Das Erwachen von Navi Septa - Linda Williams - E-Book

Das Erwachen von Navi Septa E-Book

Linda Williams

0,0

Beschreibung

Die Bände der Navi-Septa-Trilogie unterscheiden sich sehr von anderen sogenannten Fantasy-Romanen. Folgen die Leser/-innen den Instruktionen und vollziehen die Erfahrung einiger Protagonisten nach, können sie die freudvolle Veränderung eines erweiterten Bewusstseins selbst erfahren, die die Autorin und viele andere als Ergebnis von Shri Mataji Nirmala Devis großartigen Geschenken genießen. Kinder ab zehn Jahren lesen die drei spannend und flott geschriebenen Bücher als mitreißende Abenteuergeschichten und Jugendliche genießen die eingewebten zarten Romanzen. Erwachsene erkennen zweifelsohne Satire und spontane Weisheit in den allegorischen Geschichten. Auch der Titel des zweiten Bandes, "Die Bergmaus", wurde von Shri Mataji Nirmala Devi ausgewählt. Dieser Teil basiert auf den Qualitäten des Herz-Chakras. Um Daish Shaktay zu befreien, machen einige Protagonisten des ersten Bandes ihre Lektionen aus Sasrar in die Tat um und werden zu erfolgreichen Partisanen. Viele der Begebenheiten wurden von den Heldentaten mutiger, patriotischer und heiliger Männer und Frauen der indischen Geschichte inspiriert und dem jungen charismatischen König Rajay Ghiri, seinen Freunden und Verwandten zugeschrieben. Beim Versuch, sein Königreich zu befreien und zu vereinen, lernen unsere Helden viel von ihm und helfen ihm gleichzeitig bei seiner herausfordernden Aufgabe.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 708

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Den vielen Männern und Frauen die unsere Welt zu einer besseren machen wollten und dafür oft ihr Leben gaben

Danksagung zur deutschen Ausgabe

Den zweiten Teil der Navi-Septa-Trilogie von Linda Williams zu übersetzen, war mir erneut ein großes Vergnügen und abermals gebührt mein Dank Shri Mataji Nirmala Devi.

Gleiches gilt natürlich für die Autorin selbst, die in engem Kontakt zu dieser großen spirituellen Persönlichkeit unserer Zeit viele Inspirationen und entscheidende Unterstützung erhielt. Mitreißend und anschaulich verarbeitet sie die Geschichte und das Leben wichtiger realer und spirituell hoch entwickelter Persönlichkeiten sowie heute noch existierender Orte und fortwirkender Geschehnisse.

Ich bedanke mich ebenfalls für die Unterstützung durch Sabine Degenhardt und Caroline Platsch für die Korrekturhilfen und Ratschläge für das Layout.

Uwe David, Februar 2024

Inhaltsverzeichnis

Widmung zur englischen Ausgabe

Danksagung zur deutschen Ausgabe

Prolog

Erster Teil — Das Schwert des Tigers

Die Macht, alle Hindernisse zu überwinden

Partisanenausbildung

Einen Meister finden

Neuer Besuch bei alten Freunden

Königin Jansy

Zweiter Teil — Der ungekrönte König

Freundliche Überzeugung

Badeparty

Wahrsager

Fort Crossings

Valya

Nützliche Informationen

Den Feind locken

Hilfe von den Tigern

Der König und der Pirat

Port Volcan

Nachspiel

Dritter Teil — Das Rad des Schicksals

Leben am Hof

Umgang mit Caroso Raspatto

Ruhe und Sturm

Der Pass des Schmiedes

Lionhearts Ratschläge

Adel in der Niederlage

Bündnis mit dem Feind

Subtile Kräfte

Auf der Suche nach Robin

Die Höhle des Krokodils

Der Wäschekorb

Flüchtlinge

Der Heilige Bruder

Vierter Teil — Endstationen und neue Anfänge

Fliegende Pferde

Zurück an die Arbeit

Provokation

Danard erfüllt sein Gelübde

Positive Zerstörung

Der Zirkus des Untergangs

Namoh und Lee, Ahren und Robin

Begegnungen und Beziehungen

Die Reise durch das Land

Neue Anfänge

Prolog

Der erste Teil dieser Geschichte schließt an Die Schlüssel der Weisheit an. Der damals achtzehnjährige Raynor war der älteste von uns sieben und hatte eine alte Prophezeiung gefunden. Der zufolge würden ein paar junge Leute in ein Land im Norden reisen und spirituelle Kräfte erlangen. Diese würden ihnen helfen, die damals unser Heimatland Teletsia regierenden, üblen Zauberer und selbsternannten Hohepriester zu stürzen. Vor diesen teuflischen Machthabern mussten wir fliehen und erreichten schließlich das weit im Norden liegende Sasrar zwei Jahre bevor diese Ereignisse stattfanden.

Zu diesem Zeitpunkt hatten wir herausgefunden, dass wir die jungen Leute aus der Prophezeiung waren. Raynor heiratete das älteste Mädchen Tandi. Mein kluger Cousin Lee, Ahren – der vormals wilde Bursche vom Land – und ich hatten inzwischen unsere Ausbildungen beendet. Mein Bruder Derwin und seine heute elfjährige Altersgenossin Conwenna gingen noch zur Schule. Obwohl wir sie in Teletsia verbergen mussten, hatten wir alle die Fähigkeit, uns in einen Zustand des inneren Friedens, der Heiterkeit und der Stille zu versetzen. So konnten uns die Zauberer nicht mehr hypnotisieren oder terrorisieren. Auch Fragen konnten wir mit Hilfe dieser Fähigkeit stellen und eine kühle Brise auf den Handflächen spüren, wenn die Antwort ein Ja war. Ein Nein zeigte sich als Hitze. Das hatte uns immer wieder gerettet.

Zu unseren Entdeckungen gehörte ebenfalls die Erkenntnis, dass wir alle einen feinstofflichen Lebensbaum in uns trugen. Dessen Wurzel befand sich an der Basis des Rückgrats und seine Krone über dem Scheitel. Dazwischen lagen fünf subtile Zentren an verschiedenen Stellen unseres Körpers, die wiederum mit unterschiedlichen Teilen des Körpers und Aspekten der Persönlichkeit korrespondierten. Doch um sich seiner bewusst zu werden und seine subtilen Kräfte nutzbar zu machen, musste der Baum erweckt werden. Alle in Sasrar wussten darüber Bescheid und als erstes erfuhren wir, dass auch Mutter Erde einen solchen Lebensbaum besaß und unterschiedliche Länder mit den verschiedenen feinstofflichen Zentren korrespondierten. Dann gab es noch die Schlüssel der Weisheit, die wir auf sehr ungewöhnliche Weise erhalten hatten. Jeder von ihnen verfügte über die Kraft des jeweiligen subtilen Zentrums und des Landes, zu dem er gehörte – und für den Erfolg unserer Reise waren die Schlüssel von lebenswichtiger Bedeutung. In Sasrar erfuhren wir noch viel mehr über unser inneres Selbst, unsere Kräfte und wie wir sie zu unserem und zum Nutzen anderer einsetzen konnten.

Wie bereits im ersten Buch bin ich die Erzählerin – Asha Herbhealer. Wieder gibt es einige Kapitel, in denen ich nicht persönlich anwesend war und die deshalb in der dritten Person geschrieben sind. Die Handlung des zweiten Buches beginnt gut zwei Jahre nach dem Ende des ersten. Um die Szenerie besser zu illustrieren, habe ich wieder einige Zeichnungen ergänzt, und die folgende Karte zeigt uns die in diesem Teil der Trilogie beteiligten Länder.

Ost-Chussan, Teil des Mattanga-Reichs und Daish Shaktay

Erster Teil Das Schwert des Tigers

Die Macht, alle Hindernisse zu überwinden

In meinem lebhaften Traum führte eine Straße durch ein enges Tal, und eine Karawane aus mit Waren beladenen Maultieren und edlen, geführten und gerittenen Pferden zog darauf dahin. Soldaten bewachten den Zug, und ich erkannte die offiziellen Abzeichen der chussanischen Armee – des Landes südlich von Sasrar, in dem wir lebten. Plötzlich tauchte ein Trupp junger Männer hinter ein paar Felsen auf, überfiel die Soldaten und schlug sie in die Flucht. Auch die Stallknechte flohen und ließen den Gepäckzug und die meisten Pferde zurück. Einer der Angreifer wurde getötet, und ihr Anführer kniete verzweifelt vor ihm nieder. Aus seinem subtilen Herzzentrum strahlte dieser junge Mann feine und wunderbare Vibrationen aus. Ich erkannte meine Freunde und musste ihnen irgendwie helfen.

Klamm und kalt erwachte ich in einem dünnen Zelt in den Bergen. Von schneebedeckten Gipfeln umgeben, verbrachten wir ein oder zwei Tage südlich von Sasrar in einem kleinen, hochgelegenen Tal. Die Zelte hatten wir an einem Steilhang aufgeschlagen, und über uns wuchsen einige Pinien. Zufrieden mampften die in der Nähe angebunden Ponys das kurze Gras. Der Gebirgszug erstreckte sich im Norden Chussans und alle lebensspendenden Flüsse führten ihr Wasser von dort in die darunterliegenden, trockenen Ebenen.

Inzwischen war ich achtzehn und Lee und Ahren fast genauso alt. Beide saßen auf dem Boden und unterhielten sich mit dem vier Jahre älteren Robin mit seinem glatten, kupferbraunen Haar, seinen braunen Augen und der hellen Haut der Menschen des Nordens. Er war groß, stark und fit, und sein offenes Gesicht lächelte. Durch seine ruhige, höfliche Art hätte man in ihm kaum den wichtigsten Freiheitskämpfer Lord Albions erkannt – des rechtmäßigen und gegenwärtig in eben diesen Bergen im Exil lebenden Königs von Chussan. Sein fliegendes Pferd, mit dem er ansonsten über die Berge zwischen Chussan und Sasrar flog, hatte ihn diesmal nicht getragen, sondern er war wie wir auf einem Pony geritten.

Lee war in Sasrar erwachsen geworden. Zwar war er noch immer stämmig, doch nun größer und kräftiger. Immer noch stand sein dunkles Haar ab wie eine Bürste, und unsere honigfarbene Haut stand im Kontrast zu der der Einheimischen. Auch Ahren aus unserer Teletsia-Gruppe war nicht mehr der große schlaksige Junge von vor zwei Jahren, sondern inzwischen ebenfalls ausgewachsen und er hatte ordentlich Muskeln zugelegt. Raynor begleitete uns ebenfalls. Er unterrichtete jetzt an der Schule in Kedar, doch wegen der Ferien arbeitete er im Moment nicht. Seine Frau Tandi war nicht mitgekommen, weil es ihr nicht gut ging. Doch Conwenna und Derwin waren bei uns.

„Die Astrologen wollen dich sehen“, begann Robin, nachdem wir etwas später das Frühstück beendet hatten.

Conwenna und Derwin waren irgendwo unterwegs.

„Das ist ja alles wunderbar, aber wie sollen wir aus Sasrar herauskommen?“, fragte Lee. „Du hast dein fliegendes Pferd, aber Ahrens will ihn vielleicht noch nicht über die Berge tragen; und ich habe noch nicht einmal angefangen, eins zu trainieren. Ich kenne jedenfalls keinen anderen Weg nach draußen.“

„Doch, es gibt einen“, fuhr Robin fort. „Deshalb habe ich euch auf diese Grenzpatrouille gebeten. Neulich erhielt ich nämlich Nachricht von einem Schäfer diesseits der Berge. Auf der Suche nach ein paar verlorenen Schafen entdeckte er, dass sie durch eine Felsspalte direkt nach Sasrar gelaufen waren – dort, gleich um die Ecke, unter diesen Felsen. Wir können durch die Spalte gehen und sie dann sprengen. Denn wenn Schäfer hineinkommen, dann können das auch andere und weniger Freundliche.“

„Ich dachte, böse Menschen könnten niemals durch diese Berge kommen.“

„Theoretisch nicht, aber man weiß ja nie. Wie auch immer, wollen wir zu den Astrologen?“

„Wenn sie uns gebeten haben, müssen wir es“, sagte Raynor.

„Es gibt Probleme in den Ländern nördlich des Ozeans der Illusion“, fuhr Robin fort. „Etwas über einen bösartigen König, der seine schmutzige Arbeit von monströsen Kreaturen erledigen lässt. Er hat auch eine große Armee. Alle, die versuchen, nach Sasrar zu kommen, werden es schwer haben. Besonders wenn sie über den östlichen Ozean kommen.“

„Da diese Länder mit dem subtilen Herzzentrum verbunden sind, ist es kein Wunder, dass ich dort einen dumpfen Schmerz verspüre“, fugte ich hinzu.

„Da bist du nicht die Einzige. Ich vermute, die Astrologen möchten, dass die Jungen im Kampf gegen diese Oger helfen. Das ist nichts für dich, Asha.“

„Haben sie das tatsächlich gesagt?“

Ich blickte auf den schönen Ring, den ich trug – ein Geschenk zu meinem letzten Geburtstag. Er war aus Gold und mit der vierblättrigen Blüte graviert, die das erste Zentrum des inneren Lebensbaums repräsentiert. Eine seiner Eigenschaften ist die Fähigkeit, alle Hindernisse zu überwinden, einschließlich der, die – wie ich dachte – von diesem übervorsichtigen, jungen Mann geschaffen wurden.

„Nein, aber Mädchen ziehen nicht in den Krieg, oder?“ Robin wandte sich an die anderen: „Wir sollten bald gehen. Asha, kannst du die Kinder nach Hause bringen?“

„Das nehme ich an, ja.“

Das Gespräch ging weiter, und ich saß da, hörte schweigend zu und plante meine nächsten Schritte. Robin mag ein mutiger und genialer Partisan sein und daran gewöhnt, die Kräfte der chussanischen Regierung zu überlisten. Doch ich wollte mich von ihm hier nicht so einfach ausstechen lassen. Etwas später suchte ich Derwin und Conwenna, die sich inzwischen unten im Tal mit den dort reichlich vorhandenen, wilden Früchten vollstopften. Unsere beiden Hunde, Nog und Kutie, waren bei ihnen. Sie spielten miteinander und jagten ab und zu Hasen oder Kaninchen durch das Heidekraut und andere Büsche.

„Hört mal“, sagte ich zu ihnen, während ich mir ein paar leckere, dicke Himbeeren gönnte. „Ich möchte, dass ihr beide mir helft, aber verratet es niemandem, ja?“

„In Ordnung“, sagte mein Bruder.

„Robin glaubt, die Astrologen möchten, dass wir in einem der Länder im Süden helfen. Er will mich aber nicht dabeihaben. Doch fragt die Vibrationen: Soll ich dabei sein? Ich spüre es kühl, aber schaut, ob ihr das Gleiche fühlt.“

Conwenna und Derwin streckten ihre Hände aus und stellten die Frage in ihrem Herzen.

„Es ist sehr kühl für dich zu gehen“, beharrte Conwenna.

„Du musst!“, stimmte Derwin zu. „Doch wie kommt ihr dahin? Denselben Weg, wie beim ersten Mal, können wir nicht benutzen. Die Tür hat sich nach uns geschlossen und wurde zu einem Teil des Berges.“

„Robin hat einen Felsspalt gefunden. Zusammen mit den anderen will er hindurch und ihn danach sprengen, damit niemand folgen kann.

„Und?“, fragte Conwenna.

„Ich werde kurz vor ihnen hindurchgehen und mich verstecken, bis sie ihn in die Luft gejagt haben. Dann können sie mich nicht mehr zurückschicken.“

„Sie werden aber doch sicher auf die Vibrationen hören, wenn sie zeigen, dass es für dich in Ordnung ist zu gehen“, widersprach Conwenna.

„Sei dir nicht zu sicher, denn sie wollen mich immer beschützen.“

„Warum dürfen wir nicht mitkommen?“, fragte Derwin.

„Ihr müsst zuerst eure Schule abschließen, denn ihr könnt nicht einfach so halbgebildet durchs Leben gehen“, sagte ich und zog die Große-Schwester-Karte.

„Da hast du wohl Recht“, stimmte Conwenna zu und streckte ihre Hände wieder vor sich. „Ich spüre überhaupt keine kühlen Vibrationen, wenn ich nach uns frage - meine Hände sind warm und kribbeln. Was sollen wir tun?“

„Zuerst kehrt ihr zusammen mit den Hunden und ohne mich nach Hause zurück.“

„Das ist einfach! Es ist nicht weit bis zum Hof der Channums, und wir können jederzeit bei ihnen bleiben“, sagte Derwin.

„Zweitens: Erzählt den Jungs oder Robin nichts von meinem Plan. Bald werden sie mit ihren Ponys aufbrechen, und ich tu so, als wäre mir ein bisschen übel und verabschiede mich. Ich behaupte, ich reite mit euch weiter ins Tal, führe in Wirklichkeit aber mein Pony durch die Spalte. Normalerweise lüge ich nicht, aber die Vibrationen sind die höchste Wahrheit. Sie versuchen immer, mich von dem abzuhalten, was sie wilde und gefährliche Dinge nennen. Besonders Robin übertreibt es manchmal ein bisschen. Er weiß nicht, was wir auf unserer Reise hierher durchgemacht haben."

Was Lee zu mir sagte – als ich hinter einem Felsen auf dem Pfad hinter der Höhlenspalte auftauchte, nachdem Robin sie gesprengt hatte – werde ich nicht wiederholen. Lee hatte sich immer wie ein Bruder um mich gekümmert und so ein gewisses Recht, wütend zu sein. Auch Robin war ziemlich schroff und nicht so sympathisch wie sonst. Raynor, der so außergewöhnlich ehrlich war, konnte einfach nicht glauben, dass meine Definition von „talwärts“ ein wenig kreativ war. Nur Ahren war amüsiert.

„Wenn die Vibrationen gezeigt haben, dass du mitkommen sollst, kommst du mit“, schmunzelte er. „Ich kenne dich, Asha.“

Nach einem beängstigenden Ritt auf schmalen Pfaden, die sich an die Wände tiefer Täler schmiegten, trabten wir zwei Tage später in den Hof des Sommerhauses der Astrologen. Ein paar von Robins Freunden aus dem dörflichen Upper Dean kamen, um uns mit den Ponys zu helfen. Dann gingen wir zu Frau Pea-Arge in ihre Küche. Sie begrüßte uns, als wären wir nur einen Monat und nicht zwei Jahre lang weggewesen, und setzte uns mit heißen Getränken in die Halle für Mitarbeiter.

„Meine Güte, bist du gewachsen, Lee!“, begann sie. „Und du Ahren. Du siehst aus wie einer dieser Partisanen, die der junge Robin trainiert hat. Und Asha, hübsch wie eine Morgendämmerung im Frühling. Du hast etwas zugenommen!“

Sie schmeichelte mir ein bisschen zu sehr, aber ich hatte tatsächlich nicht mehr den angespannten Ausdruck und war keine magere Bohnenstange mehr wie vor zwei Jahren. Herzlich erkundigte sie sich nach Derwin und Conwenna und nach Tandi und Raynor. Als wir ihr erklärten, dass wir möglicherweise wieder in den Süden gingen, meinte sie:

„Raynor, du kannst nicht einfach so gehen und Tandi alleine lassen. Du könntest ewig fort sein.“

Raynor schwieg. Er hatte vergessen hatte, die Vibrationen zu befragen, um zu sehen, ob es kühl und richtig für ihn war zu kommen.

Am nächsten Morgen eines beginnenden, warmen Sommertages saßen wir im Rosengarten vor dem weitläufigen Herrenhaus. Robin und die drei Astrologen kamen zu uns, doch ohne Lord Albion, der in einer Partisanensache unterwegs war. Wir standen auf, senkten unsere Köpfe leicht und drückten unsere Handflächen in einer respektvollen Begrüßungsgeste zusammen. Dann setzten wir uns alle auf den Rasen zwischen den Blumenbeeten, umgeben von duftenden, vielfarbigen Rosen. Unter uns erstreckte sich das Tal, und in weiter Ferne lagen die hohen, schneebedeckten Gipfel.

„Es ist eine Freude, euch zu sehen“, begann der dunkelhäutige Älteste mit Bart.

„Es ist uns eine große Ehre, dass Ihr uns gerufen habt, Sir“, antwortete Raynor.

„Sasrar hat euch allen sehr gutgetan“, fuhr der immer in Weiß gekleidete Mann mittleren Alters fort. „Doch wenn ihr wollt, ist es jetzt an der Zeit, wieder nach Süden aufzubrechen. Nicht nach Teletsia – dazu seid ihr noch nicht bereit, sondern nach Daish Shaktay, über dem Ozean der Illusion. Was habt ihr für Verpflichtungen in Sasrar?“

„Ahren und ich haben unsere Zeit beim Grenzdienst geleistet, ebenso wie Raynor“, sagte Lee.

„Ich arbeite als Schullehrer“, sagte Raynor.

„Und ich habe mich um meinen Bruder Derwin und die kleine Conwenna gekümmert“, fügte ich hinzu.

„Und das ältere Mädchen?“, fragte der jüngste Astrologe.

„Sie ist jetzt meine Frau“, antwortete Raynor.

„Diese Mission ist nichts für dich“, fuhr er fort. „Es könnte eine Reise ohne Wiederkehr sein, denn sie wird gefährlich. Es gibt Probleme in Daish Shaktay. Der junge Mann, der dort König sein sollte, heißt Rajay Ghiry. Er ist ein großartiger Freiheitskämpfer, und seine Feinde konnten ihn bisher nicht fangen. Sie nennen ihn ,Die Bergmaus'.“

Da wurde mir klar, dass dies der junge Mann gewesen sein musste, den ich in meinem Traum gesehen hatte.

„Was können wir tun?“ fragte Lee.

„Die Vibrationen zeigen, dass ihr drei – Lee, Ahren und Asha – ihm helfen könntet. Für euch Jungs gibt es vielleicht ein paar Kämpfe. Fühlt ihr euch bereit dafür?“

„Wir werden unser Bestes tun, Sir“, antwortete Lee. „Robin hat uns ausgebildet.“

„Gut. Was ist mit dir, Asha?

„Robin besteht darauf, dass ich als Mädchen nicht kämpfen sollte.“

Ich schaute Robin an, aber er wich meinem Blick aus und starrte auf einen Adler, der weit über unseren Köpfen kreiste. Niemand sagte etwas, und so fuhr ich fort.

„Das Wichtigste, was ich in Sasrar gelernt habe, ist, wie man den Baum des Lebens erweckt.

„Könntest du das an die Menschen in Daish Shaktay weitergeben?“, fragte der Mann mittleren Alters.

„Ja, ich denke schon, aber ich habe Angst, Fehler zu machen.

„Lass dich davon nicht abhalten – wir alle machen Fehler“, lachte der jüngste Astrologe.

„Wie werden wir euch dort hinbringen?“, grübelte der Älteste.

„Ich werde sie durch die Wüste führen“, antwortete Robin zunehmend besorgt, als klar wurde, dass ich ebenfalls dabei sein würde. „Das ist der beste Weg, aber alleine könnten sie es nicht schaffen.“

„Also, junge Krieger der Wahrheit: Dies ist eure erste Aufgabe“, sagte der jüngste der drei.

Ich war mir nicht sicher, ob ich eine Kriegerin der Wahrheit sein könnte, aber ich würde mich darauf einlassen. Der Mann mittleren Alters wandte sich an den verlegen aussehenden Raynor.

„Du hast gute Arbeit geleistet, indem du deine Freunde nach Sasrar gebracht hast“, lobte er ihn. „Jetzt musst du nur noch ein bisschen länger dortbleiben. Dann kannst auch du durch den Berg zurückkehren.“

Den Abend verbrachten wir im Lehrerzimmer und ließen uns Erdbeeren mit Schlagsahne schmecken. Weil es hier abends manchmal auch im Sommer recht kühl war, brannte ein Feuer im Kamin, und wir saßen um den langen Holztisch herum.

„Wir müssen dich wieder verkleiden“, kicherte Robin fröhlich.

„Oh nein!“, klagte Ahren. „Es hat ewig gedauert, uns diese schreckliche Farbe wieder aus den Haaren zu wachsen.“

Auf unserer Reise nach Sasrar hatten wir uns von braunhäutigen, schwarzhaarigen Teletsianern in Menschen verwandelt, die den hellhäutigeren dieser Gegend vage ähnelten.

„Dieses Bleichmittel hat meine Haut völlig ausgetrocknet und mich wochenlang schrumpelig wie einen alten Apfel aussehen lassen“, stöhnte ich.

„Die Soldaten Chussans könnten immer noch hinter dir her sein“, erklärte Robin geduldig. „Wenn du darauf bestehst, mitzukommen, Asha, bestehe ich darauf, dass du dich verkleidest. Sonst würde ich es mir nie verzeihen, wenn man dich erwischen würde.“

„Okay, du hast gewonnen“, lenkte ich ein. „Wo ist der Schönheitssalon?“

„Ich kümmere mich um Lee und Ahren, und Frau Pea-Arge wird dich verwandeln.“

Es gab kein Entkommen.

Am nächsten Morgen machten sich drei braunhaarige und hellhäutige, junge Leute sowie der unverkleidete Robin auf den Weg in die Ebene südöstlich der Berge. Wir gaben vor, mein Bruder Lee brächte mich zu meinem künftigen Ehemann in den Süden, und die anderen bewachten uns vor Gesetzlosen. Robin hatte sich in letzter Zeit versteckt und lebte nun bei den Astrologen – sofern er nicht gerade durchs Land reiste und heimlich Partisanengruppen organisierte.

Auf sich durch die Hochtäler windenden Pfaden erreichten wir schließlich die Ebene. Dort tauschten wir unsere Wollsachen gegen fließende Baumwollkleidung, aber alle behielten einen Umhang gegen die nächtliche Kälte. Wir reisten mit leichtem Gepäck und nahmen nur das Nötigste mit: zwei, drei Garnituren zum Wechseln, Geld, Waffen, Lebensmittel und Wasserbeutel – falls die Brunnen oder Wasserlöcher in der Wüste ausgetrocknet waren. Oft lag eine ganze Tagesreise zwischen ihnen.

Wir machten uns auf den Weg durch das ausgedörrte Land, in dem nur derbes Gras, Aloen, Kakteen und dornige Sträucher wuchsen. Es war trocken, feindselig und sengend heiß – nun – tagsüber heiß und nachts eiskalt. So reisten wir hauptsächlich nachts. Dieses leere, wüstenähnliche Land war so still im Licht der hellen Monde, dass wir uns oft unterhielten, während wir stetig nach Südosten ritten. Wir redeten über viele interessante Dinge, und eins unserer Gespräche, an das ich mich besonders erinnere, betraf die Wächter. Robin erklärte, dass es sich um hoch entwickelte Seelen von einem anderen Planeten handelte. Sie wurden auf dieser Erde geboren, waren aber weder unbesiegbar noch unbestechlich und allen Versuchungen ausgesetzt wie alle anderen.

Lee fragte Robin nach seiner ersten Begegnung mit Lord Albion. Er erzählte, er wäre von Kindheit an sehr unzufrieden in Chussan und sehnte sich danach, die Dinge zu verbessern. Er wusste auch, dass er jemanden finden musste, der ihm half. Als er vierzehn war, kam ein junger Mann in den Hof der Markands in die Stadt Chussan, wo Robins Vater, Herr Markand, mit Tieren handelte. Er wollte ein paar Pferde kaufen und fragte, ob ihn jemand in die Berge begleiten könnte, um ihm bei der Auslieferung zu helfen. So machten er und Robin sich auf den Weg, und als sie die Stadt verlassen hatten, stellte er sich als der Exilkönig Albion vor. Er erklärte Robin, er wäre nur gekommen, um ihn zu finden, und die Tiere seien nur eine Ausrede. Die kühlen Vibrationen hatten ihn zum Hof der Markands geführt. Danach ging Robin häufig in die Berge, um seine Zeit bei Lord Albion zu verbringen. Oft flogen sie mit fliegenden Pferden nach Sasrar, Robin wurde ein Partisan, und sie bereisten ganz Chussan in geheimen Missionen.

Getreu seinem Wort lotste Robin uns zuverlässig. Er führte uns zu den oft verborgen liegenden Quellen, und wir verirrten uns nicht ein einziges Mal. Außer untereinander redeten wir kaum mit jemandem, bis wir uns dem südlichen Rand der Wüste näherten. In diesen Bergen fiel etwas Regen, und einige Dörfer lagen an den Ufern der in den höheren Regionen entspringenden und zur Bewässerung des trockenen Landes dienenden Bäche. Die Einheimischen dort berichteten, dass die beiden, Chussan regierenden Brüder sich mit dem Ogerkönig verbrüdert hatten. Als Robin einmal kurz ein paar seiner Partisanenfreunde besuchte, lauerten chussanische Soldaten uns drei Teletsianern auf und fragten uns nach unseren Geschäften. Doch sie nahmen uns unsere Ausrede ab, mich zu meinem zukünftigen Ehemann zu bringen. Da es schon spät am Abend und fast dunkel war, bemerkten sie zum Glück nicht, dass unsere Verkleidung inzwischen schon etwas abgenutzt war. An einem anderen Abend zelteten wir in der Scheune eines Bauern, den Robin kannte. Doch zur Sicherheit verließen wir sie nicht.

„Asha, du musst viel sittsamer und schüchterner aussehen“, riet Robin. „Wie eine Jungfrau vom Dorf, die ihren zukünftigen Ehemann trifft. Du bist viel zu offen und selbstbewusst.“

„Es tut mir leid, aber wir drei sind doch schon ein gutes Stück in der Welt herumgekommen“, scherzte ich.

„Es wird noch einige Zeit dauern, bis irgendjemand von uns wirklich heiratet“, sagte Lee.

„Ja, wir haben viel zu tun“, antwortete Robin. „Ich in Chussan und ihr – die Astrologen sagten mir, dass diese Mission eine Übung sein wird, bevor ihr nach Teletsia zurückkehrt. Wir alle müssen unsere Versprechen erfüllen und werden für eine Weile ein gefahrliches Leben führen. Wären wir verheiratet, könnte uns das davon abhalten.“

Wir hatten Robin von unserem in Teletsia abgelegten Gelübde erzählt, wonach wir versuchen wollten, unser Land von den Zauberern zu befreien. Auch er hatte ein ähnliches Versprechen abgelegt.

„Ich werde euch bald verlassen, denn wir sind jetzt auf der anderen Seite der Wüste. Das Land hier gehört nicht den Chussen, obwohl sie versuchen, es zu kontrollieren. Doch da ich es nicht so gut kenne, bin ich als Führer nicht sehr geeignet.“

„Du bist immer eine große Hilfe und ich fühle mich sehr sicher, wenn du bei uns bist“, lobte ich ihn.

„Danke für das Kompliment, aber ich werde im Norden gebraucht. Lee und Ahren können sich um dich kümmern.“

Wir ritten noch einen Tag lang und stießen glücklicherweise auf keine weiteren chussanischen Soldaten, als wir auf einer gut ausgebauten Straße aus gestampfter Erde die ausgetrocknete Ebene durchquerten. Der wachsame Robin hielt uns an, die Menschen hier im Auge zu behalten, denn sie waren ein raues Volk.

„Wir töten sie zuerst und fragen dann nach ihren Namen“, schmunzelte einer, als Ahren ihn danach fragte, wie sie mit den Soldaten zurechtkämen.

Lee fragte sich, ob es klug von uns wäre, ohne konkreten Plan in dieses gesetzlose Land zu kommen?

Dann erblickten wir ein Dorf, das sich in einem Tal zwischen grünen, bewässerten Feldern an die östlichen Hügel schmiegte. Als wir näherkamen meinte Robin, er müsse jetzt umkehren, und wir sollten ins Dorf reiten. Dort würde er uns wieder treffen, und wir könnten vor seiner Abreise noch zusammen essen. In der Zwischenzeit wolle er einen Maultierzüchter seines Partisanennetzwerks besuchen. Robin folgte einem Pfad bis hinter einen Felsvorsprung hinunter in die Ebene, wo die Farm des Züchters lag.

Am späten Nachmittag erreichten wir den Dorfplatz. Der Boden war trocken und staubig, und ein paar kümmerliche Bäume fristeten ihr Dasein in der Nähe der kleinen Steinhäuser, die den Platz umgaben. In einer Ecke lief ein Ochse im Kreis um eine Vorrichtung, die Wasser aus einem Brunnen in einen Kanal zu den Tränken und Gärten schöpfte. Wir gingen hinüber und baten einen Jungen um etwas Wasser. Seine Aufgabe war es, den Ochsen regelmäßig mit einem Stock anzutreiben, wenn er genug davon hatte, endlos im Kreis zu laufen. Nachdem wir getrunken und unsere Ponys getränkt hatten, überquerten wir den Platz zu einem Anbindebalken auf der anderen Seite. Wir zurrten die Ponys daran fest und betraten den einzigen Lebensmittelladen, da unsere Vorräte erschöpft waren. Ein paar Dörfler standen beieinander und beäugten uns misstrauisch. Dann wandten sie sich wieder ab und machten weiter mit dem, womit sie gerade beschäftigt waren. Wir kauften Proviant für uns und Getreide für die Ponys und hörten die Dorfbewohner reden, als wir unsere Einkäufe in die Satteltaschen packten:

„Die Soldaten aus Chussan sind hinter ihm und seiner Bande her ..."

„Man sagt, er stammt aus einer königlichen Familie ..."

„Noch eine Bande von Gesetzlosen, wenn du mich fragst ...“

„Er kommt aus Daish Shaktay und hat eine Gepäckkarawane aufgebracht, die Chussan als Abgabe an den Ogerkönig Karlvid von Mattanga geschickt hatte. Sowohl Chussan als auch Mattanga hätten so viel von uns gestohlen, und er brauche das Geld, um seine Armee zu bezahlen, meinte er.“

„Klingt wie unser Mann“, flüsterte Ahren.

„Wie finden wir ihn?“, fragte Lee.

In diesem Moment erschien ein Bauer mit seinem Ochsenkarren und trieb seine schwerfälligen Tiere in einen widerwilligen Galopp. Als er uns sah, sprang er von seinem Wagen und rannte auf uns zu.

„Kommt! Schnell!“, rief er und packte die Jungen.

Er schob sie um eine Hausecke am Rande des Platzes und ich folgte ihnen.

„Die Soldaten sind gerade unten auf der Hauptstraße und kommen hierher“, begann er. „Steigt auf eure Ponys und verschwindet. Jetzt, sofort! Sie wissen über euch Bescheid, denn der junge Mann bei euch ist der meistgesuchte Rebell in Chussan.“

Ahren sah entsetzt aus. Robin hatte wieder einmal sein Leben für uns riskiert.

„Wo ist er?“

„Er ist bei einem befreundeten Maultierzüchter.“ Lee zeigte in die Richtung, in die Robin gegangen war.

„Keine Sorge, wir verstecken ihn“, fügte der Bauer hinzu.

„Wohin sollen wir gehen?“

„Hinauf in diese Hügel. Folgt dem Weg am Bachbett, das ist schneller als über die Straße. Nach drei Dörfern kommt ihr zu einem alten Tempel. Habt keine Angst vor den seltsamen, kreischenden Geräuschen. Das ist nur der Wind in den Felsen. Den Soldaten sagen wir, dass es Geister sind, um sie fernzuhalten. Los gehts“, drängte er, und schob uns zurück zu unseren Ponys.

„Aber ...“, protestierte Lee.

„Wenn euch jemand aufhält, sagt, der alte Pahari habe euch geschickt. Ich bin der Anführer hier und alle kennen mich. Jetzt macht euch auf. Beeilt euch!“

Pahari machte sich auf die Suche nach Robin, und wir galoppierten den Hang hinauf. Danach kehrte er auf den Platz zurück und rief die Dorfbewohner zusammen.

„Wir sind doch alle Feinde dieser chussanischen Truppen, nicht wahr?“, begann er, und es folgte ein Aufschrei der Zustimmung. „Falls sie also fragen: Diese Fremden nahmen die Straße in die Wüste. Wenn jemand den Soldaten den richtigen Weg zeigt, dann wisst ihr alle, was mit denen passiert, die uns verraten“ – und er fingerte nach dem Dolch an seiner Seite.

Partisanenausbildung

Das letzte Tageslicht war kurz vor dem Verlöschen, als wir den großen und teilweise zerstörten Tempel erreichten. Er lag in einem Komplex aus mehreren Bauwerken und war von einer stellenweise eingestürzten Mauer umgeben. Am Hang des felsigen Tals fanden wir dahinter eine große Höhle mit einer alten Holztür. Nachdem wir unsere Ponys an einer Zisterne getränkt und mit Getreide gefüttert hatten, versteckten wir sie dort. Dann betraten wir das verlassene Tempelgelände durch das Tor.

„Vorsicht vor den Schlangen“, rief Ahren von hinten.

„Da ist eine!“, warnte ich, als ein langer dünner Schwanz in einem Loch vor unseren Füßen verschwand.

Zum Glück waren alle drei Monde aufgegangen, und wir konnten sehen, wohin wir traten. Beim Laufen stampften wir mit den Füßen, und eine Menge anderer Reptilien und Kleintiere glitt und flitzte in ihre Behausungen davon. Wir erkundeten die verlassenen Gebäude am Rande des ummauerten Geländes und fanden in der Mitte des Hofes den Hauptschrein, ein großes kuppelförmiges Gebäude. Auf seinen Stufen aßen wir unser Abendessen aus Brot, gewürzter Trockenwurst und Obst.

„Ich hoffe, Robin geht es gut“, begann Ahren. „Ich fühle keine Angst, wenn ich meine Aufmerksamkeit auf ihn richte.“

„Das würdest du auch nicht“, sagte Lee. „Denn er ist mutig wie ein Löwe. Doch fragen wir mal die Vibrationen, ob er den Soldaten entkommen konnte?“

„Es ist sehr kühl“, spürte ich. „Er ist in Ordnung.“

„Er ist – so selbstlos und bescheiden“, sagte Lee philosophisch.

„Eine großartige Begleitung“, kommentierte Ahren eher bodenständig.

Ich schwieg, aber mir wurde klar, dass er uns jetzt mehr als einmal das Leben gerettet hatte. Was für ein Freund!

Wir holten unsere Schlafsäcke, zündeten eine Kerze an und gingen in den Tempel. Auf einem Podest in der Mitte der Halle war die lebensgroße Statue einer Frau errichtet. Gesicht, Haare, Hände und Füße waren aus Kupfer und die Gewänder aus im Kerzenlicht glitzerndem Silber. Zu ihren Füßen lag ein ebenfalls aus Silber und Kupfer gefertigter Tiger. Offensichtlich kümmerte sich jemand um diesen Ort, denn die Steinplatten des Bodens waren gekehrt, die Statue poliert und Blumen offeriert worden.

„Meint ihr, wir sollten hier übernachten?“, fragte Ahren.

„Ja“, antwortete ich. „Solange wir respektvoll sind.“

„Das sehe ich auch so“, fügte Lee hinzu. „Lasst uns hinter dem marmornen Gitterwerk schlafen, damit wir nicht gleich gesehen werden, falls jemand kommt. Asha, du schläfst auf dieser Seite der Statue und wir hier.“

„Lasst uns ein kurzes Gebet sprechen, dass wir diesen Rajay Ghiry irgendwie treffen“, schlug ich vor.

„Du bist voller Erwartung“, antwortete Lee.

„Ja, das bin ich“, und erinnerte ihn daran, dass mein Name „Hoffnung“ bedeutet.

Mit gebührendem Respekt knieten wir vor der Statue nieder, und ich äußerte die Bitte in unser aller Namen. Danach rollten wir unsere Schlafsäcke aus. Lee und Ahren schliefen bald tief und fest, aber ich wälzte mich nur hin und her. Je mehr ich die Statue betrachtete, desto stärker fühlte ich mich. Nach einer Weile bemerkte ich etwas in der Türöffnung, das zuerst aussah wie ein großer Hund oder ein Pony. Doch dann erkannte ich die Silhouette deutlich – es war ein Tiger. Ich klammerte mich an den Schlüssel um meinen Hals, und der Tiger wendete, um mich direkt, versteckt hinter dem Maßwerk, anzuschauen. Er kam auf mich zu und blieb nahe vor mir auf der anderen Seite des Marmorschirms stehen. An seinem goldenen Halsband erkannte ich, dass es sich um einen der Wächter-Tiger handelte. Dass ich ihm hier begegnete, überraschte mich nicht, denn die Statue des Tigers erinnerte mich an sie. Ruhig stand ich auf, legte mir mein Tuch um die Schultern und ging auf ihn zu. Er nahm das Tuch in sein Maul und führte mich durch das zerstörte Tor aus dem Tempel zu den Felsen am Rande des Tals. Die Monde waren alle fast voll, sodass es eine sehr helle Nacht war.

Hinter einem der Felsen begann er zu graben und legte – nachdem er ein paar Steine beiseite geräumt hatte – ein in einer mit goldenen Intarsien, Rubinen und Saphiren verzierten Scheide steckendes Schwert frei. Im Griff war die zwölfblättrige Blüte des vierten subtilen Zentrums eingelassen. Der Tiger fasste die prachtvolle Waffe mit seinem Maul und gab sie mir. Als ich es aus seiner Scheide zog, fühlte ich einen kühlenden Windstoß, der aus dem Schwert zu strömen schien. Auf der Klinge stand etwas in der klassischen Sprache geschrieben, was ich jetzt verstehen und im Licht der hellen Monde gerade noch lesen konnte:

Das Schwert des rechtmäßigen Königs von Daish Shaktay –

durch die Gnade der Göttin, die sein Land beschützt.

Mögen alle ihm treu Ergebenen auf diese Klinge –

Symbol seines Rechts, seiner Befähigung als Herrscher

und als Instrument der Wahrheit und Gerechtigkeit –

ihre Treue schwören.

Dort stand noch mehr. Doch es reichte mir, um zu erkennen, dass der Tiger mir etwas unglaublich Wichtiges gegeben hatte. Während ich die Worte las, verschwand er.

„Also“, dachte ich. „Ich habe dieses wunderbare Schwert bekommen. Wir wissen, wen wir finden müssen, und er könnte sogar in der Nähe sein. Doch wie passt das alles zusammen?“

Ich beschloss, bis zum Morgen zu warten, um mit den anderen zu sprechen, und kehrte zu meiner Bettrolle zurück.

Später hörte ich Stimmen und ein paar junge Männer kamen herein. Robust und unrasiert bewegten sie sich sehr selbstsicher und waren nicht von der Art, mit denen man es sich verderben möchte. Sie trugen Waffen und ihre Kleidung war abgenutzt und schmutzig, aber von guter Qualität. Obwohl gut versteckt, hatte ich Angst. Waren das die Soldaten? Waren es Banditen? Doch ihre Vibrationen waren sehr kühl und so wusste ich, dass wir sicher waren. Meine Angst wich der Neugier.

Lee und Ahren erwachten sofort und verhielten sich aber genauso absolut still wie ich hinter dem Marmorgitterwerk, um nicht gesehen zu werden. Das Licht der Monde drang durch die Tür und wir beobachteten. Ehrfürchtig legten die jungen Männer ihre Waffen zu Füßen der Statue und knieten nieder. Dann standen sie auf, und ihr vermutlicher Anführer drehte sich zu ihnen. Er war relativ groß und seine durchdringenden Augen erhellten sein Gesicht, wenn er lächelte. Wie zur Bestätigung hüpfte mein innerer Lebensbaum, als ich meine Aufmerksamkeit auf ihn richtete; und ich spürte sein subtiles Herzzentrum: tapfer, kraftvoll und mitfühlend. Dieses Gesicht kannte ich – ich hatte es in meinem Traum über den Hinterhalt gesehen. Er war derjenige, der sich über seinen gefallenen Kameraden gebeugt hatte.

„Alle, die heute Abend hier sind, schwören einen feierlichen Eid", begann er. Wir schauten uns hinter unserem Schirm an.

„Vor diesem Bild der Schutzgöttin von Daish Shaktay versprechen wir, nicht zu ruhen, bis wir unser Land von seinen unrechtmäßigen Herrschern befreit haben oder bei dem Versuch getötet werden."

Genauso ernsthaft wiederholten die anderen seine Worte.

„Es war gefährlich, so weit in den Norden zu gehen, doch nur mit göttlicher Hilfe kann es gelingen. Lasst uns jetzt schlafen. Das alte Gästehaus am Tor ist ein guter Platz, und ich übernehme die erste Wache und bleibe hier."

Obwohl entspannt, war er offensichtlich daran gewöhnt, Befehle zu erteilen. Ein anderer junger Krieger trat vor, von dem ich später erfuhr, dass sein Name Danard war.

„Wir müssen auch schwören, dass wir Rajay als unseren Führer akzeptieren, bis er uns aus seinem Dienst entlässt oder wir bei dem Versuch unser Leben lassen, ihn zum König eines freien Daish Shaktay zu krönen."

Sie alle leisteten diesen zweiten Eid, was mich an die Inschrift auf dem Schwert erinnerte.

Nun schaute ich zu Lee und Ahren hinüber und nahm an, dass sie aufstehen und sich vorstellen würden. Doch Lee deutete an, dass wir noch weiter beobachten und etwas länger warten sollten. Derweil nahmen die jungen Männer ihre Waffen und verließen den Tempel – abgesehen von Rajay Ghiry, der er offensichtlich war. Er setzte sich im Schneidersitz vor die Statue. Sein entschlossenes Kinn war gegenwärtig mit einem struppigen Bart bedeckt und seine Wangen mit dicken Stoppeln. Er hatte dunkles Haar und eine würdevolle gerade Nase. Auch seine Hände mit langen kräftigen Fingern fielen mir auf, die mit den Handflächen nach oben auf seinen Beinen ruhten, während ein Gefühl absoluten Friedens, der Freude und des Wohlwollens von ihm ausstrahlte. Seine äußere Erscheinung war die eines abgehärteten Partisanen und sein inneres Selbst das eines Heiligen. Die Zeit verging, und ich fragte mich, was ich tun sollte, da ich seine gelassene Meditation nicht stören wollte. Lee löste das Problem, als er wieder einschlief und sich dabei geräuschvoll umdrehte. Sofort war Rajay Ghiry alarmiert und griff nach seinem Schwert vor der Statue. Da ich sicher war, dass er mir nichts tun würde, stand ich auf und trat hinter dem Marmorgitter hervor. Als ich mich mit dem mir gegebenen Schwert vor ihm verbeugte und es präsentierte, sah er mich erstaunt an.

„Was für ein Geschenk! Mein Gebet wurde erhört! Ich betete um Führung, um ein Zeichen ...", und er nahm das Schwert.

„Bitte zieht das Schwert aus der Scheide und lest die Inschrift", bat ich zurückhaltend, und er tat es.

„Hier drin ist es zu dunkel zum Lesen", stellte er vernünftigerweise fest. „Was steht darauf?"

„Es ist für den König von Daish Shaktay. Der seid Ihr doch, oder?"

„Ja, sofern ich würdig bin, es zu sein."

Verwundert starrte er auf die Klinge und sah mich dann mit dem Hauch eines Lächelns an.

„Bist du ein Engel oder so etwas?"

Besonders engelsgleich sah ich nicht gerade aus – mein Haar war nicht geflochten und fiel unordentlich auf den Rücken; und mein von der Reise fleckig gewordener Umhang bedeckte das lange, ausgefranste und abgenutzte Hemdkleid aus Baumwolle, das ich nachts immer trug.

„Das ist sie ganz bestimmt nicht!", grinste Ahren beim Aufstehen.

Er und Lee kamen mit schlafzerzausten Haaren näher und sahen nicht im Entferntesten bedrohlich aus.

„Wir sind von Sasrar gekommen, um Euch zu helfen. Ich bin Lee, das ist mein Freund Ahren und meine Cousine Asha, Eure Hoheit. Sie hat so ein Talent, wichtige Dinge zu finden, wenn sie gerade gebraucht werden."

„Das ist wohl wahr! Nennt mich Rajay. Im Moment bin ich wohl kaum ein König, sondern nur ein Freiheitskämpfer. Doch dieses Schwert! In einem alten Vers heißt es, eine Jungfrau wird ein solches Schwert demjenigen geben, der unser Land wieder zu Größe verhelfen wird. Es wird sogar ein Tiger erwähnt."

Er schaute auf die Statue der Göttin mit dem Tiger zu ihren Füßen und legte das Schwert ehrfürchtig dazu. Dann gab er mir den traditionellen Segen:

„Höchst verheißungsvolle Lady, mögt Ihr immer so viel Glück an allen Orten und zu allen Zeiten bringen."

Er legte die rechte Hand auf sein Herz und senkte den Kopf. Ich brachte gerade genügend Fassung auf, um die erwartete Antwort zu geben:

„Auch vor Euch verbeuge ich mich, mein Herr. Mögen die Segnungen, die Ihr gebt, hundertfach zu Euch zurückkehren“, und auch ich legte meine Hand demütig auf mein Herz.

„Ihr seid meine hochverehrte Schwester“, lächelte er diesmal breit, und sein Gesicht leuchtete voller Freude.

Rajays Freunde hörten unsere Stimmen und kamen gerannt, um ihren Anführer zu beschützen. Als sie den Tempel betraten, hob er die Hand zum Zeichen, dass wir harmlos seien.

„Die Tatsache, dass wir uns getroffen haben und dieses Schwert zu mir gefunden hat, kann kein Zufall sein“, fuhr er fort, und ich fühlte einen Hauch von Kühle, der von der Statue oder vielleicht von dem davor liegenden Schwert ausging.

„Woher in aller Welt hast du dieses Schwert?“, fragte mich Lee flüsternd und nahm mich zur Seite.

„Ein Tiger hat es mir gegeben.“

„Viele würden dir das nicht glauben, aber ich schon.“

Am nächsten Morgen schlief ich lange und wachte erst auf, als Lee mir etwas Heißes zum Trinken brachte. Normalerweise war ich die Köchin und kümmerte mich um die Jungen, aber heute war eine Ausnahme. Auf den Stufen des Heiligtums sitzend, nippte ich an dem bernsteinfarbenen Tee und bemerkte, dass die jungen Männer eine ziemliche Verwandlung durchgemacht hatten. Gewaschen und rasiert oder mit ordentlich gestutzten Bärten sahen sie nicht mehr wie Gesetzlose aus.

„Wir haben in der Nähe des Schlafsaals der Mönche ein großes Badezimmer gefunden“, sagte Ahren und zeigte in die Richtung. „Eine Höhle mit zwei kleinen Quellen, einer warmen und einer kalten. Fließendes warmes und kaltes Wasser mal zur Abwechslung! Wir sind alle fertig, und wenn du willst, kannst dich jetzt auch zurechtmachen.“

Ich machte mich auf, und als ich am Schlafsaal und jetzigen Stall vorbeikam, hörte ich zwei von Rajays Freunde miteinander reden.

„Diese Jungs werden eine große Hilfe sein, denn sie sehen aus, als ob sie kämpfen könnten. Kein Wunder, dass sich Rajay so gefreut hat. Doch was das Mädchen angeht, weiß ich nicht. Sie ist ja ganz nett, aber wir müssen sie in den nächsten Tagen an einem sicheren Ort zurücklassen“, kommentierte der erste namens Varg-Nack.

Er hatte hellbraune Haut, sehr kurzes, schwarzes Haar und ließ als strammes Schwergewicht selbst Lee mickrig aussehen.

„Rajay war begeistert von dem Schwert“, erklärte Valya, der andere. „Und es war das Mädchen, das es ihm gab.“

Er war groß und schlank und hatte dunkelbraunes Haar und honigfarbene Haut. Seine kräftigen Züge formten einen einfühlsamen Ausdruck, der sich in ein scheues Lächeln verwandelte.

Wenigstens ist einer auf meiner Seite, dachte ich düster und war nicht erfreut über die Vorstellung, bei der erstbesten, gastfreundlichen Familie abgeladen zu werden. Nachdem ich mich gewaschen hatte und nach einem von Rajays Freunden servierten Frühstück beschloss ich, ein wenig die Gegend zu erkunden. Den Vibrationen nach war es sicher, und so machte ich mich durch das Tor des Tempels auf den steilen, kurvenreichen Weg hinunter zu einem weiter unten gelegenen Bauernhaus.

Als hervorragender Kletterer führte Rajay Ahren und Lee zu einem Felsvorsprung hoch auf der Klippe neben dem Tempel. Während der Wache sprach er mit ihnen, um sie kennenzulernen.

„Diese Pferde“, begann Ahren, „gehören zu den besten, die ich je gesehen habe.“

„Ja“, antwortete Rajay lässig. „Sie gehörten zu der Karawane der Chussan-Brüder mit den Abgaben für den Ogerkönig von Mattanga. Die Mattanganer haben uns zusammen mit ganzen Teilen meines Landes wer weiß wie viel gestohlen, und die chussanische Regierung ermutigt ihre Räuber noch, unsere Handelskarawanen anzugreifen. Jetzt habe ich mir ein bisschen davon zurückgeholt. Das Geld und die Edelsteine sollten inzwischen sicher in meiner Hauptstadt Malak Citadel in Zentral-Daish-Shaktay angekommen sein. Einen Teil der Beute werde ich nutzen, um unsere schwer gebeutelten Kaufleute zu entschädigen, die von ihnen fast in den Bankrott getrieben wurden. Wir brauchten ein paar anständige Pferde; und da standen sie und warteten darauf, abgeholt zu werden. Ich habe mir die mausbraune Stute mit schwarzer Mähne und schwarzem Schweif ausgesucht – sie ist das schnellste, trittsicherste und intelligenteste Tier, das ich je geritten habe."

Er hielt einen Moment inne, suchte den Horizont ab und fuhr dann fort:

„Ich befinde mich im Krieg – bis jetzt ist es ein Guerillakrieg, aber immer noch ein Krieg. Wir werden über einen Freund der Familie, Graf Zaminder, nach Hause zurückkehren. Er regiert das Gebiet südlich von hier. Dort lassen wir Asha zurück, denn ich dulde keine Mädchen oder Frauen auf meinen Feldzügen. Das ist eine meiner strengsten Regeln!“

Lee warf Ahren einen Blick zu, denn die Vibrationen hatten definitiv darauf hingedeutet, dass ich mit ihnen nach Daish Shaktay gehen sollte. Sie sagten jedoch nichts, und Rajay sprach weiter.

Seine Familie habe Daish Shaktay seit Generationen regiert, aber die Oger seien vor vielen Jahre im Osten Mattangas eingefallen und hätten vor Kurzem auch sein Land überrannt. Wenn sie älter würden, verwandelten sie sich von Menschen in eine Form, die ihrer Natur entspräche. Viele entwickelten im mittleren Alter schuppige Haut und kleine Hörner auf dem Kopf und so weiter. Grausam und machtverliebt spielten sie dieselbe Rolle wie die teletsianischen Zauberer. Sie sorgten dafür, dass sie an der Macht blieben und alle anderen zu leiden haben. Rajays Vater habe schließlich aufgegeben, sich gegen sie zu stellen und wäre in den Dienst ihres Königs getreten. Für eine hohe jährliche Abgabe habe er im Gegenzug einen Teil seines ausgelaugten Königreichs zurückerhalten – und was vom unabhängigen Daish Shaktay übriggeblieben wäre, regierten Rajays Mutter und der Ältestenrat. Dieses halb-freie Daish Shaktay floriere, aber der nördliche, von Mattanga regierte Teil, stöhne unter ungerechten Gesetzen und unerträglichen Steuern.

„Vor zwei Jahren“, so Rajay weiter, „begannen meine Freunde und ich mit Zustimmung der Ältesten und meiner Mutter unsere Guerillaoperationen. Durch Daish Shaktay laufen breite und von hohen Bergketten durchschnittene Täler. Auf vielen Gipfeln dieser Berge befinden sich Festungen, und wer auch immer sie kontrolliert, beherrscht auch das Land. Sogar in von uns verwalteten Gebieten haben die Mattanganer ihnen ergebene Kommandanten eingesetzt. Doch in letzter Zeit konnten wir sie durch Männer ersetzen, die uns gegenüber loyal sind. Dies kam dem Mattanga-König an den Ufern des weit entfernten, östlichen Ozeans bald zu Ohren, und ich teilte ihm in aller Bescheidenheit mit, dass ich die Verwaltung verbessere, indem ich kompetentere Leute an Schlüsselpositionen einsetze. Doch diese Ausrede wird nicht lange funktionieren. Vor Kurzem wurde mein Vater ermordet, und ich bin nicht nur hierhergekommen, das Gelübde abzulegen, sondern auch, um Hilfe zu erbitten, was als Nächstes zu tun ist.“

„Und was wirst du tun?“, fragte Ahren.

„Ich bin mir nicht sicher.“

„Als wir von Teletsia nach Sasrar kamen, wurden wir von vielen Weisen beraten, die die spirituellen Hüter dieser Welt sind.“

Rajay schwieg einige Momente lang und überflog die Schlucht unter uns mit einem Blick.

„Auch ich bin ein Wächter, aber diese Oger sind mächtig, und es wird ausgesprochen schwierig sein, sie loszuwerden. Außerdem habe ich noch keinen Schlüssel der Weisheit. Den muss ich mir noch verdienen. Im Moment hat meine Mutter den Daish-Shaktay-Schlüssel.“

„Die Astrologen des nördlichen Chussan baten uns, euch zu helfen. Sie hätten uns nicht geschickt, wenn es unmöglich wäre.“

„Das ist ermutigend! Eines ist sicher: Es ist wichtig, einen spirituellen Führer zu haben – für mich und vor allem für meine Freunde. Das Wissen über den Baum des Lebens und die Vibrationen ist so sehr ein Teil von mir, dass es automatisch geschieht, Recht von Unrecht zu unterscheiden. Doch sie haben dieses Bewusstsein noch nicht, und ich warte auf ein Zeichen, es ihnen zu sagen. Vielleicht ist mir nicht bewusst, warum ich etwas tue, doch ich handle aus der Tiefe des universellen Unbewussten heraus, und gewöhnlich stellt es sich zum Besten heraus.“

In diesem Augenblick sahen sie ein Bauernmädchen auf dem Grund der Schlucht den Weg hinaufwanken. Sie balancierte einen Messingtopf auf dem Kopf und lief nicht mit der üblichen rollenden Leichtigkeit der Landfrauen. Sie betrat die Tempelanlage und stellte den Topf ungeschickt auf den Boden. Da merkten sie, dass ich es war.

„Nun, was hat sie jetzt wieder vor?“, seufzte Lee.

„Lasst uns nachsehen“, meinte Rajay unzufrieden.

Ich hatte Milch, Kaffee und Zucker gekauft und übergab meine Einkäufe Witten, dem wohlgerundeten Koch mit dunkler Haut und ebenfalls dunklem, schulterlangem Haar. Er war mittelgroß und hatte ein fülliges, lächelndes Gesicht mit schmalen, schrägen Augen.

„Wo bist du gewesen?“, verlangte Rajay zu wissen.

Sie waren die Klippe hinuntergeklettert, und ich ging, um sie zu begrüßen.

„Ich hatte einen sehr produktiven Morgen“, antwortete ich in angstvoller Erwartung und spürte, dass etwas nicht stimmte. „Lasst uns in den Schatten gehen, dann werde ich euch berichten.“

Wir setzten uns unter die ausladenden Äste eines Baums an einem alten Teich, dessen Einfassung und Boden aus verrottendem Mauerwerk bestanden. Er war für Pilger gedacht, um sich vor dem Betreten des Tempels zu reinigen. Zu dieser Jahreszeit war er grün und abgestanden, aber der Baum genoss die Feuchtigkeit. Wir saßen auf den seitlichen Stufen.

„Und?“, fuhr Rajay scharf fort.

Ich wusste nicht, was ich falsch gemacht hatte.

„Zuerst lief ich zu dem Bauernhaus in der Schlucht hinunter und ging nach ein paar Tauschgeschäften und etwas Hilfe von der Bäuerin als Einheimische durch. Sie gab mir einen Rock und einen Schleier, und ich kaufte auch diesen Topf von ihr. Es ist nicht so einfach, ihn auf dem Kopf zu tragen."

„Das haben wir bemerkt“, lächelte Lee.

„Und dann?“, fragte Rajay und schaute mich an.

Für den Fall, dass Soldaten in der Nähe waren, berichtete ich, wäre ich in der lokalen Tracht ins Dorf hinuntergelaufen. Es war heruntergekommen und etwa ein Dutzend einstöckige Steinhäuser säumten einen Platz und ein paar weitere waren in den Hang gebaut. Hinter ihnen lagen vereinzelt kleine, terrassenförmige und kaum mehr als gartengroße Felder. Vermutlich speiste eine Quelle einen steinerner Wassertrog auf dem Platz, dessen überlaufendes Wasser neben dem Weg ins Tal rann. Der Inhaber des einzigen Dorfladens fragte mich, wer ich wäre, und ich erklärte ihm, dass meine Familie den Tempel besuche und ich ein paar Lebensmittel einkaufen wolle. Als ich mit meinen Einkäufen wieder aufbrach, trafen ein paar Händler ein, deren Maultiere große Körbe mit Kochtöpfen trugen. Sie breiteten ihre Waren auf dem Boden des Platzes aus, und bald versammelten sich Interessierte. Bevor sie sich an die Arbeit machten, erzählten sie das Neuste, und ich begab mich dorthin, wo ich sie hören konnte:

„Chussanische Soldaten sind in der Nähe“, begann der Anführer. „Nicht, dass sie an uns interessiert wären – sie sind hinter Rajay Ghiry her und stinksauer, dass er all das Zeug geklaut hat, das nach Mattanga gehen sollte. Mir ist es jedenfalls lieber, dass er statt diese Oger die Beute hat. Sie nennen ihn ,Bergmaus', weil er das Land wie seine Westentasche kennt und in den Bergen verschwindet, wenn sie ihn verfolgen. Jedenfalls haben sie eine große Belohnung auf ihn ausgesetzt – tot oder lebendig.“

„Nicht für alles Gold der Welt würde ich ihn verraten“, sagte ein Dorfbewohner. „Ich hoffe, sie werden ihn nie erwischen!“

„Habt ihr von diesem tollen Einsiedler in den Bergen südlich von hier gehört?“, fragte ein anderer Händler.

„Natürlich“, antwortete eine Frau. „Wofür hältst du uns? Für dummes Stadtvolk, das nicht weiß, was wichtig ist? Dank des heiligen Tempels auf dem Berg dort und diesem heiligen Einsiedler in der Nähe haben wir hier überhaupt etwas Frieden.“

„Einer seiner Jünger lebt in Belar. Es lohnt sich wirklich, ihm zuzuhören. Seine Worte sind so tröstend und sein Lob auf unseren Schöpfer wunderschön!“

„Wie lange ist er schon dort?“, fragte ein anderer – seiner Kleidung und der Tatsache zufolge, dass er Schuhe trug, wohlhabender Dorfbewohner.

„Eine Woche oder zwei ...“

In diesem Moment kam ein Mann auf den Platz gerannt.

„Tiger! Viele, mindestens zwölf!“, rief er, und alle sprangen auf und waren bereit, in Deckung zu gehen.

„Beruhigt euch“, mahnte der reiche Dörfler. „Seit Jahren hat hier niemand mehr irgendwelche Tiger gesehen.“

„Aber ich, mit eigenen Augen ... Ich war auf dem Hügel und schaute in die Schlucht, wo die Straße entlangläuft. Da kam ein Trupp Chussan-Soldaten heraufgaloppiert ...“

„Wann?“

„Gerade eben, und plötzlich tauchten diese Tiger auf und griffen sie an. Einer wurde von ihnen verwundet und zwei andere, als sie von ihren Pferden stürzten.“

„Wo sind die Soldaten hin?“

„Sie drehten um und galoppierten wieder zurück. Am Merkwürdigsten war, dass die Tiger goldene Halsbänder trugen.“

„Das musst du dir wohl eingebildet haben“, scherzte ein Händler. „Wilde Tiger tragen keine goldenen Halsbänder!“

„Sei dir nicht zu sicher“, sagte ein älterer Dorfbewohner. „Ich habe gehört, dass magische Tiger den Tempel bewachen.“

Das war das Ende meines Berichts.

„Nachdem ich bei der Bäuerin schöne frische Milch für uns alle gekauft hatte, kam ich wieder hierher zurück.“

Rajay starrte mich immer noch an.

„Asha, ich muss mit dir reden. Komm!“, drängte er, und ich folgte ihm auf die andere Seite des Baumes.

„Habe ich etwas falsch gemacht?“

„Ist dir nicht klar, wie gefährlich es war, so alleine loszuziehen?“

„Nein, ich ...“

„Hätte man dich erwischt, hätten wir dich retten müssen. Hast du unsere Gelübde oder die Inschrift auf dem Schwert nicht verstanden? Ich führe einen Krieg, um mein Land zurückzuerobern, und das ist kein Kinderspiel. Ein anderes meiner Gelübde lautet, Frauen zu beschützen – sogar törichte und unverantwortliche Mädchen wie dich. Warum machst du es mir noch schwerer?“

„Asha, du solltest dich entschuldigen“, sagte Lee hinter Rajay.

„Sobald ich es arrangieren kann, kehrst du zurück nach Sasrar. Ich kann es nicht riskieren, dich jetzt noch hier zu haben."

„Aber ich habe eine Aufgabe in deinem Land zu erfüllen“, sagte ich.

„Das Einzige, was du tun wirst, ist, mir das Leben einiger meiner vertrautesten Anhänger zu nehmen!“

Rajay sah mich eindeutig als unreif, unverantwortlich und als zusätzliche Belastung.

„Es tut mir leid“, murmelte ich ohne Überzeugung.

„Das tut es dir nicht. Du bist in deinem Ego und denkst, du hast Recht.“

„Aber...“

„Aber was?“

„Ich soll versuchen, den Baum des Lebens deines Volkes in Daish Shaktay zu erwecken und ihnen zeigen, wie sie seine Kräfte und seinen Segen nutzen können. Willst du meine Hilfe nicht?“

„Nicht, wenn wir alle dabei draufgehen.“

„Verstehst du nicht, wie sehr es alles verändern könnte, wenn sich das Bewusstseins der Menschen ändert?“

„Du hast vergessen, mit wem du sprichst, Asha“, erinnerte sie Lee. „Versuche wenigstens, etwas Respekt zu zeigen.“

In diesem Moment tauchte glücklicherweise Witten mit einem Topf heißem Milchkaffee und einigen Horntassen auf.

„Danke Witten. Stell es dahin!“, sagte Rajay ruhig. „Bitte Danard, sofort hierherzukommen.“

„Asha hat sicherlich mit ihrer subtilen Kraft geprüft, ob es sicher war, ins Dorf zu gehen, nicht wahr?“, versuchte Lee, die Dinge zu glätten.

„Ja, selbstverständlich“, antwortete ich.

„Vielleicht verzeiht Rajay dir, wenn du versprichst, nicht wieder alleine loszuziehen.“

„In der Tat. Was geschehen ist, ist geschehen“, räumte Rajay ein. „Trotz deines voreiligen Handelns hast du mir die großartige Nachricht überbracht, dass wir von den Schutztigern gerettet worden sind. Und vielleicht wird auch mein Gebet um einen spirituellen Führer erhört.“

„Du hattest Recht, wütend zu sein. Mir war nicht klar, in welcher Gefahr ich mich befand und in welche Gefahr ich euch jetzt alle gebracht habe. Bitte, nimm einen Kaffee“, und ich goss ihn für ihn ein.

„Asha, das ist wirklich sehr nett von dir!“, lachte Rajay, nahm den Kaffee und fragte die Jungen in gutmütiger Resignation: „Wie haltet ihr es mit ihr aus?“

„Wir sind daran gewöhnt“, seufzte Ahren. „Wir haben inzwischen gelernt, unsere Unzulänglichkeiten zu akzeptieren.“

„Was ist los?“, platzte Danard im Laufschritt ins Geschehen.

„Stell sicher, dass alles gepackt und in der Pferdehöhle versteckt ist“, ordnete Rajay an. „Sattle die Pferde. Wir müssen unsere Waffen bereithalten, denn es könnten Truppen in der Nähe sein. Wir sollten sie abwehren können, falls sie angreifen, denn wir können die Schlucht leicht halten. Ich nehme an, ihr beide wisst mit Pfeil und Bogen und einem Gewehr umzugehen?“

„Gut genug“, sagte Ahren bescheiden, wenn man bedenkt, dass er in Sasrar der Champion im Bogenschießen war.

„Eigentlich sind die Gewehre zu laut, und es dauert zu lange, sie nachzuladen. Asha, im Falle eines Angriffs versteck dich, und wenn es schlecht für uns läuft, flieh, sobald die Angreifer fort sind. Die Partisanen unter dem Kommando des Dorfvorstehers werden dich beschützen.“

Bis zum frühen Abend blieb alles friedlich, während ich mit Lee zu dem hochgelegenen Aussichtspunkt hinaufgeklettert war und wir den sich talwärts windenden Pfad beobachteten. Es wurde kühler und ein Wind kam auf, der merkwürdig schrille Töne in den Felsen machte – aber das störte uns nicht. Dann sah ich sie: etwa ein Dutzend berittener Soldaten, die sich aus noch großer Entfernung schnell näherten. Ich rief Danard unten im Tempelhof und warnte ihn.

„Lee, komm und hilf uns“, rief er zurück. „Wir haben Waffen für euch. Asha, bleib da oben außer Sicht und sag uns Bescheid, wenn sie näherkommen.“

Innerhalb kürzester Zeit waren alle jungen Männer hinter Felsen an den Wänden der engsten Stelle der Schlucht versteckt. Lee schloss sich ihnen an. Ich tat meinen Teil und gab ein Zeichen, als die Soldaten in der Nähe waren, konnte aber nicht widerstehen, zuzuschauen. Als sie um eine Kurve des Pfades bogen, sprang der Tiger der letzten Nacht hinter den Felsen hervor. Wütend zuckte er mit dem Schwanz und stellte sich jedem, der näher kam, in den Weg. In der einsetzenden Dämmerung kamen die Pferde der Soldaten rutschend zum Stehen, gerieten in Panik und scheuten. Vielleicht wussten die Soldaten nicht, dass es nur ein Tiger war und keine ganze Gruppe. Zudem machte der Wind diese seltsamen Geräusche und erschreckte sowohl die Soldaten als auch ihre Pferde noch mehr. Einer der Soldaten entdeckte mich, sprang vom Pferd und begann, den Felshang hinaufzuklettern, wo ich mich nun zu verstecken suchte.

Die Soldaten an der Spitze waren vorübergehend durch den Tiger abgelenkt. Rajay und seine Freunde, die sich im kaum noch vorhandenen Licht hinter den Felsen versteckten, beschossen sie mit stillen und tödlichen Pfeilen. Blitzschnell und unfehlbar genau brachte auch Ahren zwei zu Fall. Kurz davor, gefangen genommen zu werden, rief ich um Hilfe. Ahren schaute hinauf, zielte – und der Soldat wusste wahrscheinlich gar nicht, was ihn getroffen hatte. Denn Ahrens Pfeil traf ihn von hinten ins Herz und ein zweiter in den Hals. Beim Versuch, mich zu retten, attackierte ihn leider einer der Soldaten mit dem Schwert. Was genau passierte, konnte ich nicht erkennen, nur dass es nicht allzu gut aussah. Doch dann zog Witten Ahrens Angreifer vom Pferd und tötete ihn ebenfalls mit dem Schwert. Es war ein ziemliches Durcheinander, aber schon bald waren die Soldaten an der Spitze niedergestreckt, und die Nachhut kehrte um und floh. Auch der Tiger verschwand.

Rajays Freunde kontrollierten die gefallenen Feinde, und ich bemerkte, dass der schwergewichtige Varg-Nack beiläufig einem ein schnelles Ende bereitete, der noch lebte. Ich hatte kein gutes Gefühl dabei, aber es hätten genauso gut wir sein können. Nachdem, was Robin mir von diesen Gestalten erzählt hatte, hätte uns das gleiche Schicksal ereilt, wenn sie die Sieger gewesen wären.

„Geht es dir gut?“, rief Lee in meine Richtung.

„Ja, dank Ahren“, stotterte ich, als ich aufgewühlt und verängstigt zu ihnen hinunterkletterte.

Ahren versorgte eine leichte Wunde. Rajay sah sie sich an und bat Valya, den Beutel mit Arzneien und Verbandszeug zu holen.

„Du hast gute Leibwächter“, sagte Danard lächelnd zu mir und machte Lee und Ahren damit ein Kompliment. „Auch wir werden unser Bestes tun, um dich zu beschützen.

„Ziemlich erbärmlich diese Soldaten, so wie sie davongelaufen sind“, fügte Witten hinzu und reinigte sein Schwert. „Ihr Drei habt uns nicht in Bestform gesehen. Es war nicht einmal ein richtiger Kampf.“

„Immer mit der Ruhe, Witten“, warnte Rajay, während er Ahren den Arm hielt. „Wir hätten alle erledigt werden können. Ein Glück, dass sie so feige waren. Der Tiger hat einen großen Unterschied gemacht, als er genau im richtigen Moment auftauchte.“

„Das machts du gut – wie kommts?“, fragte Ahren, während Rajay seine Wunde mit souveräner Effizienz versorgte.

„Ich musste viel darüber lernen, wie man Menschen tötet. Also beschloss ich, auch ein bisschen zu lernen, wie man sie heilt. Halt still, sonst tut es weh!

Wir brechen sofort zu Graf Zaminder auf, falls sie mit Verstärkung zurückkehren sollten. Eigentlich wollte ich bis morgen warten und den Pferden einen ganzen Tag Ruhe gönnen. Aber hier ist es nicht mehr sicher. Jetzt haben wir noch ein paar zusätzliche Tiere und kommen schnell voran. Also lasst eure Ponys besser frei. Asha, kannst du ein Streitross reiten?“

„Ich will es versuchen. Wir hatten den Zauberern ein paar Pferde gestohlen und waren mit ihnen aus Teletsia geflohen.“

„Wirklich? Ihr habt das Zeug zu Partisanen.“

Um die Hauptstraße durch die Ebene zu vermeiden, nahmen wir kurz darauf im Licht der Monde einen engen, kurvenreichen Pass durch die Berge. Es war nicht besonders lustig, die ganze Nacht auf einem so kräftigen Pferd zu reiten – doch wir legten dadurch die Strecke eines wahrscheinlich gut drei oder vier Tage lang dauernden Fußmarschs zurück. Das Land war trocken und menschenleer und der Weg oft steil und holprig. Gelegentlich stolperte mein Pferd und warf mich dabei fast aus dem Sattel. Da sie bereits gestern diesen Weg gekommen waren, wechselten sich unsere neuen Freunde bei der Führung ab. Obwohl ich noch nie so steif und müde wie am nächsten Morgen war, wollte ich das niemanden wissen lassen – am wenigsten Rajay.