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Bei echten Helden kommt es nicht auf die Größe an! Hamster Neo hat Karate im Blut und Mut in den Pfoten. Und so macht er sich nicht nur auf die Suche nach einem raffinierten Brieftaschendieb, sondern wird außerdem in einen fellsträubenden Entführungsfall verwickelt. Unterstützt von seinen Käfigmitbewohnern Lee und Chan beweist Neo, dass richtige Abenteurer vor keiner Gefahr zurückschrecken, wenn sie das Hamsterherz am richtigen Fleck haben.
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Seitenzahl: 108
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Für Iggy und unseren Laufradhelden Vincent
Tina Zang
Mit Illustrationenvon Claudia Fries
Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikationder Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internetunter http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Neue Rechtschreibung© 2019 by Obelisk Verlag, Innsbruck Wien© 2011 arsEdition GmbH, MünchenCoverentwurf: Claudia FriesAlle Rechte vorbehaltenDruck und Bindung: Finidr, s.r.o. Český Těšín, TschechienISBN 978-3-85197-905-3eISBN 978-3-85197-941-1
www.obelisk-verlag.at
In hohem Bogen kommt ein Hamster geflogen
Jetzt ist aber Schluss, ich will keinen Kuss
Pfoten weg! Sonst liegst du im Dreck
Brutze Leh? Ach nee!
Lukrezia ist auch schon da
Ach du Schreck! Brieftasche weg
Bakterienmord und Laufradrekord
Huckepack auf dem Rucksack
Total bematscht und abgeklatscht
Ab ins Fell mit Gebell
Wohin ich gucke: Hundespucke
Hamsternapping und Verschlepping
Gut gepisst ist halb entwischt
Wenn der Hamster ins Wasser fällt, gibt es kein Lösegeld
Lederfetzen und großes Entsetzen
Helfer soll man kräftig loben, denn das Gute kommt von oben
Kein Entkommen: Festgenommen!
Mit einem Wutsch ist alles futsch
„Immer nur fressen, schlafen, putzen – das ist doch kein Hamsterleben“, sagte ich und spuckte einen Apfelkern quer durch den Käfig.
Laschi stimmte mir zu. Er stupste Schmatzi mit der Schnauze an. „Schraubelocker hat vollkommen recht. Wir haben zu wenig Abwechslung. Das führt zu Entwicklungsstörungen.“
Wie Schmatzi zu seinem Spitznamen kam, war klar: Außer im Schlaf mümmelte er ständig an etwas Essbarem herum. Laschi nannte ich so, weil er meistens schlaff und lasch herumhing und jammerte, wie schlecht es ihm gehe. Dabei sah er kerngesund aus und schnarchte so kraftvoll, dass es in der ganzen Zoohandlung widerhallte.
Wieso Laschi und Schmatzi mir den Namen „Schraubelocker“ gegeben hatten, war mir allerdings ein Rätsel. Wahrscheinlich war ihnen einfach nichts Besseres eingefallen.
Mein Blick schweifte von Ecke zu Ecke, die Käfigstäbe rauf und wieder runter. Das einzige Trainingsgerät hier drinnen war das Laufrad – quietschgelb, passend zu dem Geräusch, das es machte, wenn ich mich darin austobte. Schmatzi und Laschi hatten das Laufrad noch nie von innen gesehen. Schmatzi war zu behäbig. Laschi hatte Angst, sich zu verrenken.
Ping! Geistesblitz. Sagte ich gerade: „Laufrad von innen?“ He, warum nicht von außen?! Das wäre doch mal eine Abwechslung. Eine echte Herausforderung.
„Schraubelocker glotzt so verdreht. Denkst du, was ich denke?“, fragte Laschi.
„Wasch?“, nuschelte Schmatzi.
„Ich glaube, er plant wieder irgendeinen Unfug. Jemand sollte schon mal den Krankenwagen bestellen.“
„Was heißt hier Krankenwagen?“, entrüstete ich mich. „Bestellt lieber ein Fernsehteam.“
Schon erklomm ich das Käfiggitter und schwang mich elegant von oben auf das Laufrad.
Weniger elegant sah es aus, als sich das gelbe Quietschding ohne Vorwarnung unter mir wegdrehte und mich kopfüber in den Fressnapf schleuderte. So eine verdammte Köttelkacke!
Würdevoll stieg ich aus dem Napf und tat so, als hätte ich immer schon mal meine Flugtauglichkeit testen wollen.
Schmatzi lachte derart heftig, dass mir die Körner, die er eben noch in seine Backentaschen gestopft hatte, nur so um die Ohren flogen.
Laschi hatte immerhin etwas Mitleid und zupfte mir ein paar Apfelschalen vom Rücken. „Wir könnten ja ein Ratespiel machen“, schlug er als Beschäftigung vor, aber für solche Kinkerlitzchen war ich nicht zu haben.
Es war bestimmt nur eine Frage der Schnelligkeit, dann würde es schon klappen mit dem Laufrad. Beim nächsten Versuch würde ich lostrippeln, sobald ich auf das Rad gehüpft war. Dadurch würde ich oben bleiben, während sich das Rad unter mir wegdrehte. Ganz einfach. Man muss eben auch Köpfchen haben, nicht nur Muskeln.
Erneut kletterte ich das Gitter hoch, peilte das Rad an, stieß mich ab und ruderte schon in der Luft mit den Pfoten. Die Landung war perfekt. Aber die Richtung war dummerweise falsch. Das Rad drehte sich nicht unter mir weg nach hinten, sondern mitsamt mir drauf nach vorne.
Schmatzi kickte geistesgegenwärtig den Futternapf zur Seite, aber ich hatte so viel Schwung drauf, dass ich in hohem Bogen in den Wassernapf platschte. Ich machte ein paar Schwimmzüge, murmelte etwas von „sehr erfrischend … toller Kopfsprung“, aber darauf fielen selbst diese Trottel nicht rein.
„Schraubelocker ischt schaukomisch“, meinte Schmatzi.
„Viel zu abenteuerlustig“, näselte Laschi.
Sollte ich aufgeben? Nein, lieber ließ ich es drauf ankommen, dass ich mich noch mal blamierte.
„Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“, sagte ich und schüttelte mir entschlossen das Wasser aus dem Fell.
„Nein, aber vom Laufrad“, bemerkte Laschi.
„Klugscheißer. Dir wird ja schon schwindelig, wenn du dich im Schlaf umdrehst.“
Laschi richtete sich drohend auf. „Beleidige mich nicht. Du weißt doch, dass ich empfindliche Nerven habe.“
„Oi, werde ich froh sein, wenn ich mal verkauft bin“, murmelte ich.
„Wer sollte dich schon kaufen, Schraubelocker?“, stichelte Laschi weiter. „Sieh dich doch an: irrer Blick und zerzaustes Fell.“
„Streitet euch nicht“, ging Schmatzi dazwischen. „Davon kriegt man Bauchweh.“
Laschi sank wehleidig in sich zusammen. „Warum hast du das nicht früher gesagt?“
Ich konzentrierte mich wieder auf meine Laufradnummer. Diesmal ging ich alles im Geiste genau durch. Das Problem bestand darin, dass das Laufrad sich zu früh drehte. Also musste jemand es festhalten. Ich brauchte Helfer. Aber ich hatte nur Schmatzi und Laschi.
„Tja, Jungs“, sagte ich betont fröhlich. „Jetzt habe ich mich genug aufgewärmt. Nun wird es ernst. Ihr müsst das Rad für mich festhalten.“
Aus großen Knopfaugen starrten sie erst mich an, dann wechselten sie entsetzte Blicke.
„Und wenn du auf mich drauffällst?“, erkundigte sich Laschi.
„Wenn ich falle, dann lieber auf Schmatzi, der ist besser gepolstert. Also, passt auf. Sobald ich sicher oben drauf bin, lasst ihr das Laufrad los. Ist ganz einfach.“
Langsam bewegten sich die beiden auf das Rad zu, krallten ihre Pfoten hinein und tauschten einen vielsagenden Blick.
Das musste ein geheimes Signal sein. Sollte wohl heißen: „Wir warten nicht, bis Schraubelocker oben ist. Wir lassen los, sobald er springt. Mal sehen, wo er diesmal landet.“
Nun, es ist eben nicht ungefährlich, wenn man sportliche Höchstleistungen vollbringen will. Ich warf meinen Helfern einen einschüchternden Blick zu und machte mich wieder an den Aufstieg. Dabei ließ ich mir nicht anmerken, wie aufgeregt ich war. Ob ich es schaffen würde? Das musste ein tolles Gefühl sein, hoch oben auf dem Laufrad zu sausen, schnell wie der Wind.
Ich atmete tief durch und sprang. Ich sprang so hoch, dass es mich glatt aus dem Käfig schleuderte. Jedenfalls kam es mir so vor, denn unter mir wurde alles rasend schnell kleiner.
Ich würde wohl nie erfahren, ob Schmatzi und Laschi zu früh losgelassen hätten, denn plötzlich fand ich mich auf einer Hand wieder.
Die Hand gehörte zu einem Mädchen mit langen schwarzen Haaren, schmalen dunklen Augen und einer kleinen Nase. „Ist der aber zierlich!“, rief sie.
Zierlich? Ich war noch nie so beleidigt worden. „Nenn mich drahtig, nenn mich durchtrainiert – aber nenn mich nie wieder zierlich! Du könntest es bereuen.“
Da Menschen uns nicht verstehen, bekam sie von meiner Entrüstung nichts mit.
Neben ihr stand ein Junge mit rotblonden Stoppelhaaren, der seine dreckigen Pfoten nach mir ausstreckte. „Mensch, Kira, lass ihn mich doch auch mal halten.“
Und dabei hatte ich eben erst gebadet, wenn auch unfreiwillig. Ich schob mich rückwärts.
„Sieh mal, wie lieb er sich an mich kuschelt“, meinte Kira begeistert und gab mir ein Küsschen auf die Nase.
Hörte ich da ein Kichern aus dem Käfig? Wie peinlich. Stahlharte Kerle wie ich lassen sich nicht abknutschen. Beherzt sprang ich auf die Dreckspfote des Jungen.
„Was meinst du, Heiko, wollen wir den nehmen?“, fragte Kira.
Der Junge hielt mich ganz nah an seine blassen Wimpern. Waren das Dreckspritzer in seinem Gesicht oder Sommersprossen?
„Ich weiß nicht“, sagte er, „der ist so mager.“
Mager! Hörten die Beleidigungen denn gar nicht mehr auf?
Kira nahm mich wieder auf ihre sanfte, saubere Mädchenhand. „Hast du gesehen, wie lustig er auf dem Laufrad herumgehopst ist?“
Ich hielt mir die Pfoten über die Ohren, damit ich nicht mit anhören musste, wie Schmatzi und Laschi einen Lachkrampf bekamen.
Als ich die Lauscher wieder aufstellte, fragte Herr Schmeckts, der Besitzer der Zoohandlung, gerade: „Brauchst du einen Käfig?“
Er hieß nicht wirklich Herr Schmeckts. Schmatzi hatte ihm diesen Namen gegeben, weil er sich immer runterbeugte, wenn er die Näpfe in den Käfigen nachfüllte, und fragte: „Na, schmeckt’s?“ Das hat Schmatzi mächtig beeindruckt.
„Einen Käfig hab ich schon“, sagte Kira. „Ich hatte mal ein Zwergkaninchen.“
„Kaninchenkäfige sind geräumig. Da hast du Platz für viel Zubehör.“ Herr Schmeckts war sehr geschäftstüchtig. Im Nu hatte er alles aufgebaut, wovon Zoohandlungsbesitzer glauben, dass Hamster es toll finden – Plastik-Schlafhaus, Fressnapf, überdachte Hamstertoilette, Schlafwatte, eine langweilige Körnermischung und natürlich das unvermeidliche quietschgelbe Laufrad.
Kira sah sich alles genau an und meinte dann: „Ich will den Käfig schon ein bisschen interessanter einrichten.“
Während Heiko mich halten durfte, holte sie aus dem Regal alles, was Hamster wirklich toll finden: ein Schlafhaus, das wie ein Western-Saloon aussah, mit richtigen Schwingtüren; eine Wippe, Rutsch- und Klettergeräte; Heu, Superfit-Körner und ein grellrotes Leistungssportlaufrad.
„Das ist aber ein Laufrad für Meerschweinchen“, sagte Herr Schmeckts.
„Rot ist meine Lieblingsfarbe“, beharrte Kira.
Herr Schmeckts zuckte die Schultern und packte alles in eine Tüte.
„Sind Hamster eigentlich Einzelgänger?“, fragte Kira.
Na und ob! Je einzelner, desto besser.
„Das ist ganz verschieden“, sagte Herr Schmeckts und deutete auf mich. „Dieser hier zum Beispiel hat mit den beiden anderen in seinem Käfig ruck, zuck Freundschaft geschlossen. Die drei sind unzertrennlich. Vielleicht solltest du sie besser alle kaufen.“
Jetzt übertrieb er es aber mit seiner Geschäftstüchtigkeit.
„Dafür reicht mein Geld nicht“, sagte Kira.
Ich atmete auf.
Herr Schmeckts lächelte. „Weißt du was, wenn du noch einen nimmst, schenke ich dir den Dritten dazu.“
Ich schnappte nach Luft, aber es wunderte mich im Grunde nicht, dass er Schmatzi und Laschi loswerden wollte. Schmatzi fraß jeden Tag Futter vom zehnfachen Wert seines Verkaufspreises, und Laschi stellte sich hin und wieder tot, weil er hoffte, dass Herr Schmeckts dann den Tierarzt holte.
Kira willigte ein und hielt ihm eine braune Schuhschachtel hin.
„Bevor ich dir die Hamster gebe, brauche ich noch die Zustimmung eines Erwachsenen“, sagte Herr Schmeckts. „An Kinder unter 16 darf ich keine Tiere verkaufen.“
„Mein Opa steht hinten bei den Aquarien“, erklärte Heiko.
Herr Schmeckts verschwand in den Tiefen des Ladens, die ich nie erblickt hatte. Ich hegte noch eine leise Hoffnung, dass Heikos Opa den Kauf von drei Hamstern verbieten würde. Vergebens. Herr Schmeckts kam freudestrahlend zurück, verfrachtete uns in die Schachtel und kassierte.
Ich fühlte mich verraten und verkauft.
Schon nach zwei Minuten herrschte dicke Luft in der Schachtel. Ein widerliches Gasgemisch entwich dem Hintern meines „unzertrennlichen Freunds“ Laschi.
„Sorry, das ist die Aufregung“, entschuldigte sich Laschi. „Gleich kriege ich einen Kreischanfall.“
Ich presste meine Nase an die Luftlöcher. Hoffentlich machte keiner ein Streichholz an, sonst würde uns die ganze Schachtel um die Ohren fliegen.
Endlich hob sich der Deckel, frische Luft und Tageslicht drangen in unser stinkendes Pappgefängnis. Ich schaute raus, um zu sehen, wo wir waren. Irgendwo im Freien. Über uns raschelte der Wind durch hohe Bäume.
Laschi riss die Augen auf. „Will sie uns etwa aussetzen?“
„Schau dir diese saftigen grünen Blätter an“, schmachtete Schmatzi. „Davon würde ich gerne eins probieren.“
„Du bist ein entsetzlicher Allesfresser“, bemerkte Laschi.
Kira hatte sich auf eine Bank gesetzt, die Schachtel auf dem Schoß, und streichelte uns. „Ich wollte nur mal nachsehen, ob es euch gut geht, Jungs.“
Mir ging es prächtig. Endlich der Geruch von Freiheit in der Nase. Ich linste über den Schachtelrand. Vor uns war ein riesiger Teich, in dem Enten paddelten.
Kira schien meine Neugierde zu bemerken, denn sie erklärte: „Schöner Park, nicht wahr? Auf dem Schulweg gehe ich hier immer durch. Siehst du die Brücke dort drüben?“ Mein Blick folgte ihrem Zeigefinger nach links, wo eine Brücke mit Holzgeländer über das Wasser führte. „Dort“, fuhr sie fort, „füttere ich immer die Enten mit den Resten von meinem Pausenbrot. Heikos Mutter packt mir immer viel zu viel ein, weil sie findet, dass ich zu dünn bin.“
„Spinnst du jetzt, mit den Hamstern zu reden, als ob sie dich verstehen?“ Heiko packte einen Schokoriegel aus.
„Du hast mit deinen Fröschen auch geredet“, gab Kira zurück.
Er sah sich unruhig um. „Blöd, dass Opa keine Zeit hatte, uns nach Hause zu bringen. Jetzt mach den Deckel wieder drauf und lass uns sehen, dass wir heimkommen“, drängelte er und stopfte sich den ganzen Riegel auf einmal in die Backen.
„Schaut euch das an“, sagte ich zu Laschi und Schmatzi. „Jetzt ist sein Mund so dreckig wie seine Finger. Hoffentlich bekommt er nicht plötzlich Lust, mich abzuküssen. Ich will mir nicht diese ungesunde Schokolade aus dem Fell putzen müssen.“
„Ich würde mich freiwillig opfern“, bot Schmatzi an. Er hatte schon die ganze Zeit so sehnsüchtig zu dem Schokoriegel hinübergeschielt.
Ich schüttelte mich. „Ich lass mich doch von dir nicht putzen. Igitt.“
„Keine Sorge“, sagte Kira zu Heiko. „Die Hamster hauen schon nicht ab.“