Der Mann, der König sein wollte - Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) - Rudyard Kipling - E-Book
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Der Mann, der König sein wollte - Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) E-Book

Rudyard Kipling

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Beschreibung

In Rudyard Kiplings Werk 'Der Mann, der König sein wollte - Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch)' wird die faszinierende Geschichte von zwei Abenteurern erzählt, die das Ziel haben, Könige zu werden im geheimnisvollen Land Kafiristan. Kiplings literarischer Stil ist geprägt von seinem tiefen Verständnis für die menschliche Natur und seinem Interesse an den Kolonialmächten des 19. Jahrhunderts. Das Buch thematisiert die Themen Macht, Identität und den Konflikt zwischen Zivilisation und Wildnis auf eine spannende und intelligente Weise. Die Zweisprachigkeit des Buches bietet dem Leser die Möglichkeit, die feinfühlige Sprache Kiplings in Deutsch und Englisch zu erleben. Rudyard Kipling, ein angesehener Schriftsteller des viktorianischen Zeitalters, wurde stark von seinen eigenen Erfahrungen in Britisch-Indien beeinflusst. Seine Werke sind geprägt von einer tiefen Verbindung zu den Themen des Imperialismus und der kulturellen Diversität. 'Der Mann, der König sein wollte' spiegelt Kiplings Faszination für die exotischen und fremden Welten wider, die er in seinen Reisen und Arbeiten erkundet hat. Seine detaillierte Kenntnis der politischen und sozialen Dynamik des 19. Jahrhunderts zeigt sich in seiner präzisen Darstellung der Charaktere und Handlungsstränge. Dieses Buch ist ein Muss für Leser, die sich für literarische Werke mit historischem und kolonialistischem Hintergrund interessieren. Durch die Kombination von Spannung, Abenteuer und tiefgreifenden philosophischen Fragen bietet 'Der Mann, der König sein wollte' eine bereichernde Leseerfahrung. Kiplings Meisterwerk zeugt von seinem talentierten Umgang mit Sprache und seiner Fähigkeit, komplexe Themen auf eine zugängliche und packende Weise zu präsentieren.

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Rudyard Kipling

Der Mann, der König sein wollte - Zweisprachige Ausgabe

(Deutsch-Englisch)

Books

- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung -
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-0973-6

Inhaltsverzeichnis - Table of Contents

Der Mann, der König sein wollte
The Man Who Would be King
Englisch

Der Mann, der König sein wollte

Inhaltsverzeichnis

»Verkehre mit einem Fürsten wie mit einem Bruder und mit einem Bettler als Kamerad, vorausgesetzt, daß er es verdient.«

Eine schöne Lebensregel in der Tat, aber nicht leicht zu befolgen! Der Kamerad eines Bettlers war ich des öftern, aber die Umstände erlaubten beiden Teilen nicht, herauszufinden, auf wessen Seite die Würdigkeit lag. Der Bruder eines Fürsten zu werden steht mir noch bevor, obwohl ich einmal dicht daran war, in solche Verwandtschaft zu geraten, und nicht nur das: sondern auch Premierminister eines zu gründenden Königreichs zu werden mit der Armee unter mir, dem Staatssäckel, der Justiz und der gesamten Außenpolitik. Heute freilich habe ich allen Grund, anzunehmen, daß es Essig damit ist, denn der König ist bereits tot, und wenn ich Lust verspüren sollte, mir eine Krone zu ergattern, wird mir wohl nichts übrigbleiben, als mich selbst auf die Beine zu machen.

Begonnen hat die ganze Geschichte in einem Eisenbahnzug auf der Strecke von Ajmir nach Mhow. Ein spürbarer Mangel in meinen Finanzen zwang mich, nicht etwa zweiter Klasse, die immer noch die Hälfte der ersten kostet, zu reisen - Gott bewahre: nein, sondern direkt im Schindluder-Kupee, was eine scheußliche Angelegenheit ist. In diesen »Letzte-Klaß-Wägen« gibt es keine Kissen, und die Passagiere sind selbst so etwas wie Schindluder, nämlich Eurasier oder Eingeborene, was bei einer langen Fahrt sehr lästig werden kann, oder sie sind Vagabunden. Da letztere meistens betrunken sind, ist die Sache in diesem Fall bisweilen erheiternd. Letzte-Klaß-Passagiere kaufen grundsätzlich nicht in den Erfrischungsräumen; sie ziehen es vor, Nahrungsmittel in Bündeln und Töpfen mit sich herumzuschleppen, hie und da bei eingeborenen Zuckerbäckerständen einige Süßigkeiten zu erwerben und Wasser aus den Stationsbrunnen zu trinken. Kein Wunder daher, daß man dergleichen »Schindluder-Reisende« bisweilen als Leichen aus den Kupees herausholt, zumal wenn heißes Wetter herrscht; aber auch bei normaler Temperatur bieten sie einen seltsamen Anblick.

Zufälligerweise blieb der Letzte-Klaß-Wagen, in dem ich saß, leer bis Nasirabad, wo ein dicker Gentleman mit schwarzen Augenbrauen und aufgekrempelten Hemdärmeln einstieg. Der Sitte gemäß, die unter solchen Eisenbahnpassagieren eingebürgert ist, blieb er den ganzen Tag hindurch in diesem Aufzug sitzen. Er war ein Landstreicher - ein Vagabund - wie ich, hatte aber eine ausgesprochene Vorliebe für Whisky. Er erzählte eine Menge Geschichten von Erlebnissen, die er teils mit angesehen, teils selbst gehabt hatte, und wußte von Abenteuern zu berichten, bei denen er, lediglich der Nahrung für einige Tage wegen, sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte.

»Wenn’s noch mehrer solche gäb, wie Sie und ich, die net wissen, wie die Raben, wo’s Fressen hernehmen für morgen, - net siebzig Millionen Refenüh könnt’ das Land abwerfen, statt siebenhundert, wie jetzt«, sagte er; und ich stimmte ihm zu, nachdem ich einen Blick auf sein Kinn und seinen Mund geworfen hatte.

Wir schwätzten über Politik - über die Politik der Vagabunden nämlich, die gewohnt sind, offene Wunden zu sehen und nicht das hübsch glatte Pflaster darüber, schwätzten von der Post und ihren Einrichtungen, denn mein Freund gedachte, ein Telegramm von der nächsten Station nach Ajmir zurückzusenden, dem Umschlagplatz zwischen Bombay und Mhow, wenn man westwärts reist, hatte aber kein Geld, von acht Annas abgesehen. Ich selbst besaß ebenfalls keines, dank dem erwähnten Loch in meinem Budget, und konnte ihm daher nicht aushelfen.

»Bliebe nichts übrig, als einen Stationsvorstand mit dem Tod zu bedrohen, bis er ein Telegramm auf Kredit abschickt«, sagte mein Freund, »aber das könnte Scherereien nach sich ziehen für Sie und für mich, und ich habe gerade jetzt alle Hände voll zu tun. Sagen Sie mal, fahren Sie in den nächsten Tagen wieder zurück?«

»In zehn Tagen«, erwiderte ich.

»No und acht lassen sich nicht draus machen?« forschte er »Wann i bloß net so a Masse dringende Gschäft vorhätt!«

»Ich könnte Ihr Telegramm innerhalb dieser zehn Tage abschicken«, machte ich mich erbötig.

»I trau mi net recht mit einer solchen Depeschen«, meinte er. »Er fährt am 23sten von Delhi nach Bombay, das ist die Gschicht! Das heißt soviel wie: er kommt durch Ajmir durch in der Nacht vom 23sten.«

»Ich gehe nämlich in die Indische Wüste« erklärte ich.

»Ausgezeichnet«, rief mein Freund, »da müssen Sie in Marwar umsteigen; anders geht’s net - und ›er‹ kommt in der Früh durch am 24sten mit dem Bombayzug. Können Sie um diese Zeit auf ihn in Marwar warten? Es wird Ihnen nix ausmachen, denn ich weiß: aus diesen indischen Zentralstaaten dort in der Gegend läßt sich hübsch was rauszupfen, - gar wenn Sie sagen, Sie sind Korrespondent der HinterwäldlerZeitung.«

»Haben Sie dies Rezept schon ausprobiert?« fragte ich.

»No und wie oft!« war die Antwort. »Freilich, erwischen darf man sich nicht lassen, sonst werden Sie ins Loch gesteckt, bevor Sie noch Zeit haben, jemand das Messer in den Bauch zu rennen. Aber sprechen mir lieber von meinem Kollegen! Ich hab ihm mein Ehrenwort geben müssen, daß ich ihn auf dem laufenden halt und ihn wissen laß, wohin er sich wenden soll. Ich möcht es Ihnen hoch anrechnen, wenn Sie rasch von Zentralindien zurückkommen würden, damit Sie ihn noch in Marwar erwischen und ihm sagen: ›Er - (ich nämlich) ist diese Woche im Süden.‹ Er hat einen roten Bart, ist ein großer Mann und auch sonst ein Mordsgigerl.

Er wird natürlich schlafen, mit seinem ganzen Gepäck rundum, kurz: wie ein Gentleman und zwar in der zweiten Klaß.

Aber Sie brauchen sich deshalb nicht vor ihm zu fürchten. Lassen Sie ganz einfach das Kupeefenster herunter und sagen Sie ihm: ›Er ist im Süden diese Woche.‹ Er weiß nachher schon! Na, und Ihnen kost’s j a höchstens zwei Tage Aufenthalt, Ich bitte Sie also um die Gefälligkeit, wie man eben als Fremder bittet, der - nach dem Westen geht!«

»Und woher kommen Sie?« fragte ich.

»Aus dem Osten«, sagte er, »aber net wahr, Sie trichtern ihm ein, was ich gsagt hab? Ich dank Ihnen im voraus und im Namen Ihrer Mutter.«

Engländer haben’s im allgemeinen nicht gern, wenn man Erinnerungen an ihre Mütter weckt, aber ich sagte nichts und nickte nur zustimmend.

»Es handelt sich um eine nicht geringe Sache«, erklärte mein Freund, »sonst würde ich Sie nicht bemühen, aber ich seh ja, daß ich mich auf Sie verlassen kann. Also passen S’ noch mal auf: Zweites Klaß-Kupee in Marwar, und ein Mann mit einem roten Bart, der wo drin schläft! Werden Sie’s auch nicht vergessen? Ich steig bei der nächsten Station aus und muß dort warten, bis er kommt oder mir Nachricht gibt oder mir sonstwas schickt.«

»Ich werde ihm alles ausrichten, vorausgesetzt, daß ich ihn erwische«, versprach ich, »aber jetzt möchte ich Ihnen - auch im Namen Ihrer Mutter - einen Rat geben: Vermeiden Sie die zentralindischen Staaten, wenn Sie wieder mal, wie jetzt, als Korrespondent der HinterwäldlerZeitung reisen! Die Sache ist dort brenzlich, und es könnte für Sie schief ausgehen.«

»Ich dank Ihnen«, sagte er schlicht, »aber wo eine Sau sonst fangen? Soll der Mensch zusehen und verhungern, wann ihm eine übern Weg lauft? Ich möcht halt gar so gern den Degumber Radscha packen wegen der Gschicht mit der Witwe seines Vaters und ihm eins auswischen.«

»Was hat er denn mit der Witwe seines Vaters angefangen?« – wollte ich wissen.

»Ach Gott, mit rotem Pfeffer hat er sie halt angefüllt und dann, wie sie an einem Balken gehängt hat, totgeprügelt. Ich hab das herausgeschnüffelt; ich bin überhaupt der einzige Mensch, der’s weiß und sich getraut, hinzugehen in seinen Staat und ihm ein gehöriges Schweigegeld herauszuziehen. Man wird natürlich versuchen, mich zu vergiften, wie schon einmal in Chortumna, als ich Beute machen ging. Aber werden Sie meinen Auftrag in Marwar dem mit dem roten Bart auch gut ausrichten?«

In einer kleinen Station stieg er aus, und ich überließ mich meinen Gedanken. Des öftern schon hatte ich von Leuten gehört, die es lieben, sich als Zeitungskorrespondenten auszugeben, um kleinen Eingeborenenstaaten unter Androhung von allerhand skandalösen Enthüllungen zur Ader zu lassen, aber begegnet war ich bisher noch keinem aus dieser Kaste, Sie führen ein hartes Leben, das wußte ich, und erleiden oft einen schnellen Tod. - Die Eingeborenenstaaten haben nämlich einen heillosen Respekt vor englischen Zeitungen und leben beständig in der Furcht, durch sie könnten gewisse Regierungsmethoden an den Tag kommen, die das Licht nicht recht vertragen; deshalb tun solche Staaten ihr Bestes, sich Korrespondenten mit Champagner oder sonst welchen das Bewußtsein gründlich störenden Flüssigkeiten vom Halse zu schaffen; sie haben keine Ahnung, daß es niemand auch nur im Traume einfällt, sich um interne Staatsangelegenheiten zu kümmern, solange Unterdrückung und Verbrechen sich in verschämten Grenzen halten und der betreffende Regent nicht gerade vom 1. Januar bis 31. Dezember ohne Unterbrechung besoffen oder sonstwie unzurechnungsfähig ist. In diesen dunklen Flecken der Erde herrscht gewöhnlich eine alles Maß übersteigende Grausamkeit; auf der einen Seite laufen Eisenbahnen und Telegraph, auf der anderen Seite herrschen die Zustände aus den Tagen Harun al-Raschids. Bei mir standen die Sachen so: einmal hatte ich Geschäfte mit Königen, und in acht Tagen wechselte das Bild auf schier unglaubliche Weise. Einmal trug ich Abenddreß, verkehrte mit Fürsten und Politikern, trank aus Kristall und speiste aus Silber, das nächste Mal schlief ich auf dem Boden in Lumpen, wie ein Kuli, verschlang Kräuter und Quellwasser. Wie es eben der Tag so mit sich brachte.

Jetzt hatte ich mir die Große Indische Wüste auserkoren und die Eisenbahn setzte mich in Marwar ab - mitten in der Nacht - von wo eine winzige, lächerliche »Gehste-oder-gehste-nicht«-Lokalbahn, von einem Eingeborenenheizer gelenkt, nach Jodhpur rattert. Der Bombay-Expreß macht halt, wenn er von Delhi kommt, in Marwar. Er fuhr gerade ein, als ich ankam, ich fand kaum Zeit, übers Geleise zu laufen und die Kupees zu durchsuchen. Zum Glück gab es nur einen Zweiteklaß-Waggon. Ich zog das Fensterrouleau hoch und erblickte einen roten Bart, der wie eine Flamme leuchtete und zur Hälfte mit einer Eisenbahndecke verhüllt war. Kein Zweifel: das war mein Mann, tief schlafend, wie angekündigt. Ich versetzte ihm einen gelinden Rippenstoß, den er mit einem Grunzen quittierte, worauf sein Antlitz auftauchte. Es war groß und strahlend.

»Schon wieder die Billetten!« brummte er.

»Nein«, sagte ich. »Ich soll Ihnen ausrichten: er ist die Woche über im Süden!«

Der Zug begann sich wieder in Bewegung zu setzen. Der Rotbart rieb sich die Augen.

»Hm, also im Süden ist er diese Woche!« wiederholte er vor sich hin. »Das sieht ihm wieder mal ähnlich. Hat er gesagt, ich soll Ihnen was geben? Paßt mir gar nicht.«

»Hat nichts gesagt«, gab ich zur Antwort, sprang rasch ab und blickte den roten Lichtern des Zuges nach, wie sie rasch in der Ferne entschwanden. Es war schauderhaft kalt, denn der Wind wehte von der Wüste herüber; ich kletterte wieder in meinen eigenen Zug; diesmal war’s kein »Schindluder-Kupee«, und ich streckte mich zum Schlafen aus.

Hätte mir der Mann eine Rupie als Trinkgeld gegeben, ich würde sie als Erinnerung an dieses sonderbare Erlebnis mir aufgehoben haben, so aber mußte ich mich mit dem Bewußtsein als Lohn begnügen, mein Versprechen eingelöst zu haben.

Später sagte ich mir: Wenn zwei Gentlemen, wie meine beiden Freunde, sich, als Zeitungskorrespondenten verkleidet, auf die Walz und auf Schwarzfahrten nach Zentralindien und die kleinen Rattenfallenstaaten von Süd-Radschputana begeben, so wandeln sie wahrscheinlich nicht auf einwandfreien Wegen und müssen gewärtigen, daß ihnen allerhand ernste Unannehmlichkeiten zustoßen; ich wollte deshalb bei ihrer Personalitätsbeschreibung sehr vorsichtig sein - insbesondere Leuten gegenüber, von denen ich annehmen durfte, daß sie sich für sie interessierten. Wie ich später erfuhr, war es mir gelungen, sie von einem Ausflug ins Degumber-Gebiet abzuhalten.