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Die herzergreifende Geschichte des kleinen Muck, der wenig Glück im Leben hat: Als der kleinwüchsige Muck mit sechzehn Jahren Waise wird, zieht er hinaus in die Welt. Bei Frau Ahavzi findet er eine Anstellung als Katzenpfleger, doch als er von dort fliehen muss, nimmt er sich anstatt seines Lohns, den er nie erhalten hat, ein Paar Pantoffeln und einen Spazierstock mit. Diese, so stellt sich bald heraus, haben magische Wirkung, die ihm jedoch zunächst weitere Schwierigkeiten bereiten...-
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Seitenzahl: 34
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Wilhelm Hauff
Saga
Der kleine Muck
Coverbild/Illustration: Shutterstock Copyright © 2020, 2020 Wilhelm Hauff und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726701050
1. Ebook-Auflage, 2020
Format: EPUB 3.0
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Die Karawane hatte das Ende der Wüste erreicht und fröhlich begrüssten die Reisenden die grünen Matten und die dichtbelaubten Bäume, deren lieblichen Anblick sie viele Tage entbehrt hatten. In einem schönen Tale lag eine Karawanserai, die sie sich zum Nachtlager wählten, und obgleich sie wenig Bequemlichkeit und Erfrischung darbot, so war doch die ganze Gesellschaft heiterer und zutraulicher als je; denn der Gedanke, den Gefahren und Beschwerlichkeiten, die eine Reise durch die Wüste mit sich bringt, entronnen zu sein, hatte alle Herzen geöffnet, und die Gemüter zu Scherz und Kurzweil gestimmt. Muley, der junge, Lustige Kaufmann, tanzte einen komischen Tanz, und sang Lieder dazu, die selbst dem ernsten Griechen Zaleukos ein Lächeln entlockten. Aber nicht genug, dass er seine Gefährten durch Tanz und Spiel erheitert hatte, er gab ihnen auch noch die Geschichte zum besten, die er ihnen versprochen hatte, und hob, als er von seinen Lustspringen sich erholt hatte, also zu erzählen an:
In Nicäa, meiner lieben Vaterstadt, wohnte ein Mann, den man den kleinen Muck hiess. Ich kann mir ihn, obgleich ich damals noch sehr jung war, noch recht wohl denken, besonders weil ich einmal von meinem Vater wegen seiner halb tot geprügelt wurde. Der kleine Muck nämlich war schon ein alter Geselle, als ich ihn kannte, doch war er nur drei bis vier Fuss hoch; dabei hatte er eine sonderbare Gestalt, denn sein Leib, so klein und zierlich er war, musste einen Kopf tragen, viel grösser und dicker als der Kopf anderer Leute; er wohnte ganz allein in einem grossen Haus und kochte sich sogar selbst; auch hätte man in der Stadt nicht gewusst, ob er lebe oder gestorben sei, denn er ging alle vier Wochen nur einmal aus, wenn nicht um die Mittagsstunde ein mächtiger Dampf aus dem Hause aufgestiegen wäre; doch sah man ihn oft abends auf seinem Dache auf- und abgehen, von der Strasse aus glaubte man aber, nur sein grosser Kopf allein laufe auf dein Dache umher. Ich und meine Kameraden waren böse Buben, die jedermann gerne neckten und belachten, daher war es uns allemal ein Festtag, wenn der kleine Muck ausging; wir versammelten uns an dem bestimmten Tage vor seinem Haus und warteten, bis er herauskam; wenn dann die Türe aufging, und zuerst der grosse Kopf mit dem noch grösseren Turban herausguckte, wenn dann das übrige Körperlein nachfolgte, angetan mit einem abgeschabten Mäntelein, weiten Beinkleidern und einem breiten Gürtel, an welchem ein langer Dolch hing, so lang, dass man nicht wusste, ob Muck an dem Dolch, oder der Dolch an Muck stak, wenn er so heraustrat, da ertönte die Luft von unserem Freudengeschrei, wir warfen unsere Mützen in die Höhe und tanzten wie toll um ihn her. Der kleine Muck aber grüsste uns mit ernsthaftem Kopfnicken und ging mit langsamen Schritten die Strasse hinab, dabei schlürfte er mit den Füssen, denn er hatte grosse; weite Pantoffeln an, wie ich sie sonst nie gesehen. Wir Knaben liefen hinter ihm her und schrien immer: „Kleiner Muck, kleiner Muck!“ Auch hatten wir ein lustiges Verslein, das wir, ihm zu Ehren, hie und da sangen; es hiess:
Kleiner Muck, kleiner Muck,
Wohnst in einem grossen Haus,
Gehst nur all’ vier Wochen aus,
Bist ein braver, kleiner Zwerg,
Hast ein Köpflein wie ein Berg;
Schau dich einmal um und guck,
Lauf und fang uns, kleiner Muck.“