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Fiel der Hausherr von Abbey Grange tatsächlich einer Einbrecherbande zum Opfer? Als Holmes und Dr. Watson am Tatort des Mordes eintreffen, erzählt die Frau des Toten ihre Version des Überfalls. Doch einige Details passen nicht zusammen, und Holmes vermutet zu Recht, dass der Mörder interne Informationen aus dem Haus gehabt haben muss... -
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Seitenzahl: 46
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Arthur Conan Doyle
Saga
Der Mord in Abbey GrangeCopyright © 1904, 2019 Arthur Conan Doyle und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726372335
1. Ebook-Auflage, 2019
Format: EPUB 2.0
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Es war an einem bitterkalten Wintermorgen des Jahres 1897, als jemand meine Bettdecke wegzog und mich munter machte. Es war Holmes. Die Kerze in seiner Hand warf einen hellen Schein auf sein Gesicht, und ich merkte auf den ersten Blick, dass er etwas Wichtiges vorhatte.
„Komm’, Watson, komm’!“ rief er. „Die Jagd geht los. Keine Widerreden! In die Kleider und fort!“
Nach zehn Minuten sassen wir beide bereits in einer Droschke auf dem Wege nach der Station Charing Cross. Die Strassen waren noch leer, nur hie und da sahen wir in dem dunkelen Londoner Nebel, der von den ersten Strahlen der Morgendämmerung schwach erleuchtet wurde, die verschwommenen, unbestimmten Umrisse eines Arbeiters, der früh an sein Tagewerk ging. Holmes hüllte sich schweigend in seinen schweren Ueberzieher, und ich tat das gleiche, denn die Luft war eisig und wir hatten beide noch nichts im Magen. Erst als wir am Bahnhof etwas heissen Tee genossen und in dem Zuge nach Kent unsere Plätze eingenommen hatten, waren wir soweit aufgetaut, dass er sprechen und ich zuhören konnte. Er nahm einen Brief aus der Tasche und las ihn mir laut vor:
„ Abbey Grange, Marsham, Kent,3 h 30 m früh.
Lieber Herr Holmes, — ich würde mich sehr freuen, wenn Sie sofort kommen wollten, um mir bei einem Falle, der ausserordentlich merkwürdig zu werden verspricht, Ihre Hilfe zu Teil werden zu lassen. Es ist etwas nach Ihrem Geschmack. Ausser der Befreiung der Dame will ich dafür sorgen, dass alles genau so bleibt, wie ich es angetroffen habe, aber ich bitte Sie, keinen Augenblick Zeit zu verlieren, weil es unmöglich ist, Herrn Edward lange liegen zu lassen.
Ihr ergebener Stanley Hopkins.“
„Hopkins hat mich in sieben Fällen beigezogen, und jedesmal war seine Aufforderung gerechtfertigt,“ sagte Holmes. „Ich glaube, du hast jeden dieser Fälle in deine Sammlung aufgenommen, und ich muss gestehen, Watson, dass du eine glückliche Wahl zu treffen verstehst, die manches wieder gutmacht, was mir in deinen Geschichten missfällt. Deine leidige Gepflogenheit, alles vom Standpunkt des Erzählers, statt von dem des Gelehrten zu betrachten, hat es verhindert, dass eine belehrende und vielleicht vorbildliche Serie klassischer Beweisfälle daraus geworden ist. Du gehst über Stellen der schwierigsten und feinsten Geistesarbeit rasch hinweg, um bei sensationellen Einzelheiten desto länger zu verweilen, die ja den Leser fesseln mögen, aber sicher nicht belehren können.“
„Warum schreibst du sie denn nicht selbst?“ versetzte ich, etwas verletzt.
„Das beabsichtige ich jetzt auch, mein lieber Watson, das werde ich ganz gewiss noch tun. Augenblicklich bin ich jedoch, wie du weisst, stark beschäftigt, aber ich habe mir vorgenommen, meine späteren Jahre der Ausarbeitung eines Werkes zu widmen, welches die ganze Detektivkunst in einem einzigen Bande zusammenfassend enthalten soll. Gegenwärtig scheint es sich um einen Mord zu handeln.“
„Du meinst also, dass dieser Herr Edward tot ist?“
„Das ist allerdings meine Ansicht. Hopkins’ Brief verrät eine starke Aufregung, und er ist nicht gerade ein Gemütsmensch. Ja, ich nehme an, dass ein Gewaltakt vorliegt und dass man die Leiche liegen gelassen hat, damit wir sie an Ort und Stelle in Augenschein nehmen können. Bei einem einfachen Selbstmord würde er mich nicht gerufen haben. Was die Befreiung der Dame anbelangt, will es mir scheinen, dass sie während der Ermordung in ihr Zimmer eingeschlossen gewesen ist. Wir haben’s mit feinen Leuten zu tun, Watson; beste Briefbogen, Monogramm E. B., Wappen, künstlerisch ausgestattete Kuverts. Ich vermute, dass Freund Hopkins seinen Ruf erhöhen wird, und dass uns ein interessanter Vormittag bevorsteht. Das Verbrechen ist heute nacht vor zwölf verübt worden.“
„Woher weisst du das?“
„Durch einen Blick ins Kursbuch und durch Berechnung der Zeit. Zuerst musste die Ortspolizei in Kenntnis gesetzt werden, diese musste sich mit der Londoner Polizei verbinden, Hopkins musste hinauffahren und seinerseits wieder nach mir schicken. Das alles zusammen kostet wohl eine Nacht Zeit. Nun, hier sind wir in Chislehurst, und bald werden unsere Zweifel gehoben sein.“
Eine Fahrt von ein paar Meilen auf schmalen Feldwegen brachte uns an einen Park. Ein alter Pförtner, von dessen magerem Gesicht man ablesen konnte, dass ein grosses Unglück passiert war, öffnete uns die breiten Tore. Wir befanden uns in einem herrlichen Park und schritten eine mit alten Ulmen bestandene Allee entlang, deren Abschluss ein weites, niedriges Gebäude in palladinischem Stil bildete. Der mittlere Teil war offenbar sehr alt und ganz mit Efeu überzogen, aber die grossen Fenster wiesen auf moderne Veränderungen hin, und ein Flügel schien überhaupt ganz neu zu sein. Am Eingang kam uns Inspektor Hopkins entgegen.
„Ich bin sehr froh, dass Sie gekommen sind, Herr Holmes, und Sie auch, Herr Dr. Watson! Aber trotzdem würde ich Sie, wenn ich’s jetzt noch ’mal zu tun hätte, nicht belästigen, denn die Dame hat, sobald sie wieder zu sich gekommen war, einen so klaren Bericht des Hergangs gegeben, dass uns nicht viel zu tun übrig bleibt. Sie kennen doch die Lewishamer Einbrecherbande?“
„Was, die drei Randalls?“