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Gleich nach der Ankunft stellt Anton fest: Die gesunde Landluft stinkt erbärmlich! Und auch sonst ist er zunächst von ihrem Ferienort nicht begeistert, während seine Mutter sich freut, dass sie nun endlich Ruhe vor Vampiren haben wird. Aber das weiß Anton besser, denn der kleine Vampir wohnt bereits hier. Nur wo? Antons Suche endet – im Schweinestall! Die berühmte Serie von Angela Sommer-Bodenburg mit Zeichnungen von Amelie Glienke.
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Seitenzahl: 114
Angela Sommer-Bodenburg
Gleich nach der Ankunft stellt Anton fest: Die gesunde Landluft stinkt erbärmlich! Und auch sonst ist er zunächst von ihrem Ferienort nicht begeistert, während seine Mutter sich freut, dass sie nun endlich Ruhe vor Vampiren haben wird. Aber das weiß Anton besser, denn der kleine Vampir wohnt bereits hier. Nur wo? Antons Suche endet – im Schweinestall!
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Angela Sommer-Bodenburg hat Pädagogik, Soziologie und Psychologie studiert. Sie war 12 Jahre Grundschullehrerin in Hamburg und lebt in Silver City, New Mexico, USA, wo sie schreibt und malt. Ihre Erfolgsserie «Der kleine Vampir» wurde in 34 Sprachen übersetzt. Zudem gibt es Musicals, Theaterstücke und Hörbücher zur Serie, außerdem wurde sie zweimal für das Fernsehen verfilmt. Im Jahr 2000 kam eine internationale Großproduktion auf die Kinoleinwand, und 2017 hatte die erste 3D-Animation von «Der kleine Vampir» als europäische Koproduktion Premiere.
Amelie Glienke studierte Malerei und freie Grafik bei Professor Georg Kiefer, Hochschule der Künste in Berlin. Sie arbeitet als Grafikerin, Zeichnerin und (unter dem Namen HOGLI) als Karikaturistin in Berlin und hat zwei Kinder. Amelie Glienke illustrierte u. a. Werke von Hanne Schüler und Roald Dahl.
[Widmung]
Personen
Landluft
Bauernmalerei
Anton der Empfindliche
Rindviecher
Der Held des Hühnerhofs
Der Schimmelreiter
Hermann und Johanna
Unheimliche Bewohner
Vampirzähne
Das Versteck des kleinen Vampirs
Hühneraugen
Die Leute auf dem Land
Der kleine Vampir und die Ungeheuer
Der mutige Vampir
Hellseher
Zwei Berliner
Vampire – nein, danke!
Die Sache mit den Eiern
Gegen Langeweile muss man etwas tun
Der Schmetterlingssammler
Herr Stöbermann
Damenbesuch
Der große Unbekannte
Poesie für Vampire
Stöbermanns Entdeckung
Visite
Gute Besserung!
Rosen, Tulpen und Narzissen
Neuigkeiten aus der Gruft
Niedriger Blutdruck
Spione
Keine Sprechstunde
Wenn du noch eine Mutter hast
Arbeitsteilung
Vampire und andere Freunde
Dieses Buch ist für Burghardt Bodenburg, der sich mächtig ärgert, weil Boris ihn beim Vampirzähne-Wachsen überholt hat – und für Katja, die noch immer kein Loch in ihren Milchzähnen hat
Angela Sommer-Bodenburg
Anton liest gern aufregende, schaurige Geschichten. Besonders liebt er Geschichten über Vampire, mit deren Lebensgewohnheiten er sich genau auskennt.
Antons Eltern glauben nicht an Vampire.
Antons Vater arbeitet im Büro, seine Mutter ist Lehrerin.
Rüdiger, der kleine Vampir, ist seit mindestens 150 Jahren Vampir. Dass er so klein ist, hat einen einfachen Grund: er ist bereits als Kind Vampir geworden. Seine Freundschaft mit Anton begann, als Anton wieder einmal allein zu Hause war. Da saß der kleine Vampir plötzlich auf der Fensterbank. Anton zitterte vor Angst, aber der kleine Vampir versicherte ihm, er habe schon «gegessen». Eigentlich hatte sich Anton Vampire viel schrecklicher vorgestellt, und nachdem ihm Rüdiger seine Vorliebe für Vampirgeschichten und seine Furcht vor der Dunkelheit gestanden hatte, fand er ihn richtig sympathisch. Von nun an wurde Antons ziemlich eintöniges Leben sehr aufregend: der kleine Vampir brachte auch für ihn einen Umhang mit, und gemeinsam flogen sie zum Friedhof und zur Gruft Schlotterstein. Bald lernte Anton weitere Mitglieder der Vampirfamilie kennen:
Anna ist Rüdigers Schwester – seine «kleine» Schwester, wie er gern betont. Dabei ist Anna fast so stark wie Rüdiger, nur mutiger und unerschrockener als er. Auch Anna liest gern Gruselgeschichten.
Lumpi der Starke, Rüdigers großer Bruder, ist ein sehr reizbarer Vampir. Seine mal hoch, mal tief krächzende Stimme zeigt, dass er sich in den Entwicklungsjahren befindet. Schlimm ist nur, dass er aus diesem schwierigen Zustand nie herauskommen wird, weil er in der Pubertät Vampir geworden ist.
Tante Dorothee ist der blutrünstigste Vampir von allen. Ihr nach Sonnenuntergang zu begegnen kann lebensgefährlich werden.
Die übrigen Verwandten des kleinen Vampirs lernt Anton nicht persönlich kennen. Er hat aber einmal ihre Särge in der Gruft Schlotterstein gesehen.
Friedhofswärter Geiermeier macht Jagd auf Vampire. Deshalb haben die Vampire ihre Särge in eine unterirdische Gruft verlegt. Bis heute ist es Geiermeier nicht gelungen, das Einstiegsloch zur Gruft zu finden.
«Ist es nicht schön hier?», rief Antons Mutter und stellte ihren Koffer auf den staubigen Boden, genau neben einen getrockneten Kuhfladen, wie Anton schadenfroh feststellte.
«Sehr schön!», knurrte er und sah missgelaunt zum Bauernhaus hinüber. Hier musste er nun eine Woche bleiben, zusammen mit seinen Eltern, die sich diesen blöden Bauernhof ausgesucht hatten!
Ferien auf dem Bauernhof – wie langweilig das schon klang! Ihn hatten sie natürlich nicht gefragt, ob er seine paar Ferientage zwischen Kühen, Hühnern und Schweinen verbringen wollte! Spazieren gehen und auf Ackergäulen reiten sollte er – und dazu die gute Landluft atmen. Gute Landluft – dass er nicht lachte!
«Übrigens», sagte er zu seinen Eltern, «mit der guten Landluft müsst ihr euch wohl getäuscht haben. Es stinkt nämlich.»
«Überhaupt nicht», widersprach seine Mutter. «Ich finde die Luft herrlich. So frisch! Ganz anders als bei uns in der Stadt. Findest du nicht?», fragte sie den Vater.
«Doch, doch», sagte er.
«Trotzdem stinkt es», beharrte Anton. «Die Luft mag vielleicht gesund sein, aber sie stinkt.»
Seine Mutter warf ihm einen spöttischen Blick zu. «Ich wusste gar nicht, dass du so eine empfindliche Nase hast. Wenn ich da an deinen Freund denke, an diesen Rüdiger von Schlotterstein …»
«Wieso, was ist mit dem?»
«Weißt du nicht mehr, wie sein Umhang gestunken hat?»
Anton musste grinsen. «Der Umhang ist auch schon hundert Jahre alt», sagte er stolz. «Vielleicht sogar noch älter.» Übermütig fügte er hinzu: «Bei Vampiren ist das eben so.»
Er wusste ja, dass seine Eltern nicht an Vampire glaubten. Alles, was er über seinen Freund, den kleinen Vampir, erzählte, hielten sie für reine Erfindung. Deshalb war es für Anton immer am ungefährlichsten, bei allem, was die Vampire betraf, die Wahrheit zu sagen, denn die glaubten ihm seine Eltern am allerwenigsten.
So auch diesmal.
«Vampire, jaja!», sagte die Mutter ärgerlich. «Gott sei Dank sind wir jetzt auf dem Land. Da haben wir erst mal Ruhe vor deinen ewigen Vampiren – Vampiren im Fernsehen, im Kino und in deinen schrecklichen Büchern.»
«So?» Anton biss sich auf die Lippen. Wenn sie wüssten, dass der kleine Vampir seit der vergangenen Nacht hier auf dem Bauernhof wohnte …
«Ich bring das Gepäck rüber», sagte er vergnügt.
Er nahm eine Reisetasche und zwei Tüten und trug sie zur Tür des Bauernhauses.
«Anton ist plötzlich so eifrig», hörte er seinen Vater sagen.
«Alles nur wegen seiner Vampire», hörte er die Mutter antworten. «Er kann es nicht vertragen, wenn ihm mal jemand die Meinung darüber sagt.»
Anton hatte eine gute Meinung über Vampire. Jedenfalls über Rüdiger von Schlotterstein und seine kleine Schwester Anna, die mit ihrer Vampirfamilie in der Gruft Schlotterstein lebten. – Aber lebten Vampire wirklich?, überlegte Anton. Tagsüber schliefen sie wie Tote in ihren Särgen. Erst wenn die Sonne unterging, erwachten sie und verließen ihre Särge, um im Schutz der Dunkelheit auf Jagd zu gehen – auf die Jagd nach menschlichem Blut!
Anton erschauerte. Sogar hier, in dem kleinen Gästezimmer, wurde ihm ganz komisch zumute, als er an die Lieblingsspeise der Vampire dachte – und an die blutrünstigen Verwandten des kleinen Vampirs: Ludwig der Fürchterliche, Hildegard die Durstige, Sabine die Schreckliche – und Tante Dorothee, die Schlimmste von allen!
In diesem Augenblick klopfte es an seiner Tür.
Erschrocken fuhr Anton zusammen. «J-ja?», sagte er zaghaft.
Die Tür wurde geöffnet, und Antons Vater trat ein.
«Ach, du», sagte Anton erleichtert. Einen Moment lang hatte er tatsächlich geglaubt, ein Vampir stünde vor seiner Tür. Dabei war das gar nicht möglich, denn es war erst kurz nach elf am Vormittag.
«Frau Hering will uns den Hof zeigen», erklärte der Vater.
«Ich muss noch auspacken», wehrte Anton ab.
«Gefällt dir dein Zimmer?», fragte der Vater und sah sich um. Ohne Antons Antwort abzuwarten, stellte er fest: «Ist doch hübsch!»
«Na ja», sagte Anton. Der mit Bauernmalerei verzierte Schrank, das altmodische Bett und die Blümchenvorhänge am Fenster entsprachen nicht unbedingt seinem Geschmack.
«Weißt du, dass Frau Hering alles selbst bemalt hat?»
«Hm», machte Anton gleichmütig.
«Das hätte ich in deinem Alter mal haben müssen – Urlaub auf dem Bauernhof und dazu ein eigenes Zimmer! Weißt du, wie ich Urlaub machen musste?»
«Nö.»
«Bei uns am Baggersee. Mit dem Rad sind wir hingefahren, und das Einzige, was wir bekommen haben, waren zehn Pfennig für ein Eis.»
Anton stöhnte leise. Wenn der Vater mit seinen alten Geschichten anfing, war es am besten, nichts zu sagen, dann hörte er am schnellsten wieder auf.
«Wegfahren, so etwas gab es überhaupt nicht. Heute dagegen muss es mindestens ein Kurort sein, am besten mit Schwimmbad und Disco.»
Genau!, stimmte Anton in Gedanken zu.
«Aber wir können auch noch einfachen Urlaub machen. Nicht wahr, Anton?»
Anton brummte etwas Unverständliches.
«Mir gefällt es ja auch», sagte er dann. Er klappte den Deckel seines Koffers zu und stellte die Schultasche, in der er unter Schulbüchern den zweiten Umhang des kleinen Vampirs versteckt hatte, in den Schrank.
«Ich bin fertig.»
Frau Hering stand im Hof und unterhielt sich mit Antons Mutter. Sie trug Reitstiefel und eine Reithose, hatte kurzes blondes Haar und sah gar nicht wie eine Bäuerin aus, fand Anton.
«Bist du zufrieden mit deinem Zimmer?», fragte sie.
Dass Erwachsene immer dasselbe fragen mussten!
Anton nickte.
«Ja.»
«Eigentlich ist es das Zimmer von Johanna», sagte sie. «Aber wenn wir Feriengäste haben, schläft sie bei Hermann im Zimmer. – Ist es dir nicht zu mädchenhaft?»
«Da ist Anton nicht so empfindlich», behauptete Antons Mutter. «Wir haben nämlich in unserer Erziehung besonderen Wert darauf gelegt, dass er lernt, Mädchen zu respektieren.»
«Wie bitte?», sagte Anton entrüstet. Woher wollte sie das wissen? In allem, was mit Mädchen zusammenhing, war er sogar sehr empfindlich!
«An diesem Wochenende sind Hermann und Johanna allerdings bei den Großeltern», erklärte Frau Hering.
«Wie schade!», meinte Antons Vater. «Dann hat Anton gar keine Spielkameraden.»
«Ich kann mich auch so beschäftigen», sagte Anton verärgert. Auf Hermann, von dem er wusste, dass er nur mit Rittern spielte, konnte er gut verzichten. Und Johanna, die er kurz gesehen hatte, als er mit seinen Eltern das erste Mal auf dem Bauernhof war, um die Zimmer zu bestellen, war auch nicht sein Fall.
«Haben Ihre Kinder auch Schulferien?», fragte Antons Mutter.
«Nein, erst übernächste Woche.»
Überrascht horchte Anton auf. Dann würde er wenigstens vormittags seine Ruhe haben!
«So, und jetzt zeige ich Ihnen den Hof!» Frau Hering öffnete eine grün gestrichene Holztür. «Hier geht es zum Kuhstall.»
Antons Eltern folgten ihr – freudig und aufgeregt, als hätten sie noch nie eine Kuh gesehen!, dachte Anton verächtlich. Er trottete langsam hinterher. Sie sollten ruhig merken, dass er für einen Urlaub auf dem Bauernhof schon viel zu alt war!
Im Kuhstall hätte Anton beinahe laut aufgelacht: Es stank zwar erbärmlich nach Kuhmist, der Stall jedoch war leer! Nur eine graue Katze saß auf einem Holzbalken und putzte sich. Mit einer gewissen Schadenfreude sah Anton zu seinen Eltern hinüber.
«Tolle Kühe!»
«Du glaubst wohl, die stehen das ganze Jahr im Stall», sagte Frau Hering.
«Wieso nicht? Sie müssen doch gemolken werden.»
«Gemolken?» Frau Hering begann zu lachen. «Wir haben nur Bullen. Und die sind jetzt auf der Weide.»
Anton merkte, wie er rot anlief. Woher sollte er das wissen! Und überhaupt – Rindviecher interessierten ihn sowieso nicht.
«Und andere Tiere haben Sie nicht?», fragte er forsch.
«Doch.» Frau Hering ging zu einem Holzverschlag. «Ein Lämmchen, das wir mit der Flasche aufziehen. Es heißt Balduin.»
Fast hätte Anton «süß» gerufen, aber er konnte sich gerade noch zurückhalten. Nur kleine Kinder kreischten beim Anblick von Tierbabys!
Antons Eltern streichelten das Lämmchen.
«Möchtest du es nicht streicheln?», fragte Frau Hering.
«Nö», brummte er und steckte seine Hände in die Hosentaschen.
«Anton fühlt sich zu groß dafür», sagte sein Vater.
«Überhaupt nicht!», widersprach Anton. «Aber das ist nur was für Mädchen.»
«Wie bitte?», rief die Mutter empört. «Du bist wohl völlig übergeschnappt!»
Plötzlich kam seine ganze Wut über diesen dämlichen Urlaub in ihm hoch. «Und ob das was für Mädchen ist! Tiere streicheln, reiten – Mädchen finden das toll! Aber ich nicht!»
Er drehte sich hastig um, weil ihm die Tränen in die Augen stiegen. Wenn seine Eltern jetzt wütend auf ihn waren, war ihm das auch egal!
Ein peinliches Schweigen entstand. Dann hörte er den Vater fragen: «Haben Sie keine Fledermäuse? Anton schwärmt nämlich für Fledermäuse und Vampire.»
«Fledermäuse? Oben in der Scheune sind ein paar. Wollen Sie die sehen?»
«O nein, bloß nicht!», rief Antons Mutter. «Ich möchte einmal eine Woche lang nichts mit Vampiren und Fledermäusen zu tun haben!»
Anton atmete auf. Er war nämlich davon überzeugt, dass der Vampir seinen Sarg oben in der Scheune versteckt hatte.
«Hermann schwärmt für Ritter», sagte Frau Hering. «Jedes Kind hat wohl so seinen Tick!»
«Das kann man nicht vergleichen!», rief Anton – ziemlich unvorsichtig, wie er gleich darauf merkte.
Neugierig fragte Frau Hering: «Warum kann man das nicht vergleichen?»
«Weil –» Anton zögerte. Auf keinen Fall wollte er etwas Falsches sagen.
«Anton glaubt an Vampire», sagte an seiner Stelle der Vater.
«Er hat sogar einen Freund, von dem er behauptet, er sei ein Vampir.»
Frau Hering lachte: «Dann kann ich ja froh sein, dass Hermann nur mit Spielzeugfiguren spielt!»
In Anton brodelte es. Aber diesmal beherrschte er sich. Sollten sie ruhig über ihn lachen – damit bewiesen sie nur, dass sie keine Ahnung hatten!
«In Ihrem Prospekt stand, dass Sie auch Schweine haben», sagte Antons Mutter.
«Ja, Mastschweine», bestätigte Frau Hering. «Die kann ich Ihnen jetzt allerdings nicht zeigen. Da müssen Sie warten, bis mein Mann um sechs das Futter einlässt.»
Anton stand da und gähnte. Schweine – als ob ihn die interessierten!