Der farblose Mann - Milan Johannes Meder - E-Book

Der farblose Mann E-Book

Milan Johannes Meder

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Beschreibung

Christoph Schneider blickt in Alter von 63 Jahren auf ein verworrenes Leben zurück. Heimat, Liebe und Freiheit waren nur leere Worte für ihn. Lange Zeit konnte er zu seinen Mitmenschen keine tiefe Verbindung aufbauen. Als er Sara, seine spätere Frau kennenlernt, öffnet er sich zum ersten Mal bedingungslos mit Haut und Haar. Christophs Geschichte ist die Geschichte eines Verzweifelten und eines Verstoßenen. Sie handelt von Vertrauen und Verrat, von Liebe und Grausamkeit. Sara ist umgeworfen von der Dynamik der Geschichte. Wenn die Liebe eine Chance bekommen soll, fleht sie ihn an, muss er sich auf einen Weg in die Vergangenheit begeben. Und so macht sich Christoph auf die Suche nach seinem verstorbenen Vater. "Der farblose Mann" folgt einem einsamen Helden bei der Aufgabe, sein verlorenes Leben wieder zu beleben.

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Seitenzahl: 25

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Inhaltsverzeichnis

Erstes Kapitel

Zweites Kapitel

Drittes Kapitel

Viertes Kapitel

Fünftes Kapitel

Sechstes Kapitel

Siebtes Kapitel

Achtes Kapitel

Neuntes Kapitel

Erstes Kapitel

Vom Januar 1994 bis zum Juli 1995 lebte Christoph Schneider in St. Petersburg. In dieser Zeit dachte er an fast nichts anderes als an den Tod.

Die Schwelle zwischen Leben und Tod war hauchdünn. Die Sehnsucht nach dem Tod war überwältigend groß. Christoph näherte sich jeden Tag der Tür zum Jenseits. Ohne Zögern hätte er sie aufgestoßen, wenn er sie gefunden hätte. Immer wieder hatte er das Gefühl dem Tod ganz nah zu sein.

Ein Gefühl des Schwindelig Seins. Und ein Gefühl des Fallens. Kein Halt. Ein unendlicher schwarzer Schlund der Verzweiflung tat sich auf. Jeden Morgen stand er wie in Trance auf und wusch sich mit eiskaltem Wasser. Warmes Wasser gab es in der Kommunalwohnung nicht. Das Wasser wollte er nicht auf dem Herd erhitzen. Christoph härtete sich damit ab und hatte dadurch einen letzten Halt.

Bei -20 Grad Celsius ging er auch ab und zu zur Newa und sprang in ein kreisrundes Wasserloch, welches ins Eis geschlagen war. Danach fühlte er sich für einen Moment wieder wie ein Mensch. Das Entrinnen aus dem Nichts dauerte oft aber nur wenige Minuten. Auch der Versuch sich mit gutem Gemüse, Obst oder Schokolade aus der Verzweiflung zu begeben, missglückte. Alkohol trank er in den 18 Monaten nur einmal. Der Wodka raubte ihm fast das Bewusstsein und brachte ihn für ein paar Stunden in einen Dämmerzustand. Danach drang die Verzweiflung noch unerbittlicher auf ihn ein.

Sein ganzer Wille war durchsetzt von einer ungeheuren Anziehungskraft für das Böse. Obwohl er Meditieren gelernt und sich häufig in ein behagliches Lebensgefühl begeben hatte, gelang ihm die Herstellung dieses Zustands von Tag zu Tag weniger. Er konnte seinen Willen nicht mehr bändigen. Die Bestie hatte die Ketten gesprengt. Immer, wenn er in eine ruhige Gleichgültigkeit, in eine ruhige Meditationsstimmung hinein gelangen wollte, tauchte die grau-blaue Bestie auf. Mit krummer Wirbelsäule, knöchernem Kopf und ausgemergeltem Leib.

Christoph wollte aufspringen und über alles, was ihm lieb und heilig war, spotten. Die Zukunft war sinnlos geworden. Warum sich quälen? Warum alt werden? Als knochiger, alter Greis zu sterben, war nicht sein Ziel. Christoph fühlte sich unendlich schwach. Voller Hass auf alles Schöne und Lebendige tauchte in ihm eine zweite Bestie auf. Und plötzlich nahm eine dritte Bestie seine letzte Überlebenskraft. Mit glasigen Augen, mit gespaltenem Maul und schlaffer Haltung löschte das Wesen seine letzten guten Ideale und Gedanken aus. Christoph konnte nie richtig begreifen, warum er dem Tod so nah gekommen war. Warum war das Verlangen nach dem Tod so überwältigend groß? Es war, als ob eine fremde Macht ihn gefangen genommen hatte. Alle Lebenslust und Lebensfreude war erloschen. Das Leben machte einfach keinen Sinn mehr.

Manchmal fühlte er das Gefühl der Gefühllosigkeit und wie ein grauer Schatten wurde alles um ihn herum eintönig, kalt und leer.