Der Gentleman-Pirat - Walther Kabel - E-Book

Der Gentleman-Pirat E-Book

Walther Kabel

0,0
0,49 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

»Nett von Ihnen, daß Sie sich auch wieder einmal bei uns sehen lassen, Freund Justus,« begrüßte Harald an jenem regnerischen Septemberabend Herrn Justus Juhlke, unseren Leidensgefährten von Malmö … — Der Leser kennt unseren Justus … Geheimnis der Pagode, — dabei hatte Justus mitgewirkt …
Aber unser Justus machte heute ein ganz merkwürdiges Gesicht, meinte, nachdem er uns kaum die Hand gedrückt hatte:
»Ich bringe etwas, Herr Harst …!«
»So?! Wohl ein neues Krawattenmuster aus Ihrem Geschäft … Setzen Sie sich …«
»Bitte, die Sache ist sehr ernst, Herr Harst …«
Und mit überaus wichtiger Miene packte er aus grauem Papier ein elegantes Damenhandtäschchen aus …: Brokatstoff, vergoldeter Bügel — sehr schick …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Der Detektiv

Kriminalerzählungen

von

Walther Kabel.

Band 164

Der Gentleman-Pirat

1926

© 2023 Librorium Editions

ISBN : 9782383837374

 

 

Inhalt

Der Gentleman-Pirat

Die Elfenbeinkugel.

Das Tagesgespräch von Madras.

Madras bei Nacht.

Nochmals eine Elfenbeinkugel.

Das heilige Krokodil.

Honoria Steadings Geheimnis.

Die Piratenjacht.

Eine Granate?!

Etwas über Rapaua.

Die Hängematten.

John Harplays letztes Hoch.

 

Der Gentleman-Pirat

1. Kapitel.

Die Elfenbeinkugel.

»Nett von Ihnen, daß Sie sich auch wieder einmal bei uns sehen lassen, Freund Justus,« begrüßte Harald an jenem regnerischen Septemberabend Herrn Justus Juhlke, unseren Leidensgefährten von Malmö … — Der Leser kennt unseren Justus … Geheimnis der Pagode, — dabei hatte Justus mitgewirkt …

Aber unser Justus machte heute ein ganz merkwürdiges Gesicht, meinte, nachdem er uns kaum die Hand gedrückt hatte:

»Ich bringe etwas, Herr Harst …!«

»So?! Wohl ein neues Krawattenmuster aus Ihrem Geschäft … Setzen Sie sich …«

»Bitte, die Sache ist sehr ernst, Herr Harst …«

Und mit überaus wichtiger Miene packte er aus grauem Papier ein elegantes Damenhandtäschchen aus …: Brokatstoff, vergoldeter Bügel — sehr schick …

»Dies Ding,« erklärte Justus feierlich, »ließ heute vormittag elf Uhr eine Dame in meinem Laden liegen, die zusammen mit einem Herrn Oberhemden einkaufte, ein halbes Dutzend von den besten … Nachdem das Paar, übrigens Ausländer, mein Geschäft verlassen und mein Fräulein das Handtäschchen bemerkt hatte, lief ich noch auf die Straße …

Die beiden waren jedoch nicht mehr zu sehen. Als ich dann das Täschchen öffnete … —, doch nein, tun Sie es selbst, Herr Harst, und Sie werden staunen …«

Wir drei standen zusammen am Sofatisch, Justus rechts von Harald, ich links …

Harst besichtigte das Täschchen erst von außen …

»Indischer Brokatstoff aus den Webereien in Gwalior …« sagte er. »Ein sehr kostbarer Stoff … Der Bügel die übliche Massenfabrikation …« Und öffnete das Täschchen, legte hintereinander folgende Gegenstände auf den Tisch: Ein Spitzentaschentuch, ein goldenes Puderbüchschen, — einen kleinen Spiegel mit Goldrahmen, einen Augenbrauenstift in goldener Hülse, vier zusammengefaltete Hundertmarkscheine, eine winzige Nickelspritze, eine mit einer grünen Flüssigkeit gefüllte Ampulle und eine Elfenbeinkugel von der Größe eines Taubeneies …

Das war alles …

Und — ich war enttäuscht …

Aber Justus sagte schon: »Die Kugel, die hat’s in sich!«

Harald nickte …

»Ja, sie ist hohl und läßt sich aufschrauben …«

Er tat’s …

Im Innern der Kugel lag ein zusammengeknülltes Stück Papier … buntes Papier …

»Setzen wir uns jetzt,« meinte Harst. »Denn dieses Stück Papier wird ja wohl die Hauptsache sein. Wichtiges soll man in Ruhe beschauen.«

Er zog den Klubsessel näher … Ich rückte die Stehlampe mehr zu ihm hin. Und nun faltete er das Papier auseinander — sehr behutsam …

Das Papier war eine Hundertpfundnote, und in diese Banknote war ein deutscher Kupferpfennig eingehüllt gewesen — ein armseliger abgegriffener Pfennig!

»Seltsames Gespann?« lachte ich erheitert …

Harald strich die Banknote glatt … »Hier sind einzelne Buchstaben mit farbiger Tinte über die Vorderseite sehr geschickt verteilt,« erklärte er …

Und Justus rief: »Ja — und das ist’s, was mich den ganzen Tag über im Geiste beschäftigt hat, Herr Harst … Es sind genau zweiunddreißig Buchstaben. Einen Sinn ergeben sie leider nicht. Sie sind ja auch ganz willkürlich gerade dort hingemalt, wo sie am wenigsten auffallen …«

Harst hatte jetzt den Pfennig in den Fingern …

»Aus dem Jahre 1889,« sagte er sinnend. »Schraut, reiche mir doch mal eine Mirakulum und das Vergrößerungsglas … Es gibt Leute, die die Zigaretten Sargnägel oder Kirchhofsspargel nennen … Sie haben nicht ganz Unrecht. Trotzdem möchte ich meine Mirakulum nicht missen … — So, danke, mein Alter …« — Er rauchte zwei Züge und nahm den Pfennig unter die Lupe, legte ihn nach einer Weile beiseite und prüfte nun die Banknote mit Hilfe des Vergrößerungsglases …

»Stimmt — zweiunddreißig Buchstaben … Wollen sie mal aufschreiben … — Justus, schreiben Sie … Ich werde diktieren …«

Und er diktierte (was ich hier deutsch wiedergebe):

DRITTEN OKTOBER MANDALAR SIKARWALAR

»Himmel — das hat ja doch einen Sinn!« meinte Justus Juhlke ganz aufgeregt. »Das heißt ja: Dritten Oktober … und dann …«

»… dann: Mandalar Sikarwalar,« ergänzte Harald. »Ja, es hat Sinn … Denn Mandalar ist ein kleiner Hafenort an der Ostküste Vorderindiens, und Sikarwalar dürfte gleichfalls eine Ortsbezeichnung sein …«

»Und wie — haben Sie das herausbekommen, Herr Harst?«

»Bitte — halten Sie die Banknote mal ein Stück von sich … Dann sehen Sie, daß die Buchstaben etwa die Figur einer Acht bilden …«

»Allerdings …«

»Und wenn Sie jetzt, lieber Justus, den Pfennig durch die Lupe betrachten, so werden Sie unter der Jahreszahl 1889 vier mit einer feinen Nadel eingebohrte flache Löcher wahrnehmen …«

»Stimmt — vier Löcher …«

»So, jetzt schauen Sie sich noch einmal die Buchstaben auf der Banknote recht sorgfältig an … Das M ist etwas größer als die übrigen Buchstaben, und wenn man nun mit diesem M beginnt und dann den acht Buchstaben in der Figur der Acht hinzufügt, so …«

»Verzeihung, weshalb den achten Buchstaben, Herr Harst …?«

»Der Jahreszahl auf dem Pfennig wegen …«

»Ah, jetzt verstehe ich … Und dieser achte Buchstabe ist ein A, und wieder der folgende achte — 1889!! — ein N, dann der neunte ein D, dann der nächstfolgende, die »Eins« der Jahreszahl, wieder ein A — — und so fort … — Glänzend, glänzend, Herr Harst …! Das hätte ich nie herausgefunden …«

»Übung, lieber Justus, nichts weiter … Eigentlich hätte ich ja diktieren müssen: Mandalar Sikarwalar dritten Oktober. Aber offenbar bedeuten die Worte doch: Am dritten Oktober in Mandalar Sikarwalar. Und diese Banknote, die übrigens falsch ist …«

»Wie — — unecht?!«

»Ja … Wenn auch glänzend gefälscht. Eine der besten Fälschungen, die mir je vor Augen gekommen sind … — Also diese Banknote stellt eben eine geheime Nachricht dar. Weil nun das Paar oder die Dame, der das Täschchen gehört, sich bei Ihnen nicht wieder eingefunden hat, um das Täschchen abzuholen, muß man wohl vermuten, daß die beiden absichtlich sich nicht mehr sehen ließen, aus Furcht, die falsche Banknote könnte ihnen Ungelegenheiten bereiten. — Wie sahen die beiden übrigens aus, lieber Justus?« —

»Sehr elegant … Er völlig bartlos … Ein Gesicht wie ein Rennreiter. Nur die Hornbrille störte. — Sie eine blendende Erscheinung …«

Harald hatte wieder die Banknote in der Hand … wandte sich jetzt mir zu. »Mein Alter, erinnert dich diese Banknote nicht an jene tadellosen Fälschungen, die vor zwei Jahren der Bank von England so viel Ärger bereiteten? — Suche doch einmal den Band Notizen vom Oktober 1924 hervor. Ich glaube, wir besitzen ein Bild des Fälschers, der, soweit ich mich besinne, damals nicht gefaßt wurde …« —

Unsere Berufsbibliothek ist stets tadellos in Ordnung. Und als ich in dem betreffenden Band sehr bald das Steckbriefbild jenes Künstlers auf dem Gebiete der Banknotenfälschung gefunden und es unserem Justus gezeigt hatte, rief der schon mit Stentorstimme:

»Ja — das ist der Begleiter der Dame von heute vormittag … Unverkennbar — er ist’s!«

Harst hatte soeben die dritte Mirakulum angezündet… fragte mich: »die Bank von England hat doch eine sehr hohe Belohnung für die Ergreifung dieses … — wie hieß der Mann doch?« —

»James Arwal …«

»… dieses James Arwal ausgesetzt … Wie hoch?«

Ich schaute in die Zeitungsausschnitte neben dem Bilde hinein …

»Dreitausend Pfund …« sagte ich dann …

»So — das sind sechzigtausend Mark …« nickte Harald. »Es würde lohnen …«