Der Kronprinz und die deutsche Kaiserkrone - Gustav Freytag - E-Book
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Der Kronprinz und die deutsche Kaiserkrone E-Book

Gustav Freytag

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Beschreibung

In Gustav Freytags Werk "Der Kronprinz und die deutsche Kaiserkrone" wird die Geschichte des jugendlichen Prinzen Friedrich Wilhelm erzählt, der zwischen den politischen Machenschaften des deutschen Kaiserreichs gefangen ist. Freytag präsentiert einen detaillierten historischen Roman, der sowohl fiktionale Elemente als auch historische Ereignisse geschickt verbindet. Durch seinen prägnanten Schreibstil und die sorgfältige Charakterzeichnung gelingt es Freytag, die Leser in die Welt des 19. Jahrhunderts zu entführen. Das Buch wird oft als eines der bedeutendsten Werke des deutschsprachigen Bürgertums des 19. Jahrhunderts betrachtet und bietet einen faszinierenden Einblick in die politische Landschaft dieser Zeit. Gustav Freytag, selbst ein angesehener Schriftsteller und Dramatiker des 19. Jahrhunderts, war ein scharfer Beobachter der politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen seiner Ära. Seine Erfahrung und sein Wissen über die deutsche Geschichte spiegeln sich deutlich in diesem Roman wider. Als Zeitgenosse vieler der historischen Figuren, die er in seinem Werk porträtiert, bietet Freytag dem Leser eine einzigartige und authentische Perspektive auf die Ereignisse der Zeit. "Der Kronprinz und die deutsche Kaiserkrone" ist ein Muss für alle, die sich für historische Romane und deutsche Geschichte interessieren. Durch Freytags meisterhafte Erzählkunst und die komplexe Darstellung politischer Intrigen und persönlicher Konflikte wird der Leser in eine fesselnde Welt des 19. Jahrhunderts entführt. Dieses Buch ist nicht nur unterhaltsam, sondern bietet auch einen tiefen Einblick in die politischen Wirren dieser Ära und die menschliche Natur im Angesicht großer Macht.

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Gustav Freytag

Der Kronprinz und die deutsche Kaiserkrone

Deutsch-Französische Krieg 1870/71 (Erinnerungsblätter deutscher Regimenter)

Books

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2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-2576-7

Inhaltsverzeichnis

Aus dem Hauptquartier der dritten Armee.
Nach dem Kriege.
Die Reise des Kronprinzen nach dem Orient.
Die Kaiserkrone.
Neues und altes Kaiserceremoniell.

Die folgenden Blätter wären nach dem Ableben Kaiser Friedrich's gedruckt worden, wenn nicht andere Veröffentlichungen, und was mit ihnen zusammenhing, dem Verfasser verleidet hätten, sich während einer unerfreulichen Aufregung über die Person des theuern Toten zu äußern. Jetzt in einer Zeit größerer Ruhe möge man diesen kleinen Beitrag zur Entstehungsgeschichte der deutschen Kaiserwürde wohlwollend aufnehmen. Er vermag freilich nur zu berichten, wie als Wunsch in der Seele des Kronprinzen gelebt hat, was später Thatsache wurde.

Seit achtzehn Jahren besteht das deutsche Kaiserthum, es ist bereits fest gewurzelt in dem Gemüth und dem politischen Leben des Volkes, es ist Ehre und Stolz von Millionen geworden, auch seine Reichsverfassung hat sich als eine dauerhafte Schöpfung erwiesen und wird neben dem Vielen, was die Nation dem Fürsten Bismarck zu danken hat, in Zukunft vielleicht als eine besonders staatskluge Bildung betrachtet werden. Wenn nun der Schreiber dieser Zeilen bekennt, daß er selbst im Jahre 1870 der Kaiserkrone über einem deutschen Staatsbau abgeneigt gegenüberstand, so muß er sich gefallen lassen, daß die Leser von seinem politischen Scharfblick eine ungünstige Meinung erhalten. Dennoch wird ihnen zugemuthet, auch von dieser überwundenen Auffassung etwas zu vernehmen, denn in Wahrheit war dieselbe im Jahre 1870 nicht die Ansicht eines Einzelnen, sondern vieler Männer, ja die herrschende Meinung in Norddeutschland. Es ist jetzt unnütz zu fragen, ob eine andere Form der Vereinigung deutscher Stämme gedeihlicher geworden wäre, auch würde solche Frage, wenn sie aufgeworfen werden sollte, wahrscheinlich durch allgemeinen Zuruf verneint werden. Aber die damalige Stimmung im Volke ist auch eine geschichtliche Thatsache, welche die Begeisterung des preußischen Thronfolgers für die Kaiserkrone zum Gegensatz hatte, und welche vielleicht die bedächtigen Erwägungen des Bundeskanzlers beeinflußt hat.

Der Verfasser entnahm die folgenden kurzen Mittheilungen, welche den Kronprinzen betreffen, aus den Aufzeichnungen, die er sich im Feldlager gemacht hatte, und aus Briefen, die er von dort an einen Freund schrieb. Wenn er hier auch über die Persönlichkeit des späteren Kaisers Friedrich, wie sie ihm erschienen ist, geurtheilt hat, ehrlich und mit einem Herzen voll Pietät, so hält er dies als geborner Preuße für sein Recht; er hat durch ein langes Leben treu an dem Geschlechte der Hohenzollern gehangen und ist Toten und Lebenden für manchen Huldbeweis verpflichtet, aber er ist nicht im Stande, vor der höchsten Erdenhoheit sein Urtheil gefangen zu geben, und er ist der Meinung, daß den Gebietern unseres Staates besser gedeihen muß über solche zu herrschen, welche sich eine selbständige Auffassung bewahren, als über die, welche Nacken und Meinung gefügig beugen.

Dagegen hat er Entschuldigung dafür zu erbitten, daß einige Aufsätze hinzugefügt sind, die bereits um 1870 gedruckt wurden, ja sogar ein Gedicht, welches 1871 in der ersten Nummer der Zeitschrift »Im Neuen Reich« erschien. Diese Stücke wurden dem Kronprinzen geschrieben, damit er sie lese, und der hohe Herr hat in seiner Herzensgüte dem Verfasser seinerzeit bestätigt, daß er die wohlmeinende Absicht verstanden habe.

Aus dem Hauptquartier der dritten Armee.

Inhaltsverzeichnis

1. Bis nach Petersbach.

In Speier kam ich am 1. August 1870 an und hatte die Freude alsbald den Kronprinzen zu sprechen, Morier war bei ihm, der sich gerade empfahl. Ich fand unsern Herrn sehr lieb und gütig, er ist für mich ein rührender Mann: das lautere, offenherzige Gemüth, die Innigkeit seines Empfindens, die Unbehilflichkeit seines Wollens überall, wo er nicht durch ein warmes Gefühl getrieben wird. Sobald wir allein waren, sprach er von der Kronprinzessin. – In seiner Auffassung der deutschen Verhältnisse aber war er wie ein geflügelter Engel, der hoch über der Erde schwebt. Der deutsche Nordbund erschien ihm als gänzlich überwunden und abgethan; das Ganze, die Einheit, sei ja jetzt vorhanden. Ich nahm mir die Freiheit zu bemerken, daß Einheit des Enthusiasmus und des Heeresbefehls noch durchaus nicht Einheit der politischen Interessen zur Voraussetzung und zur Folge habe. Das Streben der Südstaaten, ihre Selbständigkeit zu bewahren, jetzt gebändigt durch die Scheu vor Preußen und Franzosen, empfiehlt ihnen diesen Krieg ebenso sehr als ihre deutsche Gesinnung. Baiern und Würtemberg als treue Verbündete im Kriege sichern sich dadurch die Rücksichtnahme auf ihre politischen Forderungen. Ihre beste Hilfe wird, daß sie Vaterlandsliebe gegen Frankreich erweisen können. Wenn der unwahrscheinliche Fall einträte, daß der Krieg ungünstig für Preußen verliefe, dann würden sie sich als Rechtfertigung jeder abgeneigten Politik anrechnen dürfen, wir haben's ja einmal ehrlich gemeint, und da ist's schlecht gegangen. Auch der warmherzige Eifer des Volkes in Süddeutschland ist zwar sehr schön, er ist zur Zeit geräuschvoller, aber durchaus nicht so opferfreudig als im Norden: man vergleiche z.B. die Verzeichnisse der Liebesgaben und patriotischen Opfer. Man klappert hier, aber es ist nicht viel in der Büchse.

Am 2. August hatte ich Gelegenheit mit Führern der beiden baierischen Armeecorps dasselbe zu verhandeln. Sie sprachen sich ehrlich über die Politik ihrer Regierung aus. »Der König von Baiern ist jetzt der volksthümlichste Mann seines Landes.« »Wir müssen zu Deutschland halten, wenn wir Baiern bleiben wollen.« »Die Rede des Kriegsministers v. Pranckh: ich bin Partikularist vom reinsten Wasser, und deshalb bin ich für den Krieg gegen Frankreich, bezeichnet genau unsere Lage«, und »der König läßt sich eher töten, als daß er den kleinsten Theil seiner Herrschermacht aufgiebt«. Diese und ähnliche Aeußerungen möge man in Norddeutschland wohl beachten. Und ganz dieselbe Auffassung klang aus den Reden hiesiger Bürger, nur gemüthlicher und weniger entschieden. Trotz alledem sind die Baiern freudig durch das Gefühl erhoben, endlich einmal auf der rechten Seite zu stehn. Einer der baierischen Generäle lobte auch in bescheidener Weise die Tüchtigkeit seiner Leute: »Wenn sie feuernd in einem Graben liegen, so werden sie auch gegen starke Uebermacht aushalten, bis die letzte Kugel verschossen ist.« Man darf hoffen, daß die Baiern in diesem Kriege ihren Schlachtenmuth noch in anderer Weise erproben werden.

Es scheint mir, daß man den Kronprinzen zu viel durch Politik zerstreut. Er ist jetzt Befehlshaber der dritten Armee. Die Politik wird weit ab im großen Hauptquartier durch einen Mann von ganz anderer Natur gemacht, und das gelegentliche Einreden des Kronprinzen aus der Ferne wird nicht viel ändern. Dazu hat der Kronprinz eine militärische Aufgabe, die schon wegen der Zusammensetzung seiner Armee schwerer ist als man sagen kann; und es gilt jetzt alle Kraft für das nächste große Ziel, den Sieg, zu sammeln. Da wirkt nun sehr störend das ungeheure Hauptquartier, so und so viel Prinzen mit militärischem Gefolge, Dienerschaft und Troß, fremde Offiziere und Militärbevollmächtigte, auch Männer von Civil, tägliche Tafel mit der Hälfte, da alle zusammen nicht Platz haben. Namentlich die zuschauende fürstliche Umgebung beansprucht von dem Kronprinzen Zeit und Gedanken, denn jeder der Herren nimmt doch einen Bruchtheil davon für sich in Anspruch. Es ist deshalb im Werke, das Hauptquartier zu theilen, und eine zweite Staffel einzurichten, in welcher ein Theil der nicht Dienst thuenden Herren in gesonderte Quartiere gelegt werden kann. Aber diese Trennung in einen Cötus A und B wird nicht viel helfen. Im Jahre 1866 war der Kronprinz fast ganz allein mit seinen militärischen Rathgebern, jetzt ist die Aufgabe größer und sie findet den Herrn in einer Lage, die ihn beständig veranlassen muß, an vieles Andere zu denken, fürstlich zu wirken und sich auszugeben. Im Hauptquartier des Königs hat man sich diese Fürstenbegleitung fern gehalten, und fast Alles dem Kronprinzen zugewandt.

Unter den vorhandenen Herren fehlt es natürlich nicht an solchen, welche die Zukunft Deutschlands mit warmem Herzen und Erfindungslust besprechen. Daß diese ungeheuere Erhebung zu etwas ganz Neuem führen müsse, ist ihnen völlig deutlich, nur darüber gehen die Ansichten auseinander, wie das Neue beschaffen sein soll. Mein lieber Herzog empfing mich verwundert, und sprach zu mir von dem neuen Kaiserthum, das die Fürsten sehr wünschten. Aber ich besorge, sein warmes Herz täuscht ihn, es sind nicht Alle so bereit wie er, für Deutschland ihre fürstliche Vollgewalt hinzugeben. Zudem ist es keine gute Vorbedeutung von einem neuen Kaiser zu reden, während man dem, der jetzt unser Feind geworden, gerade den Purpurmantel ausziehen will.

Der Aufbruch des Hauptquartiers von Speier erfolgte am 3. August früh. Ein langer Zug von Wagen, Reitern, Rossen, wohl 200 Pferde, auf staubiger Landstraße. Der Kronprinz fuhr mit seiner nächsten militärischen Umgebung kluger Weise später ab; dadurch war die Entlastung des Herrn von unwesentlichen Verpflichtungen eingeleitet.

Die ganze Pfalz in Stadt und Dorf steckte ihre Fahnen heraus und jubelte dem Kronprinzen zu, so warm, so fröhlich vertrauend und so hingerissen von seiner guten Art, daß es eine Freude für Jedermann ist. Er macht die Menschen von Herzen froh, durch eine ganz einzige Verbindung von vornehmer Artigkeit und treuherzigem Wesen. Und er wirkt allerdings als Eroberer. Aber solche Wirkung ist wie der holde Rausch fremder Poesie, er verfliegt schnell in nüchterner Wirklichkeit. Der Weg von Speier nach Landau führt in der ersten Hälfte vier Wegstunden durch flaches Land, dessen Fruchtbarkeit berühmt ist. Der Nußbaum im Felde, sorgfältig gepflegte Rebgärten, der Tabak geben den Fluren eigenthümliches Aussehen; die Menschen mit gescheidten Gesichtern, auch unter den Kindern viel Braunhaar und Schwarzhaar und große dunkle Augen, theils römisches, theils jüdisches Blut, das hier einen großen Bestandtheil ausmacht, daneben prächtige hellblonde Germanenköpfe. Die Frauen tragen auf dem Kopf und haben deshalb gute Haltung. Aus den Fenstern der niedrigen, weißgetünchten Steinhäuser in den Dörfern hingen viele blauweiße Fahnen, daneben die Teppiche der Putzstube; Bundesfarben zuweilen in den Städten, in einem Dorfe auch einmal eine schwarz-weiße Fahne, die wir begrüßten, darunter kauerten und standen fünf hübsche Kinder in einer Gruppe. Alles freut sich hier recht innig, daß es einmal vor Gott und Menschen erlaubt ist, gut bairisch zu sein.