Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit - Walter Benjamin - E-Book

Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit E-Book

Walter Benjamin

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Beschreibung

Der zentrale Text der modernen Kultur- und Medientheorie. In seinem bekanntesten Aufsatz beschreibt Walter Benjamin die ästhetischen, sozialen und geschichtlichen Prozesse, die mit der technischen Reproduzierbarkeit von Kunstwerken einhergehen. Die Wahrnehmung von Bildern verändert sich laufend, denn die Darstellung von Wirklichkeiten unterliegt den Reproduktionsmöglichkeiten und -prozessen. Benjamin verfasste diesen Text unter aufreibenden Umständen 1935/36 während seines Exils in Paris. Dieser Aufsatz gehört in den Lesekanon aller an Kunstgeschichte und -theorie Interessierten. Walter Benjamin nahm sich auf der Flucht vor der Gestapo das Leben. Null Papier Verlag

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Seitenzahl: 65

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Walter Benjamin

Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit

Dritte, autorisierte letzte Fassung, 1939

Walter Benjamin

Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit

Dritte, autorisierte letzte Fassung, 1939

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2024Klosterstr. 34 · D-40211 Düsseldorf · [email protected] 2. Auflage, ISBN 978-3-954187-83-6

null-papier.de/katalog

Inhaltsverzeichnis

Vor­wort

I

II

III

IV

V

VI

VII

VIII

IX

X

XI

XII

XIII

XIV

XV

Nach­wort

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Die Be­grün­dung der schö­nen Küns­te und die Ein­set­zung ih­rer ver­schie­de­nen Ty­pen geht auf eine Zeit zu­rück, die sich ein­grei­fend von der uns­ri­gen un­ter­schied, und auf Men­schen, de­ren Macht über die Din­ge und die Ver­hält­nis­se ver­schwin­dend im Ver­gleich zu der uns­ri­gen war. Der er­staun­li­che Zu­wachs aber, den un­se­re Mit­tel in ih­rer An­pas­sungs­fä­hig­keit und ih­rer Prä­zi­si­on er­fah­ren ha­ben, stellt uns in na­her Zu­kunft die ein­grei­fends­ten Ver­än­de­run­gen in der an­ti­ken In­dus­trie des Schö­nen in Aus­sicht. In al­len Küns­ten[WS 1] gibt es einen phy­si­schen Teil, der nicht län­ger so be­trach­tet und so be­han­delt wer­den kann wie vor­dem; er kann sich nicht län­ger den Ein­wir­kun­gen der mo­der­nen Wis­sen­schaft und der mo­der­nen Pra­xis ent­zie­hen. We­der die Ma­te­rie, noch der Raum, noch die Zeit sind seit zwan­zig Jah­ren, was sie seit je­her ge­we­sen sind. Man muß sich dar­auf ge­faßt ma­chen, daß so große Neue­run­gen die ge­sam­te Tech­nik der Küns­te ver­än­dern, da­durch die In­ven­ti­on selbst be­ein­flus­sen und schließ­lich viel­leicht dazu ge­lan­gen wer­den, den Be­griff der Kunst selbst auf die zau­ber­haf­tes­te Art zu ver­än­dern.

Paul Valéry: Piè­ces sur l’art. Pa­ris [o. J.], p. 103/104 (»La con­quête de l’u­bi­quité«).

Vorwort

Als Marx die Ana­ly­se der ka­pi­ta­lis­ti­schen Pro­duk­ti­ons­wei­se un­ter­nahm, war die­se Pro­duk­ti­ons­wei­se in den An­fän­gen. Marx rich­te­te sei­ne Un­ter­neh­mun­gen so ein, daß sie pro­gno­s­ti­schen Wert be­ka­men. Er ging auf die Grund­ver­hält­nis­se der ka­pi­ta­lis­ti­schen Pro­duk­ti­on zu­rück und stell­te sie so dar, daß sich aus ih­nen er­gab, was man künf­tig­hin dem Ka­pi­ta­lis­mus noch zu­trau­en kön­ne. Es er­gab sich, daß man ihm nicht nur eine zu­neh­mend ver­schärf­te Aus­beu­tung der Pro­le­ta­ri­er zu­trau­en kön­ne, son­dern schließ­lich auch die Her­stel­lung von Be­din­gun­gen, die die Ab­schaf­fung sei­ner selbst mög­lich ma­chen.

Die Um­wäl­zung des Über­baus, die viel lang­sa­mer als die des Un­ter­baus vor sich geht, hat mehr als ein hal­b­es Jahr­hun­dert ge­braucht, um auf al­len Kul­tur­ge­bie­ten die Ver­än­de­rung der Pro­duk­ti­ons­be­din­gun­gen zur Gel­tung zu brin­gen. In wel­cher Ge­stalt das ge­sch­ah, läßt sich erst heu­te an­ge­ben. An die­se An­ga­ben sind ge­wis­se pro­gno­s­ti­sche An­for­de­run­gen zu stel­len. Es ent­spre­chen die­sen An­for­de­run­gen aber we­ni­ger The­sen über die Kunst des Pro­le­ta­ri­ats nach der Machter­grei­fung, ge­schwei­ge die der klas­sen­lo­sen Ge­sell­schaft, als The­sen über die Ent­wick­lungs­ten­den­zen der Kunst un­ter den ge­gen­wär­ti­gen Pro­duk­ti­ons­be­din­gun­gen. De­ren Dia­lek­tik macht sich im Über­bau nicht we­ni­ger be­merk­bar als in der Öko­no­mie. Da­rum wäre es falsch, den Kampf­wert sol­cher The­sen zu un­ter­schät­zen. Sie set­zen eine An­zahl über­kom­me­ner Be­grif­fe -- wie Schöp­fer­tum und Ge­nia­li­tät, Ewig­keits­wert und Ge­heim­nis -- bei­sei­te -- Be­grif­fe, de­ren un­kon­trol­lier­te (und au­gen­blick­lich schwer kon­trol­lier­ba­re) An­wen­dung zur Ver­ar­bei­tung des Tat­sa­chen­ma­te­ri­als in fa­schis­ti­schem Sinn führt. Die im fol­gen­den neu in die Kunst­theo­rie ein­ge­führ­ten Be­grif­fe un­ter­schei­den sich von ge­läu­fi­ge­ren da­durch, daß sie für die Zwe­cke des Fa­schis­mus voll­kom­men un­brauch­bar sind. Da­ge­gen sind sie zur For­mu­lie­rung re­vo­lu­tio­närer For­de­run­gen in der Kunst­po­li­tik brauch­bar.

I

Das Kunst­werk ist grund­sätz­lich im­mer re­pro­du­zier­bar ge­we­sen. Was Men­schen ge­macht hat­ten, das konn­te im­mer von Men­schen nach­ge­macht wer­den. Sol­che Nach­bil­dung wur­de auch aus­ge­übt von Schü­lern zur Übung in der Kunst, von Meis­tern zur Ver­brei­tung der Wer­ke, end­lich von ge­winn­lüs­ter­nen Drit­ten. Dem ge­gen­über ist die tech­ni­sche Re­pro­duk­ti­on des Kunst­wer­kes et­was Neu­es, das sich in der Ge­schich­te in­ter­mit­tie­rend, in weit aus­ein­an­der­lie­gen­den Schü­ben, aber mit wach­sen­der In­ten­si­tät durch­setzt. Die Grie­chen kann­ten nur zwei Ver­fah­ren tech­ni­scher Re­pro­duk­ti­on von Kunst­wer­ken: den Guß und die Prä­gung. Bron­zen, Ter­ra­kot­ten und Mün­zen wa­ren die ein­zi­gen Kunst­wer­ke, die von ih­nen mas­sen­wei­se her­ge­stellt wer­den konn­ten. Alle üb­ri­gen wa­ren ein­ma­lig und tech­nisch nicht zu re­pro­du­zie­ren. Mit dem Holz­schnitt wur­de zum ers­ten Male die Gra­phik tech­nisch re­pro­du­zier­bar; sie war es lan­ge, ehe durch den Druck auch die Schrift es wur­de. Die un­ge­heu­ren Ver­än­de­run­gen, die der Druck, die tech­ni­sche Re­pro­du­zier­bar­keit der Schrift, in der Li­te­ra­tur her­vor­ge­ru­fen hat, sind be­kannt. Von der Er­schei­nung, die hier in welt­ge­schicht­li­chem Maß­stab be­trach­tet wird, sind sie aber nur ein, frei­lich be­son­ders wich­ti­ger Son­der­fall. Zum Holz­schnitt tre­ten im Lau­fe des Mit­tel­al­ters Kup­fer­stich und Ra­die­rung, so­wie im An­fang des neun­zehn­ten Jahr­hun­derts die Li­tho­gra­phie.

Mit der Li­tho­gra­phie er­reicht die Re­pro­duk­ti­ons­tech­nik eine grund­sätz­lich neue Stu­fe. Das sehr viel bün­di­ge­re Ver­fah­ren, das die Auf­tra­gung der Zeich­nung auf einen Stein von ih­rer Ker­bung in einen Holz­block oder ih­rer Ät­zung in eine Kup­fer­plat­te un­ter­schei­det, gab der Gra­phik zum ers­ten Mal die Mög­lich­keit, ihre Er­zeug­nis­se nicht al­lein mas­sen­wei­se (wie vor­dem) son­dern in täg­lich neu­en Ge­stal­tun­gen auf den Markt zu brin­gen. Die Gra­phik wur­de durch die Li­tho­gra­phie be­fä­higt, den All­tag il­lus­tra­tiv zu be­glei­ten. Sie be­gann, Schritt mit dem Druck zu hal­ten. In die­sem Be­gin­nen wur­de sie aber schon we­ni­ge Jahr­zehn­te nach der Er­fin­dung des Stein­drucks durch die Pho­to­gra­phie über­flü­gelt. Mit der Pho­to­gra­phie war die Hand im Pro­zeß bild­li­cher Re­pro­duk­ti­on zum ers­ten Mal von den wich­tigs­ten künst­le­ri­schen Ob­lie­gen­hei­ten ent­las­tet, wel­che nun­mehr dem ins Ob­jek­tiv bli­cken­den Auge al­lein zu­fie­len. Da das Auge schnel­ler er­faßt, als die Hand zeich­net, so wur­de der Pro­zeß bild­li­cher Re­pro­duk­ti­on so un­ge­heu­er be­schleu­nigt, daß er mit dem Spre­chen Schritt hal­ten konn­te. Der Fil­m­ope­ra­teur fi­xiert im Ate­lier kur­belnd die Bil­der mit der glei­chen Schnel­lig­keit, mit der der Dar­stel­ler spricht. Wenn in der Li­tho­gra­phie vir­tu­ell die il­lus­trier­te Zei­tung ver­bor­gen war, so in der Pho­to­gra­phie der Ton­film. Die tech­ni­sche Re­pro­duk­ti­on des Tons wur­de am Ende des vo­ri­gen Jahr­hun­derts in An­griff ge­nom­men. Die­se kon­ver­gie­ren­den Be­mü­hun­gen ha­ben eine Si­tua­ti­on ab­seh­bar ge­macht, die Paul Valéry mit dem Satz kenn­zeich­net: »Wie Was­ser, Gas und elek­tri­scher Strom von weit­her auf einen fast un­merk­li­chen Hand­griff hin in un­se­re Woh­nun­gen kom­men, um uns zu be­die­nen, so wer­den wir mit Bil­dern oder mit Ton­fol­gen ver­se­hen wer­den, die sich, auf einen klei­nen Griff, fast ein Zei­chen ein­stel­len und uns eben­so wie­der ver­las­sen«.,1 Um neun­zehn­hun­dert hat­te die tech­ni­sche Re­pro­duk­ti­on einen Stan­dard er­reicht, auf dem sie nicht nur die Ge­samt­heit der über­kom­me­nen Kunst­wer­ke zu ih­rem Ob­jekt zu ma­chen und de­ren Wir­kung den tiefs­ten Ver­än­de­run­gen zu un­ter­wer­fen be­gann, son­dern sich einen ei­ge­nen Platz un­ter den künst­le­ri­schen Ver­fah­rungs­wei­sen er­ober­te. Für das Stu­di­um die­ses Stan­dards ist nichts auf­schluß­rei­cher, als wie sei­ne bei­den ver­schie­de­nen Ma­ni­fes­ta­tio­nen -- Re­pro­duk­ti­on des Kunst­werks und Film­kunst -- auf die Kunst in ih­rer über­kom­me­nen Ge­stalt zu­rück­wir­ken.

Paul Valéry: Piè­ces sur l’art. Pa­ris (o. J.) p. 105 (»La con­quête de l’u­bi­quité«).  <<<

II

Noch bei der höchst­vollen­de­ten Re­pro­duk­ti­on fällt ei­nes aus: das Hier und Jetzt des Kunst­werks -- sein ein­ma­li­ges Da­sein an dem Orte, an dem es sich be­fin­det. An die­sem ein­ma­li­gen Da­sein aber und an nichts sonst voll­zog sich die Ge­schich­te, der es im Lau­fe sei­nes Be­ste­hens un­ter­wor­fen ge­we­sen ist. Da­hin rech­nen so­wohl die Ver­än­de­run­gen, die es im Lau­fe der Zeit in sei­ner phy­si­schen Struk­tur er­lit­ten hat, wie die wech­seln­den Be­sitz­ver­hält­nis­se, in die es ein­ge­tre­ten sein mag.1 Die Spur der ers­te­ren ist nur durch Ana­ly­sen che­mi­scher oder phy­si­ka­li­scher Art zu för­dern, die sich an der Re­pro­duk­ti­on nicht voll­zie­hen las­sen; die der zwei­ten ist Ge­gen­stand ei­ner Tra­di­ti­on, de­ren Ver­fol­gung von dem Stand­ort des Ori­gi­nals aus­ge­hen muß.