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Auch mit dem fünften Band seiner Gedichtreihe zum Thema «Herz» ist Hans Peter Gansner brandaktuell, politisch und poetisch zugleich. Seine neuen Herzgedichte nennen ohne Scheu auch die letzten Dinge beim Namen, doch nie fehlt das leise Lächeln von Liebe, Ironie und Verstehen. Hans Peter Gansner ist ein Schweizer Romanschriftsteller, Dramatiker, Dichter, Publizist, Übersetzer und Journalist. Geboren und aufgewachsen in Chur, Matura Kantonsschule Chur, studierte Germanistik, Romanistik, Kunstwissenschaft und Philosophie in Basel, Theater- und Filmwissenschaft in Aix-en-Provence. Seit 1985 ist er als freier Schriftsteller, Publizist und Übersetzer tätig.
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h. p. gansner
das gepanzerte herz
Songdog Verlag, Bern und Wien
www.songdog.ch
Cover: Songdog
Bild vor «Ecce homo»: Gertrud Vogler / Schweizerisches Sozialarchiv
ISBN 978-3-903349-11-7
h. p. gansner, * 20. März 1953 in Chur, CH; † 1. Mai 2021 in Schaffhausen, CH. Master of Arts in German and French Literature and Language, Universität Basel. Film- und Theaterwissenschaft in Aix-en-Provence. Romane, Erzählungen, Hörspiele, Gedichte, Krimis, Historische Festspiele, Theater, Essays, Übersetzungen, Kulturjournalismus. Lebte als freier Schriftsteller, Übersetzer und Publizist zuletzt in Schaffhausen.
meinem freund
dem unnachgiebigen kämpfer gegen
unterdrückung & erniedrigung & aushungerung
der ärmsten menschen aller länder dieser erde
die sie alle sehr gut ernähren könnte
wie er es in seinen büchern
bewiesen hat
Jean Ziegler
herzlich zugeeignet
vom autor
hpg
Albrecht Dürer
»Rhinocerus«, Kaltnadelradierung 1515
»Wie soll ein Körper einer Gewehrkugel widerstehen, die sein Herz durchbohrt.«
(Fernando Flores, Santiago de Chile, September 1973)
»Please, I can’t breathe…«
(George Floyds letzte Worte, bevor er am 25. Mai 2020 in Minneapolis von Polizeibeamten ermordet wurde.)
Die Wolfsparabel
Die kleine Deborah
Sitzt am sprudelnden Bergbach
Zwischen zwei hungrigen Wölfen
Ängstlich fragt sie den Rabbi
Welcher Wolf denn siegen werde
Der Rabbi sagt: Der eine Wolf ist voller Hass
Und der andere voller Liebe
Und siegen wird der, den du fütterst
(Eine alte jüdische Volksweisheit)
der erste gedanke ist
wieso hab ich von einer so fettigen wurst geträumt
der zweite geht an die linke wade
der schmerz
aha nur der übliche krampf
also aufstehen
beim schiffen kommt mir in den sinn
die wurst das war wegen der cervelat
vom vortag die stinkt noch aus dem urin
dann kommt der hund
wie geht’s ihm
gestern hatte er eine krise
hechelte appetitlosigkeit
keine lust zum spielen
heute ist er wieder tüchtig gewachsen
und seine ausdrucksmittel haben sich
stark verfeinert
seine knochen verstärkt
und das vlies wird drahtiger jeden tag
dann ein starker kaffee
mocca ohne was darum herum
anschließend zwei drei seiten heidegger
doch das sein und die zeit sind mir zu schwer
in dieser frühen sommermorgenstunde
dann das mittagessen mit helen
besprechen nur keine fette wurst
dann kann der tag anfangen
mit pauken und trompeten.
was ein herz
heutzutage
alles können muss:
suche liebes herz
das gemeinsam angenehme zeit erleben
gedanken austauschen
eventuell ein haus bauen
es mit nachwuchs füllen
und dann an erinnerungen basteln möchte
(w, 31, BE)
chiffre 4582935
später hab ich erfahren
dass mein vater in den kreisen
der intellektuellen
der steppenwolf genannt wurde
fand aber heraus dass
der grund für diesen übernamen
nicht darin bestand dass er dachte
wie der »einsame wolf« bei hesse
sondern dass er wert darauf legte
am stadtrand in sicherer
distanz zu den angehörigen
seiner klasse zu leben
von dort aus konnte er jederzeit
den kirchturm seines
heimatdorfes in der ferne
und die hohen berggipfel sehen
auf die er sich flüchten konnte
so war er gleichzeitig in der nähe
seines arbeitsplatzes und der wiesen
und wälder wo er sich wohlfühlte.
heimatberechtigt rechtsrheinig des stroms
der sankt gallen & graubünden trennt
geboren an der wasserscheide
zwischen rhone & rhein
weitergezogen in die alte keltische
stadt der vier urkulturen
schiffbruch erlitten im mündungsgebiet
zwischen strom & nordsee
zurückgekehrt ins land der vorfahren
dessen tisch verwaist blieb
weggezogen in die linke ecke der schweiz
& in die weißen wüsten des montblanc
mit meiner geliebten frau die sieben plagen
gemeinsam und ohne worte überlebt
durch sanfte familienbande zurückgeholt
auf die grenze zwischen prekariat & bürgertum
im schönsten nördlichen grenzkanton mit den
grauen steinen & den sieben grünen hügeln
einem bächtold durchaus vergleichbar aber nicht
mit zeitmessern handelnd sondern mit sätzen
wie auch ruth blum die sich mit ihrer schnurre
duresetzte im etwas verklemmten schwizerländli
ist mir zwischen mundart & hochdeutsch
kindlicher angst pubertärem hass & liebe
das herz so pumpivoll geworden dass es aufplatzt
unter dem druck von erlebtem & erlittenem
& seinen komplexen inhalt in freien formen & farben
entwickelt auf dass ich das gold das blut das mehl
trage wohin ich es niederlegen will den teig
der geknetet werden muss mit eifer
um daraus entstehen zu lassen an allen ecken & enden
das dringend notwendige brot des hungernden planeten.
wenn wir zusammensaßen
um eine kerze
und ein joint kreiste
hörten wir schritte
die näherkamen
wir bliesen die kerze aus
bis die schritte sich
wieder entfernten
es war nur der nachbar gewesen
it’s strange sagte mike
you can’t see the smoke
in the dark
but you can see
the glow
sagte ich
und es blieb dunkel
in der kellerwohnung
und still rauchten wir weiter.
tag für tag
stehst du dein herz
trotz wind & wetter
das ist alltagspoesie
vom allerfeinsten
und zartesten
mit einem schuss
gebranntem
zur abhärtung:
machtgeschützte
innerlichkeit
an die niemand
rankommt – nicht mal du selbst.
leben auf dem hügel
heißt leben mit den winden
sind sie rau oder sind sie sanft
friert es dich bis auf die knochen
oder wirst du ganz zart
bellen sie lustvoll oder knurren sie bös
werfen sie dich beinah in den graben
fächeln sie seidig oder zerren sie nervös
immer werden sie dich lehren
zu leben & zu sterben
lautlos oder mit getös
irgendwann wird sich alles vereinen
das hundegebell aus dem nachbardorf
der verkehrslärm und die katze
der friede des angelus
der kuss zwischen löwe & schaf
der blick von mensch zu mensch.
an einer ländlichen gemeindeversammlung
wird wieder mal mit großem getöse
über die einbürgerung eines ausländers abgestimmt
und die gegner wehren sich dass sich schon wieder
einer klammern dürfe an die wärmenden
rockschöße des schönen schweizer weilers;
da steht einer auf von altem schrot & korn und
ruft mit donnernder stimme in den saal hinein:
aber wir sind unserer liestaler nun doch schon jenuch!
eccolo: ein bejahrter held auf seinen spaten gestützt
er wartete denn er sprach nur mit der signora
er wusste für jedes problem eine lösung
die einer weitschweifigen und tiefgründigen
erklärung bedurfte aber wie das amen in der kirche
mit einem: nando sa fare tutto endete
dann kam die schwache stimme meiner mutter:
e quanto coschta tutto queschto? ah, signora,
non se n’e occupa: nando fa per lei un buon prezzo
und er streckte seine stupsnase in die luft
wie er sich einen gransignore vorstellte
non aver paura: auch vor lärmbelästigung
musste der kunde keine angst haben
auch wenn er das ganze verrostende arsenal
klappriger maschinen sah die nando auf umwegen
von irgendwoher angeschleppt hatte: nando
macca keine lärm! unkraut ist für nando also
absolut kein problem: un po di questo und ein paar
grammi di quello und schon ist alles kaputt – der rasen inbegriffen,
versteht sich, und die sonnenblumen
wachsen in den himmel …
così è la vita, wo gehobelt wird, da fliegen späne,
in italien genau wie in der schönen schweiz
nel giardino della signora und erst die dimensionen
der magischen früchte: da bricht nando wie durch
zauberhand alle rekorde, mit ein paar körnchen
schießt das gemüse ins kraut und die trauben
werden so dick, blau und groß wie muniseggel
ma chè: nun steht er da, unser nando,
einige jahre später, einige furchen tiefer
im gesicht, gebeugt und er schimpft
er sei gar nicht alt er arbeite schneller
als alle jungen die jetzt diesen ökoquatsch wollen
und biomüesli und biosalat
und pere e lo sparrago biodinamico und regenwassser
sollte er mit der hand auffangen um es den damen
und herren der reichen viertel recht zu machen
povero te: nun scharrt er grummelnd
aus einem haufen erde neben seiner schattigen
bruchbude ein paar dürre karotten aus dem boden
vermischt mit nägeln zigarettenkippen und
präservativen. und das ist noch das heiligste …
nevvero, wir haben ihn beinah nicht erkannt
auf unserem spaziergang durch
unbekannte winkel der stadt
dass er uns erkannt hat gekrümmt hinter einem
schitteren strauch ist ziemlich sicher
aber begrüßt hat er uns nicht:
a presto, nando, ci rivedremo
nel giardino del Signore.
sie kommt aus dem schönen portugal
in die kalte schweiz und muss
gleich mal zwei, drei kinnhaken einfangen
da kann ihr auch ihr mann,
der in der fabrik eine hochspezialisierte
arbeit ausführt, nicht dagegen helfen
wenn die eigenen sie betrügen,
hintergehen und belügen, dann sind
sie machtlos. aber dafür hat sie ja
uns: ihre familie, wie sie sagt,
und ihren mann und jetzt auch noch
einen enkel, und portugal liegt nah –
wenn nur das auto funktionieren würde
das ihr der garagist untergejubelt hat.
jedenfalls bringt sie kiloweise oliven
die besten, die ich kenne, und das öl
daraus in kanistern zu uns.
aber deutsch hat sie kein wort gelernt
will sie nicht, in all den jahren bei dutzenden
von schweizer patroas bei
denen sie katzen- und hundehaare putzt
dafür lesen wir jetzt pessoa im original
und ihre whatsapp mit hunderten von herzchen
die alle etwas bedeuten in diesem new speak
und wenn einmal alles kunterbunt geht
mit telefon, hausglocke, lieferanten
dann sagt sie zu meiner frau nur: no stress mulher!
mal kommt er mal kommt er nicht
mal kommt er gratis mal kostet er
eine goldene nase er trägt dicke grüne
latzhosen und sieht aus wie neil armstrong
auf dem mond mit seinen clogs
und seinen ohrenschutzschalen wenn er
den hundertjährigen mäher donnern lässt
wie schön bei diesem herrlichen wetter
gärtner sein zu dürfen warf ich ihm zu
und er: wir können ja mal tauschen
wenn sie wollen das verdammte berufkraut
da hilft nichts mehr dagegen bis ins
maggiatal haben sich diese invasiven
neophyten festgeklammert
er macht was er will wo und wie und wann
er will wie ein richtiger anarchist und manchmal
da fragt er ob mal ein internationaler anarchistenkongress
unter dem kastanienbaum in der autonomen
republik rebhalde stattfinde dann mache er es
besonders gründlich für die geladenen illustren
gäste aus russland italien spanien und dem
val de travers wo auch er herstammt der wiege
und dem herzen der anarchistischen bewegung
mit dem urknall zwischen marx und bakunin
und dann gibt’s zum chillen duftendes heu
in das wir uns legen und die zeit vergessen
den lärm die hohen löhne corona und
die ganze verfluchte berufkräuterscheiße.
einige sagen sex macht sinnlich
andre behaupten liebe geht durch den magen
wieder andere schwören
auf die wirkung von roten rosen
aber ob die rosen dann auch nicht
zu früh verwelken
hängt von vielen kunststückchen ab
die leider zunehmend vergessen gehn
so schwörte meine großmutter
auf ein unschlagbares rezept
wie sie behauptete und das
nach meiner erinnerung auch florierte:
die lebensdauer von schnittblumen
werde quasi ins unendliche verlängert
wenn man zu beginn einen
fünfräppler in die volle vase werfe
ob der preis wohl nicht aufgeschlagen hat
seit deiner jugendzeit? wagte ich einzuwenden
nein, sagte sie: es ist das kupfer
das die blumen am leben und blühen erhält
also macht es doch die blumen sinnlich.
sie zog vorbei
am saum der wiese
ihr rock war weit
die knie bedeckt
sie war so weit
wie wind & traum
und doch so nah
wie eine hand
die brüste klein
und klug verdeckt
die schmalen beine
weiß und baumwollwarm
die stunde schwieg
der sturm hob an
das blut war still
das auge hell
das band ist voll
so zog sie fort
wie wenn sie es
denn eilig hätt.
ach wie gerne würde ich wieder einmal
das ganze repertoire durchspielen
mit den scheu musternden blicken
dem leichten kopfschütteln: nein
der abweisenden schulterbewegung
mit der zitternden hand auf dem papier
das zu boden fällt der adoleszenten hand
weil der wind es bewegen will
und die sonne schaut nachsichtig
auf die nackten unschuldigen füße
die findlinge im wald bei cresta
sind so heiß dass man darauf gut und gerne
zwei spiegeleier braten könnte
und ein paar cervelats vum riffel
und ein paar speckstreifen dazu
dann die kleinen briefchen zettelchen
kassiber in ritzen am straßenrand
das prickelnde gefühl überrascht zu werden
ihr seid noch viel zu jung für die liebe
alles wieder wie unter wasser und
schwerelos der blick ist weich und suchend
an den rändern der baugruben
im aufstrebenden neubauviertel
zwischen schwankenden grashalmen
mühlebach und schotterbedeckter
holperstraße und dann hinterlassen wir
eine kuhle wie wenn ein regensturm
mal kurz guten tag gesagt hätte die luft
ist flüssig und löscht jeden durst
für das ganze leben und der
letzte tropfen kindheit zergeht
auf den sich kräuselnden
zungenspitzen.
ich sehe was was du auch siehst
augen
ich höre was was du auch hörst
stimmen
ich rieche was was du auch riechst
duft
ich schmecke was was du auch schmeckst
haut
ich spüre was was du auch spürst
uns
ich denke was was du auch denkst
ja
ich fühle was was du auch fühlst
love
die kaktusfeigen meine lieblingsfrüchte
selten und teuer und viele mögen sie nicht
weil sie eine stachlige haut haben
und eine ziemlich harte schale
aber innen sind sie rot und sehr weich
wie ein mund wie ein schoß so smooth
das süßeste was das leben birgt
ist nicht einfach was zum runterschlucken
wenn ihnen das bewusst ist meine damen und herren
dann dürfen sie versuchen die kaktusfeigen zu lieben
auch wenn sie rar sind und stachlig und hart
aber in ihrem herzen rot warm und süß
wie die kunst wie die freundschaft
wie das leben wie das sterben wie der tod.
da lieg ich also platt auf dem rücken
mitten auf einer duftenden wiese
ein schwertgriff ragt mir schräg aus der brust
die klinge hat mein herz in der mitte durchgeschlitzt
und seither klopft das herz wie wahnsinnig denn
auf der klinge ist dein name eingraviert
parallel zur blutrinne mitten in der klinge
steht ein wort aus uralten zeiten
das wort ist der kompass meines lebens
und es heißt glaube liebe hoffnung
das schwert wird in uns drin stecken my love
solange die menschheit besteht
und aus den schweren und dicken tropfen von blut
werden immer wieder neue menschen entstehn
bitte ziehs nicht heraus my love es wäre mein tod
lass es federn in meiner brust so lang und süß
wie du den griff halten kannst ohne zu zittern
bevor ich diesen planeten verlasse my dear
will ich es nochmals mächtig krachen lassen
und dazu brauch ich deine klinge
tief gepflanzt in mein herz bis in die wiese hinunter
und deine hand die den griff hält bis zum knauf
die schärfe deiner klinge gibt mir die power
von den haarwurzeln bis zu den zehn
und den absolut nötigen dauerschnauf
einmal im leben bis ans ende zu gehn.
einen haselstecken schnitt er dann
wie die rindenwunde roch
am wegrand setzte er sich dann und wann
die sonne rot sich hinterm berg verkroch
er schlief auf duftendem alpwiesenheu
gemäht mit geschick überm felsigen band
der morgen weckte ihn mit glocken und tau
er nahm seinen stecken wieder zur hand
die kühe sie zogen wie wogen einher
nach dem kompass des himmelsgestirns
er folgte ihnen wie nebenher
bis zur zunge des eiskalten firns
so verging der sommer und das jahr ging auch
und die bauern holten den räßen käs
aus den dörfern stieg schon der erste rauch
und nach dem hirt griffen alltagskrallen so bös.
beim lehrer plapp stand eine spitzmaschine
fürs bleistiftspitzen eingerichtet
doch wir buben und wir mädchen
fanden schnell einen anderen gebrauch
wir taten als ob wir spitzen wollten
gingen auch nach vorn und drehten
an der kurbel unter großem lärm
und schauten uns nach mädchenaugen um
sobald wir ein solches augenpaar gefunden
das uns bis ins mark durchfuhr
traten wir den rückweg an
und suchten eine heiße spur
auf allen wegen und mäandern
durch das klassenzimmer
bis wir es schafften unser brieflein
hinzulegen mit unschuldiger miene
doch hatte lehrer plapp mit argusaugen
den vorgang seit langem schon im blick
und wie ein adler taucht er aus den lüften
und packt sich das kriminelle stück
und reißt es auf und liest es vor und
fuchtelt mit den armen und grimassiert
und ruft das sei eine ganz dubiose sache
was wir hier machten heimlich und versteckt
denn liebe sei nicht da für unser alter
wir seien ja noch nicht mal trocken
hinter unsern öhrchen und unsre schwänzchen
seien nur zum pissen da
wir waren traurig und vertrösteten uns halt
auf später unsere mathilda ursula und doris
mussten jetzt halt unsre liebesglut entbehren
bis wir erwachsen waren und sie haben durften
und wir bekamen sie oder auch nicht
aber die zeit die steckt mir ewig in den knochen
als wir zu jung zum lieben waren und nicht wussten
was es ist und da hatte plapp schon irgendwo recht.
ein einziger leidenschaftlicher kuss verbraucht
gut & gerne 25 kalorien in der minute
je nach intensität des kusses sind
bis zu 34 gesichtsmuskeln beteiligt
bei einem zungenkuss werden 80 millionen
bakterien ausgetauscht. allerdings können auch
eine ganze reihe von krank machenden
organismen übertragen werden darunter
viren der oberen atemwege wie sars-cov2
aber auch herpes- und epstein-barr-viren
sowie streptokokken und tuberkulosebakterien
und doch und doch
rote lippen soll man küssen
denn zum küssen sind sie da
denn zum schluss ganz zum schluss
da schuf gott der herr den kuss.
ein ehepaar erscheint mit mürrischer miene
zum termin beim friedensrichter
aber was ist denn ihnen beiden
übers leberchen gekrochen?
also erstens möchte ich festhalten
dass ich nur auf den äußersten druck
meiner frau hier erschienen bin
ich habe mich über rein nichts zu beklagen
nun wenn sie schon einmal hier sind
ist es doch ganz vernünftig dass sie
ihre frau mal anhören und ihre frau
gelegenheit hat sie zu hören
also wenn sie mich schon auffordern
gegen die regel ladies first zu verstoßen
dann schildere ich ihnen gerne
meine situation als ehemann:
ich stehe sehr früh auf gehe alle zeitungen
nach günstigen angeboten
im haushaltsbereich durch
das gleiche natürlich auf internet
und wenn meine frau zum frühstück
runterkommt habe ich den ganzen tagesplan
minutiös bis in die kleinsten details
der drei hauptmahlzeiten vorbereitet
und sie, fragte der friedensricher die frau:
ich?