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Folge 42 der britischen Erfolgsserie
Endlich hat Jack die lange aufgeschobene Knieoperation hinter sich gebracht. Doch nun muss er sich schonen und langweilt sich, daher arbeitet er ehrenamtlich im Besucherservice auf dem geschichtsträchtigen Landsitz Morton Manor. Eines Morgens wird sein Kollege Cyril Roebuck tot in der Großen Halle aufgefunden. Zunächst sieht es danach aus, dass der liebe alte Mann einen Herzinfarkt erlitten hat. Doch der Raum war von innen verschlossen - und Cyril konnte ihn nicht verriegelt haben! Jack bittet Sarah, mit ihm das seltsame Rätsel des verschlossenen Zimmers zu ergründen - und schon bald finden die beiden heraus, dass Cyrils tatsächlich einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist ...
Über die Serie: "Cherringham - Landluft kann tödlich sein" ist unsere erfolgreichste Cosy-Crime-Serie. Jede Folge ist unabhängig lesbar und geeignet, in die Welt von Cherringham einzusteigen. Cherringham ist ein beschauliches Dorf in den englischen Cotswolds. Doch mysteriöse Vorfälle, eigenartige Verbrechen und ungeklärte Morde halten die Bewohner auf Trab. Zum Glück bekommt die örtliche Polizei tatkräftige Unterstützung von Sarah und Jack. Die alleinerziehende Mutter und der ehemalige Cop aus New York lösen jeden noch so verzwickten Fall. Und geraten das ein oder andere Mal selbst in die Schusslinie ...
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Seitenzahl: 160
Cover
Grußwort des Verlags
Cherringham – Landluft kann tödlich sein – Die Serie
Über diese Folge
Die Hauptfiguren
Titel
1. Unten am Fluss
2. Die Great Hall
3. Single Malt
4. Nur ein Blutfleck
5. Erst ein Deal, dann ein Abendessen
6. Die Belegschaft
7. Geheimnisse?
8. Suppe, Sandwich und ein Sakrileg
9. Die Familie
10. Die letzte Nacht im Herrenhaus
11. Geschäftiges Treiben in der Great Hall
12. Eine Geschichte zweier Gemälde
13. Das Spiel ist aus
14. Offene Enden
Über die Autoren
Impressum
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»Cherringham – Landluft kann tödlich sein« ist eine Cosy-Crime-Serie, die in dem vermeintlich beschaulichen Städtchen Cherringham spielt. Regelmäßig erscheinen sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch spannende und in sich abgeschlossene Fälle wie auch Romane mit dem Ermittlerduo Jack und Sarah.
Endlich hat Jack die lange aufgeschobene Knieoperation hinter sich gebracht. Doch nun muss er sich schonen und langweilt sich, daher arbeitet er ehrenamtlich im Besucherservice auf dem geschichtsträchtigen Landsitz Fitz Morton Manor. Eines Morgens wird sein Kollege Cyril Roebuck tot in der Großen Halle aufgefunden. Zunächst sieht es danach aus, dass der liebe alte Mann einen Herzinfarkt erlitten hat. Doch der Raum war von innen verschlossen – und Cyril konnte ihn nicht verriegelt haben! Jack bittet Sarah, mit ihm das seltsame Rätsel des verschlossenen Zimmers zu ergründen – und schon bald finden die beiden heraus, dass Cyrils Tod nicht natürlich war …
Jack Brennan hat jahrelang für die New Yorker Mordkommission gearbeitet – und fast genauso lange von einem Leben in den englischen Cotswolds geträumt. Mit einem Hausboot im beschaulichen Cherringham ist für ihn ein langgehegter Traum in Erfüllung gegangen. Doch etwas fehlt ihm. Etwas, das er einfach nicht sein lassen kann: das Lösen von Kriminalfällen.
Sarah Edwards ist Webdesignerin. Nachdem ihr perfektes bürgerliches Leben in sich zusammengefallen ist, kehrt sie mit ihren Kindern im Schlepptau in ihre Heimatstadt Cherringham zurück, um dort neu anzufangen. Das Kleinstadtleben ist ihr allerdings oft zu langweilig. Gut, dass sie in Jack einen Freund gefunden hat, mit dem sie auch in der vermeintlichen Idylle echte Abenteuer erleben kann!
Matthew CostelloNeil Richards
CHERRINGHAM
LANDLUFT KANN TÖDLICH SEIN
Tod im Herrenhaus
Aus dem Englischen von Sabine Schilasky
Sarah Edwards überquerte die mittelalterliche Brücke und winkte einer der Buckland-Schwestern in dem Zollhäuschen zu.
Bei den eineiigen Zwillingen – die sich noch dazu dauernd gleich kleiden – kann man nie erkennen, welche man gerade vor sich hat.
Dann bog sie von der Hauptstraße auf den ungepflasterten holprigen Feldweg ab, der am Fluss entlang und vorbei an den alten Kähnen führte.
Im Winter war dieser Weg ein schlammiger Albtraum und eine Herausforderung für ihren Toyota. Doch an diesem bereits warmen Junimorgen war der Boden hart und von zahlreichen Furchen gezeichnet.
Es war noch früh, und Sarah sah, wie auf den Booten eben erst alles zum Leben erwachte: Fenster wurden geöffnet, der Duft von Frühstücksspeck lag in der Luft, aus laut eingestellten Radios erklangen Nachrichtensendungen oder Musik, und es war sogar ein Hämmern zu hören – auf mindestens einem der Boote war man schon mit den nie endenden Instandhaltungsarbeiten befasst.
Die Themse sah metallisch-grau aus und floss unter einem blassblauen Himmel dahin. Einzig ein paar Schwäne kräuselten die Oberfläche, als würden sie für eine Postkartenaufnahme proben.
Weiter vorn sah Sarah, dass Jack Brennan an Deck der Grey Goose saß und einen Becher Kaffee in der Hand hielt, seinen Hund Riley zu seinen Füßen. Sein Rucksack lag fertig gepackt und griffbereit neben ihm.
In all den Jahren, die Sarah ihn kannte, war Jack nie zu spät gewesen. Immer früh dran. Immer bereit.
Diese Gewohnheit, stets mehr als nur pünktlich zu sein, war seinen zwanzig Jahren als Cop in Brooklyn zu verdanken, wie er Sarah erklärt hatte, als es ihr zum ersten Mal aufgefallen war.
Er winkte ihr zu, als sie neben dem Boot parkte und ausstieg.
»Ich habe einige Vorräte für dich besorgt«, sagte sie, holte ein paar Einkaufstaschen aus dem Wagen und trat vorsichtig auf die Laufplanke. »Unter anderem sehr nett aussehende Steaks, die irgendwo hier drinnen vergraben sind.«
»Du bist zu gut zu mir. Ich schulde dir echt was«, antwortete Jack, stellte seinen Kaffee hin, griff nach seinem Stock und begann sich damit vom Stuhl hochzustemmen. »Warte, lass mich dir helfen …«
»Nein, alles gut, wirklich«, erwiderte sie und legte kurz eine Hand auf seine Schulter, bevor sie nach unten in die Kombüse ging. »Ich verstaue nur die Sachen, die in den Kühlschrank müssen, und lasse den Rest draußen, dann kannst du ihn später einsortieren.«
Sie nahm sich einen Moment, um sich im Bootsinnern umzuschauen: Alles war in tadelloser Ordnung.
Schön, das zu sehen.
Seit seiner lang erwarteten Knieoperation im letzten Monat hatte Jack höflich jede Hilfe abgelehnt – bis auf die wenigen Male, als Sarah beharrlich darauf bestanden hatte. Seine Sturheit bereitete ihr Sorge, weil sie fürchtete, dass er nicht zurechtkam.
Doch er schien erfolgreich zu improvisieren. Anfangs war er auf Krücken auf dem Boot umhergehumpelt; inzwischen benutzte er einen metallenen Gehstock.
»Und keine Bange«, sagte sie, als sie zurück nach oben in den Sonnenschein kam. »Ich führe Buch und glaube, du schuldest mir ein oder zwei Essen im Spotted Pig!«
Er lachte. »Kein Problem.« Inzwischen war er aufgestanden. »Aber vergiss nicht – ich zahle auch den Sprit für diese Fahrten. Kein Streit, okay?«
Nun war es an Sarah zu lachen. »Wann würde ich je mit dir streiten, Jack Brennan?«
»Oh, ich glaube, mich an gelegentliche Meinungsverschiedenheiten zu erinnern. Nicht dass sie von nennenswerter Dauer gewesen wären.«
Sarah wartete, während er langsam über Deck zum Brückenhaus ging und Riley nach unten schickte.
»Tut mir leid, Kumpel«, entschuldigte er sich. »Wieder ein Tag eingesperrt. Aber Ray kommt später und geht mit dir spazieren. Ich bin zur üblichen Zeit zurück.«
Es schien beinahe, als würde Riley nicken. Sarah wusste, dass Ray, der auf dem benachbarten Boot lebte, Riley mochte und mit ihm lange Wanderungen unternahm.
War er denn erst mal aufgestanden.
Jack schloss die Tür zum Brückenhaus ab und drehte sich zu Sarah um.
»Ich habe heute Morgen eine kurze Runde den Leinpfad entlang mit ihm gemacht«, sagte er, hängte sich seinen Rucksack über die Schulter und humpelte zur Laufplanke. »Was sagt man dazu? Jeden Tag wird es ein bisschen besser.«
»Eine Runde, Jack? Im Ernst?«, fragte Sarah kopfschüttelnd und stützte ihn, bis sie auf dem Trockenen waren. »Die Ärzte haben gesagt, du sollst es nicht übertreiben.«
»Na, ich kann doch nicht nur rumsitzen und warten, dass ich wieder fit werde. Ich habe ein Leben zu führen, Knie hin oder her.«
»Tja, ich hoffe, du forderst das Schicksal mit solchen Sprüchen nicht heraus. Sei vorsichtig – lass dir Zeit, damit alles heilen kann.«
»Wer bist du heute Morgen – meine Chauffeurin oder meine Ärztin?«, fragte er grinsend.
»Oh, sei versichert, ich bleibe bei Chauffeurin«, antwortete Sarah. »Ich muss sagen, du kannst ein bisschen quengelig sein.«
»Ich und quengelig? Niemals«, beteuerte er. »Jetzt komm, sonst verspäten wir uns. Und ich hasse es …«
»… zu spät zu sein, ich weiß«, beendete Sarah den Satz für ihn.
Sie beobachtete, wie Jack, der definitiv Fortschritte machte, hinüber zum Wagen humpelte und auf der Beifahrerseite einstieg … wo er allerdings Mühe hatte, sein lädiertes Bein und den Stock richtig nach innen zu bekommen.
Lächelnd ging Sarah hin und schloss die Tür für ihn, ehe sie sich hinters Steuer setzte.
»Bestehst du hier immer noch auf der Dreipunktwende?«, fragte er, als sie den Motor anließ. »Irgendwann landen wir noch im Fluss.«
»Hatte ich nicht ›ein bisschen quengelig‹ gesagt? Ich hoffe, du bist nicht auf der gesamten Fahrt zum Herrenhaus so drauf.«
»Touché«, entgegnete er und sah sie grinsend an. »Zu meiner Verteidigung, Euer Ehren – das verdammte Bein hat mich fast die ganze Nacht wach gehalten.«
»Ich vergebe dir, Jack. Jetzt mach eine CD an und lass uns diesen schönen Morgen genießen.«
Und zu den Klängen von Mozarts fünftem Violinkonzert fuhr sie den Uferweg zurück und dann aus dem Ort hinaus zu Jack Brennans neuem Teilzeitjob …
Der ihm während seiner Genesungszeit ein wenig Beschäftigung geben sollte.
Unterwegs lehnte Jack sich in seinem Sitz zurück und konzentrierte sich darauf, sein Bein zu beugen und zu strecken. Ein Monat war seit seiner Knieoperation vergangen – von der er wusste, dass er sie Jahre früher hätte in Angriff nehmen sollen.
Und erst jetzt begann der Schmerz endlich nachzulassen.
Seit der OP verzichtete er auf die starken Schmerzmittel; er hatte zu oft von Freunden daheim gehört, dass diese verfluchten Pillen die Kontrolle über das ganze Leben übernehmen konnten.
Zudem waren es nicht die Schmerzen, die ihm am meisten zusetzten. Das war vielmehr die Langeweile. Einfach nur mit Riley an Deck der Goose zu sitzen und die Welt an sich vorüberziehen zu sehen … Sicher, er liebte es, einigen Lesestoff nachzuholen …
Aber ein langer Tag bleibt ein langer Tag.
Und als dann Will Goodchild von der Cherringham Historical Society zu ihm kam und sagte, sie suchten für wenige Wochen einen ehrenamtlichen Aufseher für Morton Manor, das nur ein paar Meilen flussabwärts vom Dorf lag, hatte Jack umgehend zugesagt.
Alles hatte sich schnell geregelt. Es hatte ein Einstellungsgespräch mit Justin Forbes gegeben, dem Manager des historischen Anwesens. Jack war sogleich klar gewesen, dass er diese Art von Prüfung mit wehenden Fahnen bestanden hatte.
Dann hatte Sarah angeboten, ihn morgens hinzufahren und abends wieder abzuholen. Und nur Tage später hatte er seinen Platz auf einem bequemen Stuhl in der Great Hall eingenommen, wo er mit Besuchern über das Haus, seine Geschichte und die Artefakte sprach.
Was ihn vollkommen faszinierte.
Es war ideal.
Nach zwei Wochen in dem Job überlegte er bereits, ihn dauerhaft zu machen, wenn auch mit einer Klausel, die ihm Zeit einräumte, gegebenenfalls mit Sarah ihren kleinen Ermittlungen nachzugehen.
»Genießt du die Arbeit immer noch, Jack?«, fragte Sarah.
»Wow! Lass uns das Gedankenlesen auf der Liste deiner Fähigkeiten ergänzen«, sagte er. »Ich habe eben gedacht, dass ich vielleicht noch eine Weile dabeibleibe.«
»Interessant. Ich glaube, Will hat gewusst, dass es genau dein Ding ist. Wie sind die anderen dort so?«
»Die anderen Aufseher? Ha, wie viel Zeit hast du? Sagen wir, sie sind eine kuriose Truppe.«
»Kann ich mir vorstellen«, sagte Sarah lachend.
»Im Grunde sind es die Besucher, für die es sich wirklich lohnt. Die Fragen, die sie stellen … Wofür sie sich interessieren. All das ist richtig gut!«
»Ja, das möchte ich wetten. Es ist ideal für dich. Du triffst den ganzen Tag Leute, sprichst über Geschichte. Vielleicht solltest du das Fach studieren?«
»Machst du Witze? Ich sehe mich irgendwie nicht mit lauter Erstsemestern in einem Vorlesungssaal.«
»Warum nicht?«
Jack blickte zu den Feldern und Wäldern, die während der Fahrt an ihnen vorbeizogen. Er hatte sich nie für einen akademischen Typen gehalten, obwohl er für die Detective-Laufbahn einen Abschluss in Kriminologie am Brooklyn College gemacht hatte.
Aber das ist Jahrzehnte her.
»Meine einzigen Berührungen mit echter ›Geschichte‹ waren Cold Cases«, erwiderte er. »Denkst du, es gibt eine Uni, die verzweifelt genug ist, mich anzunehmen?«
»Garantiert weißt du mehr über Cherringhams Vergangenheit als die meisten Mitglieder der Historical Society.«
»Hm, das bezweifle ich. Bei denen gibt es einige ziemlich schlaue Köpfe.«
Auch wenn ich mich bei Gesprächen mit ihnen recht gut schlage, dachte Jack.
»Wie dem auch sei, wir sind da«, sagte Sarah und bog von der Straße durch das hohe Eingangstor von Morton Manor.
Als sie am Torhaus vorbeikamen, in dem ein junger Hausmeister wohnte, der für alle handwerklichen Aufgaben und die Gartenarbeit zuständig war, fiel Jack auf, dass drinnen noch Licht brannte – was an einem solch strahlenden Morgen seltsam war.
Sie fuhren auf dem Anwesen weiter, betrachteten die prächtigen Rasenflächen zu beiden Seiten und erblickten dann, gleich vor ihnen auf einer kleinen Anhöhe, das imposante Herrenhaus – Morton Manor.
»Ehrlich, diesen Anblick werde ich nie leid«, offenbarte Jack. »Absolut klassisch.«
Doch im nächsten Moment bemerkte er etwas, das nicht ganz stimmte.
»Komisch«, sagte er. »Die Kette ist noch vor dem Besucherparkplatz.«
»Soll die nicht morgens abgenommen werden?«
»Ja, von einem netten alten Burschen namens Cyril Roebuck. Auch ein Aufseher. Er macht das seit Jahren, bei Wind und Wetter.«
»Fehlt nicht jeder irgendwann mal einen Tag?«, merkte Sarah an.
Doch dann sah Jack, dass das hölzerne Aufstellschild, das normalerweise seitlich von der Auffahrt stand und die Besucher informierte, wo sie parken konnten, auch nicht an seinem Platz war.
»Okay … tja … wie es aussieht, hat der alte Cyril es heute Morgen nicht geschafft«, sagte er. »Hier sollte das Schild auf dem Rasen stehen, das Besucher zum Parkplatz dirigiert. Das Eigenartige ist, dass er die Nachtschicht hatte, also eh schon hier sein müsste.«
Als sie sich dem Haus näherten, stellte Jack fest, dass im Eingangsbereich des Erdgeschosses Licht brannte und die Haupttür einen Spaltbreit offen stand. Er blickte zu Sarah und bekam ein ungutes Gefühl.
Etwas stimmte hier ganz und gar nicht.
»Fahren wir lieber nicht zum Personalparkplatz. Halte bitte direkt vor dem Eingang, ja?«
Sarah tat es und ging zur Beifahrerseite des Wagens, um Jack beim Aussteigen zu helfen.
Dann stand er auf seinen Stock gestützt da und betrachtete das Haus nachdenklich.
Noch eine merkwürdige Sache: Die Vorhänge in der Great Hall – dem Raum, den Jack so gut kannte – waren geschlossen. Er kannte sie jedoch nur geöffnet.
»Kannst du noch ein paar Minuten bleiben und mir hier helfen?«, fragte er, ohne Sarah anzusehen, und achtete darauf, ob etwas zu hören war. Doch hier war es unnatürlich still, wie er feststellen musste.
»Was ist los, Jack?«
»Weiß ich nicht genau. Aber vielleicht finden wir es gleich heraus.«
Hier müsste alles geräuschvoll zum Leben erwachen.
Aber es war nichts zu hören außer dem Zwitschern der Vögel in den großen Blauregenbüschen, die an der Hausfront emporrankten.
»Klar, ich kann noch bleiben«, antwortete Sarah. »Chloe hält im Büro die Stellung. Gibt es ein Problem?«
»Keine Ahnung«, antwortete Jack, der sich allmählich um den alten Aufseher sorgte. »Aber das hier … fühlt sich nicht richtig an. Überhaupt nicht richtig.«
Langsam ging er über den Kies auf das Haus zu, Sarah direkt neben ihm. Als sie sich der Tür näherten, hörte Jack ein Rufen.
»Jack! Gott sei Dank, dass Sie hier sind!«
Er drehte sich um und sah Justin Forbes von der Seite des Hauses eilig auf sie zukommen.
»Ich finde Cyril nirgends«, sagte er hastig. »Und sehen Sie sich das hier an! Die Türen sind offen! Die Lichter brennen! Ich glaube, es ist etwas passiert. Etwas Übles …«
Jack stand still da und wartete kurz, bis Justin wieder zu Atem gekommen war.
»Na gut«, sagte Jack dann. »Gehen wir rein und finden es heraus, einverstanden? Oh, Sarah, darf ich dir Justin Forbes vorstellen? Er ist der Manager hier. Justin, dies ist Sarah Edwards, eine alte Freundin von mir … und Kollegin.«
Jack sah, wie Justin ihr fahrig zunickte.
»Ja, natürlich, freut mich«, sagte er. »Vielleicht, ähm, sollten Sie draußen bleiben? Ich meine, was auch passiert sein mag, ist eventuell nicht nett, und …«
Jack bemerkte Sarahs Blick und schritt rasch ein, da Justin offenbar nicht ahnte, wen er hier vor sich hatte.
»Sarah kommt mit uns«, verkündete er in einem Tonfall, der Justin klarmachen sollte, dass Widerspruch zwecklos war.
Er ging zur Tür und – aus Gewohnheit, um keine möglichen Spuren zu verwischen – schob sie behutsam mit der Schulter weiter auf.
Dann betraten sie zu dritt Morton Manor, wo es merklich kühler war als draußen – und erheblich stiller.
Sarah schaute sich in dem vertrauten Raum um, der nach Staub und Bohnerwachs roch.
Unzählige Male war sie schon mit ihren beiden Kindern hier gewesen. Deren Interessen an Besuchen des Herrenhauses hatten sich in all den Jahren, während sie älter wurden, erheblich geändert: Anfangs waren die zwei zur Weihnachtsmannsuche hergekommen, später zu den Malkursen und schließlich zu den Ausstellungen der Kostüme, der Waffen, der Gemälde und der Bücher.
Der Kern des Gebäudes war, wie sie wusste, sechshundert Jahre alt.
Doch im Laufe der Jahrhunderte war so viel angebaut und verändert worden, dass das Resultat jetzt eher nach achtzehntem Jahrhundert aussah statt Tudor-Zeit.
Befremdlich indes war, dass, soweit Sarah es sehen konnte, überall im Haus Licht brannte – in sämtlichen Fluren, die zu beiden Seiten abgingen und an deren Wänden eine schier endlose Zahl von Porträts zu hängen schien.
Sarah bemerkte, dass Forbes zunächst forsch voranschritt, dann stehen blieb und sich umdrehte. Offensichtlich erinnerte er sich daran, dass Jack nicht so toll zu Fuß war.
In seinem Tweedsakko, der Tuchhose und dem karierten Hemd wirkte Justin ganz wie der Gutsherr.
Was Sarah nicht täuschte. Dieser Typ war die Hipster-Version eines echten Landadligen. Würde er eine Kunstgalerie managen, träte er vermutlich im schwarzen Rollkragenpullover und in Jeans auf.
»Jack hat mir erzählt, dass Cyril Nachtdienst hatte«, sagte sie. »Stimmt das, Mr Forbes?«
»Ja«, bestätigte Justin. »Ich habe das Haus gestern Abend verlassen, wie sonst auch, und alles für die Nacht an ihn übergeben.«
»Also müsste er hier sein, nicht wahr? Und Sie haben nachgesehen?«
»Ja«, antwortete Justin und wandte sich schnell Jack zu. »Ich habe versucht, in die Great Hall zu kommen, eben erst. Aber die verdammte Tür klemmt!«
»Sehen wir nach.« Jack ging los, und sein Stock klackte auf dem Holzboden.
Sarah folgte den beiden durch die imposante Eingangshalle in einen breiten Korridor, durch den man an offenen, für die Öffentlichkeit zugänglichen Räumen vorbeikam: an Empfangsräumen, der Bibliothek, den Arbeitszimmern, dem Esszimmer und den Salons.
Die Sohlen von Justins Budapester-Schuhen quietschen auf dem polierten Boden.
»Ich nehme an, Sie haben hier unten in allen Räumen nachgesehen?«, fragte Jack.
»Ja«, antwortete Justin. »Alles wie immer. Nichts verrückt oder verschwunden. Jedenfalls nicht, soweit ich es feststellen konnte.«
Sarah konnte sehen, dass der Manager sehr beunruhigt war.
»Befürchten Sie, dass es einen Einbruch gegeben hat?«, fragte Sarah, während sie weiter durch den Korridor gingen.
»Na ja, möglich wäre es durchaus«, sagte Justin. »In diesem Haus gibt es einige sehrschöne Objekte.«
»Aber wichtiger dürfte jetzt sein, was mit Cyril passiert ist«, bemerkte Sarah.
»Ähm, was?«, fragte Justin. »Ja, natürlich!«
»Hier wären wir«, sagte Jack, der an einer massiven Eichentür in einem steinernen, gotisch aussehenden Rahmen stehen blieb. »Der älteste Teil des Hauses. Und mein persönliches Spezialthema.«
»Ist dies der Raum, in dem du Aufsicht hast, Jack?«, fragte Sarah.
»Ja.«
Sarah schaute aufmerksam zu, wie er nach dem Türknauf griff und ihn drehte. Nichts geschah.
»Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, ist diese Tür nie verschlossen, stimmt’s?«
»Das stimmt«, antwortete Justin. »Ich habe den Schlüssel in meinem Büro, aber der wird nie benutzt.«
Jack schwang sich mit seinem gesamten Gewicht gegen die Tür.