"Der Herr der Ringe - Die Gefährten" und "Harry Potter und der Stein der Weisen" - Analyse zweier Fantasy-Romane - Isabella Nassauer - E-Book

"Der Herr der Ringe - Die Gefährten" und "Harry Potter und der Stein der Weisen" - Analyse zweier Fantasy-Romane E-Book

Isabella Nassauer

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Beschreibung

Essay aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, , Sprache: Deutsch, Abstract: Der Fantasy-Roman ist eine recht eigenwillige und von besonderer künstlerischer Kreativität geprägte, zugleich aber auch eine – bis vor kurzem - wenig beachtete Erscheinung in der Literatur. Der Ursprung der Literaturform „Roman“ liegt im Epos, wobei dessen archaisches, von Göttern durchwaltetes Weltbild1 erst aufgelöst werden mußte, um die moderne Dichtungsform des Romans zu ermöglichen. Das „Prinzip des eine in sich gefügte Welt umgreifenden Horizonts und seiner auf Mythen und Sagen beruhenden Allgemeinverbindlichkeit“1 wurde somit abgelegt. An dieser Stelle knüpft das Fantasy-Genre nun an, indem es Elemente des Epos wieder aufnimmt; d.h. in der Personenkonstellation, der Handlung und vor allem dem Setting werden irreale, mystische und fantastische Elemente als Grundprinzipien vereinigt. Dabei kann es sich um Vorstellungen und Ideen des Autors bzw. um mythologische Vorstellungen verschiedenster Kulturen und Kulturkreise handeln, wobei die Grenzen meist fließend und Kombinationen häufig sind. So hat man es beim Setting entweder mit einer in sich geschlossenen Welt – wie z.B. Mittelerde in Tolkiens Werken – oder mit einer Art koexistierenden Welt , einem Paralleluniversum ähnlich , zu tun, in welche der Held „hineinkatapultiert“ wird – wie z.B. in den Harry-Potter-Büchern von J.K. Rowling oder auch in den „Narnia-Chroniken“ von C.S. Lewis, die nun ebenfalls von Hollywood (wieder)entdeckt wurden. Aktuell kann man angesichts der hohen Verkaufszahlen und des breitgefächerten Angebots an Romanen dieser Art durchaus von einem „Fantasy-Boom“ sprechen. Es bleibt zwar unklar, ob der immense weltweite Erfolg der „Harry-Potter“-Reihe eher den Ausgangs- oder den Höhepunkt dieser Entwicklung bildet, jedoch kann man recht eindeutig J.R.R. Tolkien und seine Chroniken über das fantastische Land Mittelerde als (einen) Begründer dieses „Kults“ ausmachen, der sich allmählich von einer Subkultur zu einem Massenphänomen entwickelt hat. Daher scheint es an der Zeit, diese beiden „Eckpfeiler“ des Phänomens „Fantasy“ anhand der beiden ersten Bände miteinander zu vergleichen. 1 : Definition des Begriffs „Roman“ in: Dr. Otto Bartel/Dieter Schaefer: „Grundbegriffe der Literatur“, S. 114 f. 2 Joseph Campbell: "The Hero with a Thousand Faces", in: David Colbert: „The Magical Worlds of Harry Potter“, S.158

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Inhaltsverzeichnis
INHALT DER WERKE
DER HELD
DIE GEGNER
LITERARISCHE ZUORDNUNG UND STIL
INTERPRETATION UND AUSSAGE

Page 1

Page 3

VORWORT

Wer heutzutage mit den Begriffen „Herr der Ringe“ und „Harry Potter“ konfrontiert wird, wird feststellen, daß es sich hierbei längst nicht mehr nur um die Titel zweier Romanserien handelt. Beide Werke zeigen inzwischen wesentliche Züge von Massenphänomenen, bedingt durch ihren unglaublichen Erfolg und ihre Popularität bei einem breitgefächerten Lesepublikum. Durch ihre Verfilmung sind beide Titel sogar noch stärker in den Fokus des kulturellen Lebens gerückt; teilweise lieferten sich die Produktionen einen regelrechten Wettstreit um die Gunst des Kinopublikums. Die „Herr der Ringe“-Filmtrilogie ist inzwischen zwar abgeschlossen, jedoch hat Hollywood bereits eine Verfilmung des Vorwerks zu dieser Serie, des „Hobbits“, angekündigt. Dagegen lieferen die Fortsetzungsepisoden von „Harry Potter “ noch Stoff für zwei weitere Filme - der erste dieser beiden, „Harry Potter und der Halbblutprinz“, soll im Herbst diesen Jahres in den deutschen Kinos zu sehen sein. Angesichts der vergangenen Gegenüberstellung auf der Leinwand und der anhaltenden Beliebtheit beider Serien unter Fantasy-Anhängern scheint es nun mehr an der Zeit, einen kritischen Vergleich beider Werke vorzunehmen. Dieser Thematik ist diese Arbeit gewidmet.

Um eine detaillierte und besser auf die schriftstellerische Originalität bezogene Analyse zu gewährleisten, wurden bei der Gegenüberstellung der Romane jeweils die englischen Originalausgaben verwendet - Zitate werden daher auf Englisch wiedergegeben, teilweise auch bei der Sekundärliteratur. Die Arbeit entstand ursprünglich im Jahr 2002/2003 als Facharbeit für den Leistungskurs Englisch unter dem Titel „`Lord of the Rings - The Fellowship of the Ring´ and `Harry Potter and the Philosopher´s Stone´ - a comparison of two fatasy novels“, wurde aber seitdem mehrmals überarbeitet.

Page 4

EINLEITUNG

Der Fantasy-Roman ist eine recht eigenwillige und von besonderer künstlerischer Kreativität geprägte, zugleich aber auch eine - bis vor kurzem - wenig beachtete Erscheinung in der Literatur. Oft ist es auch schwierig, ihn einer bestimmten Gattung zuzuordnen: die Grenzen zwischen Trivial- und Qualitätsliteratur sind fließend. Er zeichnet sich nicht nur inhaltlich, sondern auch in seiner Entstehungsgeschichte durch Vielschichtigkeit und Transzendenz aus.

Der Ursprung der Literaturform „Roman“ liegt im Epos, wobei dessen archaisches, von Göttern durchwaltetes Weltbild1erst aufgelöst werden mußte, um die moderne Dichtungsform des Romans zu ermöglichen. Das „Prinzip des eine in sich gefügte Welt umgreifenden Horizonts und seiner auf Mythen und Sagen beruhenden Allgemeinverbindlichkeit“1wurde somit abgelegt. An dieser Stelle knüpft das Fantasy-Genre nun an, indem es Elemente des Epos wieder aufnimmt; d.h. in der Personenkonstellation, der Handlung und vor allem dem Setting werden irreale, mystische und fantastische Elemente als Grundprinzipien vereinigt. Dabei kann es sich um Vorstellungen und Ideen des Autors bzw. um mythologische Vorstellungen verschiedenster Kulturen und Kulturkreise handeln, wobei die Grenzen meist fließend und Kombinationen häufig sind. So hat man es beim Setting entweder mit einer in sich geschlossenen Welt - wie z.B. Mittelerde in Tolkiens Werken - oder mit einer Art koexistierenden Welt , einem Paralleluniversum ähnlich , zu tun, in welche der Held „hineinkatapultiert“ wird - wie z.B. in den Harry-Potter-Büchern von J.K. Rowling oder auch in den „Narnia-Chroniken“ von C.S. Lewis, die nun ebenfalls von Hollywood (wieder)entdeckt wurden.

Der Scholar Joseph Campbell faßte in seinem Werk „The Hero with a Thousand Faces“ den Inhalt solcher Erzählungen folgendermaßen zusammen:

„A hero ventures forth from the world of common day into a region of supernatural wonder. Fabulous forces are there encountered and decisive victory is won. The hero comes back from his mysterious adventure with the power to bestow boons on his fellow man.“2

Die Hauptfigur bzw. mehrere Protagonisten müssen sich in der fremden Welt beweisen und eine ihnen vorbestimmte Aufgabe erfüllen. Zudem sind der Konflikt zwischen Gut

1: Definition des Begriffs „Roman“ in: Dr. Otto Bartel/Dieter Schaefer: „Grundbegriffe der Literatur“, S.

114 f.

2Joseph Campbell: "The Hero with a Thousand Faces", in: David Colbert: „The Magical Worlds of Harry

Potter“, S.158

Page 5

und Böse, aber auch der Konflikt mit den eigenen Vorstellungen und Idealen beliebte Themen.

Aktuell kann man angesichts der hohen Verkaufszahlen und des breitgefächerten Angebots an Romanen dieser Art durchaus von einem „Fantasy-Boom“ sprechen. Es bleibt zwar unklar, ob der immense weltweite Erfolg der „Harry-Potter“-Reihe eher den Ausgangs- oder den Höhepunkt dieser Entwicklung bildet, jedoch kann man recht eindeutig J.R.R. Tolkien und seine Chroniken über das fantastische Land Mittelerde als (einen) Begründer dieses „Kults“ ausmachen, der sich allmählich von einer Subkultur zu einem Massenphänomen entwickelt hat. Dieser Werdegang vollzog sich jedoch bei den „Harry-Potter“-Büchern über einen wesentlich kürzeren Zeitraum hinweg sehr rasch. Daher scheint es an der Zeit, diese beiden „Eckpfeiler“ des Phänomens „Fantasy“ anhand der beiden ersten Bände miteinander zu vergleichen.

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ÜBER DIE AUTOREN

Zunächst sollte man hierzu näher auf die Biographien der Autoren J.R.R. Tolkien und J.K. Rowling und die Hintergründe ihres literarischen Schaffens eingehen.

J.R.R. TOLKIEN

John Ronald Reul Tolkien wurde am 3. Januar 1892 in Bloemfontein im südafrikanischen Oranje-Freistaat geboren und übersiedelte im Alter von 3 Jahren mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder nach England. Der in Afrika verbliebene Vater starb nur ein Jahr später, die Mutter im Jahr 1904. Somit war Tolkien im Altern von 12 Jahren Vollwaise, doch er selbst sagte später darüber:„It was not an unhappy childhood. It was full of tragedies, but it didn´t tot up to an unhappy childhood.“3

Nach seinem Abschluß an der King Edward VI School erhielt er 1911 ein Stipendium für die Universität Oxford. Dort schloß er 1916 sein Studium ab und heiratete seine ihm lange verwehrte Jugendliebe Edith Bratt. Das Paar hatte insgesamt vier Kinder. Nach seiner Dienstzeit im Ersten Weltkrieg arbeitete er u. a. am Oxford English Dictionary und begann 1917 mit der Arbeit an „The Silmarillion“. Er wurde Privatdozent in Leeds und 1924 - mit 32 Jahren - Professor of English Language. Von 1945 bis zu seinem Ruhestand lebte und wirkte er in Oxford als Professor für germanische Philologie. Tolkien war eine Koryphäe auf dem Gebiet der (Wort-)Geschichte des Mediävismus und der germanisch-nordischen Mythologie - seine besondere Begabung lag aber in der Anwendung von Sprache und im Erdenken von Geschichten. 1937 erschien erstmals „The Hobbit“; dem folgte in den Jahren 1954 und 1955 die „Herr der Ringe“-Trilogie. „Das „Silmarillion“ wurde von Tolkien nicht fertiggestellt und konnte erst 1977 unter Mithilfe seines Sohnes Christopher posthum veröffentlicht werden. Zudem entstanden weitere Werke mit Bezug auf die Geschichte von Mittelerde. Der Mediävist Tom Shippey vergleicht das Schaffen Tolkiens in einem gewissen Grad mit dem von James Joyce: bei beiden erkenne man „ein herausragendes Haupwerk („Ulysses“, „Herr der Ringe“), das die Weiterentwicklung aus einem früheren kürzeren Buch darstellt („Porträt des Künstlers“, „Hobbit“), in Zusammenhang damit umfangreiche, erst posthum veröffentlichte Entwürfe und (...) ein nach üblichen Maßstäben unlesbares Riesenbuch („Finnegan´s Wake“, „Silmarillion“).“4Tolkien starb am 2. September 1973 im Alter von 81 Jahren in Bournemouth. Seine Bücher, besonders „ Der Herr der

3Jane Chance: „The Lord of the Rings. The Mythology of Power“ Revised Edition, S. 3 f.

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Ringe“ haben auf der ganzen Welt einen enormen Bekanntheitsgrad und eine große Zahl von Anhängern.

J.K. ROWLING

Joanne Kathleen Rowling wurde am 31. Juli 1965 im englischen Chipping Sodbury geboren und wuchs in der Umgebung von Bristol auf. Sich selbst bezeichnete sie einmal als „shy, snotty, swotty little kid, who was quite insecure“5. Nach ihrem Studium an der Exeter University arbeitete sie als Sekretärin und ab 1991 als Englischlehrerin in Portugal. Ein Jahr zuvor war ihre Mutter an Multipler Sklerose gestorben. 1992 heiratete sie den portugiesischen TV-Journalisten Jorge Arantas, den Vater ihrer Tochter Jessica, die 1993 zur Welt kam. Das Paar trennte sich allerdings bald wieder. Die Idee zu dem ersten Band der „Harry-Potter“-Serie war ihr bereits 1990 gekommen. Rowling hierzu:

„It was during the train journey back from Manchester to London (...) that Harry Potter made his appearance. I have never felt such a huge rush of excitement! I knew immediately that this was going to be such fun to write.“6Auch hatte sie schon ein paar Kapitel geschrieben, doch erst nach der Geburt ihrer Tochter begann sie mit der konkreten Arbeit an dem Buch - meist schrieb sie während ihrer Arbeitspausen in Cafés. 1996 zog sie nach Edinburgh und arbeitete als Französischlehrerin; inzwischen war der Roman vollendet und wurde 1997 veröffentlicht. Nach dessen sensationellem Erfolg folgten drei weitere Bände; insgesamt sollte die Serie sieben Bände umfassen - ein Buch für jedes Jahr, daß Harry in Hogwarts verbringt. Nicht nur das Publikum, sondern auch die Kritiker waren begeistert von Rowlings Fähigkeiten.

„(…)what children want to read is a good story which also considers some serious issues“7/

Ihre Schreibweise wurde zwar als eine Mischung aus Herkömmlichkeit und Traditionalismus mit Magie bezeichnet, jedoch sei diese Form der Fantasy optimistisch, was das Potential von Kindern betreffe, sich liebenswert und dennoch verantwortlich zu verhalten6.

4Walter Klier: “Auch Zwerge werfen große Schatten“ In: Süddeutsche Zeitung vom 15. April 2002, S. 18

5Internetseite: Penny Linsenmayer: „JK Rowling FAQ“; aufgerufen am 08.01.2003

6Lindsey Fraser: „An Interview with J.K. Rowling“, S. 20

7Julia Eccleshare: „A Guide to the Harry Potter Novels“, S. 110 f.

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Der Handlung sei trotz ihrer Komplexität leicht zu folgen, was sie gleichsam für Kinder und Erwachsene mitreißend macht. So urteilte u.a. die „Sunday Times“:„Comparisons with [Roald] Dahl are, this time, justified.“8Am 26. 12. 2001 heiratete Rowling Dr. Neil Murray, ihr gemeinsames Kind kam im Frühjahr 2003 zur Welt. Der Erscheinungstermin des fünften Bandes der Serie wurde verschoben, war aber bereits bei den Vorbestellungen mehrfach ausverkauft. Rowling begründete die Verzögerung mit ihrem Wunsch, der „ein-Buch-pro-Jahr“-Tretmühle zu entgehen9. Inzwischen ist die “Harry Potter”-Serie abgeschlossen - Rowling machte vor dem Erscheinen des siebten und letzten Bandes deutlich, daß sie nicht plane, weitere Geschichten über den Zauberschüler zu schreiben. Allerdings scheint sie dem Fantasy-Genre treubleiben zu wollen: zuletzt veröffentlichte sie den Erzählungsband „The Tales of Beedle the Bard“.

Man erkennt aus diesen biographischen Fakten, daß beide Autoren von einem sehr bewegten Leben geprägt wurde, was sich auch eindeutig auf ihre schriftstellerische Arbeit ausgewirkt hat; dies soll jedoch bei einer Interpretation der beiden Werke genauer erläutert werden. Recht deutlich wird auch, wie wichtig für Tolkien seine literarische Arbeit war; er machte es quasi zu seiner Lebensaufgabe, als „Chronist“ für das Fantasiereich Mittelerde tätig zu sein, was selbst nach seinem Tod noch fortgeführt wurde und weiterwirkte. Die von ihm erschaffene und bis ins kleinste Detail konzipierte Welt wurde immer mehr zu seiner eigenen Welt; so sagte er von sich:„I am in fact a Hobbit (in all but size).“10

Rowling dürfte höchstwahrscheinlich, auch wenn sie andere literarische Arbeiten veröffentlichen wird, ebenso dauerhaft mit den „Harry-Potter“-Büchern in

Zusammenhang gebracht werden wie Tolkien mit „Der Herr der Ringe“. Die Betrachtung fällt hierbei natürlich schwerer, da eine komplette Retrospektive noch nicht möglich ist. Doch kann man jetzt schon feststellen, daß Rowling die Erdichtung der Biographie des Zauberschülers Harry nicht unbedingt als ihre Lebensaufgabe ansieht:„She[Rowling]will definetly continue to write after finishing the Harry Potter series, but she doesn´t have any concrete ideas what this might entail.“11

8J.K. Rowling: „Harry Potter and the Philosopher´s Stone“, Cover der Ausgabe

9In: „Newsweek“, 30. September 2002, S.6

10Jane Chance: „The Lord of the Rings. The Mythology of Power“, S. 3

11Penny Linsenmayer: „J.K. Rowling FAQ“