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Die Magie der Rauhnächte beginnt mit der Wintersonnenwende. Es sind die vielleicht wichtigsten Tage und Nächte des Jahres. Sie sind mystisch, voll purer Energie und bieten eine Reihe an Möglichkeiten, die entdeckt werden wollen. Mit diesem Buch erhältst du den Schlüssel zu dieser ganz besonderen Zeit. Behutsam begleitet dich die Autorin auf dem Weg der Selbsterkenntnis und Heilung. Sie entrollt einen roten Faden in ein mystisches Reich. Ergreife ihn und du reist durch die Götterwelt der nordischen Mythologie, tief in die Ebenen des Weltenbaumes Yggdrasils. Lass dich verzaubern vom feurigen Herz der alten Magie. Finde auf einer unvergesslichen Reise zu dir selbst. Verbinde uraltes Wissen mit dem Puls der Zeit. Lausche Geschichten von silbernen Fäden, weisen Frauen und düsteren Gestalten der Nacht. Rituale, Räucherungen, Fantasiereisen und vieles mehr warten auf dich.
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Seitenzahl: 205
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Prolog
Yggdrasils alte Göttinnen & Götter
Das Reich Yggdrasils
Drei Nornen & Das Wyrd
Die silbernen Fäden der Frigg
Frau Holle, die Göttin im Holunder
Odin, der einäugige Magier
Die Wilde Jagd
Der alte Pfad & die Rauhnächte
Die Magie der Rauhnächte
Zwölf Nächte und noch mehr Namen
Aberglaube & überliefertes Brauchtum
Die geöffneten Tore der Anderswelt
Alles beginnt mit der Wintersonnenwende
Der Zauber beginnt
Öffne dein Herz für die Magie
Der rote Faden
Rauhnachtsnest & Räucherduft
Der Kranz der fünf Lichter
Magisches Beiwerk
Das Traum-Nächte-Buch
Rituelle Räucherpflanzen
Kerzen Hokuspokus & Funkelnde Steine
Der magische Feinschliff
Kleiner Altar, bezaubernde Wirkung
Die Magie der 13 Wünsche
Der etwas andere Hausputz
Eine Reise durch die Rauhnächte
Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft
Deine Reise durch die Vergangenheit
Erste Rauhnacht – Reise zur Quelle deines Selbst
Zweite Rauhnacht – Reise durch die Jahreszeiten
Deine Reise durch die Gegenwart
Dritte Rauhnacht – Die Quelle Hvergelmir
Vierte Rauhnacht – Mimirs Brunnen
Fünfte Rauhnacht – Finde deinen Weg
Sechste Rauhnacht – Höre den Ruf Yggdrasils
Siebente Rauhnacht – Finde dein inneres Feuer
Deine Reise durch die Zukunft
Achte Rauhnacht – Die Wölfe Odins
Neunte Rauhnacht – Deine innere Kriegerin
Zehnte Rauhnacht – Flug mit dem Adler ohne Namen
Elfte Rauhnacht – Rückkehr über Bifröst
Zwölfte Rauhnacht – Rückkehr aus Yggdrasil
Hex, Hex
Die Rolle der Wochentage in der Magie
Lass los: Sieben Wege, ein Ziel
Flüche bannen
Eijeijei
Die Macht des Feuers
Den Knoten lösen
Den Stab brechen
Ein Bündel schnüren
Fesseln & Entfesseln
Mit dreifacher Kraft gesunden
Verbannung
Auflösung
Besprechung
Eine Seele ins Licht führen
Ein Glas voller Glück
Ich bin ein Kind des alten Pfades. Meine Seele wandelt auf den Wegen der nordischen Götter. Manche meinen, ich sei eine Hexe. Andere sagen, ich sei eine Schamanin. Ich sage, es spielt keine Rolle, welchen Namen ich trage.
Lange habe ich meinen Platz in diesem Leben gesucht. Bereits in Kindertagen bahnte sich an, dass ich meine Bestimmung auf den Spuren des alten Pfades finden werde. Nur, was werde ich sein? Eine Kräuterhexe, eine Hellseherin oder gar eine schamanische Heilerin? Viele Wege bin ich gegangen. In all den Jahren der Suche habe ich stets Wissen gesammelt. Zahlreiche Bücher über Magie, Runen, Sigillen, Hexenkunde oder schamanische Reisen habe ich verschlungen. Ich habe sie regelrecht studiert. Immer stärker klopfte dieses Wissen an die Hülle meines routinierten Alltags. Es wollte hinaus. Die Worte sprudelten durch meinen Kopf. Sätze durchzogen flüsternd meinen Geist, redeten mit mir. Ich gab ihnen nach und gründete meinen Blog „Taste of Power“.
Zu Beginn war ich zögerlich in meinen Ausführungen, hielt mich mit der Magie, welche sich wie die Silberfäden der Frigg durch mein Leben zieht, zurück. Es ist kein Thema, mit welchem ich so einfach hausieren gehen wollte. Wie schnell wohl würde das Umfeld mich als nicht ganz dicht abstempeln. Das behagte mir nicht.
Die Magie aber geht ihre eigenen Wege und mäanderte geschickt und vorsichtig ihren Pfad in meine Artikel. Was geschah? Nichts! Es geschah absolut gar nichts. Niemand sah mich schief an, verurteilte oder belächelte mich. Was aber noch viel wichtiger ist, nach einiger Zeit der Arbeit erkannte ich meine Berufung. Meine Aufgabe in diesem Leben ist es, das alte Wissen zu sammeln. Vor allem aber bin ich dazu bestimmt, dieses alte Wissen den Menschen wieder näher zu bringen, sie auf den alten Pfad der Magie zurückzuführen. Das klang vorerst nicht so spektakulär, wie ich es für meinen Lebensplan erträumt hatte. Mit der Zeit jedoch liebte ich diese Herausforderung. Das habe ich all den vielen, zauberhaften Menschen zu verdanken, die mir immer wieder berichten, wie dankbar sie für meine Arbeit sind. Manchmal muss ich mich durch die Augen Anderer erblicken, um mich selbst zu erkennen.
Nun wage ich den nächsten Schritt, mein erstes Buch erscheint. Über die Rauhnächte zu schreiben, ist eine absolut logische Konsequenz meines bisherigen Weges. Sie begleiten mich persönlich seit so vielen Monden. Die Rauhnächte waren mein erster Schritt in die magische Phase meiner Arbeit. Sie waren der Wendepunkt und der Grund, warum ich meine Art, mit der Magie zu leben, mit der Welt teile.
Die Resonanz auf meine Version der Rauhnächte war überwältigend. Tausende Menschen habe ich seither durch diese Nächte voller Zauber begleitet und jedes Jahr werden es mehr. Sie folgten meinen Worten und ich beobachtete ganz genau ihre Reaktionen. Nah am Menschen zu sein, das ist mir wichtig. Es ist eine Sache, Wissen aufzuschreiben, eine ganz andere ist es, die Worte so zu wählen, dass sie den Menschen im innersten Kern erreichen. Ich möchte, dass sie die Magie nicht nur in der Theorie kennen. Mein Wunsch ist es, die alte Magie aus verstaubten Bücherregalen zu locken und lebendig werden zu lassen. Sie sollen die Magie spüren. Meine Worte sind dabei nur ein winziges Samenkorn, das ich in die Herzen meiner Leserschaft pflanze. Einen Teil der Leser:innen begleite ich bereits über Jahre hinweg und immer wieder ist es faszinierend zu sehen, welch einzigartige Pflanzen sie aus diesem Samenkorn wachsen lassen. Vernehme ich ein leises Murren meiner männlichen Leser, da es so scheint, als würden sich meine Worte nur an die Frauen richten? Seid stark meine Lieben, denn dies werde ich wacker von der ersten bis zur letzten Seite beibehalten. Betrachten wir es als meinen kleinen Beitrag zur Ausbalancierung der noch immer deutlich verrutschten Dualitäten. Seid gewiss, ich freue mich über jeden Einzelnen von euch. So bleibt, seid Manns genug und lasst euch von Worten nicht schrecken.
In meiner Arbeit möchte ich jedem Einzelnen die Tür zur Welt der Magie öffnen, Wege durch ihre faszinierenden Ebenen zeigen. Die eigene Magie finden, aber muss jedes Wesen selbst.
Mit diesem Buch öffne ich dir eine Pforte zu den Rauhnächten, welche in die Welt der nordischen Mythologie entführt. Du triffst die alten Götter, lernst das wahre Wesen der Frau Holle kennen und reist mit den Nornen durch die Welten Yggdrasils.
Begleitet werden wir von den phantasievollen Illustrationen zweier großartiger Künstlerinnen. Sorina Szeli hat nicht nur mit viel Liebe das zauberschöne Titelbild gestaltet. Sie hat mit einigen ihrer Werke dieses Buch bereichert. Mein Dank richtet sich ebenso an die bezaubernde Simone Schindler, welche auf außergewöhnliche Weise zu mir fand. Ihr seid einfach unglaublich.
Eine dritte Zauberfrau macht das Trio komplett. So danke ich auch meiner Hexenschwester Linda – für jede einzelne Minute, in welcher ich dich nerven durfte. Danke für deine Geduld.
Ehe wir nun in die Magie der Rauhnächte eintauchen, sei mir noch ein Hinweis gestattet. Jede einzelne Rauhnacht wird thematisch durch eine intensive Meditation begleitet, welche ich dir gerne ans Herz legen möchte. Die Meditationen begeistern seit einigen Jahren und das gesamte Buch ist auf ihnen aufgebaut. Du kannst sie exklusiv auf meiner Website erwerben. Sie sind keine Voraussetzung, helfen dir jedoch, noch tiefer in den Zauber der Rauhnächte einzusteigen. Die Bezugsquellen sind im Anhang aufgeführt.
Es war einmal eine Zeit, in der im wilden Antlitz von Mensch und Natur das feurige Herz der Magie pulsierte. Es war die Zeit des alten Pfades, als ein neuer Tag noch mit dem Untergang der Sonne begann und endete, sobald die Dämmerung ihren ersten Schatten warf. Im Zwielicht des Abends, wenn die Welt sich in geheimnisvolle Schleier hüllt und der Zauber des Unsichtbaren erwacht, steht die Zeit still. Lausche mit dem Herzen und höre das Flüstern mysteriöser Welten. Magische Räume öffnen sich für all jene, die auf der Suche sind.
Mit diesem Buch schenke ich dir den Schlüssel zu einem ganz besonders verzauberten Raum der Zwischenzeit. Er öffnet dir das Reich zu den Rauhnächten. Aber lass mich dich erst in ein anderes Reich entführen. Folge mir auf dem Pfad der alten Göttinnen und Götter und lausche dem Rufen Yggdrasils.
In der älteren Edda, der sogenannten Lieder-Edda des isländischen Gelehrten Sæmundr Sigfússon, steht geschrieben:
„Ask veit ek standa, heitir Yggdrasils, hár baðmr, ausinn hvíta auri; þaðan koma döggvar, þærs í dala falla, stendr æ yfir grænn Urðarbrunni.“
„Eine Esche weiß ich, heißt Yggdrasil, Den hohen Baum netzt weißer Nebel; Davon kommt der Thau, der in die Thäler fällt. Immergrün steht er über Urds Brunnen.“1
Dieser Vers ist Teil der Völuspa, der Weissagungen der Seherin. Sie verkündet die Entstehung und das Ende der Welt. Yggdrasil ist der erste Baum, der je wuchs. Der Vers berichtet auch von Urd. Sie ist die älteste der drei Nornen, aber alles zu seiner Zeit.
Vor langer, wirklich langer Zeit fielen die ersten Tropfen des Lebens und das kam so: In einer Gegend namens Niflheim lag die Quelle Hvergelmir. Aus ihr flossen elf Ströme. Je weiter sie sich von der Quelle entfernten, desto kälter wurde das Wasser, bis es letztendlich zu Eis gefror. Nicht weit davon lag Muspelheim, die Welt des Feuers. Riesiger Funkenregen ging ständig hernieder und einige dieser Funken trafen die zugefrorenen Ströme der Quelle Hvergelmir. Hitze traf auf Kälte und ein erster Tropfen fruchtbaren Lebens formte sich.
Aus dieser Schmelze ging das erste Wesen aller Welten hervor, der zweigeschlechtliche Urzeitriese Ymir. So steht es geschrieben. Ymir nährte sich von der Kuh Auðhumbla, woher sie kam wissen nur die alten Mächte selbst. Satt und zufrieden schlief er ein. Im Schlafe rann ihm der Schweiß aus der Achsel und formte Tochter und Sohn. Das erste Geschlecht der Riesen war geboren.
Die Riesen sind also das älteste Geschlecht, nur woher kamen dann die Götter?
Die ersten Riesen waren böse und so machtvoll, dass sie alle Welten hätten vernichten können. Um dem ein Ende zu bereiten, ging aus dem Urchaos ein weiteres Geschlecht hervor, die Wanen. Sie sind das erste Göttergeschlecht. Wanen sind weise und gerecht, jedoch nicht fähig, gegen die Kräfte der Riesen anzukämpfen. Ein drittes Geschlecht bildete sich aus dem Chaos und dieses war durchaus zum Kampfe bereit. Nun gab es also neben den Wanen auch das jüngere Göttergeschlecht der Asen. In deren dritter Generation erblickte Odin das Licht der Welt.
Eines Tages beschloss Odin gemeinsam mit seinen Brüdern Vé und Vili, den Urzeitriesen Ymir samt all seiner Nachfahren zu töten. Aus diesem Gemetzel konnten nur Birgelmir und seine Frau entkommen. Aus Ymirs Körper erschufen die Götter eine neue Welt. Sein wildes Herz schlug von nun an tief in der Erde in einem Meer aus Feuer. Ymirs Fleisch wandelte sich in Erde, sein Blut erschuf die Meere, seine Knochen wurden zu den Felsen und Gebirgen, aus seinen Augenbrauen entstand Midgard, aus seinem Schädel der Himmel, aus seinem Gehirn die Wolken, aus seinem Haar und seinen Wimpern formten sich die Bäume.
Der erste Baum war Yggdrasil. Er wuchs höher und schneller als alle anderen Bäume. Die Krone reichte weit in den Himmel. So weit, dass das Blätterdach von Midgard nicht mehr zu sehen war. Ihre Wurzeln reichten tief in das Erdreich.
Midgard war fortan die Heimat der Götter - und wie Götter nun einmal sind, langweilten sie sich schnell. So formten sie aus je einem Baumstamm das erste Paar der Menschheitsgeschichte, Ask und Embla. Sie liebten einander und es dauerte nicht lange, bis neue Menschenkinder folgten. Mit der Zeit entwickelte sich eine prächtige Familie. Aus zwei Baumstämmen wurde der erste Menschen-Stamm. Mag dort der Kern des Wortes „Stammbaum“ liegen?
Nicht nur viele Kinder sollten sie zeugen, ebenso oblag es ihnen, sich um die Tiere und Pflanzen zu kümmern. Aber sie waren nicht allein.
Neben den Asen und Wanen lebten die Zwerge, die Alben und die geflohenen Riesen unter ihnen. Birgelmir und seine Frau waren der Urvater und die Urmutter einer neuen Generation von Riesen, denn sie sorgten ebenfalls fleißig für Nachwuchs. Die Zwerge, in den Gebirgen Midgards zu Hause, bemühten sich nicht minder eifrig um Nachkommen. Sie waren gut Freund mit den Menschen und den Riesen, aber besonders die Alben hatten es ihnen angetan. Nicht selten erblickte ein neues Wesen, halb Alb, halb Zwerg, das Licht Midgards.
Die Riesen waren wesentlich wählerischer. Sie bevorzugten die Götter selbst. Odin war ihnen gegenüber nicht abgeneigt und zeugte mit der Riesin Rind einen Sohn namens Vali, mit Jörd den Donnergott Thor, mit Gunnlöd seinen Sohn Bragi und mit Gridr einen weiteren Sprössling namens Vidar.
Kurzum, der Platz wurde knapp in Midgard. Leben zu viele Wesen auf zu engem Raum miteinander, geht das nicht lange gut. Die Streitigkeiten nahmen zu. Vor allem die Riesen wurden immer angriffslustiger und forderten die Menschen fortwährend heraus. Odin, ganz verzaubert von seiner eigenen Schöpfung des Menschengeschlechts, konnte dies nicht länger mit ansehen. Es war an der Zeit, für jede Art ein eigenes Reich zu gründen.
Dieses Vorhaben sollte wohl überlegt sein. Nun war es so, dass Midgard inmitten eines gewaltigen Ozeans lag. Guter Rat war teuer. Odin hatte noch einige wenige Augenbrauen Ymirs übrig. Mit ihnen schuf er rund um Midgard einen Schutzwall aus Flüssen und Wäldern. Am anderen Ende des Ozeans errichtete Odin Jötunheim, die neue Heimat der Riesen.
Muspelheim kennen wir schon, aber auch diese Heimat der Feuerriesen lag zu dicht am Reich der Menschen. Kurzerhand versetzte Odin auch dieses feuerspeiende Land außerhalb des Ozeans.
Die erste Ebene Yggdrasils war erschaffen: Midgard, Jötun- und Muspelheim.
Yggdrasil selbst hörte nicht auf zu wachsen. Tief in der Erde bildeten sich drei mächtige, ach was sage ich, drei wirklich gigantische Wurzeln.
Du erinnerst dich an das frostige Niflheim mit seiner Quelle Hvergelmir? Ehe die drei Wurzeln in den Untiefen verschwanden, rissen sie das Reich samt der Quelle mit sich und zerrten es für alle Zeit in die Tiefe. So lag Niflheim fortan an jenem Punkt, wo sich die drei Wurzeln kreuzten. Ein Land des reinen Eises, des Nebels und der tiefsten Finsternis.
Nicht alle Wesen waren jedoch unsterblich, ein eigenes Totenreich wurde dringend gebraucht. Helheim entstand.
Herrscherin über das Reich der Toten ist die Göttin Hel. Sie ist eine teils furchterregende, teils schöne Gestalt - zur einen Hälfte schwarz wie die tiefste Nacht, zur anderen Hälfte von göttlicher Erscheinung.
Wie auch seine herrschende Göttin ist das Reich zweigeteilt. So landen die Toten mit gutem Herzen im lichtvollen Teil des Reiches, die schlechten Menschen aber sind zur grausamen Finsternis verdammt. Dieser Teil der Geschichte ist vermutlich in weiten Teilen christlich eingefärbt. So ist nicht nur der Name Hel eng mit der christlichen Bezeichnung Hölle verknüpft, auch das Prinzip der Hölle selbst scheint eher in der Gedankenwelt der Christen verankert.
Helheim ist von gigantischem Ausmaße und vollständig von Gittern umgeben. Der Saal Helheims ward Elend genannt, der Hunger war Helheims Schlüssel und ihr Messer war die Gier. Der Knecht dieses Reiches hieß Träg, die Magd Langsam, die Schwelle ward Einsturz benannt, das Bett die Kümmernis und ihr Vorhang drohendes Unheil.
Als wäre dies nicht schon schaurig genug, lebte in Helheim auch der schlangenartige Drache Nidhöggr, der sich von den Leichen ernährte, die selbst das Totenreich nicht wollte. Nicht nur an den Toten speiste er, auch von den Wurzeln Yggdrasils konnte er nicht lassen. Von Hass durchtränkt wünschte er sich nichts sehnlicher als den Untergang des Weltenbaumes. Vermutlich wäre dies auch gelungen, gäbe es da nicht die drei Nornen an der Quelle des Schicksals, dem Urdbrunnen. Sie benetzen die Wurzeln stetig mit dem Wasser des Lebens und heilen die Wunden Yggdrasils. Die Nornen sind Teil des Gleichgewichtes und können doch das Rad der Geschichte nicht aufhalten. Sie waren es, die Odin sein Ende voraussagten. Zu Ragnarök, dem Untergang der Götter, wird der alles verschlingende Fenriswolf das Letzte sein, was Odin je sah.
Neben Hvergelmir und dem Urdbrunnen gibt es eine dritte Quelle, welche der Hüter Mimir bewacht. Du wirst beizeiten erfahren, welch Geheimnis sie birgt.
Zurück zur Erschaffung der Welten. Es blieben noch die Zwerge und Alben. Bei den Alben unterscheiden wir die Licht- und die Dunkelalben. Letzteren wurde gemeinsam mit den Zwergen ein Reich oberhalb von Niflheim zugewiesen. In der Region Nidavellir lebten sie nun in Steinhöhlen und Erdtunneln. Doch auch diese Koexistenz war zum Scheitern verurteilt und so wurde über Nidavellir ein weiteres Reich namens Schwarzalbenheim geschaffen. Wie es der Name verrät, war dies nun die neue Heimat der Dunkelalben, welche auch Schwarzalben genannt werden.
So kennst du nun auch das Unterreich des Weltenbaumes. Fast alle Wesen hatten ihren Platz gefunden. Nur die Götter selbst und die Lichtalben verfügten über kein eigenes Gebiet.
Natürlich wollte Odin die Götter nicht in der Unterwelt beheimaten. Das versteht sich von selbst. So zog er mit ihnen aus Midgard fort, weit in die Krone des Baumes hinauf und schuf das sagenumwobene Asgard. So ganz jedoch konnte Odin das Reich der Menschen nicht hinter sich lassen. So oft es nur ging, durchquerte er ihre Landen und konnte er nicht unter ihnen weilen, so gab es ja noch immer Hugin und Munin, seine zwei Raben. Munin ist die Erinnerung, Hugin der Gedanke. Sie sind des Gottes wachsame Augen. Tag für Tag fliegen sie über Midgard hinweg und wissen dem Hrafnáss, dem Gott der Raben, wie Odin auch genannt wird, allerlei Neues zu berichten.
Wie dem auch sei, verlieren wir uns nicht in den Tiefen der alten Geschichten, denn vieles noch ist unerwähnt.
Die Götter ließen sich also in Asgard nieder und ein jeder Gott hatte dort seinen eigenen Palast. Jeder Palast wiederum war von immergrünen Wäldern und Wiesen umgeben. Das Land war fruchtbar und alle Pflanzen gediehen prächtig. Es kam also auch dort, wie es kommen musste. Mit der Zeit wurde es in Asgard einfach zu voll. Die Asen und die Wanen gerieten in Streit und so blieb Odin nichts anderes übrig, als einen dicken Schutzwall um Asgard zu ziehen und außerhalb Wanenheim, das Reich der ältesten Götter, zu erschaffen.
Die Wanen waren schon immer eng mit den Lichtalben verbunden und nahmen diese seit jeher schützend unter ihre Fittiche. Unterhalb von Asgard und Wanenheim schufen sie den Lichtalben Albenheim. Lichtalben sind die Beschützer der Natur, die Wächter über die Flora und die Fauna. In ihrem neuen Reich hatten sie von nun an einen guten Überblick über jede Pflanze und jedes Tier.
Um weiterhin in die Welt der Menschen zu reisen, griff Odin ein letztes Mal in den Weltenbaukasten. Er nahm drei Feuerstränge und flocht daraus die Regenbogenbrücke Bifröst. Sie führte fortan direkt von seinem göttlichen Palast nach Midgard.
Heimdall, ein Gott aus dem Geschlecht der Asen, wurde zum Wächter bestimmt. Niemand sollte die Brücke je überqueren, der dort nichts zu suchen hatte. Er ist der Besitzer des mächtigen Schwertes Höfud und auch des Gjallarhorns. In dieses blies er, als Ragnarök begann.
Ich erzählte euch von Nidhöggr, dem schlangenartigen Drachen und den Raben Hugin und Munin. Ich erzählte von den Zwergen, den Alben, den Riesen, den Asen, den Wanen und den Menschen.
Nur erzählte ich nichts von dem allwissenden Adler ohne Namen, der in den Ästen des schützenden Blätterdaches seinen Nistplatz hat. Wir werden ihn in der zehnten Rauhnacht treffen. Auch erwähnte ich den Habicht Vedrfölnir nicht, der zwischen des Adlers Augen lebt und allsehend ist. Ich sprach nicht über Ratatöskr, das Eichhörnchen. Ein arg geschwätziges Tierchen, welches ständig hin und her flitzt, um die jeweiligen Beleidigungen des Adlers für den Drachen Nidhöggr und umgekehrt zu überbringen. Der Adler und der Drache, du ahnst es gewiss, können sich auf den Tod nicht ausstehen. Du kennst auch noch nicht Goinn und Moinn, zwei bösartige Schlangen unter den Wurzeln Yggdrasils, welche Nidhöggr fleißig beim Annagen der Wurzeln halfen. Ich sprach nicht von den vier Hirschen Dain, Dwalin, Dunneir und Durathror, die im seitlichen Geäst Yggdrasils lebten.
So viele zauberhafte Geschichten gibt es noch über Yggdrasil zu berichten, doch soll dies an einem anderen Tag, an einem anderen Ort geschehen. Für jetzt genug.
1 Völuspa, Vers 19
Die Nornen leben am Urdbrunnen und weben das Schicksal jedes einzelnen Menschen. Von der Stunde deiner Geburt bis zum letzten Atemzug halten sie die silbernen Fäden in der Hand. Sie sind die Schicksalsweberinnen. Mit ihnen reisen wir in den Rauhnächten in die Vergangenheit, durch die Gegenwart, in die Zukunft hinein.
Einst mit der magischen Spindel gesponnen, erhalten die Nornen ihre Fäden von Frigg, welche sie sodann geschickt zu verknüpfen wissen. Diese Kunst liegt bereits in ihrem Namen. Im germanischen „nornô“ genannt, leitet sich der Begriff vermutlich von dem indogermanischen Wort „norhni“ ab. Nornô ist die Verknüpfung, die Verknüpferin.
Es findet sich auch die Vermutung, dass Nornen von dem Wort „ner“ für einfädeln herrührt. Eine dritte Möglichkeit bietet eine Ableitung von dem Wort „norhsn“, die Männertöterin. Welche der drei Möglichkeiten am wahrscheinlichsten ist, lässt sich unschwer erkennen.
Aus Jötunheim kamen sie, ehe sie sich an der Quelle niederließen. Urd, die Älteste der Nornen, gab dem Gewässer fortan ihren Namen. Es wird zudem vermutet, dass Urds Name eng mit dem altsächsischen Begriff „Wurd“ (angelsächsisch „wyrd“) für Schicksal zusammenhängt.
Die heute geläufigen Namen der drei Nornen - Urd, Verdandi und Skuld - sind noch nicht sehr alt. Die einstigen Namen aber sind nicht bekannt. Ebenso wurden die drei Nornen erst in jüngerer Geschichte zu einer Abstraktion der Zeit: Urd, die weise Alte, wurde der Vergangenheit zugeordnet. Verdandi, die Mütterliche, war fortan die Norne der Gegenwart. Skuld, die Jungfräuliche, galt seit jener Zeit als Norne der Zukunft. Ich mag dieses Konstrukt, wenngleich es nicht alt an Jahren ist und nutze es an späterer Stelle für die Rauhnachtsreisen. Bedenke, nicht alles was alt ist, ist gut und nicht alles was neu ist, ist schlecht.
Urd ist auch die Gewordene, Verdandi die Werdende und Skuld die Werden-Sollende. Häufig wird von Skuld als der weißen, Verdandi als der roten und Urd als der schwarzen Norne gesprochen.
Um das wahre Schicksal zu erkennen, werfen sie die sogenannten Los-Stäbchen. Sie haben die Macht über das Leben. Sie sehen das Los aller Wesen. Sind die Stäbchen gefallen, gibt es kein zurück.
Zur Geburt eines neuen Menschenkindes sind die Nornen zugegen. Nicht, um das Kind zu holen. Das überlassen sie den Disen, den Geburtshelferinnen. Nein, die Nornen bestimmen das Schicksal des Neugeborenen. Die weiße Norne verteilt Geschenke. Die schwarze Norne legt den Zeitpunkt des Todes fest. Die rote Norne indes verbindet den Anfang des Lebens mit seinem Ende. Gemeinsam weben Skuld, Verdandi und Urd den Teppich des Schicksals.
Der erste Schluck der Muttermilch wurde einst auch „Nornengrütze“ genannt. Es heißt, die Mütter opferten sie den Schicksalsweberinnen, um sie milde zu stimmen.
Die drei Nornen sind vollkommen unabhängige Frauen der alten Zeit. Nicht einmal die Götter selbst würden es wagen, ihnen in die Quere zu kommen. Ja es scheint gar, als müssten die Götter sich ebenso ihrem Schicksal ergeben wie wir Menschen. In den Schlachten sind es die Nornen, welche die Todgeweihten bestimmen. Im Auftrag Odins suchen hernach die Walküren jene gefallenen Helden aus, die für Walhalla bestimmt sind. Odin selbst ist der Vollstrecker des Todes. Mit seinem Speer durchbohrt er die Auserwählten. Seine Beute allerdings muss er mit der Göttin Freyja teilen, welche ebenfalls ihren Anspruch geltend macht. Sie, die Göttin der Liebe, gibt den Toten ihr Leben zurück. Aber das nur am Rande.
Frigg ist nicht nur die Gemahlin an Odins Seite, sie ist viel mehr als das. Frigg ist die große Mutter, zweifellos die wohl einflussreichste Göttin der nordischen Mythologie. Sie, als weibliches Wesen, war den Klerikern des Mittelalters ein noch größerer Dorn im Auge, als die gesamte nordische Götterwelt zusammen. So nimmt es nicht wunder, dass heute kaum noch von ihr berichtet wird und doch kennt sie fast ein jedes Kind. Nicht als Frigg konnte sie in der Welt der Menschen überleben. Sie, die Holde, die Spinnerin der silbernen Schicksalsfäden, steht in einem jedem Märchenbuch der Gebrüder Grimm. Ihr Name? Nun du weißt ihn wohl, denn wenn es schneit, so schüttelt sie gerade ihre Betten aus. Doch bleiben wir vorerst bei Frigg.
Um Frigg findet sich immer eine Schar an Dienerinnen. Da wäre unter anderem Gná. Sie wird gerne mal von Frigg als Retterin in der Not zur Welt der Menschen geschickt. Dort befreite sie im Auftrag der Göttin schon so manch Unglücklichen aus einer misslichen Lage. Ihre Dienerin Fulla trägt immer ein Kästchen aus Esche bei sich, gefüllt mit dem Schmuck ihrer Herrin. Ihre Aufgabe ist es auch, Frigg die Schuhe zu reichen. In die Pläne Friggs ist Fulla als enge Vertraute zumeist eingeweiht. Und Pläne hatte Frigg so einige.