Der Panda und der Schatz der Achtsamkeit - Aljoscha Long - E-Book

Der Panda und der Schatz der Achtsamkeit E-Book

Aljoscha Long

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Beschreibung

»Ist das alles?«, fragt sich Bao, der kleine Panda, eines Tages. Obwohl er doch eigentlich ganz zufrieden ist, lässt ihn das Gefühl nicht los, dass in seinem Leben noch irgendetwas Wichtiges fehlt. Das gilt es zu entdecken! Und so begibt sich Bao auf die Suche …
Die abenteuerliche Reise des kleinen Pandas steckt voller überraschender Begegnungen: So trifft er auf einen Schmetterling, der ihn in die Kunst des Zuhörens und Beobachtens einführt. Oder auf tanzende Glühwürmchen, bei deren Anblick Bao bewusst wird, wie einzigartig und wundervoll jeder einzelne kleine Moment ist. Sogar der alte Fluss hat eine Botschaft für ihn: dass Veränderung ein natürlicher Teil des Lebens ist und wie man es schafft, sich vom natürlichen Fluss des Lebens tragen zu lassen, statt dagegen anzukämpfen.
Ein inspirierendes Leseerlebnis voller Witz und Weisheit – mit einfachen Übungen für ein achtsames, erfülltes und gelassenes Leben.

  • Die Fortsetzung des Bestsellers Der Panda und das Geheimnis der Gelassenheit
  • Den Zauber des Augenblicks wahrnehmen: Bei seinem neuen Abenteuer entdeckt Panda Bao das Wunder der Achtsamkeit
  • Beste Unterhaltung und inspirierende Lebensweisheit – mit praktischen Übungen und stimmungsvollen Illustrationen

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Seitenzahl: 210

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»Ist das alles?«, fragt sich Bao, der kleine Panda, eines Tages. Obwohl er doch eigentlich ganz zufrieden ist, lässt ihn das Gefühl nicht los, dass in seinem Leben noch irgendetwas Wichtiges fehlt. Das gilt es zu entdecken! Und so begibt sich Bao auf die Suche … Die abenteuerliche Reise des kleinen Pandas steckt voller überraschender Begegnungen: So trifft er auf einen Schmetterling, der ihn in die Kunst des Zuhörens und Beobachtens einführt. Oder auf tanzende Glühwürmchen, die Bao zeigen, wie wundervoll jeder einzelne kleine Moment ist. Sogar der alte Fluss hat eine Botschaft für ihn: dass Veränderung ein natürlicher Teil des Lebens ist und wie man es schafft, sich vom Fluss des Lebens tragen zu lassen, statt dagegen anzukämpfen.

Ein inspirierendes Leseerlebnis voller Witz und Weisheit – mit einfachen Übungen für ein achtsames, erfülltes und gelassenes Leben.

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Originalausgabe 06/2024

Copyright © 2024 by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Alle Rechte sind vorbehalten. Printed in Germany.

Redaktion: Diane Zilliges

Umschlaggestaltung: Guter Punkt, München

Umschlagmotiv: ©Nadja Tilke / Guter Punkt, München

Satz: Guter Punkt, München

E-Book-Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN 978-3-641-316747V001-4

www.heyne.de

»Wenn du fragst, wie es den Alten Weisen gelang, friedvoll in sich zu ruhen: Ihr Wille war Nicht-Wollen,

ihr Handeln war Nicht-Handeln,

ihre Sorge war, sich nicht zu sorgen.

Klar wie ungetrübtes Wasser ihr Geist,

still wie ein abgelegenes Tal,

heiter wie der wolkenlose Himmel.

So gab es nichts, was ihren Frieden hätte stören können.«

(Lao Lao)

Inhalt

Die Reise zum Erwachen: Der nächste Schritt

Das Flüstern des Windes

Tanzende Blätter

Ein Hauch von Glück

Das Lied der Vögel

Die weinende Wolke

Das Lachen des Regens

Die Sterne des Waldes

Der lachende Bambus

Nichts als offene Weite

Das Geheimnis des Flusses

Das Wissen des Elefanten

Der Zauber der Nachtigall

Die Weisheit des Raben

Der Glanz der Sterne

Baos Heimkehr

Die Reise zum Erwachen: Der nächste Schritt

Im abgelegenen Bambushain im friedlichen Tal des großen Mangobaumes, tief in den Bergen, nahe des Flusses, der schattenreiche Schluchten in die Felsen schnitt, lebte Bao, der Panda, inmitten seiner weit verzweigten Familie. Wanderer, die ihren Weg in dieses Tal fanden, glaubten oft, das Paradies gefunden zu haben. Und auch für Bao war das Tal genau das: sein Paradies.

Bao saß am Ufer des mächtigen Flusses und lauschte dem Raunen des Wassers. Er lehnte an einer stattlichen Weide, deren Äste sich sanft im rhythmischen Tanz des Flusses wiegten. In vollkommener Ruhe saß er lächelnd da, seine Seele erfüllt von einem Frieden, der so tief war wie der Fluss selbst.

Das war nicht immer so gewesen. Bao schmunzelte, als er sich an seine Jugend erinnerte und an seine lange, abenteuerliche Reise, die ihn zu dem gemacht hatte, der er jetzt war. Als junger Panda war er sowohl ungestüm und aufbrausend als auch ängstlich gewesen. Ja, hinter seinem Rücken hatte man ihn sogar »Bao Bibberbrüll« genannt. Die anderen Pandas des Dorfes hatten sich über seine Ängstlichkeit lustig gemacht und sich über seine Wutanfälle geärgert. Doch dann war der Tag des Sturmes und der gewaltigen Flut gekommen, der Tag, der Baos Leben für immer verändern sollte.

Weit vom vertrauten Bambushain war er fortgeschwemmt worden, hatte sich allein und verloren in einer fremden Wildnis wiedergefunden. Wie üblich war er zunächst wütend geworden. Dann hatte sich seine Wut in Angst, die Angst wieder in Wut und schließlich in pure Verzweiflung verwandelt.

Bis zur Erschöpfung hatte er geweint und getobt, als er schließlich einschlief. Im Traum war ihm sein Großvater Lao Lao erschienen, der weiseste und von allen geliebte alte Panda – und zudem der einzige im ganzen Panda-Dorf, der Bao wirklich schätzte. Großvater hatte ihm die Aufgabe erteilt, nach dem Geheimnis der Gelassenheit zu suchen.

Aber wie sollte ausgerechnet er, der sich sein Leben lang über alles und jeden aufgeregt hatte, zu Gelassenheit finden? Bao war schon wieder am Verzweifeln gewesen, dass Großvater ihm darüber nichts verraten hatte. Was sollte er denn nur tun? Mit diesem Rätsel machte sich Bao damals auf den Weg.

Schon ganz am Anfang seiner Reise begann er, seine Erkenntnisse auf Bambusblätter zu schreiben, und er nannte diese Sammlung liebevoll seine »Bambusblattbibliothek«. Der erste Satz, den er niedergeschrieben hatte, klang wie ein Echo in seinem Herzen. Wie gut konnte er sich noch immer an diesen Satz erinnern:

»Wie weit dein Ziel auch ist, du musst den ersten Schritt tun.«

Den ersten Schritt hatte er getan. Dann den zweiten und dritten. Er war vielen weisen Meisterinnen und Meistern begegnet, und sie alle hatten ihn dem Geheimnis der Gelassenheit ein wenig näher gebracht.

Von Yuke, dem Otter, hatte er gelernt, wie wichtig das Vertrauen in das Leben ist und dass man ohnehin niemals alles kontrollieren kann. Selbst von Naka-Naka, dem Krokodil, hatte er gelernt. Naka-Naka hatte ihm die Bedeutung von Ruhe und Geduld gezeigt. Und auch mit Yun, der Wolke, hatte er gesprochen. Yun war eine seiner weisesten Lehrerinnen gewesen und hatte ihm die Erkenntnis geschenkt, dass nur ein klarer Geist zu wahrer Gelassenheit führt. Die vielleicht eindrucksvollste Begegnung aber war die mit dem gewaltigen Berg Shan gewesen. Seine Stimme war nur ein Flüstern im Wind, doch Bao hatte den Berg verstanden und das Geheimnis der Sammlung aller Kräfte in der Meditation gelernt. Gegen Ende seiner Reise hatte er auch mit dem großen Fluss gesprochen, der ihm geholfen hatte, zu seiner Quelle zurückzukehren, und ihm geraten hatte, seine innere Quelle aufzusuchen und zu seiner Familie zurückzukehren. Und schließlich war er Kurma begegnet, der berühmten weisen Schildkröte. Nach all den Lektionen, die Bao gelernt hatte, hatte sie ihn doch noch verblüfft, als sie ihm lächelnd erklärt hatte, dass es im Grunde gar kein Geheimnis der Gelassenheit gäbe. Und noch etwas hatte sie gesagt, und das hatte sich ihm besonders eingeprägt:

»Das Geheimnis der Gelassenheit liegt in diesem Augenblick.«

So also hatte Bao, der einst ungestüme und ängstliche Panda, das Geheimnis der Gelassenheit in sich entdeckt – war zu einem Spiegelbild der friedvollen Landschaft geworden, die sein Zuhause war. Auf seiner Reise hatte er gelernt, dass wahre Gelassenheit nicht darin liegt, das Leben zu kontrollieren oder immer weiter nach Antworten zu suchen, sondern darin, den gegenwärtigen Augenblick bedingungslos anzunehmen und sich selbst und anderen Liebe zu schenken.

Bao seufzte tief auf. Ach ja, diese Reise war wunderbar gewesen. Wie sehr sie ihn doch verändert hatte! Die, die früher über ihn gelacht hatten, bewunderten ihn nun und suchten häufig seinen Rat.

Bao lächelte still in sich hinein. Wieder kam ihm der erste Satz, den er in seine Bambusblattbibliothek geschrieben hatte, in den Sinn: »Wie weit dein Ziel auch ist, du musst den ersten Schritt tun.« Warum nur machte ihn dieser Satz, so ermunternd er doch an sich war, ein wenig wehmütig? Er atmete tief durch, entspannte sich vollkommen, wie er es gelernt hatte, und sammelte seinen Geist. Und ja, da war etwas, das sich im innersten Heiligtum seiner Seele rührte und ihm sagte, dass es trotz aller Fortschritte, die er gemacht hatte, noch etwas Wichtiges gab, das in seinem Leben fehlte. Bao versenkte sich und versuchte herauszufinden, was es wohl sein mochte, was ihm noch fehlen könnte, um vollkommenen inneren Frieden und Erfüllung zu erlangen. Gab es noch etwas zu entdecken? Und was könnte das sein?

Der Großvater und die Schildkröte

Bao war und blieb gelassen. Und doch ließ ihn die Frage nicht los, wohin sein Weg jetzt führen sollte. Hatte er denn nicht schon alles erreicht? Das Geheimnis der Gelassenheit hatte er doch gefunden und verwirklicht. Was also wollte er mehr? Längst war er nicht mehr der ängstliche, wütende Pandajunge, sondern von allen geachtet und beliebt. Auch mit sich selbst war er im Einklang, und im Grunde war er zufrieden und es fehlte ihm an nichts – oder doch?

Er stutzte, als er sich bei seinem eigenen Gedanken ertappte: »… im Grunde …« Ja – das war der Punkt! »Im Grunde, aber…« Bao verstand, dass er noch tiefer in sich gehen musste. Dass der Weg, der zu dauerhaftem Glück und in die große Freiheit führte, noch lange nicht zu Ende war.

So saß er wieder an seiner Lieblingsstelle, unter der alten Weide, am großen Fluss. Und es dauerte nicht lange, da war er eingeschlafen. Der mächtige Fluss murmelte sein Schlaflied.

Als Bao seine Augen wieder öffnete, stand sein Großvater, der alte, weise Lao-Lao an seiner Seite. Mit seinen großen freundlichen Augen sah er seinen Enkel an, als ob er ihm direkt ins Herz blickte. Bao sprang auf und schlang die Arme um seinen geliebten Großvater.

»Mein lieber Bao«, sprach der Alte, und seine Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen. »Mein lieber Bao, du hast das Geheimnis der Gelassenheit gefunden. Doch nun musst du noch einen Schritt weitergehen.«

Bao nickte. »Ja, Großvater, das spüre ich. Aber ich komme einfach nicht darauf, was für ein Schritt das sein könnte. Kannst du es mir nicht sagen?«

Lao-Lao lächelte. »Komm, Bao, lass uns einen kleinen Spaziergang machen.«

Gemeinsam schlenderten sie am Fluss entlang, durchstreiften den Mangohain, erklommen den Berg, an den sich der Bambushain schmiegte. Sie verweilten kurz am Ufer des kleinen Sees, überquerten die Brücke am Wildbach und wagten sich sogar kurz in den Dschungel. Unvermittelt waren sie wieder an der alten Weide am großen Fluss.

Bao wunderte sich ein wenig darüber. Da fragte ihn sein Großvater: »Nun, Bao, was ist dir bei unserem Spaziergang aufgefallen?«

Bao lachte. »Nur, dass er zu schnell vorbei war!«

»Hast du gesehen, wie das Wasser im Kreis tanzt, wenn es auf den Stein im großen Fluss trifft?«, fragte Großvater.

»Welcher Stein?«, gab Bao zurück.

»Nur ein paar Meter von hier. Sitzt du nicht oft unter dieser alten Weide?« Großvater deutete auf den Fluss und tatsächlich war dort, knapp unter der Wasseroberfläche, ein auffälliger Stein, der das Wasser zum Wirbeln brachte. Bao staunte. Dass er das noch nie bemerkt hatte …

Großvater fuhr fort. »Hast du gesehen, dass der alte Mangobaum in der Mitte des Haines welke Blätter trägt. Er scheint zu leiden.«

Auch das war Bao entgangen.

»Und die Eidechsenfamilie, die uns auf unserem Weg auf den Berg beobachtet hat? Hast du die bemerkt? Oder den goldenen Karpfen, der sich im Schilf des kleinen Sees versteckt hielt? Hast du gesehen, dass die Bohlen der kleinen Brücke bereits sehr morsch sind und wohl bald brechen könnten? Die beiden Libellen, die kurz um uns gekreist sind? Hast du im Dschungel die Spuren des Tigers und der Schlange gesehen?«

Bao schüttelte immer wieder den Kopf. All das war ihm völlig entgangen! Er schämte sich ein bisschen.

»Nun, Bao, was könnte es sein, das dir fehlt?«

»Ich muss aufmerksamer sein?«

Lao-Lao nickte. »Auch das. Ja – das ist schon sehr gut. Aber was fehlt dir wirklich?«

Bao überlegte. »Vielleicht brauche ich eine neue Aufgabe.«

Das Lächeln des Großvaters war warm und liebevoll. »Ja, Bao. Ich glaube, es ist an der Zeit, eine neue Reise anzutreten, denn wer stillsteht, kann nicht mehr wachsen.«

Bao sah seinem Großvater tief in die Augen. »Ein neues Abenteuer? Welches Geheimnis werde ich diesmal ergründen?«

»Mein lieber Bao«, sprach Lao-Lao. »Suche den Schatz der Achtsamkeit!«

Wieder bemerkte Bao, dass Großvaters Stimme wie aus weiter Ferne zu kommen schien und widerhallte, wie das Echo in einer Schlucht. Und dann fiel Bao etwas ein, das ihm einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte. Wie konnte das sein? Und warum fiel es ihm erst jetzt auf? Er sah seinen Großvater verwirrt an und sagte leise: »Großvater? Mein geliebter Großvater … hast du nicht vor zwei Sommern schon diese Welt verlassen?«

Lao-Lao lachte, und die ganze Erde schien mit ihm zu lachen und zu beben, der Fluss sprudelte und die alte Weide schwang ihre langen Äste durch die Luft. Selbst die Sonne schien zu lachen. Langsam wurde es Bao unheimlich. Und als das Lachen seinen Höhepunkt erreicht hatte, schlug Bao die Augen auf und fand sich unter der Weide wieder, die still ihre Zweige ins Wasser des mächtigen Flusses tauchte.

Was für ein Traum! Bao lächelte über sich selbst. Wie schön war es gewesen, Großvater wenigstens im Traum zu begegnen! Ja, wenn Lao-Lao noch lebte, hätte er ihn aufsuchen und um Rat fragen können.

Wobei … Bao runzelte die Stirn. Auch wenn ihm Großvater nur im Traum begegnet war, so hatte er ihm doch einen Rat gegeben. Ja, mehr als das: eine neue Aufgabe, ein neues Ziel, eine neue Reise!

»Suche den Schatz der Achtsamkeit!«, hatte Großvater gesagt.

Bao erinnerte sich an seine erste Reise. Auch damals hatte ihm Lao-Lao im Traum den Weg gewiesen. Und auch jetzt war der großväterliche Rat wieder genau das Richtige, das spürte Bao im Herzen. Hatte er nicht sogar selbst einmal etwas über Achtsamkeit in seine Bambusblattbibliothek geschrieben? Er musste unbedingt mal nachsehen. Rasch lief Bao zurück ins Dorf und holte seine wertvollen, sorgfältig zusammengebundenen Bambusblätter hervor. Er blätterte ein Weilchen, bis er den Eintrag schließlich gefunden hatte:

»Konzentration erzeugt Achtsamkeit und innereRuhe, und sie führt zu Zufriedenheit und Gelassenheit.«

Ein Hauch von Enttäuschung legte sich auf Baos Gemüt. Ja, gut, aber was war Achtsamkeit denn überhaupt? Das war ihm eigentlich nicht so ganz klar. Doch dann erhellte ein Lächeln sein Gesicht. Natürlich! Darum ging es ja gerade! Wenn er schon alles über Achtsamkeit wüsste, hätte ihn Großvater nicht auf die neue Reise geschickt. Ja, er würde den Schatz der Achtsamkeit suchen!

Doch zuvor würde er Kurma, die weise Schildkröte, besuchen. Bao war fest davon überzeugt, dass sie noch einen wertvollen Ratschlag für ihn hätte. Hatte sie nicht auch bisweilen von Achtsamkeit gesprochen? Hoffentlich war sie noch nicht weitergereist!

Bao erkundigte sich im Dorf, ob jemand die alte Schildkröte gesehen hatte. Doch alle schüttelten nur den Kopf. Bis ein kleiner Pandajunge rief: »Ich komme gerade von der kleinen Bucht am Fluss. Da hab ich Kurma in der Sonne liegen sehen!«

Bao bedankte sich und lief los. Atemlos kam er in der Bucht an, aber von Kurma keine Spur. Bao setzte sich ans Ufer und ließ seinen Blick über das Wasser gleiten – doch vergebens. Als er spürte, dass er traurig wurde, schloss er die Augen, ließ seine Erwartung los und übte das innere Lächeln. Während er so dasaß, erklang plötzlich eine vertraute Stimme. »Gut machst du das, kleiner Panda.«

»Kurma«, rief Bao aufgeregt. »Was für ein Glück! Nach dir habe ich gesucht. Ich brauche dringend deinen Rat!« Und so begann er, Kurma von seinem Traum, seinem Großvater und seinem Plan, eine neue Reise anzutreten, zu erzählen. »… und darum werde ich mich nun auf die Suche nach dem Schatz der Achtsamkeit machen. Das Dumme ist nur, dass ich gar nicht so genau weiß, was Achtsamkeit überhaupt ist.« Bao ließ den Kopf sinken. »Und darum wollte ich dich fragen …«

Kurma lächelte ihr geheimnisvolles Schildkrötenlächeln. »Mein Lieber«, sagte sie, »könnte ich es dir einfach sagen, so würde ich dich deines Abenteuers berauben und du würdest den Schatz der Achtsamkeit nie entdecken. Auch kannst du Achtsamkeit nicht mit dem Kopf verstehen – du musst sie in deinem Herzen leben.«

Die Enttäuschung stand Bao ins Gesicht geschrieben. Kurma lachte. »Kleiner Panda«, sagte sie, »Achtsamkeit finden wir im Hier und Jetzt, doch um dort hinzugelangen, müssen wir manchmal eine sehr weite Reise machen.«

Bao sah Kurma mit großen Augen fragend an. Aber Kurma sagte nur noch: »Mein Lieber, wir werden uns sicherlich wiedersehen!« Dann glitt sie ins Wasser, tauchte unter und war verschwunden.

Verblüfft blickte Bao auf das ruhig dahinfließende Wasser, das Kurma verschlungen zu haben schien. Er war allein, und er hatte keine klare Antwort bekommen, wie er es sich erhofft hatte – doch das Gefühl der vagen Ungewissheit, das ihn geplagt hatte, wich der Erkenntnis, dass seine neue Reise nun bevorstand und ihn ein weiteres Abenteuer erwartete. Mit neuem Mut und dem festen Entschluss, den Schatz der Achtsamkeit zu finden, stand er auf und blickte hinauf in den Himmel, wo bereits die ersten Sterne des Abends erstrahlten.

Ein neues Ziel

Auf seiner ersten Reise hat Bao, der kleine Pandabär, das Geheimnis der Gelassenheit entdeckt. Gelassen zu sein und in sich zu ruhen, ist eine wunderbare Sache, und er hätte damit ja eigentlich zufrieden sein können. Dann wäre die Geschichte zu Ende gewesen – wir könnten uns zurücklehnen und müssten jetzt keinen zweiten »Reisebericht« schreiben. Doch wie du siehst …

Ein Ziel zu erreichen, ist toll und es ist nur zu verständlich und auch sinnvoll, sich eine Weile am Zielpunkt auszuruhen. Sicher hast auch du auf deinem spirituellen Weg schon viele kleine und wohl auch manch große Ziele erreicht. Vielleicht bist du ebenso wie Bao im Laufe der Zeit gelassener, ruhiger und ausgeglichener geworden. Oder du hast positive Kräfte wie Selbstvertrauen, Mut, Freude, Geduld oder Leichtigkeit entwickelt – zumindest ansatzweise. Und doch ist deine Reise damit noch lange nicht zu Ende. Bao spürt, dass ihm etwas fehlt. Und genau dieses Gefühl, dieser Gedanke, dass es da noch etwas gibt, dass wir erreichen wollen, hält uns in Bewegung und macht uns lebendig.

Unser Lebensweg gleicht einer langen Reise. Einer Reise, die uns mehr und mehr zu uns selbst – zu unserer inneren Quelle – führt. Die Ziele, die wir auf dieser Reise erreichen, können nur Zwischenstationen sein. Jedes Ziel, das uns wirklich weiterbringt, sollte eine Einladung sein, den nächsten Schritt zu gehen – weiterzugehen, statt stehen zu bleiben. Auch wenn wir schon erste Gipfel erklommen haben mögen, so erstrecken sich vor uns doch noch majestätische Berge und unerforschte Täler.

Das Wunder der Achtsamkeit

»Mein lieber Bao, suche den Schatz der Achtsamkeit« – das rät Großvater Lao-Lao seinem Enkel. Und das sicher nicht nur deshalb, weil Bao auf ihrem gemeinsamen Spaziergang so unachtsam war, dass er weder den Wasserwirbel im großen Fluss noch die Eidechsenfamilie, die wunderschönen Libellen oder die Spuren des Tigers im Dschungel gesehen hat. Wer unachtsam ist, dem entgeht vieles. Zum Beispiel die Schönheit der Natur, der Anblick eines Sonnenuntergangs, die eigenen Gefühle oder die der Mitmenschen und die vielen kleinen Möglichkeiten, mitten im Alltag dankbar zu sein und Freude zu erleben, um nur mal ein paar Dinge zu nennen. Doch es geht um mehr.

Achtsamkeit ist grundlegend für die Entwicklung vieler anderer positiver Qualitäten wie Freude, Vertrauen oder Mitgefühl. Achtsamkeit ist das Licht, das die Dunkelheit der Unwissenheit durchdringt und uns mit der Fülle des gegenwärtigen Moments verbindet – der Königsweg zum Glück.

In vielen spirituellen Traditionen spielt Achtsamkeit eine zentrale Rolle – insbesondere im Buddhismus. Die Gelassenheit, die innere Ruhe, die Bao während seiner ersten Reise kultiviert hat, wird im Buddhismus als notwendiger erster Schritt in die Freiheit angesehen. Der zweite Schritt aber, der unmittelbar darauf folgt, ist Achtsamkeit.

Wahrscheinlich kennst du die bekannte Metapher, die bezeichnenderweise aus dem Zen-Buddhismus kommt: Erst wenn die Wellen zur Ruhe gekommen sind und der See spiegelglatt geworden ist (Gelassenheit), ist es möglich, in die Tiefe zu sehen, Klarheit zu gewinnen und tiefes Verständnis für sich selbst und die universellen Gesetze des Lebens zu erlangen (Achtsamkeit).

Doch was hat es nun mit der Achtsamkeit genau auf sich? Bestimmt ist dir das Wort ja längst ein Begriff. Gut möglich, dass du auch schon Erfahrungen mit der Praxis der Achtsamkeit gesammelt hast. Da das Wort »Achtsamkeit« jedoch immer noch beliebig und recht unklar verwendet wird, wollen wir dir kurz die wichtigsten Prinzipien nennen:

Einfach ausgedrückt ist Achtsamkeit die Fähigkeit, zu spüren, dass du atmest und einen Körper hast – dir klar bewusst zu sein, dass du sehen, hören, schmecken und fühlen kannst.

Achtsamkeit ist eine bestimmte Form der Aufmerksamkeit, die

absichtsvoll ist,sich auf den gegenwärtigen Moment und nicht auf die Vergangenheit oder Zukunft bezieht,nicht wertend oder urteilend ist.

ABSICHTSVOLLheißt, dass Achtsamkeit nicht zufällig oder automatisch geschieht – wir müssen uns bewusst dafür entscheiden, unsere Aufmerksamkeit auf unsere Erfahrungen im gegenwärtigen Moment zu richten. Sicher gibt es besondere, magische Momente im Leben, in denen wir plötzlich intensiv wahrnehmen, was in oder um uns geschieht – doch sollten wir unseren Bewusstseinszustand nicht dem Zufall überlassen. Wenn du achtsamer leben willst, dann entscheide dich aktiv dafür, im Hier und Jetzt präsent zu sein – vielleicht nicht immer, aber immer öfter.

HIER UND JETZT: Wir können nur im gegenwärtigen Moment achtsam sein. Wir lenken unsere Aufmerksamkeit also auf das, was jetzt gerade passiert, denn das, was war und was sein wird, spielt in der Achtsamkeitspraxis keine Rolle. Wir nehmen unsere Erfahrung im jeweiligen Augenblick unmittelbar wahr, ohne Ablenkungen wie Bedauern über die Vergangenheit oder Erwartungen an die Zukunft. Nur im Hier und Jetzt kannst du leben.

NICHT-WERTEN: Was auch immer wir an Gedanken, Emotionen oder körperlichen Empfindungen beobachten – es ist okay und darf da sein. Die Dinge nicht zu bewerten, heißt, dass wir Erfahrungen nicht in »gut« oder »schlecht« einteilen und sie frei von Vorurteilen betrachten. Nicht-Werten ist eine Form der Akzeptanz sich selbst und dem Leben gegenüber. Indem du aufhörst, die Dinge in Schubladen zu stecken, entwickelst du mehr Freiheit, mehr Gelassenheit und eine offenere Haltung gegenüber der Realität.

Achtsamkeit hat noch viele andere Aspekte. Zum Beispiel sind auch Geduld, Offenheit, Selbstmitgefühl oder Stille von Bedeutung, wenn es darum geht, mehr Achtsamkeit zu entwickeln. Doch letztlich sollte dir klar sein, dass Achtsamkeit keine theoretische Idee ist, die du mit dem Kopf begreifen kannst. Um den Schatz der Achtsamkeit zu finden, musst du dich auf die Reise machen. Und falls du nicht allein reisen willst, laden wir dich herzlich dazu ein, dich gemeinsam mit Baos auf den Weg zu machen …

Der Beginn der Reise

Bei seiner letzten Reise war es das Schicksal gewesen, das Baos Weg bestimmt hatte. Es hatte ihn aus allem, was ihm vertraut war, herausgerissen. Nun aber war er es selbst, der sich dem Vertrauten entreißen musste. Doch das war einfacher gedacht als getan! Seine Familie, seine Freunde, sein Heim sollte er verlassen? All die Annehmlichkeiten, die Bao im Bambushain im Tal des großen Mangobaumes genoss, sollte er gegen die Unsicherheit, die Einsamkeit und die Mühen einer Reise zu einem unbekannten Ziel eintauschen?

Hatte er sich das auch richtig überlegt? Bao schlenderte hinunter zu seiner Lieblingsstelle am Fluss und ließ sich unter der alten Weide nieder. Sein Blick ruhte auf dem Fluss. Das Wasser kam und ging, und doch war der Fluss stets da. Wie kam er jetzt auf diesen Gedanken? Bao war verwirrt. Er sehnte sich einerseits nach dem neuen Abenteuer, aber auf der anderen Seite wollte er sein Leben im Kreis der Familie und der Freunde genießen. Und warum war dieser Gedanke »Das Wasser kommt und geht, und doch ist stets der Fluss da« plötzlich in seinem Kopf aufgetaucht?

Sowohl Abenteuer als auch Freundschaft waren wertvoll. Bao stellte sich beide Möglichkeiten vor – die Gedanken an beide flossen vorbei, wie das Wasser im Fluss. »Wenn meine Gedanken und Gefühle das Wasser sind – wer ist dann der Fluss?«, dachte Bao. Und er gab sich gleich selbst die Antwort. »Ich bin der Fluss. Und meine Gedanken und Gefühle strömen vorbei. Sie festzuhalten, ist sinnlos.«

Ja, er würde all seine Vorstellungen und Zweifel loslassen und die neue Reise antreten. Bao seufzte erleichtert auf. Es war doch gar nicht so schwer, eine Entscheidung zu treffen!

Zwei Dinge aber musste er noch erledigen: Er musste sich von seinen Liebsten verabschieden. Und er musste unbedingt noch einmal seine Bambusblattbibliothek durchsehen. Sicher – er war gelassen und ruhig geworden. Er hatte sich verändert und, soweit er sehen konnte, nur zum Guten hin. Und doch hatte er längst nicht mehr alles im Kopf, was er auf seinem Weg zur Gelassenheit gelernt hatte.

Bao verließ seinen Lieblingsplatz und ging zurück ins Dorf. Er nahm die gebundenen Blätter zur Hand und begann zu lesen. Schon der erste Satz, an den er sich so gut erinnerte, gab ihm neue Kraft:

Wie weit dein Ziel auch ist, du musst den ersten Schritt tun.

Das war der erste Satz, den er damals geschrieben hatte, und er war heute so gültig wie damals. Bao las weiter. Ein paar Seiten später stand da:

Du brauchst keinen Plan.Wenn du ein Herzensziel im Kopf hast, ist das wie ein Kompass, der dich in die richtige Richtung führt – auch wenn du auf unbekannten Wegen gehst.

Ja, auch das war gut. Sein Ziel war der Schatz der Achtsamkeit. Und wenn er auch keinen festen Plan hatte, so würde er sich einfach auf den unbekannten Weg machen und sein Ziel verfolgen.

Sei unbeschwert. Trage keine unnötigen Lasten mit dir herum, dann wird alles leichter.

Bao lächelte still. Wie hilfreich seine früheren Erkenntnisse doch waren, um ihm auch jetzt den richtigen Weg zu weisen. Genau! Unbeschwert würde er losziehen –