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Der Überlieferung nach ist Dismas der Name des Verbrechers, der mit Jesus gekreuzigt wurde, aber in der Stunde seines Todes Reue zeigte und Jesus als Gottes Sohn anerkannte. Er wurde von Jesus selbst heiliggesprochen. Damit ist er der einzige Mensch, dem so etwas zuteilwurde. Über sein Leben ist nichts weiter bekannt, daher konnte es hier frei erzählt werden.
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Seitenzahl: 31
Veröffentlichungsjahr: 2025
Vorwort
Das Familienleben
Der Räuber
Die Kreuzigung
Der Überlieferung nach ist Dismas der Name des Verbrechers, der mit Jesus gekreuzigt wurde, aber in der Stunde seines Todes Reue zeigte und Jesus als Gottes Sohn anerkannte. Er wurde von Jesus selbst heiliggesprochen. Damit ist er der einzige Mensch, dem so etwas zuteilwurde. Über sein Leben ist nichts weiter bekannt, daher konnte es hier frei erzählt werden. Dies ist also seine Geschichte, wie ich sie mir vorstelle.
Christoph-Maria Liegener
Die Geburt des heiligen Dismas war langwierig und schmerzhaft. Seine Mutter schrie laut bei den Wehen. In der Zeit dazwischen jammerte sie leise. Wenn der neue Erdenbürger das hätte bewusst miterleben können, hätte es ihm sicher leidgetan und er hätte sich vielleicht überlegt, ob er wirklich auf diese Welt kommen wollte. Auf jeden Fall hätte er bereut, seiner Mutter solche Qualen bereitet zu haben. Nun hat er es nicht bewusst miterlebt, aber wer weiß, vielleicht haben seine Eltern ihm später vom Martyrium seiner Mutter erzählt und er hat dann noch Reue empfunden.
Jedenfalls war er nun endlich da, gesund und munter. Er wuchs wohlbehütet bei seinen Eltern auf.
Nach drei Jahren lernte er, auf sein Töpfchen zu gehen. Dieser Prozess gestaltete sich langwierig und immer wieder geschah es, dass er noch in die Windeln machte. Dann wurde er geschimpft und lernte spätestens jetzt erstmals, Reue zu empfinden. Er hatte etwas falsch gemacht und bereute es. Das sollte ihm noch oft in seinem Leben so gehen.
Und selbst nachdem er schon trocken geworden war, bekam er noch einmal einen Rückfall, als seine Schwester Esther geboren wurde. Er war nun nicht mehr die Hauptperson in der Familie, bekam nur noch die gewünschte Aufmerksamkeit, wenn er einnässte. Allerdings bekam er dann auch Ärger, woraufhin er wiederum bereute. Das ging eine ganze Weile so. Die Reue wurde zu seinem Lebensmotto.
Die Eifersucht auf seine Schwester blieb noch ein paar Jahre.
„Hör auf zu flennen, du Heulsuse!“, fuhr der zwölfjährige Dismas seine Schwester Esther an. Wieder einmal hatte er seine jüngere Schwester geärgert, wie er es oft tat, und sie hatte zu weinen begonnen. Jungen in seinem Alter verhalten sich oft so, obwohl sie es gar nicht böse meinen. Normalerweise gehen sie danach einfach wieder zur Tagesordnung über, aber diesmal hatte Dismas es übertrieben und Esther hörte nicht auf zu weinen. Die Eltern wurden aufmerksam. Sie kamen herbei und erkundigten sich nach dem Grund für Esthers Weinen. Er hatte ihre sorgfältig gekämmten Haare durcheinander gewuselt.
Da nahmen sie sich Dismas vor und tadelten nicht nur sein heutiges Verhalten, sondern ganz allgemein seine Haltung zu seiner Schwester:
„Du weißt doch wohl, dass es in der Tora heißt: ‚Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!‘ Hab etwas Mitgefühl mit deiner Schwester! Unter Geschwistern liebt man sich. Geh in dich und bereue!“
Dismas bekam ein schlechtes Gewissen und bereute tatsächlich. Vor der Religion seiner Vorväter hatte er großen Respekt. Er wollte ein guter Jude sein. In Zukunft gab er sich Mühe. Wenn er je wieder unwirsch zu seiner Schwester war, entschuldigte er sich sofort und es tat ihm leid. Er besserte sich und entwickelte sich zu einem guten Bruder.
Auch an anderer Stelle musste er noch lernen, was Recht und Unrecht war. Mit seinen Freunden durchstreifte er tagsüber die judäischen Berge. Sie fanden immer etwas, um sich zu amüsieren. Einen Felsen zum Besteigen, eine Schlucht zum Überqueren oder eine Wasserstelle zum Baden. Zuweilen stahlen sie sogar die Früchte der Felder. So etwas war natürlich verboten, aber das war ihnen nicht klar, bis sie eines Tages beim Orangendiebstahl von einem Landwirt erwischt wurden.
„Was tut ihr da? Weg von meinen Orangen!“, schrie er.