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»Brides by the Sea« ist der niedlichste Brautladen von ganz Cornwall. In dem kleinen Haus an der Strandpromenade werden die geheimsten Wünsche jeder Braut erfüllt: vom perfekten Kleid bis zur leckersten Hochzeitstorte. Und genau für die ist Poppy zuständig - eigentlich. Denn als plötzlich die Hochzeitsplanerin ihrer besten Freundin abspringt, muss Poppy sich um alles kümmern. Nicht zuletzt um den sexy, aber etwas mürrischen Farmer Rafe. Ist Poppy diesem Chaos wirklich gewachsen? »Witzig und erfrischend leicht« The Times »Gefährlich hohes Suchtpotenzial« BBC Radio "Jane Linfoots liebenswerter Roman ist unser Lesetipp für alle Romantiker" inTouch Style
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Seitenzahl: 498
Zum Buch
Wer könnte besser Hochzeiten planen als eine Hochzeitstortenbäckerin, die über einem Brautladen wohnt? Seit sie denken kann, wünscht Poppy sich, in Weiß zu heiraten, und jetzt ist sie es plötzlich, die anderen Bräuten hilft, ihre Träume zu verwirklichen. Als die Hochzeitsplanerin ihrer besten Freundin aus heiterem Himmel ihren Job hinwirft, lässt sich Poppy überreden, das Geschäft zu übernehmen. Doch dadurch muss sie mit Rafe zusammenarbeiten, auf dessen Gutshof all die Hochzeiten stattfinden sollen – und der darauf so gar keine Lust hat … »Witzig und erfrischend leicht.«The Times
Zur Autorin
Jane schreibt romantische Geschichten um lebenslustige Heldinnen mit liebenswerten Ecken und Kanten. Mit ihrer Familie und ihren Haustieren lebt sie in Derbyshire in einem kreativen Chaos. Sie liebt Herzen, Blumen, Happy Ends, alles, was alt ist, und fast alles, was aus Frankreich kommt. Wenn sie nicht gerade Facebook unsicher macht oder shoppen geht, geht sie spazieren oder arbeitet im Garten.
MIRA® TASCHENBUCH
Copyright © 2018 für die deutsche Ausgabe by MIRA Taschenbuch in der HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
Copyright © 2016 by Jane Linfoot Originaltitel: »The Little Weddingshop by the Sea« erschienen bei: HarperImpulse, an imprint of HarperCollins Publishers, UK
Published by arrangement with HarperCollins Publishers Ltd., London
Covergestaltung: Bürosüd, München Coverabbildung: n20artwork, www.buerosued.de Redaktion: Anne Nordmann E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN E-Book 9783955767907
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Für Anna, Jamie, Indi, Richard, Max, Caroline, M. und Phil.
Das Beste, woran wir uns in diesem Leben festhalten können, ist aneinander.
Audrey Hepburn
»Brides by the Sea«, in meiner Wohnung: Weiße Schrift und Tüllgardinen
DICH MAG ICH SEHR,
DOCH SCHOKOLADE NOCH MEHR …
Bei diesem Satz kann ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Aus hauchdünner Zuckergussglasur steche ich die Buchstaben für die Torte aus, die der Kunde bestellt hat: weiße Schrift vor sattem mokkafarbenem Hintergrund auf zartbitterem Schokobiskuit. Die Biskuitböden kommen frisch aus dem Ofen und stehen nun zum Abkühlen auf dem Rost. Von dem winzigen Tisch, meiner Arbeitsfläche, verströmen Vanillestangen und Kakaopulver ihren Duft. Ich lehne mich vor, um die Fensterluke zu öffnen und frische Luft hereinzulassen. Dabei erhasche ich einen Blick auf das türkisfarbene Meer, das in der Sonne funkelt. Als ich noch mit Brett zusammen war, lebten wir in einem Penthouse. Die Terrasse hatte Meerblick, und die Zimmer waren zur Wasserseite komplett verglast. Doch im letzten halben Jahr habe ich mein kleines Nest hier oben lieben gelernt. Das kleine Schmuckstück unterm Dach, direkt über dem Brautmodengeschäft, ist jetzt mein Zuhause.
»Poppy, Poppy! Komm schnell!« Wenn Jess nicht so laut nach mir rufen würde, könnte ich erzählen, wie ich hier gelandet bin, und in allen traurigen Einzelheiten meine Geschichte schildern. Aber wie die Dinge liegen, muss ich schnell ein Stockwerk runter zu Jess. Der Deal ist nämlich, dass ich als Gegenleistung für das mietfreie Wohnen im Dachgeschoss im Brautmodengeschäft aushelfe, wann immer ich gebraucht werde. Also springe ich die Treppe runter, immer zwei Stufen auf einmal, und meine Geschichte muss warten.
Bei Brautkleidern geht’s mit den Leuten oft durch. Zum Glück bewahrt Jess, die Inhaberin von »Brides by the Sea«, meist die Ruhe und trocknet die Tränen, die hier reichlich fließen. Ihr Rufen bedeutet daher nichts Gutes. Ich hechte nach unten, an den dunkelblauen Anzügen für die Bräutigame und den zartrosa Kleidchen für die Brautjungfern vorbei. Alle Abteilungen im Laden haben eigene Namen, die Ecke für die Brautjungfern nennen wir die Strandhütte. Ich rase durch das Schuhzimmer mit der exklusiven Auswahl an hochhackigen Schuhen und vorbei an den Hochzeitstorten und – blumen, bis ich endlich vor Jess im sogenannten Weißen Zimmer auf dem hell lackierten Holzboden lande. Jess steht atemlos vor einem Ständer mit Brautkleidern und ringt die Hände.
»Was ist los?« Schnell wische ich mir an der Schürze den Puderzucker von den Fingern. Man könnte meinen, wir wären langsam daran gewöhnt, da wir jeden Tag inmitten von Bergen von Spitze und Rüschen arbeiten. Doch Tüll, der sich an einer Kleiderpuppe bauscht, lässt mein Herz immer noch höherschlagen. Aber was versetzt Jess jetzt so in Aufruhr?
»Du kennst doch Josie Redman? Die Josie Redman?«
»Du meinst die Josie Redman aus dem Fernsehen, die in jeder Klatschzeitung auftaucht?«, frage ich. Ich weiß nicht, womit sie berühmt wurde, ich weiß nur, dass sie berühmt ist. »Dunkle Haare? Mit Schwalben-Tattoo auf dem Bein?« Keine Sorge, das Tattoo ist weniger trashig, als es klingt. »Die Promi-Frau, die zu berühmt für Big Brother ist?«
Jess nickt wie wild. An dieser Stelle scheint es mir ratsam anzumerken, dass Jess ziemlich normal ist und nicht irgendwie durchgeknallt. Jemand, der wie sie dieses Brautmodengeschäft erfolgreich gründen konnte, muss einigermaßen zurechnungsfähig sein. Angefangen hat sie mit einem Blumenladen im Erdgeschoss. Heute gehört ihr das ganze Haus mitsamt dem Brautmodenimperium, das Kundinnen aus ganz Cornwall und halb England anzieht. Dafür hat sie hart arbeiten müssen, und ein gewisses Maß an Geschäftssinn brauchte es auch.
»Das stand in der Promi-App auf meinem Handy, und auf Twitter steht es auch. Es stimmt also«, sagt Jess und schnappt nach Luft. »Sera ist gerade in ihrem Atelier, sie telefoniert mit Josies Assistentin und bespricht die Einzelheiten.« Während ihr die Worte aus dem Mund purzeln, wedelt sie aufgeregt mit den Händen.
»Welche Einzelheiten? Worum geht es denn eigentlich, Jess?«
Ich befürchte schon, Jess bekommt eine Panikattacke, wie sie sonst eigentlich nur die Brautmütter kriegen. Vorsorglich halte ich auf den Samtsofas und den vergoldeten Beistelltischchen nach Papiertaschentüchern Ausschau. Doch da kommt auch schon Sera auf ihren langen Beinen in den abgewetzten Boots die Stufen aus dem Atelier herunter.
»Das soll sie dir selbst erzählen«, bringt Jess atemlos hervor.
Sera stiefelt die Stufen hinab wie ein Statist in einem Zombiefilm. Sie schwebt den letzten Absatz herab und lässt sich in Zeitlupe in den nächsten Sessel sinken. Ihr Gesicht ist bleicher als ihr gebleichter Blondschopf.
»Was ist los, Sera?«
Da Sera sich an den abgeschnittenen Saum ihrer Shorts klammert und ihren Mund lautlos auf- und zumacht, ohne ein Wort herauszubringen, wende ich mich fragend an Jess.
»Josie Redman will, dass Seraphina East …«, mitten im Satz hört Jess auf zu quietschen und fällt in ihre normale Stimmlage zurück, »… sie will, dass Sera ihr Kleid entwirft.«
Es dauert eine Weile, bis ich begreife, was Jess gesagt hat. Tonlos bewegen sich meine Lippen zu einem »Oh mein Gott!«. Das sind unglaubliche Neuigkeiten.
Unsere Sera, die junge Frau aus dem Dorf in ihren abgerissenen Jeans, die, kaum dass sie ihr Studium beendet hatte, mit ihren Entwürfen bei Jess im Laden erschienen war. Seitdem ist viel passiert, nur die Shorts trägt sie immer noch.
Etwa zur selben Zeit hatte ich meinen festen Job in London aufgegeben und war mit Brett zusammengezogen. Ich hatte Jess gefragt, ob sie meine Hochzeitstorten in ihr Programm aufnehmen wolle. Jess hatte Sera und mich unter ihre Fittiche genommen und uns unterstützt, und sie tut das auch heute noch. Doch anders als ich mit meinen Torten, die neben Brett und seiner steilen Karriere nur eine Zweitbeschäftigung waren, ist Sera schon immer voll und ganz in ihren Kleidern und Entwürfen aufgegangen.
Seras Atelier liegt im Dachgeschoss, neben meiner kleinen Wohnung. Seit mittlerweile sieben Jahren vertreibt »Brides by the Sea« Seras Kollektionen exklusiv. Und jetzt scheinen sich ihre Arbeit und Jess’ finanzielle Unterstützung auszuzahlen. Weil sie das große Los mit dem Promi Josie Redman gezogen haben.
»Ooooooh …!«, höre ich mich diesen lang gezogenen Ton ausstoßen, wie immer, wenn ich aufgeregt bin. Und wie immer ist es mir ein bisschen peinlich. »Wie toll ist das denn, Sera?« Und wie toll ist das erst für Jess und ihren Laden! Bräute aus dem ganzen Land werden ihr die Bude einrennen, weil sie dasselbe Keid wie ihr Lieblings-Promi haben wollen. Traumhaft! »Glückwunsch euch beiden!« Ich drücke Sera. Ihre Wangen sind feucht von Freudentränen.
Gerade will ich ihr ein Taschentuch reichen, da klingelt das Telefon im Nebenzimmer. Ich werfe Jess einen wissenden Blick zu.
»Aha, ich wette, das sind die ersten Anfragen«, sage ich, ohne es selbst richtig zu glauben. Josie Redman will ein Kleid von Seraphina East, und eine Horde Bräute folgt ihr auf dem Fuße. »Dass das so schnell geht!« Doch es geht tatsächlich so schnell. In den nächsten zwei Stunden sind wir damit beschäftigt, Telefonanfragen und erste Bestellungen entgegenzunehmen. Als wir nicht mehr können und das Telefon ausstellen, ist das Auftragsbuch für das kommende halbe Jahr voll, und draußen dämmert es bereits. »Wir brauchen einen zusätzlichen Umkleideraum. Allerdings kommt es nicht nach jeder Anprobe zu einer Bestellung …« Jess denkt laut nach, während sie erschöpft in einen Lehnstuhl sinkt und sich ihre Schuhe von den Füßen streift. Sera sieht jetzt ein bisschen weniger wie ein Zombie aus. »Wie soll ich das bloß schaffen?«, fragt sie mich. Aus ihrer piepsigen Stimme sprechen neunzig Prozent Verzweiflung und zehn Prozent echte Panik. »Wir helfen dir«, versichere ich ihr, und das müssen wir auch. Sera ist eine exzellente Verkäuferin, wenn es um fremde Kleider geht, aber bei ihren eigenen versagt sie regelmäßig. Sera seufzt. »Mir fehlen doch schon bei normalen Kunden die Worte. Was, wenn es ein Promi ist?«
»Vergiss, was in der Zeitung steht. Josie ist bestimmt gar nicht so eine schlimme Zicke …« Zu spät merke ich, dass ich mich verrannt habe. »Eine Zicke?«, kreischt Sera. Mist. Manchmal scheint sie echt hinterm Mond zu leben. Kommt sie denn überhaupt nicht raus, außer mal an den Strand? »Ach, Josie wird nicht so schlimm sein, wie man sagt«, behaupte ich und hoffe, dass ich recht habe. Jess redet weiter, als hätte sie Seras Anfall nicht mitbekommen. »Solange wir mit der Herstellung und dem Nähen nachkommen … Wir brauchen einen eigenen Raum für deine Kollektion, Sera.« Platz genug haben wir. Das Gebäude hat vier Stockwerke. Deshalb konnte mir Jess auch nach der Trennung von Brett die Wohnung unterm Dach anbieten. Jess wirft mir einen bedeutungsvollen Blick zu. »Poppy, sei so lieb, und hol uns was zum Anstoßen.« In Brautläden wird bevorzugt Sekt getrunken. Sekt hebt die Laune und macht keine Flecke. »Prosecco?«, frage ich. Der Kühlschrank ist voll davon. Jess sagt immer, angesäuselte Bräute sind gute Bräute, und gute Bräute sind gute Kundinnen. »Nein, für diesen Anlass brauchen wir was Hochprozentigeres«, winkt Jess meinen Vorschlag ab. »Gin Tonic. Im Schreibtisch steht eine Flasche. Ich brauche einen extragroßen, so wie die Cocktails in dem Club da, wie heißt er noch gleich? Jaggers!« Sera und ich machen große Augen und sehen uns an. »Wann warst du denn im Jaggers, Jess?«, frage ich. Da gehen doch nur zwanzigjährige Surfer hin. Jess ist mindestens doppelt so alt. Vor Unglauben überschlägt sich meine Stimme beinahe. »Oliver und ich gehen da manchmal freitagnachts hin, im Rahmen unserer ›Wir sind und bleiben Singles und haben trotzdem Spaß‹-Kneipentouren«, sagt sie so nebenbei, als wäre sie ihr ganzes Leben lang ausschließlich mit schwulen Männern durch die Bars getingelt. »Es ist eindeutig lustiger, wenn du nicht mehr krampfhaft auf der Suche bist.« Es klingt wie ein Klischee, ist aber wahr: Oliver ist schwul und im Laden für die Herrenabteilung zuständig. Davon, dass er zölibatär lebt, höre ich heute zum ersten Mal, ebenso wie von den heißen Freitagnächten in den Pubs. Gut, ich gebe zu, ich habe das letzte halbe Jahr meinen Kopf unter die Decke gesteckt, doch das scheint mir trotzdem recht unglaubwürdig. Aber wenn das Jess’ Trick ist, um Sera abzulenken, dann funktioniert er. »Ja, komm doch mal mit!«, fügt Jess fröhlich hinzu. »Ist doch besser, als sich auf dem Land zu verkriechen und zu babysitten oder was du da machst. Oder ununterbrochen zu arbeiten wie Sera.« Jess scheint zu übersehen, dass diese ununterbrochene Arbeit ihnen beiden gerade ein Vermögen einbringt. Meine Freitagabende verbringe ich bei meiner besten Freundin Cate. Ich helfe ihr mit ihren vier Kindern und den Hunden. Die Abende in ihrem Haus sind mittlerweile zu einem Ritual geworden. Ich weiß, dass ich noch nicht so weit bin, mich wieder mit einem Mann zu verabreden, aber jetzt zu den selbst ernannten Dauer-Singles gezählt zu werden und mit ihnen auf Kneipentour gehen zu sollen, das setzt mir dann doch zu. Sera hingegen scheint tatsächlich mit ihrer Arbeit verheiratet zu sein. Ich umgehe die Bar-Einladung galant, indem ich zum Kühlschrank marschiere und Eiswürfel hole. Als ich zurückkomme, ist Jess schon beim nächsten Thema. Ich reiche ihr das Glas Gin mit den klimpernden Eiswürfeln, und sie bedeutet mir, dass ich mich zu ihr setzen soll. »Für dich sind das ja auch gute Nachrichten, Poppy.« Jess blickt mich über den Rand ihrer Prada-Lesebrille an, die ihr halb die Nase runtergerutscht ist. Wahrscheinlich hat sie die Brille vergessen, nachdem sie vorhin ihr Auftragsbuch vollgeschrieben hat. Sie hängt zwar in angesagten Cocktail-Bars ab und hat die neuesten Apps auf ihrem Handy, aber ein Buchungssystem auf dem Computer hat sie nicht. »Was?«, frage ich, aber es hat keinen Sinn, sich dumm zu stellen. Das flaue Gefühl im Magen sagt mir genau, was gleich kommt, und ich wünschte, Jess würde es nicht sagen. »Dein Kleid. Das Kleid, über das wir eigentlich nicht reden …« Sie schwenkt den Gin in ihrem Glas. Natürlich weiß ich, welches Kleid sie meint. Klar. Das Kleid, das ich erstanden habe, als Sera vor einigen Monaten im kleinen Kreis einige Einzelstücke aus ihrem Atelier verkauft hat. Ich wollte nur kurz einen Blick auf die Kleider werfen, bevor die anderen Gäste kamen. Es endete damit, dass ich mein Traumbrautkleid gefunden habe und es schließlich kaufen musste. Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich schon mein ganzes Leben von einer Hochzeit in Weiß träume. Das fing schon als kleines Mädchen an, als ich mich mit meinen besten Freundinnen Cate und Immie in Tüllgardinen gehüllt habe und dann mit meinem Barbie-Krönchen im Garten umherstolziert bin. Da waren wir noch nicht mal in der Vorschule. Heute frage ich mich manchmal, ob mein Heiratswahn daher kommt, dass ich ohne Vater aufgewachsen bin. Wie auch immer, nachdem ich also schon ewig darauf gewartet hatte, war es doch nur zu verständlich, dass ich bei Seras Privatverkauf vorgeprescht bin. Und das mit Brett schien eine sichere Sache zu sein. Ich konnte ja nicht ahnen, dass meine Welt derart aus den Fugen geraten würde. In einem Moment denke ich, dass ich die Nächste bin, die heiratet, und im nächsten ist der Bräutigam … Ach, lassen wir das. Es reicht ja zu wissen, dass Brett und ich nicht geheiratet haben. Zu meiner Entschuldigung muss ich sagen, dass ich mir, als ich mich im Atelier in das Kleid verguckte, sicher war, jetzt eh mit dem Heiraten dran zu sein. Ich hatte etliche Jahre darauf gewartet, dass Brett mir endlich einen Antrag macht. Und just an dem Tag hatte Brett … okay, er hat nicht vor mir gekniet, aber immerhin hat er da zum ersten Mal überhaupt das Wort »Heirat« in den Mund genommen. Und nur Stunden später läuft mir das Kleid über den Weg. Das konnte doch kein Zufall sein! Das war, als hätte das Schicksal sich für mich verschworen, wenn man das so sagen kann. Zwar war das Kleid sündhaft teuer, aber da es sich ja um ein Musterstück handelte, war es andererseits auch erstaunlich günstig. Und da ich ja die Torten über das Geschäft vertreibe und Sera mich kannte, hatte sie mir auch noch einen Rabatt eingeräumt. Damals wohnte ich noch nicht hier, klar, da lebte ich ja noch mit Brett zusammen. Ich verziehe das Gesicht und hoffe, dass Jess nicht gleich losläuft und mein irre günstiges Schnäppchenkleid aus dem Lager holt. Nee, war ein Witz, irre teuer natürlich. Völlig irre von mir war, es überhaupt gekauft zu haben, irre hoffnungsvoll und irre daneben. So was von daneben, wenn man bedenkt, was dann alles geschah. Und, ganz wichtig: irre geheim. Nur Jess und Sera wissen von dem Kleid. »Mein Kleid? Was soll damit sein?«, frage ich unschuldig. Hätte ich doch bloß mehr Gin in mein Glas gekippt. Die Fallhöhe zwischen dem Kleiderkauf und dem, was danach kam, ist einfach zu groß. Jess und Sera wussten seinerzeit, dass meine Hochzeitspläne noch nicht in trockenen Tüchern waren. Ich hatte niemandem davon erzählt, und einen Verlobungsring gab es auch nicht. Zum Glück sind wir bei »Brides by the Sea« bekannt dafür, dass wir dichthalten können. Ich bin Jess heute noch dankbar, dass sie mir beim Kauf des Kleides versicherte, dass es unter uns bleiben würde. Sie und Sera haben Wort gehalten. Selbst Cate und Immie, meine besten Freundinnen, wissen nichts von dem Kleid. Seither bewahrt Jess das gute Stück im Lager auf, dort ist es trocken und warm. Sogar versichert ist es. »Dein Kleid ist eines der schönsten, die Sera je entworfen hat.« Jess schürzt die Lippen, und aus dem Augenwinkel sehe ich Sera zustimmend nicken. »Das Kleid ist wunderschön«, erwidere ich. Das ist es wirklich. Ganz aus Seide, ein schlichter Schnitt, aber mit verspielter Spitze verziert. Es passt mir wie eine zweite Haut. »Trotzdem kann ich es kaum ansehen.« Jetzt ist es raus, endlich! Wie man so viele Tränen über ein Kleid vergießen kann, ist mir selbst manchmal schleierhaft. »Mir ist bewusst, dass du mit dem Kleid viel verbindest«, sagt Jess nüchtern und kippt einen kräftigen Schluck Gin. »Aber wenn Sera erst berühmt ist, zahlt sich deine Investition richtig aus.« Sera nickt mir aufmunternd über das Minzblatt hinweg zu, das ich in ihren Gin Tonic getan habe. Offenbar redet Jess von der finanziellen Seite. Als Geschäftsführerin hat sie stets die Bilanzen im Blick und weiß immer, was unterm Strich rauskommt. Jetzt grinst sie und verdreht die Augen, als ich zusammenzucke. Ich frage mich manchmal, wie jemand, der so schöne Dinge mit Blumen anstellt, so versessen aufs Geld sein kann. Aber Jess hat schon viel erlebt und weiß Bescheid. Sie sagt, sie sei mit ihrem Ex durch die Hölle gegangen, und das habe sie abgehärtet. Und sie muss wirklich mit harten Bandagen gekämpft haben, immerhin ist dieses Haus nach der Scheidung für sie rausgesprungen. Abbezahlt ist es, und es gehört jetzt ihr. Ich soll das nur niemandem erzählen. Also pst! »Du wartest bis nach Josies Promi-Heirat, dann verkaufst du. Da machst du richtig Reibach!«, sagt sie. »Aber …« Allein das Wort »verkaufen« lässt mich erschauern. »Ich bin noch nicht so weit«, sage ich und weiß nicht, ob ich jemals so weit sein werde. Ich werde doch wohl kaum je ein anderes Brautkleid haben, oder? »Na ja, du hast ja noch ein paar Monate Zeit, dich an den Gedanken zu gewöhnen«, sagt Jess und tätschelt meine Hand. »Was sollst du auch sonst tun? Das Kleid ist dir vergällt, das wirst du doch nie tragen.« Wie kann sie so sachlich über etwas reden, das mir so schwer im Magen liegt? Ich ziehe eine Grimasse in Seras Richtung. Sera knabbert an ihrem Daumennagel. »Ich will nicht als verrückte Frau enden, die in ihrem Brautkleid auf dem Dachboden hockt«, sage ich und versuche zu lachen. Obwohl das die einzige Gelegenheit wäre, das Kleid zu tragen, nachdem Brett mich hat sitzen lassen. So schnell werde ich mich nicht wieder verlieben, so viel ist mal klar. »Du hast ja recht, Jess. Aber es tut so weh.« Jess neigt den Kopf. »Es ist eine Art Anlage. So was ist immer gut.« Ich staune über ihren Pragmatismus. »Ich bin jetzt zweiunddreißig. Also noch zu jung, um mir über solche Sachen Gedanken zu machen«, wende ich schwach ein. Ich weiß nur zu genau, warum ich mir das Kleid leisten konnte. Mit dem Geld meiner Mutter, das sie mir kurz vor ihrem Tod gegeben hat. »Eine Art Anlage«, das waren auch ihre Worte. Ich schlucke. Meine Mutter hätte alles dafür gegeben, mich in dem Kleid vorm Altar zu sehen. In jedem anderen Kleid auch, genau genommen. Ich schlinge die Arme fester um meinen Körper und blicke der Wahrheit ins Gesicht: Ich habe keine Familie mehr und keinen Brett. Ich bin mutterseelenallein. Wenn Jess nicht gewesen wäre, hätte ich jetzt kein Dach überm Kopf und keinen Job. Ich verdiene meinen Lebensunterhalt mit dem Backen von Torten und indem ich im Laden aushelfe. Ich kann es mir gar nicht leisten, nicht zu verkaufen. Jess leert ihr Glas. »Narben zeichnen uns. Trage sie mit Stolz, und geh voran.« Sie lächelt, weil sie weiß, dass sie diesen Satz unzählige Male in den letzten Monaten zu mir gesagt hat. Dann sieht sie mich ernst an: »Vor allem auf das Weitergehen kommt es jetzt an.« Sie wackelt mit dem Glas in meine Richtung. »Aber vorher schenkst du mir noch nach.« Ich gehe in die Küche, um mehr Gin zu holen. Tief in mir drin weiß ich, dass Jess recht hat.
Rose Cross: Ein Graben und ein Rudel Hunde
»Bolly! Brioche! Hört auf, an der Leine zu ziehen!« Der Wind trägt meine Rufe fort, während ich zwei honigfarbenen Hinterteilen und einem Paar wedelnder Hundeschwänze hinterherstolpere. In Werbespots sieht Gassigehen anders aus. »Bolly! Brioche! Bei Fuß!« Ich versuche, nicht die Kontrolle zu verlieren, aber die souveräne Hundehalterin in mir ist so früh am Morgen noch nicht wach. Der Tag hat zeitig begonnen, weil Cate, Immie und ich heute shoppen gehen wollen. Ein Großereignis, es geht um die Kleider für die Brautjungfern, und zwar für insgesamt acht. Wer jetzt glaubt, acht Brautjungfern seien viel, kennt Cates restliche Pläne nicht. Ihre Hochzeit ist auf dem besten Wege, die größte Hochzeit zu werden, die Cornwall in diesem Jahrzehnt gesehen hat. Als Gassigängerin, die sich nicht auf der Nase herumtanzen lässt, versage ich immer wieder. Man mag gar nicht glauben, dass ich schon seit einem halben Jahr jeden Samstag mit den Hunden spazieren gehe. So lange ist es nun her, dass ich an meinen ansonsten einsamen Freitagabenden bei Cate über Nacht einhüte, damit sie und ihr zukünftiger Ehemann Liam zusammen ausgehen können. Mit den vier Kindern, ihren zwei sehr lebhaften Labradoodles und den Vollzeitjobs finden die beiden kaum Zeit füreinander. Wenn ich mit dem kleinen George und den anderen Kindern abends auf der Couch sitze und kuschele, kommt es mir allerdings eher so vor, als würden die Kleinen mich hüten und nicht umgekehrt. Als Hobbykonditorin denke ich mir gerne passende Torten für meine Mitmenschen aus. Der Kuchen für meine beste Freundin ist eine marokkanische Orangen-Buttercremetorte, mit feinen kandierten Orangenscheiben verziert. Cool und doch mit gehobenem Anspruch. Ich erinnere mich noch gut an die sechsjährige Cate und wie wir beide in der Stepptanzgruppe im Dorf getanzt haben. Cate kannte alle Schritte; sie steppte, als wollte sie Ginger Rogers Konkurrenz machen, ihre blonden Locken dabei immer schön ordentlich. Ich dagegen habe mir meine Beine in dem Ganzkörperanzug aus Synthetik verrenkt und ständig meine Schuhe verloren. Erst als sie fünfundzwanzig war, meinten die Sterne es nicht mehr so gut mit ihr, und ihr Mann verließ sie wegen seiner Sekretärin. Mit drei kleinen Kindern im Vorschulalter musste sie sich in den folgenden Jahren irgendwie durchschlagen. Jetzt hat sie endlich den Mann gefunden, den sie verdient, und hat mit ihm noch ein Kind bekommen. Ich freue mich wahnsinnig für sie. Ihre Labradoodles allerdings … Ich könnte schwören, dass ich ganze drei Äcker überflogen habe, ohne den Boden zu berühren. Obwohl mir das Tempo heute nur recht ist. Wenn ich zurückkomme, wird Cate George sein Frühstück gegeben haben. Dann wollen wir uns mit Immie treffen. Immies Kuchen ist ein Donut oder ein Schoko-Muffin. Sie war schon als Kind recht stämmig und kräftig, auch die unverwüstliche Kurzhaarfrisur hatte sie schon als Mädchen. Wir versuchen immer wieder, ihr schicke Klamotten anzudrehen, aber sie bleibt bei ihren Jeans und dem Sweatshirt. Nachher wollen wir zu »Brides by the Sea«, wo Cate die Kleider für die Brautjungfern aussucht. Weil ich dort arbeite, bekommt sie zum Glück Prozente. Als wir an einen Zaun kommen, berühren meine Füße endlich wieder Boden. Die Hunde springen über den Tritt und landen hinter dem Zaun in einer riesigen Pfütze. Ich hinterher. Bolly tollt begeistert im Wasser. Ich werde klatschnass und verliere auf dem Tritt das Gleichgewicht. »Bolly, nein!« Ich schreie auf, als mein linker Ugg-Stiefel in der Pfütze versinkt. Notdürftig wische ich mir die Matschspritzer von den Augen und ächze auf, als ich kaltes Wasser an meinem großen Zeh spüre. Gegen eine Schlammkur bei der Fußpflegerin im Ort wäre ja nichts einzuwenden – nicht, dass ich mir das dieser Tage leisten könnte –, auf die selbst gemachte Variante im Cornwall-Landlebenstil kann ich aber gut verzichten. Gleiches gilt für eine Hose mit Matschmuster. Da muss ich wohl bei Cate den Gartenschlauch zücken und mich und die Hunde abduschen. Dabei ist das alles meine Schuld. Wäre ich bei Brett richtig ausgezogen, mit all meinem Sack und Pack statt nur mit einer eilig gepackten Reisetasche, dann hätte ich jetzt meine geliebten, Festival-erprobten Gummistiefel – und trockene Füße. Als wir uns dem Dorf nähern, werden die Hunde allmählich langsamer. Meine Schritte hingegen lässt der Anblick der Dächer von Rose Cross hinter den Hecken schneller werden. Zurück in die Zivilisation! Cate, Immie und ich sind in Rose Cross aufgewachsen, doch während die beiden das Landleben lieben, bedeutet es für mich Wildnis. Mit achtzehn bin ich sofort nach London gezogen. Selbst wenn ich am Freitagabend nur aus St. Aidan, dem nächstgrößeren Städtchen, hier zu Cate nach Rose Cross rausmuss, ist das ein Kulturschock für mich. Da die Hunde zum Glück mal nicht an der Leine ziehen, zücke ich mein Handy, um auf die Uhr zu sehen. Als wir um die nächste Ecke biegen, steht da ein grauer Landrover auf dem Seitenstreifen, Modell Defender. Woher ich das weiß? Ich musste mal einem Autoliebhaber zum vierzigsten Geburtstag eine Torte backen, mit der exakten Nachbildung seines Geländewagens aus Marzipan, samt Matschspritzern. Das Talent zum Tortenbacken habe ich von meiner Mutter geerbt. Sie hat unheimlich viel gebacken, als ich klein war. Meine erste Erinnerung ist, wie ich auf einem Stuhl in unserer gemütlichen Küche stehe und die Teigschüssel auslecke. Und wie ich mit den Fingern im Puderzucker auf dem Küchentisch male. Gebt mir Biskuit und Zuckerguss, und ich zaubere kleine Wunderwerke: Traumschlösser oder Kipplaster für Geburtstage oder mehrstöckige Hochzeitstorten. Die sind mittlerweile Routine, so viele backe ich. Leider hören meine Talente da auf, wo es nicht ums Backen geht. Ich bin ganz in Gedanken an meine Mutter versunken, als plötzlich ein Typ in ausgebeulten Jeans hinter dem Landrover auftaucht. Ich denke nur: Volle Punktzahl. Der Typ, nicht das Auto, wohlgemerkt. Wobei das weniger meine Bewunderung ausdrückt als vielmehr eine Warnung. Männer, die so gut aussehen, haben es nicht nötig, freundlich zu sein. Mein Blick wandert von seinem Cashmerepulli nach oben zu seinem Mund. Der wohl mürrischste Mund in ganz England. Volle Punktzahl hin oder her, bei dieser schlechten Laune scheint er daraus keinen Vorteil ziehen zu können. Ja, Immie, sie studiert Psychologie, würde jetzt einen Kommentar ablassen, warum mein Blick auf seinem Mund hängen bleibt. Aber ich mache das ja nur, um die Lage einzuschätzen. Und um einen störrischen Gesichtsausdruck zu erkennen, brauche ich keinen Uni-Abschluss. Bolly und Brioche zerren plötzlich an der Leine und reißen mich aus meinen Gedanken. Dabei rutscht mir mein Handy aus der Hand und fliegt über den Feldweg. Jetzt sehe ich, warum die Hunde so zerren. Der Mann hat einen Hund dabei, das hatte ich gar nicht bemerkt. Das Tier ist groß und schwarz und springt auf mich zu. Bevor ich nach meinem Handy greifen kann, werde ich von den Hunden nach vorn gerissen. Im Haus geben Bolly und Brioche mit ihren riesigen Tatzen acht, aber hier draußen, wenn sie auf einen anderen Hund stoßen …»Achtung!«, rufe ich, aber zu spät. Die beiden preschen auf den großen Mann zu. Der schwankt, reißt die Arme hoch und fällt rückwärts gegen die Böschung. Was für ein Sturz! Und der schöne Cashmerepulli im Dreck! Schmutzige Wäsche zu beklagen, bleibt keine Zeit, denn die Hunde stürzen jetzt aufeinander los. Pfoten, Fell, Schwänze und Ohren wirbeln durcheinander. Aufgeregtes Bellen. Das Hundeknäuel rollt über- und untereinander und stößt gegen meine Knie, sodass ich zur Seite rutsche. Als das Bellen endlich nachlässt, finde ich mich im Graben am Straßenrand wieder. »Bolly, Brioche!« Das klingt nicht gerade wie ein resolutes Frauchen. Kein Wunder, wenn man mit dem Hintern im Graben liegt. Wasser läuft mir eiskalt den Rücken hoch. Positiv zu verbuchen ist, dass ich immer noch die Leinen halte. Fluchend richtet sich der Mann auf. »Kein Grund zur Panik. Sie spielen nur«, sagt er, zieht den schwarzen Hund am Halsband aus dem Knäuel und hievt ihn auf seinen Landrover. »Sie wedeln mit dem Schwanz, sehen Sie? Trotzdem: Sie müssen Ihre Hunde besser erziehen. Es ist unverantwortlich, sie auf dem Land frei laufen zu lassen.« Wie bitte? Im Gegensatz zu ihm hatte ich doch eine Leine! »Wenigstens haben sie sich nicht totgebissen«, grummele ich. »Es wäre gut, wenn Sie Ihren Hund an der Leine führen würden.« Darauf geht er nicht ein. Stattdessen beugt er sich über mich und hält mir die Hand hin. Ah, jetzt die Vorstellungsrunde. Ich reiche ihm meine freie Hand. »Schön, Sie kennenzulernen …«, nuschele ich und merke, dass ich lüge. Und warum versuche ich verzweifelt, mir mit dem Ärmel den Schlamm aus dem Gesicht zu wischen und mir ein Lächeln abzuringen? Er lacht brummend. »Ich wollte mich nicht vorstellen, sondern Ihnen aufhelfen. Oder möchten Sie hier liegen bleiben?« Unter anderen Umständen wäre mir mein Irrtum peinlich. Aber pitschnass unter der Hecke ist das auch egal. Kurz darauf hat er mich am Arm hochgezogen, und ich stehe wieder mit beiden Beinen auf der Straße. Selbst meine geliebten Festivalstiefel hätten mir hier nicht geholfen. »Ihr Handy …« Er reicht es mir. »Sie sind nass.« Gut beobachtet, das sieht auch ein Blinder mit Krückstock. Als er mir das Handy gibt, frage ich mich, wie seine rauen Hände zu dem teuren Pulli passen. »Kein Wunder, wenn Sie mit zwei ungestümen Hunden durch die Gegend tollen und sich in Gräben werfen. Da bleibt niemand trocken. Ich würde Sie ja nach Hause bringen, aber …« Er lässt den Satz unbeendet. So, wie er sein Gesicht verzieht, habe ich schon verstanden: »Aber« ist der Kern der Aussage. Auf keinen Fall will er mich und die klatschnassen Hunde in seinem schicken Landrover sitzen haben. Keine Sorge. Selbst wenn ich zu Fremden ins Auto steigen würde – die teuren Sitze werde ich nicht mit Pfützenwasser und Labradoodle-Sabber besudeln. »Kein Problem, ist schon okay. Wir haben’s nicht weit. Es tut mir wirklich sehr leid.« Da, schon wieder, ich fasel dummes Zeug. Und ich entschuldige mich! Beides versucht mir Immie abzugewöhnen. Andere hätten jetzt an meiner Stelle einen schlagfertigen Spruch über Schlammschlachten rausgehauen. »Sie können ja nichts dafür.« Er zuckt mit der Schulter und öffnet seinen Wagen. »Mir tut es leid. Auf eine Schlammschlacht waren Sie bestimmt nicht eingestellt.« Sag ich doch. Warum bin ich da nicht selbst drauf gekommen? Als er ins Auto steigt, entspannt sich sein Gesichtsausdruck. »Auf Wiedersehen.« Er scheint erleichtert, uns loszuwerden. Das beruht auf Gegenseitigkeit. »Bis bald«, sage ich leichthin und hoffe, dass bald nicht so bald kommt. Am besten nie. Der Graben und der Matsch, das sollte mir echt peinlich sein. Ist es aber nicht. Hauptsache, ich komme pünktlich zu unserem Shopping-Trip und bekomme vorher alles wieder sauber. Die Mädels werden sich über diese Geschichte schlapplachen. »Kommt, Hunde!« Zwei rosa Schnauzen drehen sich zu mir. Sogar ihre Ohren sind mit Schlamm bedeckt, aber ihre Augen sind die reine Unschuld. »Los, beeilt euch, wir wollen heute noch Kleider anprobieren.« Wir marschieren los, meine Jeans ist steif vor Nässe, und das Wasser in meinen Uggs schmatzt bei jedem Schritt. Und trotzdem breitet sich ein Lächeln auf meinen Lippen aus. Der Landrover-Mann macht seinen schicken Wagen zwar nicht mit mir und den Hunden dreckig, aber der Schlammspur auf seiner Hose nach zu urteilen, dürfte er einen schönen Abdruck seines Allerwertesten auf dem Fahrersitz hinterlassen, denke ich voller Schadenfreude.
»Brides by the Sea«: Ein Samstag mit den Mädels und Mehlstaub
Samstags ist im Geschäft immer am meisten los. Als Cate und ich um Punkt neun »Brides by the Sea« betreten, brummt der Laden bereits. Wir manövrieren uns an der Chaiselongue und dem Schuhregal vorbei, ohne den Bräuten im Kaufrausch ins Gehege zu kommen. Als wir an der Treppe ankommen, biegt Jess um die Ecke. In einer Hand trägt sie ein in Schutzfolie verhülltes Kleid, in der anderen einen diamantenbesetzten Stirnreif und einen Schleier. »Hallo, Cate! Schön, dich zu sehen.« Im Vorbeirauschen wirft Jess uns Luftküsschen zu. »Bin gleich bei euch, muss das hier nur wegräumen.« Cate schaut unschlüssig auf ihr Handy. »Ich warte noch auf Immie. Sie verspätet sich.« Neben ihrem Psychologiestudium arbeitet Immie auf einem ehemaligen Gutshof, dessen dazugehörige Cottages in bezaubernde Ferienhäuser umgebaut worden sind. Für heute hat sie sich extra freigenommen. Wahrscheinlich ist wieder was mit ihrer Familie. Immie hat zig Brüder, die allerhand Ärger machen. Dass Immie an einem Samstagmorgen bei der Polizei antanzen muss, kommt öfter vor. Ich ducke mich unter einem riesigen Strauß Freesien hindurch und rufe über meine Schulter: »Wir trinken oben einen Kaffee und warten auf Immie.« Durch eine Wolke aus Taft und Tüll ruft Jess zurück: »Macht das. Und wenn Immie kommt, sehen wir uns die Kleider im Beach Hut an.« In meiner Dachwohnung stelle ich meine Tasche in den Flur und gehe in die Küche. »Hast du Hunger?«, frage ich Cate.
Als ich ihr Gesicht sehe, schalte ich, ohne eine Antwort abzuwarten, den Herd an. »Ich sterbe vor Hunger!«, stöhnt sie. »Besonders weil es hier immer so köstlich nach Kuchen riecht.« Eigentlich will sie bis zu ihrer Hochzeitsfeier den Babyspeck von ihrer Schwangerschaft mit George loswerden. Dabei stehen ihr die Pölsterchen ganz gut. Cates Blick wandert zu den Regalen, die mit Rührschüsseln, Knethaken, Backformen und Kochbüchern vollgestellt sind. »Die Küche ist winzig im Vergleich zu Bretts«, sage ich, weil sie das wahrscheinlich gerade denkt. »Der edlen Arbeitsplatte, von der ich immer penibel die Teigreste abkratzen musste, weine ich aber keine Träne nach.« Meine Backutensilien gehörten zu den wenigen Dingen, die ich mitgenommen habe, als ich bei Brett ausgezogen bin. Cate setzt sich auf den Hocker. »Diese Küche passt viel besser zu dir.« Sie riecht an den Osterglocken, die in der roten Vase auf dem Tisch stehen. »Wie bei deiner Mutter. Ich muss sofort an all die köstlichen Kuchen denken, die ihr gebacken habt, und mir läuft das Wasser im Mund zusammen.«
»Soll ich uns Pfannkuchen machen? Oder noch besser: Muffins?« Ich hole eine Schüssel vom Regal, und noch bevor sie antworten kann, sind die Eier geschlagen, die Milch und das Öl verrührt. Cate, Immie und ich sind gewissermaßen zwischen den herrlich duftenden Torten in der Küche meiner Mutter aufgewachsen. Cates Mutter hat in der Bank gearbeitet und meine Mutter als Tagesmutter für Cate engagiert. Immie und ihre Brüder haben übereinandergestapelt in dem Häuschen nebenan bei ihrer Oma gelebt. Sobald Immie krabbeln konnte, ist sie zu uns rübergekommen. Meine Mutter hatte nichts dagegen. Sie war alleinerziehend, und zwei Kinder mehr haben sich für sie eher wie eine richtige Familie angefühlt. »Schoko- oder Blaubeer-Muffins?«, frage ich. Ich weiß, dass Cate sich immer für die gesündere Variante entscheidet. Sie besteht auf ihrer täglichen Portion Obst. Ich rühre Zucker in den Teig, bis er geschmeidig wird. Cate beugt sich vor und taucht einen Finger in die Schüssel. »Pops, bist du sicher, dass dir meine Hochzeit nicht zu viel wird?« Ich rüttle am Sieb, und das Mehl rieselt auf den Teig. »Keine Sorge, ich kann das Wort Hochzeit durchaus hören, ohne wegen meiner eigenen Trennung zusammenzubrechen.« Schlucken muss ich manchmal eher, weil meine Mutter nicht mehr lebt, nicht weil Brett und ich uns getrennt haben. »Wir waren ja noch nicht einmal verlobt«, sage ich zur Verdeutlichung. »Aber ihr wart auch ohne Ring sehr lange zusammen.« Cate tätschelt meine Hand und taucht ihren Finger ein weiteres Mal in die Schüssel. Wenn dies ein Kuchen für einen Kunden wäre, würde ich Cate jetzt Küchenverbot erteilen. Aber so tue ich so, als würde ich es nicht sehen. »Das Blöde an der Trennung ist nur, dass ich mich damit auch von meinem bisherigen Leben getrennt habe.« Ich lege Backblech und Backpapier vor Cate auf den Tisch. Sie weiß aus eigener Erfahrung, wie sich eine Trennung anfühlt, und trägt daher extra nicht zu dick auf und mimt die überglückliche Braut. Obwohl sie damals echt ein gebrochenes Herz hatte, hat sie den Glauben an die Liebe nie verloren. Und jetzt hat sie Liam. Er ist der Richtige für sie, und ihren großen Tag, die Hochzeit, hat sie mehr als verdient. Sie will sich ihren Traum erfüllen und auf Daisy Hill heiraten, dem Gutshof nicht weit von Rose Cross, auf dem Immie arbeitet. Erst seit letztem Jahr bietet das Gut nicht nur Feriencottages an, sondern auch Hochzeitsfeiern. Cate war die Erste, die dort ihre Feier gebucht hat. Und sie braucht wirklich ein ganzes Gut, um das Fest auszurichten, das ihr vorschwebt. »Also Blaubeeren?«, frage ich und hole das Obstschälchen aus dem Kühlschrank. »Genau!«, sagt sie lächelnd und reicht mir die Backförmchen. Ich fülle den Teig in die Form. Warme Luft strömt in die Küche, als ich den Ofen öffne und das Blech mit den Muffins hineinschiebe. »Die brauchen fünfundzwanzig Minuten.«
»Darf ich die Schüssel auslecken?«, fragt sie mit leuchtenden Augen. »Unter einer Bedingung«, sage ich feixend. »Die Kleider für die Brautjungfern sollen nicht rosa sein. Das steht mir mit meinen rot gefärbten Haaren nicht.« Die Schere an meinem blonden Zopf war wie ein Befreiungsschlag nach der Trennung. Ich bekomme noch immer Herzrasen, wenn ich meinen Meckischnitt im Spiegel sehe. Und leider ist das Haarefärben doch nicht so einfach, wie es im Fernsehen aussieht. Beim letzten Versuch bin ich haarscharf am Postkastenrot vorbeigeschrammt, und am Ende kam Karotte dabei raus. Dabei hatte ich nicht vorgehabt, wie ein abgehalfterter Alt-Punk auszusehen. Nachdenklich fährt sich Cate durch ihren gestuften Bob. »Rosa Kleider auf der grünen Weide sehen bestimmt großartig aus, aber gut …« Sie greift nach der Schüssel. »Einverstanden.« Cate ist immer noch mit dem Auslecken der Teigschüssel beschäftigt, als Immie die Treppe hochgerannt kommt und in die Küche stürzt. »Diesmal war’s Dean. Ruhestörung nach einer Kneipentour. Zum Glück nur eine Verwarnung. Mehr brauche ich wohl nicht zu sagen«, sagt Immie und wirft ihre Tasche auf den Tisch. »Tut mir leid, dass ich so spät bin … Sind das Muffins, die ich da rieche?«
»Blaubeer-Muffins. In zwanzig Minuten sind sie fertig.«
»Gut. Und wo sind die Kleider?«, fragt sie und verzieht den Mund. »Mit meinen kurzen Beinen und meinem Bierbauch sehe ich in jedem Kleid wie ein Affe auf dem Schleifstein aus.« Trotzig fügt sie hinzu: »Obwohl die im Pub meinen, dass Blau mir stehen könnte.«
»Aha.« Cate guckt skeptisch. »Blau tragen schon die Männer.« Immie stöhnt. Ich jubele insgeheim. Blau steht mir nämlich nicht. »Bevor wir zur Anprobe schreiten, muss ich etwas sagen.« Immies Stirn legt sich in Falten. »Es tut mir so leid, Cate, du setzt dich vielleicht besser. Carrie, die Hochzeitsplanerin, hat gekündigt und Daisy Hill verlassen.« Immie lehnt sich gegen den Schrank, die Hände in die Hüften gestemmt, und lässt uns die Neuigkeit verdauen. »Nein!«, sagt Cate und wird aschfahl. Immie macht ein ernstes Gesicht. »Es wird noch schlimmer. Rafe, unser Boss, meint, er wolle überhaupt keine Hochzeiten mehr auf seinem Gut veranstalten.« Cates Wangen werden unter dem Rouge noch bleicher. »Das kann er nicht machen! Wir haben doch gebucht und schon angezahlt! Und die Hochzeit ist schon in sieben Monaten!« Immie zuckt mit den Schultern. »Die Hochzeitsplanerin ist über Weihnachten nach Hause gefahren, nach London, und hat dann beschlossen, dazubleiben.«
»Das muss eine gründliche Entscheidung gewesen sein. Immerhin haben wir jetzt schon Februar«, stöhnt Cate. »Rafe wollte Ersatz finden«, fährt Immie fort, »aber viele Buchungen gibt es eh noch nicht, und die Arbeitszeiten sind unregelmäßig. Abgesehen davon, dass Rafe nicht ganz einfach ist. Die meisten Mitarbeiter hauen schnell wieder ab.« Cate seufzt tief auf. »Das werde ich nicht zulassen. Das ist schließlich meine Hochzeit.« Entschlossen sagt sie: »Ich muss jemanden finden, der die Feier rettet, und zwar schnell. Ich muss eine Hochzeitsplanerin finden.« Sie sieht Immie und mich an. »Wisst ihr jemanden?«
Cate ist nicht ohne Grund so erfolgreich in ihrem Job bei der Finanzbehörde. »Geht nicht« gibt es bei ihr nicht. Wenn Probleme auftauchen, findet sie eine Lösung. Ich runzele die Stirn und denke nach. Wer wäre imstande, die Hochzeitsfeier auf dem Gutshof zu organisieren? Jess könnte das, aber sie hat alle Hände voll zu tun in ihrem Laden. Sonst fällt mir niemand ein. Als ich den Blick hebe, sehe ich, dass Cate und Immie mich angucken. »Natürlich!«, sagt Cate. »Klar!«, stimmt Immie ihr zu. Ich blinzele verwirrt. »Wovon redet ihr?« Immie sieht mir direkt in die Augen: »Du bist wie geschaffen für den Job!« Es dauert eine Weile, bis ich verstehe, was sie sagt. »Ich?« Jetzt springt Cate auf den Zug auf. »Du musst mir helfen. Bitte, Poppy! Ich habe eine Fünfzigstundenwoche, einen superstressigen Job bei der Behörde, dann das Haus und die vier Kinder. Und Liam und die Hunde!« Voller Verzweiflung sieht sie mich an. »Es geht um meine Hochzeit!« Ich wende mich an Immie. »Du bist doch eh auf dem Gut und managst die Cottages. Kannst du da nicht einfach auch die Hochzeit organisieren?« Immie setzt eine »Basta«-Miene auf, wie man sie sonst nur von Handwerkern und Politikern kennt. »Auf keinen Fall.« Sie verschränkt die Arme vor der Brust. »Sosehr ich dich mag, Cate, und sosehr ich dir eine großartige Feier wünsche, aber Morgan ist jetzt im Teenageralter. Wenn ich nicht wie ein Schießhund aufpasse, macht er nichts als Unsinn. Und dann ist da noch mein Diplom. Die Prüfungsphase beginnt jetzt. Und der Job auf dem Gut, all die Feriencottages, die ich sauber halten und vermieten muss. Außerdem helfe ich abends manchmal in der Kneipe aus. Eine Hochzeitsfeier kann ich da nicht auch noch organisieren.«
»Die Prüfungen an der Uni fangen doch erst nächstes Jahr an«, wende ich ein. »Ja, aber die Hausarbeiten, die ich bis dahin noch schreiben muss …« Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Immie und Cate sich verschworen haben. »Du wärst super in dem Job, Pops«, sagt Immie. »Du liebst doch Hochzeiten.«
»Plus du hast die Erfahrungen aus dem Brautmodenladen«, sagt Cate. Immerhin scheint es wenigstens ihr ein wenig unangenehm zu sein, mich so in die Ecke zu drängen. »Und nicht nur, was die Torten angeht. Du kennst das Braut-Biz in- und auswendig. Denk doch nur an deine berufliche Zukunft!«
»Du bist die Einzige von uns, die das schaffen kann«, pflichtet Immie ihr bei. So wie sie das sagen, muss ich dagegenhalten. »Ich kann keine Hochzeiten organisieren. Ich vermassle Hochzeiten!« Fast klinge ich panisch. »Meinen Job in London habe ich vor Jahren gekündigt.« Vor langer Zeit war ich Food-Designerin und habe neue Gerichte kreiert. Die Tortilla-Chips mit süßer Paprika, das war meine Erfindung. Mein Lachs im Blätterteig für eine große Supermarktkette hat x Preise gewonnen. Mein Marzipanstollen mit Cointreau auch. Und der Geburtstagskuchen in Bärchenform hat sich auch super verkauft. Doch das war früher, ein ganz anderes Leben. Seit meiner Rückkehr nach Cornwall bin ich Brett hinterhergerannt und backe nebenberuflich Kuchen. Immie fühlt sich auf den Plan gerufen. »Du könntest neben deiner Arbeit auf dem Gut weiter Torten backen. Und das Extra-Geld würde doch auch nicht schaden.« Als alleinerziehende Studentin kennt sich Immie mit Aushilfsjobs und Geldsorgen aus. Und natürlich hat sie recht. Fast schäme ich mich rückwirkend dafür, wie abhängig ich von meinem gut verdienenden Freund gewesen bin. »Im Ernst, Poppy, das könntest du mit links. Du hast doch jeden Tag mit Bräuten zu tun«, flötet Cate. »Außerdem wäre es nur bis zum Herbst. Ich brauche deine Hilfe!« Das Bild von Rose Cross und den Feldern und dem Schlamm schießt mir vor die Augen. Ein Job auf einem Gutshof ist mein schlimmster Albtraum, selbst wenn es dabei um Hochzeiten geht. »Aber ich habe doch gar keine Berufserfahrung.« So, jetzt hab ich’s gesagt. Doch Cate wischt den Einwand beiseite. »Wenn wir meine Hochzeit retten wollen, musst du da durch.« Jetzt röten sich ihre Wangen wieder. »Du hast doch das Insider-Wissen von all den Bräuten hier, du bist so gut wie eine Expertin auf dem Gebiet.« Triumphierend ballt sie ihre Hand zur Faust. »Genau!«, fällt Immie in den Jubel ein. »Und zur Not bin ich ja auch noch da, wenn’s in die Hose geht.«
»Hose?«, frage ich dümmlich. Wäre ich bei Verstand, wäre dies der Zeitpunkt, die Reißleine zu ziehen. Aber Cate ist meine beste Freundin und braucht meine Hilfe. Cate wirft Immie einen bösen Blick zu wegen der Hose. »Es geht doch nur um ein paar harmlose Hochzeiten. Was soll da schiefgehen?« Das soll wohl beruhigend klingen. »Bitte, Poppy! Tu es für mich.« Cate war für mich immer wie eine große Schwester. In den letzten Monaten hat sie sich aufopferungsvoll um mich gekümmert. Hier ist die Chance, mich bei ihr zu revanchieren. Also fasse ich mir ein Herz und helfe Cate aus der Patsche.
Daisy Hill: Nimm’s nicht persönlich
»Ich kann gar nicht glauben, dass du noch nie hier warst, seit ich hier arbeite«, sagt Immie, als ich sie am nächsten Morgen in Daisy Hill besuche. Sie läuft mir über den Innenhof entgegen, noch während ich meinen Wagen auf dem Kopfsteinpflaster parke. Immie hat für mich ein Bewerbungsgespräch mit Rafe, dem Besitzer des Guts, verabredet.
»Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich Gutshöfe meide wie die Pest«, erkläre ich ihr. »Äcker, Kühe und das schlechte Wetter sind der Grund, warum ich in die Stadt gezogen bin.«
An Shoppen und Kleider war gestern nicht mehr zu denken. Immie und Cate haben sich sofort an meinen Lebenslauf und meine Bewerbung gemacht und sie aufgehübscht. Und gleich heute, an einem Sonntag, soll das Gespräch stattfinden.
Immie lächelt breit. »Was Rafe angeht: Er ist ein alter Brummbär, nimm’s also nicht persönlich.«
»Wieso?« Hätte sie mir das vorher erzählt, wäre ich vielleicht noch abgesprungen. Doch so zerrt sie mich jetzt zu dem alten Herrenhaus mit den staubigen Fensterläden und den Nebengebäuden.
»Besonders zuvorkommend ist er nicht. Achte da gar nicht drauf«, erklärt Immie, unverblümt wie immer. »Keine Sorge, du schaffst das.«
Ich zucke mit den Schultern. Ich will mein Bestes geben, aber große Hoffnungen mache ich mir nicht. Ich habe sowieso keine Chance. Denn obwohl Cate und Immie meinen Lebenslauf gepimpt haben, bevor sie ihn diesem unleidigen Rafe gemailt haben, ist klar, dass meine einzige Qualifikation Torten und Zuckerguss sind.
»Das Büro ist hier drüben.« Immie steht vor einer grau gestrichenen Brettertür. »Wenn du dich geschickt anstellst, bietet dir Rafe vielleicht sogar ein Cottage an, in dem du wohnen kannst.« Sie hebt eine Augenbraue, öffnet die Tür und schiebt mich in den weiß getünchten Raum. »Rafe, hier ist Poppy, ich lass euch jetzt allein. Viel Erfolg!«
Sie schwebt nach draußen. Als die Tür hinter ihr ins Schloss fällt, sehe ich mich in dem Raum um. Der Schreibtisch sieht aus, als hätte jemand darauf seinen Altpapiereimer entleert. Ein Mann in einem grauen Pullover steht vor dem Aktenschrank, ein schwarzer Hund liegt in einer Ecke des Zimmers und wedelt freundlich mit dem Schwanz. Ich stehe und warte, und mein Herzschlag ist lauter als das Klopfen des Hundeschwanzes auf dem Boden. Als der Mann sich umdreht und mir seine Hand entgegenstreckt, muss ich schlucken.
Oh.
»Poppy, schön, Sie …« Er unterbricht sich. Der Typ aus dem Graben gestern scheint genauso erstaunt über die unverhoffte Wiederbegegnung zu sein wie ich. Als er gestern »Auf Wiedersehen« sagte, hat er bestimmt nicht gedacht, dass das so schnell gehen würde.
Okay, volles Rohr. Zu verlieren habe ich eh nichts. Mir kann das alles egal sein. Nur ein paar Minuten, den Job kriege ich sowieso nicht, dann bin ich wieder weg.
»Hallo«, sage ich und strecke ihm beherzt meine Hand entgegen. »Heute also keine Schlammschlacht.« Diesmal bin ich schlagfertig, und dazu lächle ich auch noch keck. Ich trage meine besten schwarzen Hosen und eine weiße Bluse, die mir Cate geliehen hat. Ich hoffe, das schindet Eindruck. Immie hat mir ein Paar Gummistiefel gegeben, damit es so aussieht, als meinte ich es ernst mit der Arbeit auf dem Gutshof. Jetzt kann ich auch aufs Ganze gehen. »Die Hunde habe ich diesmal auch zu Hause gelassen.« Hoffentlich erkennt er nicht Immies Wachsjacke, die sie mir ebenfalls geliehen hat.
Ich schenke ihm mein strahlendstes Lächeln und hoffe, keinen Unsinn zu faseln. »Gut, fangen wir an?«
Er löst seine Hand aus meiner, kratzt sich am Kinn und seufzt. »Worum geht es gleich noch mal?«
Die dunklen Ringe unter seinen Augen verraten mir, dass er genauso müde ist, wie er aussieht. Das liegt wahrscheinlich an dem wahnsinnig guten Sex, den er letzte Nacht hatte. Was mich natürlich überhaupt nichts angeht. Ich verdränge den Gedanken sofort und versuche, mich auf das Gespräch zu konzentrieren.
»Der Job als Hochzeitsplanerin … Immie hat dieses Bewerbungsgespräch in die Wege geleitet …« Da er keine Reaktion zeigt, mache ich direkt weiter. »Immie hat Ihnen gestern meinen Lebenslauf gemailt.« Meine schwungvolle Armbewegung verliert mitten in der Bewegung an Kraft, weil er immer noch nichts sagt. Immerhin hebt der Hund ein Lid und schaut zu mir rüber.
»Die Hochzeiten … ach ja.« Er schüttelt den Kopf. »Entschuldigen Sie, aber ich habe die ganze Nacht im Stall zugebracht. Eine meiner Kühe hat gekalbt. Es gab Komplikationen.«
Aha. Also doch kein Sex.
»Und … wie lief’s?«, frage ich und lächle breit bei meinem Versuch, Konversation mit einem Bauern zu betreiben.
Der Landrover-Typ seufzt tief und lässt sich in seinen Drehstuhl sinken. »Das Kalb hat es nicht geschafft.«
Ich lächele immer noch. Ich bin fest entschlossen, alles positiv zu sehen. »Na gut. Irgendwann wird’s das schon schaffen.«
»Nicht geschafft heißt, es ist gestorben. Das Kalb ist tot«, sagt er wie ferngesteuert. Er lehnt sich auf seinem Stuhl zurück und tippt etwas in seinen Computer. Wahrscheinlich liest er jetzt erst meine Bewerbung.
Ich bin selbst so ’n Kalb, denke ich zerknirscht. »Das tut mir leid«, versuche ich Boden gutzumachen.
Er räuspert sich und sagt, ohne den Blick vom Bildschirm zu lösen: »Das passiert einfach. Die Rechnung vom Tierarzt ist zwar saftig, aber wenigstens lebt die Mutterkuh.« Wenn er gerade meinen Lebenslauf liest, scheint er, seinen herabgezogenen Mundwinkeln nach zu urteilen, wenig beeindruckt zu sein.
Für einen kurzen Moment blickt er auf: »Gut, Sie haben den Job. Willkommen im Team.«
»Was?«, frage ich überrascht. Meine Stimme klingt so schrill, dass der Hund seine Ohren aufstellt.
»Sie können gleich morgen anfangen.« Er sieht schon wieder auf den Bildschirm. »Ist neun Uhr in Ordnung?«
Moment! So führt man doch keine Bewerbungsgespräche! Das muss ich ihm einfach sagen, ich kann nicht anders. »Sorry, dass ich nachhake: Woran sehen Sie denn, dass ich für die Arbeit geeignet bin? Welche Berufserfahrungen habe ich, um ausgerechnet auf einem Gutshof zu arbeiten?«
»Berufserfahrung?« Er sieht kurz auf und wendet sich wieder dem Computer zu. Seine Lippen verziehen sich zu einem merkwürdigen Grinsen. »Ich lese hier nicht Ihre Bewerbung. Ich weiß gar nicht, wo Ihr Lebenslauf ist.«
Das wird ja immer schöner! »Woher wollen Sie dann wissen, ob ich für den Job geeignet bin?«
Endlich schenkt er mir seine ganze Aufmerksamkeit. »Ehrlich gesagt, ich weiß das nicht.« Er stützt sein Kinn auf die Hand und wartet, bis bei mir der Groschen fällt. »Immie sagt, Sie sind geeignet. Und ich vertraue ihr.« Er lehnt sich zurück und verschränkt die Hände hinter dem Kopf. »Und um noch ehrlicher zu sein: Sie müssten schon eine verdammte Idiotin sein, wenn Sie es schafften, das Geschäft noch mehr zu vermasseln, als es ohnehin schon ist.«
In meinen Ohren klang seine Stimme bei dem Wort »vertrauen« besonders weich. Seine Augen sind haselnussbraun. Und auf seiner rechten Wange hat er eine kleine Narbe. Schnell will ich weggucken, aber meine Augen treffen seine. Sein Blick ist sehr direkt, so wie selten bei Menschen. Ich halte den Atem an.
»Danke, dass Sie gekommen sind«, sagt er. Rasch steht er auf und schüttelt meine Hand. »Ich muss leider los. Morgen früh machen wir den Vertrag fertig. Ich nehme an, Sie stellen keine großen Forderungen, da Sie ja, wie Sie sagen, keine Berufserfahrungen haben.«
Wenn er nicht schon halb zur Tür raus wäre, würde ich meinen vor Erstaunen offen stehenden Mund schließen und ihm eine passende Antwort darauf geben. Doch wie die Dinge liegen, muss ich damit wohl bis morgen warten.
Vom Hof ruft er mir über die Schulter zu: »Übrigens, das ist befristet. Nichts Langfristiges. Auf keinen Fall!«
Das passt mir sehr gut. Je schneller das hier vorbei ist, desto besser. Ich hoffe nur, dass Cate meinen Einsatz am Ende zu schätzen weiß.
Daisy Hill, im Büro: Ein flexibler Arbeitsplatz mit Lehnstuhl
»Meine Vorgängerin, Carrie, hatte kein eigenes Büro, und sie hat Schreibtisch und Computer mit dir geteilt?« Rafe hat mir gleich heute Morgen das Du angeboten. Er meinte, auf so einem Hof sei es nicht üblich, sich zu siezen. Obwohl ich in seinem noblen Lehnstuhl sitze, während er auf einem billigen Klappstuhl – von Ikea, vermute ich – mir gegenüber hockt, ist mir bereits in den ersten Stunden meines ersten Arbeitstages klar, warum es mit den Hochzeiten nicht läuft.
Rafe runzelt die Stirn. »Ich bin eh kaum hier. Außerdem kommst du so besser ans Telefon. Nennen wir es einen flexiblen Arbeitsplatz.«
Flexibler Arbeitsplatz? Nicht sein Ernst. Doch, offenbar schon. Er verzieht keine Miene. Beziehungsweise: Er verzieht sie, sein Grummeln wird schlimmer, jedes Mal, wenn ich Carrie erwähne. Auch ohne Immies Psycho-Bücher verstehe ich genug Körpersprache, um zu merken, dass er sich bei der Erwähnung ihres Namens anspannt.
Schon ist Mittag, was ich kaum gemerkt hätte, wenn mein Magen nicht knurren würde. Ich trinke einen Schluck kalten Tee und esse einen Bissen von meinem Karottenkuchen, den ich anstelle eines Pausenbrotes mitgebracht habe. »Was den flexiblen Arbeitsplatz angeht …«, sage ich mit vollem Mund, »wir sind in Cornwall, auf dem Land, nicht in London.« Als ob er das nicht wüsste, aber manchmal muss man die Leute an so banale Sachen erinnern. Platz dürfte an sich kein Problem sein, bei all den Nebengebäuden auf dem Hof. »Diese flexiblen Arbeitsplätze funktionieren außerdem nur nach strengen Regeln.« Mit einem Blick auf die Papierstapel auf dem Schreibtisch füge ich hinzu: »Und dazu gehört, dass man seinen Arbeitsplatz aufräumt.«
Prompt raunzt er mich an: »Du bist diejenige, die hier Kuchen isst. Essen ist ein No-Go, wenn man sich einen Tisch teilt. Es sei denn, du machst ihn anschließend sauber.«
Und ich dachte immer, Bauern seien so entspannt. Dieses Exemplar hier ist wohl die große Ausnahme.
»Möchtest du ein Stück? Karottenkuchen mit Mandeln?«, biete ich ihm an. Über meinem Hunger muss ich meine Manieren vergessen haben. »Das ist das Tolle am Konditordasein: Man probiert ständig neue Torten aus.«
Erst als er mich komisch ansieht, geht mir auf, dass er keine Ahnung davon hat, was ich normalerweise mache und womit ich meine Brötchen verdiene. Er hat also immer noch nicht meinen Lebenslauf gelesen.
»Danke, nein. Ich bin nicht so für Kuchen.«
Das erklärt natürlich alles.
»Ich fange zwar erst an, den Stapel abzuarbeiten«, wechsele ich vorsichtig das Thema, Carrie will ich lieber nicht noch einmal erwähnen, »aber die Buchführung macht keinen sehr ordentlichen Eindruck auf mich.«
Das ist die höfliche Art zu sagen, dass es weder einen Terminkalender und eine Auftragsliste noch Karteikarten über die Kunden oder Buchungsbelege gibt. Alles, was ich finde, sind hingekritzelte Notizen auf einem Haufen Zettel. Zu Cates Hochzeit finde ich rein gar nichts.
Rafe zuckt gleichgültig mit den Schultern. »Das dachte ich mir.«
Grummelbär Rafe scheint nicht oft da zu sein. Das ist zwar gut wegen des flexiblen Arbeitsplatzes, aber wenn ich meine Fragen loswerden will, mache ich das besser sofort. »Ihr habt erst letztes Jahr mit den Trauungen angefangen?« Er nickt. »Wie viele waren es?«
»Drei oder vier«, schnaubt er verächtlich.
»Und wie liefen die?«, hake ich nach.
Seine Augen werden zu Schlitzen. »Chaotisch.« Entdecke ich da einen Anflug von Humor hinter seiner mürrischen Fassade? »Aber die Leute hatten offenbar trotzdem Spaß.«
Bevor ich mich selbst stoppen kann, frage ich weiter. »So wie du das sagst, klingt es eher nach Tohuwabohu als nach Traumhochzeit auf dem Land. Warum machst du das, wenn es dir so am A… so egal ist?«
Er trommelt mit den Fingern auf den Tisch. »Gute Frage.« Er streckt die Beine unter den Tisch und lehnt sich zurück. »Die unschöne Wahrheit ist: Die Landwirtschaft ist am A… wie du eben so schön sagtest. Wenn wir überleben wollen, müssen wir uns was einfallen lassen. Ich wollte es mit Solarenergie versuchen, aber im Dorf meinte man, ich solle auf Veranstaltungen und Hochzeiten setzen.«
»Verstehe«, sage ich.
»Wir vermieten auch Feriencottages. Das läuft ganz gut. Die Hochzeiten mache ich weiter, weil … mir sonst die Managerin für die Ferienhäuser den Dienst quittiert.«
Ich mache große Augen, als ich verstehe, was er da sagt. »Immie hält dir die Pistole vor die Brust, um Cates Hochzeit zu retten? Und du machst da mit?«
Er schaut mir in die Augen. »Es lohnt sich nicht immer zu kämpfen, Poppy. Im Ernst: Würdest du dich mit Immie anlegen wollen?«
Ich erinnere mich an eine Szene mit Immie. Sie ist sieben, steht breitbeinig auf dem Schulhof und macht ein böses Gesicht. Sie ist drauf und dran, es mit den großen Jungs aufzunehmen, die mir an den Haaren gezogen und mich zum Weinen gebracht haben wegen meines nicht existierenden Vaters. Den Raufbolden genügte allein der Anblick von Immie, und sie gaben klein bei. So ist sie immer noch. Sie hat sich seitdem nicht geändert. Eine absolut treue Seele, bereit, sich für ihre Freunde mit Haut und Haaren in die Schlacht zu werfen. Natürlich auch für Morgan, ihren Sohn, und für ihre Brüder, auch wenn die meisten von ihnen es eigentlich nicht verdient haben.
»Nein, mit Immie würde ich es auch nicht aufnehmen wollen. Hast du jemals diesen Ausdruck auf ihrem Gesicht gesehen? Zum Kampf und zu allem entschlossen?«
Er nickt. »Das heißt, ich muss das mit den Hochzeiten durchziehen. Und du musst das mit dem flexiblen Arbeitsplatz durchstehen. Bis zu Cates Trauung.« Entschlossen schlägt er seine flache Hand auf die Oberschenkel und steht auf. »Dann ist Schluss, und ich kann mich auf meinen Hof und die Landwirtschaft konzentrieren, ohne Störungen. Noch Fragen?«
Mist, er geht. Dabei gibt es noch so viel, was ich wissen will. Es sprudelt nur so aus mir hervor: »Wo finden die Feiern eigentlich statt? Was ist mit Strom und Steckdosen? Was sage ich, wenn Anfragen kommen?«
»Ich zeige dir bald alles.« Jetzt macht er das schon wieder, redet, während er aus der Tür geht. Das nervt mich gewaltig. »Ich hoffe, diese Cate weiß das alles zu schätzen.«
»Bestimmt«, sage ich. Aber das hört er schon nicht mehr, denn ein Windstoß hat die Tür hinter ihm zugeschlagen.
»Brides by the Sea«: Fähnchen und Wimpel
Das Gute an meinen vielen Jobs ist die Abwechslung. Gestern habe ich Ordnung in das Chaos im Büro des Gutshofs gebracht, heute verziere ich Törtchen für eine Hochzeitsfeier in einem altmodischen Tanzcafé. Dann ruft mich Sera von unten und bittet mich, ihr mit einem Saum zu helfen.
Sie kniet gerade vor einer Braut und arbeitet an einem wunderschönen Kleid mit herzförmigem Dekolleté und einem sehr bauschigen Rock. Während Sera den Saum und die wahnsinnig lange Schleppe absteckt, reiche ich ihr die Nadeln. Dabei plaudern wir beide angeregt mit der Braut, damit die nicht aus den Latschen kippt. Das geht eine halbe Stunde so, und Sera ist fast fertig, da taucht Jess auf.
»Na, fertig? Können Sie noch stehen?«, fragt sie die Braut. Dann wendet sie sich an mich: »Poppy, ich mache weiter. Immie ist hier und möchte dich kurz sprechen. Ich habe sie hochgeschickt. Sie wartet dort auf dich.«
Da ich weiß, wie scharf Immie auf Kuchen ist, beeile ich mich, nach oben zu kommen. Ich springe die Treppe hinauf und bin gerade noch rechtzeitig in der Küche.
»In diese Törtchen da könnte ich mich reinsetzen!« Immie beugt sich gierig über den Tisch.
»Hände weg von den Törtchen!« Schnell ziehe ich das Blech weg und zähle dabei die süßen Teilchen, die ich noch bunt verzieren will. Erleichtert stelle ich fest, dass sie vollzählig sind. »Setz du mal das Wasser auf. Ich habe hier einen Schokoladenkuchen, den du kosten kannst.« Das versöhnt sie hoffentlich für die entschwundenen Törtchen. »Und dazu gibt’s ’ne Tasse Tee.«
»Super«, sagt Immie und schlängelt sich am Tisch vorbei zum Wasserhahn.