Der Peace-Faktor: Endlich Frieden im Büro - Annette Dernick - E-Book

Der Peace-Faktor: Endlich Frieden im Büro E-Book

Annette Dernick

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Beschreibung

In einer Atmosphäre von Vertrauen und friedvollem Miteinander ist viel Platz für Entwicklung, Kreativität und gemeinsames Wachstum - zum Wohl des Einzelnen und des gesamten Unternehmens. Daniela Wagner ist eigentlich ganz zufrieden in ihrem Job. Wenn dort nicht die Kolleginnen und Kollegen wären, die ihr das Leben schwer machen: Der Abteilungsleiter lasst ständig seinen Frust an ihr aus, Kolleginnen nutzen sie aus oder halten sie mit privaten Geschichten von der Erledigung ihres eigenen großen Arbeitspensums ab ... Ein Lichtblick ist Danielas neue Chefin, Frau Jung, die von allen Mitarbeitern mit großem Respekt behandelt wird und die immer gute Laune und Harmonie um sich herum verbreitet. Frau Jung scheint auch ein besonderes Händchen in Sachen klarer, friedvoller Kommunikation zu haben. Kann Frau Jung Daniela helfen, das Blatt zu wenden? Erleben Sie jetzt, was den PEACE-Faktor in Ihrer Kommunikation und in Ihrem Unternehmen ausmacht, wie Sie den Respekt am Arbeitsplatz bekommen, den Sie sich wünschen, und wie Sie mit einfachen Mitteln zu mehr ZuFRIEDENheit im Job gelangen.

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Für

Renate & Rudolf

Raphael, Isabel, Manuel

und Mathias.

Ohne euch wäre ich heute nicht dort, wo ich bin,

herzlichen Dank dafür.

INHALT

Vorwort von Prof. Dr. Dr. h. c. Glasl

Prolog - Die Feier

1. Zusammenkommen ist ein Beginn

Kommunikationsmodelle und -kanäle oder: Wann Kommunikation verletzt – und wann sie friedfertig ist

Das Sender-Empfänger-Modell – wie du kommst gegangen, so wirst du empfangen

Das Eisbergmodell der Kommunikation – nur die Spitze ist sichtbar

Die drei Kommunikationskanäle

2. Die Macht der Fragen

Fragen kostet nichts – die Auswahl der Möglichkeiten

Fragen, die tiefer greifen

3. Wie ich in den Wald hineinrufe, so schallt es heraus

Ich-Botschaften

Unsere Bedürfnisse

4. Gelungene Kommunikation beginnt immer bei mir selbst

Coaching oder Seminar?

Zufrieden im Flow

Friedvolle Kommunikation

Aktives Zuhören

Paraphrasieren

5. Wer A sagt, muss auch B sagen – überzeugend argumentieren

Grundlagen der Argumentation

Bei Killerphrasen – souverän bleiben

Schlagfertigkeit – der Umgang mit unfairen Argumenten

Mit Einwänden umgehen

Manipulationen erkennen und abwehren

6. Dein Nein sei ein Nein

Metakommunikation – über die Kommunikation sprechen

7. Feedback – wie sag ich es, wenn’s mir nicht passt?

Das Johari-Fenster

Regeln für Feedback-Geber

Regeln für Feedback-Nehmer

8. Schluss mit dem Drama-Dreieck!

Die Transaktionsanalyse

Grundhaltungen nach Harris – Gespräche auf Augenhöhe

Das Drama-Dreieck: Opfer – Täter – Retter

»Rabattmarken sammeln«

9. Was tun, wenn es doch kracht?

Meinungsverschiedenheit oder Konflikt

Wie ein Konflikt ents eht - Die Konfliktstufen nach Glas

Wie wir Konflik e lösen können

Positive Funktionen von Konflik en

10. Zum guten Schluss

Epilog

Kontakt zur Autorin

Zum Nach- und Weiterlesen

Abbildungsverzeichnis

Verweise

VORWORT

Über Coaching sprechen und Coaching zu praktizieren sind in der Regel zweierlei Dinge. Doch in diesem Buch sind sie eins: Annette Dernick erzählt von den (fiktiven) Gesprächen mit ihrer Klientin Daniela auf eine Weise, die den wichtigsten Prinzipien des Coachings voll und ganz entspricht.

Denn: Wie vermittelt sie der Klientin, worauf es in der Kommunikation ankommt? Einfach, indem sie mit ihr so kommuniziert, dass sowohl Prinzipien und Regeln des Kommunizierens als auch deren theoretische Hintergründe erlebt werden – inklusive Fallen und Fettnäpfchen, die dabei übersehen werden können.

Und weil nach meiner Überzeugung Sokrates als Vater des Coachings durch Fragen, Selbstbefragung und Hinterfragen seine Schüler zur Selbsterkenntnis führte, werden in dieser Erzählung durch Fragen der Klientin immer wieder neue, weitere und tiefere Erkenntnisräume eröffnet. Und das, ohne zu moralisieren oder zu belehren.

Diese durch und durch sokratische Haltung schützt bei der Anwendung des Erkannten und Gelernten natürlich nicht vor Fehlschlägen – aber Fehler führen dazu, dass die Klientin nach dem Misslingen eines Versuchs nicht entmutigt wird und die Flinte ins Korn wirft, sondern daraus sogar zu tieferen Erkenntnissen kommt, die sie nicht gefunden hätte, wenn alles glattgegangen wäre. Im Leben läuft halt nicht alles nach Wunsch, und der Zufall spielt uns manchmal Chancen zu, die wir bei rationaler Planung erst gar nicht gesehen hätten. Und damit ist wiederum ein wichtiges Prinzip des Coachings vorgelebt worden: Das Wecken, Stimulieren, Entwickeln und Stärken der Ressourcen der Klientin, die ja in ihr vorhanden sind, aber von denen sie oft selber gar nicht weiß, dass sie diese hat. Damit nimmt nicht der Lotse dem Kapitän die Kommandogewalt über das Schiff aus der Hand, sondern unterstützt ihn vielmehr bei dessen Selbststeuerung. Und das resultiert in der Konsolidierung des gestärkten Selbstvertrauens der Klientin. Dadurch kann sie die Echowirkungen des eigenen Handelns wahrnehmen, ohne sie abzuwehren; sie kann den Einsatz unfairer Taktiken erkennen und durchschauen; kann NEIN sagen, wo sie ansonsten sich selber untreu werden könnte. Und das alles trägt schließlich zu einer Steigerung der Konfliktfähigkeit bei. All das geschieht nicht durch besserwisserisches Belehren, sondern durch Entdecken, Verstehen, Ausprobieren, Reflektieren und selbstkritisches Evaluieren durch die Klientin – angestoßen und unterstützt durch die coachende Begleiterin. Mir ist aufgefallen, dass das Buch implizit nach dem Modell eines ganzheitlichen Lernzyklus vorgeht, wie es David Kolb1 vor dreißig Jahren entwickelt hat und das sich seither viel-vielfach bewährt hat und ausgebaut worden ist. Der Zyklus besteht als Weg aus den vier Stationen (1) Konkrete Erfahrung durch Tun – (2) Reflexion der Erfahrung – (3) Abstrakte Konzeptbildung – (4) Aktives Experimentieren – und wieder (1), (2), (3) usw. Aber Achtung: Die hier angeführten Zahlen vor den Stationen bedeuten nicht, dass ein Lernzyklus immer bei (1) mit praktischem Tun beginnen muss, dass mit (2) die gemachte Erfahrung reflektiert werden sollte, im nächsten Schritt mit (3) generalisierbare Erkenntnisse formuliert werden sollten, um mit (4) durch Ausprobieren zu neuen Erkenntnissen zu reifen. Vielmehr können Lernende je nach persönlicher Lernstil-Präferenz an jeder Stelle beginnen und den ganzen Zyklus durchwandern. Auch wenn die Autorin das Lernmodell von David Kolb nicht explizit erwähnt, so sind in der Erzählung dieses Buches doch alle vier Stationen immer wieder deutlich zu erkennen. Sie tragen dazu bei, dass die Klientin nicht bloß theoretisches Wissen erwirbt oder einfach nur praktische Tipps bekommt, sondern dass sie – angeleitet durch ihre Begleiterin – lernt zu lernen. Wenn Coaching so gestaltet wird, wie es Annette Dernick erzählt, ermöglicht es ein Lernen, das als persönlicher Entwicklungsprozess zu nachhaltigen Ergebnissen führt. Und das freut die Klientin und macht den Menschen Freude, mit denen sie kommuniziert.

Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Friedrich Glasl, Salzburg im Juli 2017

PROLOG

Die Feier

Im großen Konferenzraum der IMEXIT GmbH war ein Büfett aufgebaut. Alle waren gekommen: die Dame und die beiden Herren der Geschäftsführung, deren Assistentinnen und alle Abteilungsleiter, ebenfalls mit ihren Sekretärinnen. Gespannt und gleichzeitig ein wenig nervös wartete Daniela Wagner darauf, dass es losging. Heute gab es eine Feier – nur für sie! Seit 25 Jahren arbeitete sie nun bei der Import-Export International Trading GmbH. Gleich nach ihrer Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin hatte sie bei diesem Unternehmen angefangen. Zunächst im Schreibpool, später als Sekretärin des Exportleiters, bis ihr schließlich vor mehr als zehn Jahren die Stelle als Assistentin des Geschäftsführers Personal angeboten wurde, die sie auch angenommen hatte. Ihr bisheriger Vorgesetzter, Paul Altmann, war ein halbes Jahr zuvor ausgeschieden.

Seine Nachfolgerin – und Danielas neue Chefin – heißt Ricarda Jung. Der Name passt zu ihr, sie ist gerade einmal Mitte 30. Nach einem dualen Studium hat sie recht schnell Karriere gemacht. Daniela war erstaunt, als die Geschäftsleitung beschloss, eine so junge Frau als weitere Geschäftsführerin einzustellen, sie hatte die IMEXIT immer als eher konservativ empfunden. Vielleicht lag es auch daran, dass »der Alte«, wie den Inhaber Werner Baumann alle liebevoll nannten, seinen Aufgabenbereich an seinen Sohn Marcel übergeben hatte. Daniela war noch ganz in Gedanken versunken, als Frau Jung das Wort ergriff und alle Gespräche verstummten.

»Liebe Daniela, es ist mir eine große Freude, Ihren Ehrentag zur 25-jährigen Firmenzugehörigkeit mit Ihnen zu begehen. Ich bin sehr froh, dass Sie meine Assistentin sind, und danke Ihnen für Ihre wertvolle Unterstützung, die ich jeden Tag erleben darf. In meinen Augen sind Sie sowohl die gute Seele der Firma als auch fachlich sehr versiert. Immer wieder bin ich beeindruckt, mit welcher Herzlichkeit Sie auf die Menschen zugehen, die in Ihr Büro kommen. Gleichzeitig weiß ich, dass ich mich darauf verlassen kann, dass jeder Brief, jede Mail, jede PowerPoint-Präsentation, die durch Ihre Hände gehen, bis zum letzten i-Punkt perfekt sind ...«

Den Rest der Rede nahm Daniela nicht mehr so genau wahr. Sie konnte es kaum fassen, dass jemand sie vor allen anderen lobte und wertschätzende Worte für sie selbst und ihre Arbeit fand.

Von Anfang an hatte sie gemerkt, dass diese neue Vorgesetzte anders ist. Wenn Frau Jung morgens ins Büro kommt, hat Daniela immer den Eindruck, dass sie sich auf ihre Arbeit freut. Jeden Morgen begrüßt Frau Jung sie freundlich und nimmt sich Zeit für einen kurzen Austausch über das, was am Tag anliegt. Manchmal sagt sie dann: »Und was gibt es nun heute in unserem Daily Scrum?« Diesen Ausdruck kannte Daniela noch nicht, und bei ihren früheren Chefs hatte sie sich daran gewöhnt, nicht nachzufragen. Viel zu häufig bekam sie zu hören, sie sei wohl doch nicht so klug, wie man angenommen habe. Auch das ist bei Ricarda Jung anders. Daniela fühlt sich in ihrer Nähe wohl, und die Angst, die sie früher ins Büro begleitete, nimmt immer mehr ab. Noch während der Rede nahm sie sich vor, Frau Jung künftig mehr Fragen zu stellen. Daily Scrum hat sie zwar schon gegoogelt, aber die Übersetzung »tägliches Gedränge« hat sie nicht weitergebracht. Dahinter muss noch etwas anderes stecken.

Daniela stand da und war einfach nur glücklich. Tief innerlich spürte sie, dass dieser Tag ein Wendepunkt in ihrem Leben sein würde. Frau Jung überreichte ihr einen üppigen Strauß, und Daniela wurde vor Freude ein bisschen rot. Doch ihre Chefin hatte außer den Blumen noch einen Briefumschlag für sie. Eine Glückwunschkarte? Noch während sie sich das fragte, sagte Frau Jung: »Liebe Daniela, wir möchten Ihnen an diesem Tag eine besondere Freude bereiten. Wir sind davon überzeugt, dass Lernen und Weiterbildung uns allen guttut. Aus unseren Gesprächen weiß ich, dass Sie immer gerne zu Schulungen fahren, um sich zum Beispiel neue Programme anzueignen. Heute möchten wir Sie einladen, sich etwas ganz auf Sie Zugeschnittenes auszusuchen, eine ›Weiterbildung im weitesten Sinne‹, ein Seminar, ein Coaching, was immer Sie möchten. In diesem Umschlag finden Sie einen Gutschein über 1.500 Euro. Wenn Sie mögen, können wir uns in den nächsten Tagen gerne zusammensetzen und gemeinsam überlegen, was Ihnen am meisten Spaß machen würde. Aber jetzt stoßen wir erst einmal auf Sie an und genießen das Buffet.«

Daniela traute ihren Ohren nicht. Konnte das wahr sein? Sie durfte sich eine Weiterbildung oder ein Coaching aussuchen? Und ihre Firma bezahlte das? Ohne lange Diskussionen, Anträge und so weiter? Ihre Augen strahlten vor unbändiger Freude über diese Aussicht, als sie die Glückwünsche der anderen entgegennahm.

1. ZUSAMMENKOMMEN IST EIN BEGINN

Mit klopfenden Herzen ging Daniela auf die Tür des hübschen kleinen Hauses in der nächstgrößeren Stadt zu. Sie hatte ihre Freundin Inge um einen Tipp für einen Coach gebeten und vorab mit drei Damen und Herren telefoniert, bevor sie sich entschieden hatte. Auf dem Klingelschild stand: Luise Rosenblatt, Coach EACS. Daniela nahm ihr Herz in beide Hände und klingelte. Sie hatte zwar am Telefon schon einen guten Eindruck von Frau Rosenblatt gehabt, aber hier vor der Tür zu stehen, war doch noch etwas anderes. Sie war glücklich, weil sich ihr Traum von einem Coaching erfüllt hatte, und gleichzeitig aufgeregt, was es wohl bringen würde. Und sie hatte Bedenken, dass Frau Rosenblatt allzu persönliche Fragen stellen würde. Die Tür öffnete sich, und Daniela erkannte sie sofort wieder, schließlich hatte sie sich im Internet vorher auch schon schlaugemacht und ihr Bild gesehen.

»Kommen Sie doch rein«, sagte Frau Rosenblatt. »Ich freue mich, Sie persönlich kennenzulernen, Frau Wagner. Bitte nehmen Sie Platz.« Sie deutete auf zwei rote Ledersessel. »Was darf ich Ihnen zu trinken anbieten?«

»Gerne einen Kaffee«, antwortete Daniela. Während Frau Rosenblatt in der Küche verschwand, schaute sie sich in dem Raum um – so viele Bücher! Ob sie die alle gelesen hat?

Frau Rosenblatt kam mit dem Kaffee zurück. »Am Telefon haben wir uns ja schon ein wenig unterhalten. Sie haben mir erzählt, dass dies Ihr erstes Coaching ist. Mit welchen Erwartungen und Gefühlen sind Sie heute hergekommen?«

Daniela wurde ein bisschen rot und stammelte: »Wenn ich das so genau wüsste … Ich bin etwas aufgeregt, weil ich mich frage, was genau im Coaching so passiert. Andererseits habe ich Sie am Telefon als sehr wohlwollend empfunden, deshalb habe ich schon ein Stück weit Vertrauen zu Ihnen … Grundsätzlich geht es mir gut, und ich freue mich auch auf unsere Arbeit.«

»Ihre Aufregung kann ich gut nachvollziehen. Ich weiß noch, wie ich mich damals bei meinem ersten Coachingtermin gefühlt habe. Ich denke, wir sollten mit dem beginnen, was Sie schon am Telefon angedeutet haben. Sie haben mir erzählt, dass Sie grundsätzlich mit Ihrem Arbeitsplatz zufrieden sind, und dass Sie einige positive Veränderungen feststellen, seit Sie mit Ihrer neuen Chefin zusammenarbeiten. Aber Sie haben auch erwähnt, dass es in Ihrem Arbeitsalltag Situationen gibt, die Sie als sehr spannungsreich und herausfordernd empfinden. Darüber möchte ich gleich noch genauer mit Ihnen sprechen. Aber ich schlage vor, dass wir zunächst kurz den Zufriedenheitstest machen, bevor wir genauer in die Themen einsteigen. Was meinen Sie?«

»Ja, das ist in Ordnung«, erwiderte Daniela, hatte aber gleichzeitig die Befürchtung, dass sie nun einem psychologischen Test unterzogen würde. Sie fühlte sich fast wie bei einem Arztbesuch, wenn der Arzt sie bat, sich frei zu machen.

»In diesem Test geht es darum, dass Sie erst einmal feststellen, wie zufrieden Sie sind, mit sich selbst und mit Ihrer Situation«, erklärte Frau Rosenblatt. »Das Wort Test ist vielleicht etwas missverständlich. Es geht allein um Ihr persönliches Empfinden, inwieweit Sie mit bestimmten Bereichen in Ihrem Leben zufrieden sind.«

Daniela fragte sich noch, wohin das alles führen würde, als Frau Rosenblatt ihr das Blatt reichte.

ZuFRIEDENheitstest:

Ich bin mit meinem Aussehen

zufrieden----------------------------------------------------------unzufrieden

Ich bin mit meiner Figur

zufrieden----------------------------------------------------------unzufrieden

Ich bin mit meinem Job

zufrieden----------------------------------------------------------unzufrieden

Ich bin mit meinem Partner/meiner Partnerin

zufrieden----------------------------------------------------------unzufrieden

Ich bin mit meinem Einkommen

zufrieden----------------------------------------------------------unzufrieden

Ich bin mit meiner Wohnsituation

zufrieden----------------------------------------------------------unzufrieden

Ich bin mit meinem Umfeld

zufrieden----------------------------------------------------------unzufrieden

Daniela zögerte einen Moment, dann setzte sie die Kreuze an den für sie zutreffenden Stellen auf den Skalen. Sie überlegte kurz, ob sie sich trauen könnte, etwas zu fragen, aber das war ja einer der Gründe, warum sie hier war. Sie wollte mutiger werden und souveräner mit einzelnen Situationen im Büro umgehen. Sie hatte sich vorgenommen, ihre Fragen auch zu stellen. Und bei Frau Rosenblatt fühlte sie sich gut aufgehoben.

»Warum ist das Wort Zufriedenheit im Test so geschrieben?«, fragte sie. »Was hat Zufriedenheit mit Frieden zu tun?«

»Wenn ich zufrieden bin, dann bin ich auch im Frieden mit mir«, antwortete Frau Rosenblatt. »Ich denke, wir alle kennen Situationen, in denen wir aggressiv reagieren, obwohl wir uns doch einen friedlichen Umgang miteinander wünschen. Wenn ich mit anderen friedvoller umgehen möchte, fängt das immer bei mir an. Ich kann jederzeit dazu beitragen, indem ich auf eine flapsige Bemerkung nicht mit einem niederschmetternden Kommentar reagiere, sondern bei der Sache bleibe, um die es geht.«

Daniela schaute skeptisch. Einer der Gründe, weshalb sie sich ein Coaching gewünscht hatte, waren ihre Probleme mit Herrn Bauer, dem Vertriebsleiter. Sie fühlte sich oft von ihm eingeschüchtert und wollte erfahren, wie sie ihm Paroli bieten könnte. Sie hatte eigentlich vorgehabt, es ihm mal so richtig zu zeigen, ihm seine blöden Bemerkungen heimzuzahlen – und nun redete Frau Rosenblatt von einem friedfertigen Umgang. Klar, sie kannte den Vertriebsleiter ja auch nicht …

»Ich schlage vor, dass wir erst mal weiter in das Thema einsteigen, dann wird sich hoffentlich vieles klären«, sagte Frau Rosenblatt, die Danielas Verwirrung offensichtlich bemerkt hatte. »Und wenn nicht, dann haken Sie bitte noch einmal nach. Der Zufriedenheitstest ist eine Möglichkeit, dass wir beide am Anfang unserer gemeinsamen Arbeit einen Eindruck davon bekommen, in welchen Bereichen Sie momentan zufrieden sind und wo Sie Ihre Zufriedenheit steigern möchten. Mir geht es dabei um ein kurzes Innehalten, ein Nachdenken über wesentliche Aspekte. Der Test ist auch eine Art Ist-Aufnahme, die wir später damit vergleichen können, wie Sie sich nach einigen Sitzungen fühlen.«

Ein wenig verunsichert fühlte sich Daniela schon, doch als sie in die strahlend blauen Augen von Frau Rosenblatt schaute, spürte sie, dass diese Frau sie auf jede erdenkliche Weise unterstützen wollte.

»Frau Wagner, in unserem ersten Telefonat hatte ich Ihnen schon kurz erläutert, worum es in meinen Coachings geht. Zunächst tauschen wir uns über Situationen aus, die Sie als herausfordernd empfinden, und anschließend arbeiten wir gemeinsam Lösungsmöglichkeiten heraus. Womit wollen wir beginnen?«

»Am meisten beschäftigt mich, wie unterschiedlich die Leute mit mir reden, die zu mir ins Sekretariat kommen. Bei einigen wenigen, zum Beispiel bei meiner Chefin Frau Jung, fühle ich mich verstanden und wertgeschätzt, bei anderen, wie bei unserem Vertriebschef, werde ich einfach nur aggressiv. Wie kann das sein?«

»Lassen Sie uns einen kurzen Ausflug in das Thema ›Kommunikation‹ unternehmen. Im Coaching mache ich es am liebsten so, dass ich Ihnen als Hintergrund für Ihre Anliegen und Fragen immer auch etwas Theorie erklären werde. Damit spielen wir dann Ihre konkreten Situationen durch. Falls Sie sich über das eine oder andere Thema noch näher informieren möchten, gebe ich Ihnen gern eine Bücherliste mit. Dort finden Sie auch Hinweise auf YouTube-Videos, in denen ich die wichtigsten theoretischen Hintergründe jeweils kurz erläutere. Was halten Sie davon?«

»Das finde ich prima. Ich lese gerne und bin an neuen Sichtweisen interessiert. In meinen bisherigen Schulungen ging es um praktische Sachen wie PowerPoint oder Ähnliches. Ich finde es toll, wenn ich beim Coaching auch die Theorien kennenlerne.«

»Sehr schön«, sagte Frau Rosenblatt und lächelte. »Dann fange ich mit Kommunikationsmodellen an. Danach werden wir uns mit Kommunikationskanälen beschäftigen und anschließend zu Ihrer konkreten Kommunikation mit Ihrer Chefin und dem Vertriebsleiter kommen.«

Bei Frau Rosenblatts Vortrag fühlte sich Daniela ein bisschen wie in einem Seminar. Immer wieder kam das Flipchart zum Einsatz und Frau Rosenblatt gab ihr Blätter, damit sie es zu Hause noch einmal in Ruhe nachlesen konnte. Ihr war das ganz recht – die Seminarsituation war ihr vertraut. Gespannt studierte sie das erste Blatt.

Kommunikationsmodelle und -kanäle oder: Wann Kommunikation verletzt – und wann sie friedfertig ist

FOKUSFRAGEN zur Kommunikation:

Welche Kommunikation macht mir Freude?Welche Kommunikation empfinde ich als anstrengend?

»Was bedeutet Kommunikation? Woher kommt das Wort? Im Wort Kommunikation ist das lateinische Wort communio enthalten, was ›Gemeinschaft‹ bedeutet, und communicare heißt nichts anderes als etwas ›gemeinsam machen‹. Dabei gibt es einen Sender und einen Empfänger, und jeder erzählt aus seiner eigenen Perspektive.« Frau Rosenblatt zeigte auf eine Grafik, die an der Wand hing.

Jede Person spricht aus ihrer eigenen Perspektive

Abbildung 1: Jede Person spricht aus ihrer eigenen Perspektive

»Dieses Bild verdeutlicht bestens, worum es geht«, sagte sie. »Und die Überschrift sagt es auch: Jeder spricht aus seiner eigenen Perspektive. Ich erlebe allerdings sehr häufig, dass es in ähnlichen Situationen mehr darum geht, zu klären, wer recht hat. Wer hat in der Karikatur recht? Beide, jeder aus seiner Sicht.

In unserer Kommunikation ist die Sache meist nicht so einfach. Sie ist vielschichtiger, wir sind mit unterschiedlichen Weltbildern und Erfahrungen unterwegs und kommunizieren vor diesem Hintergrund. Grundsätzlich teilen sich die 100 Prozent der Kommunikation aus meiner Sicht immer zu 50 Prozent auf jeden der Gesprächspartner auf.« Frau Rosenblatt streckte ihre Arme kreisförmig vor sich aus, sodass die Fingerspitzen sich berührten. »Das ist ›mein‹ Bereich«, sie deutete mit den Händen in das Innere des Kreises, »und direkt an dessen Grenze fängt Ihr Bereich an. Je nachdem, wie ich kommuniziere, bleibe ich in meinem eigenen Bereich, zum Beispiel durch Ich-Botschaften, mit denen ich mein eigenes Empfinden verbalisiere. Mit Du-Botschaften bin ich schnell im Bereich der anderen Person. Da wir Kommunikation ja auch immer gemeinsam gestalten, ist viel dran an dem Sprichwort ›Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.‹ In diesem Miteinander in der Kommunikation ist alles Aktion und Reaktion, die Frage ist, wo wir den Anfang dieser Kette sehen. Und anstatt mich zu fragen, wer sie in Gang gesetzt hat – wer die ›Schuld‹ trägt –, ist es wichtiger, dass ich es anspreche, wenn mir eine Kommunikation nicht guttut, und das Gespräch notfalls zügig beende. Wann mir eine Kommunikation nicht guttut, lässt mich mein Körper recht schnell wissen. Es formiert sich Widerstand. Das kann in der Magengegend sein, um das Herz herum oder auch an anderen Stellen im Körper. Bei mir stellen sich dann häufig die sprichwörtlichen Nackenhaare auf.«

Daniela sah Herrn Bauer vor sich und presste die Lippen aufeinander. Frau Rosenblatt schaute sie an, als wollte sie sich das Okay holen, dass es für sie in Ordnung war, wenn sie fortfuhr. Daniela nickte unwillkürlich.

Das Sender-Empfänger-Modell – wie du kommst gegangen, so wirst du empfangen

»Eines der einfachsten Kommunikationsmodelle ist das Sender-Empfänger-Modell«, sagte Frau Rosenblatt und gab Daniela ein weiteres Blatt.

Abbildung 2: Sender-Empfänger-Modell eigene Darstellung nach Lang

»Laut diesem Modell haben wir einen Gedanken im Kopf, den wir aussprechen möchten, eine ›Nachricht‹, die wir senden wollen. Diesen Gedanken übersetzen wir in die Worte, die uns zur Verfügung stehen, und sprechen diese aus, das heißt, wir senden die Nachricht. Diese kommt beim Empfänger an, und er ›übersetzt‹ sie, er klärt automatisch ab, ob er unsere Nachricht versteht oder nicht. Je nach seiner Antwort können wir mehr – oder eben auch weniger – davon ausgehen, dass er uns verstanden hat.«

Daniela hob die Augenbrauen. Das war ihr allzu theoretisch.

»Ich will Ihnen ein kleines Beispiel geben«, sagte Frau Rosenblatt. »Sie stehen in einer Bäckerei im Rheinland, und ein Mann kommt in den Laden und sagt: ›Ich hätte gerne einen Pfannkuchen.‹ Die Verkäuferin schaut ihn verständnislos an. Darauf sagt er: ›Ich möchte bitte einen Krapfen.‹ Sie schaut noch verdutzter, doch zum Glück sind wir in einer Bäckerei, und er kann auf das Gewünschte zeigen. ›Ach so, Sie möchten einen Berliner!‹, ruft die Verkäuferin, und nun reagiert wiederum der Mann erstaunt. Das zeigt sehr schön, wie sich einfache Missverständnisse rasch aufklären lassen.

Nur, wenn schon solch einfache Dinge Herausforderungen darstellen, wie ist es dann mit abstrakten Begriffen wie zum Beispiel Freiheit? Was mag der andere unter einem solchen Begriff verstehen? Aber ich schweife ab. Bleiben wir noch kurz beim Sender-Empfänger-Modell. Eine solche Art der Kommunikation läuft bei uns täglich zigmal ab. Oft meinen wir, wir hätten den anderen verstanden, aber das ist nicht so. In einem Lokal hätte man dem Herrn wohl einen Pfannkuchen serviert, das, was bei den Franzosen ein Crêpe ist. Eventuell hätte die Person, die die Bestellung aufnahm, noch nachgefragt, was denn auf dem ›Pfannkuchen‹ drauf sein sollte. Kennen Sie solche Situationen?«

»Ja«, entgegnete Daniela, »reichlich. Vor Kurzem hat Maike, die neue Kollegin aus Norddeutschland, in der Teeküche eine volle Kanne fallen lassen. ›Wo ist denn der Feudel?‹, fragte sie. Wir haben sie erstaunt angeschaut, bis uns klar wurde, dass sie einen Wischlappen meinte, den wir ›Aufnehmer‹ nennen. Dieser Ausdruck war Maike wiederum nicht geläufig. Ich kenne so was auch aus den verschiedensten Besprechungen. Da kommt es nach kleineren Missverständnissen manchmal zu ziemlich großen und lauten Auseinandersetzungen.«

»Genau das meine ich«, sagte Frau Rosenblatt. »Ich bitte meine Seminarteilnehmer häufig, über folgende Fragen nachzudenken:

Wie eindeutig kommuniziere ich?

Inwiefern vergewissere ich mich, dass das von mir Gemeinte auch so beim Empfänger ankommt?

Gelegentlich erwähne ich an dieser Stelle ein Zitat von Konrad Lorenz: ›Gedacht heißt nicht immer gesagt, gesagt heißt nicht immer richtig gehört, gehört heißt nicht immer richtig verstanden, verstanden heißt nicht immer einverstanden, einverstanden heißt nicht immer angewendet, angewendet heißt noch lange nicht beibehalten.‹ Und wie wir am Sender-Empfänger-Modell gesehen haben, ist auch dies eine gemeinsame Aufgabe, unseren Beitrag dazu zu leisten, dass unsere Nachricht beim Empfänger so ankommt, wie wir sie meinen. Das ist durch die Pfeile angedeutet, die keinen eindeutigen Start- und Endpunkt haben.«

Das Eisbergmodell der Kommunikation – nur die Spitze ist sichtbar

»Ein weiteres wichtiges Kommunikationsmodell ist das sogenannte Eisbergmodell. Der bekannte Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick hat es zwar nicht so benannt, aber er hat die beiden Begriffe der Sach- und der Beziehungsebene geprägt: ›Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt.‹2 In Kommunikationsseminaren wird die Sach- und die Beziehungsebene häufig mit dem Eisberg dargestellt. Der über der Wasseroberfläche liegende Teil ist die Sachebene mit Fakten, Strukturen und so weiter. Der Teil unterhalb der Wasseroberfläche repräsentiert die Beziehungsebene, auf der unsere Normen, Erwartungen, Befürchtungen und so weiter abgespeichert sind.« Frau Rosenblatt malte mit ein paar Strichen eine Skizze an das Flipchart.

Abbildung 3: Eisbergmodell der Kommunikation

»In diesem Zusammenhang spielen auch die sogenannten Kommunikationskanäle eine wichtige Rolle«, fuhr sie fort. »Wir kommen gleich noch darauf zu sprechen. Dann wird auch klar, wie entscheidend die Art und Weise ist, in der etwas gesagt wird. Die Herausforderung in unserer Kommunikation besteht darin, dass wir die Normen, Erwartungen und Befürchtungen des Empfängers nicht kennen. An dieser Stelle greife ich immer gern auf ein Beispiel aus dem Fußball zurück. Stellen Sie sich vor, Sie kommen am Montagmorgen in ein Meeting mit Ihnen bisher unbekannten Personen und möchten ein bisschen Small Talk machen, weil Sie ja gelernt haben, dass man das tun sollte. Sie erzählen also strahlend, dass Ihre Mannschaft A – die örtliche, versteht sich – am Wochenende haushoch gegen Mannschaft Z gewonnen hat. Woher wollen Sie wissen, ob unter den Anwesenden eventuell ein Anhänger von Z ist, auch wenn diese Mannschaft räumlich weit von Ihrem Ort entfernt ist? – Den Fußballfans in meinen Seminargruppen wird rasch klar, wo das Problem mit den eigenen Normen und Vorlieben liegt und wie schnell man sich damit in die Nesseln setzen kann. Wie es zu Konflikten führen kann, wenn hier zwei Eisberge unter der Wasseroberfläche kollidieren, darauf werden wir sicherlich in einer späteren Sitzung noch zu sprechen kommen. Auch bei mir selbst stelle ich immer wieder fest«, sagte Frau Rosenblatt, »dass ich recht schnell auf die mir zur Verfügung stehenden Muster zurückgreife, wenn mir jemand etwas erzählt. Meine Reaktion fällt dann manchmal so aus, dass ich andere Personen damit vor den Kopf stoße.« Frau Rosenblatt machte eine kurze Pause. »Neulich ist eine Kollegin mit rotem Kopf in mein Büro gestürmt, und ich habe als Erstes gedacht, da hat sie sich anscheinend ziemlich über jemanden geärgert. Im weiteren Gespräch stellte sich dann aber heraus, dass ich die Person bin, die immer rot wird, wenn ich mich ärgere. Bei der Kollegin war es so, dass sie sehr in Eile war und die Treppen so schnell hinaufgelaufen ist, dass sie mit rotem Kopf oben ankam. Kennen Sie solche Situationen?«

Daniela nickte. Sie wusste, dass sie zum Beispiel rot wurde, wenn jemand sie lobte und ihr das peinlich war. So hatte sie bisher auch gedacht, dass der Kollegin oder dem Kollegen etwas peinlich war, wenn er oder sie mit rotem Kopf ins Büro kam. Die Gründe dafür konnten aber offenbar völlig andere sein ...

»Wir meinen oft, dass wir rein sachlich kommunizieren«, fuhr Frau Rosenblatt fort. »Ich teste das in meinen Seminaren aus, indem ich einen Satz ausspreche, von dem ich der Meinung bin, ihn sachlich zu betonen. Anschließend frage ich, auf welcher Ebene ich diesen Satz gesendet habe. Es ist immer mindestens eine Person anwesend, die mir die Rückmeldung gibt, meinen Satz auf der Beziehungsebene empfunden zu haben. Daraus entwickelt sich häufig eine spannende Diskussion unter den Teilnehmenden. Die einen vertreten die Position, dass er rein sachlich gesendet worden war, die anderen betonen den Beziehungsaspekt. Wollen wir uns das einmal an einem konkreten Beispiel klarmachen?« Frau Rosenblatt hielt kurz inne und fragte dann: »Frau Wagner, wie spät ist es?«

»Wie ... wie meinen Sie das?«, stotterte Daniela verwirrt.

»Ich möchte bitte von Ihnen wissen, wie spät es ist«, erwiderte Frau Rosenblatt.

»Sie meinen die Uhrzeit?«

»Ja, genau.«

Immer noch ein wenig zögerlich schaute Daniela auf ihre Uhr: »Es ist Viertel nach fünf.«

»Danke. Bitte entschuldigen Sie, wenn ich Sie mit dieser Frage verwirrt habe. Mit diesem Beispiel wollte ich die unterschiedliche Kommunikation auf der Sach- und der Beziehungsebene verdeutlichen. Ich habe Sie an einer ziemlich unpassenden Stelle auf der – wie ich meine – Sachebene nach der Uhrzeit gefragt. Mein Eindruck war, dass Sie mit dieser Frage nicht gerechnet hatten. In einer rein sachlichen Kommunikation hätten Sie direkt geantwortet: ›Es ist 17:13 Uhr.‹ Es kann sein, dass meine Art, Ihnen diese Frage zu stellen, oder der Zeitpunkt, zu dem ich sie gestellt habe, bei Ihnen zur Verwirrung geführt hat, was ich gut nachvollziehen kann. Sie haben zunächst auf der Beziehungsebene reagiert und sich gefragt, was ich jetzt genau von Ihnen erwarte. Ein ganz kleines Beispiel dafür, wie eine auf der Sachebene gesendete Nachricht beim Empfänger Irritationen auf der Beziehungsebene auslösen kann. Und eine weitere Bedeutung erhält dieser Satz, wenn ich ihn anders ausspreche.« Frau Rosenblatt wiederholte die Frage in drohendem Ton. Daniela zuckte zusammen und nickte, um zu signalisieren, dass sie verstanden hatte.

»Können Sie sich vorstellen, wie viel Raum sich an dieser Stelle für Missverständnisse im Berufsleben auftut?«, fragte Frau Rosenblatt weiter.

Daniela nickte wieder. Sie dachte daran, wie sie oft zusammenzuckte, wenn Herr Bauer ins Büro stürmte und sagte: »Mann, schon wieder so spät!« Sie fühlte sich dann manchmal an ihren Vater erinnert, wenn er schimpfend von der Arbeit nach Hause kam. Im Büro fragte sie sich oft, was sie mit dieser Aussage zu tun hatte, und fühlte sich irgendwie unwohl. Nach dem, was Frau Rosenblatt sagte, war es ja möglich, dass es seine Art und Weise war, auf der Sachebene auszudrücken, dass die Zeit schon so weit fortgeschritten war. Konnte das sein? Daniela beschloss, später noch einmal genauer nachzufragen.

»Es kann sein, dass Sie auf einer unbewussten Ebene den Tonfall eines Gesprächspartners als unangenehm empfinden, weil er sie an frühere Situationen erinnert. Und deshalb fühlen Sie sich dann unwohl«, sagte Frau Rosenblatt, als hätte sie ihre Gedanken gelesen. »Haben Sie sich schon mal Gedanken über Ihre Erwartungen, Normen und Befürchtungen gemacht, über den Teil, der unterhalb der Wasseroberfläche liegt?«

Daniela schüttelte nachdenklich den Kopf.

»Meine eigenen Normen werden mir immer wieder im Kontakt mit anderen Personen klar«, fuhr Frau Rosenblatt fort. »Ich lege zum Beispiel großen Wert auf Pünktlichkeit. Ich komme zwar meist ›zeitoptimiert‹ – mein Wort für gerade rechtzeitig – zu einem Termin, aber es ist mir wichtig, dass ich nicht lange auf andere Personen warten muss, sonst werde ich ungeduldig. An dieser Stelle wird mir auch bewusst, wie verschieden Kulturen sozialisiert sind. Ich kann es zum Beispiel nur schlecht ertragen, wenn jemand unpünktlich ist. Ich denke in solchen Situationen meist an das, was ich noch in der Zeit hätte erledigen können, in der ich warte oder gewartet habe. Gelegentlich kommt es dann vor, dass mir die Person noch erzählt, warum sie zu spät gekommen ist – und wenn es dann etwas Ernstes ist, habe ich meist ein schlechtes Gewissen, dass ich so vorschnell geurteilt habe.

Aber auch an dieser Stelle bin ich meinen Normen und Werten verhaftet: Was ist etwas Ernstes? Aus meiner Sicht zum Beispiel ein Anruf einer anderen nahestehenden Person, die Unterstützung brauchte, oder auch äußere Umstände, wie ein Stau aufgrund eines Unfalls. Doch was berechtigt mich dazu, zu beurteilen, ob es einen ernsten Grund gibt oder nicht? Ich sehe das wieder durch meine Brille, ich sehe zum Beispiel eine Sechs, für die andere Person stellt es sich ganz anders dar, und sie sieht eine Neun. Seit mir das bewusst ist, nehme ich meinen aufsteigenden Ärger ganz anders wahr. Ich merke, dass ich selbst entscheiden kann, ob ich mich ärgere oder nicht.«

»Aber im Handy-Zeitalter kann die andere Person doch anrufen, wenn sie sich verspätet«, wandte Daniela ein.

»Auch das ist wieder eine subjektive Erwartung«, sagte Frau Rosenblatt. »Mir geht es an dieser Stelle nur darum, wahrzunehmen und nicht zu bewerten. Ich möchte Sie mit meinem Beispiel einladen, Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, und Sie noch mehr für unterschiedliche Wahrnehmungen sensibilisieren. Fragen Sie sich bitte einmal:

Wie sieht es mit meinen Erwartungen an die Arbeitsergebnisse meiner Kolleginnen und Kollegen aus?

Wie sehr gehe ich davon aus, dass andere sich an Zusagen halten, die sie mir gegeben haben?

Und woher weiß ich, dass die andere Person das genauso sieht und verstanden hat wie ich?«

»Solche Dinge erkenne ich meist erst im Nachhinein«, sagte Daniela, »wenn mir eine Kollegin zum Beispiel eine Auswertung der Zahlen bringt, ich diese aber in einer anderen Form haben wollte.«

»Und damit sind wir wieder bei der Frage: ›Wer hat recht?‹ Lassen Sie uns in diesem Zusammenhang doch schon kurz auf Ihren Vertriebsleiter zu sprechen kommen. Haben Sie eine Idee, was Ihre unausgesprochene

Erwartung an eine Person ist, die in ihr Sekretariat kommt?«

»Ja«, entgegnete Daniela. »Ich erwarte, dass mir jemand freundlich Guten Tag sagt und nicht gleich rumpöbelt.«

»Und was empfinden Sie als rumpöbeln?«

»Oft reißt er morgens die Tür auf, stürmt in mein Büro und schimpft: ›Mann, ist das schon wieder spät!‹ Ich zucke dann zusammen und sage nichts, während er in das Büro von Frau Jung weiterrennt.«

»Ich verstehe gut, dass Sie seine Worte, die er auch noch in einem ärgerlichen Ton von sich gibt, als unfreundlich empfinden. Für unsere weitere Arbeit ist es wichtig, zu erkennen, dass dieser Satz bei Ihnen ein unangenehmes Gefühl auslöst. In dem Moment, in dem Sie sagen, er pöbelt herum, sind Sie schon dabei, sein Verhalten zu bewerten.«

»Aber«, warf Daniela etwas aufgebracht ein, »wie würden Sie denn mit so einem Typen umgehen?«