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Masterarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Theorien, Modelle, Begriffe, Note: 1,3, Universität Siegen (Philosophische Fakultät), Sprache: Deutsch, Abstract: Seit dem Aufkommen des Internets und den in den vergangenen Jahren populär gewordenen Techniken des Social Web, haben sich neue Möglichkeiten für die Medienpraxis ergeben. Derartige Aussagen haben längst einen Status der Selbstverständlichkeit erreicht. Umso verwunderlicher ist es, dass die einschlägige wissenschaftliche Literatur das Medium Radio unbeachtet von dieser Tatsache belässt. Allgemein hat das Medium Internet bedingt durch den initiierten Mediennutzungswandel bei Lesern, Zuschauern und Zuhörern unlängst einen hohen Stellenwert eingenommen. Für die Ausrichtung auf die Zielgrößen Auflage, Quote, Verweildauer oder Reichweite ist die Berücksichtigung des Distributionskanals Internet ein zentraler Faktor. Abseits von der ursprünglichen Kernkompetenz soll auch der Hörfunk in der Medienpraxis gemäß diesem Prinzip agieren, mahnte Dr. Thomas Gruber bereits im Jahr 2006: „Radio droht zu einer analogen Insel in einem Meer digitaler Angebote zu werden. Gelingt der digitale Umstieg nicht, wird Radio als Gattung in einer zunehmend digitalen Welt langsam untergehen, weil es gestiegenen Nutzererwartungen nicht mehr entsprechen kann.“ Der Medienwissenschaftler und ehemalige Chef des bayerischen Rundfunks attestierte dem Hörfunk in Deutschland zu diesem Zeitpunkt Defizite hinsichtlich der Nutzung der internetbasierten Medientechnologien und eine undefinierte digitale Ausrichtung der Sender. Die vorliegende Masterarbeit widmet sich der Beantwortung der Forschungsfrage, welchen Stellenwert das Radio gegenwärtig im Zeitalter des Internets besitzt und welche Funktionen des Mediums durch die Einführung digitaler Hörfunkangebote neu verhandelt werden. Dabei soll außerdem herausgefunden werden, welche Perspektiven die digitalen Erweiterungen des Radioprogramms im Hinblick auf die aktuelle Radionutzung eröffnen. Das Ziel der medienwissenschaftlichen Arbeit ist es, sich dem gegenwärtigen Begriff und Verständnis von Radio anzunähern und mögliche Perspektiven für gegenwärtige sowie zukünftige Funktionen und Formen von Radio aufzuzeigen. Im Kontext der medienwissenschaftlichen Forschung und im Vergleich zu anderen Massenmedien besitzt das Radio generell einen untergeordneten Stellenwert. Die wissenschaftliche Betrachtung des Mediums erlangte zwischen Ende der 1920er und 1950er Jahre ihren Höhepunkt. Nach dem Wandel vom Leit- zum Begleitmedium wurden radiotheoretische Bemühungen nahezu eingestellt. Die oben genannten Umstände machen jedoch ein Umdenken notwendig.
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I. Inhaltsverzeichnis
II. Abbildungsverzeichnis
III. Abkürzungsverzeichnis
1. Problemstellung, Methodik und Aufbau der Arbeit
2. Über das Radio
2.1. Definition des Radiobegriffs
2.2. Die Entwicklung des Radios in Deutschland
2.3. Daten zur aktuellen Radionutzung in Deutschland
2.3.1. Die Media-Analyse Radio (ma Radio)
2.3.2. Ergebnisse der ma Radio 2013 I und Daten zur analogen Radionutzung
2.4. Alleinstellungsmerkmale des analogen Radios
2.5. Zusammenfassung der Erkenntnisse
3. Die Digitalisierung des Hörfunks
3.1. Digitalisierungstechniken der Radioübertragung
3.1.1. Digital Audio Broadcasting
3.1.2. Audio-Streaming
3.1.3. Satelliten- und Kabelübertragung
3.2. Distributionswege und Hörfunkformate im Internet
3.2.1. Simulcasts
3.2.2. Webcasts
3.2.3. Daten zur Nutzung von Simulcast und Webcast
3.2.4. Podcasts
3.3. Radionutzung mittels digitaler Endgeräte
3.3.1. Digitalradio (DAB+)
3.3.2. W-LAN Radio
3.3.3. Smartphone
3.4. Senderwebseiten und Soziale Netzwerke
3.4.1. Begriffsdefinition und Beispiel
3.4.2. Daten zum Nutzungsverhalten
4. Besonderheiten der digitalen Hörfunknutzung
4.1. Potenziale der digitalen Hörfunkangebote
4.2. Nutzung digitaler Hörfunkangebote
5. Das Radio als konvergentes Medium
5.1. Definition des Konvergenzbegriffes
5.2. Modell des konvergenten Hörfunks
6. Fazit
IV. Literaturverzeichnis
Abbildung 1: Radionutzung ma 2013 Radio I
Abbildung 2: Radionutzung im Tagesverlauf (nach Berufstätigkeit)
Abbildung 3: Tätigkeiten während des Radiohörens
Abbildung 4: Radioperformance im Vergleich
Abbildung 5: Programmvielfalt und -bindung
Abbildung 6: Haushaltsausstattung mit Radiogeräten
Abbildung 7: Typen der Radiogeräte in den Haushalte
Abbildung 8: Anteil der Gerätetypen an der Radiohördauer
Abbildung 9: Mediennutzung im Tagesverlauf
Abbildung 10: Radio-Stundenuhr am Beispiel von HIT RADIO FFH
Abbildung 11: 1LIVE Webradio
Abbildung 12: MDR Sputnik Webcast
Abbildung 13: Das Angebot von Webcast und Simulcast
Abbildung 14: Nutzung von klassischem UKW-Programm und Webradio
Abbildung 15: Das WDR Podcast Angebot auf iTunes
Abbildung 16: DAB+ Empfangsgerät Typ "ALBRECHT DR 333”
Abbildung 17: Die Applikation Elchradio für das iPhone
Abbildung 18: Homepage WDR3
Abbildung 19: Konvergenzmodell für den Hörfunk
Seit dem Aufkommen des Internets und den in den vergangenen Jahren populär gewordenen Techniken des Social Web, haben sich neue Möglichkeiten für die Medienpraxis ergeben. Derartige Aussagen haben längst einen Status der Selbstverständlichkeit erreicht. Umso verwunderlicher ist es, dass die einschlägige wissenschaftliche Literatur das Medium Radio unbeachtet von dieser Tatsache belässt.
Allgemein hat das Medium Internet bedingt durch den initiierten Mediennutzungswandel bei Lesern, Zuschauern und Zuhörern unlängst einen hohen Stellenwert eingenommen. Für die Ausrichtung auf die Zielgrößen Auflage, Quote, Verweildauer oder Reichweite ist die Berücksichtigung des Distributionskanals Internet ein zentraler Faktor. Abseits von der ursprünglichen Kernkompetenz soll auch der Hörfunk in der Medienpraxis gemäß diesem Prinzip agieren, mahnte Dr. Thomas Gruber bereits im Jahr 2006:
„Radio droht zu einer analogen Insel in einem Meer digitaler Angebote zu werden. Gelingt der digitale Umstieg nicht, wird Radio als Gattung in einer zunehmend digitalen Welt langsam untergehen, weil es gestiegenen Nutzererwartungen nicht mehr entsprechen kann.“ (vgl. Priebe 2006: 111)
Der Medienwissenschaftler und ehemalige Chef des bayerischen Rundfunks attestierte dem Hörfunk in Deutschland zu diesem Zeitpunkt Defizite hinsichtlich der Nutzung der internetbasierten Medientechnologien und eine undefinierte digitale Ausrichtung der Sender (vgl. ebd.).
Die vorliegende Masterarbeit widmet sich der Beantwortung der Forschungsfrage, welchen Stellenwert das Radio gegenwärtig im Zeitalter des Internets besitzt und welche Funktionen des Mediums durch die Einführung digitaler Hörfunkangebote neu verhandelt werden. Dabei soll außerdem herausgefunden werden, welche Perspektiven die digitalen Erweiterungen des Radioprogramms im Hinblick auf die aktuelle Radionutzung eröffnen. Das Ziel der medienwissenschaftlichen Arbeit ist es, sich dem gegenwärtigen Begriff und Verständnis von Radio anzunähern und mögliche Perspektiven für gegenwärtige sowie zukünftige Funktionen und Formen von Radio aufzuzeigen.
Im Kontext der medienwissenschaftlichen Forschung und im Vergleich zu anderen Massenmedien besitzt das Radio generell einen untergeordneten Stellenwert. Die wissenschaftliche Betrachtung des Mediums erlangte zwischen Ende der 1920er und 1950er Jahre ihren Höhepunkt. Nach dem Wandel vom Leit- zum Begleitmedium wurden radiotheoretische Bemühungen nahezu eingestellt. Der gegenwärtige Radiobegriff steht definitorisch noch immer in der Tradition dieser frühen Erkenntnisse. Die oben genannten Umstände machen jedoch ein Umdenken notwendig.
Die meist aus der Praxis initiierten Ansätze der Radioforschung erheben in regelmäßigen Abständen Angaben zur Nutzung von analogen sowie digitalen Audiomedien. In quantitativen und qualitativen Studien liegen Daten zur Nutzung des analogen Radioprogramms (z.B. Media-Analyse Radio), zur Nutzung von Online-Radio in Form von Web- und Simulcast-Angeboten (z.B. Webradiomonitor; R@diostudie) sowie zum Gebrauch von Podcasts (z.B. ARD/ZDF-Onlinestudie) oder von RadioApplikationen für mobile Endgeräte (z.B. Radio der Zukunft / Radio Plus) vor. Es besteht jedoch eine Forschungslücke, wenn es darum geht die vorliegenden Ergebnisse vor dem Hintergrund eines zeitgemäßen Radiobegriffs zu deuten. An dieser Stelle knüpft diese Masterarbeit an.
Aus methodischer Perspektive handelt es sich bei der vorliegenden Arbeit um eine Metaanalyse von quantitativen und qualitativen Studien, die sich mit den analogen und digitalen Erscheinungsformen des Radios befassen. Aus der Reflexion und dem Vergleich vorhandener Daten aus der angewandten Hörfunkforschung wird ein Rückschluss auf die Essenz des gegenwärtigen und zukünftigen Hörfunks und seine Funktionen gegeben.
Zu Anfang dieser Arbeit wird im zweiten Kapitel mit der Ermittlung eines pragmatischen Radiobegriffs die essentielle theoretische Grundlage gelegt. Zur Einordnung und Definition der Eigenschaften des analogen Radios wird die historische Entwicklung des Mediums skizziert. Desweiteren wird der zugrundeliegende Radiobegriff auf Basis aktueller Daten zur Radionutzung in Deutschland ermittelt. Gemessen an der Nutzung und medienhistorischen Entwicklung des Radios werden folglich die Alleinstellungsmerkmale des analogen Radios sowie der Stellenwert des Mediums im Medienvergleich analysiert und dargestellt.
Im Anschluss daran werden im dritten Kapitel die digitalen Hörfunkangebote thematisiert. Einleitend wird eine Übersicht über die Digitalisierungstechniken (siehe Kapitel 3.1.) gegeben. Diese dienen als Grundlage für die Darstellung der Distributionswege (siehe Kapitel 3.2.) sowie der digitalen Endgeräte (siehe Kapitel 3.2. ), welche im Anschluss jeweils vorgestellt, definiert und anhand von Beispielen veranschaulicht werden. Zentraler Bestandteil des dritten Kapitels ist darüber hinaus die Analyse der Daten zur Nutzung der diversen digitalen Hörfunkangebote. Insgesamt werden quantitative und qualitative Studienergebnisse zur Nutzung von Simulcasts und Webcasts (siehe Kapitel 3.2.3.), von Podcasts (siehe Kapitel 3.2.4.2.), von Digitalradios (siehe Kapitel 3.3.1.2.), von W-LAN Radiogeräten (siehe Kapitel 3.3.2.2.), von Smartphone-Apps (siehe Kapitel 3.3.3.2.) sowie zur Nutzung der Senderwebseiten und Fanpages im sozialen Netzwerk Facebook (siehe Kapitel 3.4.2.) analysiert. Anhand dieser umfangreichen Betrachtung werden die gesamten digitalen Hörfunkangebote der Radiosender hinsichtlich der Nutzung durch die Rezipienten abgebildet.
Auf dieser Basis erfolgt im vierten Kapitel eine Zusammenfassung von den Besonderheiten der digitalen Hörfunknutzung, die in die Darstellung der Potenziale (siehe Kapitel 4.1.) und die Darstellung der tatsächlichen Nutzung (siehe Kapitel 4.2.) der digitalen Hörfunkangebote untergliedert ist. Es wird zusammengefasst welche der neuen Hörfunkangebote, wie intensiv und von welcher Zielgruppe genutzt werden und inwiefern diese Ergebnisse einen Funktionswandel für das Medium Radio bedeuten.
Die Erkenntnisse dieser Untersuchung werden abschließend unter Berücksichtigung des nutzerorientierten Konvergenzbegriffes nach Hasebrink und Schuegraf (siehe Kapitel 5.1. ) zusammengeführt und in einem Modell zum konvergenten Hörfunk (siehe Kapitel 5.2. ) angewendet und zusammengefasst.
Im ersten Teil der Arbeit geht es folglich um die Ermittlung und Darstellung des grundsätzlichen Verständnisses des analogen Hörfunks in Deutschland. Der zweite Teil der Arbeit behandelt die digitalen Zusatzangebote sowie das Potenzial und die Nutzung dieser Anwendungen und Geräte. Im dritten Teil erfolgt dann die Zusammenführung des klassischen Radiobegriffs und der digitalen Erweiterungen vor dem Hintergrund des für die Arbeit zentralen Konvergenzbegriffes.
Zum Abschluss dieser Einleitung werden ergänzend noch kommunikative bzw. stilistische Hinweise zur vorliegenden Arbeit gegeben:
Mit ,einfachen Anführungsstrichen‘ werden Begrifflichkeiten betont, die hervorgehoben werden sollen, die umgangssprachlich sind oder bei denen es
sich um Fachtermini handelt, die erläutert werden müssen. in der Regel wird nach der ersten Nennung des jeweiligen Begriffs auf zusätzliche Kennzeichnungen verzichtet.
Mit „doppelten Anführungsstrichen“ werden Zitate aus der Literatur bzw. den elektronischen Quellen gekennzeichnet, welche anhand des Literaturverzeichnisses überprüft werden können.
Mit kursiv gesetzten Textelementen werden Eigennamen, wie zum Beispiel die Namen von Radiosendern oder die Namen der Studien aus der angewandten Hörfunkforschung gekennzeichnet.
Aus technologischer Perspektive betrachtet werden bei der analogen Hörfunktechnologie auditive Reize, wie Sprache, Musik, Töne und Geräusche über Mikrofone in elektromagnetische Wellen umgewandelt. Die Signale werden anschließend radial über Sendeantennen in umliegende Sendegebiete verteilt. Mithilfe von Empfangsgeräten, für die sich im Laufe der Entwicklungsgeschichte des Mediums ebenfalls die Bezeichnung ,Radio‘ durchgesetzt hat, werden die elektrischen Signale empfangen und wiederum für den Rezipienten in akustische informationen umgewandelt (vgl. Gehring 1997: 285-287). Im Vergleich zu dieser skizzierten technischen Funktionsweise ist die Definition eines expliziten Radiobegriffs deutlich komplexer:
„Radio zählt offensichtlich zu den anwachsend zahlreichen Termini, die wir ständig verwenden, die aber kaum definierbar sind, weil ihre Konturen verschwimmen [...]. Dazu kommt, dass Radio (anders als Fernsehen) ein Weltbegriff ist, der in vielen Sprachen verwandt wird, dabei aber transkultureller Differenz unterliegt und keineswegs Identisches beschreibt. Das Vorhaben, den Begriff so zu definieren, dass er allseits akzeptierbar ist, erscheint folglich kaum realisierbar.“ (Kleinsteuber 2012: 15)
Aufgrund der von Kleinsteuber beschriebenen begrifflichen Komplexität ist es erforderlich, den Radiobegriff, welcher der Masterarbeit zugrunde liegt, einzuordnen und abzugrenzen.
Die wissenschaftliche Ableitung des Radiobegriffs erweist sich bei dem Vorhaben das analoge Radio und seine Eigenschaften zu beschreiben als ungeeignet. Aus medienwissenschaftlicher Perspektive werden die Entwicklung sowie die Eigenschaften des Mediums kaum oder höchstens oberflächlich betrachtet. So konstatiert der Medienwissenschaftler Hans-Jürgen Krug:
„innerhalb der neueren und boomenden Medien- und Kommunikationswissenschaften nimmt der Hörfunk seit Langem eine Randposition nahe der Nichtbeachtung ein. Zwischen dem riesigen Angebot und der dauerhaften Nutzung einerseits sowie der wissenschaftlichen Wahrnehmung andererseits besteht eine riesige - und keineswegs unbekannte - Kluft.“ (Krug 2010: 7-8)
Der Medientheoretiker Rainer Leschke bestätigt diesen Eindruck und stellt fest, dass radiotheoretische Bemühungen schon frühzeitig und trotz der stetigen Entwicklung des Mediums eingestellt wurden:
„Die Radiotheorie bleibt im Gegensatz zu den recht regelmäßig auftauchenden Wogen neuer filmtheoretischer Konzeptionen eher ein vorübergehendes Ereignis. Sie begleitet die vergleichsweise knapp bemessene Phase, in der das Radio als Leitmedium fungiert. Diese Phase beginnt mit der massenwirksamen Etablierung des neuen Mediums Ende der 20er Jahre und endet wieder relativ abrupt mit der sukzessiven Durchsetzung des Fernsehens gegen Ende der 50er Jahre.“ (Leschke 2003: 130)
Vielzitierte Radiotheorien wie etwa die wahrnehmungspsychologischen Erkenntnisse über das Radio von Rudolf Arnheim aus dem Jahr 1936 (vgl. Arnheim 1979) oder die ideal typischen Forderungen sowie medien- und gesellschaftskritischen Theoriefragmente von Bertolt Brecht aus den Jahren 1927 bis 1932 (vgl. Brecht 1967: 119-134), beschäftigen sich darüber hinaus mit spezifischen Aspekten des Radios (vgl. Schätzelein 2012: 42) und werden somit für eine grundlegende und zeitgemäße Definition des analogen Radios als ungeeignet betrachtet. Gleiches gilt beispielsweise auch für die jüngere Radiotheorie von Werner Faulstich (vgl. Faulstich 1981), die sich bei der Definition des Gegenstands Hörfunk und der Analyse der Charakteristika des Radios auf das Hörspiel The War of the Worlds aus dem Jahr 1938 bezieht. Es wird deutlich, dass der Radiobegriff und die Bedeutung des Mediums für den Rezipienten demnach in der Tradition veralteter wissenschaftlicher Sichtweisen auf das Medium stehen.
Auch in der internationalen Forschung nehmen die Radiotheorie sowie die wissenschaftliche Betrachtung des Mediums keinen hohen Stellenwert ein. So beschreibt Tacchi das Radio ebenfalls als größtenteils unbeachtetes Forschungsobjekt:
„[...] it is seen as a secondary medium, not just by the academic world but by many producers of radio and by consumers. [...] Radio is ubiquitous, but quietly so; it is invisible. Radio is cheap to produce and has been around for a long time - it is the oldest of the time-based media in the home. Radio has become naturalized - so much so that it is difficult to establish its significance.” (Tacchi 2000: 290)
Die Arbeiten zur Entwicklung des britischen Rundfunks und dessen Eigenschaften vom englischen Radioforschers Andrew Crisell (vgl. Crisell 1995) sowie die Ausarbeitung von Hugh Chignell zu diesem Thema (vgl. Chignell 2009) stellen dabei die Ausnahme dar.
Demnach lässt sich insgesamt konstatieren, dass die Radiotheorie aktuell keinen zeitgemäßen Radiobegriff anbietet, der die Charakteristika des analogen Radios in Deutschland beschreibt und auf den sich somit in der Ausgangslage dieser Arbeit gestützt werden kann. Als Konsequenz daraus wird in diesem Kapitel ein pragmatischer Radiobegriff hergeleitet.
Im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich der Begriff ,Radio ‘ gegenüber der Bezeichnung ,Hörfunk‘ für das Medium durchgesetzt. Die zwei Begriffe werden allgemein, zusammen mit dem Medium Fernsehen, unter dem Oberbegriff ,Rundfunk‘ zusammengefasst. In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe ,Radio‘ und ,Hörfunk‘ synonym verwendet. Der Begriff ,Radio‘ bezeichnet demnach nicht nur das technische Empfangsgerät.