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Sei gut zu dir selbst und achte darauf was deine Seele braucht. Übernimm dich nicht, sei gelassen, akzeptiere dich, wie du bist. Und lebe jeden Tag, als sei er ein Geschenk nur für dich. Höre auf die leise Stimme der Sehnsucht, dann wird dein Leben glücken. In diesem Klassiker spürt Anselm Grün tiefmenschlichen Lebenserfahrungen nach, immer auf den Spuren wahren Glücks: ein Buch für alle Lebenslagen - ganz besonders, wenn der Alltag einmal grau oder allzu turbulent zu werden droht.
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Seitenzahl: 96
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Anselm Grün
Das kleine Buch vom wahren Glück
Herausgegeben von Anton Lichtenauer
Titel der Originalausgabe: Das kleine Buch vom wahren Glück
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2014
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2014
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Umschlaggestaltung: Christina Krutz, Biebesheim am Rhein
E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
ISBN (E-Book): 978-3-451-80425-0
ISBN (Buch): 978-3-451-07180-5
Inhalt
Vorwort
Versöhn dich mit dir selbst – Der Weg zur Herzensruhe
Wenn das Glück zu Besuch kommt – Sei achtsam auf das Wunder
Loslassen – der Königsweg zum Glück – Vergiss dich selbst und werde frei
Unglück oder Glück – Es liegt an uns – Wie aus Krisen Chancen werden
Das Glück breitet sich aus – Liebe geben, Liebe nehmen
Hetze nicht – lebe – Ruhig und gelassen werden
Quellen
Das Märchen von Hans im Glück hat etwas Irritierendes. Da wird einer von allen über den Tisch gezogen, verliert sein ganzes Hab und Gut und steht am Schluss doch nicht als der Dumme, sondern als der Glückliche da. Die Weisheit hinter dieser Geschichte ist weniger für Kinder als für Erwachsene gedacht und heißt: Es gibt keinen festen Wechselkurs zwischen Besitz und persönlichem Glück. Das Konto kann voll und die Seele leer sein. Nichts ist wechselhafter als äußere Umstände.
Die Frage bleibt: Wie macht man sein Glück? Woran liegt es, ob es andauert? Wie hängt das Innere mit dem Äußeren zusammen?
Das Wort „Glück“ kommt nicht oft vor in den Texten dieses Buches. Es wird nichts versprochen. Schnelle Rezepte gibt es nicht. Aber der geheime Schwerpunkt aller Gedanken ist die Überzeugung: Zum Unglücklichsein ist kein Mensch geboren. Nicht zur Angst, nicht zum Leiden an sich selber und an seiner Umgebung. Zur Freude, zur Lust am Leben, zur inneren Freiheit sind wir, eigentlich, bestimmt.
Jeder will ja glücklich sein, am liebsten jetzt gleich und für immer. Keiner, der nicht davon träumt. Wie kommt es aber dann, dass so viele es dabei nur zur Meisterschaft in der Kunst, unglücklich zu sein, gebracht haben? Und dabei tun sie doch pausenlos alles für ihr Glück. Opfern ihre Zeit. Jagen Wunschzielen nach. Wollen es allen recht machen, perfekt sein. Beißen die Zähne zusammen und powern sich durch. Sind versichert gegen jegliches Risiko und offen für alles, was das Leben so bietet.
Anselm Grün fragt: Könnte es sein, dass wir vor etwas davonlaufen, wenn wir so hetzen? Wo ist das innere Feuer, wenn wir uns so ausgebrannt fühlen? Was ist der Grund der grassierenden Langeweile? Und wenn wir uns so schwer tun mit unserem Leben: Was steckt in dem großen, schweren Sack, den wir auf unserem Rücken schleppen und der einen so langen Schatten wirft?
Anselm Grüns Texte handeln oft von inneren Blockaden, von Fallen, die wir uns selber stellen. Er rät, dies zu sehen. Und erst einmal bei uns anzukommen, unsere wirklichen Gefühle und Gedanken wahrzunehmen. Beides sollte man kennen – zu seinem Glück: die eigenen Grenzen, aber auch die eigenen Träume und Sehnsüchte.
Glück ist ein leiser Vogel. Wie der Schlaf oder ein Traum wird er nicht kommen, wenn man ihn ruft. Streck ganz ruhig die Hand aus, und es kann sein, dass er sich darauf niederlässt. Greife nach ihm, und er ist verscheucht. Bewusst und gewollt das Glück anzustreben – das bringt nichts. Glück ist kein Ziel, zu dem man sich durchboxt. Es ist Überraschung, Beigabe.
Glück ist eine sanfte Gabe, die in den Schoß fallen mag. Also gilt: sanft mit sich umgehen. Barmherzig zu sich selber sein. Liebe geben und geliebt werden. Lieben und offen sein für Liebe. Nicht Habenwollen, sondern Hingabe macht lebendig. Und wer dankbar annimmt, was der andere uns schenkt, wird reich. Glück ist ein Geschenk.
Glück fällt einem zu. Ganz zufällig ist es allerdings nicht. Man kann etwas tun – zum Glück. Manchmal muss man sich nur die Augen reiben. Oder die dunkle Brille absetzen, die die Wahrnehmung verdüstert. Auch das gilt: achtsam sein auf das Geheimnis des eigenen Lebens. Bereit sein für unverhofften Besuch – und die Tür vor dem Glück nicht versperren.
Das ist das Paradox: Den inneren Frieden finden wir nicht, indem wir die ganze Welt erobern, sondern in uns selber. Wenn wir uns selber lieben, werden wir liebenswert. Wenn wir etwas ausstrahlen, verwandeln wir auch andere. Wer klammert, verweigert das Glück. Also heißt das: Halte nichts absolut fest. Weder Dinge noch Gefühle, weder Besitz noch Urteile. Auch keine Bilder, weder von dir selber noch von anderen.
Überall dabei sein bringt es nicht. Dasein ist mehr – dasein im eigenen Leben, heute und hier, sich selbst zugewandt und offen für andere, durchlässig für das Traumbild unseres Glücks: „Folge deiner Lebensspur“, sagt Anselm Grün. Diese Spur führt durch den eigenen Alltag – zum Eros der Lebendigkeit, zur Lust am Dasein, zum Bild vom eigenen Leben als traumhaftem Fest. Schon die Vorfreude darauf ist das reinste Glück.
„Der, der ich bin, grüßt wehmütig den, der ich sein möchte.“ Hinter diesem Satz des dänischen Philosophen Kierkegaard steckt eine Erfahrung, die wir alle kennen: Unsere Realität – so wie wir sind – und unser Ideal – unsere Vorstellung davon, wie wir eigentlich sein möchten – klaffen oft genug auseinander. Es ist durchaus verständlich, dass jeder Mensch gern ein Ideal repräsentieren will. Ideale sind im Prinzip auch durchaus positiv, sie haben die Kraft, unser Wachstum herauszufordern; Ideale brauchen wir, damit wir herausgelockt werden aus unseren Bequemlichkeiten. Aber leider identifizieren sich viele mit ihrem Ideal in einem Maß, dass sie nicht mehr den Mut haben, sich erst einmal so anzunehmen, wie sie sind. Sie weigern sich, ihre Realität anzunehmen. Sie meinen, sie seien nur dann beliebt, sie würden nur dann anerkannt von anderen Menschen, wenn sie etwas vorweisen könnten, wenn sie etwas besser könnten als andere. So verschmelzen sie nahezu mit ihrer Idealvorstellung. Viele sind besessen von einem Urmisstrauen, dass sie so, wie sie sind, nicht anerkannt werden. Sie sagen sich: Wenn du wüsstest, wie ich wirklich bin, könntest du mich nicht mehr akzeptieren. Oder: Wenn die Menschen wüssten, wie es in mir ausschaut, welche Fantasien ich habe, dann hätten sie keine Achtung mehr vor mir. Diesem Urmisstrauen nicht zu verfallen, dass ich mich so, wie ich bin, den anderen nicht zumuten möchte, nicht in diese Falle zu tappen, verlangt Demut; es verlangt Mut zur eigenen Wahrheit – und Mut, die eigenen Schattenseiten zu akzeptieren. Es tut schlicht weh. Aber Verleugnung ist kein Weg zum Glück und zum inneren Frieden. Die eigene Wahrheit in aller Demut anzunehmen führt viel eher zur Ruhe des Herzens.
Wer sich zu etwas zwingt und sich dabei selber überfordert, steht seinem eigenen Glück im Wege. Die antike Sagenfigur des Prokrustes ist alles andere als ein Glückssymbol: Prokrustes, jener Wegelagerer, der jeden Wanderer, der bei ihm vorbeikommt, in sein Bett steckt, um ihn diesem Möbel anzupassen. Die zu kurzen Wanderer zieht er mit Gewalt lang, die zu langen hackt er ab. Beide, die kurzen wie die langen, sterben unter dieser Radikalbehandlung. Das Prokrustesbett ist sprichwörtlich geworden: Es steht einmal für zu hohe Ideale, mit denen wir uns überfordern, mit denen wir uns langdehnen und dabei das Leben verlieren, weil wir uns vor lauter Überforderungen letztlich töten. Es steht aber auch dafür, dass wir zu klein von uns denken, dass wir uns ständig nur mit Schuldgefühlen zerfleischen und gering machen; das ist ebenso schädlich wie ein zu hohes Ideal.
„Seid vollkommen“, heißt es in der Bibel. Man muss jedoch genau hinhören, was hier gemeint und gesagt ist. Sicherlich ist nicht der Vollkommenheitswahn der Perfektionisten verlangt. Dieses Wort „vollkommen“, „teleos“ im Griechischen, meint eigentlich vollständig, ganz sein, auf ein Ziel gerichtet sein; das Wort „telos“ kommt aus der Mysteriensprache und bedeutet ursprünglich „eingeweiht werden in das Geheimnis Gottes“. Wenn wir dafür unseren Begriff der Vollkommenheit anwenden, gehen wir an diesem Gehalt vorbei. Die Lateiner haben es schon missverstanden; denn auf sie geht die Übersetzung zurück: „perfecti estote, seid perfekt“. Aber Perfektsein ist etwas anderes als „vollkommen ganz sein“. Jesus interpretiert dieses Wort „vollkommen“ ja mit: „wie euer himmlischer Vater, der seine Sonne über Guten und Bösen scheinen lässt“. Er verbindet beide Pole, Licht und Dunkelheit, das Gute und das Böse.
Die geistliche Tradition kennt das Bild der Himmelsleiter. Der spirituelle Weg ist durchaus einer Leiter vergleichbar, die nach oben führt. Aber diese Leiter ist zugleich auch tief in die Erde eingerammt. Sie führt nur weiter, wenn wir unser Menschsein annehmen. Das ist das christliche Paradox: Wer hinabsteigt, der steigt hinauf. Wer hinaufsteigen möchte, um seiner Erdhaftigkeit zu entrinnen, der wird immer wieder herunterfallen – und mit seinem Vorhaben scheitern. Nichts anderes besagt das Wort Jesu: Wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden, wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden. Oder, wie es der Epheserbrief ausdrückt: Nur der steigt also zum Himmel empor, der zuvor hinabgestiegen ist – auf die Erde oder in seinen eigenen Hades.
Wir können unsere Schwächen und auch unsere Schattenseiten nie ganz eliminieren. Aber wir können lernen, mit ihnen anders umzugehen. Fehler an sich sind ja nicht so schlimm: Wenn wir uns zum Beispiel versprechen, wenn wir uns blamieren, wenn wir etwas vergessen – das ist keine Tragödie. Aber es gibt bei vielen die Tendenz zu sagen: Wenn ich einen Fehler begehe, bin ich nichts wert; dann werde ich abgelehnt. Diese falsche Grundannahme lässt sie geradezu fixiert sein auf ihre Fehler. Die Folge: Man möchte unter allen Umständen Fehler vermeiden. Aber die Erfahrung zeigt: Wer jeden Fehler vermeiden möchte, dem passieren sie erst recht. Wer immer alles kontrollieren möchte, dem gerät sein Leben außer Kontrolle. Zu meinem Menschsein gehört, dass ich Fehler begehen darf. Und genauso gehört dazu, dass ich mit meinen Fehlern und trotz meiner Schwächen angenommen und geliebt werde. Freilich gehört zum Menschsein auch, dass wir an den Fehlern arbeiten, dass wir nicht einfach die Hände in den Schoß legen und sagen: So bin ich, anders könnt ihr mich nicht haben. Aber: Erst wenn ich mich wirklich annehme – und zwar mit meinen Fehlern –, kann ich diesen zweiten Schritt machen und manches zu verbessern suchen. Darauf zielt ja Askese: dass ich mich trainiere, dass ich mich in eine Form bringe, die mir gut tut, dass ich in einen Zustand komme, in dem ich mich frei fühle. Freilich: Auch Askese wird nie dahin führen, dass wir keine Fehler machen; die Fehler werden immer wieder zu uns kommen und mir immer neu zeigen, dass ich Mensch bin und nicht Gott.
Wir leben in einer Welt und in einer Gesellschaft, die Schwächen gegenüber nicht nachsichtig gesinnt ist. Gewiss, es ist notwendig, dass man sich in seinem Beruf bemüht, fehlerfrei zu arbeiten. Aber: In den Betrieben zeigt sich oft auch, dass diejenigen, die absolut keine Fehler begehen wollen, nie etwas Neues schaffen. Manager, die nur fehlerfrei erscheinen wollen, kleben an ihrem Stuhl, am Erhalt ihrer Macht. Sie haben Angst vor dem Neuen. Wer Neues wagen will, macht auch Fehler. Fixierung auf Fehlerfreiheit lähmt – und führt dazu, dass wir nur immer das Alte wiederholen und voller Angst darauf achten, dass uns niemand etwas nachweisen kann. Ich denke: Daran ist der Mangel an Mut und Vertrauen schuld. Eine solche Haltung macht übervorsichtig – und letztlich unglücklich.