Das neue Selbstbewusstsein - Katty Kay - E-Book

Das neue Selbstbewusstsein E-Book

Katty Kay

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Beschreibung

Das Buch, das jede Frau gelesen haben muss!

Den Schlüssel zum Erfolg liefert nicht allein die Kompetenz – wer in der Arbeitswelt und im Privatleben bestehen will, für den ist Selbstvertrauen unabdingbar. Gerade Frauen kämpfen jedoch häufig mit Selbstzweifeln. Woran liegt das? Und lässt sich Selbstbewusstsein aneignen oder bestimmen unsere Gene darüber, wie selbstsicher wir sind? In ihrem Bestseller, der in Deutschland längst als Geheimtipp gehandelt wird, zeigen die renommierten Journalistinnen Claire Shipman und Katty Kay anhand von Forschungsergebnissen, wie jede Frau ihr Selbstgefühl stärken kann. Gemeinsam mit führenden Neurowissenschaftlern und Psychologen weltweit haben sie innovative Ansätze entwickelt, wie wir selbstsicherer werden können, indem wir etwa Risiken eingehen und aktiv handeln. Wie wir unsere Denkstrukturen langfristig verändern. In Gesprächen mit Frauen aus Politik, Sport und Kunst kommen Kay und Shipman dem Geheimnis auf die Spur, wie Frau ihre Ziele erreichen und ein selbstbestimmtes Leben führen kann.

Die gebundene Ausgabe ist im btb Verlag unter dem Titel "Confidence Code" erschienen.

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Seitenzahl: 415

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Zum Buch

Den Schlüssel zum Erfolg liefert nicht allein die Kompetenz – wer in der Arbeitswelt und im Privatleben bestehen will, für den ist Selbstvertrauen unabdingbar. Gerade Frauen kämpfen jedoch häufig mit Selbstzweifeln. Woran liegt das? Und lässt sich Selbstbewusstsein aneignen oder bestimmen unsere Gene darüber, wie selbstsicher wir sind? In Gesprächen mit einflussreichen Frauen aus Politik, Sport und Kunst kommen Katty Kay und Claire Shipman dem Geheimnis auf die Spur, wie frau ihre Ziele erreichen und ein selbstbestimmtes, erfolgreiches Leben führen kann.

Zu den Autorinnen

Katty Kay (geboren 1964) ist Journalistin und Moderatorin des Nachrichtensenders BBC World News America. Sie ist überdies regelmäßig zu Gast bei den Talkshows Meet the Press und Morning Joe. Kay lebt mit ihrem Mann und ihren vier Kindern in Washington, D.C.

Claire Shipman (geboren 1962) ist Journalistin und Korrespondentin des amerikanischen Nachrichtensenders ABC News. Sie berichtet über Politik, internationale Beziehungen und über alles, was Frauen betrifft. Shipman lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Washington D.C.

Katty Kay & Claire Shipman

Das neue Selbstbewusstsein

Was Frauen zum Erfolg führt

Deutsch von Liselotte Prugger

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.
Die amerikanische Originalausgabe erschien 2014 unter dem Titel »The Confidence Code. The Art and Science of Self-Assurance.« bei HarperBusiness, HarperCollins, New York.
Copyright © der Originalausgabe 2014 by Katty Kay und Claire Shipman Published by arrangement with HarperBusiness, an imprint of HarperCollins Publishers, LLC Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2016 by btb Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Covergestaltung: semper smile, München
ISBN 978-3-641-22130-0V002
www.btb-verlag.dewww.facebook.com/btbverlag

Für unsere TöchterMaya, Poppy und Dellaund unsere SöhneFelix, Jude und Hugo

Inhalt

Einführung

1 Es genügt nicht, gut zu sein

2 Mehr tun, weniger denken

3 Auf Selbstvertrauen programmiert

4 DUBs und andere Gründe, weshalb Frauen weniger Selbstvertrauen besitzen

5 Die neue Erziehung

6 Schnelles Scheitern und andere Mittel zur Stärkung des Selbstvertrauens

7 Und nun: Weitergeben

8 Wissenschaft und Praxis

Danksagung

Anmerkungen

Über die Autorinnen

Einführung

Es gibt eine Eigenschaft, die einige Menschen von der Masse abhebt. Sie ist schwierig zu bestimmen, aber leicht zu erkennen. Wenn Sie sie haben, können Sie es mit der Welt aufnehmen; ohne sie bleiben Sie am Startblock Ihres Potenzials hängen.

Es steht außer Frage, dass die 28-jährige Susan eine ganze Menge davon hatte. Wie vielen von uns graute ihr allerdings davor, in der Öffentlichkeit zu reden. Susan hatte einiges zu sagen – sie scheute nur das Rampenlicht. Freunden gegenüber gestand sie ein, dass sie schlaflose Nächte damit verbrachte, sich vor anstehenden Auftritten zu fürchten. Sie hatte Angst, man würde sich über sie lustig machen. Ihre ersten Versuche, Reden zu halten, waren nicht gerade glorreich. Aber sie ließ nicht locker. Bewaffnet mit einem Bündel Notizen und abgesichert durch ihre korrekte Kleidung, bekämpfte sie ihre Nervosität und verkündete unermüdlich ihre kontroverse Botschaft, oft genug vor einer extrem skeptischen, männlichen Zuhörerschaft. Sie wusste, dass sie ihre Angst besiegen musste, wenn sie ihre Sache gut machen wollte. Das gelang ihr, und schließlich entwickelte sie sich zu einer äußerst überzeugenden Rednerin.

Susan B. Anthony, Pionierin der Frauenrechtsbewegung in den Vereinigten Staaten, kämpfte 50 Jahre lang dafür, das Wahlrecht für Frauen durchzusetzen. Sie starb 1906, 14 Jahre zu früh, um die Früchte ihrer Arbeit ernten zu können. Doch sie ließ sich nicht beirren – weder von ihrer Verletzlichkeit noch von der Tatsache, dass der Sieg immer knapp außer Reichweite lag.

Um als Mädchen im Pakistan von heute auch nur tagtäglich den Weg zur Schule hinter sich zu bringen, bedarf es derselben Eigenschaft. Und für eine Zwölfjährige, die sich einbildet, es mit der Forderung nach einer Bildungsreform mit den Taliban aufnehmen zu können, und die Blog-Postings in die Welt hinausschickt, während um sie herum Schulen in die Luft gejagt werden, ist diese Eigenschaft geradezu unverzichtbar. Um weiterzumachen, weiter für eine Sache zu kämpfen, nachdem Extremisten einem im Schulbus in den Kopf geschossen haben und man mit 14 für tot erklärt auf der Straße liegen gelassen wurde, ist wiederum eine ungeheuer große Dosis an etwas sehr Bemerkenswertem nötig. Malala Yousafzai hat Mut, so viel steht fest. Als die Taliban ihr vor dem Attentat drohten, sie umzubringen, zuckte sie nicht einmal und sagte: »Ich denke oft daran und sehe die Situation deutlich vor mir. Selbst wenn sie kommen und mich töten wollen, werde ich ihnen sagen, dass es falsch ist, was sie vorhaben, und dass Bildung unser Grundrecht ist.«

Aber sie macht sich auch etwas anderes zunutze, etwas, das ihre Todesverachtung schürt und ihren unbeirrbaren Weg vorzeichnet. Malala wird von der außergewöhnlichen, fast unvorstellbaren Überzeugung angetrieben, dass sie ihr Ziel erreichen kann, selbst wenn vor ihr turmhohe Barrieren aufgeschüttet werden.

Getrennt durch ein ganzes Jahrhundert verbindet diese beiden Frauen dennoch eine gemeinsame feste Überzeugung: das Gefühl, alles erreichen zu können, was sie sich vorgenommen haben. Was sie verbindet, ist ihr Selbstvertrauen. Es ist mächtig, sogar unverzichtbar – und bei Frauen in erschreckendem Ausmaß Mangelware.

Das flüchtige Wesen des Selbstvertrauens fasziniert uns schon seit Jahren, seit wir 2008begonnen haben, Womenomics zu schreiben. Damals haben wir die positiven Veränderungen, die sich für Frauen auftaten, in aller Ausführlichkeit beschrieben: bemerkenswerte Daten über unseren Wert für den Reingewinn von Unternehmen und die Kraft, die wir daraus beziehen, unser Arbeits- und Privatleben auf die Reihe zu bekommen und dennoch erfolgreich zu sein. Aber in unseren Gesprächen mit Frauen, mit Dutzenden von Frauen, alle bestens ausgebildet und hoch qualifiziert, stießen wir ständig an einen wunden Punkt, den wir nicht eindeutig festmachen konnten – eine Macht, die uns ganz klar zurückhält. Weshalb erwähnte die erfolgreiche Investmentbankerin in unserem Gespräch, dass sie die großartige Beförderung, die sie gerade bekommen hatte, eigentlich gar nicht verdient habe? Was hatte es zu bedeuten, wenn die Senkrechtstarterin, die jahrzehntelang in ihrer Branche als Ingenieurin Pionierarbeit geleistet hatte, uns spontan verriet, dass sie nicht sicher sei, ob sie wirklich die erste Wahl für die Leitung des neuen Großprojekts ihrer Firma sei?

In den 20 Jahren, die wir nun über die amerikanische Politik berichten, haben wir einige der einflussreichsten Frauen des Landes interviewt. In unserem Beruf und in unserem Privatleben haben wir es mit Menschen zu tun, von denen man annehmen könnte, dass sie vor Selbstvertrauen strotzen. Bei näherer Betrachtung unter unserem neuen Fokus waren wir überrascht, als wir erkennen mussten, in welchem Ausmaß die Machtzentren in den Vereinigten Staaten Zonen weiblicher Selbstzweifel sind. Eine Frau nach der anderen, von der Abgeordneten bis zur CEO, brachten die unterschiedlichsten Versionen des gleichen, unerklärlichen Gefühls zum Ausdruck, dass ihnen ihr Recht, ganz oben mitzuspielen, nicht wirklich zustünde. Allzu vielen der überaus kompetenten Frauen, die wir trafen und mit denen wir sprachen, fehlte es anscheinend an einer gewissen Kühnheit, an einem unerschütterlichen Glauben an ihre Fähigkeiten. Und einigen mächtigen Frauen ist schon das Thema an sich unangenehm, wie wir herausfanden, da sie fürchten, es könne herauskommen, was sie für eine beschämende Schwäche halten. Wenn diese Frauen schon so denken, dann stellen Sie sich einmal vor, wie es beim Rest von uns aussehen muss.

Sie kennen diese beklemmenden Gefühle: die Angst, dass Sie sich, wenn Sie sich zu Wort melden, entweder dumm oder aufgeblasen anhören; das Gefühl, dass Ihr Erfolg dem Zufall zuzuschreiben und unverdient ist; die Angst davor, Ihre Komfortzone zu verlassen, um etwas Aufregendes, Schwieriges und möglicherweise Riskantes zu wagen. Dieses Zaudern haben wir bei uns selbst oft erlebt. Als wir vor einigen Jahren nach einem Abendessen unsere Aufzeichnungen zum Stand unseres Selbstvertrauens verglichen, wurden uns, so gut wir uns auch kannten, plötzlich die Augen geöffnet: Katty hat eine Eliteuniversität besucht, einen guten Abschluss gemacht, und sie spricht mehrere Sprachen. Trotzdem war sie ihr ganzes Leben lang überzeugt davon, nicht intelligent genug zu sein, um sich für die begehrtesten Jobs im Journalismus zu bewerben. Claire fand das nicht plausibel, ja sogar lachhaft, musste allerdings erkennen, dass auch sie jahrelang in ihrem Umfeld vor den Alphamännchen unter den Journalisten gekuscht hatte: Da diese so viel lauter und so viel selbstsicherer als sie auftraten, ging sie einfach davon aus, dass sie auch mehr wussten. Fast ohne es zu merken, glaubte sie, dass die Männer ein Recht auf mehr Redezeit im Fernsehen hätten. Waren sie wirklich einfach nur selbstsicherer?

Das beschwor Fragen herauf: Waren wir nur über ein paar vereinzelte Anekdoten gestolpert, oder haben Frauen tatsächlich weniger Selbstvertrauen als Männer? Und was ist Selbstvertrauen überhaupt? Was veranlasst es uns zu tun? Wie wichtig ist es für unser Wohlbefinden? Für unseren Erfolg? Werden wir damit geboren? Können wir uns mehr davon zulegen? Generieren oder unterlaufen wir es bei unseren Kindern? Auf diese Fragen Antworten zu finden, das sollte definitiv unser nächstes Projekt sein.

Wir beackerten ein größeres Feld, als wir uns ursprünglich vorgenommen hatten, denn jedes Interview und jede Antwort brachte uns zu der Überzeugung, dass Selbstvertrauen nicht nur ein essenzieller Bestandteil des Lebens ist, sondern auch unerwartet komplex. Wir verabredeten uns mit Wissenschaftlern, die erforschen, auf welche Weise sich Selbstvertrauen im Tierversuch bei Ratten und Affen manifestiert. Wir sprachen mit Neurologen, die uns erzählten, es sei in unserer DNA verankert, und mit Psychologen, die uns berichteten, es sei das Produkt von Entscheidungen, die wir treffen. Wir sprachen mit Sporttrainern und Performance-Coaches, die uns sagten, es käme von harter Arbeit und von Training. Wir machten Frauen ausfindig, die es definitiv hatten, und andere, die weniger damit gesegnet waren, und wollten ihre Meinung dazu hören. Und wir sprachen mit Männern: mit Vorgesetzten, mit Freunden und Ehepartnern. Vieles von dem, was wir herausfanden, gilt für beide Geschlechter. Wenn es um Selbstvertrauen geht, unterscheiden sich unsere genetischen Fingerabdrücke nicht dramatisch. Aber Frauen stecken in einem besonderen Dilemma.

Jahrelang haben wir Frauen uns unauffällig verhalten und die Spielregeln beachtet. Wir haben unbestreitbar Fortschritte gemacht. Aber die Höhen, von denen wir wissen, dass wir sie erklimmen können, haben wir noch immer nicht erreicht. Einige fehlgeleitete Eiferer meinen, Frauen wären nicht kompetent genug. (Wir persönlich haben allerdings nicht viele inkompetente Frauen gefunden.) Andere sagen, dass Kinder unsere Prioritäten verändern. Ja, an dieser Behauptung ist etwas Wahres dran. Unsere mütterlichen Instinkte führen tatsächlich zu einem komplizierten emotionalen Tauziehen zwischen unserem Privat- und Arbeitsleben, ein Problem, das sich zumindest im Moment bei den meisten Männern nicht in diesem Ausmaß stellt. Viele Kommentatoren verweisen auf kulturelle und institutionelle Barrieren, die sich vor uns auftürmen. Auch in dieser Behauptung liegt etwas Wahres, aber all diesen Argumenten fehlt etwas, was schwerer wiegt: unser mangelnder Glaube an uns selbst.

Wir sehen es überall: kluge Frauen, die Ideen beisteuern können, sich aber in Besprechungen nicht zu Wort melden; leidenschaftliche Frauen, die hervorragende Führungspersönlichkeiten abgeben würden, sich aber scheuen, auf Stimmenfang zu gehen oder Wahlkampfspenden einzutreiben; gewissenhafte Mütter, die lieber jemand anderem den Vorsitz im Elternbeirat überlassen und selbst im Hintergrund wirken. Weshalb ist es so, dass wir Frauen uns weniger überzeugt anhören, wenn wir wissen, dass wir im Recht sind, als Männer sich anhören, wenn sie ahnen, dass sie im Unrecht sein könnten?

Ausgeprägter ist unser schwieriges Verhältnis zum Selbstvertrauen am Arbeitsplatz, im öffentlichen Leben. Aber es kann in unser Privatleben überschwappen und ausgerechnet diejenigen Bereiche unterminieren, in denen wir uns traditionell seit jeher selbstsicherer fühlen. Jeder von uns fallen solche Situationen ein. Auf dem Geburtstagsfest Ihrer besten Freundin würden Sie liebend gerne einen launigen Trinkspruch ausbringen, doch schon bei der Vorstellung, vor 30 Leuten zu sprechen, bricht Ihnen der Schweiß aus. So murmeln Sie nur ein paar Worte, halten es kurz und knapp, und zurück bleibt das unbefriedigte Gefühl, ihr nicht gerecht geworden zu sein. In der Schule wollten Sie sich am liebsten zur Klassensprecherin wählen lassen, aber andere Leute zu bitten, ihre Stimme für Sie abzugeben, das war nach Ihrem Geschmack einfach zu anmaßend. Ihr Schwager geht Ihnen mit seinen sexistischen Ansichten unendlich auf die Nerven, aber Sie wollen sich nicht vor allen Leuten mit ihm anlegen, befürchten, zu aggressiv rüberzukommen, und außerdem ist er ohnehin immer so von sich überzeugt.

Stellen Sie sich alles vor, was Sie über die Jahre so gerne gesagt, getan oder ausprobiert hätten – und nicht getan haben, weil etwas Sie daran gehindert hat. Gut möglich, dass dieses Etwas ein zu geringes Selbstvertrauen war. Ohne Selbstvertrauen bleiben wir im Sumpf unserer unerfüllten Wünsche stecken und lassen uns ständig neue Ausreden einfallen, bis wir wie erstarrt sind. Das kann anstrengend, frustrierend und deprimierend sein. Ob Sie berufstätig sind oder nicht, ob Sie eine Führungsposition oder einen Teilzeitjob anstreben: Wäre es nicht großartig, Ihre Bedenken und Ihre Ängste vor dem, was Sie gerne ausprobieren möchten, sich aber nicht zutrauen, einfach über Bord zu werfen?

Im Grund genommen müssen wir uns nur dazu aufraffen, aktiv zu werden, etwas zu riskieren und vielleicht zu scheitern, und wir müssen aufhören zu grummeln, uns zu entschuldigen und Ausflüchte zu suchen. Es ist nicht so, dass Frauen nicht die Fähigkeit hätten, erfolgreich zu sein; es ist vielmehr so, dass wir anscheinend nicht glauben, erfolgreich sein zu können, und das hindert uns daran, es wenigstens zu versuchen. Frauen sind so erpicht darauf, alles perfekt zu machen, dass es uns davor graut, etwas nicht richtig hinzukriegen. Aber wenn wir keine Risiken eingehen, werden wir die nächsthöhere Stufe nie erreichen.

Die gründlich ausgebildete Frau des 21. Jahrhunderts sollte weniger Zeit damit verbringen, sich Gedanken zu machen, ob sie kompetent genug ist, sondern mehr Zeit damit, an sich zu glauben und zur Tat zu schreiten. Kompetenz hat sie mehr als genug.

Vor nicht allzu langer Zeit bezeichnete das Magazin Economist das Empowerment von Frauen in der Wirtschaft als die gravierendste gesellschaftliche Veränderung unserer Zeit. In den USA machen inzwischen mehr Frauen als Männer Universitäts- und Hochschulabschlüsse. Wir leiten einige der bedeutendsten Unternehmen. Weltweit gibt es 17 weibliche Staatsoberhäupter. Wir kontrollieren mehr als 80 Prozent der Konsumausgaben in den Vereinigten Staaten, und bis 2018 werden Ehefrauen in den Vereinigten Staaten mehr verdienen als ihre Ehemänner. Heute stellen Frauen die Hälfte der Erwerbstätigen und nivellieren allmählich das Ungleichgewicht im mittleren Management. Unsere Kompetenz und unsere Fähigkeit, uns hervorragend zu schlagen, waren nie offensichtlicher. Diejenigen, die die Werteverschiebung in der Gesellschaft genau unter die Lupe nehmen, sehen eine Welt, die zunehmend von Frauen geprägt sein wird.

Und dennoch: An der Spitze ist unser Anteil immer noch klein und wird kaum größer. Auf allen Ebenen werden unsere Begabungen nicht ausreichend wahrgenommen. Wir glauben, dass wir Frauen auf der Stelle treten, weil wir allzu oft nicht erkennen, ja uns nicht einmal vorstellen können, was möglich ist.

»Wenn ein Mann, der sich seine spätere berufliche Laufbahn vorstellt, in den Spiegel schaut, dann blickt ihm ein Senator entgegen. Eine Frau wäre niemals so anmaßend.« Diese entwaffnend einfache Beobachtung von Marie C. Wilson, einer Veteranin der politischen Frauenbewegung, bildete auf vielfältige Weise die Startrampe für die vorliegende Entdeckungsreise. Sie entspricht für uns der Wirklichkeit so sehr, weil sie sowohl unsere Zurückhaltung wie auch unsere Unsicherheit perfekt auf den Punkt bringt. Und wir möchten dem noch etwas hinzufügen: Auch wenn wir bereits Senatorinnen, CEOs oder Führungskräfte anderer Art sind, erkennen wir uns und unsere Erfolge nicht im Spiegel. Frauen, die bewundernswerte Höhen erklommen haben, können sich dennoch nicht immer von dem nagenden Gefühl befreien, am Ende als inkompetente Schaumschlägerinnen entlarvt zu werden. Und statt dass dieses Gefühl mit zunehmendem Erfolg abnimmt, verstärkt es sich oft noch, je höher wir aufsteigen.

Ein Jahr, bevor Sheryl Sandberg, die COO von Facebook, ihr Buch Lean In veröffentlichte, erzählte sie uns: »Es ist noch immer so, dass ich manchmal aufwache und das Gefühl habe, eine Betrügerin zu sein, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich an der Position sein sollte, in der ich bin.« Uns ging es ganz ähnlich: Auch wir führten unseren eigenen Erfolg jahrelang auf Glücksfälle zurück oder – wie Blanche DuBois aus Tennessee Williams’ Endstation Sehnsucht – auf die Freundlichkeit von Fremden. Und dabei werteten wir uns nicht absichtlich ab – wir glaubten es tatsächlich. Denn das, was wir erreicht hatten, konnten wir wohl kaum aus eigener Kraft erreicht haben, oder?

Oft schwindet das weibliche Selbstbewusstsein auf weit weniger spektakuläre Weise. Peggy McIntosh, Soziologin am Wellesley College Center, die ausführlich über ein Phänomen geschrieben hat, das passenderweise »Hochstapler-Syndrom« genannt wird, erinnert sich noch lebhaft an eine Konferenz, an der sie teilnahm: »In der Plenarsitzung hielten nacheinander 17 Frauen einen Vortrag, und alle 17 begannen ihre Rede mit irgendeiner Entschuldigung oder Distanzierung: ›Ich will eigentlich nur ein Argument vorbringen‹, oder: ›Ich habe mir darüber keine großen Gedanken gemacht‹, oder: ›Ich weiß wirklich nicht, ob das jetzt ganz korrekt ist.‹ Man bedenke, dass die Konferenz Frauen in Führungspositionen zum Thema hatte!«

Die Daten sind ziemlich ernüchternd. Im Vergleich zu Männern glauben wir, dass wir für eine Beförderung noch nicht reif sind, wir sagen voraus, dass wir bei Prüfungen schlechter abschneiden werden, bei Umfragen erzählen wir in großer Anzahl unumwunden, dass wir uns in unseren Jobs einfach nicht souverän fühlen.

Ein Teil des Problems liegt darin, dass uns die Spielregeln nicht vollkommen einleuchten. Lange Zeit glaubten wir, dass unsere natürlichen Begabungen automatisch erkannt und belohnt würden, sofern wir nur mehr arbeiteten und keinen Ärger machten. Aber dann mussten wir zusehen, dass nicht wir, sondern die Männer befördert und auch besser bezahlt wurden. Insgeheim wissen wir, dass sie nicht fähiger sind als wir, oft sogar weniger kompetent sind als wir, aber sie strahlen ein Maß an Zufriedenheit mit sich selbst aus, das ihnen Aufmerksamkeit und Belohnung garantiert. Dieses Wohlbehagen, diese Sicherheit in Hinblick auf die eigenen Fähigkeiten – das ist Selbstvertrauen oder wenigstens das, was sie dafür halten.

Überwiegend ist die Art und Weise, wie sich Selbstvertrauen bei Männern manifestiert, für Frauen eher unattraktiv, es ist ihnen regelrecht fremd. Den meisten Frauen widerstrebt es, in Gesprächen das große Wort zu führen, sich in Konferenzen wichtigzumachen, anderen ins Wort zu fallen oder mit den eigenen Errungenschaften zu prahlen. Einige von uns haben diese Taktiken über die Jahre ausprobiert, nur um festzustellen, dass das einfach nicht unser Stil ist.

Lassen Sie uns hier kurz innehalten und Folgendes anmerken: Wir wissen, dass wir stark vereinfachen, wenn wir Frauen über einen Kamm scheren. Einige Frauen haben den »Confidence Code« schon geknackt, andere werden sich auf diesen Seiten nicht immer wiederfinden. Als Geschlecht sind wir alles andere als homogen. Aber das Thema ist für die meisten Frauen wichtig genug – für Frauen aller Persönlichkeitsstrukturen, aller ethnischen und religiösen Hintergründe und aller Einkommensverhältnisse –, dass Sie uns unsere Entscheidung hoffentlich nachsehen werden, hin und wieder zu verallgemeinern, statt ständig zu relativieren. Wir sind entschlossen, einen weiten Bogen zu spannen, denn das Thema hat es verdient.

Es steht zu viel auf dem Spiel, um nur deshalb damit aufzuhören, uns um Selbstvertrauen zu bemühen, weil das vorherrschende männliche Vorbild nicht passen könnte oder die Realität nichts Gutes ahnen lässt. Es gibt zu viele Chancen, die wir verpassen würden. Als wir wissenschaftliche Veröffentlichungen analysierten und uns die Interviewprotokolle noch einmal vornahmen, wurde uns klar, dass wir einen Bauplan für Selbstvertrauen brauchen, einen »Confidence Code«, wenn Sie so wollen, der Frauen in die richtige Richtung zu lenken vermag.

Nehmen wir zum Beispiel Frauen wie unsere Freundin Vanessa, eine erfolgreiche Fundraiserin für eine Non-Profit-Organisation. Kürzlich rief der Geschäftsführer sie für einen Jahresrückblick in sein Büro. Sie hatte eine große Summe Geld für die Organisation gesammelt und rechnete daher mit großem Lob. Stattdessen konfrontierte er sie mit der Realität: Ja, es treffe zu, dass sie erfolgreich Spenden eingetrieben habe, doch falls sie in der Organisation jemals eine leitende Funktion anvisieren wolle, müsse sie allmählich lernen, Entscheidungen zu fällen. »Es kommt nicht darauf an, ob die Entscheidungen richtig sind«, sagte er zu ihr. »Ihre Mannschaft muss nur wissen, dass Sie eine Entscheidung treffen und auch daran festhalten können.« Vanessa traute ihren Ohren nicht: Es kommt nicht darauf an, ob die Entscheidungen richtig sind? Das ging ihr vollkommen gegen den Strich.

Doch Vanessa erkannte die Wahrheit, die in den Worten ihres Vorgesetzten steckte: Sie war so sehr darauf fixiert, perfekt zu sein und alles richtig zu machen, dass sie sich vor Entscheidungen drückte, insbesondere vor Entscheidungen, die schnell getroffen werden mussten. Wie so viele Frauen ist Vanessa Perfektionistin, aber weder ihr Streben nach Perfektion noch ihre 14-Stunden-Tage waren das, was ihre Gruppe wirklich brauchte. Und darüber hinaus hinderten ihre Angewohnheiten sie daran, die Entschlossenheit an den Tag zu legen, die gefordert war.

Wenn Sie es wie wir machen und Wissenschaftler und Experten fragen, wie sie Optimismus definieren, werden Sie ziemlich einheitliche Antworten bekommen. Dasselbe gilt für Glück und viele andere grundlegende psychologische Eigenschaften. Sie wurden so oft und so ausgiebig analysiert und untersucht, dass wir mittlerweile über eine Fülle praktischer Ratschläge verfügen, wie wir diese Attribute bei uns und bei anderen kultivieren können. Für Selbstvertrauen jedoch gilt dies nicht, wie wir herausfanden. Beim Selbstvertrauen handelt es sich insgesamt um eine enigmatischere Eigenschaft, und was wir darüber erfuhren, ist ganz und gar nicht das, was wir erwartet hatten, als wir darangingen, sein Wesen zu enttarnen.

Um nur ein Beispiel zu nennen: Es gibt einen Unterschied zwischen Draufgängertum und Selbstvertrauen. Wir erkannten auch, dass Selbstvertrauen sich nicht ausschließlich im Kopf abspielt und sich nicht durch spezielle Übungen zur Stärkung des Selbstwertgefühls erzeugen lässt. Und was vielleicht am verblüffendsten war: Wir entdeckten, dass Erfolg viel mehr mit Selbstvertrauen zu tun hat als mit Kompetenz. Ja, es gibt Anhaltspunkte dafür, dass Selbstvertrauen wichtiger ist als Kompetenz, wenn es ums Weiterkommen geht. Für uns waren das besonders erschütternde Erkenntnisse, denn schließlich hatten wir beide unser ganzes Leben lang nach Kompetenz gestrebt.

Eine weitere beunruhigende Erkenntnis ist, dass einige von uns einfach mit mehr Selbstvertrauen auf die Welt kommen als andere. Das ist, wie sich herausstellt, zum Teil genetisch bedingt. Wir gaben Gentests von uns selbst in Auftrag, weil wir wissen wollten, wie wir selbst dastehen. Darüber werden wir Ihnen später berichten, aber so viel sei gesagt: Wir waren von den Ergebnissen überrascht. Und wir entdeckten, dass das männliche und das weibliche Gehirn tatsächlich auf eine Art unterschiedlich funktionieren, die sich auf unser Selbstbewusstsein auswirkt. Ja, diese Behauptung ist umstritten. Und ja, sie trifft trotzdem zu.

Doch Selbstvertrauen ist nur zum Teil Wissenschaft. Der andere Teil ist Praxis. Wie Menschen ihr Leben führen, hat einen überraschend großen Einfluss auf ihr ursprünglich angelegtes Selbstvertrauen. Die neueste Forschung zeigt, dass wir unser Gehirn im wahrsten Sinn des Wortes verändern können, sodass unsere Gedanken und unser Verhalten beeinflusst werden, und zwar in jedem Alter. Demnach ist glücklicherweise ein wesentlicher Bestandteil des »Confidence Code«, was Psychologen »Volition« nennen: unsere Willensentscheidung. Wenn wir uns ernsthaft bemühen, können wir alle unser Selbstvertrauen bewusst stärken. Aber dahin werden wir nur kommen, wenn wir aufhören, perfekt sein zu wollen, und wenn wir uns auf Fehlschläge gefasst machen.

Was Wissenschaftler die »Plastizität des Gehirns« nennen, nennen wir »Hoffnung«. Wenn Sie daran arbeiten, können Sie Ihre Hirnstruktur tatsächlich empfänglicher für Selbstvertrauen machen. Wenn wir etwas über uns Frauen wissen, dann das: Wir haben keine Angst vor harter Arbeit.

Als Reporter sind wir in der glücklichen Lage, auf der Suche nach guten Geschichten die Schaltstellen der Macht überall auf der Welt zu erkunden, und wir haben die Chancen gesehen, die das Selbstvertrauen einem Menschen eröffnet. Wir stellen fest, dass einige Menschen sich hohe Ziele setzen und einfach darauf vertrauen, erfolgreich zu sein, während andere die gleiche Zeit und Energie darauf verwenden, sich Dutzende von Gründen auszudenken, weshalb sie es nicht schaffen könnten. Als Mütter haben wir beobachtet, welche Auswirkungen Selbstvertrauen auf unsere Kinder hat. Wir sehen Kids, die freiheraus reden, handeln und Risiken eingehen, dabei lernen und unzählige Lektionen für ihr zukünftiges Leben ansammeln. Und wir sehen die Jugendlichen, die sich aus Angst vor diffusen, unabsehbaren Konsequenzen zurückhalten.

Und als Frauen haben wir beide ganz besonders dank dieses Projekts die lebensverändernden Auswirkungen von Selbstvertrauen auf unser Berufs- und Privatleben gespürt. Wir haben tatsächlich entdeckt, dass Leistung nicht der aussagekräftigste Maßstab für Selbstvertrauen ist. Allein es zu besitzen und nutzbringend anzuwenden verschafft ein außerordentliches Gefühl der Befriedigung. Eine Wissenschaftlerin beschrieb im Interview ihre gelegentliche Berührung mit Selbstvertrauen besonders plastisch: »Ich habe das unbeschreibliche Gefühl, so genau in die Welt zu passen wie ein Schlüssel ins Schloss«, sagte sie zu uns. »Ich bringe etwas zustande. Und ich bin vernetzt.« Ein Leben voller Selbstvertrauen ist immer bemerkenswert.

1 Es genügt nicht, gut zu sein

Bevor wir überhaupt sahen, wo die Tür war, hörten und spürten wir schon das Stampfen, das dumpfe Poltern und die gebellten Anweisungen durch die Gänge dröhnen. Auf der Jagd nach Selbstvertrauen in seiner reinsten Form waren wir in die Eingeweide des Verizon Centers vorgedrungen, des gewaltigen Sportkomplexes in Washington, D.C. Wir wollten Selbstvertrauen in Aktion erleben, es auf dem Basketballfeld beobachten, wo es, wie wir mutmaßten, unberührt von den Turbulenzen des gewöhnlichen Lebens und unbeschwert vom Geschlechterkampf auf seine Essenz reduziert sein musste. Wir erhofften uns ein Aha-Erlebnis, eine Demonstration des Selbstvertrauens, so klar und zwingend, dass es unser weibliches psychologisches GPS umprogrammieren und neu justieren würde: Hier entlang! So sieht das aus, wo ihr hinwollt. Hier geht’s lang.

Es war das Eröffnungstraining der Washington Mystics für die Spielzeit 2013/2014, und was uns als Erstes ins Auge stach, als wir den schlecht beleuchteten Trainingssaal im Untergeschoss betraten, war die alles überragende Physis der Frauen. Es war nicht nur so, dass sie mit durchschnittlich über eins achtzig alles überragten und muskelbepackte Arme hatten, von denen wir nur träumen konnten. Noch dazu strahlten sie eine ungeheure Autorität aus, die daher rührte, dass sie eine der aggressivsten und anspruchsvollsten Profi-Sportarten gemeistert hatten.

Unverfälschtem Selbstvertrauen auf die Spur zu kommen ist nicht einfach. Einen Abklatsch davon hatten wir immer wieder in Vorstandsetagen, politischen Amtszimmern und Fabrikhallen zu sehen bekommen. Aber oft erschien dieses Selbstvertrauen flüchtig oder durch gesellschaftliche Zwänge verzerrt. Manchmal war es auch einfach nur vorgetäuscht, wie wir fanden: ein gut einstudiertes Theaterstück, hinter dem sich tiefe Gräben von Selbstzweifeln verbargen. Wir hatten uns vorgestellt, dass das beim Sport irgendwie anders wäre. Auf dem schimmernden, 28 mal 15 Meter großen Basketballfeld kannst du Selbstvertrauen nicht vortäuschen. Um hier zu gewinnen, musst du an dich glauben. Kein Anzweifeln, kein Diskutieren, kein Zaudern. Wie bei allen Spitzensportarten werden die Leistungen präzise gemessen, aufgezeichnet und beurteilt. Und wenn erst einmal die grundlegenden körperlichen Voraussetzungen vorliegen, ist Selbstvertrauen im Leistungssport der wichtigste Baustein für Erfolg. Legionen von Sportpsychologen haben dessen elementare Bedeutung für das Spiel herausgestellt. Wäre das nicht der Fall und mangelndes Selbstvertrauen kein Problem, dann könnten wir uns Sportpsychologen von vornherein schenken, oder?

Daher wussten wir, dass der Frauenbasketball ein unerschöpfliches Laboratorium für uns sein würde. Darüber hinaus bietet diese ganz besondere Petrischale die seltene Gelegenheit, erwachsene Frauen dabei zu beobachten, wie sie zusammenarbeiten, und zwar überwiegend isoliert von Männern, womit eine wichtige Selbstvertrauensbremse ausscheidet.

An diesem Morgen ging es auf dem Spielfeld mächtig ab. Die Mystics waren entschlossen, sich nach den schlechtesten zwei Spielzeiten in der 17-jährigen Geschichte der Women’s National Basketball Association (WNBA) wieder nach oben zu kämpfen. Wir konzentrierten uns auf zwei Spielerinnen: Monique Currie, oder Mo, wie ihre Mannschaftskolleginnen sie nennen, stammt aus Washington, D.C., und war schon an der Prep School und später an der Duke University ein Basketball-Genie. Sie ist der Stürmerstar der Mannschaft und die aggressivste Spielerin, die wir ausmachen konnten. Ihre Schultern sind selbst angesichts ihrer Größe von eins dreiundachtzig beeindruckend breit, und diesen Vorteil wusste sie entschlossen zu nutzen, wenn sie ein ums andere Mal den Korb attackierte.

Crystal Langhorne, eins achtundachtzig groß, ist Center der Mannschaft. Als sie die Highschool besuchte, musste ihrem tief religiösen Vater die Erlaubnis abgerungen werden, sie an Sonntagen spielen zu lassen. Als Profi hat sie es von einer mittelmäßigen Anfängerin zur Spielerin in der All-Star-Auswahl mit einem lukrativen Werbevertrag eines Sportartikelherstellers gebracht. Ein weißes Schweißband bändigte ihre langen, dunklen Haare, als sie zum Korb sprintete und den Ball mit Zen-gleicher Ruhe versenkte.

Schon wenige Augenblicke, nachdem wir die Halle betreten hatten, begann ein Trainingsspiel, und da war es: ein von Leidenschaft und Kampfgeist geprägter Wettkampf, der eine überwältigende Abfolge perfekt getimter Pässe, artistischer Körpertäuschungen und Drei-Punkte-Würfe anfachte – eine aufsehenerregende Demonstration von Agilität und Kraft.

Selbstvertrauen ist die Reinheit einer Handlung, erzeugt von einem Geist, der frei ist von Zweifeln. So definiert es einer unserer Experten. Und genau das hatten wir gerade auf dem Spielfeld miterlebt, dachten wir triumphierend.

Nach dem Training stellten wir allerdings etwas ganz anderes fest: Als wir uns mit Monique und Crystal zum Gespräch zusammensetzten, wurde unsere scheinbar glasklare Momentaufnahme von einer Vielzahl an Zweifeln und Widersprüchen getrübt. Nicht einmal hier in der WNBA hatten sie die Selbstvertrauensbarrieren wirklich einreißen können.

Ohne das Spielfeld im Rücken und ohne die coolen Sportklamotten wirkten Monique und Crystal nicht mehr ganz so einschüchternd. Nun waren sie nur noch außergewöhnlich große, attraktive, sichtlich erschöpfte junge Frauen, die sich erleichtert in die Polstersessel der VIP-Lounge fallen ließen. Monique, die sich umgezogen hatte und nun ein T-Shirt unter einer knappen Jeansjacke trug, stieg sofort ernsthaft und engagiert in das Thema Selbstvertrauen ein. Uns schwante, dass das Thema bei beiden nicht zum ersten Mal zur Sprache kam.

»Manchmal bist du als Spielerin irgendwie mit deinem Selbstvertrauen auf Kriegsfuß«, sagte Monique. »Das kann daran liegen, dass es manchmal nicht so gut läuft, oder daran, dass du glaubst, nicht so gut zu spielen, wie du könntest. Um aber auf diesem Niveau zu spielen, musst du einfach an das glauben, was möglich ist, und du musst auf dein Können vertrauen.«

Crystal, deren Gesicht zum Teil unter einer Yankees-Mütze verborgen war, nickte. Dann beteiligte sie sich ebenfalls an der Unterhaltung und merkte an, dass vielfach Dinge dem Selbstvertrauen der Spielerinnen in die Quere kommen, die Männer anscheinend nicht im Geringsten jucken. »Angenommen, ich hätte schlecht gespielt«, sagte sie, »dann denke ich: ›Oh Gott, wir haben verloren.‹ Und dann geht es mir schlecht, weil ich der Mannschaft gern zum Sieg verholfen hätte und auch für die Fans gern gewonnen hätte. Aber bei den Jungs ist es anders: Wenn die schlecht gespielt haben, denken sie: ›Na und? Ich habe schlecht gespielt.‹ Die schütteln die Niederlage schneller ab.«

Bei dem Gespräch mit Crystal und Monique fiel auf, dass jeder Antwort ein Vergleich mit den Jungs folgte, obwohl wir nicht einmal danach gefragt hatten. Und die Mystics traten ja nicht einmal direkt gegen die Männer an. Dieser Frust hörte sich so vertraut an, dass wir dieses Gespräch ebenso gut mit Frauen in unserer Branche hätten führen können. Weshalb gehen Männer normalerweise einfach davon aus, dass sie so großartig sind? Weshalb scheinen Fehler und wenig schmeichelhafte Kommentare einfach an ihnen abzuperlen?

»Auf dem Spielfeld ist es nicht ganz einfach, bestimmte Dinge zu sagen oder knallhart zu spielen«, sagte Crystal, »weil Frauen sich dann verletzt fühlen. Unser Kotrainer sagt, dass es bei den Jungs so ist, dass sie sich wüst beschimpfen, es dann aber sofort wieder vergessen.«

»Ich bin anders«, bemerkte Monique und grinste schief. »Als Spielerin bin ich gnadenlos.«

»Mo ist anders – sie spielt eher wie ein Mann«, erklärte Crystal und lachte zustimmend. »Wenn du zu Mo was sagst, schüttelt sie es einfach ab. Sie kann richtig losbrüllen. Ich spiele schon ein Weilchen mit Mo. Ich weiß, wie sie ist.«

Trotzdem verdrehte sogar Monique die Augen bei der Frage, ob die Quelle ihres Selbstvertrauens wirklich so ergiebig sprudelt wie bei den Männern. »Bei den Männern ist es so, dass sie vielleicht 13 bis 15 Namen auf der Spielerliste stehen haben«, sagte Monique in dem typischen, leicht gereizten Tonfall, der uns bei ihr schon aufgefallen war, »aber ich habe das Gefühl, dass auch alle anderen, bis hinunter zum letzten Spieler auf der Bank, der nicht eine einzige Minute zum Spielen kommt, ein ebenso großes Selbstvertrauen und Ego haben wie der Spielerstar der Mannschaft.« Sie lächelte, schüttelte den Kopf und fuhr fort. »Bei Frauen ist das anders. Wenn du nicht spielst oder wenn du nicht zu den besseren Spielerinnen der Mannschaft gezählt wirst, dann hat das wirklich negative Auswirkungen auf das Selbstvertrauen, glaube ich.«

Wir wollten wissen, was der Trainer der Mystics, den wir schon während des Spiels gesehen hatten, von alldem hielt. Mike Thibault, im marineblauen Poloshirt der Mystics, gut 15 Zentimeter kleiner als die meisten Spielerinnen und doppelt so alt, war einer der wenigen Männer am Spielfeldrand. Er war eine Trainerlegende bei der WNBA, hatte den Connecticut Sun, Rivalinnen der Mystics, mehrere siegreiche Jahre beschert und war erst kurz zuvor mit der Mission in Washington eingetroffen, das Geschick der Mannschaft zum Besseren zu wenden. Er war wie kein anderer dazu geeignet, über das Thema Selbstvertrauen bei männlichen und weiblichen Sportlern zu sprechen, denn er hatte sowohl die einen als auch die anderen trainiert. Als NBA-Scout war Thibault mitverantwortlich für die Verpflichtung Michael Jordans gewesen. Danach wurde er Assistenztrainer bei den Los Angeles Lakers und trainiert nun seit zehn Jahren die Frauen. Die Neigung, ständig über Misserfolge und Fehler zu grübeln, und die Unfähigkeit, die Außenwelt auszuklammern, sind seiner Ansicht nach die größten psychologischen Hindernisse für seine Spielerinnen. Sie wirken sich direkt auf die Leistung und das Selbstvertrauen auf dem Spielfeld aus.

»Wahrscheinlich gibt es einen Unterschied dazwischen, hart zu sich selbst zu sein und überkritisch zu sein«, sagte er. »Die besten männlichen Spieler, die ich trainiert habe, ob sie nun Jordan oder sonst wie hießen, sind hart zu sich selbst. Sie treiben sich an. Aber sie haben auch die Fähigkeit, schnell wieder auf Spur zu kommen. Sie halten sich nicht so lange mit Rückschlägen auf. Und genau das machen die Frauen.«

»Das setzt mir sehr zu, weil ich mich manchmal länger an Sachen festbeiße, als gut für mich ist«, bestätigte Mo. »Ich mache mir oft Vorwürfe, wenn ich einen Wurf vergebe, obwohl ich weiß, dass ich dafür gekämpft habe – ich muss mich erst noch daran gewöhnen, einfach zu sagen: ›Pfeif drauf, vergiss das Spiel – denk an das nächste.‹ Selbst mit 30 und nach acht Spielzeiten bei der WNBA ist das etwas, woran ich noch arbeiten muss.«

»Ich denke, dass es bei Frauen noch immer so ist, dass sie den Leuten gefallen wollen«, seufzte Crystal. »Ich glaube, genau das hat letztes Jahr mein Spiel negativ beeinflusst. Mein Problem ist, dass ich den Leuten manchmal einfach gefallen möchte.«

Mo zuckte die Achseln. »Wenn du dich wie ein Mann gibst, genauso prahlst und Selbstvertrauen ausstrahlst, spielst du besser.«

Offen gestanden, hatten wir nichts davon erwartet oder zu hören gehofft. Selbst im Habitat des Frauenbasketballs, von dem wir angenommen hatten, es wäre perfekt geeignet, um der Essenz des Selbstvertrauens nachzuspüren, war sie noch immer nicht greifbar – oder zumindest von den gleichen, altbekannten Kräften gebeutelt wie überall. Monique und Crystal hatten da draußen auf dem Spielfeld so … so wahrhaft selbstsicher gewirkt. Aber nach unserem halbstündigen Gespräch waren wir auf drei Charaktereigenschaften gestoßen, die wir schon vorher auf die Schwarze Liste des Selbstvertrauens gesetzt hatten: grübeln, es allen recht machen wollen und unfähig sein, Niederlagen wegzustecken.

Wenn reines Selbstvertrauen im Leistungssport nicht zu finden war, wo dann? Wir beschlossen, ein Gebiet in den Blick zu nehmen, auf dem Frauen im direkten Wettbewerb mit Männern regelmäßig weit aus ihrer Komfortzone hinausgestoßen werden.

Officer Michaela Bilotta hatte ihren Abschluss an der US-Marineakademie in Annapolis gerade mit Auszeichnung bestanden und gehörte zu den 14 ausgewählten Absolventinnen, die eine Stelle bei der hoch angesehenen Behörde für Kampfmittelbeseitigung (EOD) ergatterten. Die EOD ist verantwortlich dafür, mit chemischen, biologischen und nuklearen Waffen in Konfliktgebieten umzugehen und sie zu entschärfen, und ihre Mitarbeiter nehmen regelmäßig an Aktionen der Sondereinsatzkräfte teil. Um ausgewählt zu werden, muss man zu den Besten gehören. Als wir Michaela Bilotta zu ihrem neuen Posten gratulierten, wiegelte sie sofort ab und nannte es »ein Stück weit Zufall«. Wir machten sie darauf aufmerksam, dass sie soeben unabsichtlich ihre eigene Leistung herabgewürdigt hatte. Sie lächelte halbherzig.

»Ich glaube, bei mir hat es bestimmt länger als bei anderen gedauert, bis ich zugeben konnte, dass ich es mir verdient hatte«, gestand Bilotta. »Aber ja, sehe ich von außen darauf, kann ich jetzt auch denken: ›Schließlich hast du die ganze Arbeit gemacht und die Stelle verdient, die du jetzt hast.‹« Sie schwieg. Wir saßen mit ihr im Keller ihres Elternhauses, der mit Sportgeräten, Pokalen und akademischen Auszeichnungen vollgestopft war – Souvenirs fünf zielstrebiger Mädchen, die dort ihre Kindheit verbracht hatten. Keinerlei Hinweise auf eine Kindheit, in der der Glaube an sich selbst nicht gefördert worden wäre. »Ich habe es einfach angezweifelt«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Ich habe mich gefragt: ›Wie ist das passiert? Was hatte ich für ein Glück.‹«

Glück. Was könnte weiter entfernt von Glück sein, als diese klar definierten, objektiv gemessenen physischen, mentalen und intellektuellen Hürden zu meistern, die das Militär für jemanden wie Michaela Bilotta so wohldurchdacht aufgestellt hatte? Wie kam es, dass sie nicht erkennen konnte, dass das, was sie erreicht hatte, nicht einfach nur ein Zufallstreffer war?

Natürlich wissen wir genau, wie sie sich fühlt. Auch wir waren Experten darin, unsere Erfolge den Launen des Schicksals zuzuschreiben. Katty vertritt noch immer die Ansicht, dass sie ihr öffentliches Image in Amerika ihrem englischen Akzent verdankt, der ihr, wann immer sie den Mund aufmacht, anscheinend ein paar zusätzliche IQ-Punkte beschert. Claire erzählte jahrelang allen Leuten, sie sei zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen und habe »einfach Glück gehabt«, wenn sie gefragt wurde, wie es ihr mit noch nicht einmal 30 Jahren gelungen war, CNN-Korrespondentin zu werden und über den Zusammenbruch des Kommunismus in Moskau zu berichten.

»Jahrelang glaubte ich tatsächlich, dass es nur Glück war. Selbst jetzt, während ich das hier schreibe, muss ich gegen dieses Gefühl ankämpfen. Und erst vor Kurzem habe ich realisiert, dass ich durch meine Weigerung, meine Erfolge mir selbst zuzuschreiben, mein Selbstvertrauen nicht gerade gestärkt habe. Und dabei hätte ich es für meine nächsten Karriereschritte gut brauchen können«, gesteht sie. »Mir haben buchstäblich die Knie gezittert, als ich wieder nach Washington gehen und aus dem Weißen Haus berichten sollte. Damals dachte ich bei mir: ›Ich werde nie lernen, über Politik zu berichten. Ich habe keinen blassen Schimmer davon.‹« Statt ständig daran zu denken und sich mit Zweifeln zu quälen, ob sie den Erwartungen gerecht werden kann, hätte sie lieber auf das bauen sollen, was sie bis dahin erreicht hatte. Das hätte ihr den nötigen psychologischen Schub gegeben.

Je mehr wir die Landschaft nach Nestern blühenden Selbstvertrauens absuchten, umso öfter stießen wir auf Anhaltspunkte für Defizite. Die Selbstvertrauenskluft zwischen den Geschlechtern ist ein Abgrund, der sich durch Berufssparten, Einkommensniveaus und Generationen hinzieht, in vielen Verkleidungen auftritt und an Orten, an denen man ihn am wenigsten erwarten würde.

Auf einer Konferenz, die wir im State Department moderierten, sprach die frühere Außenministerin Hillary Clinton offen über ihre Ängste, als sie 2002, nach acht Jahren als First Lady, nach Jahrzehnten als Ehefrau eines Politikers und nach einer erfolgreichen Anwaltskarriere, beschloss, für den Senat zu kandidieren. »Es ist schwierig, sich mit öffentlichen Niederlagen auseinanderzusetzen. Mir wurde klar, dass ich Angst hatte, zu verlieren«, erzählte sie uns. Damit hatten wir nicht gerechnet. »Am Ende drängte mich der Trainer einer Highschool-Frauenbasketballmannschaft, es doch zu tun«, sagte sie. »Er sagte zu mir: ›Natürlich könnten Sie verlieren. Na und? Riskieren Sie es einfach, Mrs Clinton. Riskieren Sie es einfach.‹«

Elaine Chao riskierte es einfach. Sie war die erste asiatischstämmige amerikanische Ministerin auf nationaler Ebene.1 Acht Jahre lang wirkte sie unter Präsident George W. Bush als Arbeitsministerin und war damit das einzige Kabinettsmitglied, das die gesamte Amtszeit des Präsidenten überdauerte. In ihrer Biografie gab es nicht viel, was einen solchen Höhenflug vorherbestimmt hätte. Chao wurde auf Taiwan geboren; nachdem ihr Vater das Geld für die Überfahrt zusammengekratzt hatte, kam sie mit acht Jahren mit einem Frachtschiff in die Vereinigten Staaten. Ihr Aufstieg liest sich wie die klassische Story von harter Arbeit, Risiko und eisernem Selbstvertrauen.

Aber als wir Chao fragten, ob sie in all den Jahren im Amt jemals an ihren Fähigkeiten gezweifelt hatte, antwortete sie entwaffnend aufrichtig und witzig: »Ständig. Schließlich bin ich asiatischer Abstammung. Was denken Sie denn? Ich hatte Angst, dass die Zeitungen dicke, fette Schlagzeilen bringen könnten, deren Tenor wäre: ›Elaine Chao gescheitert! Blamage für die ganze Familie.‹«

Wir hatten erwartet und auch gehofft, dass die jüngere Generation merklich andere Geschichten zu erzählen hat. Aber ihre Geschichten ähneln den bisherigen in unheimlicher Weise. Es ist schwierig, sich eine erfolgreichere Vertreterin der Generation Y vorzustellen als Clara Shih. 2010 gründete die 31-jährige Software-Unternehmerin Hearsay Social, eine erfolgreiche Plattform für Social-Media-Marketing. Im zarten Alter von 29 wurde sie Aufsichtsratsmitglied bei Starbucks. Sie ist eine der wenigen weiblichen CEOs in der Techno-Macho-Welt, die das Silicon Valley noch immer ist. Obwohl die Selbstvertrauenskluft sie nicht daran hindern konnte, einige beeindruckende Leistungen zu vollbringen, räumt sogar sie ein, dass sie damit zu kämpfen hatte. »In Stanford fand ich das Hauptfach Computerwissenschaften ausgesprochen schwierig. Ich musste wirklich viel büffeln, besonders in den Vorlesungen der höheren Semester«, erzählte uns Shih. »Aber irgendwie war ich überzeugt davon, dass andere keine Probleme damit hatten. Manchmal hatte ich das Gefühl, als verdiente ich das alles gar nicht.« Shih dachte sogar daran, abzuspringen und ein einfacheres Hauptfach zu wählen. Bei der Abschlussfeier staunte sie allerdings nicht schlecht, als sie erfuhr, dass sie den Studiengang als Beste ihres Semesters abgeschlossen hatte: »Mir wurde klar, dass ich es verdient hatte, die ganze Zeit durchgehalten zu haben, und dass der eine oder andere dieser Computer-Schlaumeier auch nicht unbedingt der Überflieger war.«

Tia Cudahy, Anwältin in Washington, D.C., die immer einen ruhigen, optimistischen und ausgesprochen fokussierten Eindruck vermittelt, erzählte uns, dass sie kürzlich eine Partnerschaft mit einem Kollegen eingegangen war, um externe Beratungen anzubieten – etwas, was sie schon lange hatte versuchen wollen. Und man höre und staune: Es gelang ihnen sofort, einen Vertrag abzuschließen. »Ich stürzte mich allerdings augenblicklich auf das, was ich alles nicht konnte – auf die Aufgaben, für die ich mich nicht kompetent gefühlt habe«, erzählte sie uns. Fast hätte sie den Vertrag platzen lassen, aber schließlich gelang es ihr doch, ihre Zweifel zu unterdrücken.

Glücklicherweise saßen wir mit Tia bei einem Drink zusammen, weshalb wir wenigstens lachen konnten – nachdem uns diese so vertraute Geschichte erst einmal ein Seufzen entlockt hatte. Diese Anfälle von Selbstzweifeln, mit denen wir uns herumschlagen, sind eine derartige Verschwendung von Zeit und Energie. Warum machen wir das?

Selbstvertrauen, serviert mit Crème brulée

Eins achtzig groß, silbernes Haar, elegantes, dunkles Tweedkleid, ausgesprochen selbstbewusstes Auftreten und besonderes Flair: Das war die Frau, die in einem Restaurant in Washington, D.C., auf unseren Tisch zusteuerte. Gäste drehten sich nach ihr um, als sie eine der mächtigsten Frauen der Welt erkannten. Christine Lagarde leitet den IWF, den Internationalen Währungsfonds, eine Organisation, der 188 Mitgliedsstaaten angehören und deren Aufgabe es ist, die weltweiten Finanzsysteme zu stabilisieren, Kredite an ausgewählte Länder zu vergeben und anderen Staaten nötige Reformen aufzuzwingen. Kurz und gut: Sie hat zu tun.

Schon seit wir mit diesem Projekt schwanger gingen, stellten wir uns Christine Lagarde als eine der besten Lotsen durch das Selbstvertrauensdickicht vor. Sie bekleidet eine mächtige Position in dem fast reinen Männerclub globaler Finanztitanen und nutzt ihr eindrucksvolles Profil, Unternehmen und Staatsoberhäupter davon zu überzeugen, Frauen an die Spitze zu bringen – nicht, weil es politisch korrekt wäre, sondern weil sie glaubt, dass es für eine gesunde Weltwirtschaft gut ist. Sie benutzt die gleichen Argumente wie wir in Womenomics: Unter dem Strich lohnt sich Vielfalt für ein Unternehmen.

Vielleicht passt es ganz gut, dass sie ihre derzeitige Position einem ganz besonderen Umstand zu verdanken hat: Während sie sich als französische Finanzministerin darum bemühte, die globale Finanzkrise abzuwehren, stellte sich heraus, dass Dominique Strauss-Kahn, ihr Vorgänger beim IWF und zugleich aussichtsreicher Präsidentschaftskandidat in Frankreich, seine glamouröse und erfolgreiche Ehefrau nach Strich und Faden betrog. Eigentlich wäre zu vermuten gewesen, dass ein solches Detail in seinem Lebenslauf ihn zu einem noch aussichtsreicheren Kandidaten für das Amt des Staatspräsidenten Frankreichs gemacht hätte. Aber seine Frauengeschichten gipfelten schließlich darin, dass er der sexuellen Belästigung eines Hotelzimmermädchens und einer Journalistin beschuldigt wurde. Die Sache mit dem Zimmermädchen wurde irgendwann fallen gelassen, doch in den Vereinigten Staaten kam dieser Skandal in die Schlagzeilen und schwappte schließlich über den Atlantik.2 Anscheinend gibt es auch in Frankreich beim Thema Sex Grenzen, die man überschreiten kann.

Lagarde wurde als die Beste angesehen, um die Dinge wieder ins Lot zu bringen. Mit ihren Waffen – rationales, konziliantes Auftreten und schnörkellose Intelligenz – gelang es ihr, die testosterongeschwängerte internationale Wirtschaftskrise zu beruhigen und mit internen Machtspielen im IWF aufzuräumen.

Als wir Lagarde persönlich kennenlernten, beeindruckten uns ihre königliche Haltung und ihr elegant gestyltes weißes Haar, das ihr Gesicht feminin umrahmte, ohne streng zu wirken. (Der einzige Farbklecks war ein dezent gemusterter Seidenschal, so elegant um ihren Hals drapiert, wie wir es noch nie gesehen hatten und auch bestimmt nie selbst hinkriegen würden. Aufreizend französisch.) Sie stellte sich mit einem freundlichen, durchdringenden Blick vor, dann lächelte sie. Charmant und offen erzählte sie uns von ihren beiden erwachsenen Söhnen, davon, dass sie in Washington lieber mit dem Fahrrad herumfährt als mit dem Auto und von der Fernbeziehung mit ihrem französischen Freund.

In Frankreich aufgewachsen und ausgebildet, hospitierte sie nach der Highschool ein Jahr im Kapitol. Nach dem Jurastudium in Paris beschloss sie, in die Staaten zurückzukehren, weil ihr ein Vorgesetzter in einer Anwaltskanzlei in Frankreich prophezeit hatte, dass sie als Frau niemals Partner der Kanzlei werden würde. Innerhalb von 15 Jahren bei Baker & McKenzie, einer international tätigen Top-Anwaltskanzlei mit Sitz in Chicago, war sie nicht nur Partner geworden, sondern auch deren erste weibliche Vorsitzende.

Bei gegrillter Forelle und Blattspinat erinnerte sie sich an viele Selbstzweifel auf ihrem Weg nach oben. »Oft war ich vor Präsentationen oder Vorträgen ziemlich angespannt, und es gab Momente, in denen ich meinen ganzen Mut zusammennehmen musste, um mich zu Wort zu melden oder ein Argument vorzubringen, statt passiv zu bleiben.«

Und obendrein hat diese Frau noch immer Angst, kalt erwischt zu werden, dieselbe Frau, die in Konferenzen neben den mächtigsten Männern der Welt sitzt und nicht müde wird, sie zu mahnen, ihre Gewohnheiten zu ändern und ihre Volkswirtschaften anders zu führen. »Es gibt Augenblicke, in denen ich mich irgendwie ganz auf mich zurückziehen und meine Stärken, mein Selbstvertrauen, mein Wissen, meinen Hintergrund, meine Erfahrung und was sonst noch in den Ring werfen muss, um einem bestimmten Argument Geltung zu verschaffen.«

Um dies zu kompensieren – das erfuhren wir während des Essens –, bereitet Lagarde sich auf alles doppelt und dreifach vor. Und wer kann ihr nachfühlen, wie schwierig das ist? Eine der wenigen Frauen auf gleicher Augenhöhe: die deutsche Bundeskanzlerin.

»Angela Merkel und ich haben uns darüber unterhalten«, vertraute sie uns an. »Wir entdeckten, dass wir beide die gleiche Angewohnheit haben. Wenn wir an einem bestimmten Thema arbeiten, dann ackern wir die Akten von vorn nach hinten, seitwärts, rückwärts, historisch, genetisch und geografisch durch. Wir wollen alles ganz und gar in den Griff bekommen, und wir wollen alles verstehen, damit wir nicht von anderen Leuten vorgeführt werden.«

Wir schoben die Crème brulée, die wir uns schmecken ließen, zur Seite, schwiegen kurz und ließen das Bild dieser beiden Frauen auf uns wirken, die zu den mächtigsten der Welt gehören: Wie sie die Köpfe zusammenstecken und sich über ihr gemeinsames Bedürfnis austauschen, sich minutiös vorzubereiten. Und dann brachte Lagarde von sich aus etwas zur Sprache, was den meisten Männern niemals einfallen würde: »Irgendwie gehen wir davon aus, dass wir nicht die Fachkompetenz haben, alles bis ins Letzte zu begreifen.«

»Natürlich ist das auch Teil des Themas Selbstvertrauen«, fasste sie zusammen und zuckte die Achseln, »minutiös vorbereitet und genau informiert zu sein und dafür zu sorgen, alles mitzubekommen und keinen Fehler zu machen.« Ob das ein Problem sei, fragten wir. »Zumindest ist es sehr zeitraubend!«, scherzte sie.

Perfektionismus stand ganz oben auf unserer zunehmend längeren Liste von Selbstvertrauenskillern, und so hatte unsere Vorzeigefrau uns mit ihrem Selbstbewusstsein beeindruckt, aber auch gezeigt, wie tief die Probleme reichen. (Und wie beim geteilten Leid tröstete es uns absurderweise, dass wir damit nicht allein waren. Wenn auch Amazonen des Leistungssports, kampferfahrene Absolventinnen der Militärakademie und global agierende Finanzleute für Selbstzweifel empfänglich sind, dann ist es kein Wunder, dass wir Normalsterbliche damit Probleme haben.) Alles in allem hinterließ Lagarde aber trotz ihrer Verletzlichkeiten einen selbstbewussten Eindruck, selbstbewusst auf eine Art, wie wir es auch gerne wären, und über diesen Widerspruch sollten wir uns noch monatelang Gedanken machen.

An jenem Abend, an dem wir mit ihr beim Abendessen saßen, war sie gerade vom Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums im schweizerischen Davos zurückgekommen und erinnerte sich lachend an ein Panel, in dem es um den wirtschaftlichen Fortschritt von Frauen ging und an dem sie mit anderen großen Frauen teilgenommen hatte, darunter ihre Freundin Sheryl Sandberg.

»Da saßen wir nun, und mitten unter uns ein einziger Quotenmann. Der Arme. Er strengte sich sichtlich an, einen dynamischen Eindruck zu vermitteln. Wir versuchten, der Moderatorin zuzuhören oder ihr ein Zeichen zu geben, wenn wir uns in die Debatte einklinken wollten. Ihm war das vollkommen egal. Er ignorierte sie und redete, wann immer es ihm passte. Und in diesem Setting kam er ziemlich unverschämt rüber.«

Dieser Vorfall erinnerte sie daran, dass Frauen nicht unbedingt nach männlichen Regeln tanzen müssen, wenn sie in den Ring steigen: »Abgesehen davon, dass es interessanter ist, eine Frau zu sein als ein Mann: Warum sollten wir diese Tatsache unterdrücken, statt mit Stärke und Selbstbewusstsein so zu sein, wie wir eben sind? Ich sage immer, dass wir nicht danach streben sollten, den Männern alles nachzumachen.«

Das war ein interessanter Gedanke, den wir allerdings erst später richtig schätzen lernen sollten.

20 Prozent weniger wert

Der Mangel an weiblichem Selbstvertrauen ist mehr als nur eine Ansammlung reißerischer Anekdoten oder quälend vertrauter Szenarien. Er ist zunehmend besser quantifiziert und dokumentiert. Das Institute of Leadership and Management in Großbritannien führte 2011 eine Studie durch, in der britische Frauen anhand einer Serie von Fragen aufgefordert wurden, anzugeben, wie selbstsicher sie sich in ihren Berufen fühlen.3 Nicht besonders, wie sich herausstellte. Die Hälfte der Frauen berichtete von Selbstzweifeln hinsichtlich ihrer Leistungen und ihrer Karrieren, während weniger als ein Drittel der männlichen Befragten von Selbstzweifeln sprach.