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Was verbirgt sich wohl hinter dem Rätsel der Familie Musgrave? Nachdem Reginald Musgrave seinen jahrelangen, scheinbar treuen Butler auf frischer Tat dabei ertappt, wie er nachts geheime Familiendokumente liest, verschwindet dieser spurlos. Und auch die Magd ist auf einmal nicht mehr auffindbar. Kann Holmes, ein alter Bekannter Musgraves, das rätselhafte Familiendokument entschlüsseln?Eine der wenigen Geschichten, in der nicht Dr. Watson, sondern Holmes selbst der Erzähler ist!-
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Seitenzahl: 36
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Arthur Conan Doyle
Saga
Der Katechismus der Familie MusgraveCopyright © 1893, 2019 Arthur Conan Doyle und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726372243
1. Ebook-Auflage, 2019
Format: EPUB 2.0
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Unter den mancherlei Widersprüchen im Charakter meines Freundes Sherlock Holmes war mir einer immer besonders auffallend. Es gab wohl in geistiger Beziehung keinen methodischeren Menschen auf Erden als ihn, und auch was den Anzug betraf, trug er stets eine gewisse Genauigkeit und Pünktlichkeit zur Schau. Trotzdem war er aber im täglichen Leben so unordentlich, dass es seinen Stubengefährten zur Verzweiflung treiben konnte.
Ich selbst hänge durchaus nicht zu sehr an Neusserlichkeiten. Das rauhe, harte Leben in Afghanistan, vereint mit meinem natürlichen Hang zur Ungebundenheit, hat mich in manchen Dingen weit nachlässiger gemacht, als es sich eigentlich für einen Mediziner schickt. Aber immerhin beobachte ich gewisse Grenzen, und wenn ich mit jemand zusammenwohne, der seine Zigarren im Kohlenkasten und den Tabak in einem persischen Pantoffel aufbewahrt und der seine unbeantworteten Briefe mit dem Jagdmesser einfach an dem hölzernen Kaminsims aufspjesst, dann komme ich mir, im Vergleich zu ihm, musterhaft ordentlich vor. Auch bin ich stets der Meinung gewesen, dass, wer sich im Pistolenschiessen üben will, es draussen im Freien thun sollte; wenn sich daher Holmes in einer seiner wunderlichen Stimmungen mit der Schiesswaffe und hundert Stück Patronen in den Lehnstuhl setzte und auf die Wand gegenüber, als Verzierung, seinen Namenszug mit Kugelnarben einschrieb, so wurde dadurch, meiner Ueberzeugung nach, weder die Luft noch das Aussehen unseres Zimmers verbessert.
Unsere Wohnung war voller Chemikalien und allerlei Andenken an Kriminalfälle, die sich überall herumtrieben und oft in der Butterdose oder an noch unpassenderen Orten auftauchten. Mein grösstes Kreuz waren aber seine Papiere. Ein Schriftstück zu vernichten widerstand ihm im höchsten Grade, besonders wenn es sich auf einen seiner interessanten Fälle bezog, und doch brachte er es höchstens einmal alle Jahre zu dem Entschluss, die Sachen durchzusehen und zu ordnen. Wie ich schon öfters erwähnt habe, folgten bei ihm auf die Tage leidenschaftlicher Erregung, in denen er die merkwürdigen Thaten vollbrachte, die seinen Namen berühmt gemacht haben, Zeiten völliger Erschlaffung. Er lag dann meist mit der Geige und seinen Büchern auf dem Sofa und rührte sich kaum vom Fleck, ausser um sich zur Mahlzeit an den Tisch zu setzen. So häuften sich also seine Papiere von einem Monat zum andern auf, bis es keinen Winkel des Zimmers mehr gab, in dem nicht Bündel von Manuskripten umherlagen, die unter keiner Bedingung verbrannt werden durften und über die, ausser ihrem Eigentümer, niemand verfügen konnte.
Als wir einmal an einem Winterabend miteinander beim Kamin sassen, erlaubte ich mir die Bemerkung, er werde nun wohl genug Auszüge von Kriminalakten in sein Sammelbuch geklebt haben und solle die nächsten zwei Stunden dazu verwenden, unser Wohnzimmer nur einigermassen aufzuräumen und einen menschlichen Zustand herzustellen. Dass mein Verlangen vollständig gerechtfertigt war, liess sich nicht leugnen; so begab sich denn Holmes mit einem sehr langen Gesicht in seine Schlafstube, und als er gleich darauf wiederkam, schleifte er einen grossen Blechkoffer hinter sich drein. Er stellte ihn mitten ins Zimmer, kauerte sich auf einen Schemel daneben und schlug den Deckel zurück. Der Koffer war etwa zu einem Drittel mit vielen einzelnen rotverschnürten Papierbündeln angefüllt.
„Hier giebt’s Fälle im Ueberfluss, Watson,“ sagte mein Freund mit schlauem Lächeln. „Wenn du wüsstest, was ich alles in diesem Koffer habe, du bätest mich vielleicht, ein paar Pakete herauszunehmen, statt noch mehr hineinzulegen.“
„Das sind wohl die Akten über deine älteren Sachen?“ fragte ich. „Schon oft habe ich mir gewünscht, Auszüge davon zu besitzen.“
„Jawohl, mein Junge, das sind lauter Arbeiten, die ich allzu früh unternommen habe, ehe noch mein Biograph erschien, um meinen Ruhm zu verkünden.“