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Muster sind Mütter und Väter der Ordnung. Aber auch unbarmherzige Sklavenhalter des Bisherigen. Das Neue kommt trotz der Vorgaben, ringt mit dem Bisherigen. Raphael erkundet die Optionen in einer visionären Bilderabfolge.
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Seitenzahl: 19
Das Muster I
Träume
Die endlose Perlenkette der Gründe
Vergänglichkeit und Ewigkeit - eine sprachliche Meditation in zehn Schritten
Die Streichholzschachtel
Das lebende Denkmal
Die Ballett-Gärten der geschlüpften Küken
Eisenbahn-Monotonie
Die Perfektion
Die Erde aus Stein
Akkorde
Gelegenheiten und Zufall
Der Alptraum der Freiheiten und das Verbot der Zwänge
Das Muster II
Kaum kommt der erste Wind
verliert sich die Prägung im Staub
flüchtig wie der Gedanke
und vergänglich wie die Erinnerung
Nur diese Blitze ohne Ziel
die den Abendhimmel unterschreiben
wie Maler ihre Leinwand
kennen noch den Namen der Künstler
Im Nachhall blendet kurz
noch das Zickzackbild ihrer Lichter
erlischt vergessen
auf dem Irishintergrund
als wäre nie etwas geschehen
Raphael hatte den Traum eines anderen Menschen geträumt. Die Brutalität dieses Unbekannten schmerzte und dessen Traumhandlungen weckten ihn verwirrt auf. Er fühlte sich zutiefst schuldig, fühlte für das, was er nie getan hatte und nie tun würde.
Er dachte daran, wie es war, Teil einer summenden Menschheit zu sein. Dabei fand er diese Erfahrung unerträglich schmerzhaft. Als Peinlichkeit und Leid erschien sie ihm, weil Jemand aus der Menschheit so tief gefallen war.
Dieses Eintauchen in das Bad der summenden Menschheit zog ihn in den Abgrund des Verbrechertums.
Dabei konnte er niemanden kundtun, was ihm widerfuhr. Es half auch nicht, den anderen Menschen dieses Erlebnis nahezubringen, mit vielen beschreibenden Worten in ein Schaufenster des Lebens zu rufen und es dort an Stricken gebunden, als abschreckendes Beispiel an einen gedanklichen Pranger zu binden. Das Gegenteil des Erhofften geschah.
Raphael zog nur den Hass auf sich, die Entblößung seiner Seele wurde als Scham und Schande gesehen, die er über die Menschheit brachte. Ihm widerfuhr eine unbegründete, harte Ablehnung als der Künder, der mehr wusste als sie.
Denn er stellte ihre selbstgefällige, aber illusionäre Existenz in Frage, dieses plötzliche Zerreißen ihrer Geborgenheit glich einer kollektiven Majestätsbeleidigung.
Am Ende des gedanklichen Tages, wenn die Klarheit des Verstehens der Tumbheit der körperlichen Säfte die Empfindung verwässerte, erwiesen sich seine unschuldig vorgetragenen Bedenken als eine gesellschaftliche Demontage des Seins, für die er Buße leisten sollte.