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Wie jedes Jahr kehrt Elina Ylijaako in ihr Heimatdorf im Osten Lapplands zurück – eine bedrückende Einöde, die nach ihren ganz eigenen Regeln funktioniert. Dort hat sie drei Tage Zeit, um einen Hecht zu fangen. Doch dieses Jahr läuft nichts wie geplant. Als ein Wassermann in den Sümpfen erscheint und sich Elina in den Weg stellt, wird ihr Angelausflug plötzlich zu einem Abenteuer auf Leben und Tod. Währenddessen sucht eine Polizistin wegen Mordverdachts nach ihr und wird selbst in das mysteriöse Treiben magischer Gestalten hineingezogen. Magie und Realität verschwimmen, doch in Ostlappland scheint das niemanden zu wundern. In einem fulminanten Showdown gilt es einen Fluch zu brechen, der tief in Elinas Vergangenheit verwurzelt ist. Der Fluch des Hechts erzählt eine tragische Liebesgeschichte sowie eine Geschichte über die unberechenbare Macht der Natur, ihre Magie, und nicht zuletzt über den Menschen und was er mit der Natur anrichtet. Mit sprachlicher Virtuosität schafft es Karila in seinem Debütroman, dass seinen Leser:innen immer wieder das Lachen im Halse stecken bleibt. Nach Übersetzungen u. a. ins Französische, Arabische und Polnische erscheint nun endlich auch die Übersetzung auf Deutsch.
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Seitenzahl: 361
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Juhani Karila
aus dem Finnischen von Maximilian Murmann
Maximilian Murmann, geboren 1987 in Treuchtlingen, studierte in München, Helsinki und Budapest Finnougristik, Allgemeine Sprachwissenschaft und Germanistische Linguistik. 2018 promovierte er mit einer Arbeit über Emotionswörter im Finnischen zum Dr. phil. Inzwischen übersetzt er hauptberuflich aus dem Finnischen und Estnischen ins Deutsche. Zuletzt erschienen seine Übersetzungen der Graphic Novel Zwischen zwei Tönen von Joonas Sildre (Voland & Quist, 2021) und Paavo Matsins Gogols Disko (homunculus verlag, 2021). 2021 erhielt er das Arbeitsstipendium des Freistaates Bayern für literarische Übersetzer:innen.
VORSTELLUNGSRUNDE
ERSTER TAG
KAPITEL 1
KAPITEL 2
KAPITEL 3
KAPITEL 4
ZWEITER TAG
KAPITEL 5
KAPITEL 6
KAPITEL 7
KAPITEL 8
KAPITEL 9
KAPITEL 10
KAPITEL 11
KAPITEL 12
KAPITEL 13
KAPITEL 14
DRITTER TAG
KAPITEL 15
KAPITEL 16
KAPITEL 17
KAPITEL 18
KAPITEL 19
KAPITEL 20
VIERTER TAG
KAPITEL 21
FÜNFTER TAG
KAPITEL 22
AUFBRUCH
Wir nähern uns dem Tümpel aus der Stratosphäre.
Als Erstes ist Lappland zu sehen. Dessen Teile sind: 1) Das spannende West-Lappland: Skipisten, Tornedalfinnisch, Timo K. Mukka, Kalervo Palsa, Reidar Särestöniemi. 2) Das exotische Nord-Lappland: Saami, Bergtundra mitsamt darin umherstreifender Rentierherden, Inarijärvi und Seesaibling. 3) Das langweilige Ost-Lappland: Sumpf und Mücken. Interessiert keinen.
Außer uns.
Wir stürzen darauf zu, obwohl der Wind dagegenhält. Das darf doch nicht wahr sein. Selbst die Erdkugel drängt uns nach Westen.
Aber ich schreibe meine eigenen Naturgesetze.
Wir kommen von oben, damit du verstehst. Lappland ist groß. Noch von Sodankylä aus dauert es fast fünf Stunden bis zum Eismeer, auch wenn man mit dem Auto geradewegs nach Norden heizt. Vergiss es, Autofahren ist ein schlechter Maßstab. Es gibt nicht viele Straßen. Oder Häuser. Oder Menschen. Aber Wildnis. Überall undefinierbare Bülten, wie Überbleibsel, die Gott über die Nordkalotte geschleudert hat, nachdem er anderswo Grasflächen, Heiden und Regenwälder angelegt hatte. Was für ein Drecksack, dieser Gott! Ich übertreibe. Das Hochland ist schön. Aber der Rest … Ich will mich gar nicht beklagen. Hier ist niemand, also gibt es Platz. Die Idee Lapplands liegt in der Verbindung aus Größe und Leere. In dem von zerzausten Fichten durchstoßenen Horizont, dessen entsetzliche Kahlheit die Menschen stumm macht und die Mythen stark. Mythen, die sich von Angst nähren. Die sich zu Ungeheuern verdichten, die durch die Moore streifen wie vor Urzeiten angeworfene Maschinen, die keiner mehr abzustellen weiß. Sie schwimmen in dunklen Gewässern. Kauern in Dachböden, mit glühenden runden Eulenaugen. Und fernab der Dörfer, hinter Wäldern, Aapamooren und Seen, wachen namenlose Wesen auf den Gipfeln der Tunturis über ihr Reich und die fahlen Lichter der Häuser.
Nimm Kurs auf den Kitinen, einen Nebenfluss des Kemijoki. Von dort gehen auf Höhe von Vuopio zwei Buchten ab, Pikku-Uopaja und Iso-Uopaja. Letztere ist unser Ziel. Sie ist klein und rund. Tief. Am Grund schmollen Hechte, groß wie Holzklötze. Inmitten der Bucht liegt die Manolaissaari. Auf der Insel ist Beißer-Olli unterwegs. Aber dort wollen wir nicht hin, ich peile ein wenig zur Seite. In die Bucht mündet ein kleiner Bach, und ich dachte mir, dass wir daneben aufsetzen wie Tagfalter, elegant. Oder wir schlagen ein. Gleich – Platsch! Im Juni landet man weich. Lass dir aus dem Schlamm helfen, schmmuooobb. Und dazu noch eine ordentliche Ohrfeige, Klatsch!
Willkommen auf der Welt! Schau nicht mich an, sieh dich um! Perfekt. In der Kiefer trällert eine Singdrossel, und gleich da vorne erhebt sich über dem Moor eine schwarze Mückenwolke.
iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii
Ein anstrengendes Geräusch, oder was meinst du? Daran gewöhnt man sich. Wisch bloß nicht den Schlamm ab. Ist ein guter Schutz.
iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii
Lass uns dem Bach folgen, dem Rinnsal zwischen den Gräsern. Witzig, diese Wasserläufer … Versuch auf die Bülten zu treten. Ja, die schwanken unter den Stiefeln, aber die halten einen, anders als die Stellen zwischen den Bülten, die einen manchmal bis zum Oberschenkel im Sumpf versinken lassen. Dann kreuzen die Torfmorras auf, reißen dir die Gummistiefel runter und nagen mit ihren Zähnen an deinen Fußsohlen. Ein ekliges Gefühl. Einmal in Saukkoaapa … Jetzt haben uns die Blutsauger erreicht und versuchen auf uns zu klettern. Sieh dir an, wie sie mit ihren elenden Rüsseln rumstochern. Hör auf zu fuchteln! Die kommen nicht durch. Der Schlamm ist getrocknet und liegt wie ein Mantel über uns.
Du kannst dich glücklich schätzen, dass kein Streifenbein in der Nähe ist. Die sind groß wie Hubschrauber. Diese Kanaillen reißen einen ausgewachsenen Menschen in die Luft, schieben ihm ihren Stachel ins Auge und schlürfen die Eingeweide raus. Lassen den leeren Körper in die Weiden fallen, von deren Ästen die Pelle dann runterhängt wie ein Handtuch.
Rechts auf der Böschung ist der Ylijaako-Hof zu sehen. Da wohnt keiner mehr, aber bald wimmelt es dort von Leuten.
Glaubst du mir, wenn ich sage, dass hier vor einem Monat eineinhalb Meter hoch Wasser stand? Im Frühling entsteht durch das Schmelzwasser ein großer See. An der Stelle, wo wir gelandet sind, kann man eine Woche lang hervorragend Renken fangen.
Siehst du die schmale Vertiefung, fast wie ein Pfad? Die hat die Heldin unserer Geschichte gemacht. Und da ist wieder unser Bach zu sehen. Folgen wir ihm wie einem Regenbogen, an dessen Ende es einen Schatz gibt. Aber zunächst mehr Weiden. Auch die sind zu beiden Seiten gebogen, als hätte sich jemand einen Weg durchs Dickicht gebahnt, und genau so ist es auch.
Inmitten der Weiden finden wir den Perälampi, den »Hintertümpel«. Eine flache, überdüngte Pfütze, in der mit Humus angereicherte Aale leben. Breit wie Ofenhandschuhe.
Einen Fuß vor den anderen! Du glaubst vielleicht, wir sind am Ziel? Nee, nee. Hinter den Weiden haben wir noch mehr Letto- und Nevamoor vor uns. Rimpimoor. Am Ende noch hundert Meter Luhtamoor.
Die Bülten glucksen vor sich hin …
Manchmal glaube ich, dass die Welt nicht im Meer versinkt oder zur Wüste wird, sondern schlichtweg versumpft. Die Felder versinken im Sumpf. Die Dörfer versinken im Sumpf. Wegweiser, Kreisverkehre, Wolkenkratzer … Sie alle versinken im Sumpf. Selbst die Anhöhen und Berge versinken im Sumpf, und über den Seen und auch den Ozeanen wird sich der Sumpf ausbreiten wie eine abstoßende Krankheit, sodass sich den Fischen die Sonne verdunkelt und man zwischen Afrika und Amerika über ein einförmiges, wogendes und von Wollgras durchzogenes Moor spazieren kann und der ganze Erdball ein einziger plätschernder, summender und glucksender Morast ist und nur das Surren der Mücken zu hören ist und sich eine neue, intelligente Lebensform auf langen, mechanischen Beinen über das Nass bewegt.
Aber bis dahin ist noch Zeit und jetzt habe ich erfreuliche Neuigkeiten. Wir sind allmählich am Ziel. Ja, den Tümpel, der vor uns liegt, haben wir die ganze Zeit angepeilt.
Willkommen am Seiväslampi.
Wenn der Perälampi flach ist, ist dieser hier schrecklich flach. Höchstens dreißig Zentimeter. Auch das ist Auslegungssache. Das Wasser ist trüb wie Erbsensuppe, und irgendwo in dieser Brühe schmollt ein Hecht.
Dies ist die Bühne unseres Schauspiels, dort am Grund befindet sich unsere glitschige Hauptfigur. Oder: Eine von ihnen.
Dafür sind wir hergekommen.
Aber hör zu! Wie der Hecht in so einer Lache enden konnte? Wie gesagt, hier gibt es im Mai einen See. Wenn der Mai sich dem Juni entgegenneigt, beginnt das Wasser zu sinken. Das Wasser sinkt in den Sumpflöchern, und die von den scheußlichen Umständen trägen Fische begreifen nicht, dass sie die Flossen schwingen und sich im Kitinen verdrücken sollten. Manche kreisen einfach stumpf auf der Stelle, so wie viele andere an einem Wendepunkt im Leben, und bald realisieren sie, dass sie in einem Fluttümpel gefangen sind. Dann beginnt das Stechen: Die Fische machen sich daran, einander aufzufressen. In diesem Tümpel verbleiben üblicherweise ein Hecht, ein Schwarm Aale und einige Plötzen. Die Plötzen werden zuerst gefressen, dann die kleineren Aale. Und so weiter.
Am Ende ist noch ein einziger Hecht übrig. Ihm geht es schrecklich. Fressen gibt es keins, er muss Mistkäfer fangen, die über die Wasseroberfläche huschen, und wenn es gut läuft, erwischt er manchmal einen dummen Maulwurf beim Planschen … Dem Hecht bleibt nichts anderes, als herumzutreiben, dünner zu werden und auf den Tod zu warten.
Hast du gehört? Eine Autotür. Unsere Heldin ist am Ylijaako-Hof angekommen. Das heißt, dass wir bereit sind. Sie hat drei Tage Zeit. Ich habe keine Sekunde mehr: Ich beginne im Sumpf zu versinken. Danke, ich brauche keine Hilfe, das Versinken gehört gewissermaßen dazu. Ich war hier nur als Gast, zum Herumführen. Herumzeigen. Und denk dran …
Eine Verkettung unglücklicher Umstände hatte dazu geführt, dass Elina den Hecht jedes Jahr vor dem 18. Juni aus dem Tümpel ziehen musste.
Ihr Leben hing davon ab.
Elina fuhr am 14. Juni los, als die Flut im Norden gewiss zurückgegangen und der Tümpel in Gummistiefeln zu erreichen war. Sie brach früh auf und fuhr den ganzen Tag. Je weiter sie kam, desto weniger Städte, Tankstellen, Dörfer gab es entlang des Wegs. Die Bäume wurden niedriger. Am Ende gab es nicht einmal mehr Dörfer. Nur Wald.
Manchmal kam ihr hinter einer Kurve ein Auto entgegengedriftet, woraufhin sie das Tempo reichlich verlangsamte. Die Entgegenkommenden zeigten mit Gesten, dass sie auf der Stelle umdrehen sollte.
Am Straßenrand stand ein Schild: Abbruch aller Datenverbindungen in 40 Kilometern.
Elina erreichte einen kahlgeschlagenen, gute fünfzig Meter breiten Grenzstreifen. In dessen Mitte stand einsam ein weißes Wärterhäuschen. Den Weg versperrte ein Schlagbaum. Elina ließ das Auto vor den Schlagbaum rollen.
Aus dem offenen Fenster des Häuschens lehnte sich ein gelangweilt wirkender Grenzwächter in einer grauen Uniform. Er hatte dunkle Schweißflecken unter den Armen. Im Häuschen summte ein Tischventilator. Elina kurbelte ihr Fenster nach unten und grüßte. Der Beamte begann umgehend seine Litanei: Der finnische Staat empfehle, nicht weiterzufahren. Sollte Elina dennoch weiterfahren, würden alle Versicherungen ihre Gültigkeit verlieren und Elina für sich selbst verantwortlich sein.
»Ich komm von da«, sagte Elina.
Der Beamte streckte die Hand aus. Elina reichte ihm ihren Personalausweis, und der Beamte betrachtete ihn. Er blickte zu Elina, dann wieder zu dem Ausweis. Er gab den Ausweis zurück und sagte, dass er sie schon mal gesehen habe.
»Ja«, sagte Elina.
»Verdammt heiß«, sagte der Beamte. Er drehte sich um und sah auf das Thermometer an der Wand seines Häuschens. »Achtundzwanzig Grad im Schatten«, rief er beinahe.
»Oho.«
»Arbeiten Sie niemals für den Staat«, sagte der Beamte.
»Okay.«
»Dann gute Weiterfahrt.«
Der Beamte hob den Schlagbaum, Elina die Hand und fuhr weiter.
Hinter dem Grenzstreifen kehrte der Wald zu beiden Seiten der Fahrbahn zurück. Die Straße war leer. Elina drückte aufs Gas.
Der rechte Zeh, den sie sich bei dem Kampf gebrochen hatte, schmerzte.
Nach dem Polarkreis hatte Elina stets ein Auge auf den Rückspiegel und den Straßengraben. Wann immer sie dunkle Umrisse am Straßenrand sah, fuhr sie langsamer, bis sie sicher war, dass es sich um Baumstümpfe oder Wurzelstöcke handelte. Sie stellte das Radio an. Auf allen Kanälen ging es um die Rekordhitze, die Waldbrände und Überschwemmungen.
Zwischendurch stoppte sie das Auto in einer Haltebucht, ging zum Wald und stand mit geschlossenen Augen still da. Sie stellte sich zwei Balken vor, die sich vor ihr im Rhythmus ihres Atems hoben und senkten. Hoben und senkten.
Von Haltebucht zu Haltebucht wurden es mehr Mücken.
Sie fuhr an Kuikkaniemi vorbei und blickte nicht einmal zu dem steilen Flussufer hinüber. Das Kirchdorf erschien mitten im Wald wie ein Traum. Verschwand wie ein Traum. Sie erreichte Vuopio um zehn Uhr abends. Die Sonne stand noch immer hoch und tauchte die Welt in die Farbe einer alten Zeitung, gelb und verbraucht. Sie bog rechts auf die Brücke ab und fuhr langsam darüber. Der breite Fluss schimmerte. Hinter der Brücke bog sie nach links und fuhr den Fluss entlang in Richtung ihres Zuhauses.
Vor der letzten Kurve befand sich linker Hand das Haus von Asko und Efraim, dahinter die Hütte von Eule. Die Fenster waren dunkel. Elina nahm die letzte Gerade. An deren Ende stand ein Schild: Ende des öffentlichen Wegs. Sie fuhr auf den Ylijaako-Hof. Zu diesem gehörten vier Gebäude. Eine alte Sauna, das Elternhaus ihres Vaters beziehungsweise der alte Teil, das Wohnhaus und ein Stall. Eine Reihe hoher Espen säumte den Hofweg. Elina hielt vor dem Stall und stieg aus dem Auto. Sie hörte die Mücken und die berauschte Melodie der Rotdrossel. Das gleichmäßige, des Lebens überdrüssige Gemurre des Bergfinken. Bei der Böschung stand eine Kiefer zwischen der alten Sauna und dem Stall, wie ein Wachturm auf der Grenze zweier Welten, Land und Sumpf, ein wenig zum Sumpf geneigt, der am Fuß der Böschung lag, nass und geduldig.
Am Morgen wachte Elina von einem lauten Geräusch auf. Sie stieg aus dem Bett, blickte aus dem Fenster und sah einen Kuckuck. Er saß in einer Espe und schlug den Lebenden die Stunde. Sie hatte noch nie einen Kuckuck so nah gesehen. Er verstummte, als sie ans Fenster trat, und flog davon.
Sie betrachtete die leere Espe und dachte an ihre Aufgabe für diesen Tag, den Hecht.
Elina hatte in ihrem alten Zimmer geschlafen. Dort gab es ein Bett, ein Bücherregal, einen Tisch und einen Stuhl. Sonst nichts. Den Rest des Hauses hatte sie Eule überlassen.
Elina setzte sich auf die Bettkante. Sie strich sich prüfend über die Haare, die sie mit dem Trimmer auf drei Millimeter gestutzt hatte.
Das Haareschneiden war Teil des Rituals.
Sie streckte das rechte Bein durch und kontrollierte den großen Zeh, er war schwarz und geschwollen. Er sah schlimmer aus, als er sich anfühlte. Sie musste etwas dagegen unternehmen.
Sie hinkte in den Flur. Links gelangte man ins Wohnzimmer, an dessen Wänden Eule ornithologische Verbreitungskarten, Zugrouten, Tabellen und Zeichnungen mit Schwimmhäuten von Enten angebracht hatte. Elina ging nach rechts, in die Küche. Sie nahm eine mehrere Tage alte Ausgabe der Lapin Kansa vom Gefrierschrank, riss einen Streifen ab und wickelte das Papier um den verletzten Zeh sowie den gesunden Zeh daneben. Im Schrank fand sie eine Schere, schnitt damit ein Stück Universalklebeband ab, zog das Papier straff und fixierte das Ende. Ein festes Paket.
Elina legte die Schere zurück in den Schrank. An der Schranktür hing eine topografische Karte, auf der Eule mit einem Bleistift Orte angekreuzt hatte, an denen er einem Pejooni begegnet war.
Elina stellte die Kaffeemaschine an, öffnete die kleine Lüftungsklappe im Fenster und sah hinaus. Sie hatte am Abend nichts gegessen, aber das war normal. Den Appetit verlor sie als Erstes. Auf dem Hof tobten dieselben Vögel herum wie vor fünfzehn Jahren. Wacholderdrosseln, Bachstelzen, Schwalben. Es schienen dieselben Vögel zu sein, waren aber andere. Sie bevölkerten den Hof, die Bäume, die Gebäude. Wenn man auf den Hof blickte und an nichts als Vögel dachte, sah man sie überall. Die Schwalben flogen wie Düsenjäger durch die Fenster am Dachboden des Stalls. Die Drosseln machten Hocksprünge. Manchmal erstarrten sie an Ort und Stelle, und man musste genau hinsehen, ob dort ein Vogel war oder ein Erdklumpen.
Sie stürzte den Kaffee runter und fühlte sich wie eine spröde Hülle. Ihr Vater hatte irgendwann einmal auf genau diesem Platz gesessen und Kreuzworträtsel gelöst, als er am Boden ein Kratzen hörte. Er hatte nach unten gesehen und ein Mauswiesel erblickt. Es hatte ihm in die Augen gestarrt, als sei es der eigentliche Besitzer des Hauses.
»Woher weiß so’n Viech bloß, wo die Augen sind«, hatte ihr Vater sich gewundert.
Bei der Beerdigung ihrer Mutter hatte Elina ihren Vater gefragt, warum das Haus unbedingt neben dem Sumpf gebaut werden musste. Ihr Vater hatte geantwortet, dass seine Familie schon immer an diesem Ort gewohnt und der Standort ihrer Mutter besonders gut gefallen habe.
Vor der Eheschließung hatte ihre Mutter die Gegend gründlich geprüft. Sie hatte eine Karte angefertigt, auf der sie ihr zukünftiges Zuhause, dieses Haus, eingezeichnet hatte, in Ost-West-Richtung, sodass es wie eine Wasserwaage auf Lappland lag. Ihre Mutter hatte erklärt, dass das Gebäude auf diese Weise das Schema vervollständige, dessen andere Teile in der Landschaft bereitstanden. Der Fluss, die Wälder und die Hügel.
Ihr Vater hatte sie damals angestarrt. Die kleine Frau mit den kurzen pechschwarzen Haaren und den kleinen pechschwarzen Augen, die das Licht nicht zurückwarfen.
»Aha«, hatte ihr Vater gesagt. »Warum auch net …«
Sie hatten das Haus gemeinsam gebaut. Es war einstöckig und lang. Ganz anders als die anderen Häuser des Dorfes, die eine große Wohnstube hatten und in der Mitte einen Kachelofen. In diesem Haus gab es gar keine Stube. Die kleine Küche, an deren Tisch Elina saß, war Teil des Flurs, der das ganze Haus durchzog. Am Westende des Flurs lag das Wohnzimmer und am Ostende der Heizraum.
»Wie Cockpit und Motor«, hatte Elinas Vater gesagt, als sie ein Kind war.
»Wir ham dir’n Raumschiff gebaut.«
Nachts hatte Elina wach im Bett gelegen und dem Gepolter gelauscht, das aus den Wänden und vom Dach kam. Elina hatte sich vorgestellt, dass die Geräusche von den Motoren des Raumschiffs ausgingen, die das Gefährt im Dunkeln voranschoben. In Wirklichkeit ging der Krach von den Mäusen aus, die durch die schiefen Wände rannten. Innerhalb der ersten zehn Jahre hatten sie bereits die ganze Dämmung aus den Wänden gefressen, und so musste Elinas Vater jeden Winter haufenweise Holzscheite in den Heizraum schleppen, von morgens bis abends.
Im Sommer war man den Mäusen mit Gift und Fallen zu Leibe gerückt. Einmal hatte Elinas Vater den Mäusen eine Falle gestellt, indem er ein Loch in ihre Route grub. In das Loch hatte er eine leere Salzgurkenkonserve gestellt und sie zur Hälfte mit Wasser gefüllt. Die Mäuse waren umhergerannt und in die Dose gefallen. Morgens hatte Elinas Mutter die ertrunkenen Mäuse aus der Dose und den Fallen gesammelt und die Kadaver auf den Erdkeller geworfen, zwischen Weidenröschen und Himbeersträucher.
In der Abenddämmerung hatten Elina, ihre Mutter und ihr Vater in der Sauna gesessen und durch das kleine Fenster gesehen, wie die Raufußkäuze und Sperbereulen hinter dem Feld auftauchten und auf dem buckligen Dach des Erdkellers landeten.
Mit einem Mal erinnerte sie sich an all ihre Taten.
Die Vögel schwiegen.
Die Uhr hörte auf zu schlagen.
Das Schuldgefühl presste ihr die Luft aus den Lungen mit einer bekannten, gleichmäßigen Kraft. Pfffffff.
Sie legte ihre Stirn auf den Tisch. Schlug den Kopf dagegen.
»Scheiße«, sagte sie. »Scheiße. Scheiße. Scheiße.«
Sie streckte den Rücken durch.
»Nein. Nu fang net damit an.«
Sie erhob sich und ging in der Küche auf und ab. Sie hob die Hände und schüttelte sie mit gespreizten Fingern, als ob sie einen heftigen Stromschlag bekäme.
Sie setzte sich auf den Boden. Kippte zur Seite, fiel um. Probierte es mit der Embryonalstellung. Keine Erleichterung. Sie stand auf. Ging ins Wohnzimmer. Sah zu allen Fenstern hinaus und kehrte in die Küche zurück. Schüttelte den Kopf.
»Scheiße. Verfluchte Scheiße.«
Sie nahm einen Bleistift vom Tisch und überlegte, ob sie ihn zerbrechen sollte. Sie legte den Stift zurück auf den Tisch. Sie hatte Eule versprochen, keine Gegenstände mehr kaputtzumachen.
Sie lehnte die Stirn an den Kühlschrank. Die kalte Tür. Sie hob den Kopf und schlug ihn so fest gegen den Kühlschrank, dass die Gläser auf den Regalbrettern klirrten.
»Au, verflucht«, sagte sie und hielt sich den Kopf. »Verflucht, verflucht, verflucht.«
Sie lachte, ging zum Spiegel und sagte:
»Du hast einfach Mordshunger. Iss was!«
Sie kochte Haferbrei und führte ihn auf einem Löffel langsam zu ihrem Mund, wie ein Stück Kohle in den Ofen. Sie kehrte in ihr Zimmer zurück und zog sich eine robuste, mit Seitentaschen ausgestattete Outdoorhose an. Sie roch an ihrem Hemd vom Vortag. Es roch noch immer nach Rauch. Sie warf es in den Wäschekorb, suchte im Schrank nach einem weiten Hemd und streifte es sich über. Sie ging in die Waschküche und schmierte sich Mückengift ins Gesicht, in den Nacken und auf die Hände.
Im Heizraum fand sie ihre Gummistiefel, zog sie an, nahm die Kappe vom Hutständer, setzte sie auf den Kopf, öffnete die Tür und trat nach draußen.
Es war neun Uhr morgens, aber schon jetzt schwirrten die von der Hitze ausgezehrten Bienen und Bremsen langsam und orientierungslos über den Hof. Hinter ihnen flogen Libellen her und hinter diesen wiederum Schwalben. Die metallisch schimmernden Aasfliegen sonnten sich in einer Reihe auf der Stallwand.
Elina ging in den Stall, um die Angelruten zu holen.
Drinnen war es kühl. Dort gab es Mücken, die sich darüber freuten, dass ihnen das Essen ans Bett gebracht wurde. Sie stürzten sich emsig auf Elina, die sie auf ihren Armen und ihrem Nacken totschlug.
Sie versuchte in Bewegung zu bleiben. Das half. Gegen die Mücken und die Gedanken, die einen müßigen Moment entfernt lauerten.
Sie hatte beschlossen, den Hecht geradewegs aus dem Tümpel zu ziehen. Sie suchte die Angelruten in der Ecke zwischen den Skiern, konnte sie dort aber nicht finden, woraufhin sie bei den Pfählen, unter den Vogelhäuschen und hinter den Mopeds nachsah. Alles war voller Zeug. Nachdem das Wild andernorts aufgebrochen wurde, hatte Elinas Vater alles in den Stall gebracht, was er nicht täglich benötigte. Das war einiges, denn am Ende hatte er eigentlich nichts mehr getan, außer auf der Veranda zu sitzen, Bier zu trinken und den Sumpf zu betrachten.
Oben im Dach gab es am Pfosten des Firstbalkens Rauchschwalbennester. Die kleinen Schwalben blickten zu Elina und zwitscherten.
Sie ging zur Kuhseite, und die Mücken folgten ihr. Dort gab es einen alten Warmwasserboiler. Dieser war mit der Flut auf den Hof gekommen. Elinas Vater hatte ihn gereinigt und zu einem Räucherofen für Fisch umfunktioniert. Anno dazumal hatten die Dorfbewohner die Angewohnheit, ihre Abfälle im Frühjahr aufs Eis zu schleppen und ihren Schrott dem Fluss zu überlassen, sodass er zum Problem derer wurde, die flussabwärts lebten. Im Fluss war tonnenweise Zeug versenkt worden. Kloschüsseln, Kühlschränke, Gefriertruhen, Autos.
Sie fand unter Abdeckgaze eine Baitcast-Rute. Dazu eine Packung Köder, sicher von Eule.
Die Spinnrute war nirgends zu sehen. Die hätte sie gebraucht, um die Köder einhändig auswerfen zu können, außerdem konnte man damit auch leichtere Köder auswerfen, etwa 10g-Doppler-Spinner oder Rapala-Wobbler. Der lange Griff des Baitcasters war aus Kork und stellenweise abgebröckelt. Die Rute war in der Mitte, wo sie einst auseinandergebrochen war, mit Universalklebeband umwickelt.
Elina bog die Rute durch. Das Klebeband hielt.
Sollte klappen.
An der Schnur hing bereits ein von früheren Hechtbissen verbogener Haken aus Edelstahl. Elina öffnete die Packung Köder, entschied sich für einen neun Zentimeter langen Popper und befestigte ihn am Vorfachhaken. Sie steckte einige Spinner, einen Blinker und einen kleinen Wobbler in ein altes Brillenetui und schob es in ihren Stiefel. Sie trat vom Stall auf den Hinterhof und betrachtete die weißen Wolken. Sie zogen behäbig über den Himmel, wie mutierte Engel. Elina dachte, es würde ein richtig guter Tag werden.
Damit lag sie natürlich komplett daneben.
Hinter dem Stall wuchsen Brennnesseln und Weidenröschen. Elina ging den schmalen Weg entlang, den Eule in das Gestrüpp gemäht hatte. Die Luft hing schwer über dem Hof. Elina pfiff einen alten Schlager, und eine Singdrossel antwortete.
Die Waldweidenröschen sprossen zusammen mit den Brennnesseln aus der Erde, hellgrün, gerade und begierig. In zwei Monaten würden sie bereits größer sein als Elina, und krumm, und ihre roten Köpfe dem August untergeben hängenlassen. Sie werden vom Stiel aufwärts langsam braun werden, vertrocknen und im Stehen sterben, und der Schnee wird auf sie herabfallen, wie auf die ganze Landschaft, und nirgends wird auch nur ein Mucks zu hören sein, stattdessen wird alles weiß sein und darüber der Mond.
Hinter dem Stall verlief ein Flurweg entlang des Waldrands. Dieser folgte der Böschung nach unten und führte durch den Sumpf und die Weiden auf die Felder, die zwischen Iso-Uopaja-Bucht und Pikku-Uopaja-Bucht lagen. Elina verließ gleich am Fuß der Böschung den Weg und stapfte durch den Sumpf. Sie ging am Perälampi vorbei, in dem große Aale auf Beute lauerten. Den Tümpel säumte ein dichtes Weidengehölz, das Elina weiße und rote Schrammen in die nackten Arme riss. Ein gutes Gefühl.
Elina ging weiter. Ein paar Mücken entdeckten sie, flogen ihr schwerfällig entgegen, und sie schlug nach ihnen. Der Sumpf verströmte einen starken Geruch. Er sah trocken aus, doch ihre Füße sanken mit jedem Schritt einen Daumenbreit ein, und das Wasser stieg glucksend aus dem Gras hervor. Jedes Beinheben wurde von einem scharfen Schmatzen begleitet, als ob ihre Glieder süße Lutscher wären, die der Sumpf nur widerwillig herausrückte. Sie gab acht auf ihren rechten Fuß, doch der Zehenverband hielt. Elina stieg auf Torfmoos, Sumpfporst und Wollgras. Sie trat Schösslinge nieder, deren zähe Stängel über- und untereinander geschlungen waren wie Stromkabel. Die hellroten Blüten der Moosbeere hingen wie Perlen an den kleinen Stielen. Zu schön für diesen Morast. Stellenweise waren sie zu Grüppchen angehäuft, und diese peilte Elina an, denn unter ihnen war der Boden fest. Sie blieb in Bewegung. Bei warmem Wetter kamen die Torfmorras schneller voran als gewöhnlich, was Gottseidank immer noch langsam war.
Man wusste, dass Elche und Rentiere beim Versuch, die breiten Aapamoore zu überqueren, manchmal stürzten und in Sumpflöchern stecken blieben, wo sich die Torfmorras an ihren saftigen Rümpfen labten.
Wie mühsam war es, am Leben zu sein und die unsinnigen Aufgaben zu bewältigen, die zum Leben gehörten, etwa jene, die vor ihr lag. Wie viel einfacher wäre es gewesen, kalt im Torf zu schlafen.
Jetzt hatten sie auch die Bremsen gewittert und zogen ihre Kreise um Elina. Die Wolken gaukelten über dem Wald und veränderten sich, und ihr fiel auf, dass sie sich nicht bewegte, nur die Zeit, und so war sie wie die Torfmorras und Wolken bloß eine Folge von Standbildern. Dann war sie am Ufer des Tümpels.
Der Tümpel war das gleiche stinkende Loch im Sumpf wie immer. In der Mitte standen zwölf kränklich wirkende Schachtelhalme. Das Wasser war voller Schlick, der in turmartigen Gebilden zur Oberfläche strebte.
Es war früh am Tag und im Grunde außerordentlich schlechtes Angelwetter. Elina lockerte die Bremse der Baitcastrolle, führte die Angel nach hinten und warf sie in einem weiten Bogen aus. Der Popper flog durch die Luft und platschte in der Mitte des Tümpels ins Wasser, einen Meter vor den Schachtelhalmen.
Sie ließ den Köder dort ein wenig treiben. Wenn der Hecht am Leben war, und das war er immer, hatte er sich nun dem Geräusch schwerfällig zugewandt wie ein altes U-Boot.
Der Organismus des einsamen Hechts kam langsam in Gang. Er hatte mehrere Tage nichts gegessen und stattdessen bloß im Halbschlaf im Schlick gelegen, auf den Tod wartend, doch nun war er voller Hoffnung und schärfte seine Sinne aufs Äußerste. Mit zitternden Kiemen und großen Augen analysierte er das Durcheinander aus Wasser und Schlamm und überlegte, ob darin Futter aufgetaucht war.
Elina riss an der Angel. Der Popper bewegte sich gute zehn Zentimeter nach vorne, rauschte durchs Wasser und sagte »Plopp«.
Im Wasser zeichnete sich eine Linie ab, sie kam hinter den Schachtelhalmen hervor, und Elina tat nichts weiter, denn nun wusste der Hecht, wo sich das Ziel befand. Das Wasser spritzte auf und der Köder verschwand. Sie riss an der Angel. Der Hecht hatte angebissen.
Er war ein gutes Kilo schwer und tat, was Hechte tun, nämlich davonziehen. Zuerst zog er nach links, dann nach rechts. Elina drehte die Angel, hielt sie in einem Neunziggradwinkel zur Schnur. Sie stellte die Bremse fester. Der Hecht musste mit aller Kraft gegen die Angel arbeiten.
Das Wasser schwappte hin und her, der Hecht wurde müde.
Elina hielt die Rute mit einer Hand. Mit der anderen griff sie nach ihrer Kappe und schlug sich damit gegen den Oberschenkel. Eine Sammlung Insekten fiel tot zu Boden. Sie setzte die Kappe wieder auf und begann zu kurbeln. Als der Hecht einen Meter entfernt war, hob sie die Angel, um den Fisch aus dem Wasser zu holen. Dann riss die Schnur.
Schnapp.
Die Wolken zogen über den Tümpel.
Sie nahm das Schnurende zwischen die Finger und studierte es. Die Schnur wirkte durchsichtig und ungleichmäßig. Sie ließ mehr Schnur von der Spule, hielt sie mit zwei Händen fest und zog in beide Richtungen.
Schnapp.
Sie überlegte, wann sie das letzte Mal die Schnur auf der Rolle gewechselt hatte. Sie erinnerte sich nicht.
Das war der erste handfeste Rückschlag in diesen fünf Jahren. Davor hatte sie den Hecht immer mit dem ersten Wurf gefangen.
Elina war wenig motiviert.
Sie befestigte den 16 Gramm Krokodil-Blinker direkt an der Schnur. Sie führte das Schnurende zweimal durch den Sprengring und betrachtete ratlos die entstandenen Schlingen. Wie band man nochmal einen Angelknoten? Sie begann die Schnur um sich selbst zu wickeln. Die Finger wussten es.
Sie brauchte beide Hände, wodurch sich den Bremsen eine Gelegenheit bot. Eine tastete mit ihrem Rüssel über Elinas Handgelenk. Stach zu. Elina befeuchtete den Knoten mit Speichel und zog ihn gleichmäßig und ruhig fest.
Dann schnippte sie die Bremse davon.
Elina biss das überstehende Schnurende ab, brachte den Blinker in die Nähe der Rutenspitze, führte die Rute nach hinten und warf aus. Der Hecht biss sofort an.
»Haste nix dazugelernt«, sagte sie zu ihm.
Diesmal wollte Elina den Hecht ordentlich ermüden. Sie wollte sorgfältig vorgehen und nur wenig dagegen arbeiten. So wenig, dass die Schnur hielt, der Fisch sich jedoch abmühen musste. Sie wollte dem Hecht all seine verbliebene Kraft, Beharrlichkeit und Lebenshoffnung entziehen, sodass er sich aus reiner Gleichgültigkeit ans Ufer treiben lassen würde. Und sie könnte in die Hocke gehen und den Fisch einfach und schnell aufheben wie einen Kassenbon, den sie fallen gelassen hatte.
Sie lockerte die Bremse. Der Hecht zog davon. In die Mitte des Tümpels, und die Bremse surrte, während die Schnur lief.
Zwei Dinge machten ihr Sorgen: Wenn der Hecht den Köder tief heruntergeschluckt hatte, könnte er erstens die Schnur durchbeißen. Zweitens könnte der Hecht die Schnur um die Schachtelhalme in der Mitte des Tümpels wickeln, woraufhin die Schnur sich verheddern und Elina den Kontakt zum Fisch verlieren würde. Dann könnte ein einziger heftiger Ruck die Schnur abreißen lassen.
Einfluss hatte sie nur auf Letzteres.
Elina musste die Schnur zwischen sich und dem Fisch gerade halten und folgte der Route des Hechts rund um den Tümpel, sodass er zu keinem Zeitpunkt hinter den Schachtelhalmen verschwinden konnte. Der Hecht schwamm im Uhrzeigersinn. Sie folgte dem Fisch und blieb in Kontakt mit ihm, wie mit einem guten Gedanken, der sich anbahnte. Sie redete laut mit sich, um Geduld zu bewahren. Kommentierte jeden ihrer Schritte und jedes Zucken des Hechts.
Nun ließen die Insekten Elina keine Ruhe mehr. Der Schweiß hatte ihren Nacken und ihre Hände benetzt und das Gift weggespült, und die Mücken stachen zu. Sie saßen da und suchten mit ihren biegsamen Rüsseln eine passende Stelle. Der Mückenrüssel besteht aus sechs Teilen, ein großartiges Instrument. Ganz außen befinden sich zwei Bohrer und daneben die Nadeln, die das Loch offen halten; dazwischen gibt es ein Rohr, mit dem die Mücke gerinnungshemmende Spucke ins Blut pumpt. Und dann ist da noch der Trinkhalm. Die Mücke saugt das Blut und filtert das Wasser heraus, welches sie als Tropfen über ihr Hinterteil ausscheidet.
Elina hatte es mit Hunderten dieser ausgefeilten Pump- und Fortpflanzungsmaschinen zu tun.
Zwischen den Mücken flogen Bremsen. Schnell, wendig und lautlos die Goldaugenbremsen mit ihren stechend grünen Augen und um sie herum die Rinderbremsen. Schwarze Batzen mit Flügeln. Sie machten Probelandungen auf ihr und untersuchten ihr Hemd, ihre Hose und ihre Kappe. Die Bremsen suchten nach Haut. Sie krochen durch den Kappensaum in die Haare, ritzten die Kopfhaut auf und aßen. Sie kämpften um die Plätze auf Elinas Armen und Handgelenken. Im Mund hatten sie Chitinmesser, mit denen sie sägten, und sobald das Blut hervorspritzte, drückten sie ihre Fratze in die Wunde. Die Bremsen waren selbst lebende, vom Teufel konstruierte Taschenmesser, denn im Mund hatten sie zusätzlich einen Löffel, mit dem sie sich das Blut einverleibten. Die haarigen, dunklen Hinterteile pulsierten und füllten sich mit Blut, sie wurden immer praller, und als sie fertig waren, flogen sie behäbig los, in Richtung eines geeigneten Brutplatzes, etwa ins Ried, das in solch einer Landschaft nie besonders weit entfernt ist.
Um die Bremsen herum knisterten die blau schimmernden Mosaikjungfern. Sie stürzten sich von oben auf die Bremsen und legten ihre starken Beine wie Gitter um sie. Die Libellen töteten die Bremsen mit einem Biss in den Kopf und setzten sich danach auf einen Weidenzweig und aßen. Die größeren Mosaikjungfern setzten sich nie. Sie surrten majestätisch und furchteinflößend auf der Stelle, malmten, und observierten die Umgebung mit ihren rundherum sehenden Augen. Sie verschlangen die Bremsen im Ganzen, mit Ausnahme ihrer Flügel.
Elina tötete Mücken und Bremsen mit ihrer freien Hand. Sie erschlug sie auf ihren Armen, ihrer Hose, ihrem Hemd. Der linke Arm war schwarz von Chitin und Innereien. Sie schmierte die Reste an ihrer Hose ab, die sich in einen Insektenfriedhof verwandelte. Sie ging und trieb den rastlosen Zirkus aus Jagd und Tod um den See. Ihr Zeh schmerzte. Sie geriet ins Wanken. Bisweilen musste sie sich mit der freien Hand abstützen, sodass die Bremsen und Mücken in Ruhe schlitzen, stechen, löffeln und mampfen konnten.
Und ringsherum kämpften in den Gräsern, Jungfichten und Büschen verschiedene Käfer um Erfolg, jeder nach den seiner Art gegebenen Fähigkeiten. Sie rangen miteinander und manche von ihnen fielen in den Tümpel und zappelten, einem anderen Element ausgeliefert. Dann glitten die Wasserläufer herbei. Sie steckten ihre Rüssel in ihre Opfer und sonderten ein Enzym ab, das die Organe der Insekten zersetzte, woraufhin die Wasserläufer die Flüssigkeit aufsaugten. Sie wirkten wie aus dünnen Spänen zusammengeklebter Tischschmuck, von einem üblen Fluch zum Leben erweckt, schoben ihre Trinkhalme in ihre Beute, schlürften und ließen nichts als die Hülle zurück. Wenn ein besonders großes Viech wie eine Bremse ins Wasser geraten war, konnten sich sogar zehn Wasserläufer darauf stürzen, sie umzingeln und schlemmen wie die Hyänen.
Die großen Fichten in dem kleinen Hain ließen in der sanften Brise ihre Äste wanken, als wollten auch sie Beute anlocken.
Manchmal flogen Vögel in die Bäume und waren danach nicht mehr zu sehen.
Unter den Wasserläufern bewegte sich der Hecht. Sein Kopf war breit wie der eines Krokodils, und sein Rumpf verjüngte sich zum Schwanz wie eine Keule. Er bewegte sich dunkel und beharrlich durch seine trübe Welt. Er krümmte seinen flexiblen Körper, streckte sich mit einem flinken, beiläufigen Schlag und glitt voran. Wie schön er mit seinen kleinen Bewegungen schwamm. Und wie tollpatschig Elina ihm schweren Schrittes folgte.
Sie war nass von Schweiß und Blut. In ihren Haaren saßen Mücken, die unter dem Saum ihrer Kappe hindurchgekrochen waren. Sie hatten sich mit Blut vollgesaugt und konnten sich nicht mehr freigraben, sondern summten und surrten in ihrem engen Gefängnis. In Elinas Ohren waren Mücken gekrochen, die dort keine Zukunft hatten. Sie spürten, dass sie in der Falle saßen und winselten, ein unerträglicher Krach, weil er direkt aus dem Kopf kam. Ständig stach und schlitzte sie etwas, und der Schmerz breitete sich gleichmäßig in ihrem gesamten Körper aus. Selbst ihre Beine taten ihr weh und sie war zufrieden, dass sie bestraft wurde.
Wie wundervoll, langsam und schmerzhaft die Zeit am Tümpel voranschritt. Beide brauchten ihre Kräfte auf. Elina watete im Sumpf, in seiner entmutigenden Nachgiebigkeit. Der Hecht schwamm im Tümpel, er hatte sein Kreuz auf sich genommen, unermüdlich Elinas Angel Widerstand zu leisten. Die Frage war, wessen Kräfte zuerst schwinden würden. Elina konzentrierte sich nur auf eine Sache, und zwar darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen.
Sie realisierte mit etwas Verzögerung, dass die Schnur schlaff durchhing. Der Hecht hatte aufgehört, Runden zu drehen. Er trieb regungslos in der Mitte des Tümpels, was bedeutete, dass er möglicherweise am Ende war. Sie gab dem Fisch keine Zeit, sich zu erholen. Sie zog und zwang den Hecht sich zu bewegen. Er schwamm widerwillig zum Ufer des Tümpels, zwei Meter von ihr entfernt. Elina näherte sich dem Fisch mit drei übertrieben vorsichtigen Schritten. Beim letzten Schritt trat sie mit dem rechten Fuß auf. Die Schmerzen im Zeh waren so groß, dass sie beinahe schrie. Der Fisch öffnete sein Maul, die Kiemendeckel gespreizt wie Flügel. Die Köder schwappten im Unterkiefer umher. Elina ging in die Hocke und hoffte, dass der Hecht bereit war. Dass der Schatten ihrer ausgestreckten Hand dem Fisch keine Angst einjagen, sondern im Gegenteil wie eine Erlösung erscheinen würde.
Elina sah dem Hecht ins Auge, eine trübe Perle, in die die Welt als ein Schleier aus Bewegung und Farben fiel. In ihm zeichneten sich weder Trotz noch Hoffnungslosigkeit ab. Der Hecht tat, was er tat, weil er dazu in der Lage war.
Er zappelte zurück zur Mitte des Tümpels.
Sie wiederholten das Schauspiel ein weiteres Mal. Und noch einmal.
Dann passierte Elina ein Unglück. Ihr rechter Fuß, inzwischen taub, versank unerwartet tief. Sie verlor das Gleichgewicht und platschte hintenüber in den kalten, nassen Torf. Sie rappelte sich auf und zog an ihrem im Sumpf versunkenen Bein. Schrie vor Schmerzen. Das Bein löste sich, aber ohne Stiefel. Sie stand da mit nichts als einer Wollsocke am rechten Fuß. Der Sumpf saugte den Stiefel behaglich blubbernd ein.
Die Bremse surrte und die Schnur lief.
Der Hecht war im Begriff, eine Runde um die Schachtelhalme zu drehen. Elina stolperte hinterher. Der Fisch war ihr eine halbe Runde voraus. Die Schnur verhedderte sich in den Schachtelhalmen und begann abzuknicken, der Fisch zog. Elina hob die Angel so hoch sie konnte. Die Schnur ging über die vorderen zwei Schachtelhalme und über den dritten, aber die hinteren waren lang und beugten sich nur zur Hälfte, danach überhaupt nicht mehr, und die Schnur band das widerwärtige Gestrüpp zu einem festen Rutenbündel zusammen. Elina machte große Schritte. Der Sumpf schmatzte. Die großen Schritte waren ein Fehler gewesen, denn der Hecht spürte die verängstigten Bewegungen, eilte davon und schwamm eine komplette Runde um das Gestrüpp. Sie konnte nichts mehr tun. Die Schnur, die sich um das Hindernis gewickelt hatte, gab nicht mehr nach und der Fisch kam nicht weiter. Er begann zu zerren. Am anderen Ende riss und zog Elina. Die Schachtelhalme wackelten bloß. Der Hecht wand sich und warf sich herum, und die Schnur hielt nicht länger und riss.
Elina kehrte dem Tümpel sofort den Rücken. Sie suchte nicht einmal nach dem Stiefel. Sie hatte all das verdient. Sie machte kehrt und ging mühsam und geistesabwesend nach Hause, mit Schmerzen im rechten Fuß, die Wollsocke widerlich schlurfend, um sie herum das unablässige, albtraumhafte Getöse der Insekten.
Zu Hause zog Elina ihre nasse Kleidung aus, brachte sie zum Trocknen in den Heizraum und warf die Wollsocke in den Müll. Sie löste vorsichtig den Verband, unter dem der Zeh dunkel und entstellt pochte. Sie warf das Klebeband weg und ging unter die Dusche. Das Wasser kam mit wenig Druck. Sie betrachtete ihren versehrten Zeh und das ringsherum fließende Wasser. Blut und Erde, tote Mücken.
Sie trocknete sich ab und sah in den Spiegel. Ihr Gesicht war eingerahmt von roten, wütenden Beulen. Sie wurden noch roter und wütender, so wie die Proteine der Krabbeltiere ihr Werk verrichteten.
Sie sagte zu ihrem Spiegelbild:
»Ich bin geknickt, aber nicht gebrochen.«
Dann lachte sie schallend, denn sie hatte Sprichwörter schon immer gehasst und war entsetzt darüber, dass noch so viel vom Tag übrig und sie schon jetzt todmüde war.
Exakt solche Torturen brauchte sie. Sie versuchte, dafür dankbar zu sein.
Sie humpelte in die Küche und stellte das Radio an. Dort hieß es, dass die ungewöhnliche Hitze in Lappland anhalte, zudem seien heftige Stürme zu erwarten. Elina verband erneut ihren Zeh. Sie durchforstete die Schränke, räumte Mehltüten und Konserven aus dem Weg, und fand Zimtwaffeln. Das Haltbarkeitsdatum war letztes Jahr abgelaufen. Elina probierte mit den Zähnen eine Waffel. Sie war hart wie Stein. Elina steckte sie wie einen Schnuller in den Mund, weichte sie auf, saugte den Zucker heraus, setzte sich auf denselben Stuhl wie am Morgen und hörte Radio, wo verschiedene Wetterphänomene aufgezählt wurden, die das Land plagten, offenkundige Zeichen des Weltuntergangs. Sie dachte, dass sie einkaufen gehen sollte.
Sie müsste bei Keijo eine neue Schnur kaufen und bei Heta ein wenig Essen.
Elina fuhr ins Dorf, vorbei an den alten Häusern, die am Flussufer standen. Sie waren nach dem Krieg auf den Fundamenten der Häuser errichtet worden, die niedergebrannt waren. Auf jedem Hof stand ein Zwinger, in dem ein Hund kläffte. Auf jedem Hof stand ein Pferdestall, ein Schuppen oder eine Sauna, auf deren Dach sich eine aus Maschendraht zusammengeschusterte Vorrichtung zum Fleischtrocknen befand.
Die grelle Mittagssonne glänzte im Fluss. Elina überquerte die Brücke und bog in den Dorfweg ein. Im Dorf gab es ein Lebensmittelgeschäft sowie einen Angelladen, und sie fuhr auf den Parkplatz von Letzterem. Er hieß Vuopios Köder und wurde von Keijo betrieben. Einmal war aus Somero ein Mann gekommen, der im Kirchdorf einen konkurrierenden Laden mit Angelzubehör eröffnet hatte, aber der trug sich nicht, weil alle ihre Einkäufe bei Keijo in Vuopio erledigten.
Elina saß im Auto auf dem Parkplatz und sammelte ihre Kräfte. Vor ihr saß in der Ecke der Windschutzscheibe eine einsame Rinderbremse, die Vorderläufe flehend gegen das Glas gedrückt, bereit aufzugeben. Elina stellte sich das Auto auf dem Mond vor. Ringsherum graue Einöde, Sauerstofflosigkeit.
An der Seitenscheibe klopfte es. Elina schreckte hoch.
Scheiße-Simo lugte ins Auto. In der Hand hielt er eine Greisenmaske, die er aus einer Holzscheibe gebastelt hatte. Die Maske bestand aus Zapfen, Steinen, Holzperlen und Flechten, die er auf die Scheibe geklebt hatte. Scheiße-Simo formte mit dem Mund ein Wort: kaufen. Elina stieg aus, legte dem Alten eine Hand auf die Schulter und fragte, wie es ihm gehe. »Scheiße-Greis«, sagte Scheiße-Simo und präsentierte sein hölzernes Werk. Elina schüttelte den Kopf, verabschiedete sich und ging in den Laden.
Keijo saß auf einem Hocker hinter der Theke, begutachtete mit einer Zange die Lippe eines Rapala Wobblers und bezeichnete diesen als Teufelsding.
An den Wänden des Ladens hingen präparierte Köpfe von Hechten und Lachsen, von der Decke hing ein altes Fischernetz. Im Laden gab es Tische mit Rentierschädeln, und auf einem der Tische stand ein ausgestopfter Fuchs, der überall mit Ködern behängt war, und daneben stand auf dem Boden eine armlange Kanonenhülse, aus der künstliche Sonnenblumen ragten.
Elina besuchte den Laden einmal pro Jahr und jedes Mal gab es immer mehr Plunder und immer weniger Angelzubehör. Drinnen war es heiß. Auf der Theke standen Ventilatoren, die auf der höchsten Stufe surrten. Sie drehten sich langsam von einer Seite zur anderen, wie Satellitenschüsseln, und der Luftzug, der von ihnen ausging, brachte die an verschiedenen Haken hängenden Köder zum Schaukeln.
»Tag«, sagte sie.
Keijo hob den Blick.
»Da schau her.«
»Wie geht’s, Keijo?«
»Net der Rede wert.«
Elina studierte den Drehständer neben der Theke. Eisangeln, Haken, Sprengringe und Wirbel. Sie drehte den Ständer. Auf der anderen Seite gab es helle vierzig Zentimeter Stahlvorfächer und schwarze fünfzehn Zentimeter Titanvorfächer, drei Stück pro Schachtel. Die aus Titan waren teurer.
Sie nahm eine Schachtel davon und legte sie auf die Theke.
Keijo widmete sich kurz der Schachtel, dann wieder seiner Beschäftigung.
»Darf’s sonst noch was sein?«
»Ne neue Schnur.«
»Soso.«
»Gibt’s ne geflochtene?«
Keijo drehte die Lippe. »Wir verkaufen monofile.«
»Dann so eine.«
»Wie dick?«
»Ruhig null-komma-fünfzehn Millimeter.«
Keijo legte die Angel in den Schoß und sah Elina an. »Wofür?«
»Nen Hecht.«
»Bist du verrückt?«
Elina lachte kurz, aber Keijo blieb ernst. Die Ventilatoren surrten.
»Dann eben zwanzig.«
Keijo drehte wieder an der Lippe. »Sag mal«, murmelte er, hielt den Wobbler hoch und starrte in dessen aufgemalte Augen, als hätte er den Wobbler gefragt und nicht Elina. »Wenn du kacken gehst, steckst du dann den Kopf in die Schüssel?«
»Ich erinner mich net an alle Zahlen. Ich hab’s eilig.«
Keijo hantierte mit dem Köder, als ob das nicht sein Problem wäre.
»Gib mir ne Dreißiger«, sagte Elina.
»Wenn du nen Hecht fangen willst«, setzte Keijo an. Elina stöhnte. »Wirfst du dann die Angel in den Fluss und hältst den Haken fest?«
»So is es!«
»Ein Angler weiß so was. Oder ne Anglerin.«
»Nu gib mir schon …«
»Und biste dir ganz sicher mit diesen Vorfächern?«
»Wie meinste?«
»Ich überleg nur.«
»Bin ich. Diese Schnur …«