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Auch in diesen 12 Erzählungen, die 1928 bis 1929 entstanden, geht es um das Streben nach privatem Glück und wirtschaftlichen Erfolg, die Verwirklichung des American Dream und dessen Scheitern. Die Gegensätze arm und reich, treu und untreu stehen im Mittelpunkt dieser Geschichten und Gesellschaftsporträts. Einen thematischen Schwerpunkt bilden in dieser Konstellation allerdings die Basil-Stories. 1928, während sich Fitzgerald mit seinem Roman "Zärtlich ist die Nacht" abmühte, begann er eine Reihe von Geschichten über Basil Duke Lee zu schreiben, eine fiktionalisierte Version seines jüngeren Ichs. Ausgehend von seinen Erfahrungen als Kind und Jugendlicher schrieb er acht Basil-Geschichten, die in der Saturday Evening Post (später dann auch teilweise in der Collection Taps at Reveille) veröffentlicht wurden. Sie erzählen von seinen Erlebnissen in der Zeitspanne als elfjähriger Junge in Buffalo, New York, bis zu seinem Eintritt in die Princeton University im Jahr 1913. Flankiert werden sie von Kurzgeschichten, die sportliche Themen, eine Affäre mit einer Schauspielerin oder auch Erinnerungen an seine Militärzeit während des Ersten Weltkrieges "The Last oft he Belles" (Die letzte Schönheit) reflektieren. Dabei kreuzten sich seine literarischen Themen immer wieder auch mit biographischen Elementen. So beschreibt er beispielsweise in seiner Kurzgeschichte "Magnetism" (Anziehung) eine Affäre, in der ein junges Hollywood-Filmstarlet einen verheirateten Schriftsteller in seiner sexuellen Hingabe zu seiner Frau ins Wanken bringt. Bei einer mondänen Party auf dem Pickfair-Anwesen in Beverly Hills lernte Fitzgerald die 17-jährige Lois Moran kennen, ein Starlet, das durch ihre Rolle in Stella Dallas (1925) berühmt geworden war. Moran und Fitzgerald, die verzweifelt nach intellektueller Unterhaltung suchten, diskutierten stundenlang auf einer Treppe sitzend über Literatur und Philosophie. Fitzgerald war 31 Jahre alt und hatte seine besten Jahre bereits hinter sich, aber die verliebte Moran hielt ihn für einen kultivierten, gut aussehenden und aufstrebenden Schriftsteller. Folglich strebte sie eine Beziehung mit ihm an. Das Starlet wurde für den Autor zur Muse. Auch spielt immer wieder Fitzgeralds Sportbegeisterung eine wichtige Rolle. Soweit heute bekannt ist, war F. Scott Fitzgerald ein großer Fan des College-Footballs, insbesondere in Princeton. In seiner Kurzgeschichte "The Bowl" (Das Football Stadion) bezieht er sich auf das Heimstadion von Yale. Als es 1913/1914 gebaut wurde, war es das größte Stadion der Nation und bot Platz für 70.896 Personen. Das in dieser Geschichte beschriebene Spiel zwischen Yale und Princeton zog 1927 schätzungsweise 80.000 Zuschauer an. Fast hundert Jahre später steht das Spiel immer noch vor denselben Herausforderungen. "Das Football Stadion" ist ein guter 'Schnappschuss' des Lebens in den USA Mitte der 1920er Jahre.
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Seitenzahl: 436
F. Scott Fitzgerald
Das perfekte Leben
12 Erzählungen (1928-1929)
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Inhaltsverzeichnis
Titel
DAS FOOTBALL STADION
VOR DER MÖBELTISCHLEREI
ANZIEHUNG
DIE SKANDAL-DETEKTIVE
EIN ABEND AUF DEM JAHRMARKT
BASIL: DER NEULING
ER GLAUBT, ER SEI WUNDERBAR
DER GEFANGENE SCHATTEN
DAS PERFEKTE LEBEN
FLUCHT NACH VORN
BASIL UND KLEOPATRA
DIE LETZTE DER SCHÖNEN
Bisher sind in dieser Reihe folgende E-Bücher erschienen:
Impressum neobooks
F. Scott Fitzgerald
Das perfekte Leben
Auch in diesen 12 Erzählungen, die 1928 bis 1929 entstanden, geht es um das Streben nach privatem Glück und wirtschaftlichen Erfolg, die Verwirklichung des American Dream und dessen Scheitern. Die Gegensätze arm und reich, treu und untreu stehen im Mittelpunkt dieser Geschichten und Gesellschaftsporträts. Einen thematischen Schwerpunkt bilden in dieser Konstellation allerdings die Basil-Stories. 1928, während sich Fitzgerald mit seinem Roman „Zärtlich ist die Nacht“ abmühte, begann er eine Reihe von Geschichten über Basil Duke Lee zu schreiben, eine fiktionalisierte Version seines jüngeren Ichs. Ausgehend von seinen Erfahrungen als Kind und Jugendlicher schrieb er acht Basil-Geschichten, die in der Saturday Evening Post (später dann auch teilweise in der Collection Taps at Reveille) veröffentlicht wurden. Sie erzählen von seinen Erlebnissen in der Zeitspanne als elfjähriger Junge in Buffalo, New York, bis zu seinem Eintritt in die Princeton University im Jahr 1913. Flankiert werden sie von Kurzgeschichten, die sportliche Themen, eine Affäre mit einer Schauspielerin oder auch Erinnerungen an seine Militärzeit während des Ersten Weltkrieges „The Last oft he Belles“ (Die letzte Schönheit) reflektieren. Dabei kreuzten sich seine literarischen Themen immer wieder auch mit biographischen Elementen. So beschreibt er beispielsweise in seiner Kurzgeschichte „Magnetism“ (Anziehung) eine Affäre, in der ein junges Hollywood-Filmstarlet einen verheirateten Schriftsteller in seiner sexuellen Hingabe zu seiner Frau ins Wanken bringt. Bei einer mondänen Party auf dem Pickfair-Anwesen in Beverly Hills lernte Fitzgerald die 17-jährige Lois Moran kennen, ein Starlet, das durch ihre Rolle in Stella Dallas (1925) berühmt geworden war. Moran und Fitzgerald, die verzweifelt nach intellektueller Unterhaltung suchten, diskutierten stundenlang auf einer Treppe sitzend über Literatur und Philosophie. Fitzgerald war 31 Jahre alt und hatte seine besten Jahre bereits hinter sich, aber die verliebte Moran hielt ihn für einen kultivierten, gut aussehenden und aufstrebenden Schriftsteller. Folglich strebte sie eine Beziehung mit ihm an. Das Starlet wurde für den Autor zur Muse. Auch spielt immer wieder Fitzgeralds Sportbegeisterung eine wichtige Rolle. Soweit heute bekannt ist, war F. Scott Fitzgerald ein großer Fan des College-Footballs, insbesondere in Princeton. In seiner Kurzgeschichte „The Bowl“ (Das Football Stadion) bezieht er sich auf das Heimstadion von Yale. Als es 1913/1914 gebaut wurde, war es das größte Stadion der Nation und bot Platz für 70.896 Personen. Das in dieser Geschichte beschriebene Spiel zwischen Yale und Princeton zog 1927 schätzungsweise 80.000 Zuschauer an. Die großen Teams dieser Zeit waren die Mannschaften der Ivy League, Army, Navy und Notre Dame. Erst in den 1930er Jahren erregten die großen Land Grant Colleges und die Mannschaften der Westküste nationale Aufmerksamkeit. Die enorme Zahl der schweren Verletzungen war bereits damals ein großes Problem. Die Zahl der Todesfälle und Verletzungen stiegen schließlich so weit an, dass sich Präsident Theodore Roosevelt einmischte, dass die NCAA die Spielregeln ändern musste, bis die Spielbedingungen sicherer wurden. Für den Leser ist dieses Thema von zentraler Bedeutung für die Handlung der vorliegenden Geschichte, auch wenn sie sich in der Erzählung erst 20 Jahre später zutrug. Fast hundert Jahre später steht das Spiel immer noch vor denselben Herausforderungen. „Das Football Stadion“ ist ein guter ‚Schnappschuss‘ des Lebens in den USA Mitte der 1920er Jahre.
Impressum
F. Scott Fitzgerald: Das perfekte Leben, 12 Erzählungen (1928-1929)
Neu übersetzt aus dem Amerikanischen von Peter Eckhart Reichel nach den Veröffentlichungen der rechtefreien Originaltexte des Project Gutenberg of Australia.
Titelgestaltung: ebuchedition words&music unter Verwendung einer Titelblattgrafik für Vanity Fair von Eduardo Garcia Benito: „A elegant Couple“ / 1927. Coverschrift gesetzt aus der Dusty Rose NF
© 2024 hoerbuchedition words & music
Alle Rechte vorbehalten.
www.words-and-music.de
ebuchedition words & music
Inhaber: Peter Eckhart Reichel
Hohenzollernstrasse 31
D-14163 Berlin
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Kennwort: F.Scott Fitzgerald: Das perfekte Leben
In meiner Klasse in Princeton gab es einen Mann, der nie zu Footballspielen ging. Er verbrachte seine Samstagnachmittage damit, sich über die griechische Leichtathletik zu informieren und die etwas starren Kämpfe zwischen Christen und wilden Tieren unter den Antoninern zu erforschen. In letzter Zeit - er ist schon einige Jahre aus dem College ausgeschieden - hatte er Footballspieler als Motive für sich entdeckt und fertigt von ihnen Radierungen in der Art des verstorbenen George Bellows an. Aber zuvor war er unempfänglich für das Spektakel vor seiner Haustür, und ich vermute, hinter seinem Urteilsvermögen verbarg sich die zielsichere Erkenntnis darüber, was schön, was bemerkenswert und was einfach nur Spaß machte.
Ich schwelgte in Football, als Zuschauer, als Amateurstatistiker und vereitelter Mitspieler - denn ich hatte zwar in der Vorbereitungsschule in einer Mannschaft schon mitgespielt, und einmal gab es sogar eine Schlagzeile in der Schulzeitung: "Deering und Mullins spielen am Samstag gegen Taft in einem hart umkämpften Spiel". Als ich nach dem Spiel zum Mittagessen hereinkam, stand die ganze Schule auf und klatschte, und der Trainer des Gastvereins schüttelte mir die Hand und prophezeite - fälschlicherweise -, dass man von mir noch hören würde. Die Episode liegt im angenehmsten Lavendel eingebettet in meiner Erinnerung an die Vergangenheit. In jenem Jahr wurde ich sehr groß und dünn, und als ich im darauffolgenden Herbst in Princeton die Studienanfänger besorgt musterte und die höfliche Missachtung sah, mit der sie mich ansahen, wurde mir klar, dass dieser spezielle Traum vorbei war. Keene sagte, er könne aus mir vielleicht einen ganz passablen Stabhochspringer machen - und das tat er auch -, aber es war ein schlechter Ersatz; und meine tiefsitzende Enttäuschung darüber, dass ich kein großartiger Footballspieler werden würde, war wahrscheinlich der Grundstein für meine Freundschaft mit Dolly Harlan. Ich möchte diese Geschichte über Dolly mit einem kleinen Rückblick auf das Yale-Spiel in New Haven im zweiten Studienjahr beginnen.
Dolly wurde als Halfback eingesetzt; es war sein erstes großes Spiel. Ich wohnte mit ihm zusammen und hatte etwas Eigenartiges an seinem Gemütszustand bemerkt, also ließ ich ihn während der gesamten ersten Halbzeit nicht aus den Augenwinkeln. Mit dem Fernglas konnte ich seinen Gesichtsausdruck beobachten; er war angespannt und ungläubig, wie am Tag des Todes seines Vaters, und er blieb so, auch lange nachdem seine Nervosität nachgelassen hatte. Ich dachte, er sei krank und fragte mich, warum Keene es nicht bemerkt hatte und ihn nicht aus dem Spiel herausnahm; erst später erfuhr ich, was los war.
Es war die Yale Bowl. Die Größe oder die geschlossene Form oder die Höhe der Seitenwände des Stadions waren Dolly schon am Vortag auf die Nerven gegangen, als die Mannschaft dort trainiert hatte. Während dieses Trainings hatte er fast zum ersten Mal in seinem Leben einen oder zwei Punts verloren, und er begann zu glauben, dass es an dem Stadion lag.
Es gibt eine neue Krankheit namens Agoraphobie - Angst vor Menschenmengen - und eine andere namens Siderodromophobie - Angst vor Eisenbahnfahrten - und mein Freund Dr. Glock, der Psychoanalytiker, würde Dollys Geisteszustand wahrscheinlich leicht erklären können. Aber hier ist, was Dolly mir hinterher erzählte:
"Wenn Yale einen Punt machte, schaute ich nach oben. In dem Moment, in dem ich nach oben sah, schienen die Seiten dieses verdammten Hexenkessels auch nach oben zu schießen. Als der Ball dann zu Boden ging, neigten sich die Seiten nach vorn und beugten sich über mich, bis ich sehen konnte, wie die Leute auf den oberen Plätzen mich anschrien und ihre Fäuste gegen mich erhoben. In der letzten Minute konnte ich den Ball gar nicht mehr wahrnehmen, sondern nur noch den Hexenkessel; jedes Mal war es reines Glück, dass ich darunter noch wegkam, und jedes Mal jonglierte ich den Ball in meinen Händen."
Um auf das Spiel zurückzukommen. Ich saß in der Jubelabteilung auf einem guten Platz an der Vierzig-Yard-Linie - gut, das heißt, außer wenn ein Zuschauer, der seine Freunde und seinen Hut verloren hatte, von Zeit zu Zeit vor mir aufsprang und stockend "Stob Ted Coy!" rief, in der Annahme, dass wir ein Spiel sahen, das ein Dutzend Jahre zuvor ausgetragen wurde. Als er schließlich merkte, dass er witzig war, begann er, für die Tribüne aufzutreten und erregte damit einen Chor von Pfiffen und Buhrufen, bis er unfreiwillig unter die Tribüne gezerrt wurde.
Es war ein gutes Spiel, das in College-Publikationen als historisches Spiel bezeichnet wird. In jedem Friseursalon in Princeton hängt jetzt ein Foto von der Mannschaft, die damals gespielt hat, mit Kapitän Gottlieb in der Mitte, der einen weißen Pullover trägt, um zu zeigen, dass sie eine Meisterschaft gewonnen haben. Yale hatte damals eine schlechte Saison hinter sich, aber im ersten Viertel, das 3:0 für Yale endete, hatten sie die Nase vorn.
Zwischen den Vierteln beobachtete ich Dolly. Er lief hechelnd und an einer Wasserflasche nuckelnd umher und hatte immer noch diesen angestrengten, fassungslosen Gesichtsausdruck. Hinterher erzählte er mir, dass er immer wieder zu sich selbst sagte: "Ich werde mit Roper sprechen. Ich werde es ihm zwischen den Hälften sagen. Ich werde ihm sagen, dass ich das nicht mehr mitmachen kann." Schon mehrmals hatte er den fast unwiderstehlichen Drang verspürt, mit den Schultern zu zucken und vom Spielfeld zu traben, denn es war nicht nur dieser unerwartete Komplex mit dem Bowl, sondern die Wahrheit war, dass Dolly das Spiel heftig und erbittert hasste.
Er hasste die lange, langweilige Trainingszeit, den persönlichen Konflikt, die Beanspruchung seiner Zeit, die Monotonie der Routine und die nervöse Angst vor dem Unglück kurz vor dem Ende. Manchmal stellte er sich vor, dass all die anderen Spieler es genauso verabscheuten wie er, dass sie ihre Abneigung genauso bekämpften wie er und sie wie ein Krebsgeschwür in sich mit herumtrugen, das sie nicht anzuerkennen wagten. Manchmal stellte er sich vor, dass hier und da ein Mann im Begriff war, die Maske herunterzureißen und zu sagen: "Dolly, haßt du dieses lausige Geschäft auch so sehr wie ich?"
Das Gefühl hatte schon in der St.-Regis-Schule begonnen, und er war mit dem Gedanken nach Princeton gekommen, dass er mit dem Football für immer fertig war. Aber Oberstufenschüler aus St. Regis hielten ihn immer wieder auf dem Campus an und fragten ihn, wie viel er wiege, und er wurde aufgrund seines sportlichen Rufs zum Vizepräsidenten unserer Klasse nominiert - und es war Herbst, der Erfolg lag in der Luft. Als er eines Nachmittags zum Training der Neulinge ging, fühlte er sich seltsam verloren und unzufrieden, roch den Rasen und die aufregende Saison. Innerhalb einer halben Stunde schnürte er sich ein Paar geliehene Schuhe an, und zwei Wochen später war er Kapitän der Erstsemestermannschaft.
Sobald er sich verpflichtet hatte, sah er ein, dass er einen Fehler gemacht hatte; er erwog sogar, das College zu verlassen. Denn mit seiner Entscheidung, zu spielen, übernahm Dolly eine moralische Verantwortung, die auch ihn persönlich betraf. Zu verlieren oder zu enttäuschen oder enttäuscht zu werden, war ihm einfach unerträglich. Es beleidigte seinen schottischen Sinn für Verschwendung. Warum eine Stunde lang Blut schwitzen, wenn am Ende doch nur eine Niederlage herauskommt?
Das Schlimmste daran war vielleicht, dass er nicht wirklich ein Starspieler war. Kein Team im Land hätte darauf verzichten können, ihn einzusetzen, aber er konnte nichts Spektakuläres besonders gut, weder laufen, passen noch kicken. Er war einen Meter siebenundsiebzig groß und wog etwas mehr als hundertundsechzig; er war ein erstklassiger Verteidiger, ein sicherer Störenfried, ein guter Werfer und ein fairer Spieler. Er schwadronierte nie herum und war auch nie unzulänglich; seine Präsenz, seine ständige kalte, sichere Aggression, hatte eine starke Wirkung auf andere Männer. Moralisch gesehen war er der Kapitän jeder Mannschaft, in der er spielte, und das war der Grund, warum Roper die ganze Saison über so viel Zeit damit verbracht hatte, seine Kicks in die Länge zu ziehen - er wollte ihn im Spiel haben.
Im zweiten Viertel begann Yale auseinanderzufallen. Es handelte sich um ein mittelmäßiges Team, das sich aus auffälligen Einzelspielern zusammensetzte, und aufgrund von Verletzungen und bevorstehenden Änderungen im Yale-Trainingssystem unkoordiniert agierte. Der Quarterback, Josh Logan, war in Exeter ein Wunder gewesen - das konnte ich bezeugen -, wo Spiele durch das schiere Selbstvertrauen und den Geist eines einzelnen Mannes gewonnen werden können. Aber College-Teams sind zu gut organisiert, um so einfach und jungenhaft zu reagieren, und sie erholen sich weniger leicht von Fehlern und Fehleinschätzungen hinter der Linie.
So kam es, dass Princeton mit viel Geschrei und Anstrengung das Feld immer weiter dominierte. An der Zwanzig-Yard-Linie von Yale passierte plötzlich etwas. Ein Princeton-Pass wurde abgefangen; der Yale-Spieler, aufgeregt über seine eigene Chance, ließ den Ball fallen, und er taumelte gemächlich in Richtung des Yale-Tores. Jack Devlin und Dolly Harlan von Princeton und jemand – ich weiß nicht mehr wer - von Yale waren alle ungefähr gleich weit davon entfernt. Was Dolly in diesem Bruchteil einer Sekunde tat, war reiner Instinkt; es stellte für ihn kein Problem dar. Er war ein natürlicher Athlet, und in einer Krise reagierte sein Nervensystem für ihn. Er hätte mit den beiden anderen um den Ball rennen können; stattdessen schaltete er den Yale-Mann mit wilder Präzision aus, während Devlin den Ball aufnahm und zehn Yards für einen Touchdown losrannte.
Das war zu einer Zeit, als die Sportjournalisten die Spiele noch mit den Augen von Ralph Henry Barbour sahen. Die Pressetribüne befand sich direkt hinter mir, und als Princeton sich zum Kick Goal aufstellte, hörte ich den Radioreporter fragen:
"Wer ist die Nummer 22?"
"Harlan."
"Harlan wird das Tor schießen. Devlin, der den Touchdown erzielt hat, kommt von der Lawrenceville School. Er ist zwanzig Jahre alt. Der Ball flog genau zwischen die Stangen."
Als Dolly in der Halbzeit in der Umkleidekabine saß und vor Entkräftung zitterte, kam Little, der Trainer der Backfield-Mannschaft, zu ihm und setzte sich neben ihn.
"Wenn die Ends direkt an dir dran sind, musst du keine Angst haben, einen fairen Fang zu machen", sagte Little. "Dieser große Havemeyer könnte dir den Ball aus den Händen reißen."
Jetzt war es an der Zeit, es endlich auszusprechen: "Ich wünschte, du würdest es Bill sagen ..." Aber die Worte verwandelten sich in eine belanglose Frage nach dem Wind. Man müsste sein Gefühl erklären, man müsste darauf eingehen, und dafür war jetzt keine Zeit. Sein eigenes Sein, eigenes Ich schien in diesem Raum weniger wichtig zu sein, es roch nach dem müden Atem, der gewaltigen Anstrengung, der Erschöpfung von zehn anderen Männern. Er schämte sich für einen plötzlich ausbrechenden heftigen Streit, der zwischen einem End und einem Tackle ausgetragen wurde; er ärgerte sich über die ehemaligen Spieler im Raum - vor allem über den Diplom-Kapitän von vor zwei Jahren, der sich über die Bevorzugung des Schiedsrichters ein wenig zu sehr und übertrieben aufregte. Es erschien ihm furchtbar, zu all diesen Belastungen und Ärgernissen noch einen weiteren Punkt hinzuzufügen. Aber vielleicht hätte er es trotzdem geschafft damit herauszukommen, wenn Little nicht immer wieder mit leiser Stimme gesagt hätte: "Was für ein Take-out, Dolly! Was für ein schönes Fressen!" und wenn Littles Hand nicht auf seine Schulter geklopft hätte.
II
Im dritten Viertel schoss Joe Dougherty ein einfaches Field Goal von der Zwanzig-Yard-Linie, und wir fühlten uns sicher, bis gegen Abend eine Reihe verzweifelter Vorwärtspässe Yale nahe an einen Punktgewinn heranbrachte. Aber Josh Logan hatte seine Persönlichkeit in schierer Angeberei ausgeschöpft und wurde von der Verteidigung im letzten Moment überlistet. Als die Auswechselspieler ins Spiel kamen, begann Princeton einen letzten Marsch über das Feld. Dann war es plötzlich vorbei, die Menge strömte von den Tribünen, und Gottlieb, der sich den Ball schnappte, sprang in die Luft. Für eine Weile war alles verwirrt, verrückt und überglücklich; ich sah, wie einige Neulinge versuchten Dolly zu tragen, aber sie waren zu schüchtern und er konnte ihnen entkommen.
Wir alle empfanden eine große persönliche Hochstimmung. Wir hatten seit drei Jahren Yale nicht mehr geschlagen, und jetzt würde alles gut werden. Das bedeutete einen guten Winter am College, etwas Angenehmes und Geschmeidiges, an das man in den nasskalten Tagen nach Weihnachten zurückdenken konnte, wenn sich eine trostlose Stimmung über die Universitätsstadt legte. Unten auf dem Spielfeld zog ein improvisiertes und ausgelassenes Team mit einem Derby seine Spielzüge durch, bis der Schlangentanz über sie hinweg rollte und sie auslöschte. Außerhalb des Stadions sah ich, wie zwei abgrundtief düstere und angewiderte Männer aus Yale in ein wartendes Taxi stiegen und dem Fahrer in einem Ton der absoluten Verzweiflung das Ziel "New York" nannten. Die Yale-Männer waren nicht mehr auffindbar, nach der Art der Besiegten hatten sie sich völlig aufgelöst.
Ich beginne Dollys Geschichte mit meinen Erinnerungen an dieses Spiel, denn an diesem Abend kam ein Mädchen dazu. Sie war eine Freundin von Josephine Pickman, und wir vier wollten zum Midnight Frolic nach New York fahren. Als ich ihm sagte, dass er zu müde sei, lachte er trocken - er wäre an diesem Abend überall hingefahren, nur um das Gefühl und den Rhythmus des Footballspiels aus seinem Kopf zu bekommen. Um halb sieben betrat er den Flur von Josephines Haus und sah aus, als hätte er den ganzen Tag beim Friseur verbracht, abgesehen von einem kleinen, hübschen Streifen Pflaster über einem Auge. Er war sowieso einer der hübschesten Männer, die ich je gekannt habe; in Straßenkleidung wirkte er groß und schlank, sein Haar war dunkel, seine Augen groß und sensibel, seine Nase aquilin und wie alle seine Züge irgendwie romantisch. Damals kam es mir nicht in den Sinn, aber ich nehme an, dass er ziemlich eitel war - nicht eingebildet, aber eitel -, denn er trug immer braune oder hellgraue Kleidung mit schwarzen Krawatten, und die meisten Leute passen nicht zufällig so gut in diese farbliche Kombination.
Er lächelte ein wenig vor sich hin, als er hereinkam und schüttelte mir beschwingt die Hand, dann sagte er scherzhaft: "Was für eine Überraschung, Sie hier zu treffen, Mr. Deering". Schließlich sah er die beiden Mädchen durch den langen Flur auf uns zukommen, das eine dunkel und glänzend, wie er selbst, und das andere mit blondem Haar, das im Licht wie ein Feuerschein aufleuchtete. Ich hörte, wie er mit der glücklichsten Stimme, die ich je gehört habe, sagte: "Welche ist meine?"
"Ganz wie du willst, schätze ich."
"Im Ernst, welche ist Pickman?"
"Sie ist leicht."
"Dann gehört die andere zu mir. Ist das nicht die Idee?"
"Ich denke, ich sollte sie besser vor deinem Zustand warnen."
Miss Thorne, klein, errötet und lieblich, stand neben dem blonden Feuer. Dolly ging direkt auf sie zu.
"Du bist mein", sagte er, "du gehörst zu mir."
Sie sah ihn kühl und musternd an, um sich zu entscheiden; plötzlich gefiel er ihr und sie lächelte. Aber Dolly war nicht zufrieden. Er wollte etwas unglaublich Albernes oder Verblüffendes tun, um seinen unsäglichen Jubel darüber auszudrücken, dass er frei war.
"Ich liebe dich", sagte er. Er nahm ihre Hand, seine braunen Samtaugen betrachteten sie zärtlich, unsichtbar, überzeugend. "Ich liebe dich."
Für einen Moment senkten sich ihre Mundwinkel, als wäre sie bestürzt darüber, dass sie jemandem begegnet war, der stärker, selbstbewusster und herausfordernder war als sie selbst. Dann, als sie sich sichtlich wieder gefangen hatte, ließ er ihre Hand los, und die kleine Szene, in der er die ganze Anspannung des Nachmittags entladen hatte, war vorbei.
Es war eine helle, kalte Novembernacht, und der Luftzug, der an dem offenen Wagen vorbeizog, brachte eine vage Erregung mit sich, ein Gefühl, dass wir mit Höchstgeschwindigkeit einem strahlenden Schicksal entgegeneilten. Die Straßen waren voll mit Autos, die auf unerklärliche Weise zum Stehen kamen, während Polizisten, geblendet von den Lichtern, auf der Strecke auf und ab gingen und obskure Befehle erteilten. Noch bevor wir eine ganze Stunde unterwegs waren, zeichnete sich New York in der Ferne als dunstiger Schimmer am Himmel ab.
Miss Thorne, so erzählte mir Josephine, stammte aus Washington und war gerade von einem Besuch in Boston zurückgekommen.
"Wegen des Spiels?" fragte ich.
"Nein, sie ist nicht zum Spiel gegangen."
"Das ist schade. Wenn du mir Bescheid gesagt hättest, hätte ich für sie einen Platz besorgen können ..."
"Sie wäre nicht hingegangen. Vienna geht nie zu Spielen."
Jetzt fiel mir ein, dass sie Dolly nicht einmal die üblichen Glückwünsche zugemurmelt hatte.
"Sie hasst Football. Ihr Bruder wurde letztes Jahr bei einem Spiel in der Vorschule getötet. Ich hätte sie heute Abend nicht mitgenommen, aber als wir vom Spiel nach Hause kamen, sah ich, dass sie den ganzen Nachmittag über mit einem aufgeschlagenen Buch auf derselben Seite da saß. Sehen Sie, er war ein wunderbarer Junge, und ihre Familie hat das miterlebt und ist natürlich nie darüber hinweggekommen."
"Aber macht es ihr etwas aus, mit Dolly zusammen zu sein?"
"Nein, natürlich nicht. Sie ignoriert Football einfach. Wenn es jemand anspricht, wechselt sie einfach das Thema."
Ich war froh, dass es Dolly war und nicht, sagen wir, Jack Devlin, der da hinten bei ihr saß. Und Dolly tat mir ziemlich leid. So sehr ihm auch das Spiel am Herzen lag, so sehr musste er auch darauf warten, dass seine sportlichen Leistungen anerkannt wurden.
Wahrscheinlich zollte er ihr Anerkennung für eine subtile Überlegung, doch als die Bilder des Nachmittags in seinem Kopf aufblitzten, hätte er sich über ein Kompliment gefreut, auf das er hätte antworten können: "So ein Unsinn!" Völlig vernachlässigt würden seine Erinnerungen unaufdringlich werden.
Ich drehte mich um und stellte etwas erschrocken fest, dass Miss Thorne in Dollys Armen lag; ich drehte mich schnell wieder um und beschloss, sie auf sich selbst aufpassen zu lassen.
Als wir auf dem oberen Broadway vor einer Ampel warteten, sah ich eine Sportzeitung, die mit dem Ergebnis des Spiels mit einer Schlagzeile aufgemacht war. Das grüne Blatt war realer als der Nachmittag selbst - prägnant, verdichtet und klar:
PRINCETON BESIEGT YALE 10 : 3
SIEBZIGTAUSEND SEHEN TIGER TRIM
BULLDOG
DEVLIN PUNKTET NACH YALE-FUMBLE
Da war es - nicht wie am Nachmittag, verworren, unsicher, lückenhaft und bruchstückenhaft bis zum Ende, aber jetzt schön in die Annalen der Geschichte eingefügt:
PRINCETON, 10; YALE, 3
Erfolg ist eine seltsame Sache, dachte ich. Dolly war weitgehend für den Sieg verantwortlich. Und ich fragte mich, ob alle Dinge, die in den Schlagzeilen schrien, einfach nur willkürliche Akzente waren. Als ob sich die Leute fragen sollten: "Wie sieht es wirklich aus?"
"Es sieht am ehesten wie eine Katze aus."
"Nun, dann nennen wir es eben eine Katze."
Mein von den Lichtern und dem fröhlichen Tumult aufgehellter Geist begriff plötzlich die Tatsache, dass alle Errungenschaften ein Setzen von Akzenten sind - eine Verformung der Verwirrung des Lebens in eine andere Form.
Josephine hielt vor dem New Amsterdam Theater, wo ihr Chauffeur auf uns wartete und den Wagen übernahm. Wir waren zu früh dran, aber die Studenten, die in der Lobby warteten, waren schon ganz aufgeregt: "Da ist Dolly Harlan", und als wir zum Aufzug gingen, kamen mehrere Bekannte auf ihn zu, um ihm die Hand zu schütteln. Miss Thorne, die diese Zeremonien offensichtlich nicht wahrnahm, fing meinen Blick auf und lächelte. Ich sah sie neugierig an; Josephine hatte mir die überraschende Information übermittelt, dass sie erst sechzehn Jahre alt war. Ich nehme an, dass mein Lächeln eher herablassend war, aber ich erkannte sofort, dass diese Tatsache nicht aufgehoben werden konnte. Trotz all der Wärme und Zartheit ihres Gesichts, ihrer Figur, die mich irgendwie an eine exquisite, romantische kleine Ballerina erinnerte, hatte sie eine Eigenschaft, die hart wie Stahl war. Sie war in Rom, Wien und Madrid aufgewachsen, mit einem Hauch von Washington; ihr Vater war einer jener charmanten amerikanischen Diplomaten, die mit feiner Hartnäckigkeit versuchen, die Alte Welt mit ihren Kindern neu zu erschaffen, indem sie deren Erziehung etwas königlicher gestalten als die von Prinzen. Miss Thorne war kultiviert. Trotz aller Unbekümmertheit der amerikanischen Jugend ist Kultiviertheit immer noch ein kontinentales Monopol.
Wir kamen zu einer Nummer, in der ein Dutzend Chormädchen in Orange und Schwarz auf Holzpferden gegen ein anderes Dutzend in Yale-Blau antraten. Als die Scheinwerfer angingen, wurde Dolly erkannt, und einige Princeton-Studenten klapperten anerkennend mit den kleinen Holzhämmern, die zum Applaus gereicht wurden; er rückte seinen Stuhl unauffällig aus dem Scheinwerferlicht.
Fast im selben Augenblick erschien ein erröteter und sehr unglücklicher junger Mann neben unserem Tisch. In besserer Form wäre er sogar äußerst ziemlich ansehnlich gewesen; in der Tat blitzte er Dolly mit einem charmanten und strahlenden Lächeln an, als ob er ihn um Erlaubnis bitten würde, mit Miss Thorne sprechen zu dürfen.
Dann sagte er: "Ich dachte, du würdest heute Abend nicht nach New York kommen."
"Hallo, Carl." Sie blickte kühl zu ihm auf.
"Hallo, Vienna. Genau das ist es: 'Hallo Vienna--Hallo Carl.' Aber warum? Ich dachte, du kämst heute Abend nicht nach New York."
Miss Thorne machte keine Anstalten, den Mann vorzustellen, aber wir waren uns seiner etwas erbosten Stimmung bewusst.
"Ich dachte, du hättest mir versprochen, nicht zu kommen."
"Das hatte ich auch nicht geplant, mein Junge. Ich habe Boston erst heute Morgen verlassen."
"Und wen hast du in Boston getroffen - den faszinierenden Tunti?", fragte er.
"Ich habe niemanden getroffen, mein Jung."
"Oh, ja, das hast du! Du hast den faszinierenden Tunti getroffen und über das Leben an der Riviera gesprochen." Sie antwortete nicht. "Warum bist du so unehrlich, Vienna?", fuhr er fort. "Warum hast du mir am Telefon gesagt ..."
"Ich lasse mich nicht belehren", sagte sie und ihr Tonfall änderte sich plötzlich. "Ich habe dir gesagt, wenn du noch einen Drink nimmst, bin ich mit dir fertig. Ich bin ein Mensch, der zu seinem Wort steht, und ich würde mich riesig freuen, wenn du jetzt verschwindest."
" Vienna!", rief er mit abfallender, zitternder Stimme.
In diesem Moment stand ich auf und tanzte mit Josephine. Als wir zurückkamen, saßen die Männer an unserem Tisch, an die wir Josephine und Miss Thorne übergeben sollten, denn ich hatte berücksichtigt, dass Dolly müde war, und einige andere auch. Einer von ihnen war Al Ratoni, der Komponist, der, wie es schien, in der Botschaft in Madrid empfangen worden war. Dolly Harlan hatte seinen Stuhl zur Seite geschoben und beobachtete die Tanzpaare. Gerade als die Lichter für eine neue Nummer ausgingen, trat ein Mann aus der Dunkelheit hervor und beugte sich über Miss Thorne und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sie machte eine Bewegung und wollte aufstehen, aber er legte ihr die Hand auf die Schulter und zwang sie sitzenzubleiben. Sie begannen mit leisen, aufgeregten Stimmen miteinander zu reden.
Die Tische im alten Frolic waren eng nebeneinander platziert. Neben uns gesellte sich ein Mann wieder zu der Gruppe, und ich konnte nicht umhin zu hören, was er sagte:
"Ein junger Mann hat gerade versucht, sich unten im Waschraum umzubringen. Er hat sich in die Schulter geschossen, aber sie haben ihm die Pistole noch rechtzeitig abgenommen, bevor ..."
Eine Minute später vernahm ich wieder seine Stimme: "Carl Sanderson, sagten sie."
Als die Nummer zu Ende war, sah ich mich um. Vienna Thorne starrte wie versteinert auf Miss Lillian Lorraine. Der Mann, der sich über Vienna gebeugt hatte, war verschwunden, und die anderen bemerkten nicht, dass etwas passiert war. Ich wandte mich an Dolly und schlug ihm vor, dass wir besser gehen sollten, und nach einem Blick zu Vienna, in dem sich Widerwillen, Müdigkeit und schließlich auch Resignation mischten, willigte er ein. Auf dem Weg zum Hotel erzählte ich Dolly, was geschehen war.
"Nur etwas Show", bemerkte er nach einem Moment müdem Nachdenkens. "Er hat wahrscheinlich versucht, sich selbst zu verfehlen, um etwas mehr Mitleid zu erregen. Ich nehme an, das sind die Dinge, mit denen ein wirklich attraktives Mädchen ständig konfrontiert ist."
Das war nicht meine Einstellung. Ich konnte sehen, wie die Vorderseite seines weißen Hemdes mit frischem Blut überströmt war, aber ich widersprach nicht, und nach einer Weile sagte Dolly: "Ich nehme an, das klingt brutal, aber es wirkt ein wenig weich und schwach, nicht wahr? Vielleicht liegt es daran, dass ich mich heute Abend so fühle."
Als Dolly sich auszog, sah ich, dass er voller Blutergüsse war, aber er versicherte mir, dass keiner davon ihn wach halten würde. Dann erzählte ich ihm, warum Miss Thorne das Spiel nicht erwähnt hatte, und er wachte plötzlich auf; das vertraute Leuchten kehrte in seine Augen zurück.
"Das war's also! Ich habe mich schon gewundert. Ich dachte, du hättest ihr vielleicht gesagt, sie solle nichts darüber erwähnen."
Später, als das Licht schon eine halbe Stunde ausgeschaltet war, sagte er plötzlich mit lauter, deutlicher Stimme: "Ich verstehe". Ich weiß nicht, ob er noch wach war oder schon schlief.
III
Ich habe alles, was ich über das erste Treffen zwischen Dolly und Miss Vienna Thorne weiß, so gut wie möglich aufgeschrieben. Wenn ich es nachlese, klingt es beiläufig und unbedeutend, aber der Abend stand stark unter dem Eindruck des Spiels, und alles, was geschah, musste sich zwangsläufig dem unterordnen. Vienna kehrte fast kurz danach nach Europa zurück und verschwand für fünfzehn Monate aus Dollys Leben.
Es war ein gutes Jahr - es ist jedenfalls mir immer noch als ein gutes Jahr in Erinnerung. Das Sophomore-Jahr ist das dramatischste Jahr in Princeton, genau wie das Junior-Jahr in Yale. In diesem Jahr finden nicht nur die Wahlen zu den Clubs der Oberschicht statt, sondern auch das Schicksal eines jeden Einzelnen beginnt sich abzuzeichnen. Man kann ziemlich genau sagen, wer es schaffen wird, nicht nur durch seinen unmittelbaren Erfolg, sondern auch durch die Art und Weise, wie man Misserfolge übersteht. Das Leben war für mich sehr erfüllend. Ich wurde in den Vorstand des Princetonian aufgenommen, unser Haus in Dayton brannte ab, und ich hatte einen albernen halbstündigen Faustkampf in der Turnhalle mit einem Mann, der später einer meiner engsten Freunde wurde, und im März traten Dolly und ich dem Club der Oberklasse bei, in den wir schon immer aufgenommen werden wollten. Ich verliebte mich auch, aber es wäre irrelevant, hier darüber zu berichten.
Der April kam und mit ihm das erste richtige Princeton-Wetter, die faulen grün-goldenen Nachmittage und die hellen, aufregenden Nächte, die von der Stunde des Seniorengesangs heimgesucht wurden. Ich war glücklich, und Dolly wäre es auch gewesen, wenn nicht eine weitere Football-Saison bevorgestanden hätte. Er spielte Baseball, was ihn vom Frühjahrstraining befreite, aber die Bands begannen auf den Konzertplätzen zu spielen. Im Laufe des Sommers, als er ein Dutzend Mal am Tag die Frage beantworten musste: "Kehrst du bald zum Football zurück?" Am fünfzehnten September war er unten im Staub und in der Hitze des spätsommerlichen Princeton, kroch auf allen Vieren über den Boden, trottete durch die alte Routine und verwandelte sich genau in die Art von Exemplar, für die ich zehn Jahre meines Lebens hergegeben hätte.
Von der ersten bis zur letzten Minute hasste er es, und dieses Gefühl ließ keine einzige Minute lang nach. Bei dem Spiel in Yale im Herbst wog er einhundertdreiundfünfzig Pfund, obwohl das nicht das Gewicht war, das in der Zeitung stand, und er und Joe McDonald waren die einzigen Männer, die diesen katastrophalen Kampf durchspielten. Er hätte Kapitän werden können, wenn er nur einen Finger gehoben hätte - aber das beinhaltet einige Dinge, die ich vertraulich weiß und nicht weitererzählen kann. Seine einzige Befürchtung war, dass er diese Funktion zufällig annehmen musste. Für zwei Saisons! Er sprach jetzt nicht einmal mehr darüber. Er verließ den Raum oder den Club, wenn das Gespräch auf das Thema Football kam. Er hörte auf, mir mitzuteilen, dass er "dieses Geschäft nicht mehr mitmachen würde". Diesmal brauchte es die Weihnachtsfeiertage, um diesen unglücklichen Ausdruck aus seinen Augen zu verbannen.
Dann kam Miss Vienna Thorne zu Neujahr aus Madrid nach Hause, und im Februar nahm ein Mann namens Case sie zum Abschlussball mit.
IV
Sie war jetzt noch hübscher als zuvor, weicher, zumindest äußerlich, und ein großer Erfolg. Die Leute, die auf der Straße an ihr vorbeigingen, verdrehten schnell ihre Köpfe und sahen sie an - mit erschrockenen Blicken, als hätten sie bemerkt, dass sie fast etwas übersehen hätten. Sie sei vorübergehend der europäischen Männer überdrüssig, sagte sie mir und ließ mich vermuten, dass es eine Art unglückliche Liebesbeziehung gegeben haben musste. Sie würde im nächsten Herbst endgültig nach Washington zurückkehren.
Vienna und Dolly. In der Nacht der Clubtänze verschwand sie für zwei Stunden mit ihm, und Harold Case war verzweifelt. Als sie um Mitternacht wieder hereinkamen, waren sie für mich das schönste Paar, das ich je gesehen hatte. Sie strahlten beide mit einer eigentümlichen Leuchtkraft, den rätselhafte Menschen manchmal haben. Harold Case warf einen Blick auf sie und ging stolz aber gekränkt nach Hause.
Vienna kam eine Woche später zurück, nur um Dolly zu sehen. An diesem späten Abend nutzte ich die Gelegenheit, in den verlassenen Club zu gehen, um ein Buch zu lesen, und sie riefen mich von der hinteren Terrasse aus an, die sich zum gespenstischen Stadion und zu einer menschenleeren Nacht hin öffnete. Es war Tauwetter, mit Frühlingsstimmen im lauwarmen Wind, und wo es hell genug war, konnte man Tropfen glitzern und fallen sehen. Man konnte spüren, wie die Kälte aus den Sternen schmolz und die kahlen Bäume und Sträucher in Richtung Stony Brook Knospen ansetzten.
Sie saßen zusammen auf einer Korbbank, ganz bei sich, romantisch und glücklich.
"Wir mussten es jemandem erzählen", sagten sie.
"Soll ich jetzt wieder gehen?"
"Nein, Jeff", beharrten sie, "bleib hier und beneide uns. Wir sind in der Phase, in der wir jemanden brauchen, der uns beneidet. Glaubst du, wir passen gut zusammen?"
Was sollte ich sagen?
"Dolly wird nächstes Jahr ihr Studium in Princeton beenden", fuhr Vienna fort, "aber wir werden es erst nach der Saison in Washington im Herbst bekannt geben."
Ich war irgendwie erleichtert, als ich feststellte, dass es eine lange Verlobungszeit sein würde.
"Ich stimme dir zu, Jeff", sagte Vienna.
"Ich möchte, dass Dolly mehr Freunde wie dich hat. Du wirkst anregend auf ihn - du hast Ideen. Ich habe Dolly gesagt, dass er wahrscheinlich weitere Freunde wie dich finden kann, wenn er sich in seiner Klasse umsieht."
Dolly und ich fühlten uns beide ein wenig unwohl.
"Sie will nicht, dass ich ein Spießer werde", sagte er leichthin.
"Dolly ist perfekt", behauptete Vienna. "Er ist das schönste Wesen, das je gelebt hat, und du wirst sehen, dass ich sehr positiv auf ihn einwirken werde, Jeff. Ich habe ihm bereits geholfen, sich in einer wichtigen Sache zu entscheiden." Ich ahnte, was kommen würde. "Er wird ein Machtwort sprechen, wenn er im nächsten Herbst wieder Football spielen soll, nicht wahr, mein Junge?"
"Oh, sie werden mich nicht mehr nerven", sagte Dolly unbehaglich. "Es ist nicht so, dass ..."
"Nun, sie werden versuchen, dich moralisch dazu zu zwingen."
"Oh, nein", wandte er ein. "So ist es nicht. Lass uns jetzt nicht darüber reden, Vienna. Es ist so ein schöner Abend."
So eine schöne Nacht! Wenn ich an meine eigenen Liebesabenteuer in Princeton denke, fällt mir immer wieder jener Abend mit Dolly ein, als wäre ich es gewesen und nicht er, der dort mit der Jugend und der Hoffnung und der Schönheit in seinen Armen dasaß.
Dollys Mutter hatte sich für den Sommer in Ram's Point auf Long Island eine Unterkunft genommen, und ich fuhr Ende August nach Osten, um ihn zu besuchen. Vienna war schon eine Woche dort, als ich ankam, und mein Eindruck war: erstens, dass er sehr verliebt war, und zweitens, dass er Vienna's Partei war. Früher kamen alle möglichen neugierigen Leute vorbei, um Vienna zu sehen. Heute würde ich mich nicht mehr an ihnen stören - ich bin kultivierter -, aber damals erschienen sie mir eher wie dunkle Wolken in den Sommermonaten. Sie waren alle auf die eine oder andere Weise ein bisschen berühmt, und es lag an ihnen selbst herauszufinden, auf wen von ihnen dies mehr oder weniger zutraf oder nicht. Es wurde viel geredet, und vor allem wurde viel über die Persönlichkeit Viennas diskutiert. Wann immer ich mit einem der anderen Gäste allein war, diskutierten wir über ihre schillernde Persönlichkeit. Sie hielten mich für langweilig, und die meisten von ihnen hielten Dolly für langweilig. Er war in seinem Fach besser als jeder von ihnen in seinem, aber das war die einzige Eigenschaft, über die nicht diskutiert wurde. Dennoch hatte ich das vage Gefühl, dass ich ständig verbessert wurde, und ich prahlte damit, dass ich die meisten dieser prominenten Leute im nächsten Jahr auch kennen würde, und ärgerte mich darüber, wenn die Leute ihre Namen nicht kannten.
Am Tag vor meiner Abreise verstauchte sich Dolly beim Tennisspielen den Knöchel und scherzte anschließend ziemlich ironisch darüber.
"Wenn ich ihn mir nur gebrochen hätte, wäre alles so viel einfacher. Nur ein Viertelzoll mehr Biegung und einer der Knochen wäre gebrochen. Übrigens, schau mal hier."
Er warf mir einen Brief zu. Darin wurde er aufgefordert, sich am fünfzehnten September in Princeton zum Training zu melden und sich in der Zwischenzeit in einen guten Zustand zu versetzen.
"Du wirst diesen Herbst nicht mehr spielen, oder?"
Er schüttelte den Kopf.
"Nein. Ich bin kein Kind mehr. Ich habe zwei Jahre lang gespielt, und ich will mir dieses Jahr frei nehmen. Wenn ich das noch einmal durchziehen würde, wäre das für mich moralische Feigheit."
"Ich widerspreche nicht, aber - hättest du diesen Standpunkt auch vertreten, wenn es nicht um Viennas Willen gegangen wäre?"
"Natürlich hätte ich das. Wenn ich mich dazu drängen ließe, könnte ich mir nie wieder selbst ins Gesicht sehen."
Zwei Wochen später erhielt ich folgenden Brief:
LIEBER JEFF:
Wenn du dies liest, wirst du etwas überrascht sein. Ich habe mir diesmal, tatsächlich beim Tennisspielen, den Knöchel gebrochen. Ich kann zurzeit nicht einmal mit Krücken gehen; mein Bein liegt auf einem Stuhl vor mir, angeschwollen und eingepackt so groß wie ein Haus, während ich dies schreibe. Niemand, nicht einmal Vienna, weiß von unserem Gespräch im vergangenen Sommer über dasselbe Thema, also lassen wir es uns beide unbedingt vergessen. Eines ist jedoch klar - einen Knöchel zu brechen ist verdammt schwer, obwohl ich das vorher nicht wusste.
Ich fühle mich so glücklich wie seit Jahren nicht mehr - kein Training zu Beginn der Saison, kein Schweiß und Leiden, ein wenig Unbehagen und Unannehmlichkeiten, aber ich fühle mich frei. Ich habe das Gefühl, eine ganze Menge Leute überlistet zu haben, aber das geht niemanden etwas an, außer dich
Machiavellistischer (sic) Freund,
DOLLY.
P.S. Du könntest diesen Brief genauso gut zerreißen.
Das klang überhaupt nicht nach Dolly.
V
Vor einiger Zeit fragte ich Frank Kane - der in der Nassau Street in Princeton Sportartikel verkauft und ihnen den Namen des Scrub-Quarterbacks von 1901 ohne lange nachzudenken aufzählen kann -, was mit Bob Tatnalls Team im letzten Jahr los war.
"Verletzungen und Pech", sagte er. "Sie haben nach den harten Spielen nicht mal geschwitzt. Nimm zum Beispiel Joe McDonald, All-American Tackle im Jahr zuvor; er war langsam und schlapp, und er wusste es und es war ihm egal. Es ist ein Wunder, dass Bill diese Mannschaft überhaupt durch die Saison gebracht hat."
Ich saß mit Dolly auf der Tribüne und sah zu, wie sie Lehigh 3:0 schlugen und Bucknell ein Unentschieden abtrotzten. In der darauffolgenden Woche wurden wir von Notre Dame mit 14:0 besiegt. Am Tag des Notre-Dame-Spiels war Dolly mit Vienna in Washington, aber er war furchtbar neugierig, als er am nächsten Tag zurückkam. Er hatte sich alle Sportseiten sämtlicher Zeitungen besorgt, saß da und las sie, schließlich schüttelte er den Kopf. Dann warf er sie alle in den Papierkorb.
"Dieses College ist footballverrückt", verkündete er. "Wusstest du, dass in England nicht einmal Mannschaften für diese Sportart trainieren?"
Ich mochte Dolly damals nicht so sehr. Es war seltsam, ihn zu sehen, wie er sich langweilte, da er nichts zu tun hatte. Zum ersten Mal in seinem Leben hing er herum - im Zimmer, im Klub, in zwanglosen Gruppen -, er, der immer mit dynamischer Trägheit irgendwohin gegangen war. Sein Erscheinen hatte einst Fankreise gebildet - Gruppen von Klassenkameraden, die mit ihm zusammen gesehen werden wollten, von jüngeren Schülern, die aus ihrer Sichtweise einem sich bewegenden Idol folgten. Er wurde demokratisch, er mischte sich unter die Leute, und das war irgendwie nicht angemessen. Er erklärte, er wolle mehr Männer in seiner Altersgruppe kennenlernen.
Aber die Menschen wollen ihre Idole immer ein wenig über sich stehen sehen, und Dolly war eine Art privates und besonderes Idol gewesen. Er begann es zu hassen, allein zu sein, und das war natürlich für mich am deutlichsten zu erkennen. Wenn ich aufstand, um hinauszugehen, und er nicht gerade einen Brief an Vienna schrieb, fragte er mich verunsichert: "Wohin gehst du?" und erfand einen Vorwand, um sich humpelnd mir anzuschließen.
"Bist du froh, dass du es getan hast, Dolly?" fragte ich ihn eines Tages unvermittelt.
Er sah mich vorwurfsvoll und trotzig an.
"Natürlich bin ich froh."
"Ich wünschte, du wärst trotzdem auf dem hinteren Feld."
"Das wäre doch völlig egal. Das diesjährige Spiel findet im Bowl statt. Ich würde wahrscheinlich Kicks für sie abfeuern."
In der Woche vor dem Navy-Spiel fing er plötzlich an, zu allen Trainings zu gehen. Er machte sich Sorgen; dieses schreckliche Verantwortungsgefühl war wieder am Werk. Früher hatte er es gehasst, von Football zu sprechen; jetzt dachte und sprach er von nichts anderem mehr. In der Nacht vor dem Navy-Spiel wachte ich mehrmals auf und sah, dass die Lichter in seinem Zimmer hell erleuchtet waren.
Wir verloren 7:3, weil die Navys in letzter Minute einen Pass über Devlins Kopf hinweg nach vorne spielten. Nach der ersten Halbzeit verließ Dolly die Tribüne und setzte sich zu den Spielern an den Spielfeldrand. Als er sich danach zu mir gesellte, war sein Gesicht verschmiert und schmutzig, als ob er geweint hätte.
In diesem Jahr fand das Spiel in Baltimore statt. Dolly und ich wollten die Nacht in Washington bei Vienna verbringen, die dort einen Tanzabend gab. Auf der Fahrt dorthin herrschte eine düstere Stimmung, und ich konnte ihn nur mit Mühe davon abhalten, zwei Marineoffiziere anzuschnauzen, die auf den Sitzplätzen hinter uns eine jubelnde Sauforgie durchführten.
Der Tanz war das, was Vienna ihre zweite Coming-out-Party nannte. Diesmal hatte sie nur die Leute eingeladen, die sie mochte, und es stellte sich heraus, dass es sich hauptsächlich um Importe aus New York handelte. Die Musiker, die Dramatiker, die ganzen Statisten der Filmkünste, die auch schon in Dollys Haus in Ram's Point vorbeigeschaut hatten, waren in Scharen gekommen. Aber Dolly, der von seinen Pflichten als Gastgeber befreit war, machte an diesem Abend keinen plumpen Versuch, ihre Sprache zu sprechen. Er stand launisch an der Wand und hatte etwas von der alten Überlegenheit an sich, die mich anfangs dazu gebracht hatte, ihn kennen zu lernen. Später, auf dem Weg ins Bett, kam ich an Viennas Wohnzimmer vorbei, und sie rief mich zu sich. Sie und Dolly, beide etwas blass, saßen sich gegenüber, und es lag eine gewisse Spannung in der Luft.
"Setz dich, Jeff", sagte Vienna müde. "Ich möchte, dass du Zeuge einer Rückverwandlung eines Mannes in einen Schuljungen wirst." Ich setzte mich widerstrebend. "Dolly hat seine Meinung geändert", sagte sie. "Er mag lieber Football als mich."
"Das ist es nicht", sagte Dolly hartnäckig.
"Ich erkenne darin keinen Sinn", wandte ich ein. "Dolly kann unmöglich noch spielen."
"Aber er glaubt, dass er es noch kann. Jeff, nur für den Fall, dass du dir einbildest, ich sei starrköpfig, möchte ich dir eine Geschichte erzählen. Vor drei Jahren, als wir zum ersten Mal in die Vereinigten Staaten zurückkehrten, schickte mein Vater meinen kleinen Bruder auf eine Schule. Eines Nachmittags gingen wir alle hinaus, um ihn Football spielen zu sehen. Kurz nachdem das Spiel begonnen hatte, verletzte er sich, aber Vater sagte: 'Es ist alles in Ordnung. Er wird in einer Minute wieder auf den Beinen sein. Das passiert immer mal wieder.' Aber, Jeff, er stand nicht mehr auf. Er lag da, und schließlich trugen sie ihn vom Feld und legten eine Decke über ihn. Als wir zu ihm kamen, starb er."
Sie sah von einem zum anderen von uns und begann krampfhaft zu schluchzen. Dolly ging stirnrunzelnd zu ihr und legte seinen Arm um ihre Schulter.
"Oh, Dolly", rief sie, "willst du das nicht für mich tun - nur diese eine kleine Sache für mich?"
Er schüttelte unglücklich den Kopf. "Ich habe es versucht, aber ich kann es nicht", sagte er.
"Es sind meine Angelegenheiten, verstehst du das nicht, Vienna? Die Leute müssen ihre eigenen Angelegenheiten erledigen."
Vienna war aufgestanden und wischte sich vor einem Spiegel ihre Tränen ab; jetzt fuhr sie wütend herum.
"Dann habe ich mich getäuscht, als ich annahm, dass du genauso darüber denkst wie ich."
"Lassen wir das alles beiseite. Ich bin des Redens müde, Vienna; ich bin meiner eigenen Stimme überdrüssig. Mir scheint, dass niemand, den ich kenne, mehr etwas Sinnvolles zu sagen hat."
"Danke. Ich nehme an, das ist für mich bestimmt."
"Mir scheint, deine Freunde reden sehr viel. Ich habe noch nie so viel Gelaber gehört wie heute Abend. Ist dir der Gedanke, etwas zu tun, so zuwider, Vienna?"
"Das hängt davon ab, ob es sinnvoll ist, etwas zu tun."
"Nun, für mich ist es sinnvoll."
"Ich kenne dein Problem, Dolly", sagte sie verbittert. "Du bist schwach, und du willst bewundert werden. Dieses Jahr sind dir nicht so viele kleine Jungs hinterhergelaufen, wie Jack Dempsey, und das bricht dir fast das Herz. Du willst vor ihnen allen eine Show abziehen und den Applaus einheimsen."
Er lachte kurz auf. "Wenn das deine Vorstellung davon ist, wie sich ein Footballspieler fühlt ..."
"Hast du dich entschieden, doch noch zu spielen?", unterbrach sie ihn.
"Wenn ich ihnen von Nutzen bin – dann ja."
"Dann denke ich, dass wir beide unsere Zeit vergeuden."
Ihr Gesichtsausdruck wurde unbarmherzig, aber Dolly weigerte sich anzuerkennen, dass sie es ernst meinte. Als ich wegging, versuchte er noch immer, sie "zur Vernunft zu bringen", und am nächsten Tag sagte er im Zug, Vienna sei "ein wenig nervös" gewesen. Er war absolut in sie verliebt, und er wagte nicht daran zu denken, sie zu verlieren; aber er war immer noch von der plötzlichen Erregung ergriffen, die ihn zum Spielen gedrängt hatte, und seine Verwirrung und Erschöpfung ließen ihn sogar daran glauben, dass alles gut werden würde. Aber ich hatte diesen Ausdruck auf Viennas Gesicht gesehen, als sie zwei Jahre zuvor mit Mr. Carl Sanderson im Frolic gesprochen hatte.
Dolly verließ den Zug nicht in Princeton Junction, sondern fuhr weiter nach New York. Er ging zu zwei Orthopäden, und einer von ihnen verordnete ihm einen Verband, der mit einem ganzen Gesteck aus Fischbeinen verstärkt war und den er Tag und Nacht tragen sollte. Die Wahrscheinlichkeit war groß, dass es beim ersten heftigen Aufprall brechen würde, aber er konnte damit laufen und stehen, wenn er kickte. Am folgenden Nachmittag erschien er in Uniform auf dem University Field.
Sein Erscheinen war eine kleine Sensation. Ich saß auf der Tribüne und beobachtete das Training mit Harold Case und der jungen Daisy Cary. Sie war damals gerade dabei, berühmt zu werden, und ich weiß nicht, ob sie oder Dolly die meiste Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben. Damals war es noch ziemlich gewagt, eine Filmschauspielerin zu Fall zu bringen; wenn dieselbe junge Dame heute nach Princeton fahren würde, würde sie wahrscheinlich mit einer Jazzband am Bahnhof empfangen werden.
Dolly humpelte herum und alle sagten: "Er humpelt!" Er unterlief einen Punt und alle sagten: "Das hat er ziemlich gut gemacht!" Die erste Mannschaft wurde nach dem harten Navy-Spiel entlassen, und alle beobachteten Dolly den ganzen Nachmittag über. Nach dem Training fing ich seinen Blick auf, und er kam zu mir herüber und schüttelte mir die Hand. Daisy fragte ihn, ob er in einem Football-Film mitspielen wolle, den sie machen wollte. Es war nur eine Idee, aber er sah mich mit einem trockenen Lächeln an.
Als er in unsere Unterkunft zurückkam, war sein Knöchel so dick wie ein Ofenrohr angeschwollen, und am nächsten Tag hatten er und Keene eine Vorrichtung entwickelt, mit der der Verband gelockert und auch wieder festgezogen werden konnte, um ihn an die jeweilige Größe anzupassen. Wir nannten es den Ballon. Der Knochen war fast verheilt, aber die kleinen gequetschten Sehnen wurden jeden Tag aufs Neue gedehnt. Das Spiel gegen Swarthmore verfolgte er vom Spielfeldrand aus, und am darauf folgenden Montag spielte er mit der zweiten Mannschaft gegen die Scrubs.
An den Nachmittagen schrieb er manchmal Briefe an Vienna. Seine Theorie war, dass sie immer noch verlobt waren, aber er versuchte, sich darüber keine Gedanken zu machen, und ich glaube, dass gerade der Schmerz, der ihn nachts wach hielt, dafür ein gutes Gegenmittel war. Wenn die Saison vorbei wäre, würde er zu ihr gehen und sich um sie kümmern.
Wir spielten gegen Harvard und verloren 7:3. Jack Devlin hatte sich das Schlüsselbein gebrochen und fiel für die restliche Saison aus, so dass es fast sicher war, dass Dolly spielen würde. Während der Gerüchte und Ängste, die etwa Mitte November aufkamen, erweckte die Nachricht einen Funken Hoffnung in einer ansonsten morbiden Undergraduate-Studentenschaft – eine Hoffnung, die in keinem Verhältnis zu Dollys körperlicher Verfassung stand. Am Donnerstag vor dem Spiel kam er mit abgespanntem und müdem Gesicht in unser Zimmer zurück.
"Sie werden mich aufstellen", sagte er, "und ich werde für Punts sorgen. Wenn sie nur wüssten ..."
"Könntest du Bill nicht sagen, was du davon hältst?"
Er schüttelte den Kopf, und ich hatte plötzlich den Verdacht, dass er sich für seinen "Unfall" im letzten August selbst bestrafte. Er lag schweigend auf der Couch, während ich seinen Koffer für den Mannschaftszug packte.
Der eigentliche Tag des Spiels war wie immer wie ein Traum - unwirklich mit den Massen von Freunden und Verwandten und dem unwesentlichen Drumherum einer gigantischen Show. Die elf kleinen Männer, die endlich auf das Spielfeld liefen, wirkten wie verzauberte Gestalten aus einer anderen Welt, fremd und unendlich romantisch, verschwommen durch einen pulsierenden Dunst aus Menschenmassen und Geräuschen. Man leidet unerträglich zusammen mit ihnen, zittert vor Aufregung mit ihnen, aber sie haben jetzt keinen Kontakt mehr mit uns, sie sind jetzt jenseits jeglichen Einflusses, geweiht und unerreichbar - auf eine unheimliche Weise fast schon heilig.
Das Feld ist satt und grün, die Vorrunden sind vorbei und die Teams nehmen ihre Positionen ein. Jeder Mann applaudiert und führt ein einsames Tänzchen auf. Die Leute um dich herum reden immer noch, ordnen sich, aber du bist still geworden und dein Blick wandert von Spieler zu Spieler. Da steht Jack Whitehead, ein Senior; dort Joe McDonald, groß und beruhigend, am Tackle; etwas weiter drüben am Guard ist Toole zu sehen, ein Student im zweiten Jahr; in der Mitte Red Hopman; dann jemand, den du nicht identifizieren kannst, am anderen Guard - wahrscheinlich Bunker - er dreht sich um und du siehst seine Nummer – es ist Bunker; schließlich Bean Gile, der unnatürlich würdevoll und bedeutungsvoll die anderen Tackle im Auge behält; dann Poore, ein weiterer Sophomore am Ende. Hinter ihnen steht Wash Sampson als Quarterback - stellen Sie sich vor, wie er sich fühlt! Aber er läuft leichtfüßig hin und her, spricht mit diesem und jenem und versucht, seine Wachsamkeit und seine Zuversicht auf Erfolg auf seine Mitspieler zu übertragen. Dolly Harlan steht regungslos da, die Hände in die Hüften gestemmt, und beobachtet, wie der Kicker von Yale den Ball abschlägt; neben ihm steht Kapitän Bob Tatnall. -
Da ertönt der Pfiff! Die Linie der Yale-Mannschaft schwankt schwerfällig aus ihrem Gleichgewicht und einen Sekundenbruchteil später hört man das Geräusch des Balls. Das ganze Spielfeld füllt sich mit rennenden Figuren, und das ganze Stadion schiebt sich vorwärts, als würde es vom Stromschlag eines elektrischen Stuhls getroffen.
Nehmen wir an, wir hätten sofort gepatzt.
Tatnall fängt ihn, geht zehn Yards zurück, wird umzingelt und verschwindet aus dem Blickfeld. Spears geht für drei durch die Mitte. Ein kurzer Pass, Sampson zu Tatnall, wird abgeschlossen, aber ohne Gewinn. Harlan puntet zu Devereaux, der an der Vierzig-Yard-Linie von Yale zu Fall gebracht wird.
Jetzt werden wir sehen, was sie drauf haben.
Es zeigte sich sofort, dass sie eine ganze Menge auf der Pfanne hatten. Mit einem effektiven Crisscross und einem kurzen Pass über die Mitte trugen sie den Ball vierundfünfzig Yards weit bis zur Sechs-Yard-Linie von Princeton, wo sie ihn durch einen Fumble verloren, und von Red Hopman zurückerobert wurde. Nach einem Austausch von Punts starteten sie einen weiteren Vorstoß, diesmal bis zur Fünfzehn-Yard-Linie, wo wir nach vier haarsträubenden Vorwärtspässen, von denen zwei von Dolly abgewehrt wurden, den Ball zu den Downs brachten. Aber Yale war immer noch frisch und stark, und mit einem dritten Vorstoß begann die schwächere Princeton-Linie nachzugeben. Kurz nach Beginn des zweiten Viertels eroberte Devereaux den Ball für einen Touchdown, und die Halbzeit endete mit Yale im Ballbesitz an unserer Zehn-Yard-Linie. Spielstand: Yale 7; Princeton 0.