Der Bildungsstratege - Recep NurÎ Arbursu - E-Book

Der Bildungsstratege E-Book

Recep NurÎ Arbursu

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Beschreibung

Warum schaffen nur wenige den sozialen Wohlstands- Bildungsaufstieg und warum ist er auch heute noch so schwierig? Weil unser Bildungssystem den Zugang zu Bildung und beruflichen Chancen ungleich verteilt. Was wir dagegen tun können und wie man als Individuum trotzdem erfolgreich werden kann, zeigt dieses Buch. Es bietet einen tiefgreifenden Einblick in die Herausforderungen, die insbesondere junge Menschen aus weniger privilegierten Verhältnissen meistern müssen. Durch eine Kombination aus persönlichen Geschichten und fundierten Strategien werden effektive Wege aufgezeigt, wie man Bildungs- und Karrierehindernisse überwinden kann. Leser entdecken die Bedeutung einer effektiven Selbstpräsentation, das Geheimnis überzeugender Bewerbungen und wie strategisch eingesetzte Bildungsfinanzierungen wie Stipendien genutzt werden können. Darüber hinaus wird die entscheidende Rolle von Soft Skills und robusten Netzwerken in der akademischen und beruflichen Welt erläutert. Dieses Buch dient als umfassende Anleitung, um die systemischen Barrieren zu durchbrechen und die eigenen Bildungs- und Berufswege erfolgreich zu gestalten. Es ist ein wesentlicher Ratgeber für jeden, der bereit ist, die Herausforderungen des sozialen Bildungsaufstiegs anzunehmen und zu meistern.

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Inhalt

Vorworte

Prof. Dr. Rüdiger Grube

Oliver Haack

Dr. Mareike Böger

William Germain

Interview zwischen Prof. Dr. Rüdiger Grube und Recep NurÎ Arbursu

1. Einleitung

2. Komfortzone

Warum ist die Komfortzone gefährlich?

Deswegen brauchen wir ein positives Mindset

Warum wir neue Wege gehen müssen

Empfehlungen

3. Mit dem richtigen Mindset aus der Komfortzone

Wege aus der Komfortzone

Alles ist eine Frage des Mindsets

Empfehlungen

4. Inflation Studium

Was ist die Bildungsinflation?

Was bedeutet das für BildungsaufsteigerInnen?

Empfehlungen

5. Leistung, Noten und soziales Engagement

Wie wichtig sind Noten?

Wie wichtig ist soziales Engagement?

Empfehlungen

6. Bewerbungsstrategien

Wie gehe ich vor?

Motivationsschreiben

Lebenslauf

Wie läuft ein Auswahlverfahren ab?

Erwartungsmanagement

Empfehlungen

7. Absagen

Wie geht man mit Absagen um?

Empfehlungen

8. Stipendien und Finanzierung

Was sind Stipendien?

Die 13 Begabtenförderwerke

Warum sollte ich mich bewerben?

Andere Möglichkeiten zur Studienfinanzierung: Kredite und kleine Stipendien

Empfehlungen

9. Renommierte Institutionen

Warum an renommierten Unis studieren?

Meine eigene Erfahrung: LSE & Oxford

Wie wähle ich meine Universität aus?

Beispiel Management

Empfehlungen

10. Unique Selling Propositions & Erfolg

Personal Branding & USP

Was kann noch ein USP sein?

Mein erstes Erfolgserlebnis

Empfehlungen

11. Die wichtigsten Soft Skills

Auftreten

Rhetorik

Verhandlungsfähigkeit

Verkaufsmanagement

Konfliktmanagement

Empfehlungen

12. Netzwerk

Was ist ein Netzwerk?

Warum sind Netzwerke so wichtig?

Wie baue ich mir ein Netzwerk auf?

Wie pflege ich mein Netzwerk?

Mentoring

Empfehlungen

13. Abschluss

Nachwort Rahil Ansari:

Vorworte

Prof. Dr. Rüdiger Grube

Will man sich beweisen, will man seine eigenen Erfahrungen weitergeben oder will man Vorbild für andere sein?

Wenn jemand ein Buch über sich selbst scheibt, gibt es ganz unterschiedliche Triebfedern:

Für Nuri stehen die eigenen Erfahrungen und das Vorbildsein im Vordergrund. Als ich vor gut drei Jahren eine Art Mentorenschaft für das Reach Leadershipprogramm im Rahmen der Deutschlandstiftung Integration für Nuri Arbursu übernommen habe, wusste ich nicht genau, mit wem ich es eigentlich zu tun haben würde. Aber das hat sich sehr schnell geändert! Da ich selbst weiß, wie schwer der Aufstieg ist, kann ich nachvollziehen mit welchen Herausforderungen Nuri in seinem bisherigen Leben konfrontiert wurde.

Aufgewachsen als Kurde in Deutschland, in einer sozial sehr schwachen Gegend im Phönix-Viertel in Hamburg-Harburg mit ca. 80 Prozent Menschen mit Migrationshintergrund und alles andere als motivierend.

Umso mehr bin ich von einer Überraschung zur nächsten und im wahrsten Sinne des Wortes eines Besseren belehrt worden. Ich habe einen Menschen kennengelernt, der mich schier vom Hocker gerissen hat.

Sie werden sich fragen, warum?

Die Antwort ist ganz einfach.

Ich habe einen Menschen kennengelernt, der voller Energie ist, hochmotiviert und extrem zielorientiert.

Keiner hatte ihm den Abschluss am Gymnasium zugetraut, seine Lehrer haben ihm diese Fähigkeit abgesprochen, trotzdem hat er sich nicht beirren lassen. Er ist seinen Weg gegangen, hat sein Abitur entgegen der Lehrermeinung absolviert und anschließend sehr zielstrebig an sehr renommierten Universitäten in London und den USA studiert.

Er hatte ein Ziel! Und das war einfach zu siegen, etwas zu erreichen, was ihm keiner zugetraut hat.

Nicht nur seine Lehrer, sondern auch seine eigenen Eltern, für die er bis heute als Dolmetscher aktiv ist, waren sich nicht sicher. Er ist der Erste in der Familie, der studiert hat und heute auf einen sehr erfolgreichen Karriereweg zurückschauen kann. Er arbeitet heute im strategischen Einkauf von Airbus und träumt davon, als nächsten Schritt als Vorstands- bzw. Geschäftsführungsassistent zu arbeiten.

Er hat bisher eine Bilderbuch-Karriere hingelegt, von der viele lernen können, wie man sich durchbeißt und wie man immer wieder aufsteht, wenn man auch mal auf die Nase gefallen ist bzw. auch mal in eine Sackgasse gelaufen ist. Er ist für mich ein Mensch, der schon sehr früh zwei Dinge sehr gut verstanden hat: »Siegen beginnt im Kopf« und »Erfolg ist kein Schicksal«! Er hat im wahrsten Sinne des Wortes seine Ärmel hochgekrempelt und allen gezeigt und bewiesen: auch wenn man ganz unten startet, kann man es nach ganz oben schaffen. Auch wenn der Weg deutlich holpriger und steiniger verläuft, aber wenn man wie Nuri Arbursu den richtigen Biss hat und sich auf sein Ziel fokussiert und immer wieder auf das Ziel ausrichtet, kann man vieles erreichen, was am Anfang des Aufstiegs als unerreichbar erscheint. Wenn ich den bisherigen Weg von Nuri sehe, habe ich mich immer wieder an meine eigene Lebenssituation zurückerinnert. Auch mir war vieles nicht in die Wiege gelegt worden: Bauernhof, Eltern geschieden, kein Abitur, gewerblich-technische Ausbildung, Studium und dann bis zum Vorstandsvorsitzenden hochgearbeitet. Nuri hatte es bisher eher noch schwieriger, aber ich bin mir sicher, wer es bis hierhergeschafft hat, der startet auch noch bis ganz oben durch. Für mich ist Nuri in der Zwischenzeit nicht nur ein junger Mensch, den ich auf seinem Weg begleiten darf, sondern er ist für mich ein Freund geworden. Darüber bin ich sehr stolz und es macht mich noch stolzer, dass Nuri die Kraft und Energie hatte, neben seinem beruflichen Engagement noch dieses sehr wertvolle Buch über seine Erfahrungen und Empfehlungen geschrieben hat.

Sein Buch bricht alle Klischees.

Ich habe größten Respekt vor diesem jungen Mann!

Prof. Dr. Rüdiger Grube

Multi Aufsichtsratsvorsitzender

HHLA, Vodafone Deutschland, Lazard, Alstom, EUREF AG, Vossloh AG

Vorstandsvorsitzender und Vorstandsmitglied

Deutsche Bahn AG, EADS (Airbus Group), Daimler, DASA

Ehrenprofessor

TUHH

DSI REACH Leadership Mentor

Oliver Haack

Als die Deutschlandstiftung Integration auf mich zukam, ob ich Nuris Mentor werden möchte, war ich gespannt, wer mir begegnet. Unser erstes Treffen war im Jahr 2018 in Hamburg. Nuri war zu dem Zeitpunkt dualer Student und es begegnete mir ein smarter Junge im auffällig karierten Anzug, der sehr viele Ziele und keinen Zweifel daran hatte, diese auch umzusetzen. Überzeugt hat mich nicht nur sein besonderer Tatendrang, sondern nicht zuletzt eine sehr differenzierte Diskussion über die Türkei, die Kurden und seine Sicht auf die deutsche Außenpolitik, die wir gleich am ersten Abend führten.

Mittlerweile begleite ich ihn seit 6 Jahren.

Er fragt nach meiner Einschätzung bei seinen wichtigen Entscheidungen und ich versuche, ihm mit Rat zur Seite zu stehen, aber (Rat) schläge zu vermeiden und dabei auch selbst von ihm zu lernen. Der Weg, den er geht, beeindruckt mich und es ist immer wieder eine inspirierende Begegnung, mit ihm über viele Themen zu sprechen. Er agiert auch als Multiplikator und versucht, in seinem Umfeld seine Erfahrungen weiterzugeben. Es ist schön zu sehen, wie er sich weiterentwickelt und reflektiert und ich dazu meinen Beitrag leisten kann.

Oliver Haack

Airbus Manager

DSI Mentor

Dr. Mareike Böger

Im Herbst 2019 war ich Teil des Auswahlgremiums in einem Assessment Center, in dem Airbus Studierende für die unternehmenseigene Studienförderung auswählt. Dieses Programm fördert Studierende finanziell, bietet ihnen aber vor allem auch die Möglichkeit, ein Netzwerk im Unternehmen aufzubauen und praktische Erfahrungen zu sammeln. Im Idealfall werden die Stipendiaten nach ihrem Abschluss natürlich auch im Unternehmen übernommen.

Nuri hatte sich bei uns beworben und kämpfte sich an diesem Tag gemeinsam mit anderen Studierenden durch Interviews und verschiedene Übungen. Seinem Lebenslauf hatten wir entnommen, dass er bereits verschiedene Stipendien in der Tasche hatte und so fragten wir etwas erstaunt, warum er sich zusätzlich auch noch bei Airbus um eine Förderung bewarb.

»Weil ich für Airbus arbeiten will. Für andere Stipendien wurde ich oft vorgeschlagen, aber für das hier brenne ich selbst«. Diese Offenheit und diese Begeisterung für die Luftfahrt überzeugten uns, wir nahmen Nuri in die Studienförderung auf und ich wurde seine Mentorin. In den kommenden Monaten führten wir zahlreiche Gespräche und ich versuchte, Nuri mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Dann kam Corona. Als Nuri mit seinem Studium fertig war, waren wir mitten in der Pandemie und Airbus hatte einen Einstellungsstopp verhängt. Keine Chance auf einen direkten Einstieg. Gemeinsam überlegten wir, welche Alternativen es gibt und was die Vor- und Nachteile verschiedener Optionen waren; Nuri hatte das Ziel, in der Luftfahrt zu arbeiten, immer noch vor Augen. Schließlich entschied sich Nuri für eine Promotion, wir hielten aber weiterhin Kontakt. Nach etwa einem Jahr ergab sich schließlich die langersehnte Möglichkeit, bei uns anzufangen und trotzdem parallel dazu die Promotion abzuschließen. Was kann man aus dieser Geschichte lernen? Wenn man für eine Sache wirklich brennt, kann man alles schaffen und auch andere überzeugen. Manchmal muss man Umwege gehen, dann erreicht man sein Ziel eben auf andere Art und Weise und vielleicht etwas später. Vermeintliche Rückschläge können am Ende sogar etwas Positives haben. Kontakte zu knüpfen und Beziehungen mit Menschen in verschiedenen Bereichen aufzubauen, ist extrem wichtig. All dies steht auch sinnbildlich für Nuris bisherigen Werdegang insgesamt, und davon handelt sein Buch.

Ich freue mich sehr, dass Nuri nun seine Erfahrungen mit anderen teilt und ich hoffe, dass das Buch vielen jungen Leuten Mut macht, ihren eigenen Weg zu gehen.

Dr. Mareike Böger

Airbus Managerin

Mentorin

William Germain

Die Einstellung von Nuri ist wahrscheinlich das Ergebnis meiner eigenen Neigungen.

Was habe ich gesehen, als ich Nuri zum ersten Mal interviewte: einen gut ausgebildeten jungen Mann mit internationalem Hintergrund, der alle Kriterien erfüllt, nach denen wir bei Airbus normalerweise suchen. Tatsächlich handelte es sich sogar um ein digitales Interview und Nuri befand sich zu diesem Zeitpunkt zufällig in Dubai. Er passte also perfekt in die Projektion meiner persönlichen Erfahrung und meines Hintergrunds.

Wir haben uns nicht auf eine Diskussion über seine frühen Jahre oder seinen Migrationshintergrund eingelassen. Er war ein junger Mann, der offensichtlich akademisch erfolgreich war, von einem meiner Kollegen empfohlen wurde, der ihn in den letzten Jahren betreut hatte, und er nahm an einem Stipendienprogramm von Airbus teil.

Daher fiel mir die Entscheidung sehr leicht: Sein Profil passte zu der Stelle, für die ich rekrutierte, und mehrere Leute vor mir hatten ihn bereits geprüft. Es konnte nichts schief gehen, es war keine riskante Entscheidung. In diesem einstündigen Interview wollte ich also nur ein paar Punkte bestätigen und herausfinden, ob die Chemie zwischen uns stimmte.

Was ich nicht gesehen habe, ist, was Nuri getan hat, um an diesen Punkt zu gelangen, und welche weiteren Ambitionen er für sich hatte. In diesem Buch werden Sie die Strategien, den Antrieb und die Hingabe entdecken, die Nuri in die Definition und Erreichung seiner Ziele gesteckt hat.

Ich habe großes Glück, Nuri im Team zu haben. Seine positive Einstellung ist ansteckend und für viele von uns eine Inspiration. Zum Glück muss er noch ein paar Dinge lernen und ich hoffe, wir können ihm helfen, weiter zu wachsen. Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit und darauf, dass er sich im Unternehmen weiterentwickelt.

William Germain

Airbus Manager

Vorgesetzter

Interview zwischen Prof. Dr. Rüdiger Grube und Recep NurÎ Arbursu

Das persönliche Gespräch zwischen Mentee und Mentor

Rüdiger Grube und Nuri Arbursu haben vieles gemeinsam, aber eines ist ganz besonders, was sie persönlich verbindet. Der eine ist auf dem Bauernhof groß geworden, Eltern haben sich früh getrennt und er musste sich im wahrsten Sinne des Wortes im Leben durchkämpfen. Viele Medien haben getitelt »Vom Hauptschüler zum Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn und Aufsichtsratsvorsitzenden bekannter internationaler Unternehmen oder vom »Tellerwäscher zum Millionär«.

Nuri Arbursu ist in Hamburg geboren, seine Eltern sind als kurdische Einwanderer nach Deutschland gekommen, aufgewachsen in einer Mischkultur, zuhause kurdisch und in der Schule deutsch. Eltern beherrschten nicht die deutsche Sprache, wohnten im Arbeiterviertel im Süden Hamburgs und Nuri wurde in seiner Schulzeit immer wieder mit diskriminierenden Situationen in der Schule konfrontiert. Aber auch er hat sich durchgekämpft, sein Abitur hervorragend absolviert, in London, Indiana und Hamburg erfolgreich studiert und arbeitet heute im strategischen Einkauf des sehr erfolgreichen Unternehmens Airbus und ist Dozent.

Prof. Dr. Grube: Lieber Nuri, erzähl mal, wie hast Du Dein Leben als Kind einer kurdischen Familie in Deutschland und insbesondere an deutschen Schulen erlebt? Gibt es bestimmte Schlüsselerlebnisse, die Dich geschockt oder auch traurig gemacht haben?

NurÎ:Ja, ich kann mich erinnern, dass ich in der Grundschule, der einzige mit Migrationshintergrund war und ich passiv ausgeschlossen wurde. Besonders erinnere ich mich an Geburtstage, denn damals haben meine Mitschüler sich alle gegenseitig zum Geburtstag eingeladen, nur mich nicht. Das hat mich damals schon sehr traurig gemacht, denn ich verstand nicht, warum ich ausgeschlossen wurde

Es gab Schlüsselmomente, wie das erste Erfolgserlebnis, worauf ich bauen konnte. Das war dieser Moment ich kann doch etwas es stimmt nicht immer was andere sagen.

Prof. Dr. Grube: Wie haben Deine Eltern Dich auf Deinem Weg begleitet?

NurÎ:Meine Eltern konnten mich finanziell und inhaltlich nie unterstützen, dafür haben sie mir seelisch und emotional meinen Rücken gestärkt. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar.

Prof. Dr. Grube: Du hast bisher einen unglaublich tollen Weg geschafft, woher hast Du die Energie und die Kraft genommen?

NurÎ:Wenn man von ganz unten kommt und bei null anfangen muss, hat man oft Schwierigkeiten erstmal Anschluss zu finden und sich ohne Kompass zu bewegen. Die Sehnsucht meiner Familie und Freunden ein gutes Leben in Wohlstand bieten zu können und als zweite Generation einer Einwandererfamilie etwas aufzubauen, motiviert mich bis heute.

Prof. Dr. Grube: Was würdest Du sagen, was Dich am stärksten geformt hat?

NurÎ:Meine Rückschläge und der Mut, immer wieder aufzustehen und weiterzumachen. Man entwickelt dabei eine Frustrationstoleranz und eine innere Ruhe, die einen sehr weit bringt.

Prof. Dr. Grube: Was sind Deine Werte und was ist Dein Lebensmotto?

NurÎ:Meine Werte sind Integrität, Leistungsbereitschaft, Ausgleich und Qualität. Ich habe mir immer als Lebensmotto vor Augen gehalten »Auch ein Flugzeug hebt gegen den Wind ab«.

Prof. Dr. Grube: Erlebst Du immer noch diskriminierende Momente, oder sind derartige Erlebnisse mit fortgeschrittener Bildung weniger geworden?

NurÎ:Ich habe nie offen über meine Diskriminierungserfahrungen gesprochen, weil ich den Eindruck hatte, dass es als Schwäche angesehen wird und man auf die Tränendrüse drückt. Ich erlebe es teilweise bei Freunden von mir, die ebenfalls eine Migrationsgeschichte haben, aber bei mir selbst immer seltener. Die Erfahrungen werden seltener, wenn man einen bestimmten sozialen Status erreicht.

Prof. Dr. Grube: Was hat Dich motiviert, ein eigenes Buch über Dein bisheriges Leben mit Empfehlungen an gleichgesinnte und aufstrebenden Menschen zu schreiben?

NurÎ:Es gab eine große Nachfrage nach meinen TV und Podcast Auftritten von Personen, mit einer ähnlichen Ausgangslage. Diesen potenziellen Aufsteigern möchte ich helfen ihr Leben in Würde zu führen und mit Stolz zu füllen. Außerdem hilft es uns als Gesellschaft sehr, die richtigen Personen für die richtigen Stellen zu gewinnen.

Prof. Dr. Grube: Würdest du Deinen Weg so nochmal gehen, oder was würdest Du heute anders machen?

NurÎ:Ich würde alles genauso machen, wie ich es gemacht habe. Ich würde nur noch eine weitere Sprache während des Studiums lernen.

Prof. Dr. Grube: Hast Du heute das Gefühl, dass Du nun endlich in Deinem Wunschleben angekommen bist, oder was hast Du Dir noch vorgenommen? Was sind Deine weiteren Lebensziele? Was möchtest Du noch erreichen?

NurÎ:Nein, das habe ich noch nicht erreicht. Ich befinde mich auf einem guten Weg und möchte in Wohlstand leben. Dabei möchte ich meiner Familie etwas bieten können nämlich auch ein Leben in Würde und Wohlstand.

Prof. Dr. Grube: Was hast du aus eigener Erfahrung heute an Empfehlungen an die deutsche Bildungspolitik geben? Wie könnte die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in der Schule erfolgreicher gestaltet werden?

NurÎ:Ich gehe bereits mit dem Verein Integreater e-V. an Schulen, an denen wir mit unserer Lebensbiografie Schüler mit Migrationshintergrund empowern und ihnen Wege zum Erfolg aufzeigen. Die Schulen müssen die Startbedingungen und Ausgangslage vieler Schüler stärker berücksichtigen, da der Bildungserfolg immer noch stark von der sozialen Herkunft abhängig ist. Dazu gehört auch Persönlichkeitsarbeit, die ich neben anderen Faktoren besonders stark in meinem Buch betone

Prof. Dr. Grube: Wir beidehaben uns überdie Stiftung»Deutschlandstiftung Integration« kennengelernt. Seit drei Jahren begleite ich Dich als Mentor. Würdest Du dieses Konzept weiterempfehlen?

NurÎ:Ja auf jeden Fall, ich bin dir, der Deutschlandstiftung Integration sehr dankbar. Dich als meinen Mentor zu haben ist für mich mehr als wertvoll, da du mir in vielen Themen die möglichen Richtungen und Wege öffnest und aufzeigst. Es ist wahrscheinlich auch das klassische Glück, von den vielen reden. Den Kompass, den du mir gibst, entwickelt mich immer wieder weiter. Jedes einzelne Gespräch mit dir hat mir bis jetzt immer wieder die Augen geöffnet und ich habe durch deine erfolgreichen Erfahrungen viel gelernt. Das werde ich nie vergessen und immer wertschätzen, danke.

Prof. Dr. Grube: Kommen wir zum Schluss! Was möchtest Du jungen Menschen, die sich in einer ähnlichen Welt bzw. in einem Leben befinden wie du, mit auf den Weg geben?

NurÎ:Durchhaltevermögen! Kämpft und traut euch Großes zu! Macht immer weiter, vernetzt euch und nehmt Rückschläge als Entwicklungsmaßnahmen..

Prof. Dr. Grube: Vielen Dank!

Hamburg, Frühjahr 2024

1. Einleitung

Rein statistisch gesehen hätte ich dieses Buch nie schreiben sollen. Als meine kurdischen Eltern 1989 nach Deutschland einwanderten, hätten sie wahrscheinlich selbst nicht vorausgesagt, dass ihr Sohn eines Tages mal ein Buch schreibt. Wahrscheinlich wäre es ihnen auch schwergefallen, vorauszusagen, dass ihr Sohn im Jahr 2023 neben seinen Tätigkeiten als strategischer Project Manager bei Airbus und Dozent, auch noch an der Helmut-Schmidt-Universität promoviert. Und ganz ehrlich: Wer könnte ihnen das übelnehmen? Wie soll es ein kurdischer Junge aus dem Hamburger Süden auch so weit nach oben schaffen und das in einem Land, in dem der Bildungserfolg maßgeblich von der sozialen Herkunft abhängt? Und mit dem Bildungserfolg geht in der Regel auch Wohlstand einher. Meine Eltern sind aber keine Akademiker. Schaut man auf die Statistiken zum Bildungserfolg, hätte ich mich schon mit einem Realabschluss glücklich schätzen sollen. Denn dann hätte ich eine Ausbildung absolvieren können, um dann heutzutage als qualifizierter Facharbeiter eine etwas bessere Stellung als meine Eltern zu haben. Das wäre ein typischer Weg für den Sohn von eingewanderten Nichtakademikern. Aber eben nicht meiner. Doch dazu später mehr.

Denn die Zahlen sprechen für sich. Laut dem renommierten Bildungswissenschaftler El-Mafaalani lässt sich das deutsche Bildungssystem wie ein Trichter betrachten, der an jedem Übergang manche Menschen aussiebt1. Wer ausgesiebt wird, hängt sehr stark von der sozialen Herkunft ab, die wiederum stark vom Bildungsniveau und der beruflichen Qualifikation der Eltern abhängt. Die Verteilung zeigt folgender Vergleich, der auch in dem Buch von Aladin El-Mafaalani zu finden ist: Von 100 Akademikerkindern machen 79 eine akademische Ausbildung, d.h. sie studieren. Von 100 Kindern aus Haushalten mit Facharbeitern mit Abitur machen 48 Kinder eine akademische Ausbildung. Von 100 Nichtakademikerkindern machen aber bloß 27 eine akademische Ausbildung. Von 100 Kindern aus Haushalten ohne beruflichen Abschluss machen 12 eine akademische Ausbildung. Dieser Vergleich zeigt eindeutig, dass die Schere in jeder Bildungsetappe immer weiter auseinander geht. Das zeigt am deutlichsten die Statistik zur Promotion, dem höchsten und damit elitärsten akademischen Abschluss: Von den 100 Akademikerkindern erreichen zehn die Promotion. Von den 100 Nichtakademikerkindern erlangt statistisch gesehen nur eins die Promotion. Das sollte man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Man könnte es exemplarisch auch so sehen: von 100 Kindern aus meinem Arbeiter- Migrantenviertel Hamburg-Harburg promoviert statistisch gesehen maximal eins, während die Kinder aus den Elbvororten eine zehn Mal größere Wahrscheinlichkeit haben zu promovieren. Von Chancengleichheit kann da eigentlich keine Rede sein. Denn, auch das ist wissenschaftlich belegt, Kinder aus den Elbvororten und anderen wohlhabenden Gegenden sind nicht intelligenter als ihre Mitschüler aus Hamburg-Harburg und anderen vergleichbaren Gegenden in Deutschland. Laut der PISA-Studie aus dem Jahr 2022 hat sich dieser Effekt sogar noch verstärkt: Die soziale Herkunft prägt den Bildungsstand und die Leistungen zwischen der sozialen Ober- und Unterschicht gehen immer weiter auseinander2.

Und wenn man sich meinen Bildungsweg anschaut, hätte er sich fast genauso abgespielt, wie ihn die Statistik beschreibt. Ich ging als eine der wenigen Kinder mit Migrationsgeschichte auf eine Grundschule, an der fast ausschließlich Akademikerkinder und weiße Kinder aus der Mittelschicht lernten. Während die anderen Kinder nachmittags Klavier und Geige lernten, übersetzte ich Behördenbriefe für meine Eltern und das, obwohl mein Deutsch auch noch nicht so gut war. Ich kam aus einem prekären Umfeld und konnte mit meinen Mitschülern aus Bildungshaushalten in der Schule kaum mithalten. Ich bekam am Ende der 4. Klasse keine Gymnasialempfehlung und ging erstmal auf eine Realschule. Dort merkte ich schnell, dass ich verglichen mit den anderen Schülern und Schülerinnen dort, die meisten davon auch Kids mit Migrationsgeschichte, überdurchschnittlich gut war. Der Wendepunkt kam dann in der 8. Klasse. In diesem Jahr bekam ich das START Stipendium der Hertie-Stiftung und tankte eine ganze Menge Selbstbewusstsein. Meine Noten wurden immer besser und ich stach schnell als einer der leistungsstärksten Schüler heraus.