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Oscar Wilde

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Beschreibung

Oscar Wilde war ein fleischgewordenes Bonmot, er schockierte und entzückte seine Zeitgenossen durch Paradoxien, die oft nichts anderes waren als verfrühte Wahrheiten der Zukunft. Wolfgang Kraus hat aus Oscar Wildes Werk die besten, verblüffendsten Aphorismen zusammengestellt. Das Ergebnis ist ein Brevier für den Dandy, für den Wilde-Liebhaber, für jeden, der extravagant denkt.

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Oscar Wilde

Denken mit Oscar Wilde

Extravagante Gedanken über die Magie der Schönheit und die allmächtige Kunst, Kritik als Schöpfung, das dekorative Geschlecht und die menschliche Tragikomödie

Aus dem Englischen von Candida Kraus

Herausgegeben und mit einem Vorwort von Wolfgang Kraus

Diogenes

Form ist das Geheimnis des Lebens. Gib der Trauer Ausdruck, und sie wird dir kostbar werden. Gib der Freude Ausdruck, und dein Entzücken steigert sich. Du möchtest lieben? Sprich die Litanei der Liebe, und ihre Worte werden die Sehnsucht schaffen, aus der sie der Meinung der Welt nach entspringen. Quält dich ein Kummer, der dir das Herz zerreißt? Versenke dich in die Sprache des Kummers, lerne ihre Äußerungen von Hamlet oder Königin Constanze, und du wirst verstehen, dass allein der Ausdruck Trost bedeutet und dass die Form, die der Keim der Leidenschaft, auch der Tod des Schmerzes ist.

 

Oscar Wilde

Vorwort

Als der junge Oscar Wilde mit seinem einzigen Werk in der Tasche, einem von der Presse vernichtend beurteilten Gedichtbändchen, den Boden Amerikas betrat, antwortete er dem Zollbeamten auf sein Ersuchen, den Koffer zu öffnen: »Ich habe nur mein Genie zu verzollen, weiter nichts.« Und zehn Jahre später, als er nach dem Misserfolg zweier heute vergessener Theaterstücke und seines heftig verrissenen Dorian Gray mit Bangen der Urauf‌führung von Lady Windermeres Fächer beiwohnte, trat er nach dem Schlussbeifall, eine Zigarette in der Hand, langsam vor den Vorhang und sagte lächelnd: »Ich freue mich sehr, meine Damen und Herren, dass Ihnen mein Stück gefällt. Ich bin überzeugt, dass Sie seine Vorzüge fast ebenso hoch einschätzen, wie ich selbst es tue. Auch ich habe mich ausgezeichnet unterhalten.«

Seine Komödien für die Bühne, seine dichterischen Werke überhaupt, waren nur unbedeutende Episoden der großen Tragikomödie seines Lebens. Fast schien er nur zu schreiben, weil ihm dies als der leichteste Weg galt, seinen brennenden Wunsch nach Erfolg und Weltruhm zu erfüllen, ja, um die Bedeutung und den Glanz, die er sich selbst mit einem Feuerwerk von Geist und Witz in der Londoner Gesellschaft zu verleihen wusste, im nachhinein zu rechtfertigen. Für ihn war der Ausdruck im geschriebenen Wort die Vollendung einer Kunst zu leben, der allein er seine ganze Phantasie widmete. Seine Werke bildeten nur die kostbare, in allen Farben leuchtende Dekoration, das luxuriöse Kostüm, die funkelnden Requisiten, die er für ein, wie er meinte, seiner Persönlichkeit angemessenes Leben auf die Dauer nicht entbehren konnte. Oscar Wilde schuf sich seine Unsterblichkeit erst, als er schon für unsterblich galt. Er gab das Beispiel zu seiner Ansicht, dass der Schein das Sein hervorrufe: Tatsächlich, er selbst war ein lebendiges Bonmot. Eines Tages aber, gerade als der Jubel um die neue Komödie Bunbury Oscar Wilde auf die höchste Höhe seiner Beliebtheit gehoben hatte, rächte sich das überlistete Schicksal. Denn Wilde hatte, wie sich nun herausstellte, nicht nur im strahlenden Licht gelebt. Immer wieder war er in Tiefen hinabgestiegen, die seine scheinbar so unerschöpf‌liche Spannkraft, die unendliche Fülle seines Witzes, seinen blendenden »Elan vitale« erneuern sollten, er hatte die dunkelsten Kontraste als Reizmittel verwendet, um seinem ironischen Siegerlächeln den nie versagenden, bezwingenden Charme zu geben.

Nicht sein Freund Lord Alfred Douglas stürzte ihn ins Unglück, sondern jene Figuren taten es, die von Todfeinden des erfolgreichen Dichters auf die Zeugenbank gestellt wurden. Nach zwei knapp aufeinanderfolgenden Prozessen, deren erster von einer hochfahrenden Ehrenbeleidigungsklage Oscar Wildes selbst seinen Anfang nahm, waren der Ruhm, der gute Name und die materielle Existenz des damals meistgenannten Dichters seiner Zeit vernichtet.

Der Mann, der sich von der Gunst seines Sterns verlassen fühlte, aber diesen Umschwung in die Tragödie überhaupt nicht fassen konnte, der ebenso lächelnd wie einst alle von Freunden gebotenen Fluchtmöglichkeiten ausschlug, war nach zweijähriger Kerkerhaft ein anderer. Er hat kaum je erschütterndere Worte gefunden als in De profundis und der Ballade vom Zuchthaus zu Reading, doch dann war seine Kraft zu Ende. –

Nie hatte Oscar Wilde mit der Wirklichkeit etwas anderes anfangen können, als sie zu verändern. Zu ihr, so wie sie war, fand er keinerlei Beziehung, und so blieb sein Verhalten in der feindlichen Realität von erschreckender Hilf‌losigkeit, wie gut er sich auch auf dem Parkett der Salons, in den Direktionen der Theater, den Büros der Verleger und Zeitungen zu bewegen gewusst hatte. Im Bereich der Kunst war ebendiese Erfindungskraft die Quelle seines Schaffens, und dieser glänzende Triumph der Phantasie über die Wirklichkeit, der aus allen bis auf die letzten beiden seiner Werke spricht, gab seinen Gedanken und Worten, vor allem in den Prosaschriften, einen idealistischen Schwung, wie wir ihn, man mag vorerst von dieser Ähnlichkeit verblüfft sein, bei Friedrich Schiller finden. Denn Oscar Wildes Ansichten über die Schönheit, über die Ästhetik als Mittlerin und Grundform des menschlichen Lebens wurden bei Schiller geboren, und Schiller war, dies nebenbei, auch der erste Autor jüngerer Vergangenheit, der genau wusste, wie man eigenen dichterischen Werken durch künstliche Diskussionen, Skandale, selbstgeschriebene Lobkritiken zur Wirksamkeit verhalf. Eine Technik, die freilich Alfred de Musset im Paris der Restauration noch viel raffinierter beherrschte und so, in dieser reich bewährten Art, dem aufstrebenden Londoner Genie weitergab. Wer vielgestaltig ist wie Oscar Wilde, wird nicht unzeitgemäß, es sei denn, der Spiegel der Zeit selbst erblindet und wird stumpf für jenen Geist und jene Kunst, denen die Erscheinung des Inhalts Form ist. Mag das Milieu seiner Komödien versunken sein – die Gedanken Oscar Wildes, und weniger noch in seinen Stücken als in seinen Essays, Erzählungen, in kaum bekannten Prosaschriften, sind mitunter von einer geradezu prophetischen Hellsichtigkeit. Er schockierte und entzückte seine Zeitgenossen durch Paradoxien, die oft nichts anderes waren als verfrühte Wahrheiten der Zukunft und für uns heute weitaus näher und ernster sind als für die Gesellschaft, die sie belachte.

 

Oscar Wilde wurde am 16. Oktober 1854, und nicht 1856, wie er später aus Eitelkeit anzugeben pflegte, als zweiter Sohn eines Augenarztes in Dublin geboren, in der gleichen Stadt, in der kaum zwei Jahre später Bernard Shaw auf die Welt kommen sollte. Während sein Vater skandalerregenden Liebesaffären nachging, stand der Heranwachsende Wilde vor allem unter dem Einfluss seiner ehrgeizigen Mutter, die als irische Salonschriftstellerin eine ganze Reihe schlechter, aber lokalbekannter Romane und Gedichtbände veröffentlichte. Nach seinen vorzüglichen Leistungen im Trinity College in Dublin erhielt er ein Stipendium nach Oxford, wo er bei Walter Pater und Ruskin ebenfalls brillierte. 1877 reiste Wilde nach Italien und Griechenland, von wo er auch seine ersten ernstzunehmenden Verse mitbrachte. Nach seiner Rückkehr ließen sich er und seine inzwischen verwitwete Mutter in London nieder, da dort Oscars älterer Bruder als Redakteur der World bereits eine einflussreiche Position einnahm. Nachdem Wilde, der damals schon durch sein extravagantes Auf‌treten als aufstrebendes Genie galt, endlich das Manuskript eines Gedichtbandes beisammen und ihn auf eigene Kosten in Saf‌f‌ianleder herausgebracht hatte, fuhr er auf gut Glück nach Amerika, um Vorträge »über Kunst und Philosophie« zu halten. Seine amerikanischen Publicity-Erfolge halfen ihm in London jedoch nur gesellschaftlich, da sich seine Dramen Vera und Die Herzogin von Padua als unauf‌führbar erwiesen. Um dem finanziellen Zusammenbruch vorzubeugen, heiratete er. Und erst verhältnismäßig spät, 1888, gelangen ihm die ersten Meisterwerke: seine Märchen Der glückliche Prinz und Das Granatapfelhaus, die er für seine beiden Kinder erzählte. 1887 war er Chefredakteur der Modezeitschrift The Woman’s World geworden, was er überaus erfolgreich zwei Jahre lang blieb. Als er in besonderer Geldnot war, nahm er das Angebot des amerikanischen Monatsblattes Lippincott’s Monthly Magazine an, zu genauem Termin und in bestimmtem Umfang einen Fortsetzungsroman zu liefern. Als dieser nun 1890 in Amerika ankam, erwies er sich als zu kurz und wurde vom willigen Autor nach Maß verlängert. Er trug den Titel Das Bildnis des Dorian Gray und ist eines der großen Werke der damaligen Epoche.

Bald darauf schrieb er eine Reihe Essays, darunter Die Seele des Menschen unter dem Sozialismus und, in französischer Sprache, seine Salome, die zusammen mit der Musik von Richard Strauß heute nach wie vor Triumphe erlebt. Um neuerlicher Geldnot auszuweichen, nahm er von einem bekannten Schauspieler Vorschuss auf eine Komödie, und bald darauf öffnete sich der Vorhang vor Lady Windermeres Fächer. – Oscar Wildes Berühmtheit war nicht mehr aufzuhalten. Eine Frau ohne Bedeutung1894, Der ideale Gatte1895 und im gleichen Jahr Bunbury erwiesen sich als Goldgruben, Oscar Wilde und sein achtzehn Jahre jüngerer Freund Lord Alfred Douglas, den er 1891 kennengelernt hatte, genossen das luxuriöse Leben der Londoner Gesellschaft in vollen Zügen. Als Wilde in verblendetem Leichtsinn gegen Alfred Douglas’ Vater eine Ehrenbeleidigungsklage einreichte, begann das Verhängnis. Wilde selbst musste auf die Anklagebank, und in wenigen Stunden war der Traum des glücklichen Prinzen zu nichts zerronnen. Zwei Jahre Kerkerhaft mit Zwangsarbeit löschten ihn aus der Gesellschaft, die seine Atemluft war. Noch einmal nahm er die Feder und schrieb die aus tiefster Tiefe aufschreienden Anklagen De profundis und Die Ballade vom Zuchthaus zu Reading, Worte von einer Wucht qualvollen Leidens, wie man sie von ihm noch nie gehört hatte und auch nie wieder hören sollte. Als Andre Gide ihn kennenlernte, war er nur mehr ein Schatten seiner selbst. Er starb, während seine Bücher eingezogen, seine Theaterstücke verboten waren und nachdem er jahrelang seinen Lebensunterhalt von Freunden erbettelt hatte, unter falschem Namen in einem armseligen Pariser Hotel. Der Totenschein zeigt das Datum 30. November 1900, der Name des Toten lautet Sebastian Melmoth.

Bald aber erinnerte man sich des Verfemten wieder, seine Stücke erlebten, mehr noch als einst, auf allen Bühnen der Welt Riesenerfolge, seine Bücher ungezählte Neuauf‌lagen, der gegen ihn geführte Prozess wurde scharf kritisiert, und es entstand eine Sekundärliteratur von einem Umfang, wie sie keine andere Persönlichkeit seiner Zeit aufzuweisen hat. Wer war dieser Mann wirklich? Wer verbarg sich hinter diesem phantastischen Leben? Vielleicht jener überwältigend klare, um die Zukunft des Menschen und der Gesellschaft wissende Geist, dem wir in den folgenden, aus seinem Werk vorurteilslos gesammelten Gedanken begegnen.

 

Wolfgang Kraus

Dandy im Spiegelbild

In mir wächst eine leidenschaftliche Liebe zu allem Geheimnisvollen. Für mich ist das die einzige Möglichkeit, dem modernen Leben den Schein des Rätselhaften und Wunderbaren zu erhalten. Die alltäglichste Begebenheit wird zauberhaft, wenn man sie vor den anderen verborgen hält. Ich sage auch nie, wohin ich fahre, wenn ich verreise. Mein ganzes Vergnügen wäre dahin, wenn ich es täte. Möglich, dass es töricht ist, aber mir bringt diese Gewohnheit ein wenig Romantik ins Leben.

 

Ich habe mein ganzes Genie in mein Leben getan; in mein Werk nur mein Talent.

 

Mir sind Menschen lieber als Prinzipien und Menschen ohne Prinzipien das Liebste auf der Welt.

 

Ich bin bereit, alles zu beweisen.

 

Wenn mich eine Persönlichkeit fesselt, wird jede Form des Ausdrucks an ihr für mich zum Genuss.

 

Ich kenne nur zwei Arten fesselnder Menschen: solche, die alles wissen, und solche, die gar nichts wissen.