Co-Fucking - Anna Weiss - E-Book

Co-Fucking E-Book

Anna Weiss

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Beschreibung

Mein Leben lang habe ich gelebt wie die meisten anderen Menschen um mich herum: monogam. Seit 20 Jahren bin ich mit meinem Mann Alex zusammen und wirklich glücklich verheiratet. "Das ist für immer und ewig, nur wir beide". Dachte ich. Doch dann kam alles ganz anders.  Glücklich verheiratet sind wir immer noch. Allerdings gibt es mittlerweile nicht mehr nur uns beide. Denn Alex und ich leben in einer offenen Ehe, das heißt, wir haben auch Sex mit anderen Männern und Frauen. Darauf haben wir uns gemeinsam geeinigt: Zwei Menschen, die sich Freiräume erlauben und gleichzeitig wissen, dass sie sich das Wichtigste im Leben sind. Viel schöner kann Liebe nicht sein. Oder?  Seit unserem Sprung ins kalte Wasser habe ich Rotz und Wasser geheult – und meine Freiheiten ausgekostet. Ich habe fremde Männer geküsst, mich als Domina probiert und zu dritt herumgespielt. Ich habe so einiges über das Verhältnis von Männern und Frauen gelernt und wie schwierig es noch heute ist, daran etwas zu verändern. Vor allem aber habe ich zu mir selbst gefunden. Ich bin die, die ich sein will. Dank der offenen Ehe. Und deswegen glaube ich: Uns allen würden mehr Freiheiten ziemlich gut tun.

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Seitenzahl: 249

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Impressum

© eBook: 2024 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

© Printausgabe: 2024 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

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Projektleitung: Ariane Hug

Lektorat: Imke Rötger

Covergestaltung: ki 36 Editorial Design, Daniela Hofner

eBook-Herstellung: Liliana Hahn

ISBN 978-3-8338-9394-0

1. Auflage 2024

Bildnachweis

Autorinnenfoto: Alex Weiss

Syndication: Bildagentur Image Professionals GmbH, Tumblingerstr. 32, 80337 München www.imageprofessionals.com

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GRÄFE UND UNZER VERLAG Grillparzerstraße 12

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Die Gedanken, Methoden und Anregungen in diesem Buch stellen die Meinung bzw. Erfahrung der Verfasserin dar. Sie wurden von der Autorin nach bestem Wissen erstellt und mit größtmöglicher Sorgfalt geprüft. Sie bieten jedoch keinen Ersatz für persönlichen kompetenten medizinischen Rat. Jede Leserin, jeder Leser ist für das eigene Tun und Lassen auch weiterhin selbst verantwortlich. Weder Autorin noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.

»Spinnt der?!« Ich verstehe die Welt nicht mehr, als Alex unsere Ehe öffnen will, um seine Bisexualität auszuleben. Alex, der erste und einzige Mann in meinem Bett, will Sex mit anderen Menschen?!

Die Angst, alles zu verlieren, überwältigt mich. Doch in einem ruhigeren Moment inmitten des Sturms stelle ich mir die Frage: Brauchen wir tatsächlich eine monogame Ehe, um uns unsere Liebe zu zeigen? »Nein«, finde ich und beschließe mit Alex: Ab sofort dürfen wir uns mit anderen Männern und Frauen treffen und mit ihnen Sex haben. Seitdem hat sich unser Leben komplett verändert – und gleichzeitig auch nicht. Dennso unwahrscheinlich es zunächst klingen mag: Die offene Beziehung hat Alex und mich noch näher zusammengebracht. Schöner kann Liebe für uns nicht sein.

Schonungslos ehrlich und höchst unterhaltsam nimmt Anna uns mit auf die Reise von der monogamen Ehefrau zur gleichberechtigten Partnerin in einer offenen Beziehung.

Ihr Fazit: »Eine offene Beziehung ist weit mehr als nur Sex mit anderen. All die Begegnungen und Erlebnisse verändern uns und lassen uns mehr zu den Menschen werden, die wir sein wollen. Wir leben ohne Tabus und ohne Geheimnisse. Wir leben so, wie wir es möchten. Wir sind glücklich.«

Die offene Beziehung war und ist eine Reise zu mir selbst. Zu meinen Wünschen und Bedürfnissen. Heute bin ich die, die ich sein will.

Kapitel 1

Spinnt der!?

Der Moment, der unsere 20-jährige Beziehung neu definieren sollte, schien zunächst ihr Ende zu sein. Es war der Sommer vor fünf Jahren. Mein Mann Alex wirkte seit einiger Zeit niedergeschlagen, in sich gekehrt, wich meinen Fragen aber aus. An einem Abend, als wir mit einem Eis in der Hand nebeneinander durch Berlin liefen, stellte ich ihn dann zur Rede. Ich wollte endlich wissen, was los war. Auf die Antwort war ich allerdings nicht vorbereitet.

»Du weißt ja, dass ich auch auf Männer stehe. Und ich möchte mit dir bis an mein Lebensende zusammen sein. Du bist mir das Wichtigste im Leben. Aber ich habe das Gefühl, dass ich so meine Bisexualität nicht ausleben kann. Das möchte ich nicht verheimlichen, vor dir nicht und vor anderen nicht. Ich will, dass du mich kennst. Wirklich kennst.«

Bitte was?! Ich blieb abrupt stehen, starrte Alex an und merkte nicht, wie mir das Eis über die Finger lief.

Dass er auch auf Männer steht, wusste ich. Schon von Anfang an, als wir als Teenager ein Paar geworden waren. Wir guckten gern Filme über Schwule und von Schwulen. Einige unserer Lieblingsmusiker sind schwul. Homosexualität in der Kultur und homosexuelle Themen in der Gesellschaft: Das gehörte immer ganz selbstverständlich dazu.

Aber dass Alex sein Interesse auch sexuell ausleben wollte? Während wir zusammen sind? Das war mir nie in den Sinn gekommen. Besser gesagt: Heute weiß ich, dass ich das verdrängt hatte. Ich ignorierte das lieber und nahm naiverweise an, dass sich das Thema erledigt hatte, als wir zusammengekommen waren.

Für mich gab es nur eine einzige Möglichkeit, eine Ehe zu führen: monogam. Nur wir beide, für immer und ewig. Ein anderer Weg existierte für mich nicht. Über einen »Ausrutscher« hatte ich mal nachgedacht. Also, dass einer von uns mit jemand anderem im Bett landet. Eine Nacht wäre kein Problem, habe ich immer gesagt. Denn warum sollte ich wegen eines Ausrutschers das wegschmeißen, was wir uns über so lange Zeit aufgebaut haben?

Natürlich hatte ich von offenen Beziehungen gehört. Kommunen, Sexpartys, polyamore Beziehungen mit mehreren Menschen. Davon hatte ich gelesen, es aber nie auf mich bezogen. Das war etwas für Rockstars und Hippies. Für andere eben, in einem fernen Kosmos. Aber doch nicht für mich!

An dem Tag jedoch, als Alex mir von seinem Innenleben erzählte, wurde ich plötzlich selbst damit konfrontiert. Dieser ferne Kosmos kam zu mir. In unser Zuhause. In unser Bett!

Dem ersten, sehr langen Gespräch mit Alex folgten viele weitere. Oft bis tief in die Nacht, oft mit vielen Tränen. Das war sehr intensiv – und sehr anstrengend. Auf einmal nämlich sprachen wir auch über Dinge, über die wir schon lange nicht mehr gesprochen hatten. Oder über die wir noch nie gesprochen hatten. Themen, die im Laufe der Jahre auf der Strecke geblieben waren. Manche aus Gewohnheit. Manche, weil sie unbequem waren.

Das tat gut, machte mir aber auch Angst. Große Angst. Ich war mir sicher, dass dies der Anfang vom Ende unserer Ehe sein würde.

»I don’t know what you want But I can’t give it any more«

Die Textzeile der Pet Shop Boys rotierte als Dauerschleife in meinem Kopf. Ich glaubte Alex zwar, dass er mit mir zusammen sein wollte. Aber was, wenn ich ihm nicht das geben konnte, was er brauchte? Wenn jemand anderes seine Bedürfnisse besser befriedigen konnte? Wenn jemand anderes besser für ihn wäre?

Sofort hatte ich Tränen in den Augen. Immer, wenn ich daran dachte. Dann spürte ich, wie sich mein Herz zu einem harten Klumpen in der Brust zusammenzog, und es schien, als würde es aufhören wollen zu schlagen. Das tat höllisch weh und fühlte sich an, als würde etwas in mir sterben.

An einem Abend gingen wir essen. In ein Restaurant, in das wir schon am Valentinstag gehen wollten, das damals aber ausgebucht war. Einige Wochen später saßen wir nun doch da, mit Blick auf die Spree, sehr romantisch. Das Essen war super, ein schöner Abend. Irgendwann aber drehte sich das Gespräch wieder um unsere Beziehung.

Ich hatte mittlerweile verstanden, dass Alex bisexuell war und das auch in unserer Ehe ausleben wollte. Ich verstand, was es ihm bedeutete. Doch das war nur die Theorie. Denn an dem Abend realisierte ich, was es wirklich bedeutete: Er wollte mit anderen Menschen ins Bett gehen. Mit meinem Einverständnis. Der tickte doch nicht richtig!

Ich zitterte am ganzen Körper, so wütend war ich. »Du willst mit anderen Sex haben?«, fragte ich Alex. »Und du willst es nicht heimlich tun, sondern mir davon erzählen?« Meine Stimme war laut geworden. Ich spürte, wie das Paar vom Nachbartisch neugierig zu uns herüberschaute. Ob die alles mitgehört hatten? Kurz zuckte ich zusammen. Wie peinlich! Eine Sekunde später war es mir aber auch schon wieder egal. Ich hatte andere Sorgen. Es ging schließlich um mein Leben, das hier gerade zerbrach.

Dass Alex mich nicht anlügen und es nicht im Geheimen tun wollte, war ja an sich richtig. Aber wie sollte so was funktionieren? »Tschüss, ich geh jetzt weg und steig mit einem Fremden ins Bett.«? Alles klar, dann träum mal weiter! Nein, das wurde kein romantischer Abend.

In den nächsten Tagen grübelte ich über unser Gespräch nach. Ich war verletzt und fühlte mich verraten. Wie konnte Alex mir so etwas antun? Irgendwann aber ließ die Wut nach, und ich konnte klarer denken. Ich sah nicht mehr nur mich und mein Ego. Ich wollte ja auch, dass Alex glücklich war. Ich wünschte ihm, dass er fand, was er suchte, und sein Leben mit all seinen Facetten leben konnte.

Das bedeutet Liebe für mich. Er sollte sich nicht für mich verbiegen. Das war mir immer klar, so sehr mich das alles verwirrte. Denn so hatten wir auch immer unsere Beziehung geführt. Wir schrieben einander nichts vor, wir verboten uns nichts. Ich hielt nichts davon, meinen Partner nach eigenen Wünschen zu verändern. Ich wollte ja auch keinen Partner, der die ganze Zeit an mir herummäkelte und mich ändern wollte. Alex hatte mich immer akzeptiert und geliebt, wie ich war. Da fand ich es nur selbstverständlich, es bei ihm genauso zu tun. Was aber bedeutete das nun in dieser Situation? Ich brauchte Zeit.

Langsam, sehr langsam ordneten sich meine Gedanken neu, und ich begann, den Weg zu sehen, der vor uns lag. Denn mit jedem Gespräch und all seinem Handeln zeigte mir Alex, wie sehr er mich liebte. Wie wichtig ihm unsere Beziehung und wie wichtig ich ihm war. Außerdem stand unsere Beziehung auf einem starken Fundament. Wir fühlten uns sicher beieinander, miteinander. Durch unsere intensiven Gespräche, so schwer sie teilweise gewesen waren, waren wir uns sogar noch nähergekommen.

Die Frage war also: Brauchen wir wirklich eine monogame Ehe, um uns diese Liebe zu zeigen? Brauchen wir Exklusivität, um uns sagen zu können, »Ich liebe dich«? Nur weil es uns unsere Eltern, unsere Freunde und Freundinnen, scheinbar alle um uns herum vorlebten, hieß das ja nicht, dass es der einzige und richtige Weg war. Vielleicht könnte es ganz schön sein, ein bisschen herumzuexperimentieren? Ich traute mich nun immerhin, etwas freier zu denken.

Alex setzte mich dabei nie unter Druck. Er wurde nie ungeduldig und sagte nie: »Du weißt, was ich will, wir haben lange genug darüber geredet, also mache ich das jetzt mal.« Stattdessen machte er mir klar, dass nichts ohne mich und ohne mein Einverständnis passieren würde. Für ihn wäre eine offene Ehe nicht möglich, wenn ich nicht wirklich dahinterstünde.

Natürlich ist es ein Risiko, die Ehe zu öffnen. Das war uns beiden klar. Wir wussten ja auch nicht, was das wirklich bedeuten und was passieren würde. Aber nach all den Gesprächen, die sich über Monate hinzogen, entschieden wir gemeinsam: Wir wagen es. Wir vertrauen uns und öffnen unsere Ehe. Und zwar für uns beide. Jeder darf andere Männer und Frauen treffen und mit ihnen Sex haben.

Wir waren erleichtert, ja, ich auch, und aufgeregt. »Lass uns das feiern«, schlug Alex vor und holte die Flasche Champagner aus dem Kühlschrank, die wir uns für einen besonderen Anlass aufgehoben hatten. Wenn das mal kein besonderer Anlass war! Der Korken knallte, doch zum Anstoßen kamen wir erst mal nicht. Dafür zum letzten Sex unserer monogamen Ehe.

Kapitel 2

Ist doch nur Sex – das erste von vielen ersten Malen

Ich gebe Alex einen Abschiedskuss, schlage die Wohnungstür hinter mir zu und stolpere fast die ersten Stufen hinunter, so nervös bin ich. Heute soll es passieren. Mein erstes Mal mit einem anderen Mann nach 20 Jahren mit Alex.

In der S-Bahn rotieren meine Gedanken. »Worüber sollen wir bloß miteinander reden? Was ist, wenn er mich doch blöd findet? Und was soll ich überhaupt machen? Vielleicht stelle ich mich ja total bescheuert an! Dann fällt ihm auf, wie unerfahren ich bin. Ich kenne ja nur Sex mit Alex. Oh Gott!« Ich gerate in Panik.

Da bemerke ich eine Mutter, die mir wohl schon länger gegenübersitzt und ihr Kind mit Brei füttert. Seelenruhig, Löffel für Löffel. Ob die auch so etwas macht wie ich? Oder das ältere Paar da hinten, das auf der Bank schweigend nebeneinandersitzt? Wenn die wüssten, was ich vorhabe!

Eine halbe Stunde später bin ich endlich da, bei Andreas, einem 31-jährigen Kindergärtner mit blonder Lockenmähne. Ich hänge meine Jacke an die Garderobe im schmalen Flur und laufe hinter ihm her ins Wohnzimmer. An der Wand kleben Plakate von Mountainbikern, die durch spritzenden Schlamm fahren. In der Ecke steht ein Wäscheständer, auf dem T-Shirts und Unterhosen hängen. Wie einladend!

Wir setzen uns aufs Sofa, Andreas stellt für mich ein Glas Leitungswasser auf den Couchtisch und guckt mich erwartungsvoll an. »Das ist also der Typ für dein erstes Mal«, schießt mir durch den Kopf.

Alex hatte sein erstes außereheliches Mal schon vor ein paar Wochen gehabt.

Als er sich von mir verabschiedete, spürte ich, wie aufgeregt er war. Sein Herz pochte unter dem Hemd, er drückte mich fest an sich und küsste mich. »Ich habe dich sehr, sehr lieb«, sagte er und schaute mir in die Augen. Dann verschwand er im Treppenhaus, und ich blieb allein in der Wohnung zurück.

Plötzlich spürte ich, wie leer die Wohnung war. Wie allein ich war. Ich wollte mich ablenken und lief ziellos umher. Ich entdeckte schmutziges Geschirr. Herrlich! Das musste ich natürlich sofort abwaschen. Und abtrocknen. Und wegsortieren.

Dann aber war ich wieder allein. Und das Kopfkino ging los.

Ich wusste, dass Alex sich mit einem netten und süßen Italiener traf. Das hatte er mir erzählt. Matteo hatte braune Augen und dunkle Haare. Verdammt! Ich sah ihn vor mir: Er hatte bestimmt einen makellosen Body, war wahnsinnig charmant und natürlich auch lustig. So ein Scheiß-Kerl. Und dann der Sex! Ach ja, der Sex! Ich versteinerte. Was die beiden wohl gerade trieben? In meinem Kopf lief ein Horrorfilm. Jedenfalls aus meinem Blickwinkel.

Ich war völlig überfordert mit der Situation und wusste nicht, was ich tun und denken sollte. Ich guckte fern und zappte wahllos hin und her. Ich machte Musik an und hörte nicht, welcher Song lief. Ich starrte ständig auf die Uhr und fragte mich, warum die Zeit an diesem Abend so elendig langsam verging.

Es waren furchtbare Stunden, in denen ich das Gefühl hatte, mir würde alles entgleiten. Ich hatte Angst, war wütend und verletzt, fühlte mich hilflos. Wir hatten uns zwar entschieden, diesen Schritt zu gehen. Aber die Praxis sah eben doch anders aus als die Theorie.

Und es wurde noch schlimmer. Alex kam so spät in der Nacht nach Hause, dass ich nicht mehr auf ihn warten konnte. Ich musste am nächsten Tag früh aufstehen und deswegen versuchen, zumindest ein bisschen zu schlafen. Irgendwann merkte ich zwar, dass er wieder neben mir im Bett lag. Trotzdem schlief ich unruhig und stand wie gerädert auf. Ich schleppte mich durch den Arbeitstag, bis dann am Nachmittag endlich Zeit war, um in Ruhe miteinander zu sprechen. Was hat Alex erlebt? Wie war es mir ergangen?

Dabei wurde uns schnell klar: Das war nicht gut gelaufen. Wir haben Fehler gemacht.

Wir merkten, dass wir uns nach einem Date immer sehen und zumindest kurz miteinander sprechen wollten. Das fühlte sich für beide besser an. Also beschlossen wir, dass keiner von uns die halbe Nacht wegbleiben, sondern rechtzeitig nach Hause kommen sollte.

Wir merkten außerdem, wie wichtig es in dieser neuen Situation war, weiterhin sehr ehrlich miteinander reden zu können. Jeder musste sagen können, was er oder sie empfand. Keine Geheimnisse. Das soll auch fürs Innenleben gelten. Egal, ob wir uns freuten oder wütend waren, ob wir Angst hatten oder traurig waren. All das durften wir sagen, und es musste erst mal so stehen bleiben können. Ohne Entschuldigungen für die eigenen Gefühle. Ohne dass der oder die andere sich sofort angegriffen fühlte und in den Verteidigungsmodus überging. Nur und erst dann konnten wir ehrlich darüber reden und versuchen, gemeinsam eine Lösung zu finden, damit es beiden gut ging.

Eines meiner größten Probleme blieb aber auch in den folgenden Wochen bestehen: Ich konnte nicht glauben, dass Alex nur mit jemandem Sex haben konnte, ohne dass es seine Gefühle für mich beeinträchtigte. Er versicherte mir zwar: »Doch, das geht. Das sind schöne Treffen. Aber ich liebe dich deswegen nicht weniger als vorher. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.«

Ich verstand es nicht. »Ich springe nicht einfach mit jemandem ins Bett«, entgegnete ich ihm. »So einfach ist das nicht. Sex ist für mich etwas Intimes, ein Ausdruck von Liebe und enger Verbundenheit. Ganz abgesehen davon: Ich kann mich nicht mal eben so vor einem fremden Mann ausziehen.«

Und dann machte ich es doch. Irgendwann war ich zu neugierig – und zu trotzig. Ich sah nicht ein, dass nur Alex die Freiheiten nutzte. »Was er kann, kann ich auch.« Also lud ich mir Tinder herunter und meldete mich an. Alex war an dem Abend wieder auf einem Date, und ich hatte Zeit. Ich durchsuchte mein Handy nach passenden Fotos, was gar nicht so einfach war, denn auf den meisten waren Alex und ich zusammen zu sehen. Irgendwann hatte ich dann aber zwei Bilder, lud sie hoch, schrieb einen kurzen Profiltext und fing an zu swipen.

Plötzlich poppte etwas auf meinem Bildschirm auf. »Es ist ein Match!«, stand da. Ich zuckte zusammen und schmiss vor Schreck beinahe mein Handy aus der Hand. Ich spürte mein Herz, meine Hände schwitzen. Was sollte ich jetzt bloß machen?

Mein Match hieß Andreas und schrieb als Erster. »Ich mag dein Lächeln.« Ich wurde verlegen, das hatte mir schon lange kein Mann mehr gesagt. Wir schrieben ein bisschen hin und her – und verabredeten uns für den nächsten Tag. Denn ich wollte nicht länger warten, sondern dieses erste Mal so schnell wie möglich erleben und entmystifizieren. Der erste Sex mit einem fremden Mann nach 20 Jahren monogamer Beziehung, der war für mich wie eine unsichtbare Hürde in meinem Kopf, die ich überwinden wollte.

Nachts konnte ich kaum schlafen, träumte wirres Zeug. Am nächsten Tag stand ich hilflos vor meinem Kleiderschrank. Rock oder Jeans? Bluse oder Pulli? Ich wühlte durch meine Unterwäsche und riss verzweifelt jedes Stück aus der Schublade. Herrje, damit konnte ich mich doch nicht blicken lassen! Auf einmal sah alles verwaschen und unsexy aus.

Ach, was soll’s! So ein Theater für einen wildfremden Kerl! Ich schüttelte über mich selbst den Kopf und zog mich endlich an.

Jetzt sitze ich also bei Andreas im Wohnzimmer. Er ist bestimmt 15 Kilo dicker als auf seinen Tinder-Fotos. Mhh … Unterhalten kann ich mich auch nicht wirklich mit ihm. Außer »Ja« und »Nein« bringt er nicht viel heraus. Nicht optimal. Trotzdem frage ich schon nach zehn Minuten: »Wollen wir nicht gleich anfangen?« Mir ist es nämlich plötzlich egal. Ich will es hinter mich bringen und den Mythos vom ersten Mal erledigen. Jetzt.

Das lässt sich Andreas nicht zweimal sagen. Sekunden später liegen wir auf der Couch, ich spüre seine Lippen auf meinen, wie seine Hände über meinen Körper gleiten und meine Brüste ertasten. »Ziehen wir um ins Schlafzimmer?«, fragt er. Ich nicke und ziehe mich dort in Windeseile aus. »Das ist ja gar kein Problem«, denke ich noch verwundert und lege mich nackt neben ihn aufs Bett.

Der Sex ist überraschenderweise ganz gut. Wild, viele Positionswechsel, so wie ich es mag. Ich kann mich in dem Moment fallen lassen und habe Spaß. Dann aber sagt er: »Ich will, dass du zuerst kommst.« Das ist ja eigentlich sehr nett – und nicht selbstverständlich, wie ich bei anderen Dates später noch erleben soll. Doch ich kenne mich und weiß auch: Ich habe hier heute keinen Orgasmus. Da können wir noch stundenlang zugange sein.

Sagen will ich ihm das allerdings nicht, sondern die Sache lieber ohne viel Erklärungen beenden. Da fällt mir die berühmte Szene mit Meg Ryan im Film »Harry und Sally« ein. Da, wo sie gemeinsam in einem Restaurant sitzen und sie, genau, zu stöhnen anfängt. Also drehe ich Andreas auf den Rücken, setze ich mich auf sein Gesicht, halte mich an den Metallstreben am Kopfende seines Bettes fest, schließe die Augen, lasse ihn lecken – und täusche kurz darauf einen Orgasmus vor. Ah, ahh, ahhh! Das mache ich ebenfalls zum ersten Mal. Übrigens auch zum letzten Mal, weil ich es im Nachhinein ziemlich blöd finde. Doch er nimmt’s mir ab, kommt ebenfalls, und zehn Minuten später verlasse ich frisch geduscht wieder seine Wohnung.

Was ist hier gerade passiert? Bin ich das wirklich?

Richtig glauben kann ich das nicht. Es ist ein bisschen so, als würde ich mich selbst von außen betrachten. Ich kenne diese Frau, irgendwie aber auch nicht. Ich kann nicht fassen, dass ich das gemacht habe. Dass ich mich fallen lassen konnte, dass ich mit einem fremden Mann, den ich noch nicht mal sexy fand, Lust empfinden konnte.

Es wird noch etwas dauern, bis das alles sackt und ich es verarbeitet habe.

In dem Moment aber legt sich bei mir auch ein Schalter um, und meine Zweifel sind schlagartig verschwunden. Sex mit Fremden ist gar nicht so schwer, wie ich das bisher immer gedacht habe. Und es kann tatsächlich Spaß machen. Hoppla.

Vor allem aber, und das verstehe ich mit der Zeit immer mehr, hat Sex mit anderen nichts zu bedeuten – jedenfalls nichts Elementares für unsere Ehe. Im besten Fall ist es für den Moment zwar schön. Es stellt aber meine Gefühle für Alex nicht infrage. Ich liebe ihn deswegen nicht weniger. Das hilft mir auch, Alex besser zu verstehen. Es ist eben nur Sex.

Dass ich das mal denken würde!

Sobald ich bei Andreas aus der Wohnung raus bin, wähle ich noch im Treppenhaus die Nummer von Alex. Er geht sofort ran. »Ist alles in Ordnung?«, fragt er mich besorgt und wundert sich, dass ich jetzt schon, nach gerade mal einer Stunde, wieder anrufe. »Na klar«, sage ich, als wäre nichts gewesen. »Ich wollte dir nur sagen, dass ich jetzt wieder nach Hause komme.«

Wir legen auf, ich gehe zur S-Bahn und lasse mein Abenteuer Revue passieren. Wie ungewohnt und aufregend es war, andere Hände auf meinem Körper zu spüren! Wie unwichtig meine Unterwäsche dabei doch war! Ich merke, wie ich grinsen muss – und schaue auf. Wieder nehme ich die anderen Fahrgäste um mich herum wahr. Anders als auf der Hinfahrt schäme ich mich nun aber nicht mehr. Ich finde gut, was ich gemacht habe – und das lässt mich innerlich ruhig werden. Ich fühle mich furchtlos und selbstbewusst.

Was ich in dem Augenblick noch nicht weiß: Dieses erste Mal ist für mich nur das erste von vielen ersten Malen, bei denen ich in den kommenden Monaten und Jahren Neues erleben und ausprobieren werde.

Nun aber fahre ich nach Hause zurück. Alex hat Kaffee gekocht, wir gehen in unser Wohnzimmer und setzen uns gegenüber an den Esstisch. Wir trinken Kaffee, essen Pastel de Nata, die ich auf dem Rückweg vom Portugiesen mitgebracht habe, und ich erzähle ihm, was ich erlebt habe.

Noch ein bisschen später haben wir Sex. Erst im Wohnzimmer, dann im Schlafzimmer. Und kurz vorm Schlafengehen noch einmal. Tollen Sex, ohne vorgetäuschten Orgasmus. Intensiv, innig, sehr vertraut.

Ist das die sexuelle Rückeroberung durch meinen Mann? Davon habe ich online gelesen, als ich mich durch wildes Googeln vorbereiten wollte. Vielleicht ist es das, aber das ist mir letztlich auch egal. Denn wenn ich ehrlich bin: Ich find’s toll und bin sehr erregt.

Kapitel 3

Auch dieses Spiel hat Regeln

Ich habe ein Date mit Luca. Wir sind bei ihm um die Ecke verabredet und wollen etwas essen gehen. Luca ist Italiener, hat aber kein italienisches Restaurant vorgeschlagen, sondern seinen Lieblingsaraber in der Nachbarschaft.

Es ist ein warmer Sommerabend, wir setzen uns an einen Tisch draußen auf dem Fußweg, bestellen Falafel und trinken kühles Bier. Wir erzählen uns von unseren Urlauben am Mittelmeer und was wir in den letzten Wochen in Berlin erlebt haben. Als wir fertig sind, bezahlen wir und wollen eigentlich aufbrechen. Doch Luca bleibt noch sitzen, stockt und es wirkt, als würde er sich nervös an seinem Rucksack festhalten. Er schaut mich verlegen an.

»Wir könnten jetzt zu mir in die WG gehen. Oder wir fahren mit den Rädern ein paar Kilometer zur Wohnung von Maria, einer Freundin von mir, die gerade im Urlaub ist und mir ihre Schlüssel zum Blumengießen gegeben hat. Was ist dir lieber?«

Was für ein Angebot! Ist das wirklich eine ernst gemeinte Frage?

Ich habe also die Wahl zwischen Sex in der WG, wo die Mitbewohnerin im Nebenzimmer zuhören kann, oder Sex in einer Wohnung, die wir für uns allein hätten. Lange überlegen muss ich da nicht.

Bevor wir losfahren, schreibe ich Alex: »Bei mir gibt’s eine kleine Planänderung. Wir gehen nicht zu Luca, sondern radeln zur Freundin Maria in der Straße X in Neukölln.« Denn das ist unsere Regel: Wir sagen dem anderen immer, mit wem wir wo sind. Den ganzen Namen und die genaue Adresse.

Luca und ich steigen auf die Räder und fahren los. Er radelt vorweg, da er den Weg kennt. Das hat einen netten Nebeneffekt: Ich kann ihn ein bisschen genauer angucken. Wie seine braunen, halblangen Haare im Wind wehen. Und wie sich sein trainierter Rücken unter dem T-Shirt abzeichnet. Mamma mia, Gott sei Dank kann er meine Gedanken nicht lesen! Na ja, dann wüsste er zumindest, dass ich mich auf die bevorstehenden Stunden mit ihm freue.

Als wir 20 Minuten später in Marias Wohnung ankommen, geht Luca pflichtbewusst erst mal die Blumen gießen, und ich habe Zeit, kurz auf mein Handy zu gucken. Alex hat mir geschrieben, seine Antwort blinkt bereits: »Warum machst du das? Du hast deinen Fahrradhelm nicht mitgenommen und fährst jetzt quer durch Berlin? Und in der Dunkelheit nachher noch mal zurück? Das ist doch echt saublöd!«

Verdammt! Daran habe ich in meinem Date-Fieber überhaupt nicht gedacht. Ich kann durchs Handy richtig spüren, wie wütend Alex ist. Ich versuche, ihn zu beruhigen, und verspreche ihm, dass ich auf dem Rückweg besonders vorsichtig und langsam auf den Fußwegen zurückfahren werde.

Mehr Zeit zum Schreiben habe ich dann allerdings nicht. Denn Luca ist nun mit den Blumen fertig und steht in ganzer Pracht vor mir …

Als ich einige Stunden später durchs nächtliche Berlin zurückradle, bleibe ich brav auf den Fußwegen und hoffe, dass mich die Polizei nicht erwischt. Mir flackern Bilder von dem Abend durch den Kopf. Von Marias Regal mit italienischer Literatur und den bunten nepalesischen Fähnchen, die quer durch das Wohnzimmer gespannt waren. Und wie der warme Wind durch die offene Balkontür hereingezogen war, während ich mit Luca auf dem Sofa lag.

Doch meine Gedanken wandern auch zu Alex und seiner Nachricht. Wie toll seine Reaktion war – und wie symptomatisch für unsere Situation! Denn wenn andere Männer schon beim Gedanken daran durchdrehen, dass ihre Frauen andere Männer auch nur anlächeln, will meiner, dass es mir gut geht. An diesem Abend eben mit einem anderen Mann, aber bitte mit Fahrradhelm!