Der gefeierte Springfrosch von Calaveras County - Mark Twain - E-Book

Der gefeierte Springfrosch von Calaveras County E-Book

Mark Twain

4,9

Beschreibung

In dieser Auswahl der besten Mark Twain Kurzgeschichten zeigt der Altmeister immer wieder, dass der Wilde Westen abseits aller Klischees auch eine sehr komische Seite hat. Twain, der als Vater der amerikanischen Literatur" bezeichnet wird, erzählt hier über Greenhorns und Aufschneider, Leichenbestatter und Kannibalismus. Er erklärt, wie man eine Erkältung kuriert und warum Lügen eine Kunst ist und fällt in seinem berühmten Aufsatz ein vernichtendes Urteil über die ›furchtbare deutsche Sprache‹, die sich angeblich jeglichem gesunden Menschverstand widersetzt. Mark Twain besitzt einen scharfen, intelligenten aber auch liebevollen Blick für die Eigentümlichkeiten seiner Mitmenschen. Sein trockener Humor und seine süffisante Sprache machen die Geschichten so zu dem was sie sind: komisch, kurzweilig, zeitlos.

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SAMUEL LANGHORNE CLEMENSwurde 1835 in Florida, Missouri geboren und wuchs dort bis zu seinem 18. Lebensjahr auf. Er arbeitete zunächst als Schriftsetzer, Schiffslotse und Goldgräber bis er unter dem Pseudonym MARK TWAIN seine schriftstellerische Karriere begann. Mit der 1865 entstandenen Geschichte The Celebrated Jumping Frog of Calaveras County geriet er zum ersten Mal in das Rampenlicht der Öffentlichkeit, seine Werke über die Freunde Tom Sawyer und Huckleberry Finn machten ihn schließlich zu einem bekannten und erfolgreichen Autoren. Mark Twain starb 1910 als weltweit anerkannter und mit Preisen und Ehrentiteln versehener Autor. Kurz vor seinem Tod soll er gesagt haben: »Ich bin ein alter Mann und habe viel Schreckliches erlebt. Aber das meiste ist nie passiert.«

Zum Buch

In dieser Auswahl der besten Mark Twain Kurzgeschichten zeigt der Altmeister immer wieder, dass der Wilde Westen abseits aller Klischees auch eine sehr komische Seite hat. Twain, der als »Vater der amerikanischen Literatur« bezeichnet wird, erzählt hier über Greenhorns und Aufschneider, Leichenbestatter und Kannibalismus. Er erklärt, wie man eine Erkältung kuriert und warum Lügen eine Kunst ist und fällt in seinem berühmten Aufsatz ein vernichtendes Urteil über die ›furchtbare deutsche Sprache‹, die sich angeblich jeglichem gesunden Menschenverstand widersetzt. Mark Twain besitzt einen scharfen, intelligenten aber auch liebevollen Blick für die Eigentümlichkeiten seiner Mitmenschen. Sein trockener Humor und seine süffisante Sprache machen die Geschichten so zu dem was sie sind: komisch, kurzweilig, zeitlos.

Geht es nach William Faulkner, so ist Mark Twain »der erste wahre amerikanische Schriftsteller«. Und tatsächlich ist Mark Twain der erste, der die amerikanische Sprache in die Literatur überführt. In seiner Prosa gelingt es ihm, die englische Sprache von ihrem strengen Gerüst zu befreien und sie in eine unbefangene, flexible, eben amerikanische Sprache umzuwandeln. Sein knapper und präziser Erzählstil wird noch von Ernest Hemingway als großes Vorbild betrachtet. Darüber hinaus verfügt Mark Twain über eine scharfe Beobachtungsgabe, auf humoristische und teilweise scharfzüngige Weise enttarnt er die Verlogenheiten seiner Zeit und legt dabei den Finger immer wieder punktgenau in die Wunden der amerikanischen Gesellschaft. Er wird daher zu Recht als einer der einflussreichsten Schriftsteller Amerikas angesehen.

»Wenn wir bedenken, dass wir alle verrückt sind, ist das Leben erklärt.«Mark Twain

Mark Twain

Der gefeierte Springfroschvon Calaveras County

Mark Twain

Der gefeierte Springfroschvon Calaveras County

Übersetzung, Auswahl und EditionAlexander Heine

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

https://dnb.d-nb.de abrufbar.

Es ist nicht gestattet, Abbildungen und Texte dieses Buches zu scannen, in PCs oder auf CDs zu speichern oder mit Computern zu verändern oder einzeln oder zusammen mit anderen Bildvorlagen zu manipulieren, es sei denn mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Alle Rechte vorbehalten

© by marixverlag in der Verlagshaus Römerweg GmbH, Wiesbaden 2015

Der Text basiert auf der Ausgabe marixverlag, Wiesbaden 2015

Übersetzung, Auswahl und Edition Alexander Heine

Covergestaltung: Network! Werbeagentur, München

Bildnachweis: Pfingstgrüße, © akg-images / arkivi UG

eBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main

ISBN: 978-3-8438-0485-1

www.verlagshaus-roemerweg.de

» Zuerst schuf Gott die Idioten.Das war zur Übung.Dann schuf er die Verlags-Lektoren.«

Mark Twain

INHALT

DER GEFEIERTE SPRINGFROSCH VON CALAVERAS COUNTY

UNTERHALTUNG MIT EINEM LEICHENBESTATTER

DIE GEFÄHRLICHKEIT, IM BETT ZU LIEGEN

ÜBER DEN VERFALL DER KUNST DES LÜGENS

DIE 1 000 000-PFUND-BANKNOTE

DIE FURCHTBARE DEUTSCHE SPRACHE

WIE MAN EINE GESCHICHTE ERZÄHLT

DER GESTOHLENE WEISSE ELEFANT

DAS 30 000-$-VERMÄCHTNIS

WIE MAN EINE ERKÄLTUNG KURIERT

KANNIBALISMUS IN DER EISENBAHN

GELEHRSAME FABELN FÜR NACHDENKLICHE GEMÜTER

EDITORISCHE NOTIZ

DER GEFEIERTE SPRINGFROSCH VONCALAVERAS COUNTY

Aufgrund des Wunsches eines Freundes, der mir aus dem Osten geschrieben hatte, wandte ich mich an den gutmütigen, schwatzhaften alten Simon Wheeler und erkundigte mich auftragsgemäß nach dem Freund meines Freundes, Leonidas W. Smiley; das Ergebnis möchte ich hier niederlegen. Ich habe einen geheimen Verdacht, daß Leonidas W. Smiley ein reiner Mythos ist; daß mein Freund eine solche Person nie kannte; und daß er lediglich davon ausging, daß, sollte ich den alten Wheeler dazu befragen, dieser an den berüchtigten Jim Smiley denken und sich in der Folge daran machen würde, mich mit einigen weitschweifigsten Erinnerungen zu Tode zu langweilen, die nicht nur langwierig und öde sondern auch völlig nutzlos für mich sein würden. Sollte das sein Plan gewesen sein, so hatte er Erfolg.

Ich fand Simon Wheeler in der heruntergekommenen Taverne der verfallenen Bergarbeitersiedlung Angel’s Camp gemütlich neben dem Ofen der Bar dösend vor, und mir fiel auf, daß er glatzköpfig und dick und seine ruhige Erscheinung von angenehmer Freundlichkeit und Einfachheit geprägt war. Er erhob sich und begrüßte mich. Ich erklärte ihm, daß ein Freund mich darum gebeten hatte, einige Ermittlungen bezüglich eines alten, schwer vermißten Freundes aus Kindheitstagen namens Leonidas W. Smiley anzustellen, mittlerweile bekannt als Reverend Leonidas W. Smiley, eines Priesters, von dem er gehört habe, daß er irgendwann im Angel’s Camp ansässig gewesen sei. Ich fügte hinzu, daß ich mich ihm, Mr. Wheeler, sollte er mir hierzu Auskunft geben können, ausgesprochen verpflichtet fühlen würde.

Simon Wheeler drängte mich in eine ruhige Ecke und versperrte mir mit seinem Stuhl den Fluchtweg, setzte sich und spulte den monotonen Monolog ab, der diesem Abschnitt folgt. Er lächelte kein einziges Mal, noch runzelte er die Stirn, seine Stimme blieb stets demselben freundlichen leisen Ton treu, den schon der erste Satz aufgewiesen hatte, und nicht einmal ließ er die geringste Spur von Begeisterung erkennen; doch die ganze nicht enden wollende Geschichte war durchsetzt mit einer beeindruckenden Ernsthaftigkeit und Aufrichtigkeit, die mir bewies, daß er an der Erzählung so gar nichts Lustiges oder Lächerliches finden konnte, daß er sie vielmehr als wirklich wichtiges Ereignis und die beiden Helden als Männer der transzendentalsten, genialsten Finesse betrachtete.

»Reverend Leonidas W. – hmmmm … Reverend Le … Moment, es gab da mal einen, der hieß aber Jim Smiley, das war im Winter ’49 – oder vielleicht auch im Frühjahr ’50 –, ich weiß es nicht mehr ganz genau, aber weshalb ich glaube, daß es irgendwann um diese Zeit herum gewesen sein muß, ist, weil ich mich deutlich erinnere, daß die große Rutsche noch nicht fertig war, als er das Camp erreichte; aber egal, er war jedenfalls der seltsamste Kerl, immer am Wetten, egal um was es ging, wenn er nur einen fand, der auf das Gegenteil wettete; und wenn er keinen fand, dann nahm er eben die Gegenposition ein. Wie es dem anderen paßte, so paßte es auch ihm – wenn er nur eine Wette abschließen konnte, dann war er schon zufrieden. Aber er hatte dennoch Glück, und zwar außergewöhnlich viel davon; er gewann fast immer. Er war stets bereit, ein Risiko einzugehen; es gab wohl nicht eine einzige Sache, auf die er nicht zu wetten gewillt war, und er schlug sich einfach auf die Seite, die der andere nicht haben wollte, wie ich schon sagte. Gab es zum Beispiel ein Pferderennen, dann war er am Ende entweder reich oder bankrott; bei jedem Hunderennen schloß er Wetten ab; selbst ein Katzenrennen hätte ihm gereicht; jedes Hühnerrennen kam ihm recht; ach was: Wenn zwei Vögel auf einem Zaun saßen, dann wettete er mit jedem, der sich darauf einließ, welcher der beiden zuerst losfliegen würde; bei unseren Camp-Zusammentreffen wettete er meist auf Parson Walker, den er als den geschicktesten Ermahner betrachtete, und das war er auch, ein guter Kerl. Wenn er einen Mistkäfer beim Krabbeln beobachtete, dann wettete er, wie lange es dauern würde, bis er sein Ziel erreiche, wo auch immer er gerade hinmarschierte, und wenn sich einer darauf einließ, dann wäre er dem Käfer bis nach Mexiko gefolgt, nur um herauszufinden, wo er hinwollte und wie lange er dazu brauchte. Viele der Jungs hier kannten Smiley und könnten dir von ihm erzählen. Na, ihm war es jedenfalls egal – er hätte auf alles mögliche gewettet, der verrückte Kerl. Parson Walkers Frau war mal sehr krank, und eine Weile lang schien es, als könnte man sie nicht mehr retten; aber eines Morgens kam er herein, und Smiley fragte ihn, wie es ihr gehe, und er gab zurück, daß es viel besser um sie stünde – dem Herrn sei Dank für seine grenzenlose Güte – und daß sie mit etwas Glück wahrscheinlich wieder ganz gesunden würde; und Smiley sagte ohne nachzudenken: »Na, ich wette 2 zu 1, daß sie’s nicht schafft.«

Smiley hatte ein altes Roß – die Jungs nannten sie die 15-Minuten-Mähre, aber das war nur Spaß, denn natürlich war sie viel schneller, weißt du –, und er gewann häufig Geld mit ihr, obwohl sie so langsam war und immer Asthma hatte oder schlechter Laune war, oder die Schwindsucht oder irgendsowas. Sie gaben ihr immer 200 oder 300 m Vorsprung; aber gegen Ende des Rennens wurde sie immer so aufgeregt und trotzig, daß sie wie von Furien gejagt scheute und zu rennen begann, und ihre Beine waren überall, meistens in der Luft und manchmal außerhalb des Zaunes, und sie wirbelte einen Mordsstaub auf und machte vor lauter Husten und Niesen und Schneuzen einen Heidenlärm – und jedesmal erreichte sie um Nasenlänge als Erste das Ziel, das war schon ganz erstaunlich.

Und er hatte auch diesen kleinen Bullterrier, der so aussah, als wäre er keinen Pfennig wert und würde allerhöchstens darauf lauern, etwas klauen zu können. Aber sobald man Geld auf ihn gewettet hatte, verwandelte er sich in einen anderen Hund; sein Unterkiefer stand hervor wie das Vorderdeck eines Dampfschiffs, und er bleckte seine Zähne wie Messer. Und wenn ein anderer Hund ihn angriff und am Kragen packte und biß und zwei- dreimal über die Schulter warf, dann tat Andrew Jackson – so hieß der Hund –, dann tat also Andrew Jackson immer so, als wäre ihm das nur zu recht, als hätte er gar nichts anderes erwartet, und die Wetten verdoppelten und verdoppelten sich, bis keiner mehr Geld zum Setzen hatte; und dann plötzlich packte er den anderen Hund an seinen Hinterbeinen und biß sich fest – er kaute nicht etwa dran herum, nein, er biß sich fest und blieb dran hängen, bis der andere Hund nicht mehr konnte, und das war’s! Andrew Jackson war immer der Sieger, bis er eines Tages auf einen Hund traf, der keine Hinterbeine hatte, weil die in eine Kreissäge geraten waren, und als die ganze Sache lange genug gelaufen war und keiner mehr Geld zum Wetten hatte und er seinen üblichen Klammerbiß anwenden wollte, da sah er gleich, daß man ihn übertölpelt hatte, und wie der andere Hund ihn sozusagen am Schlafittchen hatte, und er sah ziemlich überrascht aus und auch ein bißchen entmutigt und versuchte dann auch gar nicht mehr, den Kampf zu gewinnen, und so wurde er übel zugerichtet. Er sah Smiley traurig an, als sei sein Herz gebrochen, und es war alles sein Fehler, weil er ihn gegen einen Hund hatte antreten lassen, der keine Hinterbeine hatte, weshalb er seinen Biß nicht anwenden konnte, was doch schließlich sein wichtigster Trick war, um einen Kampf zu gewinnen, und dann humpelte er weg und legte sich hin und starb. Ja, das war schon ein guter Hund, der Andrew Jackson, und er wäre sicher berühmt geworden, wenn er nur lange genug gelebt hätte, denn er hatte Mut und war klug – ich weiß das, denn er hatte eigentlich keine Chance, und es ist nicht zu erklären, wie ein Hund so erbittert hätte kämpfen können, wenn er kein Talent gehabt hätte. Ach, mir wird immer ganz schwer ums Herz, wenn ich an den letzten Kampf denke und daran, wie er ausging.

Naja, der Smiley hatte jedenfalls Terrier und Kampfhähne und Kater und alle möglichen Viecher, was man sich nur vorstellen kann, und man konnte nichts finden, auf das er nicht wetten wollte. Eines Tages fing er einen Frosch und nahm ihn mit nach Hause und sagte, er würde ihn zähmen; und dann tat er drei Monate nichts anderes, als in seinem Hinterhof zu sitzen und den Frosch das Hüpfen zu lehren. Und du kannst deinen Kopf drauf wetten, daß ihm das auch gelang. Er schubste das Hinterteil des Frosches ein bißchen an, und im nächsten Moment flog der auch schon durch die Luft wie ein Ball – er machte einen Salto, manchmal auch zwei, wenn er guten Anlauf hatte, und dann landete er sicher auf allen Beinchen, genau wie ’ne Katze. Er brachte ihm das Fliegenfangen bei, und zwar so gut, daß der Frosch jede Fliege erwischte, die er sehen konnte. Smiley sagte, der Frosch wolle nichts als eine gute Ausbildung, und dann könne er fast alles erreichen – und ich glaube ihm. Na, ich habe doch mit eigenen Augen gesehen, wie er Dan’l Webster – so hieß der Frosch – hier auf den Boden setzte und ihm zurief: »Fliegen, Dan’l, Fliegen!«, und der Frosch sprang schneller auf diese Theke hier als das Auge wahrnehmen konnte, und die Zunge schoß hervor, und er verschlang eine Fliege und hüpfte wieder auf den Boden, wie ein Lehmklumpen und kratzte seinen Kopf mit dem Hinterbein als wäre gar nix geschehn, als wisse er gar nicht, daß er etwas getan hatte, was kein anderer Frosch schaffen konnte. Ich hab’ niemals wieder einen so bescheidenen und netten Frosch kennengelernt, obwohl er doch so begabt war. Und wenn’s ums Weitspringen ging, dann konnte ihm keiner seiner Spezies das Wasser reichen. Das war nämlich seine Stärke, weißt du; und wenn’s um solche Wetten ging, dann setzte Smiley all sein Geld. Smiley war unglaublich stolz auf seinen Frosch, und das konnte er auch sein, denn selbst Männer, die schon überall gewesen und alles erlebt hatten, sagten immer, sie hätten noch nie im Leben einen solchen Wunderfrosch gesehen!

Smiley hielt das Tier in einem kleinen Korb, und manchmal trug er ihn darin in die Stadt, um dort seine Wetten abzuschließen. Eines Tages traf ihn einer der Neuen im Camp mit seiner Froschschachtel und sagte:

»Was hast du denn da in der Schachtel?«

Und Smiley tut ganz unbeteiligt und sagt: »Könnt ’n Papagei sein, oder ein Kanarienvogel, aber das ist es nicht – s’ist nur’n Frosch!«

Und der Kerl nimmt den Korb, sieht sich den Frosch von allen Seiten genau an und erwidert dann: »Hmm … Stimmt. Und wozu soll der gut sein?«

»Also«, sagt da Smiley locker und scheinbar gleichgültig, »der ist vor allem für eine Sache gut. Ich kann das beurteilen. Er ist ein besserer Springer als alle anderen Frösche in Calaveras County.«

Der andere nimmt die Schachtel wieder in die Hand, betrachtet sie gründlich, gibt sie dann Smiley zurück und sagt sehr nachdenklich: »Na, ich kann an dem Frosch nichts entdecken, was besser wäre als andere Frösche.«

»Das kannst du vielleicht wirklich nicht«, sagt da Smiley, »vielleicht verstehst du Frösche, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht hast du schon Erfahrungen mit ihnen gesammelt, oder vielleicht biste nur ’n Amatur oder wie das heißt. Wie auch immer, ich hab’ jedenfalls meine Meinung, und ich wette vierzig Dollar, daß er besser springen kann als irgendein anderer Frosch in Calaveras County.«

Der andere denkt eine Zeitlang nach und sagt dann in so ’nem traurigen Ton: »Na, ich bin hier ja nur ein Fremder, und Frosch hab ich auch keinen; wenn ich einen hätte, dann würd’ ich wohl mit dir wetten.«

Darauf Smiley: »Das ist kein Problem – kein Problem, wenn du die Kiste mal eben hältst, dann geh ich los und hol dir einen Frosch.« Und so nimmt der Kerl also die Schachtel, legt seine vierzig Dollar auf die von Smiley, setzt sich hin und wartet.

So sitzt er also ’ne ganze Weile da und denkt so vor sich hin, und dann holt er den Frosch aus seiner Behausung, zwingt sein Maul auf und nimmt einen Teelöffel und stopft ihm Schrotkugeln in den Schlund, stopft ihn bis zum Rand voll damit und setzt ihn wieder auf den Boden. Smiley geht unterdessen in den nahen Sumpf, stochert ewig im Schlamm herum, bis er einen Frosch findet, fängt ihn und bringt ihn zu dem anderen und sagt:

»Wenn du bereit bist, dann setz ihn neben Dan’l, so daß seine Vorderfüße direkt neben Dan’ls stehen, und ich geb’ das Zeichen.« Dann sagt er: »Achtung – fertig – los!« Er und der andere Kerl stupsen die Hinterteile der beiden Frösche an, und der neue Frosch springt gleich munter los, aber Dan’l bewegt sich überhaupt nicht, zuckt nur mit den Schultern – ungefähr so – wie ein Franzose – aber es nutzte nix – er konnte sich nicht rühren: Er war so festgenagelt wie ’ne Kirche und saß fest, als hätte er Anker geworden. Smiley war ganz schön verwundert und wütend, aber er wußte natürlich auch nicht, was los war.

Der Kerl nimmt also das Geld und zieht seines Weges; und als er gerade aus der Tür geht, da zeigt er mit dem Daumen so über die Schulter zu Dan’l hin und sagt ganz langsam: »Na, ich weiß wirklich nicht, was an dem Frosch besser sein soll als an jedem anderen!«

Smiley stand da und kratzte sich den Schädel, kuckte lang auf Dan’l runter und sagte schließlich: »Ich frag mich wirklich, was in Dreiteufelsnamen mit dem Frosch los ist, vielleicht ist er krank, irgendwie sieht er doch sehr fett aus, oder?«

Und er nahm Dan’l am Nacken und schaute ihn an und sagte: »Na, ich will nicht mehr Smiley heißen, wenn der nicht mindestens fünf Pfund wiegt!« Und als er den Frosch umdreht, da spuckt der eine doppelte Handvoll von dem Zeug aus. Na, da wußte er natürlich, was passiert war, und er war furchtbar zornig – er setzte den Frosch auf den Boden und rannte dem anderen Kerl hinterher, aber er fand ihn nie. Und …«

[An dieser Stelle hörte Simon Wheeler, wie jemand im Hof seinen Namen rief und stand auf, um zu sehen, was der Rufer von ihm wollte.] Und wie er hinausging, drehte er sich noch einmal zu mir um und sagte: »Bleib’ da sitzen, Fremder, und keine Sorge – es dauert nur einen Moment.«

Erlauben Sie mir jedoch zu sagen, daß ich nicht mehr glaubte, durch die Fortführung der Erzählungen über den abenteuerlustigen Vagabunden Jim Smiley weitere Informationen über den Verbleib des Reverend Leonidas W. Smiley erhalten zu können, und so machte ich mich auf den Weg.

An der Tür traf ich den gesprächigen Wheeler, und er hinderte mich am Gehen und fing gleich wieder an:

»Na, der Smiley hatte auch ’ne einäugige Kuh, die hatte keinen Schwanz, nur so’n kleinen Stummel wie ’ne Banane, und …«

Da mir jedoch sowohl Zeit als auch Muße fehlten, hörte ich mir die Geschichte von der vom Schicksal gebeutelten Kuh nicht mehr an, sondern zog von dannen.

UNTERHALTUNG MIT EINEMLEICHENBESTATTER

»Also diese Leiche«, sagte der Leichenbestatter, indem er die gefalteten Hände des Verstorbenen anerkennend tätschelte, »war ein wirklich guter Kerl – und zwar in jeder Hinsicht. Er war so offen, so bescheiden und einfach in seinen letzten Momenten. Seine Freunde wollten einen Metallsarg – mit nichts anderem wollten sie sich zufriedengeben. konnte aber keinen kriegen, die Zeit war einfach zu knapp – das war klar zu sehen.

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