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Michael Haase

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Beschreibung

Der Lumpenseckel ist eine Sammlung von heimatlichen Kurzgeschichten, die sich mit alten Sagen und Mythen befasst. Der Leser taucht in eine längst vergessene, unwirkliche Welt ein, die von seltsamen Charakteren, schweren Schicksalen und einfachen Menschen mit ihren ganz gewöhnlichen, altäglichen Sorgen und Nöten handelt.

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Michael Haase

Der Lumpenseckel

Und andere Kurzgeschichten

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Der Lumpenseckel

Bis vor einigen Jahren machte im Lautertal ein seltsamer Bursche den Menschen gehörig zu schaffen. Besonders jene Menschen, die von Natur aus geizig und raffgierig waren, fürchteten sich vor ihm und konnten nachts keinen Schlaf finden, weil er es sich zur Aufgabe gemacht hatte, sie zu ärgern, wo er nur konnte.

Der Lumpenseckel, so wurde er im Volksmund genannt, trat meistens als Bettler auf, hatte langes, verfilztes Haar und war von Kopf bis Fuß in Lumpen gehüllt. Seinen richtigen Namen kannte niemand, daher übernahmen die Leute den Namen, den die Kinder dem komischen Männlein gegeben hatten. Wenn diese nämlich das kleine, krumm gewachsene Kerlchen die Straße entlanghumpeln sahen, dann lachten sie zumeist und riefen: Schaut, da kommt der Lumpenseckel! Auch einen Spottvers hatten sie ihm gewidmet, den sie - gesegnet mit der Ehrlichkeit, welche Kindern nun mal eigen ist - oftmals sangen:

 

Rattatata, rattadafidibum,

Der Lumpenseckel geht um,

Überall hört man wie es spricht:

Hält er der Gesellschaft den Spiegel vors Gesicht.

Sei gut zu ihm, er wird dich reich belohnen,

Jedoch auch Schlechtigkeit wird er dir reich entlohnen!

 

Wenn die Mütter und Väter den Lumpenseckel erblickten, zogen sie ihre Sprösslinge schnell ins Haus und verriegelten Türen und Fenster. Sie fürchteten sich vor ihm, besonders aufgrund der Geschichten, die man sich von ihm erzählte. Klopfte nämlich der Lumpeseckel an die Tür, dann erwartete er Kost und Logie. Weigerte sich der Hausherr, ihm die Wünsche zu erfüllen, geriet der Mann furchtbar in Rage und fluchte lauthals vor sich hin. Das Seltsame aber war, dass den geizigen Hausherrn in der nächsten Nacht, manchmal auch an den nächsten Tagen seltsame Dinge widerfuhren.

So wachte mancher am Morgen danach auf und war am ganzen Körper mit blauen Flecken übersäht, ein anderer war in stinkende Lumpen gehüllt, die ihm fortan am Körper klebten. Ganz schlimm erging es einem krankhaften Geizkragen, der dem Lumpenseckel den Dienst verweigerte. Am nächsten Morgen suchte er vergeblich nach seinem Ersparten, das er stets unter dem Kopfkissen versteckt hatte.

Fluchend lief er im Nachthemd auf die Straße und verwünschte lauthals den Lumpenseckel, der jedoch längst weitergezogen war. Der Geizige konnte zwar nicht beweisen, dass der Lumpeseckel etwas damit zu schaffen hatte, daher verlief sich auch diese Sache im Sand und es gab nicht wenige Bürger, die dem Bestohlenen sein Unglück heimlich gönnten.

Auf der anderen Seite gab es natürlich auch gutherzige Menschen, die Mitleid mit dem Lumpenseckel hatten und ihn ins Haus baten, wo sie ihm einen Schlafplatz zuwiesen und ihn bewirteten. Diesen Menschen widerfuhren in der Folgezeit wundersame Dinge, sie fanden früh Morgens Golddukaten unter ihrem Kopfkissen oder ein neues Pferd auf dem Hof, wurden plötzlich reich oder von einer langwierigen Krankheit geheilt.

Nun gab es in Waldhofen einen gewieften Grafen, dem diese Geschichten zu Ohren kamen.

Er hörte von der Großherzigkeit des Lumpeseckels und trug seinen Schergen auf, nach dem Mann Ausschau zu halten. Nach wenigen Wochen schon meldete ihm ein Bote, der Lumpenseckel streife gerade durch die Stadt.

Daraufhin befahl der Graf, diesen sofort in sein Haus zu bringen.