Der Notarzt 483 - Karin Graf - E-Book

Der Notarzt 483 E-Book

Karin Graf

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Einen so seltsamen Scheidungsfall hat Richter Horst Keller noch nie erlebt! Obwohl das junge Paar, das vor ihm sitzt, ganz offensichtlich die Absicht hat, in Zukunft getrennte Wege zu gehen, lächeln die beiden sich ständig zu, streicheln sich über die Wange oder tätscheln dem jeweils anderen das Knie. Was soll das?
Wie sich herausstellt, glauben Amanda und Oliver Bertram, einfach nicht zusammenzupassen. Sie ist stets hervorragend organisiert und beruflich erfolgreich, er - obwohl ein herausragender Mediziner - ein echter Chaot. Und so denken beide, ohne den jeweils anderen besser dran zu sein ... ein fataler Irrtum, wie sich schon bald herausstellen soll ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 115

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Und plötzlich vermisse ich dich

Vorschau

Impressum

Und plötzlich vermisse ich dich

In der Sauerbruch-Klinik kommt es zu einem schicksalhaften Wiedersehen

Karin Graf

Einen so seltsamen Scheidungsfall hat Richter Horst Keller noch nie erlebt! Obwohl das junge Paar, das vor ihm sitzt, ganz offensichtlich die Absicht hat, in Zukunft getrennte Wege zu gehen, lächeln die beiden sich ständig zu, streicheln sich über die Wange oder tätscheln dem jeweils anderen das Knie. Was soll das?

Wie sich herausstellt, glauben Amanda und Oliver Bertram, einfach nicht zusammenzupassen. Sie ist stets hervorragend organisiert und beruflich erfolgreich, er – obwohl ein herausragender Mediziner – ein echter Chaot. Und so denken beide, ohne den jeweils anderen besser dran zu sein ... ein fataler Irrtum, wie sich schon bald herausstellen soll ...

»Nun denn ... kommen wir also heute endgültig zu einem Ende! Möchten Sie Ihrem Mann abschließend noch irgendetwas mit auf den Weg geben, Frau Bertram?«

In einem kleinen Verhandlungssaal in einem Hamburger Gericht klappte der Richter seufzend den dicken Aktenordner zu und hoffte, nie wieder darin blättern zu müssen. Die zahlreichen Verhandlungsprotokolle bestanden hauptsächlich aus gegenseitigen Vorwürfen, Schuldzuweisungen und teilweise recht originellen Schimpfwörtern, die Dr. Horst Keller noch nie zuvor gehört hatte.

Fast ein Jahr lang hatte sich der Scheidungsprozess nun schon hingezogen – und das, obwohl es keine Kinder gab und die Aufteilung des Vermögens absolut keine Rolle spielte! Keiner der beiden wollte Geld vom anderen haben, keiner verlangte Unterhaltszahlungen, keiner beanspruchte bestimmte Möbel, Bilder, Kunstgegenstände oder Haushaltsgeräte. Ja, es gab noch nicht einmal irgendwelche Haustiere, um deren Sorgerecht man sich hätte streiten können.

Nein, die materielle Seite der Angelegenheit war sowohl Amanda als auch Oliver Bertram herzlich egal. Ihnen ging es offensichtlich einzig und allein darum, sich auch einmal woanders als immer nur in den eigenen vier Wänden zu streiten. Richter Keller hatte von Anfang an den Verdacht gehegt, sie würden ihn als Schiedsrichter missbrauchen und von ihm eine klare Entscheidung erwarten, wer von beiden recht hatte.

Doch das war natürlich nicht seine Aufgabe. Er hatte sich redlich darum bemüht, die streitenden Parteien mittels eines Mediators zu versöhnen, und er hatte sie auch zur Eheberatung geschickt. Alles ohne Erfolg.

Das Problem war seiner Meinung nach, dass sie beide die Hosen anhatten, beide sehr selbstbewusst und karriereorientiert waren und beide über eine gewisse Autorität verfügten. Offensichtlich war keiner von beiden bereit, dem anderen auch nur einen Millimeter weit entgegenzukommen oder gar nachzugeben.

Richter Keller war noch ein Mann vom alten Schlag und der Meinung, dass zwei gleich starke Partner niemals miteinander harmonieren könnten. In diesem Fall glaubte er, seine Meinung wieder einmal bestätigt zu sehen.

Er, Oliver Bertram, war Notarzt in der Hamburger Hansen-Klinik und daran gewöhnt, dass man seine Anweisungen unverzüglich ausführte. Sie, Amanda Bertram, war ebendort als Applikationsmanagerin tätig und dafür verantwortlich, dass alles reibungslos ablief. Sie war ebenfalls nicht daran gewöhnt, dass man ihr widersprach.

So weit, so gut. Obwohl der Richter zu erkennen glaubte, dass noch Liebe vorhanden war – gut verborgen hinter allerlei Kleinkrieg, aber durchaus spürbar –, hatte er nun endgültig die Nase voll. Er wollte jetzt sofort einen Schlusspunkt unter die leidige Angelegenheit setzen.

»Ob ich ihm noch etwas sagen will, meinen Sie, Herr Richter?« Amanda Bertram erhob sich halb, um den kurzen engen Rock ihres dunkelblauen Business-Kostüms glattzustreichen, setzte sich wieder und schlug die langen, wohlgeformten Beine übereinander. »Ja, kann ich machen ...«

Sie taxierte ihren Ehemann von oben bis unten.

»Es ist so unglaublich wohltuend, morgens beim Frühstück nicht mehr in dein angefressenes Gesicht blicken zu müssen, Schatz«, ätzte sie dann.

»Nein, nein, nicht doch! So habe ich das nicht ge...«, begann der Richter zu protestieren.

Er hatte bei seiner Frage eher an ein versöhnliches Schlusswort gedacht. Doch wie auch in den zahlreichen Verhandlungen davor, drohte ihm die Sache schon wieder zu entgleiten und in einen endlosen Schlagabtausch auszuarten. Und tatsächlich: Die beiden Kampfhähne fingen schon wieder ganz von vorne an.

Eigentlich war es ja irgendwie faszinierend, sie zu beobachten, denn wenn man den Ton ausblenden und nur ihre Gesichter sehen würde, könnte man meinen, dass sie miteinander flirteten. Sie schauten sich offen in die Augen, blinzelten sich zu, lächelten und berührten sich alle Nase lang, während sie sich gegenseitig die übelsten Dinge an den Kopf warfen. Dabei konnte man ein gewisses Knistern zwischen ihnen beinahe körperlich fühlen.

Auch ihre Körperhaltung sprach Bände! Während andere Eheleute bei den Scheidungsverhandlungen in der Regel so weit wie irgendwie möglich voneinander entfernt Platz nahmen, hatten sich Amanda und Oliver Bertram ganz dicht nebeneinander gesetzt und ihre Stühle so gedreht, dass sie fast ständig Körperkontakt hatten.

»Es ist auch unglaublich wohltuend, morgens kein angefressenes Gesicht mehr machen zu müssen, Schatz«, konterte Oliver jetzt lächelnd. »Und das muss ich nicht mehr, weil ich nicht mehr dazu gezwungen bin, der Höflichkeit halber verkohlte Spiegeleier mit verbranntem Toast zu essen und dazu einen Kaffee zu trinken, bei dem man nach zwei Schlucken irreversible Herzrhythmusstörungen bekommt.«

Oliver Bertram blinzelte seiner Frau schmunzelnd zu, während er diese Worte sagte, und tippte ihr dabei mit einem Finger spielerisch aufs Knie.

»Ich hatte doch einfach nur an ein paar nette Abschiedsworte ge...«, versuchte der Richter noch einmal dazwischenzugehen, aber seine Mühe war vergebens.

»Du findest bestimmt bald ein liebes, unterwürfiges Frauchen, das sich aufopfernd um deine Eier kümmert, Schatz!« Amanda beugte sich zur Seite, richtete Olivers Krawatte fürsorglich gerade und wischte ein paar unsichtbare Staubflusen von seinem Jackett-Kragen.

»Oh bitte!« Richter Keller wurde rot. Abwehrend hob er beide Hände hoch. »Stopp! Das haben wir doch alles schon ausführlich besprochen!«

Er klopfte mit der flachen Hand auf den dicken Ordner, der vor ihm lag, und wurde noch eine Spur röter, als er daran dachte, was alles darin stand – und vor allem, was er nicht ins Protokoll aufgenommen hatte, weil es ... na ja ... in einem amtlichen Protokoll nichts verloren hatte.

»Gut! Also! Auf die gemeinsame Wohnung erhebt keine der beiden Parteien Anspruch ...«, begann er seine Zusammenfassung.

»Ich bin nicht darauf angewiesen, ich habe schon längst eine neue Wohnung!«, fiel Amanda dem Richter ins Wort.

»Ich auch! Eine Traumwohnung. Größer. Schöner. Ganz für mich alleine. In spätestens zwei Wochen werde ich umziehen.« Oliver nickte dem Richter zu. »Ich habe die Wohnung, in der wir vier Jahre lang glücklich ...«

Oliver machte eine kurze Pause und pflückte ein ausgefallenes Haar von Amandas Kostümjacke, ehe er fortfuhr:

»... hätten sein können, wenn Amanda eine normale Frau und keine herrschsüchtige Domina wäre, bereits zum Verkauf angeboten und werde meiner Frau das Geld dann sofort überweisen.«

»Exfrau!«, stellte Amanda richtig und berührte Oliver dabei beinahe liebevoll am Unterarm. »Und das Geld kannst du behalten. Ich verdiene als ›Domina‹ doppelt so viel wie du, Schatz! Schon vergessen?«

»Nicht mehr, Schatz! Ich habe einen neuen Job. Einen mit lauter angenehmen, wohltuenden Menschen und einem höheren Monatslohn. In zwei Wochen beginne ich, und es wird eine Wonne sein, jeden Tag mit Freude in eine Klinik zu gehen, in der mir keine Mensch gewordene Rechenmaschine über den Weg läuft.«

Oliver Bertram blinzelte lächelnd und berührte Amanda kurz mit zwei Fingern an der Wange.

»Hättest du mir das früher gesagt, dann hätte ich nicht gehen müssen«, brauste Amanda auf. »Ich habe heute Morgen fristlos gekündigt, weil ich endlich einmal mit ausschließlich fähigen Leuten zusammenarbeiten wollte.«

Sie wandte sich lächelnd an den Richter.

»Er ist ja kein schlechter Arzt, Herr Richter, ganz im Gegenteil«, erklärte sie ihm. »Aber für eine Notaufnahme ist er einfach nicht stressresistent genug. Er ist viel zu sensibel und ein bisschen verträumt.«

Sie winkte lächelnd ab.

»Na, egal, mein Fehler. Ich hätte nicht erwarten dürfen, dass du dich diesbezüglich mit mir absprichst«, wandte sie sich wieder an ihren Mann. »Organisation war noch nie deine Stärke. Schließlich war ich ja auch in der Notaufnahme dafür zuständig, dir zu sagen, was du wann und wo zu tun hast, Schatz.«

»Ach, das tut mir aber leid!«, rief Oliver übertrieben mitleidig aus. »Bist du jetzt arbeitslos, Liebling? Na also, dann kannst du ja das Geld aus dem Wohnungsverkauf gut gebrauchen. Ich möchte auf gar keinen Fall, dass du irgendwie in Not gerätst.«

»Ich doch nicht!« Sie winkte selbstbewusst ab. »Mit meiner Qualifikation komme ich überall unter. Spätestens in zwei Wochen habe ich wieder was. Und ich werde auch weiterhin mehr verdienen als du, also steck das Geld ein, Schatz, und kauf dir was Schönes davon. Vielleicht ein paar handgestrickte Eierwärmer für den nächsten Winter?«

»Hiermit erkläre ich diese Ehe für geschieden!« Richter Keller nutzte eine winzige Atempause der beiden Kampfhähne, um die letzte Verhandlung zu beenden.

Hastig stand er auf und leierte schnell und laut seinen abschließenden Sermon herunter.

»Das schriftliche Urteil bekommen Sie in den nächsten Tagen per Post zugestellt. Ab dem Empfangsdatum gilt eine vierwöchige Einspruchsfrist. Da ich nicht davon ausgehe, dass von einer der beiden Parteien Einspruch erhoben wird, sehe ich die Scheidung für rechtskräftig an und hoffe ... ähm ... und denke nicht, dass wir uns wiedersehen werden. Ich wünsche Ihnen beiden alles Gute, auf ... ähm ... Wiedersehen!«

Beinahe fluchtartig verließ er den Gerichtssaal, eilte in sein Büro, schlug die Tür hinter sich zu und beglückwünschte sich wieder einmal dazu, nie geheiratet zu haben.

***

In der Frankfurter Sauerbruch-Klinik betrat in diesem Moment der medizinische Leiter, Prof. Lutz Weidner, die Notaufnahme, um dort nach dem Rechten zu sehen.

Während in allen anderen Abteilungen etwas Ruhe eingekehrt war, weil die Patienten ihr Mittagessen bekommen hatten und auch die Ärzte und das Pflegepersonal sich eine kurze Verschnaufpause gönnten, ging es in der Notaufnahme wie fast immer laut und hektisch zu.

Auf dem breiten, langen Flur herrschte eine Betriebsamkeit wie auf dem Hauptbahnhof zur besten Reisezeit. Ärzte, Sanitäter und Pflegerinnen wuselten kreuz und quer durcheinander. Türen wurden aufgerissen, Kommandos gerufen, Türen wurden zugeschlagen. Rolltragen, medizinische Geräte und Ausrüstungswagen wurden von einem Zimmer in das andere geschoben, und aus dem Warteraum am Ende des Flurs konnte man das Stöhnen, Jammern und hin und wieder auch das ungeduldige Zetern der Patienten hören.

Lutz Weidner blieb einen Augenblick in der offenen Tür zum Treppenhaus stehen und beobachtete das Chaos mit wachsender Besorgnis. Es hatte sich längst herumgesprochen, dass in der Notaufnahme der Sauerbruch-Klinik Spezialisten am Werk waren, die ihr Handwerk wirklich beherrschten, jedem Patienten die beste Behandlung zuteilwerden ließen und niemals aufgaben, solange noch ein Fünkchen Hoffnung bestand.

Erst neulich war ihm zu Ohren gekommen, dass es unter den Rettungsärzten längst zur Gewohnheit geworden war, auf die Frage der Leitstelle, wie hoch sie die Überlebenschancen eines einzuliefernden Notfalls schätzten, mit der Gegenfrage zu kontern: »In der Sauerbruch oder anderswo?«

Nun, das war natürlich eine sehr erfreuliche Entwicklung und auch durchaus schmeichelhaft. Der Nachteil daran war allerdings, dass die Notaufnahme mittlerweile so stark frequentiert wurde, dass dringender Handlungsbedarf bestand, wenn man nicht tatenlos zusehen wollte, wie hier alles im Chaos versank.

Aber was tun? Wie konnte man der Sache Herr werden, ohne das Personal auf das Doppelte aufzustocken, was finanziell nicht möglich war?

Nachdenklich ließ der Professor das hektische Treiben eine Weile auf sich wirken.

»Angelika, einen Neurologen in die drei! Dringend!«, tönte es laut aus einem der Behandlungsräume.

»Verstanden!«, schallte es vom Anmeldeschalter zurück.

»Wo bleibt denn das verdammte Blutbild? Zwanzig Minuten hat es geheißen, jetzt warte ich schon seit mehr als einer halben Stunde!«, war eine gereizte Stimme aus einem anderen Raum zu hören.

»Ich frage sofort im Labor nach!«, rief Schwester Angelika zurück.

»Wo ist der Kollege Fischer? Ich brauche ihn dringend in Schockraum zwei!«

»Dr. Fischer ist doch im OP! Dauert noch mindestens zwanzig Minuten, schätze ich!«

»Dann schickt mir einen Anästhesisten aus der Chirurgie!«

»Verstanden!«

»Den Schlaganfall zur Überwachung in die Intensiv! Ist jetzt so weit stabil!« Dr. Thomas Jensen kam aus einem der beiden Schockräume, rannte den Flur entlang, zerrte sich im Laufen die Latexhandschuhe von den Händen und warf sie in hohem Bogen in den nächsten Mülleimer.

Kurz vor dem Bereitschaftsraum stieß er mit Oberschwester Nora zusammen.

»Hoppla! Ich trinke nur schnell einen Schluck Kaffee, Schwester Nora!«

»Wird nicht gehen, Dr. Jensen! Herzinfarkt, wird gerade ausgeladen!«

»Mist! Ein Schockraumteam in die Eins! Sofort!« Dr. Jensen machte eine Kehrtwende.

»Brauchen Sie Hilfe, Kollege Jensen?«, rief Lutz Weidner ihm nach.

»Ah, Chefarzt!« Thomas Jensen winkte dem Professor zu. »Nein danke, alles im grünen Bereich!«, lehnte er das Angebot ab und verschwand im Schockraum.

»Grüner Bereich? Wo soll denn hier ein grüner Bereich sein?«, murmelte Lutz Weidner kopfschüttelnd.

Hier ging es zu wie auf dem Rummelplatz, aber offensichtlich hatte die Belegschaft dieses Chaos längst als Normalzustand akzeptiert.

»Hier muss dringend etwas passieren!«, beschloss der Professor und betrat den Bereitschaftsraum. »Kollege Kersten!«, rief er erstaunt aus, als er den Leiter der Notaufnahme hinter seinem Schreibtisch sitzen und Behandlungsprotokolle abtippen sah.

»Ja, ich komme gleich!«, lautete die Antwort, und die Stimme des Notarztes klang schleppend und seltsam verwaschen.

Lutz Weidner zog sich einen Stuhl heran und setzte sich Peter Kersten gegenüber.

»Sie hatten doch Nachtdienst, Kollege Kersten, oder?«, erkundigte er sich.

»Was? Schon möglich. Ja.«

»Sie hatten davor aber auch Frühschicht, wenn ich mich nicht irre, oder?«

»Kann schon sein.«

»Und ich bilde mir ein, Sie auch in der Nacht davor hier gesehen zu haben?«

Er bekam keine Antwort mehr. Der Notarzt hämmerte verbissen in seine Tastatur. Seine Augen waren zu schmalen Schlitzen verengt, und er klebte mit der Nase fast am Bildschirm.

Lutz Weidner schaltete das Diktiergerät aus, auf dem Peter während der Behandlungen jede getroffene Maßnahme dokumentiert hatte.

»He!«, brauste der Notarzt auf. »Ich muss meine Zentralprotokolle schreiben und sie dann ins Behandlungsbüro ... oder auch umgekehrt? Egal! Ich hinke schon fast eine Woche mit den Kotoprollen ... Proto ... dings hinterher!«

Peter fuhr sich mit allen zehn Fingern durch die dunklen Haare und schaute den Professor aus halb geschlossenen, tiefliegenden Augen an.

»Wie lange sind Sie schon hier, Kollege Kersten? Die Wahrheit, bitte!«

»Was weiß denn ich? Wen kümmert's? Freitag ... glaube ich ...« Peter schaltete das Diktiergerät wieder ein, und sofort drückte der Chefarzt abermals auf den Aus-Knopf.