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Ein altes Anwesen, ein grauenhafter Mord und ein düsteres Geheimnis, welches die Stadt zu hüten versucht. Von all dem ahnte Olivia noch nichts, als sie in die Stadt Novaris zog. Doch dann sieht sie immer wieder eine junge Frau, eine Frau, welche sie schon aus ihren Träumen kannte. Wird sie das Geheimnis aufdecken können? Und was hat es mit dieser Frau auf sich?
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Seitenzahl: 268
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Jessica Möller
Van Groths
- Das Geheimnis von Novaris -
Van Groths
- Das Geheimnis von Novaris –
Jessica Möller
Roman
Sollten Personen in diesen Buch Ähnlichkeit mit einer Realen Person haben, ist dies Zufall. Alle Personen sind frei erfunden
© 2023: Jessica Möller
Druck und Distribution im Auftrag der Autorin:
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland
ISBN
Softcover
978-3-347-98450-9
Hardcover
978-3-347-98451-6
e-Book
978-3-347-98452-3
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.
Dieses Buch widme ich meiner Oma Roswitha
Cover
Van Groths
Titelblatt
Urheberrechte
Widmung
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Danksagung
Cover
Titelblatt
Urheberrechte
Widmung
Kapitel 1
Danksagung
Cover
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Kapitel 1
Die Außenwelt war schon komplett schwarz und die Finsternis wurde nur noch von einzelnen Straßenlaternen erleuchtet. Die Sonne war schon seit einigen Stunden untergegangen und eröffnete damit der Menschheit wieder einmal, die spannenden Momente des Nachtlebens.
Selbst in einer Kleinstadt wie dieser, in welcher ich lebte, war um diese Uhrzeit noch einiges los.
In dem großen Park, welcher an dem Fuß eines großen alten Berges lag, tummelten sich einige Jugendliche und reichten sich eine Rumflasche hin und her. Man hätte meinen können, dass die Jugendlichen vorsichtiger wären, angesichts der Tatsache, dass gegenüber der Parkanlage sich ein Polizeirevier befand. Doch das war ihnen egal, genauso wie Generationen vor Ihnen.
Diese Phase hatte ich sowie meine Freunde schon längst hinter uns. Wir befanden uns zwei Straßen weiter in einem relativ kleinen und gemütlichen Nachtclub und feierten unseren Schulabschluss und damit das Ende unseres ersten Lebensabschnittes.
Wie werden wir unser Leben fortsetzen? Werden wir in Kontakt bleiben? Oder werden wir mit unseren Entscheidungen glücklich werden? All diese Fragen interessieren uns heute nicht. Wir sind alle noch viel zu überwältigt von unserem Erfolg und der Abschied lag noch viel zu weit in der Zukunft, dass wir gar nicht an diesen denken wollten.
Ich befand mich gerade auf der Tanzfläche, mit meinen beiden besten Freundinnen Maja und Fiona. Heute war der erste Tag der Sommerferien.
Ein Tag, welcher hier immer groß gefeiert wurde.
Aber für uns war es viel mehr. Dies war eine Feier der Freiheit, welche wir durch den Abschluss hatten. Lachend bewegten wir uns zur Musik und warfen dabei immer mal wieder einen versteckten Blick an die Bar, zu meinem Nachbar und guten Freund Jonas.
Die meisten von uns lernten sich, wie alle anderen wahrscheinlich auch in dieser Stadt, im Kindergarten kennen.
Fiona und ich verstanden uns auf Anhieb, doch Maja war uns beiden ursprünglich ein Dorn im Auge. Sie hatte immer alles bekommen, was sie wollte und jeder liebte sie. Neben Maja sah jeder irgendwie klein aus. Doch irgendwann, als wir schon alle aus dem Kindergartenalter herausgewachsen waren, stellten wir fest, dass Maja gar nicht das perfekte Mädchen war, für welches jeder sie hielt. Sie versuchte eine Maske aufrechtzuerhalten, damit ja niemand mitbekam, unter welchen Druck sie stand. Ihre ganze Familie war sozusagen perfekt. Super Jobs, viel Geld und alles schien ihnen nur so zugeflogen zu sein. Doch Maja nicht. Sie hatte Probleme in der Schule und wurde deswegen von einer Nachhilfe zur nächsten gescheucht und sie wollte auch keinen super bezahlten und hochrangigen Job haben, sondern einfach ihrer Leidenschaft folgen. Maja war die beste Künstlerin, welche ich in meinen Leben kennenlernen durfte und versorgte uns immer mit kleinen gesellschaftskritischen Comics. Das war ihre Leidenschaft, welche wir nur zu gerne unterstützen. Nachdem wir angefangen hatten, Maja als Person zu sehen und nicht als die Figur, welche sie darstellen wollte, fingen wir auch an, sie zu mögen.
Fiona dagegen war komplett anderes als Maja.
Schon seitdem sie klein war, konnte niemand sie halten. Sie war immer aufgedreht und brauchte irgendeinen Ausgleich, um vor Bewegungsmangel nicht komplett durchzudrehen. Deswegen meldeten ihre Eltern sie bei einem Sportverein nach dem nächsten an, bis Fiona sich schließlich für Karate entschied. Da sie nur leider keine Möglichkeit sah, in diesen Bereich später ihr Geld zu verdienen, wollte sie Sportlehrerin werden und für ihre Schüler später einen freiwilligen Club anbieten, in welchen sie Selbstverteidigung lernen konnten.
Zwischen Ihr und diesen Plan stand leider nur noch ein langes Studium und ein anschließendes Referendariat.
Jonas kannte ich schon mein ganzes Leben. Wir sind nebeneinander aufgewachsen und konnten uns auch immer auf den anderen verlassen. Die Fenster unserer Zimmer lagen fast gegenüber, weswegen wir uns auch einige Male unterhielten, ohne überhaupt unser Haus verlassen zu müssen. Wahrscheinlich kannte er mich von all den anwesenden an besten. Jonas war ein Skater und ein Draufgänger. Wenn sein Vater ihn nicht in den Familienbetrieb, eine Autowerkstatt, aufgenommen hätte, wäre ich mir nicht sicher gewesen, ob dieser Junge überhaupt irgendwo eine Stelle bekommen hätte. Wobei die Zuversicht, dass er bei seinem Vater unterkommen konnte, ihn vielleicht auch daran gehindert hat, sich wirklich anzustrengen und etwas aus sich zu machen. Versteht mich nicht falsch, Jonas war nicht dumm, er war einfach nur extrem faul und verbrachte seine Abende lieber auf der Skaterbahn, mit einer Zigarette im Mund, anstatt hinter seinen Büchern. Trotz all dem war er aber ein guter Freund. Jonas konnte allein durch einen Blick feststellen, ob mir irgendwas fehlte, und unsere Gespräche halfen mir immer extrem weiter. An manchen Tagen war er sozusagen der einzige, welcher mich wieder aufbauen konnte.
So und was ist mit mir? Mein Name ist Olivia Krüger, ich bin neunzehn Jahre alt und habe mein ganzes Leben dafür gearbeitet, einen guten Abschluss zu machen, um hinterher auch einen guten Studienplatz zu bekommen. Was soll ich sagen? Mein Plan war so gut, nur die Umsetzung war vielleicht nicht gerade die beste gewesen.
Anstatt zu lernen, bin ich immer wieder mit meinen besten Freunden feiern gewesen und dann hatte ich letztes Jahr noch ein Beziehungsdrama. Lange Rede kurzer Sinn, ich habe keinen superguten Abschluss. Aber im Verhältnis zu anderen ist er relativ in Ordnung. Ich habe einen Studienplatz bekommen, doch anders als erwartet habe ich nicht Ausschau nach guten Dozenten gehalten, sondern werde mein Studium an einer kleinen privaten Hochschule in einer ländlichen Gegend machen. Eine Gegend, in welcher meine Mutter geboren wurde. Als sie zwei Jahre alt war, ist sie mit meinen Großeltern hierhergezogen und hat alles hinter sich gelassen. Also konnte sie mir auch nichts über ihre Heimat erzählen, doch es hat mich schon irgendwie neugierig gemacht und deswegen wollte ich dort mein Studium antreten. Mir fehlt nur noch eine Unterkunft und dann konnte alles starten.
Aber das waren alles Probleme von morgen. Momentan amüsierte ich mich mit meinen beiden besten Freundinnen auf der Tanzfläche.
„Jonas starrt dich die ganze Zeit an“, bemerkte Maja.
So unauffällig wie nur möglich, was angesichts meines Alkoholpegels nichts zu sagen hatte, blickte ich an die Bar und sah nun auch Jonas an.
„Er starrt mich nicht an. Wir sind einfach nur die einzigen, die er hier wirklich kennt. Jonas war nie der Clubgänger und seine Freunde sind das auch nicht, deswegen fühlt er sich vielleicht einfach etwas fehl am Platz“, versuchte ich ihn zu rechtfertigen.
Maja fing augenblicklich mit lachen an und sah meinen Nachbarn weiterhin etwas abschätzig an.
„Wir wissen beide, dass dies nicht der Fall ist. Und wenn du das jetzt leugnest, belügst du nur dich selbst, meine Liebe“, versuchte sie mich zu provozieren.
Kopfschüttelnd versuchte ich diese Anmerkung aus meinen Gedanken zu bekommen.
„Wie dem auch sei! Ist doch egal, weswegen er Olivia anstarrt. Ich habe Durst, kommt irgendwer mit zur Bar?“, meldete sich nun auch Fiona zu Wort.
Dankbar über diesen Einwurf nickte ich Fiona zu und wir machten uns auf den Weg zur Bar. Genau in Jonas Richtung, was auch Maja bemerkte.
Maja war nicht allzu gut auf Jonas zu sprechen. Was nicht unbedingt an ihm lag, sondern eher an der Tatsache, dass die beiden einmal etwas miteinander hatten und Maja immer noch nicht über die Trennung hinweg war.
Sie konnte es nicht fassen, dass Jonas und ich immer noch so gut befreundet waren, aber sie wollte sich auch nicht zwischen uns beide drängen. Sie wusste, dass ich Jonas länger kannte als sie und wahrscheinlich hatte sie Angst, wen ich von beiden wählen würde, wenn sie mich vor die Wahl stellte. Um ehrlich zu sein, wusste ich es selbst nicht einmal.
An der Bar angekommen, bestellte Fiona uns jeweils einen Vodka-E. Der Barkeeper lächelte Fiona sofort an.
„Sicher doch, meine Hübsche. Darf es sonst noch etwas sein?“ erkundigte er sich sofort mit einem äußerst charmanten Lächeln.
Fiona fing augenblicklich an zu kichern. Umso mehr sie trank, umso schlechtere Entscheidung konnte sie wohl treffen. Aber ich wollte ihr diesen Spaß heute Abend gönnen.
„Vielleicht später“, brachte Fiona mit rotem Gesicht hervor.
„Darauf komme ich zurück“, meinte der Barkeeper nun wieder lächelnd und stellte uns, unser Getränk hin.
Nun hatte auch Maja mitbekommen, was hier vorgefallen ist. Doch so wie Maja eben war, konnte sie es einfach nicht auf sich beruhen lassen und musste ihre Meinung dazu geben.
„Dein Ernst?“, fragte diese schließlich.
Fiona hatte immer noch einen hochroten Kopf und sah Maja nun etwas verärgert an.
„Was?“, fragte diese, als wüsste sie nicht, was los wäre.
Maja schenkte dem Barkeeper noch einen abschätzigen Blick und wandte sich dann wieder Fiona zu.
„Du hast echt Besseres verdient“, merkte diese an. „Das hast du leider nicht zu entscheiden. Und deine Männerwahl war auch nicht gerade die beste“, fügte Fiona hinzu.
Genau in diesen Augenblick tauchte auch Jonas neben uns auf. Wenn, man vom Teufel spricht.
„Alles gut bei euch?“, erkundigte er sich rücksichtsvoll.
„Halt du dich daraus!“, warf ihn Maja sofort an den Kopf.
Nun hatte ich endgültig genug von diesem ganzen Theater.
„Leute! Das ist unser letzter gemeinsamer Abend, bevor wir uns alle unseren neuen Leben widmen. Maja geht nach Berlin auf die Kunsthochschule, Fiona zieht zu ihrer Tante und studiert dort Lehramt und ich ziehe an den Arsch der Welt. Jonas ist, der Einzige, der hierbleibt. Können wir nicht einfach allemal unsere Differenzen vergessen und diesen verdammten letzten Abend genießen? Drama hatten wir doch nun wirklich genug und ich kann euch auch versprechen, dass wir nach diesem Abend auch weiterhin genügend haben werden“, beschwerte ich mich.
Alle meine Freunde sahen mich plötzlich mit einem reuevollen Blick an und gaben mir wirklich das Gefühl, es verstanden zu haben.
„Du hast recht, trinken wir zusammen, auch wenn ich nicht alle hier anwesenden Willkommen heiße. Lass uns Spaß haben“, rief Maja nun plötzlich mit einem leichten Lächeln in die Runde.
Nach ihrer Ansprache stießen wir alle an und tranken.
Es dauerte nicht lange, da war auch schon unser Glas leer, was Fiona einen Grund gab, wieder neue, bei dem Barkeeper zu bestellen.
„Hast du vielleicht Lust zu tanzen?“, fragte mich plötzlich Jonas.
Ich konnte nicht anderes als ihn mit einem breiten Lächeln anzusehen.
„Dir ist schon bewusst, dass wir uns in einem Nachtclub befinden? Ich glaube, das ist nicht die richtige Musik, um miteinander zu tanzen“, erinnert ich ihn, auch wenn ich wusste, was er meinte.
„Dann tanzen wir einfach nebeneinander und unterhalten uns dabei. Komm schon, sag ja“, drängte mich Jonas.
„Na gut“, gab ich nach und ließ meine beiden besten Freundinnen allein an der Bar zurück.
Jonas führte mich auf die Tanzfläche und zeigte mir seine nicht vorhandenen und verkrampften Tanzkünste.
Lachend betrachtete ich seine Versuche und bewegte mich wesentlich lockerer zur Musik.
„Das werde ich vermissen“, merkte Jonas nun an. Immer noch sah ich nach oben in seine blauen Augen.
„Was? Das Tanzen? Ich kann mich nicht erinnern, jemals mit dir getanzt zu haben“, antwortete ich. Leicht verzweifelt, erwiderte Jonas nun meinen Blick und wurde immer langsamer, was seinen Tanz anging.
„Nein, nicht das Tanzen. Eigentlich hasse ich das, in jeglicher Form. Ich werde es vermissen, Zeit mit dir verbringen zu können“, meinte er mit einem leichten Grinsen auf dem Gesicht.
Und ich würde es auch vermissen, Zeit mit ihm zu verbringen und wie ich das würde, aber ich wollte ihn nicht noch mehr herunterziehen als ich es ohnehin schon tat. Deswegen schenkte ich ihn nur einen mitleidigen Blick.
„Heute bin ich noch da. Heute gibt es keine Probleme, schon vergessen?“, erinnerte ich ihn an unsere kleine Regel.
Jonas verdrehte die Augen, nickte mir aber anschließend zu.
Nach dem eben gespielten Lied gingen wir beide wieder zu den anderen an die Bar. Fiona flirtete ununterbrochen mit dem Barkeeper, welcher sich über die ihn gerade gebotene Abwechslung sehr zu freuen schien. Nach einer Weile bot er uns einige Freigetränke an, welche wir nur zu gern annahmen. Zumindest hatte Fionas Aktion einen kleinen Vorteil für uns.
Was jedoch auch dazu führte, dass wir deutlich betrunkener waren als wir es eigentlich geplant hatten.
Als wir den Nachtclub verließen, drehte sich die ganze Welt um uns. Oder es kam uns zumindest nur so vor.
„Hast du den Typen wirklich deine Nummer gegeben?“, fragte Maja leicht verärgert.
Fiona sah sie mit einem total entsetzen Blick an. „Natürlich nicht! Er war nett, aber bald sind wir hier eh weg. Es wäre dumm, jetzt etwas Neues anzufangen. Ich habe ihn die Nummer unserer alten Schule gegeben“, meinte sie nun wieder kichernd.
Anscheinend hatte der Barkeeper auch etwas zu viel getrunken, wenn er sowas nicht mitbekam.
Lachend lagen wir uns alle in den Armen und Maja war deutlich beruhigter als vorher.
„Versprecht mir bitte, dass wir alle in Kontakt bleiben“, bat uns Maja nun.
Als Fiona und ich zu Maja blickten, stellten wir fest, dass diese total aufgelöst war.
„Natürlich tun wir das. Und nach dem Studium kommen wir alle wieder hier her zurück“, erinnerte Fiona sie.
Maja fiel uns nacheinander noch einmal um den Hals.
Kurzzeitig hatte ich Angst, sie würde gar nicht mehr loslassen.
„Meldet euch noch einmal, bevor ihr losfahrt. Dann können wir uns wenigstens noch einmal nüchtern verabschieden“, bat Maja.
Nickend stimmten wir ihrer Bitte zu.
Die anderen aus unserer Klasse sind alle schon längst nach Hause, weswegen nur noch wir und ein paar fremde Menschen auf diesen Parkplatz standen.
Nach einer ausgiebigen Verabschiedung und einiger Tränen, fühlten wir uns schlussendlich bereit, unseren letzten gemeinsamen Abend zu beenden.
„Macht es gut“, rief ich den beiden noch hinterher, welche in verschiedene Richtung liefen.
Beide winkten mir noch einmal zum Abschied, bevor ich mich zu Jonas umdrehte, welcher auf mich gewartet hatte.
Da wir direkt nebeneinander wohnten, wollten wir auch zusammen nach Hause laufen.
„Kann es losgehen?“, fragte er mich und betrachtete mich dabei noch einmal von oben bis unten.
Zitternd stand ich vor ihm, da ich mir heute nur eine dünne Leggins sowie eine dünne Bluse und Sandaletten angezogen hatte. Als wir nach dem Abendessen aufgebrochen waren, war es noch ziemlich warm gewesen. Aus diesem Grund unterschätze ich wie immer die kühlen Sommernächte.
„Du frierst ja“, stellte Jonas leicht besorgt fest, als er seine dünne Stoffjacke auszog und sie mir reichte. Dankbar über diese Geste nahm ich die Jacke mit einem leichten Lächeln entgegen.
„Danke“, erwiderte ich noch, als ich die Jacke anzog.
Wortlos setzten wir beide unseren Weg nach Hause fort.
Dabei überquerten wir mit zügigem Schritt die einzige Schnellstraße, welche unsere Kleinstadt zu bieten hatte und verschnauften auf der anderen Seite erst einmal ein bisschen. Betrunken ist wirklich alles deutlich anstrengender.
„Man könnte meinen, dass die Trucker vielleicht während der Ferien etwas vorsichtiger sind“, merkte Jonas leicht verärgert an. Dabei hörte er sich ein bisschen wie sein Vater an, welcher häufig ausgerastet ist, weil die Trucker die Geschwindigkeitsbegrenzung an der Grundschule nicht einhielten, welche ein Stück von hier entfernt war. Wütend über diese Rücksichtlosigkeit forderte er beim Bürgermeister, dass um die Grundschule eine Fußgängerzone eingeführt wird. Durch sein Temperament hatte er es schlussendlich auch geschafft.
Leicht amüsiert über diese Erinnerung sah ich Jonas nun wieder an.
„Was ist los?“, fragte er mich deutlich verwirrt.
„Ach nichts, ich habe gerade nur an unsere Grundschulzeit gedacht“, meinte ich wahrheitsgemäß.
Jonas sah mich nun amüsiert an und zog dabei die Augenbrauen nach oben.
„Oh bitte nicht! Diese Zeit war so seltsam“, beschwerte er sich.
Und da erinnerte ich mich wieder. Jonas hatte keine leichte Zeit in der Grundschule. Ständig lief er mit viel zu großen Klamotten durch die Gegend, da er die alten Sachen seines großen Bruders auftragen sollte. Dazu kam noch ein schlechter Haarschnitt. Er hatte es nicht gerade leicht in einer Stadt, welche sehr viel Statussymbole gab und dies natürlich auch an ihre Kinder weitergab.
Irgendwann wurden wir jedoch erwachsen und sahen den Menschen an sich. Außerdem bekam Jonas einen extremen Wachstumsschub und konnte nicht mehr die Sachen seines Bruders tragen, welcher deutlich kleiner war. Aus diesem Grund konnte sich Jonas auch optisch deutlich verbessern.
Dazu kam noch seine Charakterveränderung, vom schüchternen Jungen zum Bad Boy und schon gehörte er zu den beliebtesten Jungen unseres Jahrgangs.
Aber verständlich, dass er sich nicht gerne an seine Grundschulzeit erinnerte.
Schweigend setzten wir unseren Weg fort. Dabei liefen wir eine kurze Strecke durch unseren dunklen Wald. Es war immer ein seltsames Gefühl, nachts durch einen Wald laufen zu müssen. Doch heute war es nur halb so schlimm. Immerhin hatte ich heute Jonas an meiner Seite, welcher mit etwas Sicherheit gab.
Als wir endlich aus dem Wald traten, war ich trotzdem sehr erleichtert. Diese kleine Abkürzung führte uns direkt auf den Spielplatz unserer Stadt.
Wie viele Stunden habe ich hier verbracht.
Zusammen mit Jonas, aber auch zusammen mit Fiona und Maja und das nicht nur als Kind.
Es war immer ein besonderer Moment, wenn man total betrunken und mitten in der Nacht seinem inneren Kind nachgeben konnte. Doch heute schien Jonas einfach nur nach Hause zu wollen, da er, ohne anzuhalten, seinen Weg fortsetzte. Zumindest dachte ich das anfangs, bis er ohne Ankündigung stehen blieb.
„Olivia, warte mal kurz“, bat er mich. Sofort blieb ich stehen und sah ihn neugierig an.
„Was ist los?“, erkundigte ich mich.
Man konnte deutlich sehen, wie Jonas mit sich Selbst rang. Doch schlussendlich traf er eine Entscheidung.
„Ich weiß, was es dir bedeutet, herauszufinden, wo deine Familie herkam, aber musst du unbedingt dort studieren? Reicht es nicht, wenn du einen Roadtrip machst? Liv du bist die einzige in diesen scheiß Nest, welche mir wirklich etwas bedeutet. Bitte, lass mich nicht allein“, flehte er mich förmlich an.
In diesen Moment wusste ich nicht, was ich darauf erwidern sollte. Natürlich würde ich ihn auch vermissen und natürlich würde eine kurze Spritztour auch ausreichen, um die Heimat meiner Familie kennenzulernen. Aber irgendwas drängte mich länger dort zu bleiben und ich konnte nicht erklären, was es war. Erstrecht konnte ich es nicht Jonas erklären, nicht, wenn Jonas sich so benahm.
„Jonas bitte …“, setzte ich an, um ihn wieder zur Vernunft zu bringen. Wir hatten diese Diskussion schon so oft geführt und immer wieder kamen wir zum gleichen Ende.
„Nein! Hör mir einfach nur mal kurz zu, Olivia. Ich weiß, wie du jetzt argumentieren willst und das kann ich auch alles verstehen. Aber dir fehlt eine wichtige Information, eine Information, welche ich schon die ganze Zeit kenne und mich nur nicht getraut hatte es dir zu erzählen. Aber heute ziehe ich es einfach durch“, sagte er plötzlich und wurde dabei von Wort zu Wort immer schneller.
Ich ahnte schon schlimmes, deswegen unterbrach ich ihn, nichtsahnend, dass dies nichts bringen würde.
„Jonas, hör auf, du bist betrunken. Tue bitte nichts, was du morgen bereuen wirst“, bat ich ihn.
Doch meine Worte schienen bei ihm gar nicht anzukommen.
Als würde er komplett ferngesteuert sein, trat er einen Schritt auf mich zu und küsste mich.
Leicht geschockt stand ich da, bevor mich von ihm löste und ihn total entsetzt ansah.
„Jonas! Was sollte das verdammt?“, schrie ich ihn fast an.
Er schien immer noch nicht so ganz zu verstehen, was meine Reaktion zu bedeuten hatte.
„Gib uns eine Chance. Bleib hier und gib uns eine Chance“, bat er mich.
„Hör mir zu, Jonas, das wird niemals geschehen. Du bist einer meiner besten Freunde und ich habe dich sehr lieb, aber nicht auf diese Weise. Und ich werde auch nicht hierbleiben“, versuchte ich ihn so deutlich wie nur möglich mitzuteilen.
Zu meinem Glück verstand er in diesen Moment auch den Inhalt meiner Wörter.
„Du hast den Kuss erwidert“, meinte er dennoch leicht verwirrt.
„Ich war geschockt. Woher sollte ich den wissen, dass du mich küssen würdest?“, schrie ich ihn wieder fast an. Das lag aber wahrscheinlich eher daran, dass ich leicht überfordert mit dieser Situation war.
„Du wusstest nicht …? Ich habe dir den ganzen Abend Zeichen gegeben. Wie konntest du das nicht gemerkt haben?“, platze es nun aus ihm heraus. Die Wut stand Jonas deutlich ins Gesicht geschrieben. Das war schon immer sein Problem gewesen. Er wird nicht traurig, sondern wütend. „Vielleicht habe ich auch einfach nicht auf sowas geachtet. Ich dachte immer, es wäre klar, dass aus uns nie etwas werden könnte. Verdammt Jonas, wir sind zusammen groß geworden, du hast Dinge von mir gesehen, welche sonst nur meine Familie kennt. Du bist sowas wie ein Bruder für mich“, machte ich es ihn noch einmal deutlich.
Nun konnte er seine Wut nicht mehr halten und das wusste er auch selbst.
„Damit hast du einen Fehler begangen und den wirst du auch irgendwann bereuen“, presste er zwischen seinen Zähnen hervor und steuerte wieder in die Richtung des Waldes.
„Jonas!“, rief ich ihn noch einmal hinterher. Doch er schien meine Worte nicht zu hören. Stur setzte er seinen Weg fort, ein Weg, der möglichst viel Platz zwischen uns beide brachte.
Ich kannte Jonas gut genug, um zu wissen, dass es nichts brachte ihn hinterherzulaufen. Er brauchte jetzt seinen Freiraum, um herunterzukommen und erst dann konnte man wieder ein vernünftiges Gespräch mit ihm führen.
Aus diesem Grund setzte ich meinen Weg nach Hause fort.
Über einen kleinen Feldweg verließ ich dem Spielplatz und fand mich auf dem Bürgersteig einer langen Straße wieder.
Mit einem komischen Bauchgefühl bog ich nach links ab und folgte eine Weile dieser Straße. Nichtsahnend, dass ich in diesen Moment verfolgt wurde.
Erst als ich die Straße überqueren wollte, sah ich ihn. Einen alten Mann mit schwarzem Mantel und einen ebenso schwarzen Hut. Er war noch ungefähr 10 Meter von mir entfernt und beobachtete jede meiner Bewegungen. Die Tatsache, dass er, obwohl ich angehalten hatte, da ich die Straße überqueren wollte, nicht näherkam, beruhigte mich etwas.
Wenn, auch nicht viel.
Etwas nervös blickte ich nach rechts und dann nach links, bevor ich die Straße überquerte.
Immer noch bleib der Mann auf derselben Stelle stehen und beobachtete jeden meiner Schritte.
Ich wog mich schon fast in Sicherheit, als ich plötzlich die Frontlichter eines roten PKWs erblickte.
Danach spürte ich nur noch Schmerz, bis alles um mich herum dunkel wurde.
Kapitel 2
Als es wieder hell um mich wurde, verstand ich erst nicht, was geschehen war. Ich befand mich immer noch auf der Straße, unserer kleinen Stadt. Doch sie war komplett leer. Kein einziges Auto, keine Menschen und das, obwohl es um mich herum nun Tag war.
Selbst die Häuser schienen leer zu sein.
Verwirrt stand ich von der Straße auf und klopfte mir anschließend den Dreck von der Kleidung ab. Ich war nicht verletzt? Aber ich hatte doch diesen Schmerz gespürt? Was war hier nur bloß los?
Mit einem unguten Bauchgefühl sah ich mich auf der Straße um.
Ich hatte dieses ungute Gefühl, dass hier irgendetwas nicht stimmen konnte, doch ich war mir nicht sicher, ob da irgendetwas dran war oder ob ich mich einfach nur in etwas hineinsteigerte. Es wäre nichts Neues, wenn ich mich vor etwas fürchtete, was eigentlich eine logische Erklärung hatte und überhaupt nichts zu bedeuten hatte. Also vielleicht war heute auch nur einfach nichts los und die Menschen verbrachten einen ruhigen Tag in ihren Häusern, abseits der Fenster. Und ich bin vielleicht nur durch den Schock ohnmächtig geworden und der Schmerz beruhte auf meinen Sturz. Da dieser vielleicht nicht so schlimm war, ist der Schmerz nun verzogen. Dennoch war es seltsam, dass kein Krankenwagen gerufen wurde, aber so waren manche Menschen eben.
Ich sollte wahrscheinlich einfach nach Hause gehen, mich von diesem Schock erholen und anschließend ein Gespräch mit Jonas führen. Mir gefiel es immer noch nicht, wie wir beide auseinander gegangen sind. Er war einer meiner besten Freunde und ich würde ihn nur ungern wegen dieser Meinungsverschiedenheit verlieren.
Blieb also nur zu hoffen, dass es ihn genauso ging. Immer noch mit einem unguten Gefühl setzte ich meinen Weg in Richtung meines Zuhauses fort. Dafür musste ich nur die Straße eine Weile folgen, anschließend an der Kreuzung, an welcher ein großes italienisches Restaurant stand, nach rechts abbiegen, über den Parkplatz des Supermarktes und wieder einen kleinen Seitenweg folgen, bis ich endlich in der Straße ankam, in welcher mein Zuhause war.
Immer noch konnte ich keinen einzigen Menschen sehen. Selbst der Parkplatz unseres Supermarktes war komplett leer. Müssten nicht wenigstens die Mitarbeiter anwesend sein? Schließlich hatten wir heute Dienstag und meines Wissens keinen Feiertag.
Was war hier also los? Nun fiel mir auch keine logische Erklärung mehr ein. Irgendwas musste hier passiert sein. Nur was war das? Was konnte alle Menschen aus dieser Stadt vertreiben? Und dies ohne Ankündigung.
Mit zittrigen Händen suchte ich den Schlüssel unter dem Blumenkübel, welchen wir immer neben unserer Eingangstür platziert hatten. Der Schlüssel war für den Fall gedacht, dass einer von uns seinen vergaß oder wir uns auf Feierlichkeiten befanden, wo man leicht seinen Schlüssel verlieren konnte.
Als ich endlich den Schlüssel in meinen Händen hielt, versuchte ich die Tür aufzuschließen, was sich durch meine Panik zu einer echten Herausforderung entwickelte. Doch nach mehreren Anläufen schaffte ich es, den Schlüssel in das passende Loch zu bekommen und die Tür aufzuschließen.
Hinter unserer Eingangstür befand sich ein kleiner Raum, welcher den Eingangsbereich von dem angrenzenden Flur trennte. Hier bewahrten wir eine Kommode mit unseren Jacken und einen Schuhschrank auf. Die Tür, welche diesen Raum von dem Flur trennte, war immer geschlossen, damit unser Hund nicht einfach so aus dem Haus rennen konnte. Normalerweise wohnten wir an einer stark befahrenen Straße und unser kleiner Spitz, unterschätze sehr gerne die Autos.
Um ihn also nicht unnütz einer Gefahr, durch seine Naivität auszusetzen, hielten wir die Tür immer geschlossen. Außer wir begaben uns auf einen kleinen Spaziergang, doch dieser fand auch nur unter Aufsicht statt.
Als ich die Haustür geschlossen hatte und meine Schuhe, sowie meine Jacke ausgezogen hatte, betrat ich unseren Flur. Normalerweise kam unser Hund sofort angerannt, um uns zu begrüßen, doch auch dies blieb aus.
„Mama? Papa? Ist jemand zuhause?“, rief ich laut ins Haus hinein.
Keine Antwort.
„Hallo?“, rief ich etwas lauter. Doch auch dieses Mal blieb die Antwort aus.
Was war hier bloß los?
Mit schwerem und langsamen Schritt sah ich mich in unserem Haus um. Zuerst bog ich nach rechts in unser großes Wohnzimmer ab. Der Fernseher war aus, die Kissen auf dem Sofa gerichtet und der Fernsehtisch geordnet. Hier war schon einmal niemand. Ich trat aus dem Raum hinaus und bog nun nach links in unsere Küche ab. Auch hier war alles blitzblank. Der Abwasch, welchen wir gestern noch hier stehen hatten, war verschwunden und alles war wieder sauber und an seinen vorgesehenen Platz. Ich erhaschte noch einen Blick in unser angrenzendes Esszimmer. Wie auch in den anderen Zimmern herrschte hier pure Ordnung und es war keine Menschenseele zu sehen.
Frustriert trat ich nun auch aus der Küche und stieg unsere braune Holztreppe nach oben in das zweite Stockwerk.