Das Narrenschiff reloaded - Fritz Erich Anhelm - E-Book

Das Narrenschiff reloaded E-Book

Fritz Erich Anhelm

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Beschreibung

1494 veröffentlichte Sebastian Brant "Das Narrenschiff". Eine Zeitenwende kündigte sich an. "Das Narrenschiff reloaded" nimmt diese Form des Narrenspiegels auf und füllt sie mit aktuellen Inhalten. Satirisch pointiert steuern 112 Kapitel aus geknittelten Versen mitten in Verhaltensweisen und heutige Problemlagen. Was ist nicht zukunftsfähig? Was soll Bestand haben? Friedlicheres Zusammenleben, gerechteres Teilen und Verantwortung für die Natur setzen Kontrapunkte zu Machtgehabe, Vorteilssucht und Ignoranz.

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Zu nutz vnd heylsamer ler

vermanung vnd ervolgung der wysheit

vernunfft vnd guter sytten:

Ouch zu verachtung vnd straff der narheyt

blintheyt yrrsal vnd dorheit

all stat vnd geschlecht der menschen …

Zum Nutzen und heilsamer Lehre,

Ermahnung und Erkenntnis der Weisheit,

Vernunft und guter Sitten:

Auch zu Ächtung und Tadel der Narrheit,

Blindheit, Verirrung und Torheit

des ganzen menschlichen Geschlechts.

Aus: Ein vorred in das narren schyff

Sebastian Brant, 1494

INHALT

Vorrede

Nützlicher Feind

Stückwerk

Grenzüberschreitung

Werbeträger

Die Kinder und das Himmelreich

Redestrom

Im Hass vernetzt

Begriffsbingo

Bloße Existenz

Lob der Schöpfung

Falsche Freunde

Mieser Erfolg

Narrenlust

Elegie der Narren

Selbst verkohlt

Autonom Fahren

Storno für Porno

Bootsflüchtlinge

Die Qual der Wahl

Bildungskrämerei

Leben 2.0

Gutmenschen

Funktion und Moral

Falsche Propheten

Blinde Gier

Kinderträume

Lebenswissenschaft

Asylpolitik

Arbeitsschutz

Politische Willensbildung

Mondlandung

Mondäner Stress

Dunkelnetz

Entwicklungsversprechen

Willfährige Justiz

Vom Okzident und Orient

Selbstbetrug

Smarte Narren

Plastikwahn

Tugendhaftes Ego

Intelligente Software

Woodstock

Morbider Mythos

Narrenparcours

Menschenverächter

Auf Tour

Her und hin

Gewissheit

Der subjektive Faktor

Kein Pardon

Bohren dicker Bretter

Politisches Kalkül

Kern der Drohung

Lebenskunst

Geiz und Gier

Weihnachtsmarkt

Narrenhüte

Ozonloch

Hysteresiseffekt

Landnahme

Revolution

Mutation

Echtzeit

Medienwelten

Stellvertreterkriege

Milieus

Ambivalenter Habitus

Verbrechen gegen Menschlichkeit

Zweifel first

Ach, Europa!

Denkmale

Zahlenspiele

Digitale Logik

An Chefetagen

Corona

Widerspruch

Corpus Christi

Geopolitik

Frühling

Schwarzes Loch

Gesundheitsökonomie

Weich und Hart

Selbstoptimierung

Anthropozän

Reibung

Spiel im Spiel

Follower

Artenvielfalt

Blue Moon

Freitage für Zukunft

Illiberale Freiheit

Beraternarren

Narrenparadox

Mensch und Mythos

Vom Ganzen und dem Teilen

Kinder

Volksparteienstaat

Form und Inhalt

Menschenwürde

Warenkorb

Traumschiffe

Event

Ränkespiele

Pfadabhängig

Tierfabriken

Silikon Valley

Kairos

Vom Diskurs

Rassismus

Motive beim Schreiben

Zukunft

Dreierlei Weise

Nachrede

VORREDE

Es war der Herr Sebastian Brant,

der einst das Narrenschiff erfand.

Was ihm an seiner Welt missfiel,

verdichtet er höchst diffizil.

Ein Humanist von altem Schlag

beschrieb, was ihm im Magen lag.

Dazu nahm er den spitzen Stift,

der Narren durch Satire trifft.

Was arm an Tugend und Verstand,

hat er aufs Narrenschiff verbannt.

Was weise schien, mit Sinn begabt,

wird hoch gehalten, wie gehabt.

Entdeckt wird nicht die neue Welt,

die sich schon aus der Schale pellt.

Brant reist in ein vertrautes Land,

nennt Narragonien es, mokant.

Als Kompass dient der gute Christ,

der eben auch ein Mensch nur ist,

in seiner ganzen Kläglichkeit

beim Aufbruch in die neue Zeit.

Als Narr sah Doktor Brant sich auch,

nimmt viele andre in Gebrauch.

Denn als Apostel der Moral

bereitet er den Narren Qual.

Er ist Jurist, der reimend beißt,

ein Realist mit wachem Geist.

Er bringt die Zeit auf seinen Punkt.

Ob das bei Narren wirklich funkt,

das sah er skeptisch mit Distanz.

Doch ihm gebührt der Lorbeerkranz

frühneuhochdeutscher Versekunst.

Die zehrt auch von antikem Dunst,

verehrt Horaz als Dichterfürst,

der maßvoll seine Verse würzt,

wobei durch hübsche Blüten sprießt,

was Römern die Leviten liest.

Horaz war Vorbild. Auf Latein

sog er der Griechen Weisheit ein.

Der Strom von Mythen sie umspült,

bis sich der Narr begossen fühlt.

Brant spornte dies zur Prüfung an,

ob man auf Deutsch erklären kann,

wer da die Narrenkappe trägt

und so am Baum der Tugend sägt.

Die Wirkung, sie war epochal.

Das Buch, verkauft in großer Zahl,

man reichte es von Hand zu Hand.

Europaweit war es bekannt

und riss die Narren aus dem Schlaf.

Erst Werther es dann übertraf.

Die Ehre wird mir nicht zuteil.

Nur aufgewärmt biet ich es feil.

Brants Buch, im Antiquariat,

lag, wie mir schien, für mich parat.

Ich schlug es auf und las mit Lust,

erst oberflächlich, unbewusst,

welch Spiegelbild sich mir da bot.

Ich las von Sünde, Dummheit, Tod.

Es regte sich auch Widerspruch.

Denn ich verspürte den Geruch

des Moders der Vergangenheit

und manchen Hauch von Eitelkeit.

Doch ahnte ich, dem Trotz zum Trotz,

vor mir, da lag ein dicker Klotz.

Seither er mir am Halse hängt,

hat immer wieder mich bedrängt.

Ja, ich bin nicht Sebastian Brant,

der einst das Narrenschiff erfand.

Doch Folgen hatte der Besuch

in dem berühmten Narrenbuch.

Es reizte mich und trieb mich um.

Das Narrenschiff fährt noch herum,

bis heute. Und an Bord vereint,

da streitet Freund sich mit dem Feind.

Das Schiff kreuzt nun fast autonom

und schlingert im Gezeitenstrom.

Die Narren, scheint mir, wurden mehr,

berauschen sich an dem Verzehr

von Mutter Erde. Vater Mond

schaut zu, als sei er das gewohnt.

Er lächelt noch zur Narretei,

summt leis dazu sein Lullaby.

Man fragte mich: Wer ist ein Narr?

Definition scheint mir zu starr.

Ich such nach Haltung, Orte auf,

wo Narren feiern Stapellauf

für ihr modernes Narrenschiff

und denken nicht ans nächste Riff.

Sieht einer sich im Spiegel dann,

kommt meine Botschaft sicher an.

Wenn anders ihm sein Bild erscheint,

so fühlt er doch: Er ist gemeint.

Ein Narr, wer nur noch funktioniert.

Ein zweiter auf Rendite stiert.

Noch einer, der die Drohnen lenkt.

Ein vierter, der die Zeit verdrängt.

Ein fünfter, der im Dschungel holzt.

Ein sechster, der die Bälle bolzt.

Ein siebter, der an Börsen zockt.

Ein achter blind am Bildschirm hockt.

Ein neunter, zehnter und so weiter

turnt munter auf der Narrenleiter.

Wer kennt da wirklich seinen Ort,

im Strom bewegt von hier nach dort?

Das Navi hält den Kurs genau,

weiß aber nichts vom nächsten Gau.

Oft eingestellt auf schmalen Grat

sucht Wissenschaft nach gutem Rat

bei dem, der zahlt und Fragen stellt.

Der kritischen fehlt meist das Geld.

Die Religionen sind verbrannt

vom Abend- bis zum Morgenland.

Und säkular bleibt Politik

kaum mehr als Machtkalkül im Blick.

Der Schatz der Weisheit ist verpönt,

und wird gar süffisant verhöhnt.

Die Narrenwelt lebt paradox.

Doch wen das freut, der ist der Ochs.

Die Mühe, sie war nicht gering,

das Körnchen Wahrheit, das ich fing,

seriös im Inhalt, klar in Form,

zu setzen gegen Alltagsnorm.

Ich meide Comedy und Schwank.

Banales macht mich eher krank.

Das Narrenschiff, auf dem ich fahr,

ist nicht Fiktion und leider wahr.

Doch auf ihm spiegelt sich die Welt

in dem, was mir ins Auge fällt.

Den Anderen fällt andres ein.

Kein Narr fährt auf dem Schiff allein.

(1)

Ist ein Feind dem Feind noch feind,

wenn beider Handeln sich vereint?

Ein Schein ist nicht, was er so scheint.

Nützlicher Feind

Wer Narrenhaufen aufgerührt

mit Wortgewalt in Schlachten führt,

bedient sich ihrer heißen Wut.

Doch insgeheim zieht er den Hut

vor einem Feind, der dadurch nützt,

dass er die Wut noch unterstützt.

Denn das erlaubt, was ohnehin

schon lang beflügelt seinen Sinn.

Nur bisher schien es nicht kommun.

Der Feind macht es nun opportun.

Er mutiert nicht gleich zum Freund.

Doch was die Köpfe rötet, bräunt,

rührt reziprok im selben Brei.

Die Feindschaft wird zur Kumpanei.

Die Feinde, oft im Doppelpack,

sie dreschen auf den gleichen Sack.

Gemeinsam ist der Sündenbock.

Der liefert Übel stets en bloc.

Durch unterstellte Niedertracht

wird er zur Hassfigur gemacht.

Zurzeit sind Flüchtlinge das Ziel.

Da sind auch wenige zu viel.

Doch die gefühlte Wirklichkeit,

sie fördert Missgunst und weckt Neid.

Der Sündenbock wird ausgeschifft

bis man den Feind noch übertrifft.

Sind auch die Fakten halb nur wahr,

es winkt vermeintlich Honorar

von Wählerstimmen als der Reiz

beim Schüren dieses Flüchtlingsstreits.

Der Narr, der in den Chor einstimmt,

wird straff auf das Kalkül getrimmt,

was Menschenrechte grob verletzt,

weil es die Schwächeren verhetzt.

(2)

Nie hat der Narr so viel gewusst.

Doch das ist nicht nur reine Lust.

Denn es befördert manchen Frust.

Stückwerk

Einst räumte Enzyklopädie

auf mit des Geistes Anarchie.

Wer heut auf solche Hilfe traut,

der hat sehr oft auf Sand gebaut.

Zwar steht viel Wissenschaft bereit,

doch mit geringer Halbwertzeit.

Per Wiki und durch viele Apps,

da wühlst du dich von Tab zu Tabs.

Portale, Plattformen zumal,

sie nerven dich in großer Zahl.

Und speicherst du einmal getrost,

ist das Gefundene vermoost,

auch wo Erkenntnis es verhieß

und sich als letzter Schrei anpries.

Du rettest dich durch Selektion

und hoffst, du triffst mal einen Ton,

der dich in kakophoner Zeit

aus Überforderung befreit.

Da wartet leider gleich ein Nerd,

und setzt dich auf das falsche Pferd.

Woher das kommt, ist unbekannt

wie einst die unsichtbare Hand,

die ja vermeintlich das anrührt,

was uns durch die Geschichte führt.

Durch Algorithmen aufgeschreckt,

hat diese Hand sich nun versteckt.

Sie wartet, bis der Technikboom

verliert an Kraft und Eigenruhm.

Der Fortschritt, den er dir verspricht,

an Wirklichkeit zu oft zerbricht.

In Echokammern, unbemerkt,

hat sich der Hype enorm verstärkt,

auch wenn kein Kapitän mehr weiß,

wer da wem folgt, auf wes Geheiß.

(3)

Der Narr, der Grenzen überschritt,

behindert nun auf Schritt und Tritt

für nicht Erwünschte den Transit.

Grenzüberschreitung

Wer laut für Vaterländer schreit,

vergisst bewusst, dass Krieg und Leid

sich anderswo, wo alles wankt,

noch kolonialer Sucht verdankt.

Nationalistisch sucht der Blick,

was hilft dem eigenen Geschick.

Die Wirtschaft, sie gibt sich global.

Rendite steigt so kolossal.

Nur wenn es ums Verteilen geht,

der Narr die Welt sehr eng versteht.

Das Fremde Eigenes bedroht.

Darum gehört es nicht ins Boot,

das randvoll mit geraubtem Geld

die reiche Heimat flüssig hält.

Der Narr fühlt sich mit Stolz im Recht.

Was dabei stört, ist einfach schlecht.

So baut er Mauern und zieht Draht

und stützt auch noch den Autokrat,

der reich mit Steuergeld bezahlt,

die Außengrenzen dicht verschalt,

in Lagern Flüchtlinge verwahrt,

weil deren Not man sich dann spart.

Auch die, die doch mit letztem Mut

noch trotzen Stacheldraht und Flut,

sind bald akribisch aufgespürt,

verdächtigt und zurückgeführt.

Und manche christliche Partei

trägt fromm zu dieser Praxis bei.

Da fasse ich mich an die Stirn.

Ich frage, welches Narrenhirn

hat diesen Selbstschutz ausgedacht,

der aus Menschen Strandgut macht?

Das lässt mir Tag und Nacht nicht Ruh.

Die Narren lernen nichts dazu.

(4)

Der Massenmarkenmodeball

vermeidet jedes Intervall.

So blüht die Werbung überall.

Werbeträger

Geh ich in ein Bekleidungshaus

fühl ich mich mitten im Kehraus.

Dass Mode mich verführen soll,

davon hab ich die Nase voll.

So werde ich zum tumben Narr.

Was mich erwartet, ist bizarr.

Vor Stangen, Bügeln und Regal

verspüre ich die Qual der Wahl.

Zu Markenständen rumgeschickt,

da hoffe ich, dass es mal klickt.

Taxiert man mich von Kopf bis Fuß,

so packt mich stets der gleiche Blues.

Das Personal, darauf trainiert,

hat mich schon preislich einjustiert.

An Markenmuffeln kein Bedarf.

Man kalkuliert mich messerscharf,

berät dann sichtbar langgeweilt,

bis man zum nächsten Kunden eilt.

Ich werde dadurch schnell belehrt:

Gut wär für dich, du wärst bekehrt.

Der Narr, der Marken an sich schleppt,

auf Hemd und Hose aufgepeppt,

der sagt es allen: Schaut mich an,

was ich mir locker leisten kann.

Schon in der Kindertagesstatt,

da wissen Kleinste, was man hat:

Das ist ja cool! Und das ist geil!

So bietet sich der Selbstwert feil.

Beim Ranking auf dem Pausenhof

ist markenlos Kind arm und doof.

Die Narren mit dem Markenbrand,

sie sind die Kunden mit Verstand.

Sie zahlen gern die Werbung mit.

Die Marke macht draus ihren Schnitt.

(5)

Ob er auch fromme Lieder singt…

Wer von den Kindern Sex erzwingt,

ist ein Verbrecher. Unbedingt!

Die Kinder und das Himmelreich

Zu glauben, dass die Geistlichkeit

den bösen Missstand nicht verzeiht,

ist leider, leider Lug und Trug.

Entsetzlich ist es schon genug,

was mit den Kindern da geschieht.

Doch übt der fromme Hypokrit

blasphemisch und zutiefst vernarrt,

dies Übel auf perfide Art.

Verletzt wird höchstes Glaubensgut

wenn Kindern er Gewalt antut.

Verdammt in seiner Höllengruft

wird dieser Narr zum bösen Schuft,

sogar vom Klerus noch gedeckt

und vor Verfolgung so versteckt,

dass sich im Lichte dieser Welt

der fromme Schein schön sauber hält.

Weil dem kaum Halt geboten wird,

die Schande durch den Glauben irrt.

Dies ist kein Kavaliersdelikt

von jemand, den ein Gott geschickt.

Der Beichtstuhl ist da viel zu schlicht.

Verbrecher müssen vors Gericht.

Das Urteil spricht nicht nur die Schrift

als die Sanktion, die Täter trifft.

Ein Ablass gilt hier gar nichts mehr.

Es muss Gesetzes Härte her,

in der die Schandtat nie verjährt,

bis solch ein Schuft zur Hölle fährt.

Mag er gestört sein, psychisch krank,

er muss zum Richter auf die Bank.

Man helfe ihm, steh ihm auch bei,

doch spreche nicht von Schuld ihn frei.

Ein Klerus, der auf Nachsicht baut,

verdient nicht, dass man ihm vertraut.

(6)

Geschieht es einmal, nicht zu oft,

dass sich der Narr beteiligt hofft,

wirkt das dann eher aufgepfropft.

Redestrom

Mag es gerad sein oder schief,

geschätzt wird es, das Narrativ.

Geschichten werden gern erzählt.

Wer Eloquenz als Medium wählt,

schlägt Hörer leicht in seinen Bann,

so er die Schlacht ums Wort gewann.

Ob es grandios ist, ob verstaubt,

gewichtig wird es dem, der glaubt.

Und medial verfängt die Kür.

Die Kombattanten, mit Gespür,

sie führen vor, heterogen,

was wichtig scheint am Phänomen.

Auch, wie es einzuordnen sei

als Häubchen auf dem Narrenbrei.

Verdreht klärt uns die Rede auf.

Und das Gespräch nimmt seinen Lauf.

Das Publikum ist delektiert,

die Wissenden sind amüsiert.

Beteiligung steht hoch im Trend,

wie man an Fon und Mail erkennt.

Ein Narr denkt: Ja, die E-mail reicht.

Er sieht und hört nichts und erbleicht.

Der nächste Narr ist sehr pikiert,

weil man den Anruf abserviert.

Manch Redner, manche Rednerin

verlieren sich auch tief im Sinn.

Wo Stöckchen auf das Hölzchen hoppt,

wird dies meist freundlich abgestoppt,

abmoderiert, nicht abgewatscht,

doch liebevoll schnell weggequatscht.

So wird Beteiligung zum Spiel

wie Lirum-Larum-Löffelstiel.

Auch wenn Betroffene das nervt,

freut es die Macher auf der Werft.

(7)

Es hechelt. Und es droht und keucht.

Was anonym durch Netze kreucht,

ist aufgeschäumt mit Hass verseucht.

Im Hass vernetzt

Mit Mord und Rache wird gedroht

wo Hass auf heißer Flamme loht.

Anonymus zieht in die Schlacht.

Er hat den Shitstorm angefacht

und heizt ihn an, fehlt auch der Sinn.

Der Narr, er fühlt sich mittendrin.

Zerstörerische Phantasie,

sie bauscht sich auf zur Hysterie.

Es schneidert sich ein Ungetüm

zerfranster Flicken sein Kostüm,

vernäht darin voll Wut und Neid

auch nackte eigne Hässlichkeit.

Nicht Freiheit ist das, wie gerühmt.

Da wütet Willkür, unverblümt.

Netzprofis, außer Rand und Band,

sie setzten diese Welt in Brand.

Denn auch politisch mischt man mit

und grätscht dem Gegner in den Schritt.

Der ruft dann: Sicherheit an Bord!

Doch Agenturen werkeln fort.

Und auch Big Data fühlt sich wohl.

Die Freiheit ist da Monopol.

Trojaner stehen stets bereit

im Krisendschungel dieser Zeit.

Verschlüsseltes wird aufgedeckt,

wo man die Nutzerkonten hackt.

So schlingert dieses Narrenschiff

mit Vehemenz zum nächsten Riff.

Und schon der Kurs ist voll vermint,

wenn das dem eignen Vorteil dient.

Der Freiheitsanspruch ist nur Hohn,

lässt man den Hetzern Text und Ton.

Ein Narr ist, wer, schon eingekreist,

selbst noch in diesen Apfel beißt.

(8)

Ein Narr, der etwas auf sich hält,

ergreift begrifflich seine Welt.

Ja, auch die Närrin, wenn’s gefällt.

Begriffsbingo

Der exzellenten Fakultät

steht gut an, wer Begriffe sät.

Man redet clever, wie gedruckt.

Erfolg hat, wer das Wort ausspuckt,

das in der Clique ist en vogue.

Und wer den kurzen Monolog

auf Anhieb leider nicht kapiert,

wird als ein Trottel abserviert.

Sanft lächelnd ist er abgehängt

und in das stumme Eck gedrängt.

Wer gar nach der Erklärung fragt,

ist wahrlich nicht mehr angesagt.

Ungläubig wird er angestarrt.

Der Wissende fühlt sich genarrt.

Was, du kennst nicht dies Praxislab,

das Kürzel für die neuste App?

Du ziehst dich selbst aus dem Verkehr.

Lies dich mal schlau. Dein Tank ist leer.

So treibt wie eine Diarrhöe

Begriffsflut durch das Fachmilieu.

Wird dabei die Substanz vermisst,

es zählt nur das, was wichtig ist

im lukrativen Wortgeschäft,

wo Jeder nach Beachtung kläfft.

Es reicht, wird ein Begriff zitiert

des Autors, der im Ranking führt.

Falls nötig, noch ein knapper Satz

damit du es begreifst, mein Schatz.

Sind alle dann gut aufgeklärt,

der Tross zum nächsten Topos fährt.

Ich sage mir: Bleib ruhig vernarrt

in das, was in den Wanten knarrt.

Sprich aus, was du für richtig hältst,

auch wenn du damit nicht gefällst.

(9)

Der Narr, der immanent nur glaubt

und sich der Transzendenz beraubt,

ist fest mit seiner Welt verschraubt.

Bloße Existenz

Was denn verleiht dem Lebenssinn

noch ohne Transzendenz Gewinn?

Ein Dichter fand des Pudels Kern.

Der Mythos wurde so modern.

Denn er empfiehlt, dass Sisyphus

man trotz des Steines lieben muss.

Absurdität der Welt, oh Graus,

wie hält man sie versteinert aus?

Was da die Liebe wohl vollbringt,

wo jemand nur mit Felsen ringt?

Der Narr steht treu zu seinem Pfad

und rollt den Stein zum nächsten Grat,

weil er sich pflichtgemäß verhält.

Und wenn der Stein dann runter fällt?

Es bleibt absurd, was ihm passiert.

Nur, dass ein Mythos reguliert,

was sich an Transzendenz verlor,

das macht mich ratlos. Auch der Tor,

er sieht ja nicht das Ding an sich

und ist selbst gar nicht eigentlich.

Der Postmoderne, eher schlicht,

versteht selbst Berg und Felsen nicht.

Beliebig sei, was man nicht kennt.

So heißt sein Credo, immanent.

Die Existenz, trostlos entblößt.

Kein Gott, der rettet, sie erlöst.

Was macht der Existenzialist,

den nicht einmal der Mythos küsst?

Er klettert weiter an der Wand,

genervt, erschöpft und ausgebrannt,

bis man ihn mit dem Sarg versenkt,

was allen ihre Ruhe schenkt.

Doch ich glaub an die Möglichkeit,

dass Transzendenz den Sinn befreit.

(10)

Oh Gott, ist diese Schöpfung schön.

Voll dunkler Täler, lichter Höhn

trotzt sie dem Lärm und dem Getön.

Lob der Schöpfung

Werd ich mal still und komm zur Ruh,

dann schaue ich den Vögeln zu,

der Schar, die sich ums Körnchen müht,

und quirlig Wassertropfen sprüht.

Ich sehe, wie sie trinkt und pickt,

was mich beim Zuschauen erquickt.

So wollt ich gern, dass mich ergriff

Gelassenheit trotz Narrenschiff.

Wer abends diese Schöpfung preist,

beim Frühstück sie sogleich verspeist.

Er weiß, das ist Gemeinschaftsgut,

dem er so viel an Schaden tut.

Ach, lebten wir mit der Natur

und achteten auch ihre Uhr

und handelten, wie sie uns lehrt,

wir lebten weniger verkehrt.

Denn alles Leben sich verdankt

fragilem Gleichgewicht. Das wankt.

Die Einsicht, sie fällt Vielen schwer.

Sie lieben Vorfahrt im Verkehr,

auch wenn der Schaden alles trifft.

Verniedlicht wird die alte Schrift,

die uns erzählt von großer Flut

und von der Menschen Übermut.

Vergessen ist der Schöpfungsbund.

Und selbst der Wissenschaft Befund,

dass Erde unter uns verbrennt,

ist Narren längst nicht evident.

Der Weise zollt der Schöpfung Lob,

grad wo der Mensch sich grob verhob.

Geb Gott, dass dieses Lob gelingt

und der Natur uns näher bringt.

Der arroganten Narrenzunft,

der schenke er gern mehr Vernunft.

(11)

Ein Narr, der sich im Winde dreht,

und, nützt es ihm, dich hintergeht,

auch die Freundschaft mit verrät.

Falsche Freunde

Der Freund, der Tacheles nicht wagt,

und, Bande spielend, dich verklagt,

dir schmeichelnd Treue dann verheißt,