Der durchgeknallte Spielecontroller - David Baddiel - E-Book

Der durchgeknallte Spielecontroller E-Book

David Baddiel

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Beschreibung

Zocken mit Magie

Fred und Ellie sind Zwillinge. Keine eineiigen (weil sie Junge und Mädchen sind). Aber sie mögen die gleichen Sachen. Besonders Videospiele. Worin sie auch sehr gut sind. Nicht sehr gut sind sie in allem anderen – zum Beispiel Fußball oder darin, sich gegen die Mobber in der Schule zu behaupten. Dann bekommen sie vom merkwürdigen Mystery Man einen Spielecontroller, der so ganz anders ist als alle Controller, die die Zwillinge je gesehen haben. Ihre üblichen Spiele lassen sich mit ihm nicht fernsteuern. Als die beiden jedoch herausfinden, wozu der Controller in der Lage ist, gibt es scheinbar endlich eine Lösung für all ihre Probleme, ja es scheinen sogar ihre kühnsten Träume wahr zu werden ...

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Seitenzahl: 190

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David Baddiel

Aus dem Englischenvon Violeta Topalova

Mit Illustrationen von Jim Field

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

1. Auflage 2017

© Text: David Baddiel 2015

© Illustrationen: Jim Field 2015

© 2017 für die deutschsprachige Ausgabe cbt Verlag

in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Die Originalausgabe erschien 2015

bei HarperCollins Publishers Ltd. unter dem Titel »The Person Controller«

translated under licence from HarperCollins Publishers Ltd.

Übersetzung: Violeta Topalova

Umschlaggestaltung: init | Kommunikationsdesign, Bad Oeynhausen,

unter Verwendung einer Illustration von Jim Field

TP ∙ Herstellung: ang

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN: 978-3-641-20319-1V001www.cbt-buecher.de

Für die Großmütter – Sarah und Dinks, für immer in unseren Herzen.

Inhalt

Teil 1 PAUSE

KAPITEL 1 Fred und Ellie

KAPITEL 2 Eric

KAPITEL 3 Cyberdodo

KAPITEL 4 Die anderen Zwillinge

KAPITEL 5 Freds Probetraining

KAPITEL 6 Hosenzieher

KAPITEL 7 Hier klicken

KAPITEL 8 Sagt schön Bitte

KAPITEL 9 Das Päckchen

KAPITEL 10 Mit Controller kombinieren

KAPITEL 11 Mach dich bereit

KAPITEL 12 Woooooooooaaaaahh!!!

KAPITEL 13 19:13 Uhr

KAPITEL 14 Juhuuuuu! Und Jippiiiieeeeh!

KAPITEL 15 Countdown

KAPITEL 16 Haben wir Schinken im Haus?

KAPITEL 17Gutes Benehmen

KAPITEL 18 ICHMACHDICH ALLEEEEEEEEEEEEE!!!

KAPITEL 19 Ich bin dran

KAPITEL 20 Premium-Ellie

KAPITEL 21 Du bist mein Stylist

Teil 2 UPGRADE

KAPITEL 22 Deutlich verbessert

KAPITEL 23 Flashback

KAPITEL 24 Meine Zeit ist gekommen

KAPITEL 25 Es sind Bananen, Morris

KAPITEL 26 Ein halbherziges Lächeln

KAPITEL 27 Deal!

KAPITEL 28 Ein rasierter Gorilla

KAPITEL 29 Thors Schinkenhammer

KAPITEL 30 Aber das ist nicht Skype

KAPITEL 31 Keine Fragen mehr!

KAPITEL 32 Korinthenkacker

KAPITEL 33 Da blinkt was

KAPITEL 34 Zwei Cowboys beim Pistolenduell

KAPITEL 35 Das Boxspital

KAPITEL 36 Fröhliche Weihnachten, Stones …

KAPITEL 37 Randvoll geladen

KAPITEL 38 GMWMTUP-Morris

KAPITEL 39 Ich bin Karabuki

KAPITEL 40 Reine Energie

KAPITEL 41 …

KAPITEL 42 Es ging mir schon mal besser

Teil 3 HÖCHSTER LEVEL

KAPITEL 43 Ein großer Schuh aus Pappe

KAPITEL 44 Das Bracket-Wood-und-Umgebung-Schulpokal-Winterturnier

KAPITEL 45 Das nächste Spiel

KAPITEL 46 Nur an einem einzigen Ort

KAPITEL 47 Was war denn da los?

KAPITEL 48 Bleib mir bloß mit Fußball vom Leib!

KAPITEL 49 So eins?

KAPITEL 50 Gekoppelt

KAPITEL 51 Gravity Rush

KAPITEL 52 Wenn es ums Ganze geht

KAPITEL 53 Einfache Schleife

KAPITEL 54 Vorsicht!

KAPITEL 55 110 Prozent

KAPITEL 56 Ein ganz kleiner Schubs

Teil 4 BONUSLEVEL

Abspann

KAPITEL 57Extra Oster-Ei. An Weihnachten

DANKSAGUNG

Teil 1

PAUSE

KAPITEL 1 Fred und Ellie

Fred und Ellie Stone waren Zwillinge, aber sie wussten nie ganz genau, ob sie nun eineiig waren oder nicht. Sie hatten auf jeden Fall genau denselben Geburtstag (den 20. September vor elf Jahren) und dieselben Eltern (Eric und Janine). Aber der eine hieß Fred und die andere Ellie. Und ein Junge und ein Mädchen können gar nicht eineiig sein.1

Sie fühlten sich trotzdem so. Manchmal kam es ihnen sogar vor, als könnten sie hören, was der oder die andere dachte. Und selbst wenn sie 200 Meter voneinander entfernt waren, konnten sie sich mühelos alles von den Lippen ablesen.

Außerdem sahen sie auch ziemlich gleich aus. Beide trugen Brillen und meistens ihre Schuluniformen (obwohl in ihrer Schule gar keine Uniformpflicht herrschte). Und zu dem Zeitpunkt, an dem diese Geschichte beginnt, hatten beide am Oberkiefer eine feste Zahnspange.

Dazu kam, dass beide dieselben Dinge mochten. Dazu gehörten: Superhelden, japanische Fantasy-Zeichentrickfilme, Comics, Mathematik (ja wirklich, die beiden mochten Mathe tatsächlich – manchmal wetteiferten sie darum, wer die meisten Kommastellen von Pi aufsagen konnte) und natürlich Videospiele. Und zwar alle Videospiele, aber ihre Favoriten waren FIFA, Street Fighter, Super Mario und Minecraft. Ihr nicht allzu reichliches Taschengeld sparten sie dafür, sich stets die neuesten Versionen dieser Games zu kaufen.

Ellie war die bessere Spielerin2, aber das machte Fred nichts aus. Er wusste, dass das daran lag, dass sie einfach die flinkeren Finger und eine bessere Hand-Augen-Koordination hatte.

Manchmal frustrierte es ihn zwar, dass er ständig gegen sie verlor, aber oft genug machte es ihm auch Spaß, zuzuschauen, wie ihre Finger über ihren Controller flitzten, als spiele sie ein klassisches Klavierkonzert auswendig. Und wenn ich ihren Controller sage, dann meine ich auch ihren Controller. Ellie und Fred tauschten die Controller nie, denn vor allem Ellie bestand darauf, nur ihren eigenen zu benutzen. Das Gefühl und das Gewicht ihres Controllers – der zugegebenermaßen für das untrainierte Auge und die untrainierte Hand nicht von dem anderen zu unterscheiden war – passten perfekt zu ihrem Stil. Und deshalb war das, was dem Gerät zustieß, auch so schrecklich für sie.

1 Ein Junge und ein Mädchen können nur zweieiige Zwillinge sein und niemals eineiige. Aber fragt mich nicht, warum. Das ist ein bisschen unappetitlich.

2 In einer Sache war Fred ihr allerdings überlegen: darin, die Avatare zu gestalten. Seine Figuren sahen in allen Spielen einfach großartig aus – die Frisur, die Augenfarbe, Hautfarbe, Kleider, Zähne, und zwar in allen Formen und Größen. Fred fragte sich manchmal, ob ihm das Gestalten der Avatare nicht mehr Spaß machte als das eigentliche Spielen.

KAPITEL 2 Eric

Eric Stone war – es gibt keine nette Art, das zu sagen – sehr sehr dick. Na ja, es gab schon nette Arten, sein Gewicht zu umschreiben – und Eric verwendete sie oft und bezeichnete sich selbst als kräftig, vollschlank oder von Wassereinlagerungen gepeinigt –, aber eigentlich war er einfach nur sehr dick. Weil er viel zu viel aß. Er hatte keine schrecklichen Wassereinlagerungen, sondern schreckliche Schinkenbrot-Einlagerungen.

Der Fairness halber muss gesagt werden, dass Eric – normalerweise nach mehrmaliger Aufforderung durch seine Frau Janine und seine Kinder Fred und Ellie – schon eine Menge Diäten hinter sich hatte. Die Ballaststoff-Diät, die Eiweiß-Diät, die Saft-Diät, die Püree-Diät, die Kohlsuppen-Diät, die Erbsensuppe-mit-frischer-Minze-Diät und die Bananenmuffins-und-Käse-Diät, die er sich selbst ausgedacht hatte. Er hatte die 5:2-Diät, die 6:1-Diät, die 4:3-Diät, die 2:5-Diät und sogar die 17:28-Diät hinter sich (bei der täglich in der Zeit zwischen 17 Uhr 27 und 17 Uhr 29 gefastet wurde). Er war bei Weight Watchers, den Anonymen Schokaholikern, den Gürtel-enger-Schnallern und den Kräftig-vollschlanken-Schinkenbrot-Einlagerern-die-im-Kreis-sitzen-und-behaupten-ihr-Übergewicht-sei-nicht-ihre-Schuld gewesen (und so nannte Janine ehrlich gesagt all seine Selbsthilfegruppen).

Das Problem war, dass all diese Diäten Eric nicht leichter machten, sondern im Gegenteil nur noch schwerer. Denn jedes Mal, wenn er eine beendet hatte – und er beendete sie alle spätestens nach vier oder fünf Tagen –, futterte er das Vier- oder Fünffache seines eigenen Gewichts an Schinkenbroten in sich hinein.3

Eric biss gerade in ein solches Schinkenbrot – das erste nach Beenden der Ofenkartoffel-Diät, die er zwei ganze Tage lang durchgehalten hatte (man durfte ausschließlich Ofenkartoffeln mit fettarmer Streichcreme essen, wozu Eric auch Mayonnaise rechnete) –, als die schreckliche Sache, die Ellies Controller passierte, passierte.4 Im Grunde genommen war das Schinkenbrot an allem schuld. Denn wenn Eric Stone nach einer Diät sein erstes Schinkenbrot aß, begeisterte ihn die salzige Fettigkeit des gepökelten Schinkens, der so köstlich mit der Barbecue-Soße harmonierte, mit der er das Weißbrot bestrichen hatte, so sehr, dass er die ganze Welt um sich herum vergaß und verzückt die Augen schloss. In diesem Schinkenbrot konnte er sich voll und ganz verlieren. Leider war der Augenblick, in dem er sich voll und ganz in diesem speziellen Brot verlor, auch genau der Augenblick, in dem er sich mit dem Teller in der einen und dem belegten Brot in der anderen Hand auf das Sofa vor dem Fernseher fallen ließ. INUNTERHOSEN. Seinen riesigen, eingegrauten Eingriff-UNTERHOSEN, die er sich 1987 gekauft hatte.

Er hatte vorgehabt, demnächst die Augen zu öffnen und fernzusehen, aber noch nicht gleich. Erst, wenn er die salzige Fettigkeit gebührend genossen hatte. Erst, wenn …

»Au!«, schrie Eric und riss die Augen auf.

»Was ist denn?«, fragte Janine, ohne den Blick von Bares für Rares abzuwenden. Janine Stone verpasste nie eine Folge dieser Serie und war überzeugt davon, dass auch sie eines Tages auf dem Dachboden eine Antiquität finden würde, die Millionen wert war. Wobei die Stones im Erdgeschoss wohnten und weder Dachboden noch Keller hatten.

»Ich habe mich auf etwas draufgesetzt, J!«, klagte Eric.

»Dann rutsch doch zur Seite«, sagte Janine, den Blick immer noch auf den Fernseher gerichtet. Sie streichelte die Familienkatze Angela Schnurrkel, ein weißes, flauschiges Vieh.

»Ich kann nicht!«

»Wieso nicht?«

»Ich glaube, es … es steckt fest!«

Eric stand auf und drehte seiner Frau den Rücken zu. Interessanterweise hörte er nicht auf, von seinem Schinkenbrot abzubeißen, obwohl er offensichtlich starke Schmerzen hatte.

»Siehst du es?«, fragte er.

»Was soll ich sehen?«

Er warf seiner Frau einen Blick zu. »Schau mal eine Sekunde lang zu mir, ja?«

Mit einem missbilligenden Tss zwang sich Janine Stone, den Blick vom Fernseher zu lösen. Sie betrachtete über Angela Schnurrkels Fell hinweg den Rücken ihres Mannes.

»Was ist denn das?«, fragte sie.

»Was denn?«

»Das schwarze Ding da. Zwischen deinen Pobacken.«

»Das will ich ja auch wissen!«, jammerte Eric. »Es tut nämlich weh!«

Hinter ihm erklang ein weiteres missbilligendes Tss. Eric hatte seinen Kollegen während der Mittagspause in der Kantine einmal – flüsternd und bei einem Schinkenbrot – gestanden, dass seine Frau am besten durch dieses Geräusch beschrieben werden konnte.

»Du liebe Zeit, Eric. Beug dich nach vorn.«

Eric gehorchte. Es folgte eine kurze Pause, in der Janine – und Angela Schnurrkel – seinen Hosenboden genauestens unter die Lupe nahmen. Eric konnte es beinahe hören. Dann sagte Janine:

»Wie um alles in der Welt hast du es geschafft, dir das da einzuklemmen?«

»MEINSPIELECONTROLLER!!!«, schrie eine zweite Stimme. Ellies Stimme, um genauer zu sein. Sie klang sehr aufgebracht, und zwar aus gutem Grund. Als sie das Wohnzimmer betreten hatte, bot sich ihr folgender Anblick: ihre Mutter, die gerade mit leicht angeekelter Miene die Hand ausstreckte, um Ellies wertvollsten Besitz zwischen den mit einer Unterbuxe von 1987 bedeckten Gesäßbacken ihres Vater herauszuziehen.

3 Dass Eric als Geschäftsführer eines Supermarktes arbeitete, machte das Ganze nicht einfacher. (Fragt mich nicht, was für ein Beruf das ist. Ich sollte das wissen, aber ich habe keine Ahnung. Ich wusste noch nie, was solche Berufe eigentlich beinhalten.) Das bedeutete, dass die Stones für all ihre Lebensmittel enorme Rabatte bekamen. Vor allem für Schinken. Eric kaufte so viel davon, dass er auf seinen Rabatt noch einmal Rabatt bekam.

4 Mir ist klar, dass hier zwei Mal hintereinander das Wort »passierte« steht. Macht euch keine Gedanken darüber.

KAPITEL 3 Cyberdodo

Dabei war Ellies Controller nicht einmal kaputt. Der Umschalter hatte etwas gelitten, und die physikalischen Kräfte, denen der Controller zwischen Erics Pobacken ausgesetzt gewesen war, hatten den X-Knopf in Schräglage versetzt. Der Controller funktionierte also noch, aber Ellie wurde das Gefühl nicht los, dass er nicht mehr vibrierte, wenn man bei FIFA gegen einen Pfosten schoss oder in Call of Duty etwas explodierte, sondern dass er aus einem anderen Grund erschauderte.

Und dieser Grund war, dass das Gerät eine Zeit lang an einem sehr schlimmen Ort gesteckt hatte.

Kurz gesagt: Ellie wollte ihren geliebten Controller nicht mehr anfassen. Und das verstand ihre ganze Familie, Eric eingeschlossen. Eric – der ein netter Mensch und ein guter Vater war, auch wenn er Schinkenbrote beinahe so sehr liebte wie seine eigenen Kinder – sagte Ellie sogar, er sei bereit, ihr einen neuen Controller zu kaufen. Solange sie niemandem erzählte, was mit dem alten passiert war.

Am Tag nachdem Eric das versprochen hatte, saßen Fred und Ellie im Informatikraum ihrer Schule. Na ja, es war kein richtiger Informatikraum.

Die Bracket-Wood-Grundschule war zwar gut– mehr oder weniger. Aber sie hatte kein Geld. Und deshalb war der sogenannte Informatikraum in Wahrheit ein Besenschrank, aus dem das ganze Putzzeug entfernt worden war. In dem Regal, in dem früher fünf halb volle Flaschen WC-Ente gestanden hatten, befand sich jetzt ein acht Jahre alter Laptop. Aber Fred und Ellie machte das nichts aus, denn gerade hatten sie großen Spaß dabei, auf ihren liebsten Gaming-Seiten zu stöbern und sich über die neuesten Controller schlauzumachen. Besonders Ellie war in ihrem Element.

»Das verstehen wirklich nur Gamer«, sagte sie gerade. »Alle anderen Leute denken bei dem Wort Controller nur an schwarze Plastikklötze, die an Spielkonsolen hängen. Aber die haben ja keine Ahnung! Schau nur!«

Fred, der sich meistens aufs Zuhören beschränkte, wenn Ellie begeistert übers Gamen fachsimpelte, nickte. Sie hatte recht. Mit ein paar schnellen Klicks – dass sie eine exzellente Videospielerin war, zeigte sich auch daran, wie virtuos sie mit einer Maus umging – holte sie einen Controller nach dem anderen auf den Schirm. Schwarze, graue, silberne, regenbogenfarbene, tarnfarbene, fußballvereinsflaggenfarbene.

Controller mit großen Sticks und kleinen Sticks, Sticks in Form von Schalthebeln oder Lenkrädern. Controller mit blauen Leuchteffekten, weißen, roten oder gelben Blinklichtern. Mit genoppten, glatten oder mit Leder bezogenen Griffen. Mit Griffen, die wie Hände geformt waren. Mit Kopfhörern, Mikrofonen und Lautsprechern. Und solche, die man individuell gestalten konnte – eine Seite bot sogar Controller in Form des eigenen Namens an!

»Die zwei l in Ellie könnten die Griffe sein!«, rief Ellie aufgeregt.

»Stimmt!«, sagte Fred. Würde das mit »Fred« auch funktionieren? Wenn er sich Frederick nannte, könnten das k und d die Griffe sein… aber der Name Frederick war vielleicht ein bisschen zu lang für einen Controller. Die Griffe wären dann schon sehr weit auseinander.

»Welchen Browser benutzt ihr?«, unterbrach ihr Quasi-Freund Stirling seine Gedanken. Er gehörte zu den wenigen anderen Schülern an der Bracket Wood, die sich häufig im Informatikraum aufhielten. Er stand hinter Ellie und linste auf den Bildschirm.

»Welchen Browser?«, fragte Ellie, ohne sich umzudrehen. »Keine Ahnung. Safari?«

Stirling schaute seine jüngere Schwester Scarlett an und die beiden brachen in lautes Gelächter aus.

»Safari! Ach du liebe Zeit. Du liebe Zeit!«, sagten sie gemeinsam. Ellie schaute Fred mit hochgezogenen Augenbrauen an. Er erwiderte ihren Blick mit demselben Ausdruck. Stirling und Scarlett waren immer auf dem neuesten Stand der Technik und sehr stolz darauf. Und dies war einer der Gründe, aus denen sie nur quasi mit Fred und Ellie befreundet waren, und nicht ganz richtig.5

»Stimmt damit was nicht?«, fragte Ellie.

»Na ja, so kann man das nicht sagen, aber wenn du wirklich ganz vorne mitmischen willst…«

»Sowohl was Design als auch Geschwindigkeit angeht«, ergänzte Scarlett. »Beim Downloaden«, setzte sie noch erklärend hinzu.

»Dann würden wir eher … meinst du nicht auch, Scarlett?« Scarlett nickte eifrig. »Allegro?«, sagte sie. »Speedysmart? Dolphin-Racer? Snowbunny? Palomas Welt? Browzzer?«

»Sind alle großartig!«, sagte Stirling. »Aber für mich steht im Moment Cyberdodo am oberen Ende der Nahrungskette!«

»Ach, natürlich! Cyberdodo!«

»Hab ich noch nie gehört«, sagte Ellie.

»Woher wisst ihr das? Twitter?«, fragte Fred.

»Twitter? Ach du liebe Zeit! Du liebe Zeit!«, sagten die beiden kopfschüttelnd.

»Bist du etwa Rentner?«, setzte Stirling hinzu. »Nein. Cyberdodo ist Topthema auf …«

»Polaroigram?«, sagte Scarlett. »Pipiblitz? Quakk? FaceTunnel? Pinteressant? Summsummsumm?« Stirling schüttelte den Kopf. »… Flüsterpost!«

»Flüsterpost! Natürlich!«

Jetzt löste Ellie den Blick vom Bildschirm und drehte sich um.

»Stirling. Scarlett. Darf ich euch etwas fragen? Seid ihr überhaupt bei irgendwelchen sozialen Netzwerken?«

Stirling und Scarlett schauten sich an und schüttelten dann die Köpfe.

»Dürft ihr denn überhaupt unbeaufsichtigt einen Computer benutzen?«

Scarlett und Stirling schauten sich an und schüttelten dann die Köpfe.

»Unsere Mum sagt, sobald wir in der fünften Klasse sind«, sagte Scarlet leise. Das war der andere Grund, aus dem Ellie und Fred nur sozusagen mit den beiden befreundet waren. Stirling war in der dritten und Scarlett in der zweiten Klasse. Sie waren acht und sieben Jahre alt.

»Okay, iBabys …«, sagte Ellie und drehte sich wieder zum Computer um. »Dann haltet euch doch mit euren Empfehlungen ein bisschen zurück, okay? Wenigstens, bis wir …«

»Na sieh mal einer an.« Das hatten weder Scarlett noch Stirling gesagt. Und als Ellie und Fred sich umdrehten, waren die beiden auch verschwunden. An der Stelle, wo sie gestanden hatten, standen jetzt die anderen Zwillinge der Schule: Isla und Morris Fawcett.

»Oh, nein«, stöhnte Fred.

5 Ein weiterer Grund waren ihre wirklich schaurigen Frisuren. Stirling und Scarletts Mutter hatte vor Kurzem ihren zweiten Mann geheiratet, einen Friseur. Sein Name war Mr Murksikow und er arbeitete nach dem Motto: »Frisuren (auch die seiner Stiefkinder) wie in der alten Heimat.« Was das bedeutet, überlasse ich eurer Fantasie.

KAPITEL 4 Die anderen Zwillinge

Genau wie Fred und Ellie waren Isla und Morris Zwillinge. Ebenfalls ein Junge und ein Mädchen, also auch zweieiig. Aber im Gegensatz zu Fred und Ellie stach das auch extrem ins Auge. Isla war sehr, sehr hübsch, schlank und groß für ihr Alter. Sie hatte blaue Augen, eine winzige Nase und langes Haar, das sie manchmal zurückwarf, als spiele sie in einer Shampoowerbung mit. Morris dagegen sah aus wie ein schlecht rasierter Gorilla.

Neue Schüler an der Bracket Wood hatten meistens Angst vor Morris. Aus gutem Grund. Aber die Person, vor der sie wirklich Angst haben mussten, war Isla. Sie und Morris waren die Schultyrannen von Bracket Wood. Und sie waren stolz darauf. Sie verwendeten eine Menge Zeit und Energie darauf, an ihrem Schikanierstil zu feilen, und man hatte sie sogar schon von ihrer »Schikanier-Marke« reden hören. Aber obwohl Morris den Großteil der körperlichen Arbeit für diese Marke leistete – er übernahm Brennnesseln, Pferdeküsse und Hosenzieher –, war Isla das Gehirn dahinter.6

»Geht weg«, sagte Ellie.

»Aber nicht doch«, sagte Isla, griff nach dem Laptop und drehte ihn zu sich und ihrem Bruder.

»O ooo OOOO oooo!!«, sagten beide gleichzeitig und hoben sarkastisch die Stimme bei den mittleren OOOOs. Ellie verdrehte die Augen.

»Wie lange habt ihr das denn geübt?«, fragte sie.

»Ungefähr drei Tage …«

»Halt die Klappe, Morris!«, fauchte Isla. »Ihr schaut euch also Videospiel-Zeugs an, was?«

»Genau! Schaut euch Videospiel-Zeugs an«, sagte Morris, der gerne einfach Islas Worte wiederholte, wenn er gerade nicht wusste, wie er das mit dem Schikanieren anstellen sollte.

»Gut beobachtet!«, sagte Ellie. »Zum Glück sind Bilder auf der Seite. Ohne hättet ihr das doch nie herausgefunden!«

»Sehr witzig …«, sagte Isla. »Wenigstens kann ich sie ohne Brille sehen.«

»Eine Brille zu tragen ist überhaupt nichts Schlimmes!«

»Tatsächlich?

Sollen wir Rashid fragen, was er dazu meint? Ob ihm Mädchen mit Brille gefallen? Oder Mädchen mit fester Spange und Zöpfen, die sich immer noch anziehen wie in der ersten Klasse?« Ellie wurde rot und schaute zu Boden. Rashid Khan war der bestaussehende Junge der Jahrgangsstufe, da waren sich alle einig. Und was noch wichtiger war: Er war auch der netteste Junge des Jahrgangs. Ellie interessierte sich zwar nicht sonderlich für Jungs – Videospiele waren ihr viel wichtiger –, aber irgendetwas an Rashid gefiel ihr sehr. Vor langer Zeit – in der vierten Klasse, als Isla Fawcett noch nicht ganz so tyrannisch war wie heute – hatte Ellie das dummerweise Isla gegenüber zugegeben, und jetzt lebte sie in ständiger Furcht davor, dass Isla Rashid davon erzählen könnte. Rashid, der – davon war Ellie überzeugt – wahrscheinlich Isla toll fand, oder zumindest Mädchen, die aussahen wie Isla. Jedenfalls nicht wie Ellie. Fred, der wusste, dass seine Schwester immer verlegen wurde, wenn Rashids Name fiel, sagte: »Hör auf damit, Isla.«

»Wie bitte?«, fragte Isla und drehte sich zu ihm um.

»Ja. Wie bitte?«, fragte Morris und drehte sich ebenfalls zu ihm um. Fred hatte tatsächlich sehr leise gesprochen.

»Nichts«, murmelte er jetzt.

»Oh, das ist aber seltsam«, sagte Isla.

»Ja. Seltsam. Weil …«, improvisierte Morris, »weil ich sicher bin, dass du etwas gesagt hast.«

»Vielleicht … dass du ein viel schlechterer Gamer bist als deine Schwester?«, fuhr Isla fort.

»Genau! Seine Schwester!« Das war Morris.

Fred schaute unangenehm berührt zur Seite. Es machte ihm zwar nichts aus, dass seine Schwester besser Computer spielte als er, aber es gefiel ihm nicht, wenn die Leute in der Schule ihn deshalb hänselten. Und das taten einige. Ellie hatte zwar niemandem davon erzählt, aber beim letzten Elternabend hatte ihre Klassenlehrerin Miss Parr Eric gefragt, was seiner Meinung nach Ellies besondere Talente seien.

»Videospiele!«, hatte Eric gesagt. »Obwohl sie das Mädchen ist, hat sie die magischen Finger abbekommen!!« Unglücklicherweise war Erics Stimme sehr laut und dröhnend, und alle, die sich im Klassenzimmer aufhielten, hörten ihn. Genau wie der ganze Rest der Schule.

»Ich glaube, du bist im Gamen sogar noch schlechter als im Sport!«, höhnte Isla.

»Genau! Im Sport!«, sagte Morris.

»Zum Beispiel …?«, begann Isla und wendete sich Morris zu. Eine Pause trat ein.

»Was?«, fragte Morris.

»Ich dachte, du übernimmst den nächsten Teil«, sagte Isla.

»Welchen Teil?«, fragte Morris mit gerunzelter Stirn.

»Den Teil darüber, welche Sportarten er alle nicht kann? Die Beispiele?«

Morris sah sie verständnislos an.

»Ach, komm schon, Morris!«, seufzte Isla. »Weißt du eigentlich, wie schwer es ist, beim Schikanieren immer die Führung zu übernehmen? Sich ständig neue clevere Demütigungen ausdenken zu müssen? Ehrlich gesagt, glaube ich allmählich, du bist nur ein Trittbrettfahrer in unserem Unternehmen.« Morris runzelte noch einmal die Stirn. Die Furchen wurden tiefer und tiefer. Aber dann hellte sich sein Gesicht auf.

»Fußball!«, sagte er und schnipste mit den Fingern.

»Ja! Sehr gut, Morris! Genau! Was kannst du schlechter, Fred? FIFA oder Fußball? Du kannst bei FIFA eigentlich gar nicht schlechter sein – weil ich noch nie jemanden gesehen habe, der so miserabel Fußball spielt wie du!«

»Genau. Miserabler Fußballer«, wiederholte Morris.

»Ach, haltet doch die Klappe!«, rief Ellie und baute sich vor den zwei Quälgeistern auf.

»Ja, haltet die Klappe!«, nickte Fred und stellte sich neben seine Schwester. Er hatte die Nase voll. Fußball bedeutete ihm nämlich eine Menge. Er träumte schon seit Jahren davon, in der Schulmannschaft von Bracket Wood zu spielen und beim Schulen-in-Bracket-Wood-und-Umgebung-Winterturnier das Siegtor zu schießen. Seit er alt genug war, hatte er jedes Jahr versucht, in die Mannschaft zu kommen, und er hatte es nie geschafft, weil jedes Jahr etwas schiefgelaufen war. Ich schlage vor, wir nehmen uns eine kurze Auszeit von der Hauptgeschichte und werfen einen Blick auf Freds jüngsten Versuch, Mitglied in der Schulmannschaft zu werden.

6 Man muss sagen, dass sie als Tyrannen ziemlich erfolgreich waren. Heutzutage greifen Lehrer an den meisten Schulen schnell ein, wenn Schüler andere schikanieren. Aber an der Bracket Wood, die zwar eine gute Schule war – mehr oder weniger –, griff niemand wirklich ein, wenn es um Morris und Isla Fawcett ging. Vielleicht versteht ihr, warum, wenn ich euch sage, dass der Name des Rektors Stephen Fawcett lautet.

KAPITEL 5 Freds Probetraining

Es geschah letztes Jahr, als Fred in der fünften Klasse war.

Vor dem Probetraining hatte Fred all sein Taschengeld für ein paar neue Fußballschuhe ausgegeben: knallgelbe Nike Marauders.