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Unterdes betrachtete Jungfer Anna nicht ohne Störung die Holzschnitte ihres Buches. Sie hatte Aufsehen erregt, vielleicht wegen ihres anmutigen Gesichtes, vielleicht weil sie einen Beguinenmantel trug, welcher in Thorn bei ehrbaren Jungfrauen nicht gebräuchlich war, denn sie vernahm plötzlich neben sich die dreisten Worte eines fremden Mannes: »Was guckt Ihr in Gedrucktes, Ihr hübsches Fräulein; hört lieber auf die Rede eines Edelmanns, wenn er Euch sagt, daß Ihr selbst schöner anzusehen seid, als die Weibsstücke, welche in diesem Buche abgebildet sind.« Anna sah neben sich den Schnauzbart des Polen, welcher in das Buch und auf sie starrte. Errötend wandte sie sich ab und faßte den Magister am Arm: »Herr Vater, gehen wir.« Aber als der Magister sich zu der Verabschiedung rüstete, raunte Hannus: »Bergt die Bücher, dort schleicht ein Dominikaner herzu, es ist Pater Gregorius, der heftige Mann.« Er schob mit schneller Handbewegung eine Decke über die aufgelegte Ware und neigte sich vor dem Mönch, welchen der Beguinenmantel der Jungfrau und die weiße Feder auf der Mütze des Polen herangelockt hatten, damit er seine Gewalt erweise. Der Mönch sah unter der gerollten Krempe seines Hutes finster auf den Händler herab: »Ich sorge, Meister Hannus, Ihr bewahrt vieles in Eurem Kram, was die Seelen guter Leute zu Schaden bringen mag.« »Ihr kennt ja mein Geschäft seit lange,« versetzte der Buchführer, »wenn Ihr mir auch selten Eure Kundschaft vergönnt. Wir armen Laien kaufen und verkaufen, was die Drucker von neuer Ware zusenden, uns fehlt die Zeit, um alles selbst zu lesen; auch haben wir nicht Witz genug, um zu verstehen, was den ehrwürdigen Vätern lieb oder leid ist.« »Der Rat sollte Euch strenger auf die Finger sehen,« fuhr der Mönch tadelnd fort, »denn wie mir scheint, gleitet allerlei durch Eure Hände, was Euch einmal da Angst bereiten wird, wo Ihr Erbarmen nötig habt.« »Ich halte auf reine Wäsche,« entgegnete Hannus gereizt, »erst gestern habe ich das Geld zu Eurem Tische getragen und meinen Zettel gelöst. Ist mir in meinem Geschäft zuweilen ein unrichtiges Buch durch die Hände geschlüpft, so habe ich diese Sünde durch richtiges Geld bei den Heiligen wettgemacht. Ihr selber wißt, daß ich Ablaß für alles habe.« »Dennoch rate ich Euch, daß Ihr Euch vor der Versuchung wahrt; denn der böse Feind ist mächtig geworden unter solchen, welche Bücher schreiben, und zu der Rotte des Reuchlin und Erasmus gesellen sich jetzt andere Übeltäter, welche ärger sind als jene,« und er schlug im Eifer mit der Faust auf den Tisch. Der Pole hörte ergötzt dem Eifer des Mönches zu. »Recht, ehrwürdiger Vater,« ermunterte er, »alles Gedrucktes ist Unsinn.« Diese törichten Reden der Dunkelmänner vermochte der Magister nicht geduldig anzuhören, er wandte sich mit herber Miene, um ihnen Bescheid zu sagen. Da aber erhob sich ein helles Geschrei, die Marktleute stoben vor einem fernen Schrecken auseinander, Weiber und Kinder rannten ...
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ISBN 9783961509539
Im Preußenlande ging die Herrschaft des kalten Winters zu Ende. Noch lastete auf Flur und Wald der Schnee und über dem Wasser der Weichsel starrte geborsten und in riesige Schollen zusammengeschoben die Eisdecke. Aber ein lauer Westwind, der erste Vorbote des Frühlings, hatte zur Fastnacht mit neuem flockigem Weiß die mißfarbige Landschaft überzogen. Der leichte Flaum der Wolken deckte die kahlen Stellen der Heide, welche der Nordsturm gefegt, er verbarg die Fährten der Wölfe und die Stapfen der Raubvögel, die Gleise der Schlitten und die braunen Steige, welche der Fuß des Menschen gedrückt hatte. Jedes Turmdach und jeder Vorsprung der Häuser, die Kiefer im Walde und der Wacholder am Moor waren geschmückt mit glitzernden Kappen.
Am Ufer des Stromes lagen die Altstadt und Neustadt, welche den Namen Thorn führten und einem Rate gehorchten, noch durch Mauern voneinander geschieden und durch Tore, welche in der Nacht verschlossen wurden; nach außen aber gegen die Landschaft eine einige Burg mit vielen stolzen Türmen, auf drei Seiten von einem breiten Graben umgeben; an der vierten wälzte sich unter der Eisdecke das wilde Weichselwasser. Ungern ertrug es die lange Brücke, welche die Bürger erst vor kurzem gezimmert hatten, damit ihnen der Verkehr nach Polen bequemer sei.
Dreihundert Jahre hatte dies feste Feldlager deutscher Arbeiter an der Slawengrenze bestanden, zuerst war es von Holz gewesen, dann hatten die Ansiedler sich eine Mauerrüstung aus gebranntem Steine errichtet. Als Eroberer waren die ersten Burgmannen an den Heidenstrand gezogen, als Herren fühlten sich die Nachkommen noch jetzt zwischen Slawen und deutschen Edelleuten. Klugen Sinn im Rat und harte Faust zur Tat rühmte man an ihnen überall im Lande, doch wurden sie auch herrisch gescholten und eigennützig, aber sie behaupteten ihren hohen Mut unter lauernden Gegnern und offenen Feinden. Und wenn die Stadt aus ihrem Artushofe die Söhne alter Geschlechter zur Landesmusterung sandte, so trug der Fähnrich ein Banner von rotem Tuch, worauf ein Salamander zwischen Flammen gemalt war, mit der stolzen Umschrift: »Ich werde dauern.« Saßen die Männer von Thorn auch nicht in der größten Stadt des Weichsellandes, – denn Danzig an der See war mächtiger geworden, – sie freuten sich doch des Vorrechts der ältesten, ihre Bürgermeister führten den Vorsitz im gemeinsamen Rat der Städte, als Glieder der Hansa waren sie heimisch auf den Kontoren von Lübeck und Brügge und übten Herrenrechte an dem Strand von Schonen, wo das Stadtzeichen über den Lagerhäusern ihrer Fischer befestigt war.
Sie waren Deutsche geblieben und sahen mit geheimer Verachtung auf die polnische Unordnung jenseit der Weichsel, aber über ihre Stadt schwebte gebietend der weiße Adler der Polen. Denn zur Zeit der Großväter hatte sich das ganze Weichselland von Thorn bis zur See gegen den verdorbenen deutschen Orden empört und der Krone Polen unterstellt, weitab im Osten lag das verkleinerte Ordensland wie eine Insel zwischen dem Meere und slawischem Gebiet. Auch diesen Landrest sollte der Hochmeister nur als Vasall der Krone Polens regieren, und da der junge Herr Albrecht von Brandenburg, welcher jetzt auf dem Hochmeisterstuhle saß, die Lehnshuldigung noch nicht geleistet hatte, so wurde er in den Städten des polnischen Preußens mit Argwohn und Haß betrachtet. Denn überall zürnte und spottete man über den Verfall des Ordens, und die Bürger wurden nicht müde, arge Geschichten von Druck, Freveltat und nichtswürdiger Schwäche der alten Kreuzritter zu erzählen. Auch die weltklugen Männer, welche in dem Rate von Thorn saßen, haßten den Gedanken an eine Rückkehr der tyrannischen Ordensherrschaft und dachten feindselig an ihre Landsleute im Ordensland. Sie hofften für sich und ihre Stadt aus dem großen Polenreiche ein fröhliches Aufblühen, sie verstanden trefflich, sich von dem Könige als Belohnung ihrer Treue wertvolle Vorrechte zu erhandeln und sie wunderten sich zuweilen, daß ihrer Stadt ein völliges Gedeihen doch nicht wiederkehren wollten. So glichen sie Matrosen, welche sich beim Schiffbruch gegen den schlechten Schiffsmeister empört und auf einem Boot an das Land gerettet haben; und sie sahen hinüber nach dem verlassenen Schiff und auf die bedrängten Maate, welche bei dem Meister zurückgeblieben waren, in einem finsteren Groll, der vielleicht verstärkt wurde durch geheime Mahnung des Gewissens.
Wer aber heut die Gassen der Stadt betrat, der merkte nicht, daß die Bürger durch schwere Händel und Kriegsgefahr bedrängt wurden. Es war Wochenmarkt in der Fastnacht, das lustigste Frühlingsfest der Stadt. Durch die klare Luft klang das Morgengeläut der kleinen und großen Glocken, jede der metallenen Stimmen redete vertraulich dem Stadtsohne zum Herzen, denn in jeder vernahm er den Gruß eines Schutzheiligen der Stadt und jede hatte hohe Stunden seines eigenen Lebens geweiht. Vor allem erhob den ehernen Gesang das schöne Geläut der heiligen Jungfrau, welcher die erste Rede gebührte, da sie für die himmlische Gebieterin des ganzen Preußenlandes galt, wie im Wettstreit antworteten aus der Neustadt der große Jakob und die scharfe Stimme der Dominikaner von St. Nikolaus, gleich darauf folgten mit schnellem Schwunge und hellem Gebimmel alle kleinen Bethäuser und Kapellen. Aber am liebsten lauschten die Bürger in der Altstadt auf den Ruf der Pfarrkirche von St. Johannes, und sie hatten die Absicht, dort eine neue Riesenglocke aufzuhängen, welche zu allem Gesange der Luft den Baß hallen und die Ehre der Stadt in der Landschaft vermehren sollte. Denn weit über die Dörfer und Wälder, den Strom entlang und nach Polen hinein drang der Morgengruß der großen deutschen Burg, und das raublustige Gesindel, welches mit den Wölfen und Füchsen bei Nacht über die preußische Heide trabte, wandte sich mißvergnügt von dem Klange ab nach seinen wilden Schlupflöchern.
Als die ersten Festgenossen des Tages schwärmten die Kinder aus den Häusern, sie wateten lustig im weichen Schnee und sprangen im Reigen, viele mit Flittern und künstlichen Blumen aus buntem Papier geschmückt. Auch die Bürger beeilten sich, auf den Markt und in den breiten Straßen Bänke aufzustellen und die Waren auszulegen; wer keinen Stand behauptete, der brachte doch seine Arbeit in den Hausflur oder hing sie an seine Tür, damit sie den Fremden gefalle. Denn auf allen Straßen zog das Landvolk der Stadt zu, die Bauern der Umgegend in ihren Korbwagen, die Junker mit ihren Knechten auf behenden Rossen, die gewöhnt waren, sich durch Kiefergebüsch und über das Moos der Sümpfe zu winden. Auch die Polen kamen über die lange Brücke in lodigen Schafspelzen auf kleinen struppigen Pferden; viele lagerten außerhalb der Mauern am Ufer wie ein Kriegshaufe bei rauchenden Feuern und sie luden von ihren Karren ab, was sie zum Tausch gegen städtische Waren angefahren hatten: Honig, Wachs und Felle.
Zunächst nach den Glocken erhob der ehrbare Rat seine mahnende Stimme. Der erste Diener, gefolgt von zwei Hellebardieren, schritt vom Rathaus über den Markt und rief an den Ecken den strengen Frieden der Stadt aus: »Der Rat gebietet euch von Gottes wegen und von der Stadt wegen, verbricht jemand mit Worten, so gehe es ihm an seine Habe, verbricht er mit Werken, so gehe es ihm an seinen Hals.« Und jedesmal folgte den Worten ehrfürchtige Stille, darauf ein unterdrücktes Gemurmel.
Gleich darauf erklangen Trommeln und Pfeifen aus allen Stadtvierteln, Frauen und Mädchen traten in die Haustüren und blickten neugierig aus den Fenstern, denn die Viertel trugen heut nach altem Brauch ihre Fahnen vor das Rathaus, damit einer der Herren Bürgermeister das Fahnentuch mustere und den Trägern von Rats wegen eine Verehrung zuteile. Zu gleicher Zeit kamen aus beiden Städten die Fähnriche, begleitet von einem Zug Bewaffneter, herangezogen. Sobald der Fähnrich des Viertels, welches das Altthorner hieß, von der Heiligengeiststraße her den Markt betrat, hielt er vor einem Eckhause, das unter den ansehnlichen Steinbauten des Marktes als ein Überrest aus alter Zeit stand. Der Unterstock war dicke Mauer, die an der Straßenecke kreisförmig geschwungen war, gleich einem Festungsturme, darüber erhob sich ein hölzerner Giebelbau aus starken Balken, welche in jedem höheren Stockwerk über die unteren vorsprangen; das Holzwerk war geschwärzt durch Sonnenbrand und Wintersturm vieler Jahre. Eine gepflasterte Einfahrt mit hochgewölbtem Tor und im Giebel eine Luke, aus welcher an einem Krahnbalken das Seil herabhing, ließen erkennen, daß das Haus einem Kaufherrn gehörte. Der Fähnrich sah scharf nach den Fenstern, entfaltete das blau und weiße Tuch der Fahne und streckte sich, um seine Kunst zu zeigen. Da öffnete sich die Tür und auf die obere Stufe der Steintreppe trat ein Mann in der Tracht eines wohlhabenden Bürgers, den Hut auf dem Haupte, eine goldene Kette am Halse, über dem Hausgewande einen schönen Pelz, um den Leib einen breiten Gürtel, der mit Golde reich verziert war. Stolz stand er da, trotz seiner hohen Jahre ein kräftiger Mann, mit hagerem Antlitz von strengem Ausdruck und mit dunkeln Augen, denen die starken Augenbrauen einen düstern Ausdruck gaben; dahinter ein Jüngling, dem Alten sehr ungleich, mit rundlichem Gesicht und lachendem Munde. Als der Fähnrich die beiden erblickte, hob er sich wie zum Tanz, senkte grüßend die Fahne und ließ das Tuch in kunstvollen Wellen durch die Luft sausen, endlich sprang er gar selbst über den Fahnenstock und stand die Fahne erhebend aufrecht, so daß die Falten derselben ihn wie ein Mantel umhüllten. Dem Gruß antwortete der Mann auf der Schwelle, indem er seinen Hut abnahm und das Haupt ein wenig neigte, während der Jüngling dem Fähnrich vertraulich zuwinkte. Darauf traten die beiden zurück, die Tür schloß sich und kein neugieriges Gesicht erschien an den Fenstern, als hätte das Haus nur mit Herablassung die Ehre angenommen, welche ihm die Bürger erwiesen.
Unter den Leuten, welche den Fahnenzug begleiteten, ging ein Fremder; an dem langen Pelzrock, der Mütze mit einer Reiherfeder und dem krummen Säbel erkannten die Bürger einen polnischen Gast. Dieser wandte sich zu seinem Begleiter, dem Schreiber des Rates, und sagte spöttisch, auf die Haustür deutend: »Eure Stadt hat stolze Bürgermeister, mein Herr Seifried, es wird ihnen mühsam das Haupt zu neigen.«
»Es war der reiche Marcus König, der dort heraustrat und verschwand wie das Männchen in der Uhr,« versetzte der Schreiber und verzog sein breites Gesicht; »er ist weder Bürgermeister noch Ratmann, doch rechnet er sich zu den Herren von edlem Blut, welche im Artushofe auf der Georgenbank sitzen.«
»So ist er ein Kriegsherr der Stadt?«
»Er ist auch nicht Hauptmann; das Fahnenschwenken vor seinem Hause dauert nur als alte Gewohnheit, und er bezahlt die Ehre dem Fähnrich jedes Neujahr mit einer Kanne Wein. Es geht die Sage, daß sein Haus noch von den Alten herstammt, die sich zuerst gegen die Heiden hier anbauten. Auch die Farben der Fahne sollen von seinem Geschlechte gegeben sein. Jetzt nährt der unnütze Brauch nur den Hochmut. Doch dünkt mich, daß Herr Marcus stolzer ist auf sein Geld, als auf sein Wappen. Fragt nur Euren Großkanzler, er kennt sicher den Preis des Goldstoffes, welcher hier in dem Kaufhause zu finden ist.« »Ihr sagt recht, Herr Stadtschreiber, daß es unser Geld ist, welches die Bürger von Thorn stolz macht,« versetzte der Pole lachend. »Wir Edelleute in unsern Palästen trösten uns damit, daß auch ein fester Kasten springt, wenn man mit der Axt daraufschlägt.« »Laßt Eure Edelleute doch zuerst dafür sorgen, daß ihre Paläste ein festeres Dach erhalten, als Euer Stroh. Wer die Kisten der Thorner begehrt, mag sich selbst vor den Brandkugeln hüten, welche unsere Bürger in die Raubnester der Edelleute schießen,« entgegnete der Stadtschreiber.
»Wir sind gute Brüder,« beruhigte der Pole, »und Federn im Schwanz desselben Adlers. Kommt, Bruder Stadtschreiber, und weist mir den Kram, den Eure Städter heut auslegen.«
Allmählich füllten sich die Straßen, zwischen geschäftigen Bürgern und Landleuten trieben einzelne Vermummte umher. Vor den Häusern stimmte ein Haufe Lehrlinge kräftigen Gesang an um Wecken und Würste, sie hatten die Gesichter durch Ofenruß geschwärzt und machten eine närrische Musik mit mißtönenden Instrumenten, mit Kuhhörnern, großen Trichtern und mit Pfannen, welche durch einen Kochlöffel geschlagen wurden; der Vorsänger hielt eine riesige Gabel in der Hand und spießte auf, was die Leute ihm darreichten. Wer nur wenig auf sich zu wenden vermochte, lief in der Jacke eines Bauern oder im Kittel eines Fuhrmanns oder band sich ein Strohseil um das Knie, zur Andeutung, daß er einen Landmann vorstelle. Sogar die Verkäufer hinter ihren Tischen gaben der Festzeit die Ehre, indem sie ihre Pelze umdrehten, so daß die Haare nach außen starrten, oder ein Band mit tönenden Schellen um das Handgelenk befestigten.
Bei einem Krämer an der Marktecke war jetzt der regste Verkehr. Dieser hatte an der Tür den lockenden Schmuck des Tages ausgehängt, Narrenkappen mit langen Zipfeln, breite Bänder mit Schellen für Knie und Arme, auch Larven für solche, welche ihr Gesicht nicht gern unter der Narrenmütze zeigen wollten. Wer nicht kaufen konnte, erhielt wohl auch geliehen, wenn er sicher war, und gab am Abend zurück, was er nicht verdorben hatte. Da das Haus einen Ausgang nach der Hintergasse hatte, so schritt mancher ernsthaft durch die Vordertür und sprang als Bär oder Stocknarr hinten heraus, nachdem er auf der hohen Düngerstätte des Hofes sein neues Wesen durch einige Sprünge eingeübt hatte. Wie die Sonne höher stieg, wurden die Vermummten dreister und beschwerlicher, als Mönche und Nonnen kamen sie paarweise mit wilden Gebärden, tanzend, Schelmlieder singend und bereit, jedermann zu umarmen. Noch unleidlicher waren die grauen Brüder, welche große Säcke mit Asche trugen und oft hineingriffen, am liebsten, wenn ihnen eine wohlgeschmückte Person aufstieß, der sie Kleider und Gesicht bestäuben konnten. Auch zierliche Gestalten sah man in rotem Hut mit Hahnenfeder, um den ein Schleier gewunden war, über der Haustracht ein buntes Hemd mit seidenen Nähten. Jeder, der sich als Maske betrachtete, arbeitete eifrig in seinem erwählten Berufe, der Bär im Pelz tanzte unermüdlich, das Kuhhorn blies, der Aschenmann stäubte, bis irgendein auffallender Narrenstreich und ein helles Gelächter dies geschäftliche Treiben unterbrach. Am meisten geplagt wurden die Landleute, zumal die Polen, deren Schafspelze beliebt waren, um darauf schwarze und graue Streifen zu ziehen. Aber obwohl sie das wußten, freuten sie sich doch nicht weniger als die andern über das wilde Treiben, mancher vorsichtige Landmann polsterte sich seinen Rücken mit Werg, um durch die Schläge der Lederkolben und Pritschen weniger belästigt zu werden, und sie brachten sogar ihre Frauen mit, welche den Anfechtungen durch die Narren mit starken Ellenbogen zu widerstehen wußten. Eng zusammengeschart saßen die Bäuerlein um die Häuser, in denen Bier und Met geschenkt wurde, und boten ihren Nachbarn den Trunk, bis sie einander umarmten und küßten, oder bis ihnen das Herz aufging gegen die Frauen und Mädchen, dann brach die ganze Vetterschaft auf zu den Tischen, an denen der Schmuck für die Weiblein zu kaufen war: Ringe mit Glassteinen, Spangen, Rosenkränze und zierliche Kramtaschen. Dort feilschten sie mit dem Krämer, wehrten die Narren ab und blickten begehrlich auf die ausgelegten Schätze und mit erstauntem Grinsen auf die wunderlichen Masken der Bürger und auf das tolle Gebaren in einer Stadt, die sonst so ernsthaft war.
Am Kirchhof von St. Johannes hatte Hannus, der Buchführer, seinen Tisch aufgeschlagen, einige gebundene Bücher lagen darauf und viele leichte Büchlein, wie sie das Volk gern kaufte, Kalender und Prognostika, in denen aus dem Stand der Gestirne die Fruchtbarkeit des Jahres und das Schicksal der Könige prophezeit wurden. Manche klagten über die Lügen der Kalenderschreiber, doch bedächtige Leute wußten, daß zwar die Vorhersagung nicht sicher war, aber die ganze Wissenschaft keineswegs verächtlich. Liebevoll behütete der kleine Hannus seine Waren: »rühre mit deinen geteerten Fingern nicht an, was du doch nicht kaufst,« rief er, als ein Bäuerlein neugierig nach einem Blatte griff, auf welchem Sonne und Mond freundlich auf ein Totengerippe mit Sense herabsahen. »Es ist etwas Neues gekommen von Straßburg, Meister Schwertfeger, über die Kunst Eisen zu Härten,« empfahl er, ein Büchlein in die Höhe haltend, »die besten Rezepte und verborgnen Geheimnisse Eures Handwerks werden darin offenbart. Seid willkommen, hochgelehrter Herr,« begrüßte er einen ernsten Mann, welcher vorbeiging, »Ihr frugt neulich nach dem Carmen des ruhmvollen Eobanus Hessus Poeta, welches betitelt ist: Beschreibung des Preußenlandes, es war nicht auf Lager, jetzt aber ist es mir zugegangen.«
Trotz der eifrigen Empfehlungen blieb der Stand in den ersten Morgenstunden wenig beachtet und Hannus sah zuweilen abfällig hinüber nach dem umdrängten Tische zur Linken, auf welchem bunte Bänder verkauft wurden und nach dem Haufen, welcher sich an seiner Rechten um Kuchen und Pfeffergebäck sammelte. Aber nach und nach erhielt auch er Zuspruch, so daß, wer später in die Nähe kam, sich über die ansehnlichen Männer um den Tisch wunderte und ebenfalls herantrat. Doch hatte es mit den neuen Kunden eigene Bewandtnis. Hannus wählte sie sich gewissermaßen unter den Vorbeigehenden aus, indem er, wie in geheimem Einverständnis, mit dem Finger winkte, dann trat der Geladene hinter den Tisch, Hannus sprach leise mit ihm und wies ihm ein und das andere Büchlein, welches der Bevorzugte still in seiner Tasche barg, worauf er unweigerlich den Beutel zog. Dabei spähte der Buchführer vorsichtig umher. »Bonum matutinum, domine,« rief er einem Fremden zu, der mit einer verhüllten Frau langsam über den Markt schritt und an seiner Tracht und der Neugier, mit welcher er sich umsah, leicht als ausländisch erkannt wurde.
Der Fremde lächelte und steuerte mit entschlossenem Schritt dem Tische zu, gleich dem Schiffe, welches nach unsicherem Kreuzen die Einfahrt zum Hafen gefunden hat; ein kleiner Mann mit hagerem Gesicht und zwei lebhaften Augen, die durch zahllose Falten eingefaßt waren, er griff an die Mütze und antwortete mit Heller Stimme, der man anhörte, daß sie gewohnt war zu befehlen: »salve domine bibliopola«. Dabei versenkte er beide Hände in die Taschen seines Gewandes und suchte nach etwas, sah forschend unter sich auf den Boden, griff in andere Taschen und suchte wieder, bis eine Frauenstimme neben ihm mahnte: »Herr Vater, den Brief habt Ihr in die Ledertasche gesteckt.«
»Ganz recht,« bestätigte der Fremde und holte ein zusammengefaltetes Papier heraus. »Wenn ich in Euch, wie ich annehme, den fürsichtigen Hannus Buchführer begrüße, so nehmt dieses Schreiben Eures ansehnlichen Geschäftsfreundes aus Danzig.«
Hannus las und warf dabei prüfende Blicke auf die Fremden. »Seid willkommen in Thorn, wohlgelehrter Herr Magister Fabricius, ich empfehle mich Eurer Gunst zu guter Kundschaft. Und dies ist des Herrn Magisters Frau Liebste?« Da aber die Begleiterin des Fremden errötend den Kopf schüttelte, so sah der Händler wieder in den Brief und verbesserte sich: »Doch nein, es ist die Tochter, Jungfer Anna,« und er sprach heuchlerische Worte von einer Ähnlichkeit mit dem Vater. »Kann ich mit meinem Vorrat dienen? Hier das Neueste von Erasmus Roterdamus.«
Der Magister griff danach, doch das Buch haltend, sprach er ehrlich: »Wenn jemand eine weite Reise gemacht hat, so ist bei ihm die Lust zu kaufen vielleicht größer als das Vermögen.«
»Das tut nichts,« tröstete der Thorner wohlwollend, »mir ist ja bekannt, daß Ihr als neuer Rektor hiesiger lateinischer Schule von ansehnlichen Männern erwartet werdet. Was Ihr nicht kauft, seht Ihr Euch an.« Der Magister war sogleich in das Lesen einer lateinischen Vorrede vertieft. »Vielleicht gefällt es der Jungfer Anna, unterdes hier die Bilder zu betrachten,« riet Hannes der vergessenen Tochter, welche unruhig auf den Vater sah, und bot ihr ritterlich die Meerfei Melusine. Während er so für die Fremden sorgte, steigerte sich seine Teilnahme an ihrem Wohlbefinden und er unterbrach den lesenden Magister, beugte sich über den Tisch und sprach leise: »Oder begehrt Ihr etwas von Wittenberg?«
»Mönchsgezänk,« versetzte der Magister, aber er legte doch den Erasmus auf den Tisch und frug: »Wo?« und beide senkten die Nasen und sahen einander über die Brillengläser bedeutsam an. Hannus zog unter einer Decke kleine Büchlein hervor. »Sie sind alle von demselben Manne, von dem die Leute jetzt überall reden.«
»Diese sind deutsch,« rief der Magister verwundert: »Sermon von Ablaß und Gnade. Und was haben wir hier: Ohne Ablaß von Rom kann man wohl selig werden.«
»Es sind lauter Bibelsprüche, mit denen das bewiesen wird,« erklärte der Buchführer leise.
Die Augen des Magisters glänzten, er fuhr mit den Büchlein schnell in die Tasche – die Tochter stieß ihn an – »doch ich vergesse wieder,« entschuldigte er, den Fund herausziehend.
»Behaltet die Bogen,« ersuchte Hannus wohlwollend, »das Geld ist gut angelegt, denn Ihr werdet mich dafür bei vorkommender Gelegenheit gebührlich empfehlen.«
»Ich bleibe dafür in Eurer Schuld,« versetzte der Gelehrte mit Würde.
Unterdes betrachtete Jungfer Anna nicht ohne Störung die Holzschnitte ihres Buches. Sie hatte Aufsehen erregt, vielleicht wegen ihres anmutigen Gesichtes, vielleicht weil sie einen Beguinenmantel trug, welcher in Thorn bei ehrbaren Jungfrauen nicht gebräuchlich war, denn sie vernahm plötzlich neben sich die dreisten Worte eines fremden Mannes: »Was guckt Ihr in Gedrucktes, Ihr hübsches Fräulein; hört lieber auf die Rede eines Edelmanns, wenn er Euch sagt, daß Ihr selbst schöner anzusehen seid, als die Weibsstücke, welche in diesem Buche abgebildet sind.« Anna sah neben sich den Schnauzbart des Polen, welcher in das Buch und auf sie starrte. Errötend wandte sie sich ab und faßte den Magister am Arm: »Herr Vater, gehen wir.«
Aber als der Magister sich zu der Verabschiedung rüstete, raunte Hannus: »Bergt die Bücher, dort schleicht ein Dominikaner herzu, es ist Pater Gregorius, der heftige Mann.« Er schob mit schneller Handbewegung eine Decke über die aufgelegte Ware und neigte sich vor dem Mönch, welchen der Beguinenmantel der Jungfrau und die weiße Feder auf der Mütze des Polen herangelockt hatten, damit er seine Gewalt erweise. Der Mönch sah unter der gerollten Krempe seines Hutes finster auf den Händler herab: »Ich sorge, Meister Hannus, Ihr bewahrt vieles in Eurem Kram, was die Seelen guter Leute zu Schaden bringen mag.«
»Ihr kennt ja mein Geschäft seit lange,« versetzte der Buchführer, »wenn Ihr mir auch selten Eure Kundschaft vergönnt. Wir armen Laien kaufen und verkaufen, was die Drucker von neuer Ware zusenden, uns fehlt die Zeit, um alles selbst zu lesen; auch haben wir nicht Witz genug, um zu verstehen, was den ehrwürdigen Vätern lieb oder leid ist.«
»Der Rat sollte Euch strenger auf die Finger sehen,« fuhr der Mönch tadelnd fort, »denn wie mir scheint, gleitet allerlei durch Eure Hände, was Euch einmal da Angst bereiten wird, wo Ihr Erbarmen nötig habt.«
»Ich halte auf reine Wäsche,« entgegnete Hannus gereizt, »erst gestern habe ich das Geld zu Eurem Tische getragen und meinen Zettel gelöst. Ist mir in meinem Geschäft zuweilen ein unrichtiges Buch durch die Hände geschlüpft, so habe ich diese Sünde durch richtiges Geld bei den Heiligen wettgemacht. Ihr selber wißt, daß ich Ablaß für alles habe.«
»Dennoch rate ich Euch, daß Ihr Euch vor der Versuchung wahrt; denn der böse Feind ist mächtig geworden unter solchen, welche Bücher schreiben, und zu der Rotte des Reuchlin und Erasmus gesellen sich jetzt andere Übeltäter, welche ärger sind als jene,« und er schlug im Eifer mit der Faust auf den Tisch.
Der Pole hörte ergötzt dem Eifer des Mönches zu. »Recht, ehrwürdiger Vater,« ermunterte er, »alles Gedrucktes ist Unsinn.«
Diese törichten Reden der Dunkelmänner vermochte der Magister nicht geduldig anzuhören, er wandte sich mit herber Miene, um ihnen Bescheid zu sagen. Da aber erhob sich ein helles Geschrei, die Marktleute stoben vor einem fernen Schrecken auseinander, Weiber und Kinder rannten den Häusern zu und das Volk schrie: »Die Teufel kommen.« Anna drückte sich ängstlich an den Arm des Vaters. Ach, sie glich heut dem Schwan Hangan mit goldenen Federn, von dem die Thorner eine alte Geschichte wußten, wer ihn berührte, blieb an ihm hängen. Auch an die Jungfer heftete sich der Pole, an diesen der Mönch und an den Mönch leider viele Teufel. In der weiten Gasse, welche durch den Schrecken des Volkes geöffnet wurde, sprang etwa ein Dutzend wilder Gestalten heran in roten Kamisolen und engen schwarzen Hosen, vor den Gesichtern braune und schwarze Teufelslarven mit großen Hauzähnen, zwischen denen eine Zunge von rotem Tuch heraushing, die Häupter durch schwarze Ziegenfelle verhüllt, aus denen die Hörner ragten, in den Händen schwenkten sie Lederkolben und rasselnde Schweinsblasen. Der gute Stoff ihrer höllischen Gewänder und der kecke Übermut, mit welchem sie auf die Menge schlugen, ließen wohl erkennen, daß sie gewöhnt waren, sich als Herren in den Straßen der Stadt zu fühlen, aber die Leute vergaßen vor den greulichen Gestalten, daß heut Fastnacht und daß diese Maske in Thorn nicht ungewöhnlich war. Viele empfanden ein Entsetzen, als wenn Luzifer mit seinem Gesinde leibhaftig aus dem Abgrund aufgestiegen wäre, vollends die Landleute, welche zum erstenmal die Schreckbilder sahen, verfielen in Not und Angst, mehr als einer kniete nieder und die Weiber auf den Karren schrien zum Himmel, rangen die Hände oder bargen die Gesichter in Stroh, je nach ihrer Gemütsart. Als Hannus den Aufstand und das Drängen des Volkes sah, warf er behend die wertvollsten Bücher in den Kasten. Doch daß er so eifrig seinen Tisch räumte, gedieh ihm nicht zum Heil. Denn als die Teufel herankamen, erkannte einer den geleerten Tisch und schwang sich hinauf; ein kleiner dienender Satan, der mit zwei Widderhörnern auf dem Kopfe und einem großen Kuhschwanz am Hinterteil sehr bösartig aussah und während des Laufes zuweilen Kobolz geschossen hatte, brüllte im nächsten Augenblick den Buchführer so grimmig an, daß auch dieser erschrocken zurückfuhr, ergriff den Schemel, auf dem Hannus auszuruhen pflegte, und hob ihn auf den Tisch als Thron des Oberteufels. Dieser setzte sich darauf und rief, seinen Kolben schwingend, mit hohler Stimme über den Platz: »Wohl her, wohl her, mein teuflisches Heer, aus Sümpfen und Moor, aus Brüchen und Rohr.« Und auf den Dominikaner weisend, fuhr er fort: »Hier haben wir Mönch und Nonne beieinander, das Sprichwort sagt wahr, daß die Helligen nicht einzeln wandeln, sondern zu zweien; ist das zweite nicht ein Männlein, so ist es ein Fräulein; heran, meine Teufel, ehrt die Frommen durch einen Tanz. Denn auch wir gehören zur Kirche, überall, wo die heiligen Väter sich ein Haus errichten, bauen sie daneben dem Teufel eine Kapelle. Sa, sa, rund um.« Der Mönch und der Pole, der Magister und seine Tochter wurden, bevor sie sichs versahen, von den Teufeln in einen Kreis gezogen und mit wildem Tanze umringt. Das Mädchen barg entsetzt über den Anblick und empört über die Schmach in der fremden Stadt das Gesicht in ihren Händen, der Magister starrte durch seine Brille erstaunt auf die unerhörte Gesellschaft, der Pole fluchte und der Mönch begann einen zornigen Verweis, aber die Worte wurden übertönt durch den lauten Gesang der tanzenden Teufel: »Luzifer auf deinem Höllensitz, rivo, rivo, rivo; einst warst du ein Engel von gutem Witz, jetzt bist du greulich und gar nichts nütz, pfu Deubel, pfu Deubel.« Der Mönch, übermannt von Zorn, ballte die Faust, um sich tatkräftig der Andringenden zu erwehren, welche mit ihren Schweinsblasen seinen Rücken zu treffen suchten, aber der kleine Satan mit dem Kuhschwanz sprang ihm wie ein Bock gegen die Beine, so daß der würdige Herr stolperte und sich auf den Boden niedersetzte. Da erhob sich unter dem zuschauenden Volk ein wildes Gelächter, in dem die geheime Abneigung laut wurde. Doch die Teufel wichen zurück. »Ihr seid ungeschickt,« rief der Oberteufel, »daß ihr unsern lieben Vater an den Boden setzt, helft ihm säuberlich auf und entlaßt ihn aus unserer Mitte, denn ich hoffe, er und wir bleiben gute Freunde.« Der Mönch erhob drohend den Arm und entwich aus dem Kreise.
»Wer aber ist der polnische Hahn, der so wild in unserm Ringe kräht?« fuhr der Anführer fort und sprang vom Tische dem Polen entgegen. Doch in demselben Augenblick blitzte ein geschwungener Säbel in der Luft und traf seine Larve; die festen Hörner minderten die Wucht des Hiebes, aber die Larve klaffte und glitt vom Haupte und ein gerötetes Jünglingsgesicht wurde sichtbar, dem das Blut von der Stirne rann. Ein lauter Schrei erscholl, die Umstehenden riefen einen wohlbekannten Namen und gleich darauf erhob sich der zornige Ruf: »Greift den Polen, er hat den Frieden der Stadt gebrochen.« Eine Anzahl fester Fäuste packte den widerstrebenden Fremden und riß ihn zur Seite. Der Teufel hatte im Nu seine Larve wieder befestigt und schrie: »führt jeden zur Hölle, der die Rechte der Kinder von Thorn kränkt, heran, meine Gesellen, erhebt noch einmal den Gesang. Zwei Gefangene sind uns geblieben und der eine gleicht einem Gelehrten.« Er wies auf den Magister, welcher den Arm um seine Tochter geschlungen hatte und schrie: »Latine loquamur, ut vir doctus gaudium habet.«
»Nicht habet, sondern habeat, du höllischer Abcschütz,« rief ihm der Gelehrte unwillig entgegen. Doch ungerührt durch den Verweis fuhr Luzifer fort: »Schwand auch der Mönch, die Nonne blieb,« und dabei legte er den Arm um die Kappe der Jungfrau, aber er stand wie versteinert, als er ein verblichenes junges Antlitz sah, die verstörten Mienen und den entsetzten Blick, und er rief zurücktretend und die Hand hebend: »Diese gehören nicht zu uns, hinweg ihr Gesellen.« Mit großen Sprüngen fuhr er an die Spitze des Schwarms und schwang sich mit ihm durch die Haufen in die nächste Gasse, die gehobenen Kolben fielen auf die Rücken der Landleute und das Gelächter der Zuschauer begleitete die Unholde, bis Geschrei in der Ferne verriet, daß die Teufel wieder mit einem Gegner zusammengestoßen waren.
»Furor diabolicus,« rief der Magister, »blicke auf, mein Kind, sie sind fort, komm nach der Herberge.« Er vergaß den Scheidegruß an den Buchführer, welcher zerknitterte Bogen glättete, und verschwand mit seinem Kind in der Menge.
Am Nachmittage schlug der eiserne Klopfer stark an die Haustür des Marcus König, in dem Flur wurden Stimmen laut, Barbara, die alte Hausmagd, öffnete dem Ankommenden die Stubentür. Ein stattlicher Mann in höheren Jahren trat ein, das braune Haar mit Grau gemischt, in dem großen Antlitz runde, scharfblickende Augen; über dem langen braunen Samtmantel trug er einen Kragen von Marderfell, an dem silberbeschlagenen Gürtel einen Degen in silberner Scheide. Er bewegte seinen gestickten Hut mit gemessenem Gruß gegen den Hausherrn und streckte ihm die Rechte entgegen. Mit langsamer Förmlichkeit ergriff der Wirt die gebotene Hand und lud den Gast auf einen großen Lederstuhl, den Ehrensitz. Er selbst rückte sich seinen Sitz gegenüber und winkte der harrenden Magd, welche eine Flasche und zwei kleine Silberbecher herzutrug und vor den Herren auf den Tisch setzte. Als sie die Tür geschlossen hatte, begann der Wirt, sein Glas hebend: »Dies bringe ich euch zum Willkommen, namhafter Herr Bürgermeister Hutfeld.«
Der Gast antwortete ebenso bedächtig: »Ich denke in diesen Wänden an meine selige Schwester Martha, Eure Ehegattin, und gern würde ich vernehmen, daß Ihr mich wie sonst als Euren Schwager begrüßt.« Da Marcus schweigend das Haupt neigte, fuhr der Gast lebhafter fort: »ich bedaure, Schwager Marcus, daß Ihr mir so fremd gegenübersitzt. Tragt nicht mir nach, wenn Euch vor kurzem eine Weigerung des Rates gekränkt hat. Ihr erbatet aus dem Zeughause zwei Feldschlangen für das feste Haus Eures Landguts, aber Ihr selbst wißt, daß nur den Ratmännern zuweilen Geschütz in ihre festen Häuser geliehen wird,«
»Ich weiß,« versetzte der Hausherr. »Die Bürger klagen zuweilen, daß die ehrbaren Herren vom Rat nur deshalb die Geschütze der Stadt auf ihre Landhäuser ziehen, um die Gastgelage, welche sie dort ausrichten, durch Freudenschüsse den Untertanen zu verkünden. Mir aber hatten, als ich die Herren durch meine Bitte beschwerte, fremde Wegelagerer eine Scheuer meiner Dorfleute ausgebrannt und mit fernerer Rache gedroht. Die wilde Reiterei ist gemein geworden im Lande und darum meinte ich, der Stadt werde nicht gleichgültig sein, wenn das Gut ihrer Bürger zugrunde gehe. Ich will fernerhin versuchen, mich selbst zu beraten; ich habe durch mein Leben gelernt, fremder Hilfe nicht zu trauen.«
»Wenige in der Stadt werden bezweifeln, daß Ihr in Ratschlag und Tat wohlbedacht seid. Doch verzeiht, Herr Schwager, wenn ich Euch in treuer Meinung sage, nicht immer frommt es dem Bürger, seine Gedanken von denen seiner Nachbarn zu trennen, und leichter gewinnt man Gutes für sich selbst, wenn man sich gutherzig in andere schickt. Das Geschütz hättet Ihr erhalten und ein Sitz im Rate würde Euch nicht fehlen, wenn Ihr williger der Stadt Eure günstige Gesinnung erweisen wolltet.«
Der Hausherr richtete sich in seinem Stuhle hoch auf: »Sprecht weiter, gebietender Herr Bürgermeister, Ihr habt zuviel gesagt, um aufzuhören.«
»Ich rede vertraulich, mein Schwager,« fuhr der andere fort. »Vielen fällt auf, daß Ihr in dieser Zeit, wo es sich um Gedeihen oder Untergang der Stadt handelt, in Rede und Tat so wenig Haß und Liebe erkennen laßt: und sie wissen darum nicht, ob sie Euch vertrauen dürfen oder nicht.«
»Ich bin gelehrt worden,« versetzte der Wirt, »daß dem Bürger ziemt, um das eigene Wohl zu sorgen, und daß ein ehrbarer Rat die Sorge um die Stadt als sein Vorrecht betrachtet.«
»Dem Rat aber vermöchte Eure Einsicht zu nützen. Ich weiß am besten, Schwager Marcus, wie hoch der Sinn des Mannes ist, mit welchem ich rede. Nie werde ich vergessen, daß ich meinen Wohlstand den Jahren verdanke, in denen ich als Euer Geselle Handelschaft trieb.«
»Vergeßt die alte Zeit, Herr Bürgermeister, und wenn Ihr redlich an mir handeln wollt, so müht Euch auch zu vergessen, was Ihr vielleicht von mir kennen gelernt habt, als wir beide junger waren. Ich bin alt geworden, es ist einsam in meinem Hause; ich denke, die Stadt kann mich leiden wie ich bin, bis ich in der Marienkirche beigesetzt werde gleich anderen meines Geschlechts. Dann mag Euer Pate, mein Sohn Georg, versuchen, dem Rat besser zu gefallen.«
»Wenn ich unwillkommen zu Euch kam,« antwortete der Bürgermeister gekränkt durch die Abweisung, »so kam ich um Eures Sohnes willen. Ein Haufe Vermummter in der unheiligen Tracht von Teufeln hat heut in den Gassen Ungebühr geübt, hinter der Larve ihres Anführers ist mein Pate Georg erkannt worden. Es geschieht nicht zum erstenmal, daß der Rat Ursache hat, auf ihn zu merken. Diesmal hat er der Kirche Ärgernis gegeben und ist auch mit dem Polen Pietrowski zusammengestoßen, welcher als Gesandter des Großkanzlers dem Rate am Herzen liegen muß. Vielleicht gefällt Euch, Herr Schwager, den Sohn auf einige Tage zu versenden, bis der ärgerliche Fall vergessen ist.«
»Hat der Knabe einen polnischen Abgesandten auf offener Straße gekränkt, so soll er auf offener Straße die Buße zahlen,« versetzte Marcus finster, »ich will nicht, daß um meines Blutes willen die Stadt in Ungelegenheit gerate. Erlaubt, daß ich ihn in Eurer Gegenwart abhöre.« Er schritt zur Tür und rief nach seinem Sohne. Es verging einige Zeit, in welcher die Herren einander schweigend gegenübersaßen; endlich öffnete sich die Tür und herein trat ein junger Gesell, hoch aufgeschossen, mit blondem Kraushaar und mit einem runden rosigen Antlitz, in dem zwei schlaue Augen unruhig über die ernsten Gesichter der Herren fuhren; man sah dem Eintretenden die Verwirrung an, sein Wams war unordentlich genestelt und eine Seite der Stirn mit einem Pflaster gedeckt, aber um den Mund zuckte doch die Schelmerei, als er sich verneigend grüßte: »Guten Abend, Herr Vater, guten Abend, Herr Pate.«
»Wer hat dir die teuflische Fratze gemacht,« frug der Vater streng, »in der du heut vor den Bauern getanzt hast?«
»Lorenz, der Läufer, hat sie von Danzig zugeführt.«
»Und wer hat dir das Geld dazu in die Hand gelegt?«
»Der Danziger wartet noch darauf, Herr Vater,« gestand Georg mit geringerer Zuversicht. »Da ist der Gewinn vom letzten Vogelschießen.«
»Der ist schon mehr als einmal in Rechnung gebracht,« unterbrach ihn der Vater. »Wer hat dich an der Stirn getroffen?«
»Der Säbel des Pan Pietrowski, aber er soll dafür bezahlen. Eisen um Eisen ist ein Thorner Sprichwort.«
»Schweig, du dreister Knabe. Ihr hört, Herr Bürgermeister, er hat bekannt, nehmt ihn und tut mit ihm nach Ermessen des ehrbaren Rats.«
Dem Bürgermeister war die kurze Bereitwilligkeit des Vaters nicht willkommen und er frug nach einer Weile: »Als der Fremde den Säbel zog, was hatten ihm die Vermummten angetan?«
»Sie hatten ihn umtanzt wie viele andere, die heut in fremder Tracht auf unsern Gassen wandeln. Das ist ein altes Recht der Fastnachtsteufel, wenn es den Fremden nicht gefällt, mögen sie draußen bleiben,« antwortete Georg trotzig.
»Haben Stadtleute gesehen, daß die Wunde geblutet hat?«
»Er hieb die Bänder der Larve durch und entblößte mein Gesicht, und einige schrien Gewalt, als das Blut rann.«
Hutfeld sah den Vater an: »Dies mag das Recht des Polen mindern und dein Unrecht bessern. Euch, Herr Schwager, ersuche ich, diesen unterdes in Eurem Hause festzuhalten, wenn etwa der Rat ihn Euch abfordern läßt.« Er wandte sich zum Abgange.
»Darf ich noch etwas reden, lieber Herr Pate,« bat Georg demütig und als Hutfeld nickte, fuhr er fort: »mir wäre wirklich lieber, wenn statt meiner der Pietrowski verhaftet, verstrickt und eingesetzt würde. Denn nicht ich habe das Gesetz mit dem Säbel gebrochen, sondern er, und nicht er trägt die Schmarre, sondern ich, und deshalb kann mir nicht gefallen, daß ich in der Klausur sitzen soll, während er in der Schenke die Stiefeln zusammenschlägt; zumal heut, wo alle Brüderlein lustig sind.«
»Du bist Sohn eines Hauswirts, er ist der Gast,« antwortete Hutfeld ernst. »Nicht immer trinken Wirt und Gast das gleiche Maß. Dir aber kann morgen vor dem Rate frommen, wenn du heut nicht im Artushofe beim Abendtanz gefunden wirst.« Er verließ grüßend das Zimmer. Der Wirt folgte ihm bis zur Haustür.
Als Marcus zurückkam, schritt er schweigend zu einem kleinen Wandschrank, hob ein Schlüsselbund heraus und gebot dem Sohne: »Folge mir. Hole zuvor dein Gebetbuch, denn es wird dir heilsam sein, um den Himmel zu sorgen, nachdem du dich im Dienst der Hölle so lustig bemüht hast.«
Georg trug mit düsterer Miene ein kleines Buch herzu und folgte dem Vater die Treppe hinauf in den Oberstock. Dort hielt Marcus vor einer eisenbeschlagenen Tür und faltete, bevor er das Schloß öffnete, die Hand über dem Schlüssel. Der Sohn aber trat einen Schritt zurück, der stumme Trotz, mit welchem er die Einsperrung erwartete, schwand in unverhohlenem Schrecken. Denn das Gemach war, obwohl stattlich in der Mitte des Hauses nach dem Markte gelegen, doch bei den Hausgenossen und auch unter den Nachbarn übel beleumdet als Behausung eines polternden Geistes, welchen alte Leute als einen gepanzerten Mann geschaut hatten, andere aber als einen braunen Kobold. Georg hatte nur selten den Raum betreten und gerade heut, wo er sein Gewissen ein wenig bedrängt fühlte, war ihm der Aufenthalt unheimlich, aber die Scheu vor dem Vater schloß ihm den Mund und er preßte die Lippen zusammen. Die Tür knarrte in den Angeln, der Sohn trat auf die Schwelle und sein Blick irrte in dem dämmrigen Räume umher. Es war ein Gewölbe mit dicken Mauern, durch die trüben Rauten des Fensters fiel ein Sonnenstrahl und zeichnete auf die Dielen ein Netzwerk aus mattem Gold, an den Wänden standen Schränke und eiserne Kästen, auf einem Tisch hing am kleinen Ständer eine goldene Haube und anderer Schmuck, wie ihn die vornehmen Frauen zu Thorn trugen. Der Vater blieb vor einem großen Schranke stehen. »Tritt näher,« begann er feierlich, »du hast heut Heilloses getrieben in dem Übermut, den ich wohl an dir kenne und lange mit Nachsicht ertragen habe, ich will dich zur Vorsicht und Bescheidenheit mahnen durch ein ernstes Beispiel.«
»Sagt mir vor allem, Herr Vater, ob Ihr selbst sehr böse seid wegen des Teufelskrams,« bat Georg.
»Daß mein Sohn in der unheiligen Maske als Narr vor den Bürgern gespielt hat, war für uns beide Unehre, und noch größer war die Torheit, daß er sein Gesicht sehen ließ.«
»Der Pole soll mir's bezahlen,« murmelte Georg.
»Was ist der Pole?« frug der Vater, »der Diener eines Dieners. Wer seinen Zorn an kleinem Gesindlein verzettelt, gleicht dem Bussard, der nach Mäusen stößt.« Er öffnete die Schranktür. »Du warst oft begierig, in Blechkappe und Krebs eines Gewappneten zu reiten, weißt du mir zu sagen, wer einst diese Rüstung getragen hat?« In dem Schranke stand eine altertümliche Rüstung, graues Eisen mit Gold verziert, dabei ein hoher Schild mit dem Zeichen, welches in Thorn verhaßter war als irgend etwas anderes. Es war das schwarze Ordenskreuz, in dessen Mitte ein goldenes lag. »Ein Weißmantel trug die Rüstung,« antwortete Georg, »und sehe ich recht, so war es ein Hochmeister des Ordens.«
»Es war ein Meister des Ordens,« bestätigte der Vater, »und er war von unserm Geschlecht. Vernimm, was von ihm die Chronik kündet. Herr Ludolf wurde zu seiner Zeit gerühmt als ein weiser und kriegstüchtiger Herr. Er führte ein großes Kreuzheer gegen die Heiden in Litauen, wohlüberlegt war der Kriegsplan und er hoffte Ruhm für sich und Landgewinn für den Orden. Aber die große Hoffnung erwies sich als eitel, die Litauer wichen weit rückwärts in ihre Sümpfe und während er mühsam durch die Wildnis nachzog, brachen andere Heerhaufen der Heiden in das preußische Land und verwüsteten erbärmlich Gut und Volk des Ordens. Als er auf die Trauerbotschaft umkehrte, verlief sich unzufrieden das Kreuzheer und von allen Seiten erhoben sich Klagen gegen ihn selbst. Das Unglück des Landes fraß ihm am Herzen, so daß er in Trübsinn verfiel und in schwarzer Stunde mit dem Messer nach einem Ordensbruder stach. In seinem Gram über die Missetat entsagte er selbst seiner Herrschaft. Nach Jahren schwand die Wolke von seinem Geiste und die Brüder, welche seinen Wert wohl kannten, wollten ihn wieder auf den Herrenstuhl setzen, er aber weigerte sich. Und als er von dieser Erde schied, umgeben von trauernden Brüdern und Männern unseres Geschlechts, da sprach er, wie die Sage meldet, eine schwere Besorgnis aus: Oft ist das Schicksal der Könige von Thorn gewesen, daß durch den Lauf der Welt vereitelt wurde, was sie redlich wollten, ihnen ist, wie ich fürchte, kein Glück auf Erden beschieden. Sorgt dafür, Kinder meines Geschlechtes, daß ihr im Himmel euch gute Fürbitter gewinnet. Was der Sterbende sprach, hat die folgende Zeit erfüllt. Einst saß unser Geschlecht ehrenvoll in den großen Städten und in der Landschaft, es sind wenige davon übriggeblieben, hier in Thorn sind wir beiden die letzten.« Er sah finster vor sich nieder.
Dem Sohn tat der Kummer des Hausherrn leid und er versuchte gutherzig zu trösten: »Ach, Herr Vater, hätte der arme selige Vetter Hochmeister doch, bevor er schwermütig wurde, noch einmal auf die hinterlistigen Heiden losgeschlagen. Blieben sie stärker, so starb er im Felde mit leichtem Herzen. Und wegen seiner Prophezeiung grämt Euch nicht. Euch ist doch auch manches gelungen in Eurem Leben und im Artushofe schweigen alle mit Achtung, wenn Ihr einmal das Wort ergreift. Waren die Alten trübselig, warum sollen wir's sein.«
»Du sprichst in kindischem Mut,« antwortete Marcus, »höre weiter. Du hast deinen Großvater nicht gekannt, auch von ihm bewahre ich ein Gewand.« Er öffnete die andere Hälfte des Schrankes, ein Büßerkleid hing darin. »In seiner Zeit war der deutsche Orden schwach und hilflos, die Ordensherren verdorben durch Schwelgerei und Unzucht, wie sie in der Mehrzahl noch jetzt sind; hochmütig pochten sie auf ihren Adel, sie versagten uns alten Geschlechtsgenossen aus den Städten die Aufnahme in die Bruderschaft, weil wir Kaufmannschaft trieben und Bürger waren, und verteilten die Ämter des Ordens an fremde Abenteurer aus dem Reiche, die gewöhnt waren von Raub zu leben und die auch als Ordensritter gleich Räubern in unserm Lande hausten. Die Tyrannei wurde dem Lande unleidlich, zum Unheil war der Orden geworden und ein Unheil war die Hilfe, welche das Land zur Zeit deiner Großväter dagegen fand. In offener Empörung kämpften Städte und Landschaft gegen den Orden und sie, die sich Deutsche nannten, gaben ihr Geld und ihr Blut dafür, daß der Pole ihr Schutzherr wurde. Damals war im Lande alles feindlich geteilt, Brüder und Nachbarn in grimmigem Kampf gegeneinander. In unserer Stadt gab es viele, welche dem Hochmeister anhingen und die Stadt der deutschen Herrschaft bewahren wollten. Auch dein Großvater gehörte zu den Freunden des Ordens. Da ich ein kleiner Knabe war, wurde ich vor ein Gerüst geführt, das dort vor unserem Hause gezimmert war, und sah wie die Häupter ansehnlicher Bürger in den Sand fielen. Zuletzt erkannte ich meinen Vater. Er ließ mich durch den Mönch, der neben ihm stand, auf das Gerüst heben, küßte mich, sah mich aus hohlen Augen an und sprach mir leise in das Ohr: »Du wirst mich rächen, Marcus. Seitdem sehe ich zuweilen am Boden das schwarze Blut und ich höre, wenn ich allein bin, die heisere Mahnung in meinem Ohr.« Er hielt inne, auch der Sohn starrte bleich auf das blutgetränkte Gewand. Endlich fuhr Marcus fort: »Der Bruder meines Vaters, der mein Pate war, hielt zur polnischen Partei, er rettete mir das Erbe und erzog mich mit Treue. Wundere dich nicht, Georg, daß dein Vater ein schweigsamer Mann geworden ist, nur kurz war das Glück, welches mir mit deiner lieben Mutter, der Schwester meines Spielgesellen Hutfeld, in das Haus geführt wurde, sie ging zu den Engeln und ließ dich mir zurück. – Ungern gieße ich den bittern Trank in den Becher deiner Jugend, aber der Tag ist gekommen, wo dein sorgloser Mut durch ernste Gedanken gebändigt werden soll. Erkenne, daß ich dich nicht wie einen ungezogenen Knaben behandle und hüte dich, mir fernerhin zu mißfallen.«
Er wandte sich zum Gehen, Georg eilte ihm nach und sprach mit tränenden Augen: »Ich danke Euch, Herr Vater, für Eure Liebe und Euer Vertrauen und daß Ihr mich so gütig straft. Gefällt es Euch, Herr, so sagt mir noch eins, worum ich in Demut bitte. Ist's nach Eurem Wunsche, wenn ich mich für einen Deutschen halte gegen die Polen?«
Der Vater hielt an und antwortete mit Überwindung: »Ich denke, dir ist nicht not, heut darum zu sorgen. Du bist ein Sohn, der im Hause des Vaters lebt, und der Vater richtet dir den Willen. Zuerst gebietet dir der Vater, dann der Rat. Wirst du einst zum Ratmann der Stadt erkoren, dann erst darfst du deine eigenen Gedanken betätigen.«
Als Marcus die Tür verschlossen hatte, frug Georg erstaunt: »War dies mein Vater? Er sah höher aus als sonst und so gewaltige Rede habe ich nie aus seinem Munde vernommen; er wäre wohl strenger gewesen, wenn er gewußt hätte, daß wir den Frauenbruder garstig vexiert haben.« Scheu blickte er durch die Dämmerung nach dem offenen Schrank, dessen Tiefen wie schwarze Schlünde gegen ihn gähnten. »Vom Großvater hat mir oft die selige Tante erzählt und meine Gesellen haben mir sonst sein Schicksal vorgeworfen. Jetzt wagt es keiner mehr. Dennoch ist es hart, mit diesen Totengewändern eingesperrt zu sein.« Er drückte die Schranktüren zu, eilte an das Fenster und zog, bis es ihm gelang zu öffnen. Dort atmete er frische Winterluft, sah die heimziehenden Landleute, die geschäftigen Bürger, welche Tische und Kasten vom Markte in die Häuser trugen, und hoch über den dunkeln Schatten der Erde den lichten Abendhimmel; da wurde ihm leichter zu Sinn. »Also ich bin von dem Blute, dem Hochmeister entstammen? Ich grüße Euch mein Kumpan, Herzog Albrecht von Brandenburg! Der Vater trägt, wie ich merke, seinen Stolz in der Tasche, ich wollte, er zeigte ihn auf dem Markte. Meine Ahnen haben als die Vornehmsten dem Adel geboten, jetzt drängen wir uns mit den Junkern vom Lande, wenn wir zufällig auf derselben Bank sitzen und höhnen einander in wilden Reden. Der lange Henner Ingersleben, der weder Gut noch Geld hat und als Einlieger bei seinen Spießgesellen auf dem Lande haust, weigerte sich höhnisch mit uns Stadtknaben im Ringelrennen zu reiten und schalt uns Bürgerpack. Treffen wir uns auf der Heide, so ist ausgemacht, daß wir einander schlagen, bis einer unter dem Pferde liegt. Auch mit dem Polen und seiner Sippschaft hängt jetzt ein Handel, den wir in Frieden schwerlich zu Ende bringen; aber Junker und Polen sollen merken, daß wir Kinder von Thorn uns gegen sie zu behaupten wissen.« Drohend hob er die Faust, aber er sah gleich darauf wieder scheu in der Stube umher. »Als ich vor Jahren auf dem Danziger Schiff nach Schonen fuhr, um unsere Heringstonnen heimzuholen, und der dänische Seeräuber uns anlief, da sprang ich mit den andern auf sein Verdeck, obwohl ich ein Knabe war, und der Schiffer Hendrik rühmte die Hiebe des Dussek, den ich gegen die Dänen schwang.« Doch trotz dieser tapfern Reden hielt er sich vorsichtig in der Nähe des Fensters. Draußen war es finster geworden, nur einzelne Tritte klangen auf den Straßen, in den Häusern glänzten Lichter und flackernde Herdfeuer, um die Schänken summte das Geräusch lustiger Gesellschaft und vom Artushofe her klang die Tanzmusik. »Die Pfeifer hätten auch nicht nötig, so gellend zu locken, ich vernehme die Ladung ohnedies. Ob Eva Eske wohl nach mir fragt? ich denke, sie erwartet, daß ich mit ihr tanze. Wäre ich dort, ich hätte den Vortritt, weil ich beim letzten Stechen das Beste gewonnen habe. Jetzt wird sich Vetter Matz Hutfeld, die feige Bürgermeistersemmel, obenan auf das Brett schieben. Matz stolperte neulich beim Tanze über mein ausgestrecktes Bein und fiel hin, mich soll wundern, ob sein Vater trotzdem im Rate für mich sprechen wird.« Auf der Straße sangen vorübergehende Gesellen ein Liebeslied, Georg summte es leise mit. »Ach, das fremde Mädchen hat ein holdseliges Gesicht und mich ärgert sehr, daß ich sie gekränkt habe, sie starrte mich an in Schreck und Scham, ich kann den Blick nicht vergessen; ich muß erfahren, wer sie ist und bei wem sie haust, ich möchte nicht, daß sie mich für ganz unbändig hielte. Vielleicht berede ich meine Genossen, daß sie ihr eine Nachtmusik bringen, dann spiele ich die Laute und Lips Eske streicht das Bassettel.« Lange erfreute ihn dieser Gedanke und er summte eine zierliche Weise, die zu dem Ständchen paßte. Auch als die Abendglocken läuteten und er das Gebetbuch in der Tasche fühlte, dachte er: »das läuft niemals weg« und begann eine neue Melodie. Zuletzt aber fühlte er die Kälte und den Hunger und auch die finstere Stube bereitete ihm Sorge. »Der Herr Vater sitzt wohl im Artushofe bei seinem Trunke und Barbara getraut sich nicht ohne seine Erlaubnis Licht und Nachtkost zu bringen. Es ist zuweilen mühseliger ein Sohn zu sein als ein Vater.«
Da knarrte es leise längs der Hauswand, an dem Seile, welches aus der Giebelluke hing, glitt ein dunkles Bündel herab und eine Stimme flüsterte vor dem Fenster: »Seid Ihr noch bei Leben und Gesundheit, Junker?«
»Bist du's, Dobise?«
»Niemand sonst. Wenn Ihr Euren Arm ausstreckt, könnt Ihr den meinen fassen und mich ans Fenster ziehen.«
Das tat Georg. Der Ankömmling, dessen Fuß in dem Haken des Seils haftete, klammerte sich an das Fensterbrett und blickte ängstlich in den Raum. »Was bringst du, Hausteufel?« frug Georg.
»Nichts vom Teufel,« warnte der andere, »denn es ist Nacht und die schwarzen Geister wandeln. Eure Gesellen grüßen Euch, sie ziehen nach dem Abendtanz in die Trinkstube zu Jan Rike, dort erwarten sie Euch. Haltet das Seil fest. Ihr könnt nach mir auf den Boden steigen und durch das Hinterhaus ins Freie. Schlagt den Haken an das Fenster, so findet Ihr Euch auf demselben Wege zurück und kein Herr merkt Eure Fahrt.«
»Wo ist der Vater?«
»In seiner Kammer, die er nicht mehr verläßt.«
Georg dachte sehnsüchtig an die harrenden Genossen, aber er ermannte sich: »Ich bin hier verstrickt und darf nicht entweichen.«
»Bindet Euch ein Strick, so löst Euch der andere,« erinnerte Dobise an dem Seil schüttelnd.
»Dennoch bleibe ich hier, man muß seinem Alten auch einmal etwas zu Gefallen tun. Den Gesellen sage, daß der Rat über uns ist; und hör, mahne heimlich die Magd, daß sie mir ein Licht und gute Kost zuträgt, denn es ist einsam im Finstern.« »Ihr wollt doch die Nacht nicht allein bleiben mit den Unholden der Stube?«
»Willst du zu mir hereinkommen und bis zum Morgen hier weilen, so habe ich nichts dagegen,« versetzte Georg.
»Lieber wollte ich sterben,« raunte Dobise in ehrlichem Grauen und ließ das Fenster los, so daß er an dem Seil baumelte.
»So fahr' dahin, du Narr.«
»Auf der Treppe will ich die Nacht sitzen um Euretwillen,« flüsterte der andere handelnd, »dafür bitte ich Euch morgen um Silber, bei den Pfaffen einen Zettel für mich zu kaufen. Denn sie sagen, daß die Teufel Macht über jeden erhalten, der ihren Rock anzieht und da ich Euch zuliebe mit Kuhschwanz und Hörnern gesprungen bin, so hoffe ich, werdet Ihr Euch meiner Seele erbarmen. Alle vierzehn Nothelfer! seht Ihr die feurigen Augen hinter Euch?«
Georg wandte sich erschrocken um. »Es ist die Goldhaube der Mutter,« sagte er beruhigt.
Dobise schwieg und sah spähend in den Raum.
Auf dem leeren Markt klangen Tritte, welche sich näherten. »Schnell mach' dich fort,« mahnte Georg und trat von dem Fenster zurück. Im nächsten Augenblick vernahm er Gebrüll und einen Schreckensruf und sah den Dobise schleunigst am Seil nach der Höhe klimmen. Unten murmelte es leise, dann wurde alles still, der Nebel quoll in den Straßen, die roten Lichter, welche hier und da blinkten, schwanden eines nach dem andern, in der Ferne schlug dumpf die Uhr von St. Johannes und zuweilen blies der Türmer die gewohnte Weise. Spät kam die alte Barbara, sie trug die Abendkost, eine Lampe, Strohsack und Decke. Georg antwortete ihrem bekümmerten Nachtsegen mit freundlichem Lachen, warf sich auf sein Lager am Boden und entschlief ruhig.
Der Vater aber in seiner Kammer wachte, er saß über ein Buch gebeugt, dessen Seiten er mit vielen Zeichen beschrieben hatte, zählte zusammen und rechnete. Die Zeichen und Zahlen des Buches, unverständlich für jeden andern, bedeuteten nicht Kaufmannsgüter und Summen seines irdischen Handelsgeschäftes, es war die Rechnung, die er als frommer Christ für das ewige Leben führte. Die frommen Bruderschaften standen darin, denen er angehörte, jede mit vielen Tausenden Paternoster und Ave Marias, mit ganzen Rosenkränzen und anderen Hilfsmitteln zur Seligkeit, welche die Bruderschaft als gemeinsamen Schatz für ihre Mitglieder gutgemacht hatte. Auch seine eigenen guten Werke waren darin verzeichnet, die frommen Spenden und Almosen, die er ausgeteilt und die Bußübungen, denen er sich freiwillig unterzogen. Seite auf Seite überschlug er und rechnete zusammen, am sorgfältigsten, was er der Mutter Gottes und seinem Schutzpatron, dem heiligen Johannes zu Ehren erwiesen hatte, damit sie ihm ihre besondere Neigung zuwendeten. Es war eine große Summe von Gebeten und von guten Werken. »Wir flehen und opfern unablässig,« seufzte er endlich, »aber nimmer erfahren wir, wie hoch die Heiligen den Aufwand schätzen, den wir für sie gemacht, und wir müssen den Priestern vertrauen, wenn sie uns gute Vertröstung geben und bestätigen, daß unsere Rechnung mit dem Himmel günstig für uns stehe. Ich bin ein alter Mann geworden über der Arbeit dieses Buches, aber den größten irdischen Wunsch, um den ich flehe, entbehre und opfere, haben die Heiligen nicht erhört.« Er barg das Buch in seinem Schrein und ging mit großen Schritten und gehobenem Haupte in der Kammer auf und ab, die Augenbrauen zogen sich finster zusammen, die Faust ballte sich und wenn das Licht seine düstern Züge erleuchtete, sah er einem harten Kriegsmanne ähnlicher als einem friedlichen Kaufherrn.
Marcus König galt für den reichsten Großhändler der Stadt, er war Herr eines Landgutes mit befestigtem Hause, er besaß Wälder, Wiesen und Mühlen nicht nur im Stadtgebiet, auch jenseit der Brücke in Polen, ihm gehörten mehrere Bordinge und Frachtkähne auf der Weichsel und man wußte, daß er in Gesellschaft mit großen Kaufherren aus Danzig und Lübeck weit über die See handelte. Wer in sein Kontor, »die Kammer«, trat, erkannte, daß der Hausherr sich viel in der Welt versucht hatte; neben den Schränken mit Handelsbriefen und Warenproben hingen zwei halbe Rüstungen aus schwarzem Eisenblech, wie die Seefahrer im Kampfe zu tragen pflegten, darunter ein Feuerrohr, Piken und Enterbeile, an der Decke zusammengerollte Wimpel und Flaggen verschiedener Schiffe; in der Ecke lehnten gewaltige Wurfspeere, welche der Nordländer zum Streit gegen Seeungeheuer gebraucht, und zwischen ihnen das riesige Horn eines Ungetüms. Auch das Marienbild, welches über dem Weihkessel an der Tür hing, war mit einem Rosenkranz von großen roten Korallen umgeben, die nur im Südmeer erfischt wurden. Die oberen Stockwerke des Hauses, die Keller und die Speicher in dem langen Hofe waren mit Kaufmannsgut gefüllt, dort lagerte Kupfer und Pelzwerk, Wachs und Honig der Ostländer, aber auch die köstlichen Waren, welche aus dem fernen Westen herzugefahren wurden, süßer Wein und Gewürz, teure Gewebe, Samt und goldgemusterte Stoffe aus Flandern und Genua. Dennoch war es ein stilles Haus und eine kleine Dienerschaft, mit welcher der reiche Mann seinen Handel betrieb. In der Kammer saß nur ein Gehilfe ihm gegenüber, Bernd Gusek, ein demütiger Mann, welcher »der Lieger« hieß, weil er eigenen Anteil an vielen Geschäften hatte und das Vorrecht, gleich dem Herrn mit der Marke der Handlung zu zeichnen; er war wohlbekannt in allen Oststädten von Lemberg bis Danzig und galt unter den Polen soviel als der Herr selbst. Ein niedriger Seitentisch war für Georg aufgestellt, der als Gesell in der Handlung diente. Im Hofe und in den Speichern aber wirtschaftete mit einigen Packern der Hausknecht Dobise, ein Unfreier vom Gute des Hausherrn. Sonst wußten die Neugierigen weniger von dem reichen Marcus zu erzählen als von andern Brüdern des Artushofes. Denn er war nach dem Tode seiner Hausfrau viele Jahre auf Handelsfahrten in der Fremde gewesen, während seine unverheiratete Schwester ihm den einzigen Sohn erzog. Erst als die Schwester starb, war er heimgekehrt, ein ernster, schweigsamer Herr, der sich stolz hielt gegen die Bürger, aber auch unter den Brüdern des Artushofes, wo er von seinen Vorfahren her einen Ehrensitz an der vornehmsten Bank innehatte.
Am Tage nach dem Teufelstanz schrieb Marcus in der Kammer über Geschäftsbriefen, auch Georg, der seiner Haft entledigt war, saß mißvergnügt auf dem Schemel, als der Ratsbote eintrat und den Hausherrn mit seinem Sohne vor den Rat lud. Die alte Magd reichte dem Herrn klagend seinen Hut: »Das wird für Euch ein saurer Gang. Sonst, wenn Lischke, der Bote, in das Haus kam, hielt er gern bei der Küchentür an, er saß auf dem Schemel nieder und erwartete, daß ich ihm ein Glas Danziger zutrug, heut sah er feindselig um sich und wich vor dem Schemel zurück, wie ein Kater vor dem heißen Rost.«
Nicht nur der Diener war in Aufregung, auch die Herren des Rates saßen steif in ihren Stühlen, und sogar der älteste Bürgermeister, Burggraf Friedewald, der allen ehrwürdig war mit seinem langen weißen Haar und dem freundlichen Antlitz, begann feierlicher als sonst: »Bevor der Rat Euren Sohn straft, Herr Kumpan, muß ich Euch vorhalten, daß heut Barthel Schneider mit seinem Gesellen eine Anzeige vor uns gebracht hat. Als er gestern in später Abendstunde bei Eurem Hause vorbeiging, hat er nahe an Eurer Wand über sich in der Luft eine schwarze scheußliche Gestalt gesehen, die ihm als der leibhaftige Teufel kenntlich wurde. Diese Gestalt hat sich in der Luft überschlagen und gegen die redlichen Männer, den Schneider und seinen Gesellen, so greulich gebrüllt, daß beide entsetzt auseinanderfielen, bis sie auf dem Boden lagen. Von dort, sagt Barthel, habe er noch gesehen, daß der böse Geist an Eurem Hause in die Höhe flog, wobei sein Schwanz immer länger wurde, bis er endlich in Eurer Giebelluke verschwand. Der Geselle sagt aus, daß er ein unmenschliches Gelächter vernommen habe und daß oben erwähnter Schwanz, welcher gerade herabhing, am Ende gekrümmt gewesen sei wie bei einem Fleischerhunde. Ungern teile ich Euch das mit, da Ihr als ruhiger und gottesfürchtiger Mann bekannt seid, doch Euch selbst wird nicht verborgen bleiben, was viele meinen, daß der Frevelmut Eures Sohnes und sein Spiel mit dem Teufel dem Bösen Zugang in Euer Haus bereitet habe. Arges Gerücht aber verdirbt den besten Mann, und des Rats Verpflichtung ist unter anderem auch, Beunruhigung christlicher Seelen zu verhindern, deshalb werdet Ihr wohltun, unverzüglich die frommen Väter zu laden, damit sie dem Bösen Euer Haus verleiden, und werdet fortan Eure Hausgenossen in strenger Zucht halten, damit das Geräusch in der Stadt wieder gestillt werde und unsere und Eure Ehre im Lande nicht durch schädliches Gerücht gekränkt.«