Dazwischen - Gunter Klauert - E-Book

Dazwischen E-Book

Gunter Klauert

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Beschreibung

Es war ein unendlich tiefer dunkler Raum, in dem ich dahintrieb. Schwerelos waren mein Körper und mein Geist. Einziges Ziel, ein Kreis, der mich magisch anzog und Farben, die ich nie zuvor sah. Sie strömten auf mich zu, nahmen von mir Besitz und ließen mich nicht mehr los. Doch es war nicht nur ein Traum. Hier ging es um mehr. Es war eine Reise zu mir selbst.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Der Beginn

Erste Erfolge

Neue Zeiten

Ein Arbeitstag mit Folgen

Die Erinnerung

Übergang

Auf dem Weg

Woanders

Wehmut

Zeit nach dem Koma

Neu geboren

Wahn

Zur Reha

Warum immer ich

Heilungen

Reha

Erinnerung

Dazwischen

Ahnungen

Nachwort

Vorwort

Wer bin ich, wer war ich und warum bin ich heute so wie ich bin. Diese Fragen stellte ich mir schon lange bevor ich damit begann Einzelheiten aus meinem Leben aufzuschreiben. Doch es war erst ein gewaltiger Riss in meiner Lebenserfahrung notwendig, besser gesagt eine massive Erschütterung die an meinem Leib und meiner Seele zerrte, damit ich meine Gedanken schließlich in Worte fasste.

Also erst mal alles auf Anfang. Im Jahr 1942 erblickte ich das Licht der Welt. Meine zwei Jahre ältere Schwester, mein Bruder und ich waren Kriegskinder, wie man so treffend sagt. Wer von uns das schlechtere Los gezogen hatte, vermochte ich als Kind nicht sagen. Zumindest war meine Schwester dafür verantwortlich, dass meine Eltern heirateten. Es war eine schlimme Zeit, diese Kriegszeit. Allein die Episoden, die sich durch meinen Vater unauslöschlich in mein Leben eingebrannt haben, wären ein Kapitel für sich. Wobei mir das Wort „Vater“ nur mit Mühe über die Lippen kommt, da er sich dieser Bezeichnung nicht würdig gezeigt hat. Doch habe ich mich dafür entschieden ihm die Freude, jemals in einem Buch zu Wort zu kommen, nicht zu gönnen. Daher sei an dieser Stelle nur so viel gesagt, dass er bedenkenlos imstande war großen Schmerz und Furcht über seine Familie und anderenorts auf der Welt zu bringen, wodurch er Wut und Hass schürte.

Als ich vier Jahre alt war verstarb meine Mutter an Scharlach und wir wuchsen bei unseren Großeltern väterlicherseits auf. Unsere beiderseitigen Großeltern hätten unterschiedlicher nicht sein können. Familienzwistigkeiten waren an der Tagesordnung. Überheblichkeit auf der einen, Gutmütigkeit auf der anderen Seite. Infolgedessen zerbrach die Familie. Im Jahr 1948 brachten meine Großeltern mich nach Seelze, ein kleines Dorf bei Hannover, ich musste in die Schule. Zwei Jahre später kam mein Bruder nach Seelze. Meine Schwester blieb bis sie vierzehn Jahre alt war in Magdeburg. Was für eine schändliche Planung. Augenblicklich nach Eintreffen im neuen Wohnort sah ich mich mit einer Wahrheit konfrontiert, die mich damals sprachlos machte. Der Mann, den ich nicht Vater nennen werde, hatte beschlossen mit einer anderen Frau eine neue Familie zu gründen. Unwillentlich bekam ich also eine neue Mutter und eine mir fremde Schwester dazu. An diesem Punkt meines Lebens begann mein Martyrium sich zu verselbständigen. Fortan war mein Leben von meiner Stiefmutter, die einem bösen Märchen entsprungen zu sein schien, meiner rechthaberischen Stiefschwester und mir als schmerzgepeinigten Sündenbock für alles und jeden, geprägt.

In der darauffolgenden Zeit erfuhr ich viel Leid. Ich wurde als Sündenbock der Familie auserkoren und auch als selbiger benutzt. Egal was geschah, ich war schuld. Ich erregte Missfallen durch meine Anwesenheit. Ich war der sprichwörtliche Dorn im Auge. Nicht zuletzt auch, weil ich einstmals der Liebling meiner leiblichen Mutter gewesen war. Wehrlos und ausgeliefert wie ich war, blieb mir nur die Chance mich abzuschotten und zu verschließen. Dies tat ich und schuf mir im Inneren meines Selbst eine eigene schöne Welt. Während dieser Zeit dachte ich oft an meine verstorbene Mutter und sehnte mich nach ihr. Sie war mein Lichtblick im Dunkel vieler Tage. Ich war klein und hätte ihre Nähe, Zuneigung und Wärme dringend gebraucht. Doch nur ein Zwergpudelwelpe verschaffte sich Zugang zu meinem Herzen und wurde für wenige Wochen ein Teil von mir und diesen Teil konnte mir niemand mehr nehmen. Ich wurde älter, besuchte die Realschule, machte meinen Abschluss, begann eine Lehre als Maschinenschlosser und kann mit Stolz behaupten, dass ich aus meinen eigenen Kräften ohne Unterstützung der Familie die

Meisterprüfung im Handwerk ablegte. Dann lernte ich Hanni kennen und lieben, wir wurden ein Paar, heirateten und sind mittlerweile seit über fünfzig Jahren Ehe glücklich miteinander.

Auch wenn viele Jahrzehnte seit meiner Kinder- und Jugendzeit vergangen sind, höre ich auch heute noch den Wutschrei, der den Untiefen meiner Seele entspringt, wenn ich an meine lieblose und von Hass erfüllte Erziehung denke.

Der Beginn

Ich muss wohl ungefähr vierzehn Jahre alt gewesen sein. „Oh Verzeihung, ich sollte mich erst einmal vorstellen. Gunter ist mein Name. Ich bin mittlerweile schlanke achtzig Jahre alt und habe einiges aus meinem Leben zu berichten. Besser gesagt davon, was das Leben mit mir anstellte, als ich versuchte es zu leben.

Also meine Jugendzeit. Freches Alter. Realschulzeit. Wir waren eine unternehmungslustige Gruppe von vier Jungens. Wir, das waren Harald, Jochen, Klaus und ich. Oft saßen wir zusammen und diskutierten über Gott und die Welt, alberten herum oder erzählten uns Witze. Mit verschiedenerlei Krimskrams beschäftigten wir uns. Dachten über dieses und jenes nach und neugierig wie wir waren, schreckten wir auch nicht vor der Erprobung von Dingen zurück, die uns unerklärlich erschienen.

Wer von uns auf die verrückte Idee kam, allein durch die Kraft unserer Gedanken einen Gegenstand zu bewegen, weiß ich heute nicht mehr. Auf jeden Fall weiß ich noch, dass Harald zum Schreibtisch ging, einen Bleistift nahm, ihn in die Mitte des Tisches legte und uns davon erzählte, dass er so etwas ähnliches schon einmal im Fernsehen gesehen habe. Er berichtete uns von einer Frau, die mit Gedankenkraft und Handbewegungen einen Bleistift zum Schweben brachte. Selbstredend waren wir sofort Feuer und Flamme und mussten dieses Phänomen sofort selbst ausprobieren. Wir fixierten den Stift und stellten uns vor wie wir ihn in Drehung brachten. Doch die Sache misslang und wir waren enttäuscht. Aber wir wären nicht wir gewesen, wenn wir es nicht noch weiter versucht hätten. Aufgeben kam für uns nicht infrage. Wir probierten es auf unterschiedliche Weisen. Aber so sehr wir uns auch konzentrierten, ein Erfolg wollte sich nicht einstellen. Jochen meinte, wir sollten den Schwerpunkt auf eine andere Seite verlagern. Rein gedanklich, versteht sich. Doch auch das brachte uns nicht weiter. Der Stift regte sich nicht und blieb wo er war. Dann kam mir die zündende Idee und ich schlug meinen Freunden vor unsere Gedanken und unseren Geist miteinander zu bündeln, damit unsere Energie sich vervierfachte. So konnte es möglicherweise gehen. Wiederum versuchten wir angestrengt unsere Gedanken zusammenzubringen, um in Folge festzustellen, dass dieses Unterfangen in der Theorie einfacher war als in der Praxis. Akribisch blieben wir am Ball…

Erste Erfolge

Sie können es glauben oder nicht, wir hatten es geschafft! Für unseren ersten Durchbruch war mein guter Freund Klaus verantwortlich oder besser gesagt, sein schmerzendes Handgelenk, dass er sich bei irgendeiner Tätigkeit verhoben oder gezerrt hatte. Auf jeden Fall hatte er höllische Schmerzen und dem musste sofort Abhilfe geschafft werden. Wir überlegten mit Inbrunst, wie wir ihm helfen konnten. Schließlich sollte er die Schmerzen so schnell wie möglich wieder loswerden. Aber wie sollten wir vorgehen? Wir diskutierten lange und fanden schließlich die Lösung. So kam es, dass jeder von uns, seine Gedanken zu der schmerzenden Stelle schickte. Dabei stellten wir uns den Schmerz als feste Masse vor, kesselten ihn ein und schickten ihn aus der Hand fort. Und so unglaublich das auch klingen mag, hörten wir Klaus sagen, dass in seinem Handgelenk etwas passierte und die betroffene Stelle ganz warm wurde. Dieses Resultat war einfach unfassbar und unsere Gefühle kann ich auch rückblickend nicht in Worte fassen. Fakt war, wir waren auf dem richtigen Weg und nach, sage und schreibe zehn Minuten war Klaus schmerzfrei. Von diesem Moment an machten wir nur noch als Gemeinschaft weiter. Mittels unserer Gedankenkraft erkundeten wir langsam und vorsichtig unsere Körper. Sichtbaren Erfolg hatten wir wenig. Bis wir unsere Gedanken auf die Reise zu unserem Herz schickten. Denn auch dieses galt es zu erforschen und zu beeinflussen. Als uns jedoch inmitten unseres Versuchs eine massive Übelkeit ereilte und zwei meiner Freunde durch eine Ohnmacht in die Knie gezwungen wurden, stellte sich dieses Ansinnen als Fehler heraus. Glücklicherweise kamen die beiden nach kurzer Zeit wieder zu sich. Die Erfahrung mit dieser gedanklichen Selbsterforschung zog eine konträre Diskussion nach sich. Schlussendlich lösten wir unsere Gruppe auf und bewahrten Stillschweigen über die Geschehnisse.

In Windeseile war die Schulzeit vorbei. Jeder von uns fand seinen Lebensweg, ging seiner Beschäftigung im Berufsleben nach, heiratete, gründete eine Familie, mit oder ohne Nachwuchs. Als sich eines Tages Holger mit seiner Ehefrau Lore zu Besuch bei uns ankündigte, war die Freude groß. Wir hatten uns ewig nicht gesehen. Ich sehnte den Nachmittag herbei, vertrieb mir die Zeit mit Vorbereitungen, drapierte Getränke und Salzstangen und anderes an den rechten Platz. Dann endlich ertönte unser Haustürklingel. Ich weiß noch heute, dass meine Frau dicht an meiner Seite stand und wir unsere Gäste aufs Herzlichste begrüßten und in unsere Wohnung baten. Wir saßen gerade mal eine kurze Weile zusammen, waren just dabei uns wieder anzunähern, als wir erfuhren, dass Holgers Ehefrau Lore eigentlich gar nicht hatte mitkommen wollen. Starke Kopfschmerzen malträtierten sie an diesem Tag. Im Nachhinein, denke ich, dass sie wohl hin- und hergerissen gewesen sein musste. Einerseits hätte sie sehr wahrscheinlich lieber das Bett gehütet, um ihren Schmerz auszukurieren, andererseits hatte sie ihrem Ehemann nicht seine Freude an dieser seltenen Begegnung mit einem Freund aus Kindheits- und Jugendtagen durch ihre Zipperlein verderben wollen.