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Theo, ein Mann auf dem Weg zu seinem neuen Job. Eine Kreuzung, an der er sich entscheiden muss: 3 Möglichkeiten, 3 Lebenswege, 3 Geschichten. Durch Labyrinthe, Wälder und die graue Großstadt. Welcher Weg ist der richtige? Was wird er unterwegs finden? Und wie groß ist seine Entscheidungsfreiheit wirklich?
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Wir alle haben Unrecht und machen Dinge falsch. Wir wissen nicht, wo es hinzugehen hat. Aber manchmal spüren wir, dass wir uns verlaufen haben. Das Leben scheint sich uns abgewandt zu haben. Wohin sollen wir gehen? Hierhin oder dorthin? Die Meinungen unterscheiden sich, doch die Unwissenheit bleibt und mit ihr die Unsicherheit. Wir starren in die haarige Dunkelheit, wir leiden unter dem Anblick, aber es gibt nichts anderes. Wir schauen aufs Maurerdekolleté des Lebens und mit ein bisschen Glück sind wir fähig, uns wenigstens ein bisschen darüber zu amüsieren.
Darum geht es: Ein gemeinsames Leben, in dem wir uns verlaufen haben.
Eine Inhaltswarnung befindet sich am Ende des Buches.
Einen Apfel, Papiere und das Einladungsschreiben verstaute Theo sorgfältig in der Tasche. Er fühlte sich gut. Seine Kleidung war neu und sauber, die Haare gekämmt, die Fingernägel gereinigt und sein erster Job wartete auf ihn. Was genau er dort zu tun hätte, wusste er nicht. Er hatte am Telefon vor lauter Aufregung vergessen zu fragen. Immerhin hatte er eine Wegbeschreibung in der Tasche. Ordentlich zusammengefaltet. Theo hatte sie selbst angefertigt. Eine kleine Zeichnung und einige Pfeile: links, rechts, geradeaus. Sein Ziel war nicht weit entfernt, nicht schwer zu finden.
Ein kleines Problem trat jedoch auf. Er hätte an der Ampel vorm Haus die Straße überqueren müssen, doch war diese ausgeschaltet und ein unsympathischer Mann schraubte daran herum. Theo überlegte, ob er nicht einfach herübergehen sollte, ließ es aber bleiben, da ihm der Verkehr zu heftig schien. Brummend schossen kleine und große Autos vorbei. Von außen konnte man kaum erkennen, was in ihnen vorging. Er versuchte hineinzusehen, während er die nächsten Schritte plante. Sie rasten vorbei mit getönten Scheiben. Manche Fahrer trugen Sonnenbrillen. Wie ein reißender Fluss strömte der Verkehr vorbei.
Unsicher fragte Theo den Bauarbeiter, wo er denn über die Straße käme. Dieser blickte ihn gar nicht erst an, zuckte mit den Schultern und deutete unbestimmt in Richtung der nächsten Kreuzung. Dennoch bedankte sich Theo brav und lief los.
Um den ursprünglichen Richtungsanweisungen noch folgen zu können, achtete er von Anfang an auf sämtliche Abweichungen und prägte sie sich ein. Ein paarmal zusätzlich abbiegen zu müssen, sollte kein großes Problem darstellen. Außerdem hatte man ihm am Telefon keine genaue Uhrzeit mitgeteilt, sondern nur ein Datum. Eile war nicht geboten.
Noch immer entspannt und fröhlich näherte sich Theo der nächsten Ampel, die zwar nicht über die gewünschte Straße führte, aber über eine andere, die sie kreuzte. Auf der gegenüberliegenden Seite sah er bereits den Übergang, den er suchte. Konzentriert auf das Etappenziel übersah er ein Schild, an dem er vorüberging: Achtung! Baustelle.
Es dauerte einen Moment, bis er realisierte, dass er in eine Fußgängerspur geleitet wurde, die auf beiden Seiten durch Absperrungen begrenzt wurde. Zunächst führte die Spur nämlich auf die erste Ampel zu, doch machte sie unerwartet einen Knick nach rechts. Hinter der Absperrung klaffte ein Loch im Boden, dem der Weg auswich. Nach einigen Metern müsste er wieder auf die Ampel zusteuern, dachte sich Theo. Doch wiederum machte der Weg einen Rechtsknick und führte eine Weile parallel zu jener Spur, auf der Theo hergekommen war. Er blieb stehen, um sich zu orientieren.
Noch wusste er, in welche Richtung er zu gehen hatte, um sein Ziel zu erreichen. Über die Straße, von der ihn die Absperrung trennte, am besten an einem Fußgängerüberweg, denn es herrschte reger Verkehr, dann nach links, an einer funktionierenden Ampel über die Straße, die er ursprünglich überqueren wollte und die diejenige, an der er stand, kreuzte, einige Meter zurück, bis er die defekte Ampel gegenüber seiner Wohnung auf der anderen Straßenseite erreichte, und dann den Anweisungen auf dem Zettel folgen.
Wieder setzte sich Theo auf dem vorgegebenen Pfad in Bewegung und freute sich über eine Gabelung, die ihm die Chance gab, entweder weiter geradeaus zu gehen oder seitlich in einen anderen Weg einzuscheren. Geradeaus führte der Weg ungefähr in Richtung seiner Wohnung, schien aber vor einem der Nachbarhäuser zu enden. Nach Hause wollte Theo noch nicht wieder und bereits die Annäherung an sein Haus fühlte sich für ihn wie Aufgeben an. Entsprechend erschien es ihm logisch, abzubiegen und parallel zu jener Straße zu laufen, die sich kreuzte mit derjenigen, die er eigentlich zu überqueren hatte. Theo musste bloß die wenigen Meter zu dieser einen Straße hinter sich bringen, sie überqueren, dann wieder einige Meter zurück, über die Ampel, an der Straße entlang und seinem Zettel folgen. Noch immer kein Problem. Doch der Weg endete. Theo war in eine Sackgasse gelaufen, umringt von Absperrungen.