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1494 veröffentlichte Sebastian Brant "Das Narrenschiff". Eine Zeitenwende kündigte sich an. "Das Narrenschiff reloaded" nimmt diese Form des Narrenspiegels auf und füllt sie mit aktuellen Inhalten. Satirisch pointiert steuern 112 Kapitel aus geknittelten Versen mitten in Verhaltensweisen und heutige Problemlagen. Was ist nicht zukunftsfähig? Was soll Bestand haben? Friedlicheres Zusammenleben, gerechteres Teilen und Verantwortung für die Natur setzen Kontrapunkte zu Machtgehabe, Vorteilssucht und Ignoranz.
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Seitenzahl: 160
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Zu nutz vnd heylsamer ler
vermanung vnd ervolgung der wysheit
vernunfft vnd guter sytten:
Ouch zu verachtung vnd straff der narheyt
blintheyt yrrsal vnd dorheit
all stat vnd geschlecht der menschen …
Zum Nutzen und heilsamer Lehre,
Ermahnung und Erkenntnis der Weisheit,
Vernunft und guter Sitten:
Auch zu Ächtung und Tadel der Narrheit,
Blindheit, Verirrung und Torheit
des ganzen menschlichen Geschlechts.
Aus: Ein vorred in das narren schyff
Sebastian Brant, 1494
Vorrede
Nützlicher Feind
Stückwerk
Grenzüberschreitung
Werbeträger
Die Kinder und das Himmelreich
Redestrom
Im Hass vernetzt
Begriffsbingo
Bloße Existenz
Lob der Schöpfung
Falsche Freunde
Mieser Erfolg
Narrenlust
Elegie der Narren
Selbst verkohlt
Autonom Fahren
Storno für Porno
Bootsflüchtlinge
Die Qual der Wahl
Bildungskrämerei
Leben 2.0
Gutmenschen
Funktion und Moral
Falsche Propheten
Blinde Gier
Kinderträume
Lebenswissenschaft
Asylpolitik
Arbeitsschutz
Politische Willensbildung
Mondlandung
Mondäner Stress
Dunkelnetz
Entwicklungsversprechen
Willfährige Justiz
Vom Okzident und Orient
Selbstbetrug
Smarte Narren
Plastikwahn
Tugendhaftes Ego
Intelligente Software
Woodstock
Morbider Mythos
Narrenparcours
Menschenverächter
Auf Tour
Her und hin
Gewissheit
Der subjektive Faktor
Kein Pardon
Bohren dicker Bretter
Politisches Kalkül
Kern der Drohung
Lebenskunst
Geiz und Gier
Weihnachtsmarkt
Narrenhüte
Ozonloch
Hysteresiseffekt
Landnahme
Revolution
Mutation
Echtzeit
Medienwelten
Stellvertreterkriege
Milieus
Ambivalenter Habitus
Verbrechen gegen Menschlichkeit
Zweifel first
Ach, Europa!
Denkmale
Zahlenspiele
Digitale Logik
An Chefetagen
Corona
Widerspruch
Corpus Christi
Geopolitik
Frühling
Schwarzes Loch
Gesundheitsökonomie
Weich und Hart
Selbstoptimierung
Anthropozän
Reibung
Spiel im Spiel
Follower
Artenvielfalt
Blue Moon
Freitage für Zukunft
Illiberale Freiheit
Beraternarren
Narrenparadox
Mensch und Mythos
Vom Ganzen und dem Teilen
Kinder
Volksparteienstaat
Form und Inhalt
Menschenwürde
Warenkorb
Traumschiffe
Event
Ränkespiele
Pfadabhängig
Tierfabriken
Silikon Valley
Kairos
Vom Diskurs
Rassismus
Motive beim Schreiben
Zukunft
Dreierlei Weise
Nachrede
Es war der Herr Sebastian Brant,
der einst das Narrenschiff erfand.
Was ihm an seiner Welt missfiel,
verdichtet er höchst diffizil.
Ein Humanist von altem Schlag
beschrieb, was ihm im Magen lag.
Dazu nahm er den spitzen Stift,
der Narren durch Satire trifft.
Was arm an Tugend und Verstand,
hat er aufs Narrenschiff verbannt.
Was weise schien, mit Sinn begabt,
wird hoch gehalten, wie gehabt.
Entdeckt wird nicht die neue Welt,
die sich schon aus der Schale pellt.
Brant reist in ein vertrautes Land,
nennt Narragonien es, mokant.
Als Kompass dient der gute Christ,
der eben auch ein Mensch nur ist,
in seiner ganzen Kläglichkeit
beim Aufbruch in die neue Zeit.
Als Narr sah Doktor Brant sich auch,
nimmt viele andre in Gebrauch.
Denn als Apostel der Moral
bereitet er den Narren Qual.
Er ist Jurist, der reimend beißt,
ein Realist mit wachem Geist.
Er bringt die Zeit auf seinen Punkt.
Ob das bei Narren wirklich funkt,
das sah er skeptisch mit Distanz.
Doch ihm gebührt der Lorbeerkranz
frühneuhochdeutscher Versekunst.
Die zehrt auch von antikem Dunst,
verehrt Horaz als Dichterfürst,
der maßvoll seine Verse würzt,
wobei durch hübsche Blüten sprießt,
was Römern die Leviten liest.
Horaz war Vorbild. Auf Latein
sog er der Griechen Weisheit ein.
Der Strom von Mythen sie umspült,
bis sich der Narr begossen fühlt.
Brant spornte dies zur Prüfung an,
ob man auf Deutsch erklären kann,
wer da die Narrenkappe trägt
und so am Baum der Tugend sägt.
Die Wirkung, sie war epochal.
Das Buch, verkauft in großer Zahl,
man reichte es von Hand zu Hand.
Europaweit war es bekannt
und riss die Narren aus dem Schlaf.
Erst Werther es dann übertraf.
Die Ehre wird mir nicht zuteil.
Nur aufgewärmt biet ich es feil.
Brants Buch, im Antiquariat,
lag, wie mir schien, für mich parat.
Ich schlug es auf und las mit Lust,
erst oberflächlich, unbewusst,
welch Spiegelbild sich mir da bot.
Ich las von Sünde, Dummheit, Tod.
Es regte sich auch Widerspruch.
Denn ich verspürte den Geruch
des Moders der Vergangenheit
und manchen Hauch von Eitelkeit.
Doch ahnte ich, dem Trotz zum Trotz,
vor mir, da lag ein dicker Klotz.
Seither er mir am Halse hängt,
hat immer wieder mich bedrängt.
Ja, ich bin nicht Sebastian Brant,
der einst das Narrenschiff erfand.
Doch Folgen hatte der Besuch
in dem berühmten Narrenbuch.
Es reizte mich und trieb mich um.
Das Narrenschiff fährt noch herum,
bis heute. Und an Bord vereint,
da streitet Freund sich mit dem Feind.
Das Schiff kreuzt nun fast autonom
und schlingert im Gezeitenstrom.
Die Narren, scheint mir, wurden mehr,
berauschen sich an dem Verzehr
von Mutter Erde. Vater Mond
schaut zu, als sei er das gewohnt.
Er lächelt noch zur Narretei,
summt leis dazu sein Lullaby.
Man fragte mich: Wer ist ein Narr?
Definition scheint mir zu starr.
Ich such nach Haltung, Orte auf,
wo Narren feiern Stapellauf
für ihr modernes Narrenschiff
und denken nicht ans nächste Riff.
Sieht einer sich im Spiegel dann,
kommt meine Botschaft sicher an.
Wenn anders ihm sein Bild erscheint,
so fühlt er doch: Er ist gemeint.
Ein Narr, wer nur noch funktioniert.
Ein zweiter auf Rendite stiert.
Noch einer, der die Drohnen lenkt.
Ein vierter, der die Zeit verdrängt.
Ein fünfter, der im Dschungel holzt.
Ein sechster, der die Bälle bolzt.
Ein siebter, der an Börsen zockt.
Ein achter blind am Bildschirm hockt.
Ein neunter, zehnter und so weiter
turnt munter auf der Narrenleiter.
Wer kennt da wirklich seinen Ort,
im Strom bewegt von hier nach dort?
Das Navi hält den Kurs genau,
weiß aber nichts vom nächsten Gau.
Oft eingestellt auf schmalen Grat
sucht Wissenschaft nach gutem Rat
bei dem, der zahlt und Fragen stellt.
Der kritischen fehlt meist das Geld.
Die Religionen sind verbrannt
vom Abend- bis zum Morgenland.
Und säkular bleibt Politik
kaum mehr als Machtkalkül im Blick.
Der Schatz der Weisheit ist verpönt,
und wird gar süffisant verhöhnt.
Die Narrenwelt lebt paradox.
Doch wen das freut, der ist der Ochs.
Die Mühe, sie war nicht gering,
das Körnchen Wahrheit, das ich fing,
seriös im Inhalt, klar in Form,
zu setzen gegen Alltagsnorm.
Ich meide Comedy und Schwank.
Banales macht mich eher krank.
Das Narrenschiff, auf dem ich fahr,
ist nicht Fiktion und leider wahr.
Doch auf ihm spiegelt sich die Welt
in dem, was mir ins Auge fällt.
Den Anderen fällt andres ein.
Kein Narr fährt auf dem Schiff allein.
Ist ein Feind dem Feind noch feind,
wenn beider Handeln sich vereint?
Ein Schein ist nicht, was er so scheint.
Wer Narrenhaufen aufgerührt
mit Wortgewalt in Schlachten führt,
bedient sich ihrer heißen Wut.
Doch insgeheim zieht er den Hut
vor einem Feind, der dadurch nützt,
dass er die Wut noch unterstützt.
Denn das erlaubt, was ohnehin
schon lang beflügelt seinen Sinn.
Nur bisher schien es nicht kommun.
Der Feind macht es nun opportun.
Er mutiert nicht gleich zum Freund.
Doch was die Köpfe rötet, bräunt,
rührt reziprok im selben Brei.
Die Feindschaft wird zur Kumpanei.
Die Feinde, oft im Doppelpack,
sie dreschen auf den gleichen Sack.
Gemeinsam ist der Sündenbock.
Der liefert Übel stets en bloc.
Durch unterstellte Niedertracht
wird er zur Hassfigur gemacht.
Zurzeit sind Flüchtlinge das Ziel.
Da sind auch wenige zu viel.
Doch die gefühlte Wirklichkeit,
sie fördert Missgunst und weckt Neid.
Der Sündenbock wird ausgeschifft
bis man den Feind noch übertrifft.
Sind auch die Fakten halb nur wahr,
es winkt vermeintlich Honorar
von Wählerstimmen als der Reiz
beim Schüren dieses Flüchtlingsstreits.
Der Narr, der in den Chor einstimmt,
wird straff auf das Kalkül getrimmt,
was Menschenrechte grob verletzt,
weil es die Schwächeren verhetzt.
Nie hat der Narr so viel gewusst.
Doch das ist nicht nur reine Lust.
Denn es befördert manchen Frust.
Einst räumte Enzyklopädie
auf mit des Geistes Anarchie.
Wer heut auf solche Hilfe traut,
der hat sehr oft auf Sand gebaut.
Zwar steht viel Wissenschaft bereit,
doch mit geringer Halbwertzeit.
Per Wiki und durch viele Apps,
da wühlst du dich von Tab zu Tabs.
Portale, Plattformen zumal,
sie nerven dich in großer Zahl.
Und speicherst du einmal getrost,
ist das Gefundene vermoost,
auch wo Erkenntnis es verhieß
und sich als letzter Schrei anpries.
Du rettest dich durch Selektion
und hoffst, du triffst mal einen Ton,
der dich in kakophoner Zeit
aus Überforderung befreit.
Da wartet leider gleich ein Nerd,
und setzt dich auf das falsche Pferd.
Woher das kommt, ist unbekannt
wie einst die unsichtbare Hand,
die ja vermeintlich das anrührt,
was uns durch die Geschichte führt.
Durch Algorithmen aufgeschreckt,
hat diese Hand sich nun versteckt.
Sie wartet, bis der Technikboom
verliert an Kraft und Eigenruhm.
Der Fortschritt, den er dir verspricht,
an Wirklichkeit zu oft zerbricht.
In Echokammern, unbemerkt,
hat sich der Hype enorm verstärkt,
auch wenn kein Kapitän mehr weiß,
wer da wem folgt, auf wes Geheiß.
Der Narr, der Grenzen überschritt,
behindert nun auf Schritt und Tritt
für nicht Erwünschte den Transit.
Wer laut für Vaterländer schreit,
vergisst bewusst, dass Krieg und Leid
sich anderswo, wo alles wankt,
noch kolonialer Sucht verdankt.
Nationalistisch sucht der Blick,
was hilft dem eigenen Geschick.
Die Wirtschaft, sie gibt sich global.
Rendite steigt so kolossal.
Nur wenn es ums Verteilen geht,
der Narr die Welt sehr eng versteht.
Das Fremde Eigenes bedroht.
Darum gehört es nicht ins Boot,
das randvoll mit geraubtem Geld
die reiche Heimat flüssig hält.
Der Narr fühlt sich mit Stolz im Recht.
Was dabei stört, ist einfach schlecht.
So baut er Mauern und zieht Draht
und stützt auch noch den Autokrat,
der reich mit Steuergeld bezahlt,
die Außengrenzen dicht verschalt,
in Lagern Flüchtlinge verwahrt,
weil deren Not man sich dann spart.
Auch die, die doch mit letztem Mut
noch trotzen Stacheldraht und Flut,
sind bald akribisch aufgespürt,
verdächtigt und zurückgeführt.
Und manche christliche Partei
trägt fromm zu dieser Praxis bei.
Da fasse ich mich an die Stirn.
Ich frage, welches Narrenhirn
hat diesen Selbstschutz ausgedacht,
der aus Menschen Strandgut macht?
Das lässt mir Tag und Nacht nicht Ruh.
Die Narren lernen nichts dazu.
Der Massenmarkenmodeball
vermeidet jedes Intervall.
So blüht die Werbung überall.
Geh ich in ein Bekleidungshaus
fühl ich mich mitten im Kehraus.
Dass Mode mich verführen soll,
davon hab ich die Nase voll.
So werde ich zum tumben Narr.
Was mich erwartet, ist bizarr.
Vor Stangen, Bügeln und Regal
verspüre ich die Qual der Wahl.
Zu Markenständen rumgeschickt,
da hoffe ich, dass es mal klickt.
Taxiert man mich von Kopf bis Fuß,
so packt mich stets der gleiche Blues.
Das Personal, darauf trainiert,
hat mich schon preislich einjustiert.
An Markenmuffeln kein Bedarf.
Man kalkuliert mich messerscharf,
berät dann sichtbar langgeweilt,
bis man zum nächsten Kunden eilt.
Ich werde dadurch schnell belehrt:
Gut wär für dich, du wärst bekehrt.
Der Narr, der Marken an sich schleppt,
auf Hemd und Hose aufgepeppt,
der sagt es allen: Schaut mich an,
was ich mir locker leisten kann.
Schon in der Kindertagesstatt,
da wissen Kleinste, was man hat:
Das ist ja cool! Und das ist geil!
So bietet sich der Selbstwert feil.
Beim Ranking auf dem Pausenhof
ist markenlos Kind arm und doof.
Die Narren mit dem Markenbrand,
sie sind die Kunden mit Verstand.
Sie zahlen gern die Werbung mit.
Die Marke macht draus ihren Schnitt.
Ob er auch fromme Lieder singt…
Wer von den Kindern Sex erzwingt,
ist ein Verbrecher. Unbedingt!
Zu glauben, dass die Geistlichkeit
den bösen Missstand nicht verzeiht,
ist leider, leider Lug und Trug.
Entsetzlich ist es schon genug,
was mit den Kindern da geschieht.
Doch übt der fromme Hypokrit
blasphemisch und zutiefst vernarrt,
dies Übel auf perfide Art.
Verletzt wird höchstes Glaubensgut
wenn Kindern er Gewalt antut.
Verdammt in seiner Höllengruft
wird dieser Narr zum bösen Schuft,
sogar vom Klerus noch gedeckt
und vor Verfolgung so versteckt,
dass sich im Lichte dieser Welt
der fromme Schein schön sauber hält.
Weil dem kaum Halt geboten wird,
die Schande durch den Glauben irrt.
Dies ist kein Kavaliersdelikt
von jemand, den ein Gott geschickt.
Der Beichtstuhl ist da viel zu schlicht.
Verbrecher müssen vors Gericht.
Das Urteil spricht nicht nur die Schrift
als die Sanktion, die Täter trifft.
Ein Ablass gilt hier gar nichts mehr.
Es muss Gesetzes Härte her,
in der die Schandtat nie verjährt,
bis solch ein Schuft zur Hölle fährt.
Mag er gestört sein, psychisch krank,
er muss zum Richter auf die Bank.
Man helfe ihm, steh ihm auch bei,
doch spreche nicht von Schuld ihn frei.
Ein Klerus, der auf Nachsicht baut,
verdient nicht, dass man ihm vertraut.
Geschieht es einmal, nicht zu oft,
dass sich der Narr beteiligt hofft,
wirkt das dann eher aufgepfropft.
Mag es gerad sein oder schief,
geschätzt wird es, das Narrativ.
Geschichten werden gern erzählt.
Wer Eloquenz als Medium wählt,
schlägt Hörer leicht in seinen Bann,
so er die Schlacht ums Wort gewann.
Ob es grandios ist, ob verstaubt,
gewichtig wird es dem, der glaubt.
Und medial verfängt die Kür.
Die Kombattanten, mit Gespür,
sie führen vor, heterogen,
was wichtig scheint am Phänomen.
Auch, wie es einzuordnen sei
als Häubchen auf dem Narrenbrei.
Verdreht klärt uns die Rede auf.
Und das Gespräch nimmt seinen Lauf.
Das Publikum ist delektiert,
die Wissenden sind amüsiert.
Beteiligung steht hoch im Trend,
wie man an Fon und Mail erkennt.
Ein Narr denkt: Ja, die E-mail reicht.
Er sieht und hört nichts und erbleicht.
Der nächste Narr ist sehr pikiert,
weil man den Anruf abserviert.
Manch Redner, manche Rednerin
verlieren sich auch tief im Sinn.
Wo Stöckchen auf das Hölzchen hoppt,
wird dies meist freundlich abgestoppt,
abmoderiert, nicht abgewatscht,
doch liebevoll schnell weggequatscht.
So wird Beteiligung zum Spiel
wie Lirum-Larum-Löffelstiel.
Auch wenn Betroffene das nervt,
freut es die Macher auf der Werft.
Es hechelt. Und es droht und keucht.
Was anonym durch Netze kreucht,
ist aufgeschäumt mit Hass verseucht.
Mit Mord und Rache wird gedroht
wo Hass auf heißer Flamme loht.
Anonymus zieht in die Schlacht.
Er hat den Shitstorm angefacht
und heizt ihn an, fehlt auch der Sinn.
Der Narr, er fühlt sich mittendrin.
Zerstörerische Phantasie,
sie bauscht sich auf zur Hysterie.
Es schneidert sich ein Ungetüm
zerfranster Flicken sein Kostüm,
vernäht darin voll Wut und Neid
auch nackte eigne Hässlichkeit.
Nicht Freiheit ist das, wie gerühmt.
Da wütet Willkür, unverblümt.
Netzprofis, außer Rand und Band,
sie setzten diese Welt in Brand.
Denn auch politisch mischt man mit
und grätscht dem Gegner in den Schritt.
Der ruft dann: Sicherheit an Bord!
Doch Agenturen werkeln fort.
Und auch Big Data fühlt sich wohl.
Die Freiheit ist da Monopol.
Trojaner stehen stets bereit
im Krisendschungel dieser Zeit.
Verschlüsseltes wird aufgedeckt,
wo man die Nutzerkonten hackt.
So schlingert dieses Narrenschiff
mit Vehemenz zum nächsten Riff.
Und schon der Kurs ist voll vermint,
wenn das dem eignen Vorteil dient.
Der Freiheitsanspruch ist nur Hohn,
lässt man den Hetzern Text und Ton.
Ein Narr ist, wer, schon eingekreist,
selbst noch in diesen Apfel beißt.
Ein Narr, der etwas auf sich hält,
ergreift begrifflich seine Welt.
Ja, auch die Närrin, wenn’s gefällt.
Der exzellenten Fakultät
steht gut an, wer Begriffe sät.
Man redet clever, wie gedruckt.
Erfolg hat, wer das Wort ausspuckt,
das in der Clique ist en vogue.
Und wer den kurzen Monolog
auf Anhieb leider nicht kapiert,
wird als ein Trottel abserviert.
Sanft lächelnd ist er abgehängt
und in das stumme Eck gedrängt.
Wer gar nach der Erklärung fragt,
ist wahrlich nicht mehr angesagt.
Ungläubig wird er angestarrt.
Der Wissende fühlt sich genarrt.
Was, du kennst nicht dies Praxislab,
das Kürzel für die neuste App?
Du ziehst dich selbst aus dem Verkehr.
Lies dich mal schlau. Dein Tank ist leer.
So treibt wie eine Diarrhöe
Begriffsflut durch das Fachmilieu.
Wird dabei die Substanz vermisst,
es zählt nur das, was wichtig ist
im lukrativen Wortgeschäft,
wo Jeder nach Beachtung kläfft.
Es reicht, wird ein Begriff zitiert
des Autors, der im Ranking führt.
Falls nötig, noch ein knapper Satz
damit du es begreifst, mein Schatz.
Sind alle dann gut aufgeklärt,
der Tross zum nächsten Topos fährt.
Ich sage mir: Bleib ruhig vernarrt
in das, was in den Wanten knarrt.
Sprich aus, was du für richtig hältst,
auch wenn du damit nicht gefällst.
Der Narr, der immanent nur glaubt
und sich der Transzendenz beraubt,
ist fest mit seiner Welt verschraubt.
Was denn verleiht dem Lebenssinn
noch ohne Transzendenz Gewinn?
Ein Dichter fand des Pudels Kern.
Der Mythos wurde so modern.
Denn er empfiehlt, dass Sisyphus
man trotz des Steines lieben muss.
Absurdität der Welt, oh Graus,
wie hält man sie versteinert aus?
Was da die Liebe wohl vollbringt,
wo jemand nur mit Felsen ringt?
Der Narr steht treu zu seinem Pfad
und rollt den Stein zum nächsten Grat,
weil er sich pflichtgemäß verhält.
Und wenn der Stein dann runter fällt?
Es bleibt absurd, was ihm passiert.
Nur, dass ein Mythos reguliert,
was sich an Transzendenz verlor,
das macht mich ratlos. Auch der Tor,
er sieht ja nicht das Ding an sich
und ist selbst gar nicht eigentlich.
Der Postmoderne, eher schlicht,
versteht selbst Berg und Felsen nicht.
Beliebig sei, was man nicht kennt.
So heißt sein Credo, immanent.
Die Existenz, trostlos entblößt.
Kein Gott, der rettet, sie erlöst.
Was macht der Existenzialist,
den nicht einmal der Mythos küsst?
Er klettert weiter an der Wand,
genervt, erschöpft und ausgebrannt,
bis man ihn mit dem Sarg versenkt,
was allen ihre Ruhe schenkt.
Doch ich glaub an die Möglichkeit,
dass Transzendenz den Sinn befreit.
Oh Gott, ist diese Schöpfung schön.
Voll dunkler Täler, lichter Höhn
trotzt sie dem Lärm und dem Getön.
Werd ich mal still und komm zur Ruh,
dann schaue ich den Vögeln zu,
der Schar, die sich ums Körnchen müht,
und quirlig Wassertropfen sprüht.
Ich sehe, wie sie trinkt und pickt,
was mich beim Zuschauen erquickt.
So wollt ich gern, dass mich ergriff
Gelassenheit trotz Narrenschiff.
Wer abends diese Schöpfung preist,
beim Frühstück sie sogleich verspeist.
Er weiß, das ist Gemeinschaftsgut,
dem er so viel an Schaden tut.
Ach, lebten wir mit der Natur
und achteten auch ihre Uhr
und handelten, wie sie uns lehrt,
wir lebten weniger verkehrt.
Denn alles Leben sich verdankt
fragilem Gleichgewicht. Das wankt.
Die Einsicht, sie fällt Vielen schwer.
Sie lieben Vorfahrt im Verkehr,
auch wenn der Schaden alles trifft.
Verniedlicht wird die alte Schrift,
die uns erzählt von großer Flut
und von der Menschen Übermut.
Vergessen ist der Schöpfungsbund.
Und selbst der Wissenschaft Befund,
dass Erde unter uns verbrennt,
ist Narren längst nicht evident.
Der Weise zollt der Schöpfung Lob,
grad wo der Mensch sich grob verhob.
Geb Gott, dass dieses Lob gelingt
und der Natur uns näher bringt.
Der arroganten Narrenzunft,
der schenke er gern mehr Vernunft.
Ein Narr, der sich im Winde dreht,
und, nützt es ihm, dich hintergeht,
auch die Freundschaft mit verrät.
Der Freund, der Tacheles nicht wagt,
und, Bande spielend, dich verklagt,
dir schmeichelnd Treue dann verheißt,