DAS PHANTOM DES LOUVRE - André Kannstein - E-Book

DAS PHANTOM DES LOUVRE E-Book

André Kannstein

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Beschreibung

Paris in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Belphégor, ein Dämon, geistert durch die Säle des Louvre. Im "Petit Parisien" berichtet zur großen Unterhaltung der Leser der Journalist Jacques Bellegarde über das Phänomen. Doch als sein Informant, der Museumswächter Matisse, in einer Nacht, in der Belphégor wieder gesichtet wurde, im "Saal der Heidnischen Götter" erschossen aufgefunden wird, tritt der französische Meisterdetektiv Chantecoq auf den Plan. Zusammen mit Bellegarde und der Pariser Polizei macht er sich auf die Suche nach dem unheimlichen Gespenst und gerät dabei auf gewisse Abwege, die ihn auch in das Nachtleben von Montparnasse führen, wo eine bunte Mischung von Nachtschwärmern die Bars und Restaurants bevölkert.

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Seitenzahl: 84

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Ausführliche Informationen über unsere Autoren und Theatertexte finden Sie auf unserer Websitewww.kiepenheuer-medien.de

© 2015Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs-GmbH

Schweinfurthstraße 60, 14195 Berlin

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Sämtliche Rechte der öffentlichen Wiedergabe (u. a. Aufführungsrecht, Vortragsrecht, Recht der öffentlichen Zugänglichmachung und Senderecht) können ausschließlich von der Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs-GmbH erworben werden und bedürfen der ausdrücklichen vorherigen schriftlichen Zustimmung. Nicht genehmigte Verwertungen verletzen das Urheberrecht und können zivilrechtliche und ggf. auch strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.

ISBN978-3-7375-0059-3

Personen

3 D, 6 H

Jacques Bellegarde, Journalist

Chantecoq, berühmter Detektiv

Colette, seine Tochter, Archäologin

Simone Desroches, Bellegardes Freundin

Elsa Bergen, deren Freundin, Schriftstellerin

Kiki de Montparnasse, Model und Sängerin

Aristide Cliquot, Direktor des Louvre

Ménardier, Inspektor

Renenutet, ägyptische Prinzessin

Matisse, Aufseher im Louvre

Seurat, Aufseher im Louvre

Kellner

und… Belphégor

Colette, Kiki de Montparnasse und Renenutet, sowie Simone Desroches und Belphégor können jeweils von derselben Schauspielerin gespielt werden. Weitere Doppelbesetzungen sind möglich und gewollt.

Ort der Handlung ist das Paris der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts.

1. Akt

1. Szene

Der alte Louvre. Im Vordergrund die Venus von Milo. Dahinter der Eingang zum „Saal der Heidnischen Götter“ mit der Statue Belphégors.

Es ist Nacht. Paris schläft. Durch ein Fenster fällt Mondschein.

Langsam, wie schwebend, gleitet das Phantom am Übergang zum nächsten Saal vorbei.

Von rechts kommt Matisse, ein Museumsaufseher. In der linken Hand trägt er einen Lappen, in der rechten einen Eimer mit Wasser. Er kniet vor der Venus von Milo nieder und beginnt, sie voller Hingabe zu waschen. Als er bei den Brüsten angekommen ist, tritt Seurat, sein Kollege, hinzu.

SEURAT Matisse, ich habe es geahnt! Du kannst es nicht lassen!

MATISSE Wie oft soll ich dir noch sagen, Seurat, ich möchte nicht gestört werden! Nicht bei dieser filigranen Arbeit.

SEURAT Arbeit? Triebbefriedigung nenne ich das. Weiß deine Frau davon? Wann hast du die das letzte Mal geküsst?

MATISSE Ich küsse nicht, ich reinige. Und Annabelle bekommt ihren Kuss. Jedes Jahr zum Geburtstag.

SEURAT Und dir sollte sie einen Tritt geben. Sprühst du auch Deo in die nicht vorhandenen Achselhöhlen? Auch Feuchtigkeitscreme kann in ihrem Alter nicht schaden.

MATISSE Ich reinige sie von den Blicken täglicher Begierde. Ist dir aufgefallen, wie sie betrachtet wird? Schmutzige Blicke sind das, begehrliche. Und die wasche ich ab.

SEURAT Und weil die meisten auf Poansatz und Brüste starren, unterziehst du diese Stellen einer Spezialreinigung. Ich sage dir, Matisse, seit du dich um die Venus von Milo kümmerst, ist ihre Körbchengröße auf A geschrumpft. Und ihr Hintern verkleinert sich mit deiner Dienstzeit. Lass an der Frau noch was dran.

MATISSE Sei still! Hol lieber noch einen Eimer frisches Wasser. Und bring den Roten mit, ein Gläschen wird mir gut tun.

Er drückt Seurat den Eimer in die Hand. Seurat geht seufzend ab. Versonnen wischt er weiter.

MATISSE Ach, mein Liebling, was haben sie nur mit dir gemacht. Wie gern spürte ich deine Hand auf meiner Wange. Er schaut sich kurz um und kontrolliert, ob er tatsächlich allein ist. Dann öffnet er mittels eines Druckknopfs den Chiton der Venus von Milo. Und nun die Schenkelchen, die zarten. Die sonst keiner sieht.

ein Geräusch

MATISSE Seurat? Bist du’s? keine Antwort Hallo, Seurat? Nun sag schon was! Erneut ein Geräusch. Es kommt aus dem „Saal der Heidnischen Götter“. Ist da wer? Matisse erhebt sich und geht auf die Statue Belphégors zu. Er zieht seine Dienstwaffe. Plötzlich ist er verschwunden.

Seurat kommt zurück.

SEURAT Da hast du Wasser! Und deinen Rotwein. Wohl bekomm’s! Er sucht Matisse. Wo steckst du? Gehst du schon fremd? Hast dir eine mit zwei Armen genehmigt, was. Eine von den heidnischen Göttinnen. Matisse, sag ein Wort!

Plötzlich ein Schrei. Ein Schuss

SEURAT Matisse! Um Himmels Willen! Wo bist du?

Er stellt die Rotweinflasche neben die Venus von Milo und läuft in den „Saal der Heidnischen Götter“. Erneut ein Schuss

SEURAT Hilfe! Hilfe!

Nach einem Augenblick der Stille kehrt Seurat zurück. In der Hand hält er eine Waffe.

SEURAT Er ist tot. Mein Gott, er ist tot. Das Phantom hat ihn getötet! Er eilt von der Bühne, um Alarm zu geben.

Sirenenton

2.Szene

Derselbe Raum. Seurat, dazu Inspektor Ménardier, Direktor Cliquot, Chantecoq und Bellegarde

SEURAT Monsieur le Directeur, ich bin mir sicher – es war das Phantom! Ich habe es gesehen. Der arme Matisse!

CLIQUOT Nun beruhigen Sie sich, Seurat. Ich höre immerzu Phantom. Phantom, Phantom, Phantom. Er bemerkt die Flasche, die noch immer am Fuße der Venus von Milo steht. Was ist denn das? Eine Flasche. Da kann der Geist nicht weit sein, was, Seurat. Seurat schweigt. So antworten Sie doch! Geben Sie zu: Sie haben wieder getrunken. Mehr als üblich. Und plötzlich sahen Sie ein Phantom.

SEURAT Nein, Monsieur le Directeur. Ich habe nicht getrunken. Matisse, er brauchte seinen halben Liter. Ich nicht. Aber ich habe es trotzdem gesehen. Da hinten, im Saal der „Heidnischen Götter“.

CLIQUOT Und wie hat es ausgesehen, dein Gespenst?

SEURAT Schwarz war es. Schwarz wie die Nacht. Und es schwebte über dem Boden.

CLIQUOT Und plötzlich war es verschwunden. Einfach so?

SEURAT Ja, es verschwand. Oder vielmehr – ich verschwand. Und gab Alarm.

MENARDIER Verzeihen Sie, Monsieur le Directeur, lassen mich mit dem Mann sprechen. zu Seurat Ich bin Inspektor Ménardier von der Pariser Polizei. Und diese beiden Herren sind Monsieur Chantecoq, dessen Namen Sie gewiss aus der Zeitung kennen –

SEURAT Chantecoq? Der berühmte Detektiv? Haben Sie nicht den Golfplatz-Mörder zur Strecke gebracht?

CHANTECOQ Nein, das war Hercule Poirot, mein belgischer Kollege.

SEURAT Belgier, ich dachte immer, er sei Franzose?

CHANTECOQ Daher wünsche ich auch nicht, mit ihm verwechselt zu werden. Mich kennt man, weil ich das Phantom der Oper zur Strecke brachte. Nun ja, fast.

SEURAT Diese Stadt ist voller Phantome. Wie gut, dass Sie da sind.

MENARDIER Und dies, Seurat, ist Monsieur Bellegarde. Er ist Journalist und schreibt für den „Petit Parisien“.

SEURAT Dann schreiben Sie, das Phantom ist wieder da. Ein schwarzes Monster, ein Todesengel.

MENARDIER Genau dies wird Monsieur Bellegarde nicht tun. Monsieur Bellegarde ist hier, um über Tatsachen zu schreiben. Nicht über irgendwelche Hirngespinste.

SEURAT Aber ich habe es gesehen.

MENARDIER Nun mal der Reihe nach, Seurat. Auch wir wissen von dem Gerücht, dass es neuerdings in unserem schönen Louvre spuken soll. Ihr Kollege Matisse hat schon früher von bestimmten Erscheinungen berichtet und damit einen anfälligen Teil der Pariser Bevölkerung zu interessieren gewusst. Aber nun ist er tot und der Spaß hat ein Ende. Also: Was ist passiert?

SEURAT Es war ein ganz normaler Abend. Matisse hat die Venus von Milo gewaschen und mich gebeten, ihm den Rotwein zu holen.

CLIQUOT Er hat was? Das nennen Sie einen ganz normalen Abend?

SEURAT Es war Freitag, Monsieur le Directeur. Freitag ist Badetag, pflegte er zu sagen.

Cliquot tritt zur Statue.

CLIQUOT Mein Gott, wie sie glänzt. Hat er sie auch eingecremt?

MENARDIER Monsieur le Directeur, bitte lassen Sie den Mann reden. Seurat, ich höre.

SEURAT Ich kam also mit dem Rotwein und frischem Wasser zurück, aber er war nicht mehr da. Ich rief ihn. Matisse, wo bist du, rief ich. Aber er antwortete nicht. Dann hörte ich einen Schuss. Und einen zweiten. Von da drüben, aus dem Saal der „Heidnischen Götter“. Ich lief hin und da lag er ausgestreckt am Boden. Und das Phantom schwebte über ihm.

MENARDIER Warum haben Sie nicht geschossen?

SEURAT Ich wollte ja. Ich hatte meine Waffe schon gezogen. Aber da war es schon wieder weg. Verschwunden.

MENARDIER Sie wollen mir also zu verstehen geben, dass nicht Sie, sondern das Phantom den armen Matisse erschossen hat?

SEURAT Natürlich. Warum sollte ich meinen Kollegen erschießen?

MENARDIER Weil Sie ihn nicht mochten. Oder zuviel Rotwein getrunken hatten. Vielleicht lieben Sie seine Frau. Motive gibt es immer.

SEURAT Ich und Annabelle. Wo denken Sie hin? Ich bin doch nicht von allen guten Geistern verlassen.

MENARDIER Na, immerhin kennen Sie den Namen seiner Frau.

SEURAT Ich habe ihn nicht erschossen, das müssen Sie mir glauben.

MENARDIER Solange Sie mir etwas von einem Phantom erzählen, fällt mir das schwer.

SEURAT Dann fragen Sie Monsieur Chantecop, er hat das Phantom der Oper gestellt, nicht wahr, Monsieur Chantecop?

CHANTECOQ Chantecoq, mein Lieber. Chantecoq. In Amerika mögen die Polizisten singen, in Frankreich sind es die Hähne.

MENARDIER Das habe ich jetzt nicht verstanden.

CHANTECOQ Es war auch nicht wichtig, Monsieur le Inspecteur. zu Seurat Sie müssen wissen, lieber Seurat, das Phantom der Oper war ein ganz normaler Mensch. Ein unglücklicher Mensch, aber letztlich ein Mensch wie Sie und ich. Was Sie jedoch beschreiben, grenzt an etwas Überirdisches, an ein Wesen, das nicht aus Fleisch und Blut ist.

SEURAT Genau so ist es, Monsieur Chantecoq. Es schwebte.

CHANTECOQ Schauen Sie, in Momenten höchster Not, können uns manchmal die Pferde durchgehen. Will sagen, wir sehen Dinge, die wir bei Tageslicht viel nüchterner zur Kenntnis nehmen würden.

SEURAT Aber ich habe nichts getrunken. Matisse, ja, der schon. Aber ich nicht.

CHANTECOQ Könnte es nicht auch ein Mensch in Verkleidung gewesen sein? Dann kämen wir der Sache etwas näher. Ich bin nämlich einem gerissenen Dieb auf der Spur, der in den unglaublichsten Kostümen die Museen von Venedig bis Madrid unsicher macht.

SEURAT Ein einfacher Dieb? Das glaube ich nicht. Ist denn etwas verschwunden, Monsieur le Directeur?

CLIQUOT Seit diese Gerüchte mit dem Phantom aufgekommen sind, ist nichts verschwunden. Darum habe ich ja auch nichts weiter unternommen. Ich wollte diesem Unsinn keinen Glauben schenken.

Unterdessen hat sich Jacques Bellegarde in den Räumen umgeschaut. Er kommt zurück.

BELLEGARDE Dieser Teil des Louvre ist einer der ältesten. Es könnte geheime Gänge geben.

CHANTECOQ Durch die man eins, zwei, drei verschwinden könnte.

BELLEGARDE Wenn man sie kennt. Gibt es Pläne? Vielleicht sogar alte Pläne? Aus der Entstehungszeit?

CLIQUOT Das sind Legenden, Messieurs! Glauben Sie wirklich an Steine, die man verschieben kann? An Gänge, in denen alte Skelette lungern?

CHANTECOQ Wir sollten nichts ausschließen. Sonst tischt uns Monsieur Bellegarde in seinem „Petit Parisien“ morgen die schönsten Geschichten auf. Aus welcher Quelle haben Sie eigentlich ihre Informationen über das Phantom bezogen?

BELLEGARDE