17,99 €
Das Baby weint. Es schläft nicht. Es quengelt und wirkt unzufrieden. Viele junge Eltern sind jetzt verunsichert: Was sollen wir tun? Dabei besteht die Lösung der meisten Alltagsprobleme mit Baby nicht in pauschalen Regeln oder Schlafprogrammen. Vielmehr sind schwierige Situationen oft einfach lösbar, wenn Eltern sich darauf einlassen, sich an den individuellen Bedürfnissen ihres Babys zu orientieren statt vorgegebenen Regeln zu folgen. Der Ratgeber DAS GEHEIMNIS ZUFRIEDENER BABYS gibt Eltern liebevolle Lösungen für eine entspannte Babyzeit an die Hand: Sie lernen die Bedürfnisse ihres Kindes kennen und erfahren z.B., wie sie das Neugeborene in Geborgenheit begrüßen können, wie sie dem Verlangen des Kleinen nach Nähe auch nachts stressfrei nachkommen können, damit alle besser schlafen, oder wie sie die Sprache des schreienden Babys besser verstehen und es beruhigen können. Der bedürfnisorientierte Umgang macht das Baby zufriedener und ausgeglichener und entspannt den Familienalltag.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 220
Geleitwort von Dr. Herbert Renz-Polster
Betrachtet man das »Dorf«, in dem Eltern heute leben, so fühlt man sich an eine Folge aus dem Comic Asterix und Obelix erinnert. Da läuft mitten durch das hübsche gallische Dorf – ein großer Graben. Und der »macht es unmöglich, von der einen Hälfte in die andere hinüberzuwechseln«, wie es in dem Comic heißt ...
Tatsächlich sind Eltern in praktisch allen wichtigen Fragen zum Leben mit Kindern geteilter Meinung. Und das geht gleich nach der Geburt los: Wie viel Nähe braucht so ein kleiner Mensch? Ganz viel – sagen die einen. Das schafft Sicherheit für das ganze Leben. Pass nur auf – sagen die andern. Das Kleine könnte »verwöhnt« und damit für sein ganzes Leben geschwächt werden. Und wenn es ums Schlafen geht: derselbe Widerstreit der Meinungen. Nimm das Kleine einfach zu dir ins Elternbett – sagen die einen. Die anderen beharren auf dem Gegenteil: Es soll im eigenen Bett schlafen! Da lernt es besser, für sich selbst zu sorgen, und wird bestimmt früher selbstständig.
Erziehungsfragen unterliegen wechselnden Moden
So geht es durch die ganze Kindheit. Wie lange soll man ein Baby stillen? Die Antwort fällt in jeder Generation anders aus. Auch die heutigen Eltern sind sich nicht sicher – aber haben oft große Angst, sie könnten auch bei dieser natürlichsten aller Tätigkeiten (schließlich sind auch wir Menschen Säugetiere) etwas falsch machen. Gleiche Unsicherheit, andere Baustelle: Nach welchem »Schema« soll beigefüttert werden? Die einen schwören auf Brei, die anderen behaupten, man könne schon Babys von dem essen lassen, was Mama, Papa oder die Geschwister essen. Und was tun, wenn das Baby weint? Soll man prompt reagieren oder das Kleine eher ein bisschen warten lassen?
Überall begegnen uns kluge Ratschläge – nur leider widersprechen sie sich. Schlimmer noch: Oft sind diese widersprüchlichen Meinungen beide in unserem eigenen Kopf – zwei Stimmen, und wir wissen nicht, auf welche wir hören sollen. Das macht uns Angst: Was, wenn ich mein Kind nach der »falschen« Methode erziehe?
Oft hilft ein Perspektivwechsel
Ich glaube, dass Eltern in diesem Spannungsfeld besser klarkommen, wenn sie einmal eine ganz andere Perspektive einnehmen. Was ich damit meine? Wir Eltern sind gewohnt, in der Erziehung nach vorne zu blicken: Wo geht die Reise hin? Was soll das Kind einmal erreichen? Was für ein Mensch wird aus ihm werden? Dieser Blick nach vorne ist verständlich und oft auch richtig und hilfreich – schließlich kennen wir Eltern das Leben und haben für unsere Kinder bestimmte Pläne und Hoffnungen, natürlich!
Trotzdem bin ich der Meinung, dass wir inmitten dieser vielen widersprüchlichen Meinungen für uns selber klarer sehen, wenn wir nicht nur in die Zukunft schauen. Sondern wenn wir auch einmal die umgekehrte Perspektive einnehmen. Wenn wir also dorthin schauen, wo unsere Kinder herkommen.
Denn so frisch und neu uns unsere Kinder erscheinen, wenn sie geboren sind, so tragen sie doch eine Geschichte in sich – eine lange Geschichte. Wie sich Kinder entwickeln, hat sich in der Menschheitsgeschichte eingeschliffen, von Generation zu Generation. Das Muster, nach dem die Kleinen groß werden, hat sich als Antwort auf die Herausforderungen gebildet, vor denen die Kinder immer standen. Das ist das Prinzip der Evolution.
Unsere Kinder haben noch heute Steinzeitbedürfnisse
Es gilt noch heute. Kinder brauchen heute das gleiche Maß an Bewegung, um gesund zu bleiben, wie vor Tausenden von Jahren. Sie brauchen dieselben Zutaten, um ihr Urvertrauen auszubilden, und sie entwickeln ihr Mitgefühl, ihre soziale Kompetenz und ihr inneres »Rückgrat« nicht anders als Kinder früherer Generationen.
Wenn wir in die Menschheitsgeschichte blicken, begegnet uns aber auch gleich ein Rätsel – und es ist für unsere heutige Diskussion um den »richtigen« Umgang mit kleinen Kindern hochaktuell. Denn wenn wir uns die Lebensbedingungen der kleinen Menschenkinder in der menschlichen Geschichte vor Augen halten, so galt eines ganz sicher: Die Kleinen haben ganz viel Nähe zu ihren Eltern bekommen – ganz unmittelbare, körperliche Nähe. Für über 99 Prozent der Babys, die jemals auf dieser Erde gelebt haben, war Nähe unverhandelbar. Sie war ihr Ticket zum Überleben.
Nehmen wir nur ihren Schlaf: Ein Kind, das ohne zu zögern alleine einschlief, wäre spätestens am nächsten Morgen ein totes Baby gewesen. Es wäre von Hyänen verschleppt, von Nagetieren angeknabbert oder bei einem nächtlichen Temperatursturz unterkühlt worden. Bis die Menschen sesshaft wurden, war der einzige sichere Schlafplatz für Kinder dicht bei einem vertrauten Erwachsenen.
Auch dass Babys viel getragen wurden, dass sie nach Bedarf und bis ins Kleinkindalter hinein gestillt wurden – all das war Teil des normalen Aufwachsens unter den für die Menschheit bis in allerjüngste Zeit hinein typischen Lebensbedingungen. Ganz einfach: Nähe bedeutete Schutz – und davon konnten Kinder in einer Zeit, als noch die wilden Tiere ums Lager schlichen und es noch keine Zentralheizungen gab, nicht genug bekommen! Aber auch etwas Zweites war klar und das war genauso unverhandelbar: Die an so viel Nähe gewöhnten Babys der Vergangenheit mussten stark und selbstständig werden – ganz sicher! Die Welt unserer Vorfahren war nicht mit Plüsch ausgelegt. Die Kinder mussten sich in einer widerständigen Umwelt bewähren. Sie mussten also ihre Stärken entwickeln, obwohl sie so viel Nähe bekommen hatten!
Ein neuer Blick auf Nähe
Der Blick zurück zeigt also etwas Beruhigendes: Die Nähe, die wir unseren Babys geben, ist kein Hindernis für die Entwicklung von Autonomie, Selbstständigkeit und innerer Stärke. Die Menschenkinder der Vergangenheit mussten beides haben: viel Nähe und viel Gelegenheit, selbstständig zu werden. Aus Sicht der Evolution ist es also nicht plausibel, dass es an zu viel Nähe liegt, wenn Kinder »verwöhnt« werden.
Vielmehr weist der Blick in die Evolutionsgeschichte auf einen anderen Zusammenhang: Nähe schafft Sicherheit. Und die wird von den Kleinen nicht etwa benutzt, um sich immer nur an den Großen festzukleben oder sich »verzärteln« zu lassen. Nein. Babys und Kleinkinder nutzen diese Sicherheit, um selbst aktiv zu werden, die Umwelt zu erforschen, selbstwirksam zu sein, wie die Entwicklungspsychologie das nennt. Wenn sie bei ihren vertrauten Bezugspersonen einen »sicheren Hafen« haben, so nehmen sie den nicht, um ihr Schiffchen dort fest zu vertäuen – nein, sie nutzen die Sicherheit des Hafens, um immer wieder aufs Meer zu fahren, der Welt zu begegnen und die Dinge zu erforschen.
Das Rätsel der Nähe hat also eine vielleicht überraschende Lösung – und sie wird heute auch von den Befunden der modernen Entwicklungsforschung untermauert. Kinder, und selbst schon Babys, stehen eben nicht nur auf Nähe, sie haben vielmehr auch ein Erforschungsprogramm. Dieses Programm treibt kleine Kinder von innen heraus dazu, selbstwirksam zu sein, die Welt zu begreifen und in sie einzugreifen. Wir wissen heute, dass dieses Entdeckerprogramm von den Kindern dann genutzt wird, wenn sie sich sicher und ermutigt fühlen, wenn sie also in verlässlichen, feinfühligen, authentischen Beziehungen leben dürfen. In solchen Beziehungen erfahren sie Nähe und Sicherheit, aber auch Entdeckungsraum und Freiheit.
Die Stärken im Gepäck unserer Kinder
Der Blick zurück zeigt noch etwas Weiteres: Was die Kinder mit ins Leben bringen, sind Stärken, nicht Mängel, Defekte oder Schwachstellen. Kinder sind nicht viertel- oder halbfertige Erwachsene – sie sind 100-prozentig fertige Kinder. Dies ergibt sich aus dem Wesen der Evolution: Auf ihrem Weg durch die Geschichte mussten die Kinder all das perfektionieren, was einem kleinen, unreifen Menschen hilft, ein großer, erfolgreicher Erwachsener zu werden. Sie mussten lernen, wie man die vielen Kurven zum Erwachsenwerden am besten nimmt, eine Kurve nach der nächsten. Ja, die kindliche Entwicklung ist für die Eltern nicht immer eitel Sonnenschein, aber sie ist dennoch Grund zu Optimismus: Sie beruht auf einer Auswahl dessen, was funktioniert hat!
Ich freue mich, dass es in dem vorliegenden Buch um diese Stärken der kleinen Kinder geht. Die Autorin Nora Imlau betrachtet die Kinder liebevoll und verständig aus dem Blickwinkel ihrer angestammten Bedürfnisse. Und in diesem Wort »angestammt« liegt eigentlich schon die Begründung, dass es in diesem Buch nicht etwa um eine neue Mode oder noch einen neuen Erziehungstrend geht. Vielmehr bedeutet der bedürfnisorientierte Umgang mit Babys, dass die Eltern an den Stärken der kleinen Kinder Maß nehmen, die ihnen ja seit Hunderten von Generationen ermöglicht haben, erfolgreich groß zu werden. Da geht es nicht darum, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Im Gegenteil: Da geht es darum, dass wir uns auf die Kinder einlassen, wie sie sind, und nicht, wie wir sie uns tagesaktuell zusammenreimen.
Dieser Blick auf die Kinder, wie sie von Natur aus sind, kann eine ungeheure Entlastung bedeuten. Zum einen eine Entlastung von den vielen Stimmen um uns herum, die alles angeblich besser wissen. Zum andern bringt dieses Buch mit den vielen Tipps für den Alltag auch eine praktische Entlastung, und die ist Gold wert – der natürliche Weg ist ja keineswegs ein komplizierter oder gar steiniger Weg. Im Gegenteil: Stillen ist praktisch, es erleichtert den Alltag. Dasselbe gilt fürs Tragen, und das auch in der modernsten aller Welten – schon mal mit Kinderwagen Bus gefahren? Überhaupt macht die Nähe zu unseren Babys so vieles leichter – wir sind uns einfach näher und verstehen dadurch die Signale des Babys besser. Und vor allem: Wir leben in einer Beziehung, die uns selbst guttut, weil sie verlässlich, feinfühlig und echt ist. Und diese respektvolle Art der Beziehung ist vielleicht die wunderbarste Grundlage für das Leben mit Kindern, ja, eigentlich mit jedem Menschen. Es gibt meiner Meinung nach kein größeres Geschenk.
Nora Imlau ist es gelungen, einen wunderbaren und wunderbar praktischen Ratgeber zu schreiben, wie ein solch beziehungsvolles Leben im Alltag mit dem Baby gelingt.
Dafür danke ich ihr von Herzen.
Dr. med. Herbert Renz-Polster
Autor von »Kinder verstehen. Born to be wild –
wie die Evolution unsere Kinder prägt«
www.kinder-verstehen.de
Vorwort von Nora Imlau
Ein winziges Baby, das auf einem roten, flauschigen Handtuch liegt und sich mit großen, blauen Augen umguckt: Das ist meine erste Erinnerung an meine Tochter Linnea.
Sie musterte still und staunend ihre neue Umgebung: »Nanu? Wo bin ich denn hier gelandet?« Nach neun Monaten in ihrer eigenen kleinen Welt war sie nun angekommen an einem Ort, von dem sie nicht wissen konnte, was sie dort erwarten würde.
Doch das schien sie nicht zu ängstigen, im Gegenteil: Ihr Blick war voller Neugier und voller Vertrauen. »Es wird mir hier doch gut gehen, oder, Mama?« Und ich weiß noch, wie ich dachte: »Das hoffe ich. Das hoffe ich wirklich sehr.«
Dieses Buch habe ich für alle geschrieben, denen es genauso geht. Die ihrem Baby alles geben wollen, was es braucht. Aber noch nicht so genau wissen, was das eigentlich ist.
Der Tipp, in Sachen Baby einfach auf sein Herz zu hören, reicht gerade beim ersten Kind oft nicht aus. Denn das Bauchgefühl, auf das wir im Umgang mit unseren Kindern so gerne vertrauen wollen, ist geprägt von der Art und Weise, wie unsere eigenen Eltern mit uns umgingen, sowie von allen möglichen Ängsten und Hoffnungen, die wir mit dem Elternsein verbinden. Konkret heißt das: Was sich für uns im Umgang mit unserem Baby gut und richtig anfühlt, ist mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit für unser Baby gut und richtig. Aber wenn wir unsicher werden, zweifeln, ins Schwimmen kommen, heißt das nicht, dass wir etwas falsch machen. Sondern nur, dass wir gerade dabei sind, unseren inneren Kompass neu zu justieren und für uns herauszufinden, was wir mit unserem Baby vielleicht anders machen wollen, als wir es selbst erlebt haben.
Natürlich ist die Liebe zu unseren Kindern der Schlüssel zu einem guten Start ins Familienleben. Aber Liebe allein ist nicht genug – wir müssen uns auch kompetent fühlen im Umgang mit unserem Baby und sicher auf unserem Weg. Erst wenn Wissen und Erfahrung zur Liebe dazukommen, haben wir das nötige Rüstzeug, das wir auf unserer spannenden Reise durchs erste Jahr als kleine Familie so dringend brauchen.
Was macht den Babyalltag leichter?
Als Mutter zweier Töchter und als Autorin bei der Zeitschrift »Eltern« beschäftige ich mich seit Jahren intensiv mit der Frage, welches verlorengegangene Wissen rund um das Leben mit Baby unseren Alltag hier und heute erleichtern könnte. Ich bin dabei auf ganz wunderbare Wege gestoßen, sich das Leben mit Baby leichter und schöner zu machen. Ich nenne sie »die sieben Geheimnisse einer glücklichen Babyzeit«. Dazu gehört ein gemütliches Kennenlernen nach der Geburt sowie eine innige Stillbeziehung, kuschelige Nächte, liebevolles Trösten und Tragen, außerdem ein Netzwerk freundlicher Menschen, die sich um das Baby kümmern, sowie die Fähigkeit, die Bedürfnisse aller Familienmitglieder in Einklang zu bringen.
Eltern überall auf der Welt nutzen diese sieben Geheimnisse seit Jahrtausenden, damit ihre Babys weniger schreien, leichter einschlafen und besser an der Brust trinken. Doch in unserer modernen westlichen Welt sind sie in den vergangenen gut 200 Jahren durch andere Babyregeln verdrängt worden. Damals begann man, jungen Müttern zu raten, ihr Baby nach Zeitplan zu versorgen, anstatt sich an seinen Signalen zu orientieren – das galt als praktischer und fortschrittlicher. Heute sind wir von solchen starren Vorgaben längst wieder abgekommen. Doch die Unsicherheit bleibt.
Höchste Zeit also, den bedürfnisorientierten Umgang mit Babys neu zu lernen. Bedürfnisorientiert heißt: Orientiert an den Bedürfnissen aller Beteiligten. Also an dem, was das Baby wirklich braucht, und an dem, was seine Eltern brauchen. Ob es also ums Schlafen oder ums Stillen geht, um den Wunsch nach Nähe oder die Frage nach der Betreuung: Immer ist das Ziel, die eigenen Bedürfnisse ebenso zu erkennen wie die des Babys und dann eine Lösung zu finden, die allen gerecht wird. Das geht nicht ohne Kompromisse, aber es geht. Und das Beste: Durch einen bedürfnisorientierten Umgang mit ihrem Baby können Eltern die allermeisten typischen Probleme im ersten Jahr lösen, bevor sie überhaupt entstehen. Kein Protestgeheul zur Schlafenszeit, kein erschöpfendes Aufstehen in der Nacht, kein Kampf mit dem Breilöffel und kein Frust darüber, mit dem Baby nicht mehr rauszukommen. Stattdessen: Das tolle Gefühl, dem eigenen Baby alles zu geben, was es braucht, und dabei selbst nicht zu kurz zu kommen.
Klingt praktisch? Ist es auch. Das Schönste an den sieben Geheimnissen aber ist, dass sie nicht nur den Alltag unkomplizierter machen, sondern auch in die Tiefe wirken. Denn wo Eltern die Bedürfnisse ihrer Babys erkennen und achten, entsteht eine feste, tragfähige Bindung, die Kinder stark fürs Leben macht.
Denn sie lernen: Auf Mama und Papa kann ich mich verlassen. Sie verstehen mich, denn sie haben mich bereits verstanden, als ich noch nicht sprechen konnte. Sie halten mich, denn sie haben mich schon gehalten, bevor ich sie darum bitten konnte. Sie sind für mich da, wie sie immer für mich da waren. Tag und Nacht.
Die sieben Geheimnisse stärken die Bindung
Besonders wertvoll sind die sieben Geheimnisse deshalb für alle, die noch dafür kämpfen zu ihrem Baby diese feste Bindung aufzubauen. Ob nach einer traumatischen Geburt oder nach einer längeren Trennung in der Neugeborenenzeit, etwa durch einen Klinikaufenthalt: Wenn das Knüpfen der allerersten Verbindung mit dem Baby erschwert war, zeigen die sieben Geheimnisse Wege auf, diese Wunden heilen zu lassen und eine starke, liebevolle Eltern-Kind-Beziehung aufzubauen. Auch Adoptiv- und Pflegeeltern finden viele Anregungen, wie sie die Verbundenheit zwischen ihnen und dem Kind, das ihnen anvertraut wurde, stärken können.
Dabei sind die sieben Geheimnisse, die ich in diesem Buch vorstelle, keine To-do-Liste, die es abzuhaken gilt, und kein Erziehungskonzept, das man entweder ganz oder gar nicht umsetzen kann. Sondern eine Sammlung der besten Strategien für ein liebevolles und bedürfnisorientiertes Familienleben, mit denen viele Mütter und Väter gute Erfahrungen gemacht haben. Sie stehen dabei nicht für sich, sondern greifen ineinander und verstärken sich gegenseitig in ihrem Effekt. Was für sie selbst passt, wird jede Familie im Lauf der Zeit für sich herausfinden. Ausprobieren, abwandeln und experimentieren ist dabei ausdrücklich erwünscht!
Nora Imlau
Bereits im Mutterleib nehmen Babys ihre Umwelt wahr. Sie erkennen die Stimmen von Mutter und Vater und spüren ihre Vorfreude genauso wie ihre Anspannung. Sie erleben die Naturgewalt der Geburt und machen sich in den Wochen danach ihren ersten Eindruck von der Welt, in der sie gelandet sind. Heute wissen wir: Eltern, die ihr Baby bewusst liebevoll willkommen heißen, machen ihm für sein ganzes Leben ein wertvolles Geschenk.
Gut für unser Baby zu sorgen – damit können wir beginnen, sobald wir von der Schwangerschaft wissen. Denn schon während es noch im Bauch wächst, können Eltern mit ihrem ungeborenen Kind Kontakt aufnehmen und sich auf ihre neue Rolle einstellen.
Ganz egal, ob wir uns schon lange ein Baby wünschen oder unverhofft von einem überrascht werden: Der Moment, in dem aus dem leisen Verdacht ein positiver Schwangerschaftstest wird, ist einfach unglaublich. Klar, dass die meisten Frauen nun ganz ungeduldig dem ersten Ultraschall entgegenfiebern, bei dem sie das kleine Wunder mit eigenen Augen sehen wollen. Doch Ärzte raten aus gutem Grund zu Geduld: Vor der achten Schwangerschaftswoche lässt sich nur selten ein schlagendes Herz darstellen, sodass frühere Untersuchungen oft mehr verunsichern als beruhigen. Nutzen wir die ganz frühen Schwangerschaftswochen lieber dazu, es dem Baby im Bauch von Anfang an schön und gemütlich zu machen – mit guter Ernährung, dem Verzicht auf Zigaretten und Alkohol, so wenig Stress und so viel Vorfreude wie möglich.
Die ersten Schwangerschaftswochen bedeuten für werdende Eltern meist eine Achterbahn der Gefühle: Da mischen sich Freude und Ungläubigkeit darüber, dass hier tatsächlich ein Kind heranwächst, mit der Sorge, dass mit dem Baby irgendetwas nicht in Ordnung sein könnte. Dazu kommt eine Erkenntnis, die unser Freund Jan mit nur einem Wort auf den Punkt brachte. »Lebenslänglich!«, sagte er, als seine Frau mit dem positiven Test aus dem Badezimmer kam. Und genau das ist das Schöne, aber auch ein wenig Unheimliche am Elternwerden: Gemeinsam ein Kind zu bekommen, das verbindet für immer. Beziehungen können enden, Ehen können geschieden werden, aber Eltern bleiben wir gemeinsam – ein Leben lang. Kein Wunder, dass viele Paare in den ersten Schwangerschaftswochen intensiv damit beschäftigt sind, sich über die Zukunft zu unterhalten. Wer bleibt nach der Geburt wie lange zu Hause, wer wird im Alltag mit dem Baby wofür zuständig sein und wie gelingt es uns, trotz all dieser Veränderungen noch genug Raum für uns und unsere Beziehung zu schaffen?
Team Baby
Zum Glück haben wir neun Monate Zeit, um all diese Fragen für uns zu beantworten. Und: Wir sind dabei nicht alleine. Und das gilt selbst dann, wenn wir uns dazu entschließen, unser Baby alleine zu bekommen – also ohne einen Partner. Wie etwa meine Freundin Eva, die unverhofft schwanger wurde, woraufhin ihr Freund sich verabschiedete. Eva aber bekam ihr Kind. Zwar vom ersten Tag an alleinerziehend, aber nie allein: Nicht nur ihre Eltern und ihre beiden Schwestern griffen ihr unter die Arme, sondern auch die Wohngemeinschaft, in der sie lebte. Wer Eva während ihrer Schwangerschaft besuchte und in der gemütlichen WG-Küche saß, konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier fünf junge Menschen zusammen ein Kind bekamen. Evas Freundinnen begleiteten sie zum Ultraschall und zum Geburtsvorbereitungskurs, zum Babyklamotten-Shoppen und schließlich sogar ins Geburtshaus – mit ins Geburtszimmer kamen dann aber nur ihre Mutter und ihre beste Freundin.
Weg deshalb mit den Barrieren in den Köpfen: Eine Familie, das heißt nicht immer Mutter-Vater-Kind. Und selbst wenn, heißt es nicht, dass sie alle zusammenleben. Vor allem bei ungeplanten, aber auch bei manchen geplanten Schwangerschaften lautet deshalb eine wichtige Frage: Wie können wir einen Lebensentwurf finden, mit dem es uns und unserem Baby gut gehen kann? Und die nächste Frage: Wen wollen wir dabei mit im Boot haben? Sollen Freunde und Verwandte hautnah mitbekommen, was passiert, und regelmäßig mit aktuellen Ultraschallbildchen versorgt werden? Oder wollen wir dieses kleine Wunder erst mal ganz für uns genießen? Für beide Möglichkeiten gibt es gute Argumente. Wichtig ist allein, dass sich werdende Eltern nicht zu einer Entscheidung gedrängt fühlen, sondern tun, was zu ihnen und ihrer Familie passt.
Als ich selbst wusste, dass wir ein Baby erwarten, galt mein erster Anruf im Übrigen meiner Hebamme. Denn von einer Freundin, die selbst Hebamme ist, wusste ich, was viele Erst-Schwangere nicht wissen: Hebammen sind nicht nur Geburtshelferinnen, sondern dazu ausgebildet, uns vom positiven Schwangerschaftstest an bis weit ins erste Lebensjahr unseres Babys hinein kompetent zu begleiten, weshalb sämtliche Kosten dafür von den Krankenkassen übernommen werden. Anders als Gynäkologen, deren Augenmerk vor allem auf medizinischen Auffälligkeiten und Problemen liegt, ist es Hebammen wichtig, Schwangerschaft und Geburt als natürliche Prozesse zu begreifen, in die es so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich einzugreifen gilt. Hebammen können sämtliche Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft genauso vornehmen wie Frauenärzte, mit Ausnahme der Ultraschalle. Sie nehmen sich dabei im Schnitt eine Stunde pro Vorsorge Zeit, kommen dazu oft auch zu der Schwangeren nach Hause und bringen alle notwendigen Gerätschaften einfach mit.
Ich wünsche wirklich jeder Schwangeren eine so luxuriöse Schwangerschaftsvorsorge, wie ich sie hatte: Die regulären Vorsorgen übernahm meine Hebamme mit viel Zeit, Empathie und Sachverstand und zu den empfohlenen Ultraschalluntersuchungen in jedem Schwangerschaftsdrittel ging ich zu meiner Frauenärztin.
Wie finde ich eine gute Hebamme?
Freiberuflich arbeitende Hebammen stehen im Telefonbuch und lassen sich meist auch übers Internet gut finden. Auch ein Besuch im Geburtshaus lohnt sich: Hier haben sich mehrere Hebammen zusammengeschlossen und bieten die Möglichkeit von Schwangerschaftsvorsorge, Geburtsbegleitung und Nachsorge aus einer Hand.
Es ist wichtig, dass die Chemie zwischen der Hebamme und der Schwangeren stimmt. Das bedeutet nicht, dass sie wie beste Freundinnen sein müssen; aber ihre Beziehung sollte von gegenseitigem Vertrauen und Respekt geprägt sein.
Da Hebammen selbst betonen, wie wichtig die persönliche Beziehung für ihren Beruf ist, können werdende Eltern selbstbewusst sagen, dass sie sich mehrere Hebammen ansehen wollen, und sich dann für diejenige entscheiden, bei der sie sich am wohlsten fühlen. Deswegen wird keine professionelle Geburtshelferin beleidigt sein.
Statt sich blindlings bei zig Hebammen vorzustellen, lohnt es sich, sich im Freundeskreis umzuhören. Dabei immer im Hinterkopf behalten: Was für eine Familie goldrichtig ist, kann sich für eine andere verkehrt anfühlen – und umgekehrt. Trotzdem ist eine persönliche Empfehlung bei der Hebammensuche der beste Ausgangspunkt!
Ist eine Geburt in der Klinik geplant, ist ein wichtiges Kriterium bei der Suche, ob die Hebamme auch Beleggeburten anbietet. Beleghebammen begleiten Schwangere bis zur Geburt und werden von den werdenden Eltern dann angerufen, wenn die Geburt losgeht, um sie in die Klinik begleiten zu können. Der große Vorteil dabei: kein Schichtwechsel unter der Geburt, dafür eine vertraute Begleiterin.
Für viele Frauen ist ihre Hebamme die wichtigste Ansprechpartnerin während der Schwangerschaft. Doch das muss nicht so sein: Auch eine einfühlsame Frauenärztin, die sich viel Zeit für persönliche Gespräche nimmt, kann eine gute Begleitung für die aufregenden Monate vor und nach der Geburt sein. Wer sich außerdem eine nicht-medizinische Begleitung der Geburt wünscht, sollte sich eine Doula gönnen. Doulas sind Frauen, die selbst Geburtserfahrung haben und eine spezielle Ausbildung, um Frauen oder Paaren bei der Geburt ihres Kindes zur Seite zu stehen.
Als ich zum ersten Mal hörte, wie genau das Baby im Bauch mitbekommt, was wir Mütter so denken und fühlen, erschrak ich. Ich dachte daran, wie oft ich während meiner Schwangerschaften traurig oder wütend gewesen war und wie viel Angst ich gehabt hatte. Meine armen Töchter – so viele dunkle Gefühle schon vor der Geburt! Doch dann sprach ich mit einem Ultraschallspezialisten, der die Gefühlsachterbahn von uns Schwangeren als eine Lebensschule für das Ungeborene beschrieb: Geschützt und geborgen in Mamas Bauch erfährt es, was für eine bunte Palette der Emotionen das Leben da draußen bereithält, und macht gleichzeitig die Erfahrung, dass es mit all diesen Gefühlen nie allein ist. Mama ist ja da. Und sie kann immer trösten.
Der Ultraschallarzt erzählte mir, dass man Ungeborenen oft anmerke, wie sehr sie die Anspannung ihrer Mütter stresst. Ihr Herz schlägt schnell, sie sind ganz verkrampft und lutschen nervös am Daumen. Deshalb rät er werdenden Müttern, während und nach der Untersuchung mit dem Baby zu sprechen und ihm zu erklären, dass es keine Angst haben muss. Und tatsächlich, so der Arzt, kann er dann auf seinem Ultraschallschirm beobachten, wie dadurch der Herzschlag der Ungeborenen ruhiger wird.
Klingt ein bisschen esoterisch, ist es aber nicht; unsere Stresshormone erreichen unser Baby durch die Plazenta ebenso wie die, die uns wieder ruhig werden lassen. Und genau das ist der Punkt: Unser Baby bekommt mehr und mehr von unserem Leben mit.
Wir müssen uns dabei nicht verstellen: Das Baby darf ruhig spüren, dass es uns manchmal auch nicht so gut geht. Aber immer, wenn wir uns selbst etwas Gutes tun, tun wir auch unserem Baby etwas Gutes. Es freut sich, wenn wir gesund essen, uns mit Spaß bewegen, auf Zigaretten und Alkohol verzichten und ansonsten das Leben genießen.
Schon bevor das Baby zur Welt kommt, nimmt es seine Umgebung wahr und freut sich über Zuwendung und Zärtlichkeit.
Die beste Vorbereitung für eine schöne Babyzeit
Verzicht auf alles, was uns krank macht: Alkohol, Nikotin und Drogen – selbstverständlich. Aber auch die Überdosis Stress in der Arbeit, belastende Probleme in Familie oder Freundeskreis oder unausgesprochene Ängste tun uns jetzt nicht gut.
Eine Schwangerschaft, in der wir uns vor allem schützen, was uns beunruhigt und Angst macht, und uns mit Menschen umgeben, die uns Kraft spenden.
Entspannungstechniken lernen: Einatmen, ausatmen und langsam bis 10 zählen. Wie oft werden wir in den nächsten 20 Jahren froh sein, wenn wir eine Technik beherrschen, die uns zuverlässig beruhigt, wenn wir gestresst sind? Yoga, autogenes Training, tanzen oder einfach in der Badewanne liegen – was uns entspannt, ist egal, Hauptsache, der Stress lässt nach.
Vieles auf dieser Welt kann warten. Unser Kind kann es nicht. Denn jetzt ist der Moment, in dem seine Knochen geformt werden, in dem sein Blut entsteht und in dem sich seine Sinne entwickeln.
Es kann nicht auf morgen warten. Sein Name ist: Heute!
Gabriela Mistral
Das erste Beschnuppern nach einer natürlichen Geburt in vertrauter Atmosphäre ist der ideale Zeitpunkt zum Verlieben: Überschwemmt von Glücks- und Liebeshormonen sind Mutter und Kind ganz darauf gepolt, einander fest ins Herz zu schließen.
Als meine Hebamme ins Zimmer kam, war ich verzweifelt. Dass diese verflixten Wehen so wehtun würden! Und nun würden sie immer schlimmer werden, für viele Stunden! Der Gedanke war kaum auszuhalten. »Ich weiß«, sagte meine Hebamme. »Bleib ganz ruhig. Tief einatmen. Lang ausatmen. So ist es gut. Ganz ruhig.« Mit diesen sanften Anweisungen verging die Angst und Zuversicht breitete sich in mir aus.
Danach gab es keine Minuten und Stunden mehr, nur noch Wehen und Wehenpausen. Einatmen, ausatmen. Rückenlage, Seitenlange, Vierfüßlerstand. Draußen ging langsam die Sonne auf. Drinnen legte meine Hebamme ein rotes Handtuch bereit. Eine Welle von Schmerz, ein Druck, ein Schrei – dann war sie da. Unsere kleine Tochter, geboren in unserem und nun auch ihrem Zuhause.