Das Kleinstadtleben ist ihr allerdings viel zu langweilig. Doch dann lernt sie Jack kennen …
Matthew Costello ist Autor erfolgreicher Romane wie Vacation (2011), Home (2014) und Beneath Still Waters (1989), der sogar verfilmt wurde. Er schrieb für verschiedene Fernsehsender wie die BBC und hat dutzende Computer- und Videospiele gestaltet, von denen The 7th Guest, Doom 3, Rage und Pirates of the Caribbean besonders erfolgreich waren. Er lebt in den USA.
Neil Richards hat als Produzent und Autor für Film und Fernsehen gearbeitet sowie Drehbücher für die BBC, Disney und andere Sender verfasst, für die er bereits mehrfach für den BAFTA nominiert wurde. Für mehr als zwanzig Videospiele hat der Brite Drehbuch und Erzählung geschrieben, u.a. The Da Vinci Code und, gemeinsam mit Douglas Adams, Starship Titanic. Darüber hinaus berät er weltweit zum Thema Storytelling. Bereits seit den späten 90er Jahren schreibt er zusammen mit Matt Costello Texte, bislang allerdings nur fürs Fernsehen.
Cherringham ist die erste Krimiserie des Autorenteams in Buchform.
Matthew CostelloNeil Richards
CHERRINGHAM
LANDLUFT KANN TÖDLICH SEIN
Ein Menü zum Sterben
Aus dem Englischen von Sabine Schilasky
beTHRILLED
Deutsche Erstausgabe
»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment
Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Textredaktion: Dr. Arno Hoven
Lektorat/Projektmanagement: Rebecca Schaarschmidt
Covergestaltung: Thomas Krämer nach einer Vorlage von Jeannine Schmelzer unter Verwendung von Motiven © shutterstock: jason2009 | suns07butterfly | © David Hughes
eBook-Erstellung: Olders DTP.company, Düsseldorf
ISBN 978-3-7325-5384-6
www.be-ebooks.de
www.lesejury.de
Helen Edwards blickte auf, als Julie einen kleinen Teller mit einem eiswaffelförmigen Etwas vor ihr auf den Tisch stellte.
Auch wenn sie nicht sogleich davon kostete, wusste Helen schon jetzt, dass es ein absolut köstlicher Auftakt für dieses besondere »Probe-Menü« sein würde – ein kulinarisches Erlebnis von entscheidender Bedeutung, um die Gerichte für das Spendendinner der Cherringham Opera Society auszuwählen.
Heute Abend speiste Helen mit der Schirmherrin der Operngesellschaft, Lady Repton.
Immer eine unterhaltsame Gesprächspartnerin bei einem Dinner.
Für eine Frau, die über so ein großes Vermögen verfügte, hatte sie kaum Allüren.
Während die kleinen Teller hingestellt wurden, nippte Helen an ihrem Cotswold-Gin-Tonic; die Grapefruitscheibe darin war eine Offenbarung.
Unterdessen genoss Lady Repton einen Manhattan. Helen kannte diesen Drink nicht; sie hatte lediglich gehört, dass er ziemlich stark sein sollte.
Und Lady R. nimmt keineswegs kleine Schlucke.
Lady Repton hatte bereits zugesagt, wieder einmal als Gastgeberin der diesjährigen Veranstaltung zu fungieren, die außerdem eine Liveübertragung von Turandot aus der Metropolitan Opera in New York bieten würde.
»Nun, Lucinda, was hältst du von dem Amuse-Bouche?«
Sie beobachtete, wie Lady Repton von der winzigen Waffel probierte, den Happen einen Moment auf ihrer Zunge ruhen ließ und sich ein Lächeln gestattete.
»Nun, meine Liebe, amüsieren tut es mich allemal!«
»Mich auch«, gestand Helen, die den Geschmack ebenfalls auskostete. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie Sam es schafft, diesen Teig so leicht hinzubekommen.«
In dem Augenblick kam Julie, die mit ihrem Mann Sam, dem Koch, gemeinsam das Restaurant betrieb, zu ihnen herüber. Zuvor hatte sie die beiden von der Seite aus beobachtet.
»Schmeckt es den Damen?«
Helen lächelte. Sie und ihr Mann Michael waren Stammgäste im Spotted Pig, auch wenn man oft Wochen im Voraus reservieren musste.
Sie wusste, dass auch Lady Repton häufig hier speiste, obwohl sie in Repton Hall einen eigenen Koch hatte, der mehr als kompetent war.
Helen überließ es Lady R., als Erste zu antworten.
»Und ob es das tut, Julie. Gänseleber-Mousse, vermute ich? Kapern … ein Hauch von … Sherry vielleicht?«
»Vin Santo«, erwiderte Julie.
Lady Repton strahlte. »Ja, natürlich! Dieses nussige Honigaroma. Und die leichte Waffel – so hauchdünn! Perfekt.«
Nun war es Julie, die ein Strahlen im Gesicht hatte. Was sie gerade vernommen hatte, war ohne Zweifel ein hohes Lob von Lady Repton, die dafür berüchtigt war, dass man sie nicht leicht zufriedenstellen konnte.
»Wie war es für dich, Helen?«, fragte Julie.
»Oh, ganz wunderbar. Ich kann die anderen Gänge kaum erwarten.«
Lächelnd wollte Julie sich wieder ihren Pflichten widmen, als Lady Repton sie sacht am Arm berührte.
»Julie, falls es heute Abend in Ihrem Restaurant nicht allzu geschäftig zugeht, könnte Sam dann eventuell zu uns kommen und mit uns einige Punkte besprechen, während wir mit dem Essen fortfahren?«
Julie nickte lächelnd, aber Helen sah, wie sich ihre Miene ein wenig umwölkte.
Vielleicht stellte dieses spezielle Probe-Menü – selbst wenn nur zwei Leute daran teilnahmen – eine Aufgabe dar, die ein wenig beängstigend für das kleine Restaurant war.
Obwohl das Pig gewiss schon früher solche Herausforderungen gemeistert hatte.
Dann aber kam Helen ein anderer Gedanke: Ist heute Abend womöglich der Druck zu groß?
Anfangs hatte Julie nur wenigen Leuten von ihrer Schwangerschaft erzählt, doch inzwischen ließ sie sich nicht mehr verheimlichen. Das erste Baby! Aber Säuglinge bedeuteten zusätzliche Kosten, und dann war da selbstverständlich die Frage, wer sich hier während der ersten Monate nach der Geburt um den Service kümmerte.
Kaum war Julie fortgegangen, wandte sich Lady Repton an Helen.
»Übrigens, hast du schon dieses neue Lokal ausprobiert, das Bayleaf?«
»Noch nicht. Wenn Michael und ich gut essen gehen wollen, kommen wir am liebsten hierher.«
Lady Repton nickte.
»Verständlich. Aber ich wollte es unbedingt testen und war schon einmal dort. Und weißt du was?« Sie senkte die Stimme. »Es ist absolut fantastisch. Das Enten-Confit? Weltklasse.«
Helen sah, wie ihre Freundin und Schirmherrin zur Seite blickte, bevor sie fortfuhr: »Ich fürchte, unsere Freunde hier im Spotted Pig haben es mit ernst zu nehmender Konkurrenz zu tun bekommen.«
Helen nickte. Erklärte das womöglich, warum Julie ein wenig angespannt wirkte?
»Also«, sagte Lady Repton, »wollen wir das Dinner besprechen?«
Helen trank einen Schluck von ihrem Gin-Tonic. »Unbedingt.«
»Für die Liveübertragung ist alles vorbereitet. Diese Techniker aus Chipping Norton verstehen wirklich etwas von ihrem Fach. In unserem kleinen ›Theater‹ werden wir uns alle fühlen wie in der ersten Reihe in der Met! Stell dir vor: Puccinis Turandot, live aus New York – und das in Repton Hall!«
Helen wusste, dass die Leute wirklich gespannt waren. Sogar ihre Tochter Sarah, die eigentlich kein großer Opernfan war, wollte unbedingt kommen, sowohl wegen der Übertragung als auch wegen des zweifellos hervorragenden Dinners.
Sarah würde ihren amerikanischen Freund Jack mitbringen, der sicherlich »sein« New Yorker Opernhaus bestens kannte.
»Wir sind übrigens ausverkauft«, sagte Helen. »Und mit dem Spendenanteil aus dem Kartenverkauf …«
»Ja, von den zusätzlichen Spenden aus der stillen Auktion ganz zu schweigen … Tja, unsere kleine Operngesellschaft wird solventer dastehen denn je.«
Helen erhob ihr Glas, um mit Lady Repton anzustoßen, und die tat es ihr gleich.
»Ein Hoch darauf!«
Dann jedoch reckte Lady Repton einen Finger in die Höhe.
»Und das hat dazu geführt, dass ich auf eine besondere Idee gekommen bin.«
Lucinda Repton beugte sich vor, als wollte sie Geheimnisse über feindliche Truppenbewegungen ausplaudern.
»Eine Idee?«
Lady R. nickte. »Eine recht furchteinflößende überdies.«
Helen sah sie auch dann noch an, als sie bemerkte, dass die Bedienung von hinten mit zwei weiteren Tellern herbeigeeilt kam.
Sie wartete, während Lucinda Repton sich umschaute.
»Wie wäre es, wenn wir im nächsten Jahr … anstelle unserer üblichen Auswahl an saisonal abgestimmten Themen …«, fuhr sie langsam fort. »Also, wie wäre es, wenn wir an einem der Termine, vielleicht im Sommer, tatsächlich … eine komplette Oper aufführen?«
Eine komplette Oper?
Soweit Helen wusste, war das noch nie in Betracht gezogen worden. Und mit ihrer kleinen Gruppe war es, nun ja, keinesfalls umzusetzen.
»Nein, lass mich ausreden, Helen. Ich meine, mit dem Chor in seiner gegenwärtigen Größe – und stark, wie er ist – könnten wir es gerade so schaffen!«
Helen kamen spontan ein Dutzend Gründe in den Sinn, die allesamt schrien: Unmöglich!
»Aber, Lucinda, du weißt doch, was es bedeutet, eine Oper auf die Beine zu stellen. Die Mittel, die wir bräuchten, die Sänger für die Hauptrollen, die Stunden an Proben, die Kostüme, das Bühnenbild … Und so wundervoll die Idee auch scheint, ist solch ein Vorhaben für unsere kleine Operngesellschaft gewaltig, noch dazu in, wie viel, sechs Monaten? Tja …«
Lady Repton lächelte.
»Ich weiß, aber mein Plan ist folgender: Wir suchen einen Einakter aus, etwas, das für die kleine Bühne in unserem Theater geeignet ist und auch unseren musikalischen Möglichkeiten entspricht. Etwas, das für unser tolles Cherringham Philharmonic machbar ist.«
Ungeachtet der hochtrabenden Bezeichnung handelte es sich weniger um ein Philharmonie-Orchester, sondern eher um eine erweiterte Kammermusik-Gruppe – die sich bisweilen in eine Kapelle verwandelte – mit wenigen Blechbläsern und einer großen Basstrommel als einzigem Trumpf.
Zum Glück waren einige der Musiker wirklich begabt.
Helen fiel etwas ein.
»Du meinst, etwas wie Pagliacci? Machbarer Umfang und …«
»Genau! Das oder Cavalleria rusticana oder Puccinis Gianni Schicchi. Das ist sehr lustig. Aber ich denke, was das Drama und die Musik angeht … ja, Pagliacci trifft es auf den Punkt.«
Lady Repton hob ihren nun fast leeren Manhattan an, um abermals mit Helen anzustoßen.
»Wir holen uns ein oder zwei Gastkünstler. Jemanden für die letzten ein oder zwei Proben. Überleg mal! Eine echte Opernproduktion, hier bei uns. Wir müssten wahrscheinlich an mehreren Wochenenden hintereinander aufführen. Jeder wird kommen wollen!« Sie grinste. »Was meinst du?«
Helen erwiderte ihr Grinsen. Die Idee war ein bisschen verrückt. Aber vielleicht – nur vielleicht – umsetzbar. »Weißt du was? Ich finde … Na ja … ich finde, es ist eine glänzende Idee. Und diese Oper ist ideal!«
Die Dame, deren finanzielle Mittel ein solches Unterfangen möglich machen könnten, klatschte begeistert in die Hände.
»Fabelhaft«, sagte Lady Repton. »Wir können gleich heute Abend mit der konkreten Planung beginnen und …«
Doch in diesem Moment war eine kleine Unruhe aus der offenen Küche zu hören: Mehr Teller wurden durchgereicht, und Julie und die andere Bedienung brachten die nächste Runde »Proben«, während Sam, der Koch, herauskam – der Star des Festmahls.
Und Helen dachte: Dieser Abend wird immer besser.
Was das jedoch betraf, sollte sie sich schrecklich irren.
Helen blickte nach unten, als die Teller vor ihnen abgestellt wurden – allesamt schon optisch ein Genuss.
Lady Repton sah zum Koch auf.
»Sam, können Sie sich ein bisschen zu uns setzen und uns etwas zu diesen fantastischen Gerichten erzählen?«
Helen bemerkte, wie er Julie einen Blick zuwarf, und die Miene seiner Frau sagte: »Na los, setz dich!«
Er zog sich einen Stuhl heran.
Und lächelte scheu. »Sicher. Heute Abend ist nicht viel los. Montag und so. Also, ähm, hier haben Sie …«
Er zeigte auf einen Teller mit kleinen Fleischrollen, die mit etwas belegt waren, das wie Marmelade aussah.
»… unsere Wildschweinrouladen: mariniert, kurz gebraten und dann bedeckt mit frischer Johannisbeer…konfitüre, wie ich es nennen würde.«
Lady R. schnitt ein Stück von einer Roulade ab und steckte es sich in den Mund.
»Oh … göttlich! Dieses Würzige … die Süße … und das in einer Kombination! Sie dürfen mir noch mehr Teller hiervon bringen!«
Und endlich lachte Sam.
Helen nahm einen Bissen und … Ja, wirklich, es schmeckt überragend. »Es sollte fest auf eurer Karte stehen.«
»Oh, das wird es. Sobald es seine ›Premiere‹ beim Galadinner hatte.«
Dann bemerkte Helen, wie Sam sich zur anderen Seite des Restaurants umdrehte. Es war eine schnelle, nervöse Bewegung.
Danach verharrte sein Blick auf der kraushaarigen Bedienung, deren Haar von lila Strähnen durchzogen war.
Er schüttelte den Kopf.
Helen schien es, als wollte er jeden Moment hinüberstürmen, um einige scharfe Worte mit der Kellnerin zu wechseln.
Doch Julie legte ihm rasch eine Hand auf den Arm.
Erst jetzt drehte Sam sich wieder den beiden Damen am Tisch zu, rang sich ein Lächeln ab und fuhr mit seinen Erläuterungen zu den Gerichten fort.
»Hier haben wir Lasagnette al basilico.«
»Pasta?«, fragte Helen, die den Eindruck hatte, dass das kleine Viereck möglicherweise nicht zu einem Gourmet-Essen passte.
Sam zeigte ein ehrliches Lächeln. »Koste davon.«
Und nun war es Helen, die als Erste probierte. Die Pasta war dünn wie ein Crêpe und außerordentlich weich; beschichtet war sie mit Pesto und nur einem Hauch Käse, der sich mit der deliziösen Soße oben vermengte.
Und sobald Helen gekostet hatte …
Sie wusste nicht, was er getan hatte, um diesem Gericht einen solch sagenhaften Geschmack zu verleihen, aber es war schlicht mit das Beste, was sie jemals gegessen hatte.
»Wow!«, sagte Helen – und diesen Ausdruck benutzte sie selten.
Lady Repton machte sich gleichfalls über den kleinen Teller her. Vier Bissen, und er war leer, woraufhin sie überaus enttäuscht dreinblickte.
»Also das war … außergewöhnlich.«
Helen sah, dass ihre Reaktionen sowohl Sam als auch Julie ein Lächeln entlockten.
Michael und sie mochten das Paar. Sam arbeitete so hart in der Küche, und Julie im Restaurant war immerzu freundlich, kompetent und warmherzig. Die beiden machten das Spotted Pig zu einem besonderen Ort.
Sam wollte das dritte Gericht erklären, bei dem es sich um kleine Eier in einem cremigen Bett zu handeln schien – aber dann drehte er sich plötzlich zur Bedienung um und sprang von seinem Stuhl auf.
Sie beobachteten, wie Sam auf das junge Mädchen zuging.
»Izzy, auf ein Wort«, sagte er und verschwand mit ihr in der Küche.
Julie, die sichtlich verlegen war, begann rasch die Teller abzuräumen.
Ein Ablenkungsversuch, dachte Helen.
»Es war in letzter Zeit ein bisschen unruhig«, erklärte Julie. »Die neue Bedienung. Und Sam … mit dem Baby, das kommt, und allem … Er ist ein wenig angespannt.«
Doch Helen, die sah, wie Sam die Kellnerin zur Rede stellte – die sich einen üblen Fauxpas geleistet haben musste –, fragte sich: Ist das alles?
Sam war sehr leidenschaftlich, wenn es ums Kochen ging. Aber gab es da womöglich noch etwas anderes, das ihm sehr viel Stress bereitete?
Wenige Momente später kam er aus der Küche zurück und setzte sich wieder zu ihnen. Abermals rang er sich ein Lächeln ab.
»Verzeihung. Gutes Personal muss immer, ähm, angelernt werden.«
»Oh, ich weiß, was Sie meinen, Sam«, pflichtete Lady Repton ihm bei und brach so das Eis.
»Also zum letzten Gericht …«
»Die sehen wie kleine Eier aus«, sagte Helen.
Nun grinste Sam. Das Spotted Pig war nicht für übertrieben komplizierte Gerichte bekannt, aber Helen vermutete, dass er für das Dinner der Opera Society beschlossen hatte, die Latte etwas höher zu legen.
»Mini-Quenelles in einer klassischen Nantua-Soße.«
Lady Repton hatte bereits eine Mini-Quenelle mit der beiliegenden winzigen Gabel aufgespießt.
»Mmm… Ich muss sagen, jedes dieser Gerichte ist besser als das davor. Absolut deliziös!«
Und Sam, der sein Ziel erreicht hatte, Lady Repton in Entzücken zu versetzen, erhob sich.
Julie klopfte ihm kurz auf die Schulter, und Sam grinste. »Jetzt gehe ich lieber zurück in die –«
Ein kühler Windschwall, der nur von draußen kommen konnte, ließ ihn abrupt verstummen.
Jemand hatte offensichtlich die Eingangstür des Pig weit aufgerissen.
Sam stand wie versteinert da, während alle im Raum zu den schweren Vorhängen sahen, die vor dem Eingang angebracht worden waren, um die kalte Januarluft draußen zu halten, und sich nun blähten, als würde das Dorf plötzlich von einem heftigen Sturm heimgesucht.
Oder zumindest das Restaurant.
Eine Frau in blütenweißer Kochkluft stürmte durch die Vorhänge.
Zuerst glaubte Helen, die Frau wäre eine Hilfsköchin von Sam; vielleicht eine Mitarbeiterin, die er losgeschickt hatte, um dringend benötigte Zutaten zu besorgen.
Sie hatte eine kleine Holzkiste in der Hand, von der Sorte, in der empfindliche Früchte- oder Gemüsesorten transportiert wurden.
Aber ein Blick auf Sams Gesicht genügte Helen, um zu erkennen, dass diese Frau nicht aus seiner Küche war.
Sein Lächeln war einem sehr finsteren Stirnrunzeln gewichen.
Die Frau sagte einen Moment lang nichts, blickte sich einfach nur um.
Dann starrte sie zu Helens Tisch und den Tellern mit den Vorspeisen.
Und trat einen Schritt näher …
»Mini-Quenelles? Sehen gut aus«, sagte sie und nickte Helen sowie anschließend auch allen anderen im Restaurant zu.
Ihr Akzent … amerikanisch.
»Leicht pochiert, die Nantua-Soße auf halbfest reduziert. Ja, köstlich. Ach, und …«
Sie wandte sich zu einem anderen Tisch um. Ein Paar erstarrte mitten beim Essen – das Besteck halb erhoben.
»Und Sie da … Das Filet – mit einem Hauch von Cognac, stimmt’s? Und mit buntem Pfeffer natürlich. Nicht zu viel Sahne.«
Sie schaute sich weiter um.
»Genau wie ich die Speisen immer zubereitet habe, nicht wahr, Sam?«
Sam, der erstarrt geblieben war, machte nun einen Schritt auf die Frau in der Kochkluft zu.
Helen begann eins und eins zusammenzuzählen. Sie sah zu Lady Repton, die sichtlich besorgt wirkte.
Und Helen dachte: Diese Frau muss die neue Küchenchefin im Bayleaf sein.